Seilbahn-Zeitung

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Zur Eröffnung Dass die neue Gondelbahn auf den Weissenstein nun eröffnet werden kann, grenzt an ein kleines Wunder: Eine unbeirrbare Betriebsgesellschaft, viel Optimismus, treue Investoren, harte Arbeit und gute Nerven haben es möglich gemacht. Der Weg war lang. Wir haben in unserem Archiv gewühlt und die wichtigsten Ereignisse von der Leidens- zur Erfolgsgeschichte nochmals Revue passieren lassen. Die Beilage zum mehrjährigen Auf und Ab und Auf. TINA DAUWALDER/THOMAS ULRICH «Ein klarer Kantersieg», sagte der Seilbahnplaner am 29.5.2013 SEITE 11 Johannes Sutter Der Seilbahn-Präsident freut sich, dass es nun endlich losgeht Urs Allemann Auch der SP-Mann mochte dem Trauerspiel nicht tatenlos zusehen SEITE 8 Roberto Zanetti SEILBAHN-

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Soloturner Zeitung, Grenchner Tagblatt, SOZ GTB

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Zur EröffnungDass die neue Gondelbahn auf den Weissenstein

nun eröffnet werden kann, grenzt an ein kleinesWunder: Eine unbeirrbare Betriebsgesellschaft,viel Optimismus, treue Investoren, harte Arbeit

und gute Nerven haben es möglich gemacht.Der Weg war lang. Wir haben in unserem

Archiv gewühlt und die wichtigstenEreignisse von der Leidens- zur

Erfolgsgeschichte nochmalsRevue passieren lassen. Die

Beilage zum mehrjährigenAuf und Ab und Auf.

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«Ein klarer Kantersieg», sagte derSeilbahnplaner am 29.5.2013SEITE 11

Johannes Sutter

Der Seilbahn-Präsidentfreut sich, dass es nunendlich losgeht

Urs Allemann

Auch der SP-Mann mochte demTrauerspiel nicht tatenlos zusehenSEITE 8

Roberto Zanetti

SEILBAHN-

2 SEILBAHN-ZEITUNG NORDWESTSCHWEIZ

FREITAG, 19. DEZEMBER 2014

NORDWESTSCHWEIZ

FREITAG, 19. DEZEMBER 2014 SEILBAHN-ZEITUNG 3

Nach dem 2. Weltkrieg lebten in derzweiten Hälfte der vierziger Jahre wie-der Pläne auf, den Weissenstein mit ei-ner Bahn zu erschliessen. Im Septem-ber 1949 hatte das Gründungskomiteegetagt, schon am 11. Januar 1950 wurdedie Konzession erteilt, fünf Tage späterlag das Aktienkapital zur Zeichnungauf. «Rasch hatten wir die nötigen600 000 Franken beisammen, ja zu-letzt waren es wohl 900 000», erinner-te sich später der damalige Bahnpio-nier Robert Strüby.

Schon im November 1949 waren Be-denken der kantonalen Natur- und Hei-matschutzkommission zerstreut wor-den, und so konnte im Sommer 1950mit dem Bau des auf 1 Mio. Frankenveranschlagten und zuletzt gut 1,2 Mio.

kostenden Projekts begonnen werden.Am 29. Dezember 1950 karrte das «Säs-seli» vom Typ Von Roll VR101 erstmals500 Leute auf den Solothurner Haus-berg.

Der Goodwill für den BergDie Sesselbahn tat in den folgenden

Jahrzehnten klaglos ihren Dienst, grös-sere Zwischenfälle sind nicht aktenkun-dig. Doch Mitte der Achtzigerjahre tatsich auf dem Weissenstein Handlungs-bedarf auf: Das baufällige Kurhaus solltedringend saniert werden, und die Bahnmusste Auflagen des Bundesamtes fürVerkehr BAV erfüllen, damit sie bis 1999weiterfahren durfte. Eine weitergehen-de Betriebsbewilligung jedoch erforder-te gar eine Totalsanierung. Die Kur-haus-Sanierung für 10,5 Mio. Frankenkonnte dank enormem Goodwill Ende

April 1990 abgeschlossen werden. EinGoodwill, von dem auch die Bahn nochzehrte, als Private und die öffentlicheHand für die 1994 durchgeführte Total-sanierung der Bahn 2,5 Mio. zusätzli-ches Aktienkapital zeichneten.

Fatale «Ehe» mit dem KurhausDoch nun erwies sich für die Berg-

bahn Weissenstein AG BOW der Pacht-vertrag mit der Kurhaus WeissensteinAG zunehmend als verhängnisvoll: DieBahn trug fortan die Verluste des Kur-hausbetriebs, und diese fielen fast re-gelmässig in oft sechsstelliger Höheaus. Im April 2001 rissen die Stricke:Der Kurhausbetrieb wurde dank einemmassiven Abschreiber der SolothurnerPlatzbanken gerettet. Die völlig über-schuldete Bahn selbst erhielt jedochkeine Chance mehr. Am 22. Mai wurde

der Konkurs publik, die Sesselbahnstand vor dem Aus.

Rettung in letzter MinuteSchon im Mai 2001 hatte sich eine

Auffanggesellschaft um den Solothur-ner Financier Rolf Studer gebildet. Dieneu Seilbahn Weissenstein AG genann-te Gesellschaft trommelte ein Aktienka-pital von 225 000 Franken zusammenund konnte die inzwischen weiter inBetrieb gehaltene Bahn im Herbst 2001von der Gläubigerbank Regiobank er-werben. Dank wieder besseren Win-tern mit Schlittelbetrieb und ohne den«Klumpfuss» Kurhaus arbeitete dieneue Bahnbetreiberin kontinuierlich inden schwarzen Zahlen und konnte inden nächsten Jahren gar Rückstellun-gen von über einer Million Franken äuf-nen. Und zwar für eine neue Bahn,

nachdem die ab 2004 angelaufene Eva-luation klar ergeben hatte, dass einWeiterbestand des alten «Sässelis» fürdie neue AG weder wirtschaftlich nochsicherheitstechnisch vertretbar wäre.Ein Vorentscheid, der in der Folge aufheftige Opposition des Schweizer Hei-matschutzes und des im Februar 2008gegründeten Vereins Pro Sesseli mit zu-letzt über 1000 Mitgliedern stiess. EndeOktober 2009 lief die Betriebsbewilli-gung der alten Sesselbahn aus, und sieabsolvierte nach fast 60 Jahren ihreletzte Fahrt. Noch vier Jahre sollte derdornenvolle Weg der neuen Bahndurch alle behördlichen und juristi-schen Instanzen dauern, bis der Hei-matschutz im Sommer 2013 nach ei-nem klaren Urteil des Bundesverwal-tunsgerichts kapitulierte und damit derNeubau möglich wurde.

Ein Blitzstart und TurbulenzenSeit 1950 ist der Solothurner Hausberg per Seilbahn erschlossen

VON WOLFGANG WAGMANN

Sie haben 2001 die konkursite Berg-bahn übernommen und als Seil-bahn Weissenstein AG «das Sesseli»überhaupt weitergeführt. Ab 2004hat die AG kommuniziert, dass eineneue Bahn die alte ersetzen muss.Überrascht Sie der erst nun einset-zende, heftige Widerstand?Rolf Studer: Wir haben mit emotiona-len Reaktionen auf das Vorhaben einerneuen Bahn gerechnet. Wir selber wa-ren bis zum Entscheid für den Neubauauch hin und her gerissen. Schliesslichsind wir nach vielen und langen Ab-klärungen mit dem Bundesamt für Ver-kehr (BAV) und dem Seilbahnbauer zurÜberzeugung gekommen, dass nur eineneue Bahn die Lösung sein kann. Über-raschend ist die Opposition für uns in-sofern, als im Januar 2007 ein öffentli-ches Mitwirkungsverfahren stattgefun-den hat, woran sich der Heimatschutzund andere Neubaugegner nicht betei-ligt haben. Während dieser Mitwirkungist auch nie ein Wort gegen die neueBahn gefallen.

Sie sind eine grossmehrheitlich pri-vate AG mit rund 600 Aktionären.Regionsgemeinden halten etwa 7Prozent des Aktienkapitals. Ver-drängt dies die Opposition, oderwill sie es partout nicht zur Kennt-nis nehmen?Studer: Unser Ziel ist es, das Projektzum Abschluss zu bringen. Diesen Auf-trag haben wir von unseren Aktionärenerhalten.

Die Betriebskonzession der Bahnläuft Ende 2009 ab. Anfang 2010 istSchluss. Die Mühlen der Justiz dre-hen sich aber vielleicht noch ein,zwei Jahre lang weiter bis zu einemEntscheid. Was passiert dann mitdem Betrieb Seilbahn WeissensteinAG, den 13 Angestellten?Urs Allemann: Der Verwaltungsrat hatsolche Szenarien durchgedacht, undzwar bereits im Rahmen der Aktienka-pitalerhöhung. Wenn die neue Bahnnicht realisiert wird, haben wir den Ak-tionären die Rückzahlung des einge-zahlten Kapitals zugesichert. Wenn sichder Baubeginn stark verzögern sollte,müssen wir die Situation neu beurtei-

len. Es kann nicht im Interesse unsererAktionäre sein, einen Betrieb über län-gere Zeit aufrechtzuerhalten, der kei-nen Ertrag abwirft und Kapital ver-zehrt.

Eine solche Situation könnte also zuEntlassungen führen?Allemann: Ab einem gewissen Zeit-punkt wären solche Schritte wohl un-vermeidlich. Damit einher ginge derVerlust von technischem Know-how.Denn für den Betrieb einer solchen An-lage braucht es Fachpersonal, das wohlkaum zu ersetzen wäre. Im Hinblick aufdas neue Projekt haben wir den Be-triebsleiter zum eidgenössisch diplo-mierten Seilbahnfachmann ausbildenlassen.

Sie verfügen über ein zugesichertesAktienkapital von gut 12 Mio. Fran-ken, das allerdings nur fürs neueProjekt eingesetzt werden kann. Ha-ben Sie da überhaupt die Möglich-keit, über eine andere Position alseinen Neubau zu verhandeln?Studer: Nein, es stehen keine anderenPositionen zur Diskussion, weil wir unsmit verschiedensten Varianten ausein-andergesetzt haben.

Angenommen, 2010 wäre immernoch alles blockiert - dann gäbe esneben Warten oder Abbruch der

heutigen Anlage doch noch die Posi-tion «Verkauf zu einem Freund-schaftspreis» an jene, die so am«Sesseli» kleben. Und Sie hätten da-mit erst noch die Verpflichtung desRückbaus mit über einer MillionKostenfolge vom Hals ...Allemann: Es gibt kein Szenario, daseinen Verkauf beinhaltet. Ein Rückbauwäre für uns finanziell kein Problem;wir haben die dafür nötigen Mittel zu-rückgestellt.

1993 hatte die damalige Betreiber-gesellschaft mit Ach und Krach ca. 6Mio. zusammengekratzt, um das Le-ben der Bahn um 15 Jahre zu verlän-gern. Jetzt sollen es ca. 8 Mio. für ei-ne möglicherweise noch kürzereBetriebszeit sein. Ein Fass ohne Bo-den?Studer: Das Bundesamt für Verkehr(BAV) sagt klar, dass es grundsätzlichmöglich ist, die alte Bahn zu sanieren.Aber das wäre mit massiven Auflagenzur Sicherheit, Technik, dem Brand-schutz, den Fundamenten und Mas-ten verbunden. Zudem würde dasBAV erst nach erfolgter Sanierungentscheiden, für wie lange die Be-triebsbewilligung erteilt wird. Das hatmit dazu geführt, dass wir uns für dieVariante mit einer neuen Bahn ent-schieden haben. Das Risiko, sich fürviel Geld eine nur für kurze Zeit gülti-

ge Betriebsdauer einzuhandeln, waruns zu gross.

Angezweifelt werden Ihre Ab-klärungen zum Erhalt der Bahn.Insbesondere wird auch aus Kreisendes Architektenverbandes SIA be-stritten, dass die drei Stationen neugebaut werden müssen. Was ist Sa-che?Allemann: Sache ist, dass die Bahnweder unter Denkmal- noch unter Hei-matschutz steht. So wie die Stationenheute sind, können sie ohnehin nichtbestehen bleiben, wenn die aktuellenlen Brandschutzauflagen eingehaltenwerden sollen. Man kann immer Kom-promisse suchen, aber nie zulasten derSicherheit. Wir tragen schliesslich auchdie Verantwortung.

Welche Bahnkomponenten müsstensonst noch ersetzt oder sogar neukonstruiert werden, weil die Origi-nalteile gar nicht mehr existieren?Und gibt es noch Firmen, die daskönnten?Studer: Bei einer allfälligen Sanierungmüsste jede Schraube umgedreht undersetzt werden. Die Erfahrungen beimErsatz der Wasserfallenbahn zeigten,dass die Masten wie die Fundamentenicht mehr den heutigen Sicherheits-standards entsprechen. Kaufen lässtsich kein Teil mehr. Es müssen alle

nicht nur neu gefertigt, sondern - so-fern sie sicherheitsrelevant sind - auchnoch geprüft werden. Der Seilbahnbau-er würde überdies die Garantie garnicht mehr übernehmen.

Neben dem Erhalt der alten Bahn gehtes der Opposition auch um die Verhin-derung neuer Angebote auf dem«Berg». Gefordert wird jetzt auch aufpolitischem Weg der Rückzug derganzen Konzept-Auflage. Hat der Kan-ton hier wirklich Hand zu einem an-geblichen «Disneyland» geboten?Studer: Wir wollen auf dem Berg kein«Disneyland». Das ist nicht die Absicht.Wir wollten ein ausgewogenes Gesamt-konzept. Dazu kommt, dass der Bahn-betrieb längerfristig nur aufrechterhal-ten werden kann, wenn die Attraktivi-tät des Gesamtangebots stimmt.

Allemann: Eine Studie der Fach-hochschule Nordwestschweiz hat erge-ben, dass der Weissenstein das Potenzialzum Familienberg hat. Viele Elementedazu sind schon vorhanden. In unseremKonzept würden einige neu dazukom-men. Zum Beispiel die Tubing-Bahn, dienichts anderes als ein kurzer Kinderskiliftist, damit man auf einer Matte den Hanghinter dem Kurhaus hinunterrutschenkann. Und die Rodelbahn zum Nesselbo-den hinab ist als Ersatz für das im Winterzunehmend weniger mögliche Schlittelngedacht.

Sah der Kanton da keine Probleme ...Allemann: Der Kanton war anfänglichsehr skeptisch, was die Zusatznutzunganbelangt. Darum zog er den Touris-tik-Experten Hansueli Müller bei. Unddieser ist zum Schluss gelangt, im neu-en Gesamtkonzept seien sogar zu we-nig Freizeitangebote geplant. Dies be-wog den Kanton, unseren Vorschlag alsausgewogen zu betrachten.

Doch führen die Tubing- und Rodel-bahn nicht zu einem grossen Nut-zungsdruck auf dem Weissenstein?Studer: Nein, weil sich auch das Ver-kehrsregime ändert. Mit dem neuen Kon-zept wird es an den Sonn- und Feiertagenmassiv weniger Auto- und Motorradver-kehr auf dem Weissenstein geben.

Wie fühlt man sich, wenn man jah-relang Zeit und Energie in ein inno-vatives Projekt steckt und je näherdie Realisierung rückt, zunehmendattackiert wird?Allemann: Es gehört zu den Spielregelnunseres Rechtsstaates, dass alle Gruppie-rungen ihre Meinung zum Projekt äus-sern dürfen. Jeder Initiant, der im öffent-lichen Raum etwas organisiert oder baut,muss sich dessen bewusst sein.

Studer: Vom Gesamtprojekt Weis-senstein sind wir nach wie vor über-zeugt und stehen mit 100-prozentigemEinsatz dahinter.

Dieses Interview ist erschienen

am 19. 3. 2008.

VON WOLFGANG WAGMANN

Die Diskussion um den Baueiner neuen Gondelbahn aufden Weissenstein und ein zu-sätzliches Freizeitangebot aufdem Solothurner Hausbergist voll entbrannt. Der Eigen-tümer der alten Sesselbahn,die Seilbahn Weissenstein AG,erklärt nun, warum es für siekeine Alternativen zum Neu-bau gibt.

Die alte Bahn ist längst abgehakt

Urs Allemann, Verwaltungsrats-Präsident der Seilbahn Weissenstein AG (l.), und Vizepräsident Rolf Studer reagieren auf die Forderungen,die «Sesseli» zu erhalten: Eine andere Position als ein Neubau sei nicht im Sinn der Bahn-Aktionäre, argumentieren sie. HANSPETER BÄRTSCHI

4 SEILBAHN-ZEITUNG NORDWESTSCHWEIZ

FREITAG, 19. DEZEMBER 2014

«Die Sanierung der Bahn ist wohl tech-nisch möglich, es gibt aber gewichtigeGründe und Restrisiken, die dagegensprechen.» Dies ist die Kernaussage desvom Bundesamt für Kultur, vomSchweizerischen Heimatschutz undvon der Seilbahn Weissenstein AG inAuftrag gegebenen Gutachtens. Verfas-ser des Expertenberichts ist Hili Manz,Seilbahnsachverständiger, in Zusam-menarbeit mit Alex Kaufmann, einemFachmann für Seilbahnsteuerungen.Das Gutachten attestiert der alten Bahneine «Quasisanierbarkeit». Zu Deutsch:Theoretisch ist alles möglich. Ausdrü-cke wie «einschneidende Massnah-men», «Restrisiken» oder «Unwägbar-keiten» machen die Steine auf dem Wegzur Erhaltung der Bahn mehr als deut-lich.

In akribischer Kleinarbeit haben dieVerfasser die bestehende Anlage analy-siert und sind bereits dabei auf grosseProbleme gestossen, die ihnen ein ab-schliessendes Urteil über den Zustandder Bahn verunmöglichen. Beispiel Ses-sel: Im Gestänge der über 100 Sesseliwurde vermehrt Korrosion entdeckt,die von innen her die Wände der Rohreschmälert und somit bruchanfälligermacht. Dummerweise werden dieseSchäden «erst ersichtlich, wenn sichdie Korrosion gegen aussen durchge-fressen hat», so das Gutachten. Wollteman den Stand dieser inneren Korrosi-on prüfen, müsste man die Rohre unddamit das halbe Sesseli zerstören.

Verrostete, abgenutzte SchraubenBeispiel Nummer zwei: «Bei einer

Anlage wurde bei der Demontage der-

selben, massivste Querschnittsverlustebei Stützankerschrauben, verursachtdurch Vibrationen/Korrosion, festge-stellt». Das Wort «massivste» wurdevom Gutachter unterstrichen. Dasheisst: Die Schrauben, welche die Stüt-zen im Boden halten, könnten auch beider alten Weissenstein-Sesselbahn ver-rostet und abgenutzt sein. Um dies zuanalysieren, müssten alle Stützfunda-mente geprüft werden, was wiederum«ein Weg-/Anheben der Stützen bedin-gen» würde. Ob sich die Ankerschrau-ben überhaupt noch lösen lassen, kön-

nen auch die Gutachter nicht beurtei-len. Es bleiben somit Unsicherheiten,wie tief eventuelle Sanierungsmassnah-men überhaupt gehen müssten.

Unbestritten ist, dass bei einer Sa-nierung die Originalsubstanz derBahn weiter abnehmen würde. Diesbestätigt auch das Gutachten undspricht vor allem bezüglich der Sesselvon kompletten Replica-Anfertigun-gen. Führt man sich die erwähnte Su-che nach Rost in den Sesselirohrenvor Augen, leuchtet dieser Schlussein. Ein weiteres Augenmerk richten

die Gutachter auf den Brandschutz.Hier müssten die Stationsgebäudeentsprechend umgebaut und mit spe-ziellen Brandbekämpfungsmittelnausgerüstet werden.

«Nein, praktisch ausgeschlossen»Ins Gewicht fällt laut den Gutachtern

auch, dass die Anlage nicht behinder-tengerecht umgebaut werden kann. Aufdie Frage der Auftraggeber, ob sich dieAnforderungen der Behindertengesetz-gebung nach einer Sanierung erfüllenliessen, antwortet das Gutachten präg-

nant: «Nein, praktisch ausgeschlossen.»Die Schlussbetrachtungen der Gut-

achter liefern eine Idee, die von derSeilbahn AG sogleich aufgenommenwurde: Die alte Bahn soll in Teilen alsMuseumsanlage an einem anderenStandort erhalten werden. Die SeilbahnWeissenstein AG hat dafür bereits eineArbeitsgruppe eingesetzt, wie sie ges-tern in einem Communiqué mitteilte.Das darf getrost als die grösste Neuig-keit des gestrigen Seilbahntages angese-hen werden.

Restrisiko und UnwägbarkeitenVON CHRISTIAN FLURI

Gutachten zur Seilbahn Weissenstein liegt vor und liefert rechtlich Interpretationsspielraum

Der Gondelbahn-Neubau

kommt im März 2008 zur Auf-

lage. Gegen die Richtplanan-

passung und Nutzungspläne

gehen über 70 Eingaben ein.

Dicke Post folgt im Juni vom

Bundesamt für Raumentwick-

lung. Es will die Option Erhalt

des 60-jährigen Sessellifts,

dessen Betriebsbewilligung

Ende 2009 ausläuft, durch ein

unabhängiges Gutachten ab-

geklärt haben und stellt die

«Zonenverträglichkeit» der

Freizeitanlagen infrage. Zuvor

hat das Bundesamt für Ver-

kehr (BAV) als Konzessions-

und Betriebsbewilligungsbe-

hörde der Seilbahn Weissen-

stein AG mehrmals einen

Neubau nahegelegt. Seit De-

zember fährt die Bahn unter

verschärften Sicherheitsaufla-

gen des BAV. (MZ)

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UPDATE

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it der Einschränkung «... ,aber»der Antwort des Gutachtens zurFrage des Sessellift-Erhalts sieht

die Seilbahn Weissenstein AG ihre Argu-mente bestätigt. Verwaltungsrat-Vizepräsi-dent Rolf Studer: «Wir haben immer gesagt,dass ein Erhalt technisch unter Umständenmöglich ist.» Aber: Ebenso bestätigt würde,dass damit verbundene technische und fi-nanzielle Risiken, Unwägbarkeiten und Un-sicherheiten nicht zu verantworten seien.Beispiel: Das Bundesamt für Verkehr (BAV)entscheidet erst über eine Konzession,wenn das Sanierungsprojekt vorliegt.Sprich: Es sei nicht sicher, ob und für wielange der Betrieb bewilligt würde. Entschei-dend auch: «Wir haben keinen Seilbahnbau-er, der die Sicherheit der Anlage garantiert.Entsprechend können wir diese Verantwor-tung auch nicht tragen. Noch diesen Monatwerde ein Konzessionsgesuch für eine Gon-delbahn eingereicht. Studer verweist dar-auf, dass Ende Oktober die Betriebsbewilli-gung auslaufe und gemäss BAV für die jetzi-ge Bahn nicht mehr verlängert werde.

M Der Schweizer Heimatschutz und derSolothurner Verein Pro Sesseli stürzensich auf die Antwort «Ja, ...» des Gutach-tens. Beide appellieren in Medienmittei-lungen fast gleichen Wortlauts an die Be-treiber, «im Interesse der Bevölkerung defi-nitiv auf die Neubaupläne zu verzichten»und fordern zudem die sofortige Erarbei-tung eines Betriebskonzepts und einer Kos-tenschätzung sowie die Einholung detail-lierter Offerten für eine umfassende Revisi-on der Sesselbahn. Beide Organisationenbeabsichtigen ferner, zusammen bis Ende2009 die massgeblichen Mittel bereitzustel-len, damit spätestens 2010 die «dringendnötige Überholung der technik- und touris-musgeschichtlichen Perle ausgelöst werdenkann». «Pro Sesseli» will ausserdem denvon den Bahnbetreibern geplanten Bau«von störenden Freizeitanlagen wie Rodel-und Tubingbahn» verhindern. Der Vereinfordert das Baudepartement auf, die Pla-nung Weissenstein neu aufzulegen und dies«in einem partizipativen Prozess sofort andie Hand zu nehmen».

Mehr ein «Aber, als ein Ja» ist die Antwortdes Gutachtens für die kantonale Pla-nungsbehörde. Bernard Staub, Chef Amt

für Raumplanung: «Es führt kein Weg aneinem Neubau vorbei. Eine Sanierung wä-re ein Hochseilakt ohne Netz.» DerSchlussbericht zum Richtplanverfahrenwerde nun verfasst. Einsprache dagegenkönnen nur Regionalplanungsgruppenund Einwohnergemeinden machen. Nachder Bewilligung durch den Regierungsratgehe das Dossier ans Bundesamt für Um-welt (BafU). Um den Spielraum zu öffnen,würde im Richtplan nicht mehr die um-strittene Rodel- und Tubingbahn festge-schrieben. Staub: «Wir setzen landschafts-verträgliche Freizeitanlagen im Grundsatzfest, lassen aber offen, welche.» Freizeit-anlagen sind untrennbarer Bestandteildes Betriebskonzeptes und Businessplansder geplanten Gondelbahn. Die langfristi-ge Wirtschaftlichkeit eines Transportun-ternehmens wiederum ist für das BAV einzentrales Kriterium bei der Erteilung ei-ner Konzession. (MZ)

«Ja, aber ...» – jeder findet sich wieder

Trotz neuer, strengerer Auflagen für denBahnbetrieb kann die Seilbahn Weissen-stein wahrscheinlich bis Ende 2009 wei-terfahren. Allerdings nur bei wenig Wind- denn da setzt das Bundesamt für Ver-kehr BAV offenbar den Hebel an. Längerdauert auch die jetzige Revisionspause.

«Wir haben sofort mit dem Bundesamtfür Verkehr Kontakt aufgenommen», be-tont Rolf Studer, Vize-VR-Präsident derSeilbahn Weissenstein AG, nachdem vorrund zehn Tagen dicke Post an 80Schweizer Seilbahnen ergangen war. DerGrund: Letzten Winter war es wegenWindeinfluss zu zwei Bahnentgleisungenim Berner Oberland gekommen. Das Er-gebnis des Gesprächs: Wenn die SeilbahnWeissenstein geeignete betriebliche Mass-nahmen aufzeigen kann, sollte der Be-trieb auch ohne die bis im April 2009 ge-forderten technischen Massnahmen mög-lich sein. «Dafür brauchen wir aber Zeit»,so Studer, und deshalb sei die bis zum 10.Dezember geplante Revisionspause jetztbis zum 26. Dezember verlängert worden.«Und dann möchten wir der Öffentlichkeitnoch bis Ende des nächsten Jahres dieFahrten ermöglichen», entkräftet Studerunausgesprochene Kritik aus den Reihender Sesseli-Befürworter, die der Bahn vor-werfen, die strengeren Auflagen kämenihr nur zu gelegen, um den Betrieb vorzei-tig einzustellen.

Keine technischen Massnahmen«Auf keinen Fall länger» als bis Ende

2009, dem Auslaufen der Betriebsbewilli-gung, werde jedoch die Seilbahn fahren.Das kann Rolf Studer schon sagen - dennausser dem jetzt zu erarbeitenden «Mass-nahmenplan Wind» seien weitergehendetechnische Umrüstungen «systembedingtgar nicht oder nur kostenintensiv undmittels weitreichender Systemeingriffe»realisierbar. Nun will offenbar das BAVwissen, «wer wann für was zuständig ist»,wie sich Studer ausdrückt. Woher dieWinddaten stammen interessiert dasBundesamt ebenfalls - denn besonderszwei «Ecken» im Seilbahn-Trassee sindsehr windexponiert: der Mast auf demVorberg, bevor es hinab zur MittelstationNesselboden geht, sowie die offene Flä-

che des «Göiferlätsch» vor der Bergstati-on. Zwei Windmesser, die allerdingsschon 15 Jahre auf dem Buckel haben, ste-hen zur Verfügung und haben bisher da-für gesorgt, dass die Bahn den Betriebeinstellt, wenn der Alarmwert von 60km/h Windgeschwindigkeit erreicht wird.Bei 40 km/h liegt übrigens der bisherigeGrenzwert für eine Windwarnung.

Auf die Frage, ob künftig die Seilbahnfast nur noch bei Windstille verkehrenkann, hält sich der VR-Vizepräsident dage-gen bedeckt. Man habe einfach nach We-gen gesucht, die Seilbahn bis Ende 2009sicher für die Fahrgäste weiter betreibenzu können. Die vorgesehenen betriebli-chen Massnahmen werde man dokumen-tieren und dem Bundesamt für Verkehrvorlegen. «Die Massnahmen betreffen denBetrieb bei Wind, für den die Weissen-steinbahn nicht so ausreichend ausgerüs-tet ist - und auch verhältnismässig nichtausgerüstet werden kann - wie dies beimodernen Seilbahnen der Fall ist», wirdin der gestrigen Medienmitteilung infor-miert. Die damit auch ein Plädoyer fürden Bau der neuen Gondelbahn ist, dendie Seilbahn Weissenstein weiterhin aus-drücklich vertritt - und für den das nötigeKapital von über 12 Mio. Franken bereitsaufgetrieben worden ist. (WW)

Wind und Bundesamt ausgeliefertBetriebsaufnahme 26. Dezember

Bis «Anfang des kommenden Jahres» rech-

net die Seilbahn Weissenstein AG mit dem

Vorliegen des Gutachtens zur allfälligen Sa-

nierung der jetzigen Sesselbahn. Das Gut-

achten hatte das Amt des Bundes für

Raumentwicklung im Rahmen der Richt-

planvorprüfung verlangt. Danach war die

Sutter Ingenieur- und Planungsbüro AG

vom Kanton beauftragt worden, das Gut-

achten zu beschaffen. Die Gutachter-Su-

che gestaltete sich insofern schwierig, als

es galt, einen Gutachter zu finden, der von

der Seilbahn Weissenstein AG als Bahnei-

gentümerin, dem Schweizer Heimatschutz

und den involvierten Bundesstellen akzep-

tiert wird. Damit der Gutachter in Ruhe ar-

beiten kann, wird er geheim gehalten. Es

handle sich aber um einen «unabhängigen

Seilbahnfachmann aus der Schweiz». (WW)

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GUTACHTER IST BESTIMMT

26. 11. 2008

11. 3. 2009

«Aufgrund der uns vorliegenden Infor-mationen und Unterlagen haben wirden Eindruck, dass der Erhalt des Ses-sellifts nie so ernsthaft geprüft wurde,wie der Neubau einer Gondelbahn»,sagt Philipp Gressly, Präsident des Solo-thurner Heimatschutzes. Die Sektionund ihre nationale Mutter lehnen daherdie Neubau-Pläne der Seilbahn Weis-senstein AG ab (siehe «Update»).

«Die heutige Anlage aus den 50er-Jah-ren ist ein technik- und tourismusge-schichtliches Denkmal von nationalerBedeutung», heisst es in einer Mittei-lung. Ihr System der kuppelbaren Sesselund die Linienführung seien landesweiteinzigartig. Nur diese Anlage sei in zweiSektionen eingeteilt, welche den Wech-sel von einem Tragseil auf das andereohne Umsteigen ermögliche.

Nicht auf KonfrontationskursWeiter ist für den Heimatschutz «die

16-minütige Fahrt mit dem nostalgi-schen Sessellift über 30 filigrane Mas-ten ein ähnlich emotionales Erlebniswie die Reise in einem Dampfzug». Diessei der vielmals gesuchte veritable Kun-denvorteil gegenüber der Konkurrenz,die nur ein «Retortenerlebnis» biete.Dieser Ansatz muss laut Gressly in dieÜberlegungen der Seilbahn AG einflies-sen. Der Heimatschutz ist überzeugt:«Wenn die gleiche Wertschätzung er-reicht wird, wie für Raddampfer oderhistorische Zugkompositionen, sind dieTage für die historische Seilbahn nochlange nicht gezählt.»

Gressly wirft zudem ein, dass das Ge-samtprojekt mit zusätzlichen Freizeit-angeboten ein Bundesgutachten bedin-ge. Grund: Das Gebiet ist im Bundesin-

ventar der Landschaften und Natur-denkmäler von nationaler Bedeutung.Er betont: «Wir wollen das Ganze inpartnerschaftlicher Zusammenarbeitmit der Seilbahn AG anschauen.» EinTreffen ist auf Montag angesetzt.

«Wir haben den Erhalt des Sesselliftssehr wohl geprüft. Und der Entscheidist uns nicht leicht gefallen», erklärteRolf Studer, Verwaltungsrat der Seil-bahn AG, letzte Woche gegenüber die-ser Zeitung. Original seien seit dem 4,5Mio. Franken teuren Umbau von 1994nur noch die Sessel, die Masten, die Ge-bäude und die Fundamente. «Wir ha-

ben zunehmend Mühe, Ersatzteile zuerhalten. Teilweise müssen wir sie fürteures Geld anfertigen lassen», so Stu-der. Für eine nach Auflagen und neuenNormen modernisierte Sesselbahn er-hielte die Seilbahn eine Betriebsbewilli-gung von nur fünf Jahren. In dieser Zeitkönne sie die Kosten der Modernisie-rung von rund 7 bis 7,5 Mio. Frankennie abschreiben.

Für die Gondelbahn gäbe es eine Be-willigung von 20 Jahren. Weitere Vor-teile: «Sie ist wesentlich betriebssiche-rer und hat fast die doppelt so hohe Ka-pazität wie ein Sessellift.»

Der Heimatschutz lehnt eineGondelbahn am Weissensteinab. Grund: Die heutige Anlagesei einzigartig. Ebenso das Er-lebnis einer Sesseli-Fahrt.

Seilziehen um Seilbahn

VON MARCO ZWAHLEN

Die Betriebsbewilligung für

den Sessellift läuft Ende 2009

aus. Mit einer Gondelbahn

will die Seilbahn Weissen-

stein AG die Fahrzeiten hal-

bieren, doppelt so viele Fahr-

gäste transportieren und

Nachtfahrten ermöglichen

sowie das Freizeitangebot

ausbauen. Das unter kanto-

naler Federführung erarbeite-

te Gesamtkonzept umfasst

weiter flankierende Massnah-

men im Bereich Verkehr und

Parkplätze. Gestern lief dazu

die Frist zur Anhörung aller In-

teressengruppen ab. (MZ)

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UPDATE

Sanieren oder Neubau? Die Masten, Stationenund Sessel der Seilbahn sind noch original oderoriginalgetreu. HANSPETER BÄRTSCHI

26. 8. 2006

NORDWESTSCHWEIZ

FREITAG, 19. DEZEMBER 2014 SEILBAHN-ZEITUNG 5

«Ein Meilenstein», freut sich Rolf Stu-der, Vizepräsident des Verwaltungsratsder Seilbahn Weissenstein AG. Seit ver-gangenem Donnerstag ist das Bundes-amt für Verkehr (BAV) offiziell in dieDebatte um die Seilbahn-Zukunft amWeissenstein involviert. Der SchweizerHeimatschutz und der Verein Pro Ses-seli fordern bekanntlich den Erhalt des«technischen Kulturgutes von nationa-ler Bedeutung». Mit der Übergabe desGesuchsdossiers für den Abbruch des60-jährigen Sessellifts und den Neubaueiner 6er-Gondelbahn rücken nun an-dere Fragen ins Zentrum: Genügt diegeplante Gondelbahn den heutigen Si-cherheitsanforderungen? Ist die Finan-zierung gesichert? Und: Ist das Projektumweltverträglich, längerfristig zweck-mässig und wirtschaftlich?

Speziell bei diesem Bewilligungsver-fahren ist, dass das BAV mit dem neuenSeilbahngesetz für alle Belange zustän-dig ist. Spezialbewilligungen sowie kan-tonale und kommunale Baubewilligun-gen werden nicht mehr separat bean-tragt und erteilt, sondern vom Bundes-amt nach Anhörung betroffener Amts-stellen gesprochen.

BAV - alte Bahn am LimitDie neue Bahn mit behindertenge-

rechten 50 Gondeln der CWA Construc-tions SA (Olten) befördert im Anfangs-ausbau 900 Personen pro Stunde undist ausbaubar auf 1200 Personen proStunde. Die Finanzierung der 12,5 Mio.Franken teuren neuen Bahn und neuerFreizeitanlagen ist gesichert. Zudemhat das BAV als Konzessions- und Be-triebsbewilligungsbehörde der Seil-bahn AG inoffiziell schon mehrmals ei-nen Neubau empfohlen. Erstmals2004. Grund für diese Empfehlung: dieSicherheitsauflagen. Schon 1994 habedie Totalsanierung trotz Kosten in Milli-onenhöhe die Grenzen der Anlagendeutlich aufgezeigt.

Die Zeit drängt und wird knappIn Zusammenarbeit mit dem Kanton

sieht das Gesamtkonzept flankierendeMassnahmen vor. So die Sperrung der

Passstrasse an Sonn- und Feiertagenvon 8 bis 16 Uhr, Parkverbote und Park-gebühren. Zur Plangenehmigung erfor-derlich sind die Richtplananpassungund die Nutzungsplanung. Bei der Auf-lage vor einem Jahr durch den Kantongingen über 70 Eingaben ein. Und: Inseiner Vorprüfung des Richtplanes ver-langte das Bundesamt für Raument-wicklung (ARE) letzten Juni ein Gutach-ten zur Option Erhalt des Sessellifts. Fa-zit: Die Bahn könnte wohl saniert wer-den, unabsehbar sind aber unter ande-rem die Kosten. Sollte das BAV zudemdie Konzession für die sanierte Bahnüberhaupt erteilen, kann es die Be-triebsbewilligung aufgrund höherer Si-cherheitsanforderungen jederzeit ent-ziehen.

Knackpunkt im Gesamtkonzept sinddie Freizeitanlagen, Das ARE stellt die«Zonenverträglichkeit» der im Richt-planentwurf definierten Rodel- und Tu-bingbahn infrage. Freizeitanlagen sindjedoch untrennbarer Bestandteil desBusinessplans der Gondelbahn. Unddie längerfristige Wirtschaftlichkeit ei-nes Transportunternehmens wiederumist für das BAV eine zentrales Kriteri-um. Sprich: «Der Bund wird nun Farbebekennen müssen», so Studer. GleicherMeinung ist Bernard Staub. Laut demChef des kantonalen Amtes für Raum-

planung ist der Schlussbericht zumRichtplanverfahren bis Ende diesenMonat verfasst. Einsprachen dagegenkönnen nur Regionalplanungsgruppenund Einwohnergemeinden machen.Um den Spielraum zu öffnen, würdenicht mehr die umstrittene Rodel- undTubingbahn festgeschrieben. Staub:«Wir setzen landschaftsverträglicheFreizeitanlagen im Grundsatz fest, las-sen aber offen, welche.»

Bewilligungen im Frühherbst?Die Seilbahn Weissenstein AG rech-

net damit, dass die Bewilligungen die-sen Frühherbst eintreffen. Spätestensim Juni 2010 soll die Gondelbahn in Be-trieb gehen. Der Baubeginn ist für Ok-tober vorgesehen. Bis dahin läuft nochdie Betriebs-Gnadenfrist für den Sessel-lift. Letzten November verfügte dasBAV der Seilbahn, die seit gestern nachRevisionsarbeiten wieder läuft, ver-schärfte Auflagen: «Es war die letzteRevision der alten Bahn. Ihre letzte Sai-son hat begonnen. Wer also das Frei-luft-Fahrvergnügen geniessen wolle,kann dies nur noch ein paar Monatetun.» Im Herbst sei ein Abschlussfestvorgesehen. Ausserdem würden die«Sässeli» versteigert. «Die Warteliste istlang», so Studer. «Von 100 Stück sind60 bereits reserviert.»

Eine moderne Gondelbahnstatt ein alter Sessellift: DieSeilbahn Weissenstein AG hatnun die für die Konzessionund Betrieb nötigen Plänedem Bundesamt für Verkehrübergeben.

Bund muss nun einsteigen

VON MARCO ZWAHLEN

Bundesamt für Verkehr: Das Gesuchsdossier wird überreicht (v. l.): Urs Wohlwend, Sektion Bewilligungen I im BAV; Johannes Sutter, Projektleiter, Sutter Ingenieur- undPlanungsbüro AG; Urs Allemann, Verwaltungsratspräsident Seilbahn Weissenstein AG. URS LINDT

Der Ersatz der Sesselbahn Weissensteindurch eine neue Gondelbahn ist von derRegierung im Richtplan festgesetzt. Beider Planauflage vor über einem Jahr wa-ren 46 Einwendungen eingegangen. Ges-tern aber lagen auf dem regierungsrätli-chen Tisch keine Beschwerden einer da-für berechtigten Gemeinde oder Regional-planungsgruppe. Der Richtplan sieht wei-ter vor, dass die Passstrasse an Sonn- undallgemeinen Feiertagen von 9 Uhr bis 16

Uhr gesperrt wird, um Blechlawinen künf-tig vom Berg fernzuhalten. Damit ist auchdem departementübergreifenden Disputzweier kantonaler Ämter ein Ende ge-setzt. Das Amt für öffentliche Sicherheitwar gegen die Sperre, das Amt für Raum-planung (ARP) erachtet die Massnahmenach Strassenverkehrsgesetz im Sinne desGesamtkonzeptes als verhältnismässig.

Ursprünglich waren im Richtplan eineTubing- und eine Rodelbahn definiert.Hier krebst der Kanton zurück. Aber:«Weitere landschaftsverträgliche Freizeit-einrichtungen auf dem Weissenstein sindgrundsätzlich möglich», sagt ARP-ChefBernard Staub. In welchem Umfang undvon welcher Art diese sein werden, sollein Planungsauftrag zeigen. Die Richt-plananpassung hält dies als Zwischener-gebnis fest.

Das Warten auf den BundAuf kantonaler Stufe sind die Festlegun-

gen im Richtplan behördenverbindlich.

Am Zug ist nun der Bund. Diesem wirddie Genehmigung der Richtplananpas-sung durch das Departement für Umwelt,Verkehr, Energie und Kommunikation(Uvek) beantragt. Da die Konzession fürdie alte Sesselbahn Ende Jahr ausläuft,steht das Verfahren unter Zeitdruck. Da-her legt der Regierungsrat Wert auf einenraschen Grundsatzentscheid, im Wissen,dass zwischen den Bundesämtern für Ver-kehr (BAV), für Kultur (BAK) und für Um-welt (BafU) unterschiedliche Auffassungenzu den Richtplaninhalten bestehen (wirberichteten): Seit Jahren legt das BAV alsKonzessions- und Betriebsbewilligungsbe-hörde der Seilbahn aus Sicherheitsgrün-den einen Neubau nahe. Den Erhalt derSesselbahn will das BAK, und das Bafulehnt die Rodel- und Tubingbahn als «zo-nenunverträglich» ab. Mittendrin: dasARE (Bundesamt für Raumentwicklung).Dieses verlangte vor einem Jahr ein unab-hängiges Gutachten zur Frage, ob dieBahn nicht doch erhalten werden könne.

Per Schreiben will die Regierung Bundes-rat und Uvek-Vorsteher Moritz Leuenber-ger die Gesamtproblematik schildern. Dieweiteren Verfahren (Nutzungsplanungund Konzessionsverfahren) sind angelau-fen. Auf kantonaler Ebene werden innächster Zeit die 50 Einsprachen zur Nut-zungsplanung behandelt. Vorläufig sistiertwird der Nutzungsplan Tubing- und Ro-delbahn.

Nostalgiker hoffen auf Korrektur«Der Regierungsrat schafft ein Präjudiz

für die künftige Missachtung von Geset-zen», reagiert der Verein Pro Sesseli aufden Entscheid. Die Interessen einer pri-vaten Seilbahngesellschaft würden höhergewertet als der ungeschmälerte Erhalteiner geschützten Landschaft sowie dieEinhaltung von nationalem und kantona-lem Recht. «Damit hat sich die Regierungdie Interessen der Seilbahngesellschaftzu ihren eigenen gemacht.» Für das teil-weise neue Trassee müssten geschützte

Waldpartien gerodet werden. Und: ImGegensatz zur Sesselbahn, deren Seilfüh-rung unterhalb der Baumwipfel erfolgt,müssten für die neue Gondelbahn Mas-ten bis zu 22 Meter Höhe errichtet wer-den und die durch das Bundesinventarder Landschaften und Naturdenkmälervon nationaler Bedeutung (BLN) ge-schützte Silhouette des Vorbergs würdedadurch zerstört. Auch die neue Tal-,Mittel- und Bergstation würden wesent-lich grösser ausfallen als die Stationender Sesselbahn und einen schwerwiegen-den Eingriff in das Landschaftsbild be-deuten. Die beabsichtigten Eingriffe indie Landschaft kritisiert auch der Schwei-zer Heimatschutz (SHS) scharf. Er gehtdavon aus, «dass der regierungsrätlicheEntscheid durch das ARE korrigiert wer-den muss». Weiter meint der SHS an dieAdresse des Regierungsrates. Mit seinemEntscheid gewichte er «das Kulturgut derhistorischen und schützenswerten Ses-selbahn gering».

Gondelbahn im Richtplan

VON MARCO ZWAHLEN

Gestern hat die Regierung dieRichtplananpassung «Interes-sengebiet für Freizeit und Er-holung: Weissenstein» geneh-migt. Die Rückendeckung kri-tisieren die Sesselbahn-An-hänger scharf.

Eine Sesselentgleisung im Mai, bei Gewit-terlagen eine aussetzende Schalterleitung... nur zwei «Probleme» der Seilbahn. Be-reits im Dezember liess das Bundesamtfür Verkehr (BAV) angesichts der Ende2009 auslaufenden BetriebsbewilligungGnade vor Recht walten. Die 60-jährigeBahn kann die Sicherheitsbestimmungennicht mehr erfüllen. Sie darf nur noch beistabiler Wetterlage und mit tieferen Wind-alarmwerten fahren. Leib und Leben derGäste waren gemäss Seilbahn-Verwal-tungsratspräsident Urs Allemann nie ge-fährdet. Der Verwaltungsrat will die Ver-antwortung aber nicht mehr allzu langetragen. «Am 1. November ist definitivSchluss», so Allemann. Und: Das BAVwerde auch keine provisorisch verlänger-te Betriebsbewilligung erteilen. Ein Ab-schlussfest ist in Planung. Ebenso der Ab-bruch der alten Bahn. Rund 100 «Sässeli»stehen für 1000 Franken pro Stück zumVerkauf. Die Warteliste ist bereits voll. Ei-nige «Sässeli» will die Seilbahn für ein all-fälliges Museum behalten.

Die Betriebsrechnung schliesst mit ei-ner schwarzen Null. Angesichts des «ins-tanzlichen Kriechgangs» mit dem Gondel-bahn-Neubauprojekt «war 2008 ein Jahrdes Stillstandes», so Allemann. Die Mittel(rund 12 Mio. Franken zweckgebundenfür den Neubau) seien da, die Planungenfast abgeschlossen. Nur: «Die Bewilligun-gen fehlen noch immer», so Allemannfrustriert. Das Konzessionsgesuch für dieneu Bahn ist seit März beim BAV depo-niert. Zur Richtplanung hat nun ebenfallsder Bund das Machtwort. Die Nutzungs-pläne wird der Regierungsrat im Herbstabsegnen. Hier reicht dann der Rechts-mittelweg bis vors Bundesgericht. Sprich:Der Neubau wird frühestens im Frühlingin Angriff genommen werden können. Be-züglich Freizeitanlagen geht die Seilbahngezwungenermassen über die Bücher. AlsAlternative zu den Tubing- und Rodelbah-nen nannte Allemann eine Schlittelpiste.Ein «neues» Sommerangebot hat die Bahnbereits. Sie hat die Downhill-Strecke über-nommen. Allemann ist auch überzeugt,mit der Bürgergemeinde Oberdorf einigzu werden. Diese will bislang ihr Landnicht verkaufen. Allemann verwehrt sichjedoch gegen den Vorwurf der Bürgerge-meinde, die Seilbahn wolle sie über denTisch ziehen (wir berichteten). «Wir zah-len sicher nicht für Wald 155 Franken proQuadratmeter.»

An der Versammlung meldeten sichkeine Kritiker zu Wort. Auch der anwe-sende Geschäftsleiter des Schweizer Hei-matschutzes, Adrian Schmid, nicht. In ei-ner Medienmitteilung empört er sich je-doch über die Abbruchpläne und den Ses-seli-Ausverkauf. Der SHS ruft das dafürzuständige Eidgenössische Departementdes Innern auf, das Kulturdenkmal Sessel-bahn sofort unter Schutz zu stellen undSchritte für den Erhalt anzuordnen. Dieswohlwissentlich, dass das Privatunterneh-men Seilbahn respektive die Aktionäremit ihrem Eigentum machen können, wassie wollen. (MZ)

Aktionäre

Letzte Fahrtim Spätherbst

11. 4. 2009

10. 6. 2009

10. 6. 2009

6 SEILBAHN-ZEITUNG NORDWESTSCHWEIZ

FREITAG, 19. DEZEMBER 2014

«Die Gründung der Stiftung ist derSchlüssel für den Erhalt der historischenSesselbahn auf den Weissenstein», zeig-ten sich Heinz Rudolf von Rohr, Präsi-dent des Vereins Pro Sesseli, und AdrianSchmid, Geschäftsleiter Schweizer Hei-matschutz (SHS), gestern im Alten Spitalüberzeugt. Die Medienkonferenz stiessauf reges Interesse - selten finden so vieleMedienschaffende den Weg nach Solo-thurn. Die Botschaft: Der von der Seil-bahn Weissenstein AG (SWAG) geplanteNeubau einer Gondelbahn muss verhin-dert werden. Die Strategie: Ein «un-freundliches Übernahmeangebot» an dieSesselbahn-Aktionäre oder im Notfall dieAusschöpfung aller Rechtsmittel (wir be-richteten). Die Ausgangslage ist aus Sichtder Stiftung klar: «Der Weiterbetrieb derSesselbahn sei ein Garant zur Erhaltungder geschützten Landschaft am Weissen-stein», betont Rudolf von Rohr.

Wyss zieht als Mäzen am SeilDas Geschäftsmodell der neuen Stiftung

lehnt sich jenem der Furka Bahn an. DieStiftung will die Bahn kaufen, die Sanie-rung und den künftigen Unterhalt via ei-nes Dotationsfonds für Spenden undSponsoren finanzieren. Damit wird dasoperative Geschäft entlastet. Der Betriebder Bahn soll einer eigenständigen Gesell-schaft übertragen werden. Für die Sanie-rung rechnet die Stiftung mit Kosten von 4bis 6 Mio. Franken. Als Mäzen der Stiftungkonnte Hansjörg Wyss, Verwaltungsrats-präsident der Medtech-Firma Synthes undeiner der reichsten Schweizer, gewonnenwerden. Laut Thomas Schmid, Präsidentdes Stiftungsrates, ist Wyss bereit, über dieHälfte einer Sanierung zu finanzieren.Schmid betont, dass die Stiftung gemein-nützigen Charakter habe und keinen Ge-winn anstrebe.

Damit das Geschäftsmodell zum Tra-gen kommen kann, müssen die gröss-tenteils anonymen Seilbahn-Aktionäreihre Aktien überhaupt verkaufen wol-len. Danach sieht es momentan nichtaus. Sollte diese Front trotzdem aufwei-chen, stellt sich sofort die Preisfrage.Diese bezeichnete Adrian Schmid alsden Knackpunkt überhaupt. Laut Bi-lanz der SWAG habe die Sesselbahn ei-nen Buchwert von 780 Franken. Vorder Kapitalerhöhung auf 12,2 Mio. Fran-

ken betrug das alte Aktienkapital 220000 Franken plus Rückstellungen vonfast 1,6 Mio. Franken. Die an den Neu-bau gebundenen Gelder sind fest ange-legt. Diese Festanlage könnte laut derStiftung den Aktionären ohne Verlustrückerstattet werden. Bleibt der Preis-frage. Laut Rudolf von Rohr müsstesich der Kaufpreis nach dem unbe-kannten effektiven Wert der Bahn rich-ten.

Kritik an GesamtkonzeptAn der Medienkonferenz wurden die

Vorwürfe an den Kanton und die Bahnbe-treiber erneuert. Rudolf von Rohr dazu:«Der Bau einer Gondelbahn zieht Eingrif-fe, wie Rodungen, und den Bau mächtigerBahnstationen mit sich.» Mit den bis zu 22Metern doppelt so hohen Masten würdezudem die geschützte Silhouette des Vor-bergs zerstört. Dies alles seien gravieren-de Verletzungen des BLN-Gebietes (Bun-desinventar der Landschaften und Natur-denkmäler). Und überhaupt: Es fehle eineGesamtsicht.

«Dem Gondelbahnprojekt droht einfinanzielles Fiasko», so Rudolf vonRohr. Eine Gondelbahn könnte nurdank stark erhöhter Frequenz wirt-schaftlich betrieben werden.» Voraus-setzung dazu wären Freizeitanlagen «inriesigem Ausmass». Nachdem aber diegemäss Businessplan notwendige Tu-bing- und Rodelbahn nach der Kritikdes Bundes aus dem Richtplan gefallenist, fehle diese Voraussetzung. Daranändere auch die Übernahme der Down-hill-Strecke durch die SWAG (wir be-richteten) nichts.

Brief an Bundesrat Couchepin«Es ist nicht statthaft, ohne rechts-

verbindliche Entscheide zum Abbruchund Neubau Bestandteile dieses Kul-turgutes zu verschleudern», machteAdrian Schmid seinem Ärger Luft.Gründe: Die SWAG kündigte an der Ak-tionärsversammlung vor einem Monatan, dass der Abbruch der 60-jährigenBahn bereits geplant werde. Ebenso,dass auf einer Warteliste bereits 100

«Sässeli» zum Stückpreis von 1000Franken verkauft seien. Schmid ver-wies auf das Natur- und Heimatschutz-gesetz: Drohe einem Kulturdenkmalvon nationaler Bedeutung unmittelba-re Gefahr, könne das EidgenössischeDepartement des Innern dieses sofortunter Schutz stellen und Massnahmenzum Erhalt anordnen. Dem nachzu-kommen, fordert der Heimatschutzmit Nachdruck in einem gestern ver-schickten Brief an Innenminister Pas-cal Couchepin. «Die hohe Schutzwür-digkeit der Sesselbahn halten die Eid-genössischen Kommissionen für Denk-malpflege sowie für Natur- und Hei-matschutz in ihrem Gutachten vomJuni 2007 fest», so Schmid.

Ob der Brief Wirkung zeigt? Couche-pin müsste zumindest den Kanton an-hören. Und dieser hat bekanntlich eineandere Meinung zum Thema. Ohne Be-willigung wird auf der anderen Seiteein Abbruch nicht möglich sein. Be-wegliche Einzelteile wie «Sässeli» dernicht unter Schutz stehenden Bahn

kann die Seilbahn jedoch als ihr Privat-eigentum jederzeit veräussern.

Bahn wird lange nicht mehr laufenDie Betriebsbewilligung für die Sessel-

bahn läuft Ende Jahr aus. Laut derSWAG ist vom Bundesamt für Verkehr(BAV) keine Verlängerung zu erwarten.Daran zweifelt Thomas Schmid. Die Stif-tung will daher mit dem BAV direkt ver-handeln. Verhandelt wird auch bereitsmit einer Unternehmung, welche die sa-nierte Bahn betreiben würde.

SHS und Pro Sesseli gehen davon aus,dass die Richtplananpassung vom Bun-desamt für Raumentwicklung (ARE)korrigiert wird. Bis zum Entscheid desARE ist das Nutzungsplanverfahren blo-ckiert. Bei diesem steht ebenfalls derWeg bis ans Bundesgericht offen. Vielesspricht also dafür, dass es aufgrund dergesetzlichen Fristen in solchen Verfah-ren zu Verzögerungen kommt, die weitüber das Verfalldatum der Betriebsbe-willigung vom 31. Dezember 2009 hin-ausreichen.

VON MARCO ZWAHLEN

«Pro Sesseli» und Heimat-schutz stellen Stiftung zum Er-halt der Sesselbahn Weissen-stein vor. Die Sesselbahn Weis-senstein muss erhalten bleiben– koste es fast, was es wolle. Seies mit dem Kauf der Aktiendurch die neu gegründete Stif-tung oder mit dem Gang vorBundesgericht durch denSchweizer Heimatschutz.

Nostalgiker kommen in Fahrt

Der Gondelbahn-Neubau kommt im März

2008 zur Auflage. Über 70 Eingaben ge-

hen ein. Drei Monate später verlangt das

Bundesamt für Raumentwicklung (ARE)

die Option, Erhalt des Sessellifts durch

ein unabhängiges Gutachten abzuklären.

Zudem wird die «Zonenverträglichkeit»

der Freizeitanlagen infrage gestellt. Zuvor

hat das Bundesamt für Verkehr (BAV) als

Betriebsbewilligungsbehörde den Be-

treibern mehrmals einen Neubau nahe-

gelegt. Seit Dezember fährt die Bahn un-

ter verschärften Sicherheitsauflagen des

BAV. Letzten März beantwortet das Gut-

achten die Frage, ob die Sesselbahn er-

halten werden kann, mit «Ja, aber». Letz-

ten April reicht die Seilbahn Weissen-

stein AG beim BAV das Konzessionsge-

such für eine Gondelbahn ein. Im Juni ge-

nehmigt der Regierungsrat die

Richtplananpassung, zu der nun das ARE

das Wort hat. (MZ)

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UPDATE

Die Stiftung Historische Seilbahn

Weissenstein wird präsidiert von

Thomas Schmid (Solothurn),

Lungenarzt und Präsident Lun-

genliga Solothurn. Die weiteren

Stiftungsratsmitglieder: Ruth Gisi

(Hochwald), Ex-Regierungsrä-

tin/Vizepräsidentin Schweizer

Heimatschutz, Ursula Hediger

(Küttigkofen), Ex-Präsidentin So-

lothurner Heimatschutz/Unter-

nehmensberaterin, Frank Urs

Müller (Oberdorf), Oberrichter/

Zentralpräsident Schweizer Al-

pen Club, Heinz Rudolf von Rohr

(Solothurn), Präsident Verein Pro

Sesseli, Roland Flückiger (Bern),

stellvertretender Denkmalpfleger

Stadt Bern, und Peter Schwaller

(Endingen AG), Präsident Stif-

tung Furka Bergstrecke. (MZ)

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DER STIFTUNGSRAT

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eine neuen Argumente sind fürRolf Studer, Vize-VR-Präsidentder Seilbahn Weissenstein AG,mit der gestrigen Stiftungs-

gründung aufgetaucht. «Wir halten anunserem eingeschlagenen Weg fest»,sieht Studer keine Alternative als dieneue Gondelbahn. Man verfüge überkein Kaufangebot für die alte Sessel-bahn, und wenn, müsste dieses vonden Aktionären genehmigt werden.Und diese hätten am 7. Juni an der Ge-neralversammlung der Seilbahn Weis-senstein AG ohne Gegenstimme demNeubauprojekt zugestimmt.Im Weiteren macht Rolf Studer daraufaufmerksam, dass die Investoren indas neue Bahnprojekt bereit seien, inAbsprache mit der Kurhaus Weissen-stein AG auch ins Kurhaus selbst zu in-vestieren, und zwar «in ein Gesamt-bild für den Familienberg Weissen-

K stein». Das Traditionshaus – zuletzt wur-de es Ende der Achtzigerjahre bis 1990für insgesamt 10 Mio. Franken grundle-gend umgebaut - soll mit dem Bau derneuen Gondelbahn durch ein «umwelt-verträgliches, nicht überdimensioniertesSanierungskonzept» wieder auf Vorder-mann gebracht werden. An der General-versammlung der Kurhaus WeissensteinAG, die nur mit Ach und Krach die Mittelfür den Unterhalt des Kurhauses auf-bringt, hatte deshalb vor wenigen Wo-chen auch der Präsident der AG, Josef In-gold, klar für die neue Gondelbahn vo-tiert.Zur «Volksmeinung», die der Verein ProSesseli hartnäckig für sich bean-sprucht, hält Rolf Studer im Übrigenfest, dass die vom Verein eingereichteVolksmotion zur Erhaltung der Sessel-bahn im Kantonsrat klar abgelehntworden war. (WW)

Seilbahn: «Halten am eingeschlagenen Weg fest»

Adrian Schmid vom Schweizer Heimatschutz, Stiftungsratspräsident Thomas Schmid und Pro-Sesseli-Präsident Heinz Rudolf von Rohr (von links) vor den Medienvertreternim «Alten Spital» in Solothurn. FELIX GERBER

Wer auf den Parkplatz der TalstationOberdorf einbiegt, wird allerdings ent-täuscht sein: Erst auf den dritten Blicksind die Metallprofile hinter dem Stations-gebäude im Wald erkennbar - der Neubauwird bekanntlich in den Hang hinein ver-legt. Dies macht auch den Grossteil derRodungsfläche von 2744 Quadratmeternaus, um deren Bewilligung in der Planauf-lage ebenfalls ersucht wird. So viel Wald

muss für die drei Stationen weichen. Dazukommen noch 250 Quadratmeter - dieHälfte einer durchschnittlichen Einfamili-enhausparzelle -, die für Rodungen aufdem Streckentrassee selbst geplant sind.

Natürlich ist auch die Wiederauffors-tung Bestandteil der Planauflage, und siebeläuft sich exakt auf die insgesamt 2994Quadratmeter, die gerodet werden sollen.Im Übrigen sind bereits Einsprachen ge-gen die Rodungen im kantonalen Richt-plan abgeschrieben worden und müssenerneut beim Bundesamt für Verkehr(BAV) eingereicht werden. Gründe dafürsind laut Corinne Stauffiger vom kantona-len Amt für Raumplanung Anpassungeneinerseits. Anderseits habe sich im Laufedes Verfahres herausgestellt, dass die Ro-dungen in die Planauflage des Bundes ge-hören. Vollständig mit Profilen ausge-steckt wurden die neuen Tal- und Bergsta-tionen sowie die Rodungsflächen, nichtdagegen die Mittelstation Nesselboden,

wo die Profile nur den hinteren Teil desneuen Gebäudes in der Originalhöhe wie-dergeben. Die Standorte der 17 Stützenoder Masten wurden genauso wie dervordere Teil der neuen Mittelstation nurmit Holzpflöcken ausgesteckt und ergänztmit den Angaben über die künftigen Mas-se. Der Grund dafür ist einleuchtend: DieSeilbahn Weissenstein ist weiterhin im Be-trieb und die jetzige Streckenführung fastabsolut identisch mit der neuen - sodassin der Fahrbahn des «Sässelis» nicht in dieHöhe ausgesteckt werden kann.

Kein besonderer Schritt ist die Planauf-lage für den Bauherr, die Seilbahn Weis-senstein AG. Vize-Verwaltungsratspräsi-dent Rolf Studer: «Damit erfüllen wir, wasdas Bundesamt für Verkehr von uns ver-langt.» Das BAV ist letztlich zuständig fürdie Konzessionserteilung und Betriebsbe-willigung. Der Ausschreibung ist auch zuentnehmen, dass die AG als Gesuchstel-lerin den Projektunterlagen den entspre-

chenden Umweltbericht beigelegt hat. Dieneue Gondelbahn soll im nächsten Jahrtrotz dem Widerstand des Schweizer Hei-matschutzes und des Vereins Pro Sesseligebaut sein und den Betrieb aufnehmenkönnen.

Die neue Gondelbahn umfasst zweiSektionen mit einem Höhenunterschiedvon knapp 402 und 216 Metern bei einerGesamtstreckenlänge von etwas mehr als2,3 Kilometern. Vorgesehen sind noch 17Stützen und vorerst der Einsatz von 52Sechserkabinen, der mögliche Endausbauliegt bei 67 Gondeln, darunter auch sol-chen, die als «Cabrio» oben geöffnet wer-den können.

Einsprachefrist bis Ende SeptemberDie Einsprachefrist läuft bis am 29.

September. Einspracheberechtigt sindlaut Davide Demicheli, Mediensprecherdes BAV, Gemeinden, Betroffene (Eigen-tümer, Anstösser) und Verbände - unter

anderem auch der Schweizer Heimat-schutz, der bereits angekündigt hat, dieNeubaupläne der Seilbahn WeissensteinAG bis vor Bundesgericht zu bekämp-fen. Mit den Grundeigentümern hinge-gen hat sich die Seilbahn WeissensteinAG bereits geeinigt (wir berichteten).Ungewöhnlich ist, dass der Bund dieBaupläne bereits auflegt, obwohl er denübergeordneten Richtplan noch nichtgenehmigt hat. «Der Zeitdruck ist gross,weil die Betriebs- und Konzessionsbe-willigung Ende Jahr ausläuft», erklärtCorinne Stauffiger. Rechtlich sei es keinProblem, die beiden Verfahren parallellaufen zu lassen. Natürlich besteht nundas Risiko, dass der Richtplan vomBund abgelehnt wird und das Planver-fahren damit obsolet wird. Man könntedieses «Vorpreschen» des BAV aberauch derart interpretieren, dass derBund den Richtplan als so gut wie ge-nehmigt betrachtet. (WW, SFF, MZ)

Die neue Gondelbahn auf denWeissenstein steht vor einemweiteren Hürdensprung: Ges-tern hat das Bundesamt fürVerkehr die Planauflage öffent-lich ausgeschrieben. Anhandder ausgesteckten Profile sindinsbesondere auch die künfti-gen Stationsbauten ersichtlich.

Ein erster Pflock eingeschlagen

8. 7. 2009

28. 8. 2009

NORDWESTSCHWEIZ

FREITAG, 19. DEZEMBER 2014 SEILBAHN-ZEITUNG 7

«Drü, zwei, eis und go», Dani Fohrler zähltrückwärts, als das Zweiersässeli in Ober-dorf mit einem Ruck schwungvoll auf dieFahrt hinauf auf den Weissenstein startet.«So, jetzt geniessen wir die letzte Fahrt hin-auf auf den Solothurner Hausberg.» SeineBeziehung zum Sässeli sei keine besondersspezielle, trotzdem habe ihn die Seilbahnvor allem in seiner Kindheit sehr fasziniert.«Bei uns in der Familie wurde intensiv ge-wandert, meistens waren wir aber nichtmit dem Sässeli unterwegs. In aller Herr-gottsfrühe gings zu Fuss auf den Berg, dasAuto haben wir in Oberdorf parkiert - dawar das Sässeli jeweils noch gar nicht in Be-trieb. Auf dem Rückweg habe ich dannoberhalb von mir häufig das Sässeli ratterngehört. Ein bekanntes Geräusch - dieseseinmalige ‹Ratatatata› wird sicher in denErinnerungen vieler Menschen bleiben. Ichwar schon als Bub fasziniert von allem, wasaudiotechnisch war. Solche Geräusche wiediese der Sässelibahn habe ich auf einemKassettengerät aufgenommen und damitexperimentiert.»

Geprägt hat die Sässelibahn den heuti-gen Radiomoderator als Kind auch in tech-nischer Hinsicht: «Inspiriert durch dieseSässelibahn, baute ich mit den weissenPlastik-Glacestängeli Seilbahnanlagen. Einehabe ich zu einer Kollegin hinüber überzwei Häuserdächer und Gärten gebaut. Ichwar dermassen angefressen von Seilbahn-geschichten, dass ich sogar einen Schrittweiter ging: Mit Flaschenzügen, Seilen undallem ‹Mögliche, was Gott verbote het›,baute ich eine grosse Seilbahn. Sie gingvom Schopf aus, der Wäscheleine entlangdurch unseren Garten. Ein Plastikstuhldiente als Sässeli und Nachbars Kinder wa-ren meine Fahrgäste. Später habe ich mirvorgestellt, wie toll es wäre, bei der Seil-bahn Weissenstein zu arbeiten: Mit all der

Technik zu rangieren und die vielen Knöp-fe zu bedienen. Das hat mir Eindruck ge-macht. Es ist für mich heute noch ein Phä-nomen, wie das alles funktioniert.»

Diese Faszination war am Wochenendeauch bei vielen anderen Fahrgästen zu spü-ren. Ausgerüstet mit Foto- und Videokame-ras, halten sie die letzten Runden der Säs-selibahn mit dem atemberaubenden Aus-blick ins Mittelland fest. Ein Mann lässt sichauf der Talfahrt winkend von einer Frau,die auf dem unteren Sässeli sitzt, fotografie-ren. Mit der einmaligen Sicht, die es nurvon der ersten Jurakette gibt und bis in dieBerner Alpen reicht, sind die Gäste derNostalgiefahrten gestern belohnt worden.«Das seitwärts Hoch- und Runterfahren istdoch einmalig - gerade jetzt wo die Farben-pracht des Herbstwaldes so schön ist», sin-niert Dani Fohrler und blickt über die Jura-hügel. Wenn er Besuch aus dem Auslandhatte, war der Weissenstein jeweils ein at-traktives Vorzeigeobjekt. «Es gibt wohl Tau-sende von Fotos dieser Anlage, welche dieBahn überall auf dieser Welt in Erinnerun-gen weiterleben lässt. Doch irgendwann istSchluss. Lange war ich der Meinung, dassdas ‹Sässeli› unter allen Umständen weiterbestehen muss. Heute vergleiche ich dieBahn mit einem Plattenspieler in meinemAlltag als Radiomoderator: Dieser mussteim Verlauf der Jahre auch der digitalenTechnik weichen. Ich finde es wichtig, dassder Tourismus auf dem Berg erhaltenbleibt. Ich wünsche mir eine einfache Bahnauf den Weissenstein - kein Vergnügungs-park - aber eine Bahn braucht es unbe-dingt.»

Oben vor dem Kurhaus auf dem Berg istdie Stimmung eher ruhig - obwohl es prak-tisch keinen freien Platz mehr auf der Res-taurantterrasse gibt. «Man spürt es förm-lich, dass die Leute Abschied nehmen»,flüstert Dani Fohrler. «Wehmütig schauensie noch einmal übers Mittelland hinunterund geniessen die Aussicht auf die Alpen,bevor sie bewusst die allerletzte Talfahrtantreten», kommentiert er. Allerdings be-nötigt man für diese letzte Fahrt viel Ge-duld. Der Andrang ist gross, und die Räderder Sässelibahn drehen und drehen uner-müdlich. Wieder unten in Oberdorf ange-kommen, blickt auch Dani Fohrler nocheinmal dem Seil entlang den Berg hoch:«Jetzt ist endgültig Schluss, das altbekannte‹Ratatatata› gehört nun definitiv der Ver-gangenheit an.»

VON ASTRID BUCHER

Gestern war der SolothurnerRadiomoderator Dani Fohrlerauf einer letzten Nostalgie-fahrt auf den Weissenstein –zusammen mit Astrid Buchersinnierte er über das Ende dereinmaligen Sässelibahn aufden Solothurner Hausberg.

Das «Ratatatata» ist verstummt

Dani Fohrler geniesst die letzte Nostalgiefahrt mit dem Sässeli auf den Solothurner Hausberg. FELIX GERBER

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ahlreich sind die «Ausflügler»

am Wochenende nach Ober-

dorf gepilgert, um die letzten

Nostalgiefahrten auf den Weissen-

stein zu geniessen. Das Wetter zeigtesich gestern Sonntag von seinerfreundlichen Seite - Petrus meinte esjedenfalls gut, und man genoss eineherrliche Aussicht vom Weissenstein.Unten bei der Talstation luden die Ver-antwortlichen der Seilbahn Weissen-stein AG zu einem Abschlussfest ins

Z geheizte Festzelt ein. 1000 Bratwürstesind gratis an die Gäste verteilt wordenund 2000 Sässeli-Fahrgäste kamen in denGenuss eines kleinen Präsents. Für musi-kalische Unterhaltung sorgte die volks-tümliche Formation Ohalätz. «Das letzteWochenende der alten Sässeli-Bahn darfman als Erfolg bezeichnen. Insgesamtnutzten rund 4000 Gäste die Nos-talgiefahrten», fasst Urs Allemann, Präsi-dent der Seilbahn Weissenstein AG, zu-sammen. «Die Leute schätzten das kleine

Fest sehr. Es war eine würdige Verab-schiedung, und wir hatten keinerlei nega-tive Reaktionen», sagt Allemann. Die Be-sucherinnen und Besucher wollten vonden Verantwortlichen vor allem wissen,wie es mit der Bahn jetzt weitergeht: «Dasind wir etwas ratlos, weil wir nicht wis-sen, was mit den hängigen Einsprachenpassiert», so Allemann. «Wir sind aber zu-frieden - das war nicht das Ende, sondernder Aufbruch in die nächste Ära der Seil-bahn Weissenstein.» (ABS)

Bratwürste und Musik für alle Nostalgiefahrten-Gäste

«Der Seilbahn Weissenstein AG ist verbindlichzu untersagen, Teile des Sessellifts vorgängigeines rechtskräftigen Entscheides zu entfer-nen» – dies verlangt der Schweizer Heimat-schutz (SHS) im Zuge seiner letzte Wochebeim Bundesamt für Verkehr (BAV) einge-reichten zwei Einsprachen gegen das Seil-bahn-Neubauprojekt Weissenstein (wir be-richteten). Grund für diese Forderung: An ih-rer Aktionärsversammlung im Juni hatte dieSeilbahn Weissenstein AG (SWAG) vermeldet,auf einer Warteliste seien bereits 100 «Sässeli»der 60-jährigen Bahn vom Typ Von Roll 101verkauft.

Die Forderung des SHS ist seit Wochen er-füllt. Auf Anfrage erklärt BAV-PressesprecherGregor Saladin: «Wir haben den Bahnbetrei-bern untersagt, Bestandteile der Bahn zu ver-kaufen.» Dies jedoch nicht, weil die Konzessi-ons- und Betriebsbewilligungsbehörde an ei-nen Erhalt der Bahn glaubt - im Gegenteil.

Fällt im November das Tragseil?«Wir sind überzeugt, dass dieser Typ Bahn

sicherheitstechnisch nicht sanierbar ist. Sie

erhält von uns nie mehr eine Bewilligung»,wiederholt Saladin die BAV-Haltung. Sprich:Entweder gibts eine neue Bahn oder keinemehr. Bevor die Haltung der Erstinstanz nichtrechtskräftig bestätigt sei, dürften aber keinewiedergutzumachenden Tatsachen geschaf-fen werden. Die Verfügung des BAV nimmtdie SWAG gelassen: «Wir dürfen ja nur nichtsvollziehen», sagt Vize-Verwaltungsratspräsi-dent Rolf Studer.

Noch offen ist, ob die Seilbahn nach ihrerBetriebseinstellung am 1. November aus Si-cherheitsgründen das Tragseil demontierenmüsse. «Darüber entscheiden wir nächstens»,so Saladin.

Eine Einsprache bereits abgelehntDie Einsprachefrist gegen das Konzessi-

ons- und Plangenehmigungsverfahren(Baugesuch) ist vor einer Woche abgelau-fen. Bereits per Zwischenverfügung vomBAV abgelehnt ist eine Einsprache des SHS.Demnach ist das Bauprojekt korrekt profi-liert und ausgesteckt worden.

Neben dem SHS lehnt auch die Stiftungfür Landschaftsschutz das Projekt vonGrund auf ab. Eine Privatperson wehrt sichgegen die Rodung (mit Ersatzaufforstung)von 2994 Quadratmeter Wald. Eine weitereEinsprache stammt von der Lötschberg-Bahn (BLS). Diese «hält jedoch ausdrück-lich fest, nicht gegen das Neubauprojekt zusein», so Saladin. Sie will lediglich ihreRechte wahren. Etwa, dass der Zugangzum Bahnhof während der Bauphase nichteingeschränkt werde.

In der Stiftung für Landschaftsschutz sit-zen als Mitglied Kurt Fluri, Nationalrat undStadtpräsident Solothurn, sowie als Stif-tungsrat Christian Wanner, Finanzdirektor.

Kritik von Neubau-Befürwortern ist jedochfehl am Platz. Beide haben ihre Funktionenin der Stiftung seit Jahren inne. Fluri unter-stützt gar im Patronat «Projekt WeissensteinPlus» den Gondelbahn-Neubau.

Ebenfalls in diesem Patronat explizit posi-tioniert haben sich Volkswirtschaftsdirekto-rin Esther Gassler sowie Bau- und Justizdi-rektor Walter Straumann. Dies ist proble-matisch, ist doch der Gesamtregierungsratim Nutzungsplanverfahren Einspracheins-tanz. Auch Alfons Lack, Departementsse-kretär und Leiter Rechtsdienst von Strau-manns Departement, bestätigt: Solche Mit-gliedschaften von Regierungsmitgliedern«sind im Hinblick auf Einsprache- oder Be-schwerdeverfahren heikel.» Lack selbst warübrigens Mitglied des Vereins Pro Sesseli,der sich für den Erhalt der Sesselbahn ein-setzt, als Verein jedoch nicht einsprachebe-rechtigt ist. «Seit dem Gutachten über dieBahn, steht für mich jedoch fest, dass esnur eine neue Bahn geben kann», so Lack.

Warten auf RichtplananpassungLaut Saladin will das BAV bis im Früh-

jahr das Plangenehmigungsverfahren ab-schliessen. Der SHS hat bereits angekün-digt, für den Erhalt der Sesselbahn bis vorBundesgericht zu kämpfen. Sprich: Imnächsten Jahr geht auf dem Berg nichtsmehr. Einen entscheidenden Schritt wei-terkommen könnte das Neubau-Projektaber schon bald. Das Bundesamt fürRaumentwicklung respektive der Bundes-rat will spätestens bis Dezember über dieRichtplananpassung Weissenstein ent-scheiden. Der Richtplan ist die Basis fürden Neubau - bei Ablehnung werden dieGondelbahn-Pläne hinfällig.

VON MARCO ZWAHLEN

Vier Einsprachen liegen gegen dasBaugesuch für die Gondelbahn aufden Weissenstein vor. Für die erst-instanzliche Bewilligungsbehörde,das Bundesamt für Verkehr, stehtfest: Die Sesselbahn ist nicht sa-nierbar, solange kein rechtskräfti-ger Entscheid vorliegt, steht sieaber unter Rechtsschutz.

«Sässeli» unter Rechtsschutz

«Wir sind überzeugt,

dass dieser Typ

Bahn sicherheits-

technisch nicht

sanierbar ist.

Sie erhält von uns

nie mehr eine

Bewilligung.»

Gregor Saladin

BAV-Pressesprecher

Auf dem Solothurner Hausberg ist ein Fias-ko nicht auszuschliessen: Mit dem Schach-zug der Opponenten gegen eine neue Gon-delbahn – einem Ausstandsbegehren gegendas Bundesamt für Verkehr (BAV) – verzö-gert sich das Konzessions- und Plangeneh-migungsverfahren weiter. Möglicherweisederart, dass Investoren die Nase voll ha-ben. Entsprechende Gerüchte wollte RolfStuder, Verwaltungsratsvizepräsident derSeilbahn Weissenstein AG (SWAG), wederbestätigen noch dementieren. Verzögerun-gen und Ungewissheit dürften es derSWAG aber zunehmend schwieriger ma-chen, die Investoren bei der Stange zu hal-ten. Aber auch an den Nerven der SWAG-Verantwortlichen nagt die Zermürbungs-strategie, wie Rolf Studer eingesteht. Faktist: Die Sesselbahn steht seit dem 2. No-vember still, die Konzession ist ausgelau-fen, und der Ersatz rückt in weite Ferne.

Das Ausstandsbegehren gegen das BAVhat zu einer Sistierung des Genehmigungs-verfahrens geführt, womit «Pro Sesseli»und Schweizer Heimatschutz weiter aufZeit spielen können. Zum Ärger auch derkantonalen Behörden, die sich für die neueBahn – als Teil eines Gesamtkonzeptes fürden Weissenstein – einsetzen. «Das Verfah-ren hat noch mehr Sand im Getriebe – unddas nützt letztlich niemandem etwas», be-dauert Bernard Staub, Chef im Raumpla-nungsamt. Was passiert, wenn die Neubau-pläne scheitern? Eine notwendige Totalsa-nierung der alten Anlage scheint aus Si-cherheitsgründen utopisch. «Selbst wenndie jetzige Bahn nachgebaut wird, erhält sievon uns keine Betriebsbewilligung mehr»,hiess es beim BAV bereits im Oktober. AmEnde droht ein Berg ohne Bahn. (UMS.)

Opposition

Sand im Getriebe

6. 10. 2009 31. 12. 2009

2. 11. 2009

8 SEILBAHN-ZEITUNG NORDWESTSCHWEIZ

FREITAG, 19. DEZEMBER 2014

Diesen Entscheid hat das Departementam Montag gefällt, wie Uvek-SprecherDaniel Bach auf Anfrage sagte. Es hatteüber eine Beschwerde des SchweizerHeimatschutzes (SHS) gegen das Bun-desamt für Verkehr (BAV) zu befinden.Dieser hatte im Dezember gerügt, dasBundesamt sei befangen und dürfedeshalb das Konzessions- und Plange-nehmigungsverfahren für den geplan-ten Ersatz der inzwischen stillgelegtenWeissensteinbahn nicht weiter bear-beiten. Das BAV hatte nämlich schonim Vorfeld relativ klar durchblickenlassen, dass es für die alte Bahn keineKonzession mehr gibt.

SHS wusste noch nichtsDas BAV hatte in der Folge das Ver-

fahren aus eigener Initiative sistiert, bisdas Departement über das Ausstands-begehren entschieden hat. Am Montagwar es so weit: Laut Uvek-Sprecher Da-niel Bach ist der Heimatschutz mit sei-nem Begehren abgeblitzt. Während dasBAV gestern im Besitz der departe-mentalen Verfügung war, konnte derHeimatschutz deren Eingang nochnicht bestätigen. SHS-GeschäftsführerAdrian Schmid wollte sich deshalbnicht darüber äussern, ob der Heimat-schutz die Verfügung beim Bundesver-waltungsgericht anficht. Dazu hätte er30 Tage Zeit. Auch über die Begrün-dung der Verfügung war bis anhinnichts zu erfahren. Weder das BAVnoch das Uvek wollen diese öffentlichmachen.

Weiterzug möglichDie Verfahrensarbeiten würden nach

Ablauf der Frist für den Weiterzug wie-der aufgenommen, sagte BAV-SprecherGregor Saladin. Wie lange diese dauernwerden, darüber konnte er keine Anga-ben machen.

Der Verein Pro Sesseli, dem nach ei-genen Angaben über 1000 Mitglieder

angehören, ist in der Zwischenzeitweiter aktiv. Anfang März ist die zwei-te «Sesseli-Zeitung» erschienen, unteranderem mit einem Bericht über einehistorische Seilbahn in Barcelona, dieseit 1931 eine Touristenattraktion ist.Zudem werden erneut die Mitgliedereiner prominent besetzten Stiftung«Historische Seilbahn Weissenstein»

vorgestellt, die im vergangenen Junian die Öffentlichkeit trat, mit demZiel, die Weissensteinbahn zu kaufen.Sie hat seither aber nicht mehr vonsich reden gemacht. Demnächst wirdvom Bundesrat ein Entscheid überdie Änderung des kantonalen Richt-plans im Gebiet Weissenstein erwar-tet.

Das Eidgenössische Departe-ment für Umwelt, Verkehr,Energie und Kommunikation(Uvek) erlaubt dem Bundes-amt für Verkehr, das Plange-nehmigungs- und Konzessi-onsverfahren für die Weis-sensteinbahn weiter zu bear-beiten.

Bundesamt darf Gesuchweiter bearbeiten

VON ANDREAS TOGGWEILER

Die alte Sesselbahn liess auch die Ex-Politiker Ruth Gisi und Moritz Leuenberger nicht kalt. OLIVER MENGE

Der Bundesrat hat gestern die Anpas-sung des kantonalen Richtplans «Inte-ressengebiet für Freizeit und Erho-lung Weissenstein» mit Vorbehaltengenehmigt. Der Kanton Solothurnmuss sicherstellen, dass die geplanteneue Seilbahn die Landschaft nichtübermässig beeinträchtigt. Der ab-schliessende Entscheid über das Vor-haben wird im Rahmen des Plange-nehmigungsverfahrens des Bundes-amtes für Verkehr fallen. Dort kön-nen die betroffenen Bundesstellenund Kommissionen ihre Standpunkteerneut einbringen.

Für weitere Freizeitaktivitäten aufdem Weissenstein wäre sogar eine er-neute Richtplananpassung notwen-dig. «In einem Gebiet des Bundesin-ventars der Landschaften und Natur-denkmäler von nationaler Bedeutung(BLN), wie es beim Weissenstein derFall ist, sind auf alle Fälle erhöhte An-forderungen an die Landschaftsver-träglichkeit zu stellen», sagte ClaudiaGuggisberg, Leiterin Sektion Planung

beim Bundesamt für Raumentwick-lung (ARE). Generelle Aussagen, wel-che Anlagen in einem BLN-Gebiet zu-lässig seien und welche nicht, könn-ten aber nicht gemacht werden. Diesmüssten Abklärungen im Einzelfallzeigen.

«Endlich einen Schritt weiter»Baudirektor Walter Straumann be-

grüsste den Entscheid und sprachvon einer «guten Nachricht für denKanton». Die erwähnten Vorbehalteentsprächen sogar den Zielen desKantons, der selber eine schonendeNutzung des Weissenstein-Gebietswünsche.

«Hoch erfreut» war gestern RolfStuder, Vize-VR-Präsident der Seil-bahn Weissenstein AG, dass die Ge-nehmigung des Richtplans durch denBundesrat «positiv ausgefallen ist.»Damit sei auch das Warten auf denGrundsatzentscheid beendet, «wirsind im ganzen Planungsverfahrenendlich einen Schritt weiter – warenuns doch bisher die Hände gebun-den.» Mit diesem «Schritt in die rich-tige Richtung» könne man nun hof-fen, dass das für die Region Solo-thurn wichtige Naherholungsgebietauf dem Weissenstein bald wiedermit einem öffentlichen Verkehrsmit-tel erreichbar sei. Der Entscheid be-stätige aber auch die Zusammenar-beit mit dem Kanton, die zu einer«umweltverträglichen, ausgewoge-nen Variante» der neuen Bahn ge-führt habe. «Wir sind uns der Proble-matik völlig bewusst, dass wir eine

Lösung anbieten müssen, die für alleverträglich ist. Doch halten wir nachwie vor an unseren Plänen fest», be-kräftigte Studer, «wir hoffen auf dieVernunft der Gegnerschaft.» Weiter-hin gelte die seit 2006 gemachte An-sage der Seilbahn Weissenstein AG:«Entweder gibt es eine neue Bahnoder keine mehr.»

«Doch auf dem richtigen Weg»Das sieht Heinz Rudolf von Rohr vom

Verein Pro Sesseli ganz anders. Der Ver-ein kämpft zusammen mit dem Schwei-zer Heimatschutz für den Erhalt der al-ten Sesselbahn. Rudolf von Rohr ver-weist auf den Umstand, dass im Prü-fungsbericht der Bundesbehörden nurgerade das Bundesamt für Verkehr sichuneingeschränkt für eine neue Bergbahnstarkgemacht habe. «Alle anderen Bun-desstellen hatten mittlere bis schwereBedenken».

«Die Auflagen des Bundesrates zeigen,dass wir eben doch auf dem richtigenWeg sind», so Rudolf von Rohr weiter.Und das Trassee der neuen Bergbahn seizweifellos ein schwerwiegender Eingriffin die Landschaft und mache den Bau ei-ner neuen Bahn faktisch unmöglich.Auch die Stiftung Landschaft Schweizkämpfe diesbezüglich auf der Seite derGegner der neuen Gondelbahn.

«Bereit, Bahn zu übernehmen»«Wir sind nach wie vor bereit dafür,

die Seilbahn zu übernehmen und ha-ben auch 2 Mio. Fr. für eine erste Sa-nierungs-Tranche zugesichert», gabsich der Pro-Sesseli-Vertreter selbstsi-

cher. Noch immer sei Synthes-ChefHansjörg Wyss bereit, das Geld einzu-schiessen, und auch für den Betriebder Bahn habe man einen «ernsthaftenInteressenten».

So sind die Gondelbahn-Gegnerauch entschlossen, den Instanzenwegweiter zu beschreiten. Denn mit dem(abschliessenden) Richtplan-Entscheidist erst eine von insgesamt drei Verfah-rensebenen bereinigt. So sind im kan-tonalen Nutzungsplanverfahren meh-rere Dutzend Einsprachen eingegan-gen, über die der Regierungsrat vor-aussichtlich noch in diesem Monat ent-scheiden wird. Die Einsprachenkönnen danach weitergezogen wer-den. Die dritte Ebene bildet das Kon-zessions- und Plangenehmigungsver-fahren für die neue Bergbahn beimBundesamt für Verkehr (BAV). Auchhier haben die Gegner den Instanzen-weg bereits angekündigt.

Sogar eine Projektänderung?Auch der Schweizer Heimatschutz

kündet weiterhin Widerstand an. In ei-ner Stellungnahme wird betont, esentstehe mit dem Entscheid für dasBundesamt für Verkehr BAV «keinzwingender Grund, eine Konzessionfür die neue Bahn zu erteilen». Fürden Heimatschutz würde dies «die Zer-störung eines nationalen Kulturdenk-mals» bedeuten. Geschäftsführer Adri-an Schmid interpretiert den Entscheidauch so, dass «eine Projektüberarbei-tung der neuen Bahn betreffend Lini-enführung, Dimensionierung und Ge-staltung unumgänglich sein wird».

Das Ja des Bundesrates zurRichtplananpassung im Weis-senstein-Gebiet bedeutet ei-nen Schritt vorwärts für dasProjekt einer neuen Bahn aufden Hausberg. Noch sind abereinige Hürden zu nehmen.

VON ANDREAS TOGGWEILER

UND WOLFGANG WAGMANN

Etappensieg für die neue Bahn

4. 3. 2010

13. 3. 2010

«Es handelt sich um ein nationales undnicht nur ein regionales Projekt», so AdrianSchmid, Geschäftsleiter Schweizer Heimat-schutz (SHS), an der gestrigen Medienkon-ferenz in Bern. Mit der Stiftung historischeSeilbahn Weissenstein und dem Verein ProSesseli will der SHS das Sesselbahn-Kaufan-gebot an die Seilbahn Weissenstein AG(SWAG) als Privateigentümerin «in denkommenden Wochen» erneuern. Käuferinwäre die Stiftung, die nach Abklärungenvon deren Präsident Thomas Schmid imFalle einer Sanierung steuerbefreit würde.Zudem hat die Stiftung mit Synthes-Eigen-tümer Hansjörg Wyss einen potenten Geld-geber im Rücken. Konkret zum Kaufange-bot wollen die Sesselbahn-Freunde abernicht werden. Nur soviel: Berücksichtigtwerde, «dass der Buchwert der Anlage 390Franken beträgt und ein Abbruch mehr als100 000 Franken kosten würde». «Nach ei-nem Kauf kann die revidierte Bahn ihrenBetrieb innerhalb eines Jahres wieder auf-nahmen», ist Pro-Sesseli-Präsident HeinzRudolf von Rohr überzeugt.

Es handelt sich um ein «unfreundlichesÜbernahmeangebot» – die Bahn steht nichtzum Verkauf. SWAG-Verwaltungsratsvize-präsident Rolf Studer: «Das Spiel haben wirschon vor einem Jahr gehabt. Auf das Ange-bot für Verkaufsverhandlungen sind wirdamals nicht eingetreten. Dabei bleibts.»

Aufnahme in Seilbahn-Inventar?Im Verfahren für den Neubau einer Gon-

delbahn auf den Weissenstein sind die An-passung des kantonalen Richtplanes undder Nutzungspläne rechtskräftig. BeimBundesamt für Verkehr (BAV) hängig istdas Konzessionsgesuch mit Baubewilli-gung. Die SWAG-Strategie lautet «Die neueBahn oder keine mehr». Gegen dieses Sze-nario will der SHS bis vor Bundesgerichtkämpfen. Die Bahn könne nicht nur saniertwerden, sie würde nach neuem Seilbahn-gesetz auch eine Konzession und Betriebs-bewilligung erhalten. Adrian Schmid zitier-te aus einem Antwortschreiben von BAV-Direktor Max Friedli vom März 2007, wo-nach «eine historische Seilbahn für die Er-neuerung der Betriebsbewilligung nichtplötzlich sämtlichen neuen Vorschriftenoder Normen genügen kann oder muss».Vor allem aber stützen sich die Seilbahn-Freunde darauf ab, dass sich das Gebiet imBundesinventar der Landschaften von na-tionaler Bedeutung (BLN) befinde. Ebensohätten die Eidgenössischen Kommissionenfür Natur- und Heimatschutz sowie fürDenkmalpflege 2007 im Zuge des geplan-ten Neubauprojekts festgehalten, die Ses-selbahn sei als Denkmal von nationaler Be-deutung zu erhalten.

Adrian Schmid kündigte an, dass dasBundesamt für Kultur in diesem Jahr ein In-ventar der historischen Seilbahnen derSchweiz präsentieren werde. «Schon heuteist klar, dass der Sessellift darin einen Spit-zenplatz besetzen wird.» Für Raimund Ro-dewald, Geschäftsleiter Stiftung Land-schaftsschutz Schweiz, steht ausser Zweifel,dass es für einen Neubau im BLN-Gebietkeinen rechtlichen Spielraum gebe. Ausser-dem müsste gemäss Bundesrecht für denAbbruch eines Denkmals von nationalerBedeutung ein gleich oder höher wiegen-des Interesse geltend gemacht werden. «Einsolches ist aber nicht auszumachen.» Fazitdes SHS: Die Frage sei, ob künftig die histo-rische oder gar keine Bahn fahre.

Die Sesselbahn-Freunde sind überzeugt,dass die SWAG spätestens nach Ablehnungihres Projekts durch das Bundesgericht dieBahn an die Stiftung verkaufen werde. Da-mit die Sanierung dann unverzüglich an dieHand genommen werden könne, verlangensie «uneingeschränkten Zutritt zum Sessel-lift», um die Sanierungs-Planungen voran-zutreiben. Studer zu dieser Forderung: «Ei-ne Begehung mit der Stiftung hat stattge-funden, wir sehen keinen Anlass für Weite-res.»

Um die nationale Bedeutung der Sessel-bahn zu unterstreichen, präsentierte derSHS gestern den diesjährigen Schoggitaler,der mit Pro Natura im September verkauftwird. Für 5 Franken pro Stück werden beidieser Sammelaktion jeweils rund 600 000Taler abgesetzt. Das Thema: HistorischeTransportmittel. Aus dem Erlös wird derSHS einen «namhaften Beitrag» leisten, umden Sessellift zu retten.

Plan B: Sanierung

Mit Schoggitalerfür die SesselbahnVON MARCO ZWAHLEN

20. 5. 2010

NORDWESTSCHWEIZ

FREITAG, 19. DEZEMBER 2014 SEILBAHN-ZEITUNG 9

Das waren noch Zeiten, als der Weis-senstein in aller Munde war und Tou-risten aus nah und fern anlockte. DerSolothurner Hausberg ist zwar immernoch ein Thema, aber bloss noch we-gen des unmöglichen Gezänks zwi-schen den Gruppierungen Pro Sesseliund Pro Gondeli. Traurig, nichts gehtmehr, nichts fährt mehr. Die Schweizund selbst das nah gelegene Auslandschütteln den Kopf. Kein Wunder, denndas Transportmittel auf den Solothur-ner Hausberg ist der Schlüssel zum Er-folg. Leben oder Tod des Berges hän-gen davon ab. Die gut gemeinte Über-gangslösung mit einem Postautobetriebam Wochenende kommt einem Druck-verband bei einer arteriellen Verlet-zung gleich. Der Patient verblutet nichtsofort, aber richtig versorgt ist er des-halb noch lange nicht. Das hat auch«Medizinmann» Rolf Büttiker erkannt.Dem FDP-Ständerat ist nun der Kragengeplatzt. Am kommenden Montagreicht er in der kleinen Kammer eineInterpellation ein. Die Stossrichtunglautet «Weissenstein retten». Mit imBoot ist auch der zweite SolothurnerStänderat Roberto Zanetti. Wir haben

es sozusagen mit einer «Standes-Inter-pellation» zu tun. Auch der SP-Mannmag dem Trauerspiel nicht mehr längertatenlos zusehen.

Bundesämter behindern sichBüttiker, Mitglied der ständerätlichen

Verkehrskommission, gibt sich kämpfe-risch wie zu seinen besten Zeiten: «DerBundesrat muss in dieser Sache endlichein Machtwort sprechen.» Es gehe ein-fach nicht an, dass sich die verschiede-nen Bundesämter gegenseitig Steine inden Weg legten und einen Entscheidhinauszögerten. Und das sei noch eineanständige Formulierung, betont derPolitfuchs mit langjähriger Erfahrungauf der nationalen Bühne. Damit spieltder Wolfwiler auf die Endlosschlaufe«Baubewilligung neue Gondelbahn» an.In der Tat dreht sich der Hamsterschon seit einiger Zeit im Rad. Die Seil-

bahn Weissenstein AG will eine neueBahn bauen, und die Opposition ProSesseli beharrt darauf, die alte Bahn zurenovieren und danach den Betrieb da-mit wieder aufzunehmen. Der Wegdurch die Instanzen scheint kein Endezu nehmen, und der Bund ist offenbarparalysiert. Die Ständeherren Büttikerund Zanetti zerren die Problematik des-halb auf die nationale Bühne. In ihrerInterpellation wollen sie von der Lan-desregierung wissen:■ Wie beurteilt der Bundesrat die of-fensichtliche Tatsache, dass sich Bun-desbehörden – insbesondere das Bun-desamt für Kultur (BAK) und die bun-desrätlich gewählten KommissionenENHK und EKD – nicht an die behör-denverbindlichen, vom Bundesrat ge-nehmigten Richtplanbeschlüsse halten?■ Was gedenkt der Bundesrat zu unter-nehmen, damit die Bundesämter die

erwähnten Richtplanbeschlüsse res-pektieren und dem Plangenehmigungs-verfahren zu einem beförderlichen Ab-schluss verhelfen?

Es gehe nur um die SacheMittlerweile spricht die halbe

Schweiz von der No-go-Area Weissen-stein. «Dass bei uns nichts mehr geht,ist höchst Image schädigend, und zwarfür die gesamte Region», betont RolfBüttiker. Der Solothurner Hausberg ge-he den Bach runter, das Classic Openairsorge für Negativschlagzeilen – da könneman ja depressiv werden. Im Ständeratsei er verschiedentlich auf diese Proble-matik angesprochen worden. So habeihn zum Beispiel der Luzerner CVP-Stän-derat Konrad Graber in Sachen Weissen-stein unmissverständlich zum Handelnaufgefordert. Nun ist es also so weit. Wirhaken bei Büttiker nach und konfrontie-

ren ihn mit der Frage, dass er sich jetztleicht zum Fenster hinauslehnen könne,da er nicht mehr gewählt werden müsse.Doch Büttiker winkt ab. Das habe über-haupt keinen Zusammenhang. Es geheim einzig um die Sache. In Bern müsstensie nun endlich vorwärts machen unddie heisse Kartoffel nicht ständig hin- undherschieben. Der Berg verdiene es, dassihm wieder Leben eingehaucht werde.Das sei schlichtweg existenziell. Zudemsei er weder Pro-Sesseli-, noch Pro-Gon-del-Anhänger.

Rolf Studer, VR-Vizepräsident der Seil-bahn Weissenstein AG, begrüsst die In-terpellation, er hoffe nun auf einenschnellen Entscheid und dass es endlichin seinem Sinne vorwärts gehe. Und wassagt der Pro-Sesseli-Präsident dazu? «Wirbegrüssen es, wenn die beiden Ständerä-te beim Bundesrat vorstellig werden, weilsich das Verfahren für den Abbruch derSesselbahn und den Bau für eine Gondel-bahn derart in die Länge zieht», so HansRudolf von Rohr.

Kommt es zur Mediation?Und was ist, wenn die Interpellation

ins Leere läuft? Er gehe davon aus, dasssie bereits in der Dezember-Session be-handelt werde, meint Büttiker. Manwisse also schnell, woher der Wind we-he, das sei der Vorteil bei Vorstössenim Ständerat. Bei negativen Signalenwill sich der FDP-Haudegen auf seinesanften Seiten besinnen und sich alsMediator zur Verfügung stellen. Er seibereits dafür angefragt worden. AuchPeter Füglistaler, seit Juni dieses JahresDirektor des Bundesamtes für VerkehrBAV, stehe dieser Idee positiv gegen-über.

VON THEODOR ECKERT

Nun wird es auch den Politi-kern allzu bunt: Der Bundmüsse jetzt rasch entschei-den, wie es mit der Bahn aufden Weissenstein weitergehensoll. Das fordern die beidenSolothurner Ständeräte.

«Jetzt muss ein Entscheid her»Alt oder neu? Über diese Gretchenfrage wird gestritten. Doch den Menschen geht das Gezänk auf die Nerven. Auf den Weissenstein sollte ganz einfach und ganz schnell wieder eine Bahn fahren. BAR

Kurt Fluri will die Fragestunde des

Nationalrates ebenfalls nutzen, um

Licht in die Sache Weissenstein zu

bringen. Es gehe ihm darum, etwas

über den Zeitplan zu erfahren. Zu-

dem wolle er wissen, weshalb es

so lange gehe, bis der nächste

Schritt erfolge, obwohl ein positi-

ver Richtplanentscheid vorliege.

Der Gondeli-Befürworter betont,

dass die Beschleunigung der leidi-

gen Angelegenheit im Sinne von

beiden Parteien sei, also auch von

Pro Sesseli. Fluri verwies dabei auf

den Zustand der technischen Ein-

richtungen, der mit der Zeit nicht

besser werde. (TE)

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KURT FLURI EBENFALLS AKTIV

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n und auf dem Weissenstein,dem Hausberg der Solothur-nerinnen und Solothurner,

herrscht eine unhaltbare Situation.

(...) Nach vier Jahre dauernden Ver-fahren und Abklärungen sowie ei-nem klaren Genehmigungsentscheiddes Bundesrats zur Anpassung deskantonalen Richtplans wird nun-mehr im Rahmen des Plangenehmi-gungsverfahrens für die neue Seil-bahn unter den Bundesämtern im-mer noch über die Frage alte oder

neue Seilbahn gestritten. Die In-terpellanten stellen sich die Frage,wie es sein kann, dass Bundesämter

A einen behördenverbindlichen, vom

Bundesrat genehmigten kantonalen

Richtplan ignorieren. (...)

Unter dem Gesichtspunkt der Er-schliessung des Weissensteins als Erho-lungsgebiet thematisierte der KantonSolothurn im Zuge der Richtplananpas-sung die Frage nach Ersatz oder Sanie-rung der Weissensteinbahn explizit.(...) Der Weissenstein ist als Erholungs-gebiet in der Region sehr beliebt. Zur

Erholungsqualität gehören auch die

Bergbetriebe auf dem Weissenstein,die durch die unhaltbare Situation inarge wirtschaftliche Bedrängnis geratensind.» (SZR)

Die ständerätliche Interpellation im Wortlaut

18. 9. 2010

10 SEILBAHN-ZEITUNG NORDWESTSCHWEIZ

FREITAG, 19. DEZEMBER 2014

Im Baubewilligungsverfahren Seil-bahn-Weissenstein liegen sich die Bun-desämter gewaltig in den Haaren. Jetzthat sich das Bundesamt für Justiz (BJ)eingeschaltet. Dies geht aus Fragenhervor, die Kurt Fluri (FDP, Solothurn)am Montagnachmittag dem Bundesratim Nationalrat stellen will. In einemGutachten von Ende August kommtdas BJ klar zum Schluss: Die Frage lau-tet nicht Erhalt der historischen Ses-selbahn oder Neubau einer Sechser-Gondelbahn. Diese Interessenabwä-gung sei im Zuge der letzten März ab-geschlossenen und rechtsgültigenRichtplananpassung durch den Bun-desrat bereits erfolgt: «Der Entscheidfür den Ersatz statt für die Sanierungder Bahn ist Teil der Richtplananpas-

sung», so BJ-Abteilungschef LuzianOdermatt. Der Genehmigungsent-scheid des Bundesrates schliesse denEntscheid für den Ersatz der Bahn ein.«Es ist nicht ersichtlich, inwiefernauch nur im Geringsten daran gezwei-felt werden könnte.»

Im hängigen Baubewilligungsverfahrenhaben die Bundesämter einzig das Neu-bauprojekt zu beurteilen. Sprich: Ob es sowie eingereicht gebaut werden kann undwelche Anpassungen allenfalls notwendigsind. Für eine Grundsatzdiskussion ist derZug abgefahren.

Bundesrat ist gefordertIm Gutachten stellt das Bundesamt

für Justiz fest, dass es im Rahmen desNatur- und Heimatschutzgesetzes (Arti-kel 3) keinen rechtlich vorgegebenenabsoluten Vorrang des Interesses ander Erhaltung der Sesselbahn alsDenkmal von nationaler Bedeutung ge-be. Damit widerspricht es dem Bun-desamt für Kultur (BAK), welches dasGegenteil behauptet und sogar nochnach der Richtplananpassung ankün-digte, es wolle die Seilbahn Weissen-stein in das neue Bundesinventar derhistorischen Seilbahnen der Schweizaufnehmen (wir berichteten). Oder-matt verweist darauf, dass die Richt-plananpassung behördenverbindlichsei. Dies gilt auch für das BAK. Fluriwill vom Bundesrat wissen, ob er mitdem BJ einig sei.

An die Adresse des verfahrensleiten-den Bundesamtes für Verkehr (BAV)hält das BJ weiter fest, dass es im Baube-willigungsverfahren eine allfällige Fun-damentalopposition des BAK gegen denErsatz der Sesselbahn nicht berücksich-tigen dürfe. Fluri will vom Bundesratwissen, ob daraus zu folgern sei, dassdas BAK «zwar durchaus auch zu einemNeubauprojekt etwas zu sagen habe,aber eben bloss zu einem solchen».

Da das Seilziehen der Bundesämterdas Baubewilligungsverfahren blockiert,haben bereits letzten Montag die Stän-deräte Rolf Büttiker (FDP, Wolfwil) undRoberto Zanetti (SP, Gerlafingen) eineInterpellation eingereicht (wir berichte-ten). Auf den Punkt gebracht fragenauch sie den Bundesrat, ob er sich ei-gentlich von den Ämtern auf der Naseherumtanzen lassen will.

Zurzeit läuft ein verwaltungsinternesBereinigungsverfahren. Angesichts desjuristischen Machtwortes innerhalb derBundesverwaltung will Fluri nun vomBundesrat etwas über den Zeitplan er-fahren. Der Gondeli-Befürworter betont:«Die Verfahrensdauer hat schwerwiegen-de Konsequenzen für die wirtschaftlicheExistenz verschiedener Betriebe auf demBerg.» Die Beschleunigung der leidigenAngelegenheit sei aber auch im Sinneder Gegner des Neubauprojektes, alsoauch von Pro Sesseli und dem SchweizerHeimatschutz. Grund: Die Zeit nagt amZustand der stillgelegten Sesselbahn.Fluri fragt daher den Bundesrat, ob erdas Bereinigungsverfahren gemäss Re-gierungs- und Verwaltungsorganisations-gesetz (Artikel 62b) beschleunigen will.Demnach entscheidet die Leitbehörde,wenn die Bereinigung misslingt.

Der Zug fürs «Sässeli» ist abgefahrenSeilbahn-Streit: Das Bundesamt für Justiz weist das Bundesamt für Kultur in die Schranken

VON MARCO ZWAHLEN «Der Entscheid für den Er-

satz statt für die Sanierung

der Bahn ist Teil der Richt-

plananpassung.»

Luzian Odermatt Bundesamt für Justiz

Es ist nicht übertrieben: Alle Solothur-nerinnen und Solothurner schauen seitMonaten gebannt nach Bern. NichtRichtung Bärenpark oder Fussballstadi-on. Nein, im Fokus ist die Mühlestrasse6, 3063 Ittigen. Dort befindet sich dasBundesamt für Verkehr (BAV). Aus demschmucken Gebäude wird längst derEntscheid in Sachen Gondelbahn Weis-senstein erwartet. Und zwar sehnlichst.Aus Ende Sommer wurde Herbst, dann

«sicher» noch in diesem Jahr undschliesslich «spätestens» Ende Januar.Politische Vorstösse, ein verbalerSchlagabtausch hier, ein Geplänkel zwi-schen Gondeli- und Sesselivertreternda, sowie unzählige frustrierte Leser-briefe von Freunden des Weissensteins,bildeten die Begleitmusik zu dieser end-los verzwickten Geschichte. Sie, die vonAussenstehenden längst als Lokalposseverspottet wurde.

Ein enorm wichtiger SchrittNun hat sich das BAV zu einem Ent-

scheid durchgerungen. Nach langemHickhack, vielen Umwegen und schierunendlichem Abwägen will das Bun-desamt allerdings erst kommende Wo-

che offiziell informieren. Die Solothur-ner Zeitung lässt sich bereits heute aufdas Tragseil hinaus und sagt: Die Bau-bewilligung liegt vor. Umfangreiche Re-cherchen lassen keinen andern Schlusszu. Hinzu kommen die offenkundigenBefindlichkeiten: gelöste Stimmung beider Gondeli-Fraktion, gedämpfte Tönebei der Sesseli-Gemeinde.

Bei der Seilbahn Weissenstein AG hatman die Signale inzwischen auf Grüngestellt. Dort dürften die positiven Signa-le aus Bern angekommen zu sein. In ei-nem Brief an «direkt oder indirekt Betrof-fene» schaut man jedenfalls bereits vor-wärts: «Trotz dem fast 3 Jahre dauerndenBewilligungsprozess auf Bundesebene istkeineswegs sicher, dass sich das Bahn-

projekt nicht noch weiter verzögert.»Will heissen: So weit, so gut, aber einWeiterzug des Entscheides ist möglich.Konkreter heisst es weiter unten: «Nochimmer besteht die Möglichkeit, dass zweieinspracheberechtigte Verbände(Schweizer Heimatschutz und Stiftungfür Landschaftsschutz) das Rechtsmittelergreifen ...» Die Rede ist vom Bundes-verwaltungsgericht und vom Bundesge-richt. So formuliert nur, wer den ange-kündigten Entscheid deuten kann. Un-missverständlich auch der Satz: «In derPhase nach Publikwerden des Konzessi-onsentscheides ist es von grosser Wich-tigkeit, dass ...», dann wird an die breiteUnterstützung für das Neubau-Projektappelliert.

Heinz Rudolf von Rohr von Pro Ses-seli meint dazu auf Anfrage lakonisch:«Mit dem positiven Entscheid war zurechnen. Wir müssen nun die Begrün-dung genau anschauen. Davon wir un-sere Reaktion abhängen.» Rudolf vonRohr gibt sich dennoch kämpferischund betont: «Grundsätzlich hat sichnichts geändert. Die neue Gondelbahnsoll in ein geschütztes Gebiet gebautwerden und das geht nicht, wie etlicheandere Entscheide auf nationaler Ebe-ne gezeigt haben.» Man darf gespanntsein, wie sich die Geschichte nach dempositiven Entscheid aus Bern jetzt wei-terentwickeln wird. Sicher ist, dass dieBaumaschinen nicht schon kommendeWoche auffahren werden.

Ein Riesenschritt Richtung Gondelbahn

VON THEODOR ECKERT

Das Bundesamt fürVerkehr (BAV) hat endlich ent-schieden.

Jetzt keimt wieder neue Hoffnung auf, dass rund um den Weissenstein eine tragfähige Gesamtlösung realisiert werden kann. PETER BROTSCHI

25. 9. 2010

25. 1. 2012

NORDWESTSCHWEIZ

FREITAG, 19. DEZEMBER 2014 SEILBAHN-ZEITUNG 11

Am Wochenende gab es für die So-lothurnerinnen und Solothurnerfast nur ein Gesprächsthema: DerSchweizer Heimatschutz (SHS)führt seinen Kampf gegen den Bauder Gondelbahn auf den Weissen-stein weiter. Somit wird mindes-tens bis Ende nächsten Jahres kei-ne Bahn auf den Berg fahren. DerEntscheid des Heimatschutzes lös-te zahlreiche emotionale Reaktio-nen aus, die bei der az Solothur-ner Zeitung eintrafen: Nebst 5 Le-serbriefen und 52 SMS haben bisgestern Abend 32 Personen einenOnline-Kommentar zu den Berich-ten auf www.solothurnerzei-tung.ch geschrieben. Von den 32Kommentatoren kritisierten 28den Entscheid des Heimatschut-zes, nur 4 werteten den Weiterzugder Baubewilligung vors Bundes-verwaltungsgericht als positiv. ImFolgenden eine Auswahl dieserOnline-Reaktionen:

■ Rolf Arm: «Mir fehlt jedes Ver-ständnis für diese Hinhalte- undVerzögerungstaktik des Heimat-schutzes. Nostalgie ist schön aberhier wohl gar nicht sinnvoll. Wirwollen endlich wieder eine Seil-bahn auf unseren Hausberg, unddas so schnell wie möglich.»■ Jeannette Wirth: «Schade umdas viele Geld, das verblödelt wird,statt es einzusetzen in eine Bahn.Wie alt sind eigentlich die Mitglie-der des Heimatschutzes? Sind diealle im Altersheim? ... Ich find eszum Kotzen. Habe mich schon ge-freut, mit einer Bahn auf unserenHausberg zu gelangen dies ist lei-der nun nicht mehr möglich, weilaltbackene Egoisten am Steuersind. Pfui pfui.»■ Geri: «Der liebe Heimatschutz?Wer schafft diese unfähige Organi-sation ab? ... Solange keine Bahnauf den Weissenstein fährt, ist esverantwortungslos gegenüber derUmwelt, weil jeder mit dem Autohochfährt!!»■ Daniele Petrolo: «Ich finde dasgut so!! Was hat eine Gondel aufdem Weissenstein verloren? Wo istdas Erlebnis ‹Natur› geblieben?Wer schon nicht zu ‹Fuss› die paarHöhenmeter bewältigen will (oderkann), der soll wenigstens mit ei-ner historischen Sesselbahn hinauf-fahren, um zumindest ein bisschenNaturerlebnis zu haben.»■ Reto Hartmann: «Wer soll danoch so viel Verständnis aufbrin-gen und einen solchen sturen Klubnoch unterstützen. Ich hoffe, dassder SHS dies mindestens in unsererGegend massiv zu spüren be-kommt.»■ Daniel Hutter: «Der SchweizerHeimatschutz scheint jeglichenSinn zur Realität verloren zu ha-ben. Eine solche Organisation istfür die ohnehin nicht immer ver-wöhnte Solothurner Wirtschaftäusserst schädlich ...»■ Annelies Peduzzi (CVP-Kan-tonsrätin): «Wir wollen endlichwieder auf unseren Berg!!!! Undzwar ohne Auto, liebe Natur- undHeimatschützer.»■ Urs Baumann: «Danke, Heimat-schutz! Was soll denn dieses völligüberdimensionierte 08/15-Gondeli-projekt?»■ Rita Meier: «Sorry, aber dieseGondeli sehen einfach schrecklichaus, wie die Faust aufs Auge. Auchich gehöre zu denjenigen, die lie-ber die Sesselbahn hätten.»■ René S.: «Ich erinnere mich jaauch gerne an die Sesselliftfahrten,aber die haben ihr Alter erreicht,eine neue Bahn ist nötig, und da-mit kann auch noch die Sicherheitder reisenden erhöht werden.»■ Peter Schumacher: «Das istdoch eine Art Existenzberechti-gungsversuch einer immer wie mehrfragwürdigen Organisation.» (SFF)

Reaktionen

Volksseelekocht wegenHeimatschutz

Wie fühlen Sie sich am Tag einsnach dem für Sie negativen Ent-scheid des Heimatschutzes?Rolf Studer: Es hat sich nichts geän-dert. Ich bin nach wie vor wütend undüber den völlig unerklärlichen Ent-scheid masslos enttäuscht.

Sie haben nicht mit einer Beschwer-de gerechnet?Die Stiftung LandschaftsschutzSchweiz hat uns attestiert, alles unter-nommen zu haben, um eine gute, ver-trägliche Lösung auszuarbeiten. Sieverzichtete auf eine Beschwerde. Des-halb habe ich denn auch ein Einlen-ken seitens des Heimatschutzes er-wartet.

Können Sie aus Sicht des Heimat-schutzes den Entscheid verstehen?Überhaupt nicht. Die Berichte der Ex-perten und des Bundesamtes für Ver-kehr sagen alle dasselbe: Die Sessel-bahn kann nicht mehr weiter betrie-ben werden. Die einzige Variante wäredie Überführung der Bahn in einen

Hobbybetrieb. Aber die Seilbahn Weis-senstein AG hat als Betreiberin die Auf-gabe, die Gäste während 365 Tagen aufden Berg zu bringen. Wir sind keinHobbyverein.

Empfinden Sie den Entscheid alspersönliche Niederlage?Nein, überhaupt nicht. Im Gegenteil.Wir werden jetzt erst recht alles daran-setzen, dass der Solothurner Hausbergmit der Gondelbahn erschlossen wer-den kann.

Sie geben also nicht auf?Auf keinen Fall. Wir sind zuversicht-lich, dass die Beschwerde abgewiesenwird. Es gibt den wegweisenden Ent-scheid des Bundesverwaltungsgerich-tes zur Sesselbahn in Kandersteg.

Sie glauben daran, dass der Weis-senstein irgendwann durch eineGondelbahn erschlossen wird?Ja. Es tut mir aber leid für alle – seienes normale Berggänger, Familien, äl-tere und behinderte Menschen – dienun wieder ein Jahr länger wartenmüssen, um auf den Weissenstein zugelangen. Es ist mir deshalb unver-ständlich, warum der Heimatschutzmit seiner Beschwerde nun gezieltund bewusst eine ganze Region ab-

straft. Wir wollen den Berg erschlies-sen und kein Hollywood auf demWeissenstein.

Stehen auch die Investoren der neu-en Bahn weiterhin zum ProjektWeissenstein?Das Geld liegt bereit. Es werden sicher-lich noch Diskussionen stattfinden.Aber erste Reaktionen zeigen, dass derWille aller da ist, jetzt erst recht weiter-zumachen.

Wie hoch sind, Stand heute, die In-vestitionen?Die Bahn allein wird etwa 12 Millionenund die Gebäude rund 3 MillionenFranken kosten.

Wer sind denn nun die Investoren?Es handelt sich bei den Anteilen derSeilbahn Weissenstein AG um Inha-beraktien. Wenn sich ein Aktionärouten will, kann er das machen. Esliegt aber nicht an uns als Unterneh-men, Namen bekannt zu geben.

Wie lange dauert es noch, bis Sieden Bettel hinschmeissen und dieBahn an die Stiftung HistorischeSeilbahn Weissenstein verkaufen?Es gibt nichts zu verkaufen. Die alteBahn hat keine Betriebsbewilligungmehr. Und wir haben noch nie eineKaufofferte erhalten. Andere Aussagensind nur Schall und Rauch.

Hat die Seilbahn Weissenstein AG,rückblickend betrachtet, Fehler ge-macht?Nein. Von Beginn an haben wir sämtli-che Umweltorganisationen wie WWF,Pro Natura oder VCS zur Mitwirkungeingeladen und wir haben einen Kon-sens gefunden. Der Heimatschutz standgar nie zur Diskussion, weil die Bahneben rechtlich gesehen nicht unterSchutz steht.

Hätte man die Gegner nicht frühermit ins Projekt einbeziehen sollen?Das haben wir getan. Der Heimatschutzwill aber einfach die alte Bahn erhal-

ten, was allein aus Sicherheitsüberle-gungen unmöglich ist. Wir haben jedeMöglichkeit in Betracht gezogen, um ei-nen Weiterzug ans Bundesverwaltungs-gericht zu verhindern. Wir haben Ge-spräche geführt mit der Politik, den Be-hörden, den Sympathisanten und auchden Gegnern. Mehr konnten wir nichtmachen.

Nehmen Sie nochmals Kontakt aufmit dem Heimatschutz auf odersind alle Brücken abgebrochen?Die Zeit dazu ist abgelaufen. Die Posi-tionen sind klar. Es liegt jetzt sichernicht mehr an uns, sondern am Hei-matschutz, die eingenommene Positionnochmals zu überdenken.

Wann rechnen Sie damit, dass dieerste Gondel auf den Berg fährt?Bis zum Entscheid des Bundesverwal-tungsgerichtes dürfte es rund vier bissechs Monate dauern. 2012 wird amBerg jedenfalls nichts mehr passie-ren.

Rolf Studer, Vizepräsident der Seilbahn Weissenstein AG, kämpft weiter für neue Bahn

«Bin wütend und masslos enttäuscht»VON FRANZ SCHAIBLE

«Wir werden jetzt erst recht

alles daransetzen, dass der

Berg mit der Gondelbahn

erschlossen werden kann.»

Rolf Studer hat nicht mit dem fundamentalen Widerstand des Heimatschutzes gerechnet. HANSPETER BÄRTSCHI

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Jürgen Hofer, Direktor

Region Solothurn Tourismus

«Mit seinen Aktionen – etwa dem‹Schoggitaler›-Verkauf – hat sich derHeimatschutz derart exponiert, dassgar kein anderer Entscheid möglichwar», bedauert Jürgen Hofer. DerHeimatschutz setze sich tunlichstüber die Argumente des Bundesam-tes für Verkehr (BAV) hinweg, wo-nach von einer zu erhaltenden histo-rischen Seilbahn keine Rede seinkönne. «Resultat einer nötigen um-fassenden Sanierung wäre eine Repli-ka-Bahn. Das hat mit Heimatschutzund Denkmalpflege nichts zu tun –aber umso mehr mit Disneyland.»Das sei eine Vortäuschung falscherTatsachen und gegenüber den Nut-zern nicht ehrlich. «Ich bin für Au-thentizität, nur damit hat man imTourismus Erfolg.» Ihm sei eine neueBahn, die heutigen Ansprüchen (wieetwa Behindertengerechtigkeit undWettersicherheit) entspreche, lieber.Und: «Hier geht es auch um die Er-schliessung eines Berges, denn sonstgeht dieser vor die Hunde». (UMS.)

Philipp Gressly, Präsident

Solothurner Heimatschutz

Ebenso wie in der breiten Öffentlich-keit sei das Thema auch in der Sek-tion Solothurn des Heimatschutzeskontrovers diskutiert worden undauch intern gebe es unterschiedlicheSichtweisen, räumt Gressly ein. EinWeiterzug sei dann richtig, wenn ersachlich begründet ist und juristischChancen auf Erfolg habe: «In diesemSinne tragen wir den Entscheidmit.» Von einem gestörten Verhält-nis zwischen nationalem Verbandund Sektion könne trotz teilweiseunterschiedlicher Einschätzungenkeine Rede sein. Gerüchte, wonachdie Hälfte der Sektionsmitglieder inden letzten Monaten aus Protest ausdem Verband ausgetreten seien,weist Gressly als falsch zurück. Jelänger der Bahn-lose Zustand anhal-te, habe es auch ungehaltene Reakti-onen und explizit deswegen auch ei-nige Austritte gegeben. «Aber dieseZahl liegt deutlich unter der Hälfte.Im Übrigen gab es deswegen auchNeueintritte.» (UMS.)

Heinz Rudolf von Rohr, Präsident

Verein Pro Sesseli

«Wir begrüssen den Entscheid natür-lich. Er ist die Konsequenz aus unse-rer bisherigen Haltung», reagiert derSesselbahn-Verteidiger der erstenStunde erfreut. Der Verein Pro Sesse-li, um den es in den letzten Monatenrelativ ruhig geworden war, werde inZukunft wieder vermehrt von sichhören lassen, denn resigniert habeman nie. Im Gegenteil: «Wir ver-zeichnen immer mehr neue Mitglie-der – inzwischen sind es 1200. Daszeigt, dass wir durchaus eine guteBasis haben.» In dieser Situationmüsste man sich direkt eine Fusionmit dem austrittsgeplagten Heimat-schutz überlegen, scherzt Rudolf vonRohr. Dass weiterhin keine Bahn aufden Berg fährt, «tut auch mir weh»,sagt Rudolf von Rohr. «Ich hoffe,dass sich am Ende doch ein Auswegfinden lässt. Wenn der Gondelbahn-Neubau tatsächlich scheitert, dannmüssen sich alle zusammenraufen,um einer vernünftigen Lösung zumDurchbruch zu verhelfen.» (UMS.)

Felix Leuenberger, VR-Präsident

der Regiobank Solothurn

Gar nicht erfreut reagiert die Spitzeder Regiobank Solothurn, welche dasKurhaus Weissenstein im November2010 übernommen hat. Es kommenun zu einer weiteren Verzögerung.«Wir aber wollen, dass es mit derBahnerschliessung des Weissensteinsvorwärtsgeht», sagt Verwaltungsrats-präsident Felix Leuenberger. DasVorgehen des Heimatschutzes will ernicht beurteilen. Nur soviel: «Demo-kratische Grundsätze kann mannicht beeinflussen.» Für das Kurhausändere sich zumindest 2012 nichts.«Wie im Vorjahr werden wir im Sinneeiner Übergangslösung einen Saison-betrieb von Frühling bis Herbst si-cherstellen.» Inzwischen habe manverschiedene Szenarien für die Zu-kunft des Kurhauses grob ausgearbei-tet. Spruchreif sei aber noch nichts.«Um ein langfristiges Konzept ausar-beiten zu können, brauchen wir Pla-nungssicherheit, und diese fehlt unsmit dem Weiterzug ans Bundesver-waltungsgericht.» (FS)

Reaktionen auf den Entscheid des Heimatschutzes, die Weissenstein-Gondelbahn weiter zu bekämpfen

27. 2. 2012

12 SEILBAHN-ZEITUNG NORDWESTSCHWEIZ

FREITAG, 19. DEZEMBER 2014

Der Schweizer Heimatschutz (SHS) istmit seiner Beschwerde gegen die Bewil-ligung der Gondelbahn auf den Weis-senstein vor Bundesverwaltungsgerichtabgeblitzt. Die Sesselbahn kann abge-brochen und verschrottet werden. DieBeschwerdeführerin muss der SeilbahnWeissenstein AG (Swag) 50 000 Fran-ken Parteientschädigung bezahlen.

Das Bundesamt für Verkehr (BAV)hatte Ende Januar 2012 die Bewilligungfür den Abbruch der 1950 erstelltenund mittlerweile schweizweit einzigar-tigen Sesselbahn vom Typ Von Roll 101und den Neubau einer neuen 6er-Kabi-nenbahn erteilt. Dagegen führte derSHS Beschwerde, was in der Region So-lothurn zu Proteststürmen führte. ImApril 2012 wurden am SHS-Sitz in Zü-rich 35936 Unterschriften als Rücken-deckung für die Bahn-Neubaupläneübergeben.

Alte Bahn ist nicht sanierbarDas 65-seitige Urteil aus St.Gallen

fasst das jahrelange Seilziehen derStreitparteien zusammen. Vorab hal-ten die Richter fest, dass die Sesselbahnzwar im Seilbahninventar vermerkt sei.Dieses sei aber entgegen der Ansicht desSHS rechtlich kein Bundesinventar.Demnach gelte auch nicht der absoluteSchutz nach Natur- und Heimatschutz-gesetz. Das Gericht stellt die historischeBedeutung der Sesselbahn nicht infrage.Aber: Aus Sicherheitsgründen kann die-se nicht mehr weiterbetrieben werden.Eine Sanierung hätte zur Folge, dassausgerechnet «die aus denkmalschütze-rischen Gründen erhaltenswerten Be-standteile, welche gerade den Zeugnis-wert der Sesselbahn ausmachen, ver-schwinden würden». Explizit erwähntwerden hier die Klemmen, Kuppelstel-len, Stützen und Stützenausrüstungen.In ihren Gutachten blieben die eidge-nössischen Kommissionen für Natur-und Heimatschutz sowie Denkmalpfle-ge, aber auch das Bundesamt für Kulturebenso die Antwort schuldig, wie diehistorische Bahn saniert werden könn-te, damit ihre Denkmaleigenschaft er-halten bleibe. Das BAV dagegen habedarlegen können, weshalb selbst eineReplika-Bahn keine Betriebsbewilligung

erhalten würde. Fazit: Es bleibt nur derAbbruch der alten Bahn.

Das Gericht lehnt auch den Eventual-antrag des SHS ab, die Swag müsse diealte Bahn einlagern, um sie später aneinem anderen Ort wieder ganz oderteilweise aufbauen zu können. Die Kos-ten dafür seien unverhältnismässig.

Bahn war vor dem Schutzgebiet daEbenfalls nicht zu beanstanden ist

laut Gericht die Baubewilligung für dieneue Kabinenbahn. Zwar fällt der obe-re Teil der Bahn in das im Bundesin-

ventar der Landschaften und Natur-denkmäler von nationaler Bedeutung(BLN) verzeichnete Objekt «Weissen-stein». Aber: Zuerst war die Bahn, danndas BLN-Objekt. Die neue Anlage seiein Ersatz, das Gebiet bereits vorbelas-tet. Zudem sei das Neubauprojekt ver-

bessert worden. Die Masten der Kabi-nenbahn seien mit bis zu 22 Meternzwar deutlich höher als die der altenBahn. Allerdings werde deren Zahl von31 auf 17 reduziert. Für die Neubau-Gegner sind die Stationen nicht land-schaftsverträglich. Dazu das Gericht:«Es wurde das Mögliche getan, um dieDimensionen kleinstmöglich zu hal-ten.» Die redimensionierte Bergstationwerde von der Talseite her nicht sicht-bar sein. Das Trassee der neuen Bahnwiederum «wird zwar an Stellen brei-ter, doch lässt sich diese aufgrund derhöheren Seilführung immerhin begrü-nen.» Beeinträchtigungen des BLN-Ob-jekts bleiben aber. Im Ergebnis würdendie Vorteile jedoch überwiegen, weilunter anderem ohne Bahn der motori-sierte Verkehr zunehmen würde. ZurErinnerung: Mit der Abwägung «lieberdiese Bahn, als keine Bahn und Blechla-winen auf den Berg» hatte die Stiftungfür Landschaftsschutz Schweiz auf eineBeschwerde verzichtet.

In Sachen Wirtschaftlichkeit desBahnprojekts sehen die Richter keinenAnlass, diese extern überprüfen zu las-

sen. Das «Transportbedürfnis ist auszu-machen und die wirtschaftlichen Vor-aussetzungen für die Konzessionsertei-lung sind erfüllt.» Rund 15 Mio. Fran-ken kostet der Neubau, davon werden2,5 Mio. Franken fremdfinanziert. LautBAV ist ein Selbstfinanzierungsrad vonüber 80 Prozent bei Seilbahnen äus-serst selten. Nur in einem Punkt «ver-liert» die Swag vor Gericht. Statt100 000 erhält sie «nur» 50 000 Fran-ken Parteientschädigung. Bis Ende Junikann das Urteil ans Bundesgericht wei-tergezogen werden.

Genugtuung für viel GeduldGross ist die Freude bei der Swag:

Urs Allemann, Präsident des Verwal-tungsrats: «Es hat sehr viel Geduld ge-braucht. Nun sehen wir uns aber in unse-rem Vorgehen und unserer Beharrlich-keit bestätigt.» Rolf Studer, Vizepräsidentdes Verwaltungsrates, meint: «Als Nicht-jurist zweifelt man dann und wannschon am System, wenn es vom Gesuchbis zum Entscheid der ersten Gerichtsin-stanz knapp vier Jahre dauert. Umso er-freulicher ist der eindeutige Entscheid.»

Heimatschutz verliert SeilziehenBundesverwaltungsgericht stützt Bahn-Neubau ohne Wenn und Aber

VON MARCO ZWAHLEN

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ls Jurist und Seilbahnplaner

könne er sich nicht vorstel-len, dass der Schweizer Hei-

matschutz den Entscheiddes Bundesverwaltungsgerichts ansBundesgericht in Lausanne wei-

terzieht. «Das wäre bare Zwänge-rei», meint Johannes Sutter, der fürdie Planung und juristische Beglei-tung der neuen Gondelbahn auf denWeissenstein zuständig ist. «Der Ent-scheid des Bundesverwaltungsge-richts ist ein klarer Kantersieg – imFussball vergleichbar mit einem4:0.» In allen Punkten habe die Seil-bahn Weissenstein AG Recht bekom-men, «es war das Beste, was uns

passieren konnte.» Sehr positiv seigewesen, dass man für die eigeneSache weitergekämpft habe. Und«gut waren auch die veranlasstenProjektanpassungen.» Für Sutter wa-ren diese insofern «matchentschei-dend», als das Bundesamt für Ver-

A kehr wie das Bundesamt für Umwelt

damit dem Gondelbahn-Projekt hättenzustimmen können. Die Unterstützungdurch die Regierung und das Kan-

tonsparlament sei aber ebenfalls «sehrwertvoll» gewesen.Sollte der Heimatschutz nicht weiter-ziehen, rechnet Sutter mit einer Eröff-

nung der neuen Bahn im Herbst

2014 – wobei noch die Härte des nächs-ten Bergwinters eine Rolle spielen kön-ne. Auch müsse die neue Gondelbahnerst noch bestellt werden. «Zuerst abererfolgt ein fachgerechter Rückbau

der alten Sesselbahn», meint der Seil-bahnfachmann, der auch als Geschäfts-führer der Stiftung Luftseilbahn Rei-

goldswil-Wasserfallen fungiert. Trotzder erbitterten Opposition eines Vereins

Pro Sesseli wolle man Teile der 1949 er-stellten und 1994 generalüberholten Ses-selbahn allenfalls für ein Museum be-

wahren – «es besteht nicht die Absicht,einfach alles zu verschrotten.» (WW)

Johannes Sutter: «Klarer Kantersieg»

Johannes Sutter, Planer der neuenWeissensteinbahn. BAR

«Es wurde das Mögliche

getan, um die Dimensionen

kleinstmöglich zu halten.»

Das Bundesverwaltungsgericht

Nun warten die neuen Gondeln auf möglichst viele interessierte Fahrgäste. TINA DAUWALDER/THOMAS ULRICH

29. 5. 2013✒ «Ein Ent-scheid, wie wirihn erwartet underhofft haben»,freut sich Bau-und JustizdirektorWalter Strau-

mann. Das Urteilbestätige die Ge-

wichtung der Sicherheit durch dasBundesamt für Verkehr und «unsereBeurteilung des Neubauprojekts in Be-zug auf den Natur- und Heimatschutz».Straumann ist überzeugt: «Die fundier-ten Ausführungen des Gerichts habenüber den Fall hinaus Bedeutung.»

Adrian Schmid,

GeschäftsführerHeimatschutzSchweiz und da-mit wichtigsterGondeli-Gegner:«Wir sind vomEntscheid sehrenttäuscht. Mit

dem Abbruch der alten Bahn verliertdie Schweiz unwiderruflich einen be-deutenden Zeugen der Seilbahntechnikund ein Baudenkmal der SchweizerVerkehrsgeschichte. Das Urteil wirdnun analysiert. Anschliessend entschei-det der Geschäftsausschuss über dasweitere Vorgehen.»

Philipp Gressly,

Präsident des So-lothurner Heimat-schutzes und Ju-rist, hat das Urteilangeschaut. Die-ses müsse nunnoch genauer stu-diert und geprüft

werden. Da der Schweizer Heimat-schutz die Federführung in dieser Sa-che habe, werde man sich über dasweitere Vorgehen absprechen müssen.Das gestrige Urteil sei für ihn nicht ganzüberraschend gekommen. Gressly be-tont, dass er sich für einen raschen Ent-scheid einsetzen werde.

Heinz Rudolf

von Rohr, derPräsident des Ver-eins Pro Sesseli,kann die klare Ab-lehnung der Be-schwerde nichtverstehen. Er istüberrascht und

enttäuscht und habe bereits viele em-pörte Reaktionen erhalten. Selbst ausden USA habe er ungläubiges Kopf-schütteln zur Kenntnis nehmen dürfen.

✒ Der FDP-Mann undSwag-Verwal-tungsrat Yves

Derendinger äus-sert sich auf Face-book: «Das Bun-desverwaltungs-gericht hat auf 65

Seiten sehr detailliert zu allen Vorbrin-gen Stellung genommen und ein Urteilgefällt, das an Klarheit nicht zu über-treffen ist.»

✒ Ebenfallsauf Face-book gratuliertRené Hohl, Präsi-dent von RegionSolothurn Touris-mus, der Seil-bahn Weissen-stein AG: «Das ist

wirklich hocherfreulich. Ich beglück-wünsche euch zu eurem Durchhalte-willen. Hoffentlich sehen die Gegnerdie Sinnlosigkeit ihres Unterfangensendlich ein.»

✒ SolothurnsBürgergemeinde-präsident Sergio

Wyniger sieht imEntscheid für diebeiden Pachtbe-triebe auf demHausberg «eineriesige Erleichte-

rung». Doch wenn die Bahn komme,müsse man sich auch um die Zukunftdes Kurhauses Weissenstein küm-mern. (TE, MZ, WW)

✒ Aufgeschnappt