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www.motosport.ch 10/2013 | 47 46 | www.motosport.ch 10/2013 Meine Africa Twin steht bei einem Freund in Iquique, der zweitnördlichsten Stadt von Chile. Vor fünf Jahren nahm ich dort anlässlich meiner südli- chen Rundreise durch Südamerika an einem inter- nationalen Motorradtreffen teil und lernte Bolivia- ner kennen, die ich nun wieder in Santa Cruz treffen möchte. Bis dahin schlage ich aber einen weiten Bogen durch fünf Länder. Am Tag der Abfahrt blicke ich morgens noch auf den Pazifik, starte die vollgepackte Africa Twin (mit mir 400 Kilo) und stehe nach einer Fahrt durch die Atacama-Wüste mit 4300 Metern Hö- hendifferenz nach drei Stunden an der bolivia- nischen Grenze in Colchane. Die Farbschattie- rungen der Landschaft sind unbeschreiblich. In Huachachalla übernachte ich auf 3800 Höhen- metern. Nächstentags erfreue ich mich an den letzten 100 Kilometern zwischen Oruro und Potosí: eine der schönsten Strecken, die ich kenne. Be- geisternde Kurvenvielfalt, herrliche Landschaft, und das alles auf etwa 4000 Höhenmetern. In Potosi erwartet mich meine Freundin Norah, sie führt hier das Hotel ihrer Eltern. Zusammen fah- ren wir die 160 Kilometer nach Sucre, wo ich letz- tes Jahr mehrere Monate als Freiwilliger arbeitete und den Bau einer neuen Kindertagesstätte eines deutschen Projekts begleitete. Ein Höhepunkt ist die Motorrad-Karawane von Potosí nach Sucre, woran sich etwa 100 Motorräder von der Harley bis zum 100-cm 3 -Schnäpperli beteiligen. Herrliche Landschaft, aber ... In Tarija gerate ich in eine Kaltfront, 4 Grad zeigt das Thermometer nur noch an. Am nächsten Tag bleibt mir aber kaum Gelegenheit, zu frieren: 260 Kilometer fahre ich nach Villa Montes, nahe der Grenze zu Paraguay. Die Fahrzeit beträgt über sechs Stunden, nur die ersten 50 Kilometer sind as- phaltiert. Die Landschaft ist herrlich, eine schmale Staubpiste durch die Berge, oft geht es auf einer Seite steil hinunter. Es hat kaum Verkehr, aber logischerweise kommen die Autos, Busse und Last- wagen meist im dümmsten Moment entgegen. Ein- mal lande ich beinahe im Strassengraben, als in ho- hem Tempo in einer lang gezogenen Kurve ein Taxi entgegenkommt, in dessen Staubfahne ich die Strasse kaum mehr erkennen kann. Paraguay liegt vor mir, der unwirtliche Chaco, der von den Mennoniten besiedelt wurde. Im kleinen Zollposten erhalte ich nach etlichen Problemen die Einreisepapiere für die Twin, den Stempel im Pass können sie aber nur bei der Emigration in Mariscal machen, und das ist etwa 180 Kilometer entfernt ... Polizei grüsst per Handschlag Zudem bin ich erstaunt darüber, dass mich jeder (Militär-)Polizist per Handschlag begrüsst. Ob er meine Papiere kontrollieren will oder nur plau- dern, spielt keine Rolle. Da hier kaum jemand lebt, ist jeder Durchreisende ein Ereignis. Dum- merweise schildert mir einer die Strassenver- hältnisse zu optimistisch, Mariscal könne ich gut vor dem Eindunkeln erreichen – das hätte auch gestimmt, hätte ich das rund einen halben Meter tiefe, mit Sandstaub gefüllte Loch quer über die ganze Strassenbreite verlaufend etwas früher erkannt ... Mit dem Kopf knalle ich an die Windschutzscheibe, die abbricht. Das passiert, wenn Strassen mit zu dünnem Teerbelag nicht unterhalten werden, auf denen schwere Benzin- und Viehtransporter unter- wegs sind. Das Schlagloch wird grösser, der Teer- belag verflüchtigt sich, die Piste erreicht den Ur- sprungszustand. Chile − Bolivien − Paraguay − Argentinien − Brasilien AUF ACHSE SüDAMERIKANISCHES MOSAIK 9000 Kilometer, fünf Länder, acht Grenzübertritte und jede Menge Abenteuer zwischen Meeresrauschen und Berggipfeln hat Hans-Ueli Flückiger mit seiner Africa Twin in Südamerika erfahren. Eine Reise voller Begegnungen mit faszinierenden Menschen. Text und Bilder: Hans-Ueli Flückiger Hans-Ueli Flückiger und seine Freundin Norah vor der imposanten Hängebrücke zwischen Sucre und Potosi in Bolivien. In Paraguay ist die rote Erde ständige Begleiterin, die Pisten sind aber sehr gut zu fahren. Hoch auf einem PS: Hans-Ueli Flückiger erkundet bei seinem Namensvetter Esteban Flückiger dessen Farmgebiet. Fische werden geerntet, nicht geangelt: Prachtsbursche aus dem Teich von Esteban Flückiger.

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Meine Africa Twin steht bei einem Freund in Iquique, der zweitnördlichsten Stadt von Chile. Vor fünf Jahren nahm ich dort anlässlich meiner südli-chen Rundreise durch Südamerika an einem inter-nationalen Motorradtreffen teil und lernte Bolivia-ner kennen, die ich nun wieder in Santa Cruz treffen möchte. Bis dahin schlage ich aber einen weiten Bogen durch fünf Länder.Am Tag der Abfahrt blicke ich morgens noch auf den Pazifik, starte die vollgepackte Africa Twin

(mit mir 400 Kilo) und stehe nach einer Fahrt durch die Atacama-Wüste mit 4300 Metern Hö-hendifferenz nach drei Stunden an der bolivia-nischen Grenze in Colchane. Die Farbschattie-rungen der Landschaft sind unbeschreiblich. In Huachachalla übernachte ich auf 3800 Höhen-metern. Nächstentags erfreue ich mich an den letzten 100 Kilometern zwischen Oruro und Potosí: eine der schönsten Strecken, die ich kenne. Be-geisternde Kurvenvielfalt, herrliche Landschaft, und das alles auf etwa 4000 Höhenmetern. In Potosi erwartet mich meine Freundin Norah, sie führt hier das Hotel ihrer Eltern. Zusammen fah-ren wir die 160 Kilometer nach Sucre, wo ich letz-tes Jahr mehrere Monate als Freiwilliger arbeitete und den Bau einer neuen Kindertagesstätte eines deutschen Projekts begleitete. Ein Höhepunkt ist die Motorrad-Karawane von Potosí nach Sucre, woran sich etwa 100 Motorräder von der Harley bis zum 100-cm3-Schnäpperli beteiligen.

Herrliche Landschaft, aber ...In Tarija gerate ich in eine Kaltfront, 4 Grad zeigt das Thermometer nur noch an. Am nächsten Tag bleibt mir aber kaum Gelegenheit, zu frieren: 260 Kilometer fahre ich nach Villa Montes, nahe der Grenze zu Paraguay. Die Fahrzeit beträgt über sechs Stunden, nur die ersten 50 Kilometer sind as-phaltiert. Die Landschaft ist herrlich, eine schmale Staubpiste durch die Berge, oft geht es auf einer Seite steil hinunter. Es hat kaum Verkehr, aber logischerweise kommen die Autos, Busse und Last-wagen meist im dümmsten Moment entgegen. Ein-mal lande ich beinahe im Strassengraben, als in ho-hem Tempo in einer lang gezogenen Kurve ein Taxi entgegenkommt, in dessen Staubfahne ich die Stras se kaum mehr erkennen kann. Paraguay liegt vor mir, der unwirtliche Chaco, der von den Mennoniten besiedelt wurde. Im kleinen Zollposten erhalte ich nach etlichen Problemen die Einreisepapiere für die Twin, den Stempel im Pass können sie aber nur bei der Emigration in Mariscal machen, und das ist etwa 180 Kilometer entfernt ...

Polizei grüsst per HandschlagZudem bin ich erstaunt darüber, dass mich jeder (Militär-)Polizist per Handschlag begrüsst. Ob er meine Papiere kontrollieren will oder nur plau-dern, spielt keine Rolle. Da hier kaum jemand lebt, ist jeder Durchreisende ein Ereignis. Dum-merweise schildert mir einer die Strassenver-hältnisse zu optimistisch, Mariscal könne ich gut vor dem Eindunkeln erreichen – das hätte auch gestimmt, hätte ich das rund einen halben Meter tiefe, mit Sandstaub gefüllte Loch quer über die ganze Strassenbreite verlaufend etwas früher erkannt ... Mit dem Kopf knalle ich an die Windschutzscheibe, die abbricht. Das passiert, wenn Strassen mit zu dünnem Teerbelag nicht unterhalten werden, auf denen schwere Benzin- und Viehtransporter unter-wegs sind. Das Schlagloch wird grösser, der Teer-belag verflüchtigt sich, die Piste erreicht den Ur-sprungszustand.

Chile − Bolivien − Paraguay − Argentinien − Brasilien auf achse

südAmerikAnisCHes mosAik

9000 Kilometer, fünf Länder, acht Grenzübertritte und jede Menge

Abenteuer zwischen Meeresrauschen und Berggipfeln hat Hans-Ueli

Flückiger mit seiner Africa Twin in Südamerika erfahren. Eine Reise

voller Begegnungen mit faszinierenden Menschen.

Text und Bilder: Hans-Ueli Flückiger

Hans-Ueli Flückiger und seine Freundin norah vor der imposanten Hängebrücke zwischen sucre und Potosi in Bolivien.

in Paraguay ist die rote erde ständige Begleiterin, die Pisten sind aber sehr gut zu fahren.

Hoch auf einem Ps: Hans-Ueli Flückiger erkundet bei seinem namensvetter esteban Flückiger dessen Farmgebiet.

Fische werden geerntet, nicht geangelt: Prachtsbursche aus dem Teich von esteban Flückiger.

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Chile − Bolivien − Paraguay − Argentinien − BrasilienChile − Bolivien − Paraguay − Argentinien − Brasilien auf achseauf achse

Reise-info

GeografieNordchile (RCH), Bolivien (BOL), Paraguay (PY), Argentinien (RA) und Brasilien (BR) waren die Ziele von Hans-Ueli Flückiger. Länder, die vor allem durch Naturschönheiten bestechen und von eisigen Anden gipfeln bis zu heissen Wüsten und öden Hochplateaus das ganze Spektrum an fantastischen Landschaften bieten.

reiseroute/-dauerIquique (RCH) – Oruro (BOL) – Sucre – Potosí – Tarija – Mariscal (PY) – Asunción – Posadas (RA) –Iguazú (RA/BR) – Itaipú (PY) – Bonito/Pantanal (BR) –

Corumba – Santa Cruz (BOL) – Cochabamba – Oruro – Potosí – Sucre – Oruro – Iquique (RCH).Dauer: drei Monate

reisezeitApril bis Oktober, während der Regenzeit sind viele Strassen nicht passierbar.

AnreiseFlug nach Iquique via Santiago de Chile. Töfftransport per Schiff oder Flugzeug nach Santiago, diverse Mietmöglichkeiten von Motorrädern vor Ort.

einreiseformalitätenGültiger Pass, CH-Fahrausweis Gelbfieberimpfung.

GeldBancomatbezug meist problemlos, Postfinance hat Angebot für spesenfreie Bezüge, USD als Reserve.

Unterkunft/VerpflegungZelt und Schlafsack zur Sicherheit mit dabei.Einfache Unterkünfte in Dörfern und Städten sind meist einfach zu finden. Verpflegung problemlos, Trinkwasser nicht immer, daher besser kaufen.

spracheEnglisch spricht kaum jemand, Gundkenntnisse in Spanisch sind von Vorteil. Die Bevölkerung ist sehr freundlich und hilfsbereit.

BesonderesWer erstmals in Südamerika mit dem Motorrad unterwegs ist, fährt idealerweise zu zweit oder in der Gruppe.

reiseführerZ.B. Lonely Planet: «Südamerika für wenig Geld».

karten/GPsKartenmaterial von Reise Know-how ist (meist) sehr gut (Chile, Bolivien, Paraguay). GPS funktioniert, nicht alle Strassen sind verzeichnet.

Zum Glück ist in der Nähe eine Estancia, dort kann ich duschen und in einem Raum meine Matratze aufblasen. Momente wie diese machen die Reise so bereichernd: Unverhofft sitzt man in einer Estancia und hat Einblick in das Leben der Gauchos, erfährt von ihren Sorgen und Freuden. Der Verwalter ist mit Frau, Kind und 20 Rindern ins 600 Kilometer entfernte Asunción gefahren; so haben wir Zeit zu plaudern. Neben der Pferdekoppel lehnt ein Ge-wehr an einem Baum, denn es gibt Pumas und gros se Giftschlangen. Der Ritt, um die 800 Rinder zu kontrollieren, ist lang.

«Autos, Busse und Lastwagen kommen einem im dümmsten Moment entgegen.»

das Problem mit dem regenwaldIn Mariscal erhalte ich dann problemlos den Pass-stempel, nun bin ich in Paraguay! Rosaleda, eine Schweizer Siedlung, will ich besuchen. Honig-Ernst, der Initiant, hat sich hier vor 18 Jahren einen Traum erfüllt. Heute hat er 70 Rinder, Schweine, Schafe und züchtet Fasane und Pfauen. Den Honig vermischt er mit Heilkräutern und verkauft ihn auf dem Markt in Filadelfia, 120 Kilometer entfernt.In der Blütezeit haben in Rosaleda 66 Leute gelebt, mit Schulhaus und Lehrerin. Heute wohnen noch 22 hier, einige überlegen sich wegzuziehen. Der Honig-Ernst ist nach wie vor glücklich, auch wenn seine Frau vor Jahren zurück in die Schweiz ge-zogen ist.Auf dem Weg in den Süden besuche ich Filadelfia, das Zentrum des Chaco, ein für Paraguay wichti-ger Produktionsstandort für Nahrungsmittel. Den Enten-Walter treffe ich in Coronel Orviedo. Er hat drei Deux-Chevaux, einem davon hat er zwei Mo-toren eingebaut. So ist es eine 4WD-Ente gewor-den! Damit bietet er touristische Touren an. Wal-ter erzählt von Hans und Christine Hostettler, die-se schützen den letzten Regenwald von Paraguay,

den Parque San Rafael. Am nächsten Tag finde ich die Farm von Hostettlers. Lange Wanderungen auf den ausgeschilderten Pfaden bringen mir den relativ trockenen Regenwald näher. Es braucht diese grosse Waldfläche (etwa Kanton Zug), damit sich darüber Regenwolken bilden, die dann das er-

sehnte Nass bringen. Es regnet jedoch viel zu we-nig, da der Wald schon lange eine kritische Grösse erreicht hat. Die korrupte Regierung schützt den Wald nicht, überall werden Bäume gefällt, und dann wird brandgerodet, um Ackerflächen zu ge-winnen.

Beim Auswanderer FlückigerDen Hof von Esteban Flückiger finde ich prob-lemlos, ich werde herzlich empfangen. Ein Flü-ckiger aus der Schweiz auf einem Motorrad ist doch ein Ereignis! Es gibt hier riesige Orangen-plantagen für die Saftproduktion. Ein Ausritt

kultur muss sein: in Jesus (PY) gibt es die ruinen der Jesuitenmission zu besichtigen.

Atemberaubend: die Cataratas del iguazú, wo sich der rio Paraná in 270 Fällen in die Tiefe stürzt.

Zwischen oruro und Potosí auf 4000 metern befindet sich eine der schönsten Gegenden mit endlosen Weiten, begrenzt von langen Gebirgszügen.

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Chile − Bolivien − Paraguay − Argentinien − Brasilienauf achse

zeigt mir etwas mehr von der grossen Farm. Auch Fischer können hier ihrem Hobby frönen. Wie in einer Badewanne kann der Stöpsel rausge-zogen werden, und im seichten Wasser werden dann die grossen Fische geerntet. Estebans Grossvater war 1926 ausgewandert, aus der Nachbargemeinde meines Heimat ortes. Ob wir verwandt sind?

An heiligen WassernIn Encarnación verlasse ich Paraguay über die gros-se Brücke über den Rio Paraná, und wir sind in Ar-gentinen, in Posada. Mein Ziel ist Puerto Iguazú; die Iguazú-Fälle habe ich bereits vor etwa 30 Jah-ren einmal besucht, aber dieses Naturwunder kann man auch mehrmals besichtigen. Der Rio Pa-raná stürzt in einem Halbkreis über etwa 270 Fälle in die Tiefe. Weiter geht es nach Foz Iguaçu auf der brasilianischen Seite. Die argentinische Seite bietet mehr Besichtigungsmöglichkeiten, aber auch auf der 2,5 Kilometer langen Wanderung erhält man herrliche Ein- und Ausblicke. Bonito, ein Touristenort am Eingang zum Pantanal, ist mein nächstes Ziel. Die klarsten Bäche der Welt sollen hier sein, also entscheide ich mich für einen

Schnorchelausflug im Rio Prato. Die Wassertiefe beträgt weniger als einen Meter, und es ist ein herr-liches Gefühl, sich still inmitten der grossen und kleinen Fische treiben zu lassen.

südamerikanisches motorradtreffenIn Corumbá verlasse ich Brasilien und reise wieder nach Bolivien, rechtzeitig, um am Motorradtreffen in Santa Cruz teilzunehmen. Man glaubt kaum, dass Santa Cruz in Bolivien liegt, der Unterschied könnte nicht grösser sein. Im Altiplano von Boli-vien ziehen Ochsen den Pflug, hier kommen com-putergesteuerte Mähdrescher zum Einsatz. Hier gibt es breite Strassen mit modernen Autos, im Hochland sieht man fast nur Oldtimer. Dass ich meine Freunde aus Iquique hier treffe, erstaunt mich nicht, aber auch viele neue Biker lerne ich kennen, z.B. Belu und Yago aus Argentinien. Die beiden reisen unabhängig voneinander mit je einer 100-cm3-Honda. Yago hat in den letzten zwei Jah-ren 60 000 Kilometer gemacht; den Lebensunter-halt verdienen sich die beiden echten Motocieros unterwegs. Aber es gibt auch die andere Sorte, wie Raoul, den Advokaten mit seiner gepflegten BMW 1200 GS.

Später hole ich Norah am Flughafen ab, wir wollen zusammen zurück nach Sucre fahren. Nach einigen Tagen in Santa Cruz machen wir uns auf den Rück-weg über Samaipata, eine herrliche Strecke, vor der man mich aber wegen ihrer Gefährlichkeit gewarnt hat. Die Fahrt von Cochabamba nach Oruro dauert länger als geplant, aber viel weniger lang als mit dem Auto, Überholen ist ja kein Problem. Der höchs-te Pass liegt auf 4500 Metern, und an der Strasse wird überall gebaut. Erstaunlich, dass wir an die-sem Tag nur einen Selbstunfall sehen. Aber die Kreuze an der Strasse sprechen eine eigene Sprache.

in Bolivien ist nichts planbarAuf der Rückreise nach Iquique erlebe ich wieder, dass in Bolivien nichts planbar ist. Ein Strassenab-schnitt ist im Bau und somit gesperrt. Umleitung? Denkste, das Land daneben ist ja gross, flach und sandig, und jeder kann sich seinen eigenen Weg su-chen. 4WD und Lastwagen schaffen das ganz gut, aber normale Pw und ich mit meiner Twin kom-men an unsere Grenzen.Meinen Geburtstag werde ich in Sucre feiern, dann fahre ich gen Norden. Wo Norden ist, weiss ich, aber wo mein Ziel ist, das wird sich zeigen ... n

unseR ReisendeR

HANS-UELI FLüCKIGER

Hans-Ueli Flückiger (1951) aus Davos GR (vormals Bülach ZH) hatte 2007 ein leichtes Burn-out und entschied sich dafür, sein Haus in Bülach zu verkaufen, seine Stelle als Geschäfts-führer aufzugeben und sein Leben bewusst zu leben. «Ich habe nur ein Leben», war sein Gedanke, und da es weder Frau noch Kinder gab, bestieg er im September 2008 ein Frachtschiff nach Buenos Aires. Im Bauch des Schiffs: sein Töff. Damit spulte er 54 000 Kilometer in Südamerika ab. In Sucre (Bolivien) arbeitet Hans-Ueli jeweils mehrere Monate in einem deutschen Freiwilligenprojekt mit. Seit 2008 war er nur drei Mal kurz in der Schweiz, das Fernweh bleibt Hans-Uelis treuester Begleiter. über seine Tätigkeiten und Reisen gibt es einen Blog und eine Website: www.hans-ueli.ch.

Per seilbahn geht es hinauf auf den san-Cristobal-Hügel hoch über santiago de Chile.

Zufallstreffen in oruro an einer Tankstelle: die Töffgruppe aus Cochabamba, die 2009 am Treffen in iquique dabei war.