Selbsthilfe_02-2009

16
SELBSTHILFE ENDLICH FERIEN 20 JAHRE VERBAND Mitgliederversammlung 2009 Verband Angehöriger und Freunde psychisch Kranker Poste Italiane Spa - Spedizione in abbo- namento postale - D.L. 353/2003 (Conv: in L. 27/02/2004, n. 46) art. 1, comma 2, DCB Bolzano Reg. 3.7.1995, n. 17/95, Nr. 2/2009

description

Zeitung des Verbandes Angehöriger und Freunde psychisch Kranker - Bozen (Italien)

Transcript of Selbsthilfe_02-2009

Page 1: Selbsthilfe_02-2009

SELBSTHILFE

ENDLICHFERIEN

20JAHREVERBAND Mitgliederversammlung2009

Verband Angehöriger und Freunde psychisch Kranker

Poste Italiane Spa - Spedizione in abbo-namento postale - D.L. 353/2003 (Conv: in L. 27/02/2004, n. 46) art. 1, comma 2, DCB Bolzano Reg. 3.7.1995, n. 17/95, Nr. 2/2009

Page 2: Selbsthilfe_02-2009

2

SELBSTHILFE

IMPRESSUM

Dritteljährliche Informationsschrift des Verbandes Angehöriger und Freunde psychisch Kranker

Eintragung beim Tribunal Bozen: Nr. 17/95 R. St. vom 3.7.1995

Herausgeber:Verband Angehöriger und Freunde psychisch KrankerG.-Galilei-Str. 4/a39100 BozenTel. 0471 260 303 Fax 0471 408 [email protected]

Verantwortlich für den Inhalt:Prof. Carla Leverato

Redaktion:Martin Achmüller, Margot Gojer, Carla Leverato, Lorena Gavillucci, Laura Kob

Übersetzung:Lorena Gavillucci, Carla Leverato Martin Achmüller

Bilder:Archiv, Martin Achmüller, Margot Gojer, Birgitt Hafner, Alessandra Masiero, Carmen Premstaller

Layout:Carmen Premstaller

Druck:Karo Druck, Frangart

Die Redaktion dankt allen, die durch verschiedene Beiträge zur Veröffentlichung dieser Ausgabe beigetragen haben. Sie behält sich das Recht vor, Kürzungen an den Texten vorzunehmen.

Inhaltsverzeichnis

Editorial

Selbsterfahrungswoche in der Toskana

Endlich Sommer, endlich Ferien!

Einmal täglich... ein bisschen Urlaub

Die Verantwortung der Medien

Zuhörecke Warum schaust du mich nicht an?

Rede mit uns... Spiritualität und Depression

Mitgliederversammlung 2009

Schneewittchen - ein etwas anderes Märchen

Interessante Hinweise und Veranstaltungen des Verbandes

Seite 3

Seite 4

Seite 6

Seite 7

Seite 8

Seite 9

Seite 10

Seite 11

Seite 12

Seite 15

gefördert von der Stadtgemeinde Bozen

gefördert von der Autonomen Provinz Bozen-Südtirol Assessorat für Sozialwesen

Page 3: Selbsthilfe_02-2009

EDITORIAL

Liebe Leserinnen und Leser!Carla Leverato

E insamkeit behagt den meisten Menschen nicht, sie macht eher

Angst. Andererseits ist das Zusam-menleben mit anderen Menschen auch oft mühsam und schwierig. Ist es also unmöglich, sich wohl zu fühlen?

Wir fühlen uns von den anderen nicht verstanden und ziehen uns deshalb in unser Schneckenhaus zurück, wo es uns noch schlechter geht – gibt es keine Alternative? Doch, es gibt eine!

Die Begleiter der „Jungen Gruppe“ von Brixen haben in einer „Selbster-fahrungswoche in der Toskana“ eine

Möglichkeit gesucht. Dort konnten die Teilnehmer sich ihres Umgangs mit anderen in normalen Alltags- situationen bewusst werden – in der so freundlichen Natur der bezaubern-den Hügel der Toskana.

Auch die Ferienaktionen des Ver-bandes Angehöriger und Freunde psychisch Kranker haben das gleiche Ziel, wenn auch etwas „sanfter“, nicht so klar erkennbar. Nicht zurückzie-hen, sondern in einer für alle zufrie-denstellenden Art mit den anderen zusammen sein. Bei der Unterhaltung in einer „normalen“ Umgebung er-kennt man, dass das eigene Verhalten „normal“ ist - nicht wie in Therapie oder Rehabilitation. Die Ferienaktion war die erste Initiative zugunsten der Betroffenen und ihrer Angehörigen. Jetzt, nach 20 Jahren, ist sie perfekt organisiert: von der Broschüre, die je-dem Vergleich mit Reisebüros stand-hält, über die Auswahl der Ziele bis zur Ausbildung der Begleiter, die ein gutes Klima von Urlaub und zugleich von Sicherheit schaffen. Es wurde zum Glanzpunkt des Verbandes.

Es ist ein Standardbeispiel für die “Anti-Stigma-Kampagne” und zeigt besser als jede Tagung auf, dass Men-schen mit psychischen Problemen in keiner Weise Menschen sind, vor de-nen man Angst haben, denen man

aus dem Weg gehen muss, weil sie gefährlich oder gewalttätig sind.

Auch die Medien können dazu bei-tragen, dass eine psychische Krank-heit nicht Angst macht: wenn von „positiven“ Ereignissen berichtet wird und nicht nur von Sensationsmeldun-gen, die Vorurteile und Ausgrenzung verschlimmern. So könnte ein großer Schritt zur sozialen Eingliederung er-folgen. Seit langer Zeit bemüht sich der Verband darum, so wie auch letzt-hin in einer Veranstaltung für Vertre-ter der Medien.

In dieser Ausgabe unserer Zeitung wird klar aufgezeigt, wie sehr sich der Vorstand des Verbandes dafür ein-setzt, das Leben der Betroffenen und ihrer Angehörigen zu verbessern: mit den Ferienaktionen, der Winter- und Sommerolympiade, den verschiede-nen Treffen und Veranstaltungen zur Sensibilisierung der Bevölkerung, mit den guten und konstruktiven Kontak-ten mit den Medien, der Vertretung in den verschiedenen Gremien in der Provinz, auf Staatsebene und auch in europäischen Vereinigungen.

Das alles lässt hoffen... mindestens für die nächsten 20 Jahre.

Page 4: Selbsthilfe_02-2009

SELBSTHILFE

Nach dem erfolgreichen Pilotunter-nehmen des vergangenen Jahres gab es auch im Sommer 2009 wieder eine Selbsterfahrungswoche in der Toskana.

Ferien in der Toskana? – Alter Hut!Gruppendynamik auf dem Bauern-hof? – Nur etwas für Öko-Freaks!Selbsterfahrung im Gespräch mit An-deren? – Uncool, wo man doch online chatten kann.Das alles zusammen, und dazu mit Leuten, die alle Psychiatrie-erfahren sind? – Vielleicht doch nicht so ganz selbstverständlich.

G enau diese Mischung ausprobiert und das Wagnis nicht bereut ha-

ben acht Menschen aus Südtirol, die alle einmal gedacht hatten, dass eine psychische Erkrankung etwas ist, das andere erwischt und eigentlich nicht von dieser Welt ist – bis es sie selber ereilte: den einen früh, noch vor der Matura, die andere vielleicht erst nach erfolgreichem Berufsabschluss und Gründung einer Familie, die eine ohne jede Vorwarnung, den anderen allmählich, aber nachhaltig. Irgend-wann haben sie alle auch eine oder mehrere stationäre Erfahrungen in

der Psychiatrie gemacht.Aber sie sind auch wieder heraus-

gekommen und haben neue Lebens-anläufe genommen, mit allen Kräften und Hilfen: Psychotherapie, Medika-mente, regelmäßige Arztvisiten – und der „Jungen Gruppe“: ein seit Mai 2006 in Brixen bestehender wöchent-licher Treffpunkt, bei dem man „unter sich“ ist und über alles miteinander reden kann, ohne dass die Überschrift „Beratung“, „Therapie“ oder „Visite“ heißt. „Dialoggruppe“ steht stattdes-sen als Untertitel unter diesem Na-men, und was dabei entwickelt wer-den kann, ist auch für „Normale“ ein seltenes Gut: angstfrei sprechen kön-nen, respektvoll zuhören, sich mittei-len, Nein sagen, „ich“, „du“ und „wir“ auseinanderhalten und zusammen bringen, ohne gleich ins Schwitzen zu geraten.

Die Idee zu dieser Gruppe und ihre Organisation geht zwar auf einen Psychiater des Psychiatrischen Diens-tes Brixen zurück, der die Gruppe auch einberuft und zusammen mit zwei weiteren Kolleginnen bei den Treffen anwesend ist, aber diese „Profis“ fun-gieren hier nicht in ihren angestamm-ten ärztlichen oder psychologischen Rollen. Sie sitzen mit im Kreis und ge-

ben acht, dass niemand aus dem Di-alog ausgeschlossen bleibt und dass ihn auch niemand auf Kosten anderer dominiert, dass auch das Schweigen dazugehört und die Körpersprache gesehen und beachtet wird.

D ie Gruppe ist offen: Wie so viele psychiatrische Krankheitsver-

läufe hat sie kein Ende, aber eine Zu-kunftsperspektive, und dazu gehö-ren auch Urlaubspläne und Neugier auf Neues: beides zusammen trug für die „Junge Gruppe“ den Namen: Selbsterfahrungswoche in der Toska-na, und diese Idee wurde erstmals im Juli 2008 umgesetzt und im heurigen Sommer wieder: acht Teilnehmer und die drei Gruppenbegleiter starteten am 25. Juli nach eigenen Tourenplä-nen von Brixen aus Richtung Barberi-no Val d’Elsa im Herzen der Toskana: Reiseziel: der Bauernhof der Frau Sar-della, älter als jede psychiatrische An-stalt Europas und sicher schöner und offener gelegen, nämlich zwischen Wein- und Olivenhängen hoch auf einem Hügel thronend, mit Fernblick auf die weltberühmten Türme von San Gimignano. Idyllisch schon, aber es gibt ja auch Reiseängste, Mücken, verschiedene Vorstellungen von heiß und kalt, Ordnung und Sauberkeit, Aufgabenverteilung im Haushalt, nicht zu reden von Schnarchtönen, Langschläferwünschen und Früh-aufsteherlaunen, von verschiedenen Frühstücksvorlieben und Meinungen über Fahrradausleihe und Miet- automöglichkeiten. All das war auch im „Projekt“ inbegriffen und wurde Gegenstand der morgens und nach-mittags stattfindenden Gruppensit-zungen.

Denn darum geht’s bei einer Selbst-erfahrungswoche: Ich, wie ich bin, in der ganz alltäglichen Begegnung mit dir, wie du bist, und der gemeinsamen Erfahrung von Neuland ringsum: das Obst schmeckt anders, das Bett knarrt ungewohnt, und dass ringsum kilo-meterweit Hügel und darüber ein riesiger Himmel ist, bringt die eine Südtiroler Seele zum Schwärmen,

Selbsterfahrungswoche in der ToskanaIngo Stermann

Foto: Birgitt Hafner

Page 5: Selbsthilfe_02-2009

SELBSTHILFE

BEGLEITER DER GRUPPE:

Dr. Ingo Stermann, ehemals Psychiater im Psychologischen Dienst Brixen und seit nunmehr zwei Jahren Koordinator des lan-desweiten Dienstes für psychische Gesundheit im Kindes- und Ju-gendalter, Dr. Katrin Tasser und Dr. Sabine Unterthiner, beide Psy-chologinen beim Psychiatrischen Dienst Brixen. Die drei betreuen gemeinsam die seit drei Jahren existierende „Junge Gruppe“ in Brixen.

Die Selbsterfahrungswoche als Gruppenerfahrung verfolgt keine therapeutischen Ziele, soll keine Beratungsstelle und kein „Kum-merkasten“ sein. Sie sondert sich auch nicht von sogenannten nor-malen Mitmenschen ab, sondern baut im Gegenteil auf der Über-zeugung auf, dass jeder Mensch mit und ohne Worte, verrückt oder „vernünftig“, kommunizieren kann und will und dass der zwischen-menschliche Dialog für alle schwie-rig ist: - eine Sache von Übung und gemeinsamer Kultur.

während die andere sich eher unbe-haglich, weil ohne Berge ungeborgen fühlt.

I n den Gruppensitzungen können alle diese hochindividuellen Eindrü-

cke ihren Platz und – wörtlich - ihren Anspruch bekommen. Da wird dann aber auch spürbar, wie streng in vie-len von uns alteingewurzelte Sprach-verbote wirken und wie erleichternd es sein kann, jenseits der Kinderstube und der Familientradition mal andere Zuhörer zu haben und sich freizuspre-chen: zu erleben, dass es normal und sagbar ist, was ich für völlig verrückt und unsagbar hielt, dass jemand zu-hört, sich einfühlt und ganz anders reagiert, als ich es kenne. Alte Ängste können so zu wackeln beginnen und verschwinden; Neues mag nicht mehr nur ängstigend oder als Zumutung wirken, sondern möglicherweise zu einem ungeahnten Genuss werden. Überrascht muss ich vielleicht feststel-len, dass ich gemeinsam anscheinend besser klar komme als allein, oder umgekehrt mag ich nach einem Tag mit der Gruppe abends unbedingt mal allein sein wollen und finde das nicht mehr ängstigend, sondern toll.

Dergleichen kann einem in einer Selbsterfahrungswoche passieren,

und das kostet Kraft. Die fließt einem dann aber auch wieder zu, wenn man beginnt, gerade auf dem Hintergrund der Gruppen“arbeit“ nach ein paar Ta-gen das Umland mit anderen Augen zu sehen: die Anstrengung des Sich-Einlassens auf das Du der Begegnung und auf das Wir des Gruppenerlebens führt zu einer anderen, offeneren und kombinationsfrohen Wahrnehmung der Welt, die mich umgibt. Deshalb wurde dann auch Mitte der Woche ein Tagesausflug gemacht: noch wei-ter gings nach Süden durch Land-schaften wie Meereswellen, durch Farbfelder wie aus dem Malkasten, hin zu dem ehrwürdigen Kloster Sant’ An-timo, wo heute wieder Benediktiner junge Stimmen in die Höhe der alten Architektur schicken. Dort wurde un-ter Bäumen gerastet für die auch an diesem Tag nicht ausfallende Grup-pensitzung; dann gings nachmittags weiter in die Stadt Siena mit ihrem jahrhundertealten Straßenbild und ihrem muschelförmigen Zentralplatz.

Dann wird das Ende absehbar. Die Gespräche und Begegnungen in der Gruppe vertiefen sich noch einmal, dann muss wieder die Aufmerksam-keit auf die Realität, auf Packen, Zah-len und Rückreise gerichtet werden.

Aber auch das schaffen alle, und am 01. August gegen Mitternacht sind die Teilnehmer wieder am Brixner Bahnhof. Eine Woche ohne Unfälle, ohne Alkohol- und Drogenexzesse à la Rimini und Riccione, ohne unflä-tige Auseinandersetzungen zwischen Campingplatz-Rivalen. Ohne Psycho-se. Normal oder eigentlich besser: ich und du und wir im mitmenschlichen Umgang, mitten in der Welt, konkret: im Herzen der Toskana. Viele wollen ein weiteres mal hin! Toskana - nächs-tes Jahr wieder? Könnte gut sein.

Foto: Birgitt Hafner

Page 6: Selbsthilfe_02-2009

SELBSTHILFE

S o weit, so gut. Aber wahre Ferien, die dem Körper und dem Geist

wirklich gut tun, die Menschen »auf-laden«, die das ganze Jahr hindurch Höchstleistungen und vor allem kon-tinuierliche volle Leistung erbrach-ten, solche Ferien brauchen gewisse besondere Überlegungen.

Silvano Polinetti, der beim Zentrum für Psychische Gesundheit in Meran arbeitet und im Sommer mit Freude als Begleiter bei unseren Ferienak- tionen mitmacht, drückt seine Vor-stellung von »Erholung« so aus:

„Die meisten Menschen verstehen unter »Ferien« ausspannen, ausruhen, sich unterhalten, genießen im weites-ten Sinn, ohne die üblichen Alltags-verpflichtungen. Und wie steht es mit dem, dessen Alltag eine Krankheit ist (in unserem Fall eine psychische Erkran-kung)? Wie sieht es mit seinem Recht auf Urlaub, Erholung, Entspannung… aus? Oder mit all jenen, die auf jeden Fall mit einbezogen sind, also Familienangehö-rige und Freunde…?“

Sich einer Krankheit stellen „ist üb-licherweise eine Vollzeitbeschäftigung;

es wird so zu einer Pflicht und einem Recht eines jeden, diese Verpflichtung für eine gewisse Zeit wegzulassen und vielleicht zu vergessen.“

So werden Ferien zur Erholung, wenn es einem „auch nur für kurze Zeit gelingt, die Krankheit zu vergessen, die eigene Belastung oder die des Men-schen neben dir zu lindern. Das ist ein großer Erfolg.“

Der Sommer erlaubt mit seinen län-geren Tagen und seiner Wärme den Abstand vom Alltag und lässt die gemeinsamen Erlebnisse und Ziele reifen.

Urlaub kann auch zur Belastung werden. Aus diesem Grund steht Sil-vano Polinetti voll und ganz hinter

Endlich Sommer, endlich Ferien!Lorena Gavillucci - Interview mit Silvano Polinetti

den Ferienangeboten des Verbandes. Es gibt eine Menge Arbeit für die Planung und Durchführung; auch werden verschiedene Ziele für die verschiedenen Wünsche ausgesucht (inklusive Kostenfrage). Die Begleiter sind Bezugspersonen, die bei Bedarf zur Verfügung stehen und damit eine sichere Atmosphäre schaffen.

Das Geheimnis liegt im »guten Ge-spür«: auswählen lassen, nicht auf-drängen; alle Voraussetzungen schaf-fen, dass es wirklich Erholung und Unterhaltung wird; die Situation der Einzelnen richtig einschätzen und in einer Vertrauen erweckenden und aufbauenden Art in Beziehung blei-ben.

Wichtig ist es, nicht nur die Bedürf-nisse der »Betreuten« zu sehen, son-dern auch die Fähigkeiten, die jeder Einzelne mitbringt und einsetzen kann. Hier liegt es am Betreuer, die einzelnen Bedürfnisse zu erkennen und die Betroffenen zu motivieren und zu fördern, damit es – wie gesagt – eine wirkliche Erholung wird.

Page 7: Selbsthilfe_02-2009

SELBSTHILFE

W enn Sie diese Zeitung in der Hand haben, ist Hochsommer

– für einige noch Urlaubszeit, für an-dere schon das Ende der Ferien.

Ferien – nach einer arbeitsreichen Zeitspanne vom Alltag loslösen, ab-schalten, ausrasten, sich erholen… sicher angenehme Vorstellungen.

Ferien bedeutet auch Frei-Zeit - freie Zeit für uns.

Nicht selten kann es bei der Rück-kehr vom Urlaub mehr belasten, wie-der dem üblichen Alltagsdruck aus-gesetzt zu sein als den Eindruck zu haben, dass „unsere Zeit“ sich auflöst, der Anstrengung Platz macht, uns so-zusagen gestohlen wird.

Muss Urlaub so selten stattfinden? Könnten wir uns in den 24 Stunden des Tages nicht von Zeit zu Zeit ein bisschen „Urlaub“ gönnen? Für eine kurze Zeit die Aufgaben, die Proble-me warten lassen, mir Zeit für mich selbst nehmen, für etwas, was mir Spaß macht oder was mir gut tut, zu meiner Erholung - und das ohne ir-gend ein Schuldgefühl? Auch einmal gar nichts tun?

Urlaub muss nicht nur ferne Länder heißen, sondern kann vor allem mei-ne innere Einstellung von Frei-Sein bedeuten, von Wohl-Fühlen.

Stellen Sie sich vor: jeden Tag ein solcher „Mini-Urlaub“, der uns auftan-

ken lässt, wo wir mit uns in Einklang kommen und damit auch leichter mit den anderen – wäre es nicht ein Recht und eine Pflicht für uns selbst und für die anderen? Könnten wir uns das zugestehen? Was hält uns davon ab? Was könnte uns diese kurze Zeit in der oft undankbaren Routine des Alltags streitig machen?

Eigentlich gehört die Zeit immer uns, nur unsere Wahrnehmung der Zeit täuscht uns – so als wäre alles von anderen vorgeschrieben und lie-ße uns weder Kraft noch Freiraum für eine Verschnaufpause.

Wenn wir dieses Gefühl haben, dann heißt es, einen Augenblick innehal-ten, nachdenken, einen Ausweg fin-den aus den Fesseln des Alltags.

Wer bis hierher gelesen hat, ist schon auf gutem Weg dazu. Es fehlt nur mehr das Schild “wegen Ferien geschlossen“ ein paar Mal täglich für 10 Minuten – und die Umsetzung!

Einmal täglich... ein bisschen UrlaubLuce

Page 8: Selbsthilfe_02-2009

SELBSTHILFE

Die Rolle des Journalisten als Ver-mittler zwischen dem Sozialgesche-hen und der Information ganz klar aufgezeigt hat Dr. Alessandro Svetti-ni, Leiter des psychiatrischen Rehabi-litationszentrum „Gelmini“ in Salurn. Alle Vertreter der Medien waren dazu kürzlich vom Dachverband der Sozialverbände Südtirol eingeladen worden. Hauptthema war das (meist verzerrte) Bild des psychisch Kranken.

Die Worte „psychisch krank“ rufen allgemein ein Gefühl der Angst oder der Aggression hervor, ohne dass dem weiter nachgegangen wird. Die Betroffenen werden als gefährlich, ge-walttätig, unberechenbar, unheilbar krank eingeschätzt, und zudem denkt man meistens, sie seien selbst schuld an ihrer Situation. Diese schmerz-haften Vorwürfe werden natürlich auf die Angehörigen ausgeweitet.

Im günstigsten Fall wird der Mensch mit psychischen Problemen lächer-lich gemacht. Wir selbst begehen wohl auch sehr schnell den Fehler, einen Menschen als „Spinner“ zu be-zeichnen, wenn er sich etwas anders benimmt als üblich, oder von einer „verrückten“ Situation zu sprechen, wenn wir irgendwie negative Gefühle empfinden.

Der Weg vom „Stigma“ zur Ausgren-zung ist vorgezeichnet. Wer an den Rand gedrängt wird, fühlt sich immer mehr „draußen“, grenzt sich in der Folge selber weiter aus.

Dieser Teufelskreis geht immer weiter, wird immer kritischer. Das „Abgestem-pelt-Sein“ verschlimmert nicht nur die Lebensqualität, sondern wird zu einer zusätzlichen Krankheit, die das Leben noch mehr erschwert.

Die Diagnose erkennt und be-schreibt die Krankheitszeichen, die das „menschliche und soziale Funk-tionieren“ beeinträchtigen; darauf beruht die medikamentöse Therapie für den emotionalen Bereich und die Rehabilitation für die Wiedereinglie-derung.

Das „Stigma“ hingegen ist ein Vor-urteil, etwas wie ein Feindbild. Dies macht die Wiedereingliederung fast unmöglich. Warum sollte man „Ver-rückten“, „Spinnern“, „Verbrechern“ eine Wohnung oder eine Arbeit ver-mitteln? Dabei vergisst man zu ger-ne, dass Wohnung und Arbeit zu den Grundrechten eines jeden Men-schen gehören.

D er Verband Angehöriger und Freunde psychisch Kranker be-

müht sich seit Jahren, gegen dieses „Stigma“ anzukämpfen. Es reicht noch lange nicht. Zu weit verbreitet, zu tief verwurzelt sind die Vorurteile in der öffentlichen Meinung, auch in den Berichten der Medien. Diese verstärken leider dieses negative Bild von Menschen mit psychischen Pro-

blemen. Damit entziehen sie vielen Erkrankten den Boden der Änderung, der Sicherheit, des Selbstvertrauens.

Oder ist es etwa nicht so, dass beina-he bei jeder Gewalttat ohne weitere Nachfrage eine „psychische Erkran-kung“ angehängt wird? Wer anders als ein „Verrückter“, ein psychisch Kranker sollte einen Mord begehen? Keine Rede von Hintergründen, von Auslösern, von Hilflosigkeit, von Ver-zweiflung in den Schlagzeilen. Denn psychiatrische Hilfe zu benötigen ist an sich schon diskriminierend. Keine Rede von Behandlungserfolgen oder von der Tatsache, dass die allermeis-ten Menschen mit psychischen Pro-blemen nicht zu Gewaltanwendung oder gar Mord neigen.

Auch in Filmen, sogar Zeichen-trickfilmen für Kinder überwiegen Gewaltszenen. Die Personen, die sie verüben, werden als dämonisch, ge-fährlich, unberechenbar… - kurz ge-sagt, als Menschen mit psychischer Erkrankung dargestellt, jedenfalls im-mer mit negativer Charakterisierung. Auch in Geschichten von Menschen mit psychischen Problemen geht es in 75% um Gewalt. In Wirklichkeit gibt es nur einen geringen Bezug zwi-schen „Geisteskrankheit“ und Gewalt. Risikofaktoren für Gewalt (allgemein

Die Verantwortung der MedienCarla Leverato

Page 9: Selbsthilfe_02-2009

9

SELBSTHILFE

häufiger bei jüngeren Männern) sind Alkohol- und Drogenkonsum und ein niedriger sozialer oder ökonomischer Status. Statistisch gesprochen, verü-ben 99,97% von Menschen mit psy-chischen Problemen keine schweren Gewaltakte. Zu Gewalttaten kommt es beim psychiatrischen Patienten bei der Zuspitzung psychotischer Symp-tome, durch Drogen oder Medika-menteninteraktionen und vor allem bei denen, die kein Behandlungskon-zept haben oder den Kontakt zu den

Zentren verlieren.Menschen mit psychischer Erkran-

kung sind weit häufiger Opfer von Gewalt- oder Eigentumsdelikten (10-40 mal so oft wie die „gesunde“ Bevölkerung).

Die Medien könnten einen großen Beitrag leisten, das Bild des psychisch Kranken in der Gesellschaft eindeutig zu verbessern. Es gibt ausreichend positive Lebensgeschichten von Men-schen mit Rehabilitation und Heilung, mit großen Fähigkeiten und Leistun-

gen, mit einer deutlich verbesserten Lebensqualität. Solche Meldungen wären auch für die Dienste positiv.

Es wäre ein Riesenerfolg, wenn die Medien vermitteln könnten, dass es keine Schande bedeutet, psychia-trische oder psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Und es gibt solche Hilfen auch in Südtirol!

Auf diese Weise könnte eine frucht-bringende Zusammenarbeit zwi-schen der Gesellschaft und den Medi-en entstehen.

W er auf Hilfe angewiesen ist, leidet am meisten darunter,

wenn er keine Aufmerksamkeit er-hält, so als gäbe es ihn nicht.

Jemand aus der Selbsthilfe- gruppe erzählt mir ein derartiges Erlebnis - enttäuscht und erzürnt zu-gleich - und man erkennt an seinem Gesichtsausdruck, wie miserabel es ihm dabei geht.

„Zum Arzt gehe ich, wenn es mir schlecht geht – und gerade dann kos-tet es mich eine riesige Überwindung,

ZuhöreckeWarum schaust du mich nicht an?

auch nur anzurufen; ganz zu schweigen vom Aufstehen am Morgen, vom Anzie-hen… - ich muss ja »den Erwartungen entsprechen«, obwohl ich von mir aus auch im Pyjama hinginge. Dann der Weg zur Praxis und dort – noch weit schlimmer: warten, warten, warten… in einer endlosen Einsamkeit und Wert-losigkeit. Ich muss mich um alles küm-mern – doch woher soll ich die Kraft nehmen?

Und auch damit ist es noch nicht vorbei. Wenn ich endlich drankomme, schaut mich der Arzt kaum an, schreibt ein Rezept, gibt die üblichen Ratschlä-ge, auf die ich gar nicht mehr höre… und wenn ich heimkomme, geht es mir noch schlechter als vorher.“

Leider höre ich oft solche oder ähn-liche Geschichten. Woran das wohl liegen mag?

In einer Depression ist das Selbst-wertgefühl äußerst schwach; man unterschätzt seine Fähigkeiten, hat dauernde Selbstzweifel und fühlt sich kaum liebenswert – gleichgültig, ob solche Botschaften ausgesprochen

wurden oder ob es nur Interpreta- tionen sind.

Ganz besonders empfindlich rea-giere ich bei den Menschen, die hel-fen sollten. Gerade bei ihnen leide ich, wenn der Blickkontakt fehlt: ich wer-de nicht wahrgenommen, es entsteht keine Beziehung – so als wäre ich ein lästiger Störenfried, der möglichst fern bleiben sollte.

Diesen Eindruck habe ich, wenn der Arzt vorwiegend auf die Rezepte schaut oder auf den Computer, in den er irgend etwas über mich eintippt.

Schön wäre es, wenn er mich an-schaut, wenn ich in sein Zimmer kom-me, mich mit einem Lächeln begrüßt, mich mit wahrem Interesse fragt, wie es mir geht, und mir schließlich mit einem Abschlusslächeln das Rezept überreicht…

Ist so etwas wirklich so schwer oder unmöglich?

Wie erlebt ihr es üblicherweise?Erzählt es uns, wir hören euch gerne zu!

Carla Leverato

Page 10: Selbsthilfe_02-2009

10

SELBSTHILFE

Wie kann es sein, dass religiöse Men-schen an einer Depression leiden?

Ich nehme an, Sie beziehen sich dabei vor allem auf die oft geäußerte „Hoff-nungslosigkeit“ oder die „Sinnlosigkeit des Lebens“.

Genau. Denn es ist so oft vom „wahren Lebens-Sinn“ die Rede oder davon, „zu sich selber zu finden“. Sind das dann nur leere Versprechungen?

Zum einen ist für mich klarzustellen, dass es sich bei der Depression um eine Krankheit handelt, und Hoffnungslo-sigkeit, Sinnlosigkeit oder Verzweiflung sind nur einzelne, oft empfundene Ge-fühle der Kranken. Vor einer Krankheit kann ein religiöser oder spiritueller Halt nicht bewahren.

Aber man müsste doch viel leichter damit fertig werden?

Nicht vergessen: auch ein Schmerz-mittel wird die Ursachen nicht beseiti-gen, sondern die Schmerzen nur lindern können; und wenn Sie dem Leidenden

menschliche Nähe und Sicherheit ver-mitteln können, kann er sich vielleicht geborgener fühlen, aber nicht schmerz-frei oder gesund.

Dann macht also die Psychiatrie nur Symptombekämpfung?

Nein, im Gegenteil! Man versucht den Stoffwechsel der Botenstoffe im Gehirn zu beeinflussen, die für diese Gefühls-ebene zuständig sind. Und zudem wird bei weitem nicht nur mit Medikamen-ten behandelt. Gerade die Psychothera-pie versucht, den einzelnen Menschen zu sich selber zu führen, zu seinem tie-fen Inneren, zu einem „wahren Leben“ – freilich nicht primär auf religiöser oder spiritueller Basis. Oder nehmen Sie gerade das Umfeld des Menschen mit psychischen Problemen: wenn er sich in seiner Familie, seiner Arbeitsstelle, in der Gemeinschaft… so angenommen füh-len könnte, wie es eine ehrliche religiöse oder spirituelle Gruppierung manchmal bieten kann – der Mensch könnte sich dadurch sicher besser fühlen.

Da verstehe ich nicht, was das über-setzt auf den psychisch Kranken heißt?

Ein großer Teil der Menschen verbin-det mit „psychisch krank“ vor allem verrückt und gewalttätig; solchen Men-schen geht man lieber aus dem Weg. Sie werden abgestempelt und ausgegrenzt, nicht aufgefangen und integriert. Und damit erleben Menschen mit einer psy-chischen Erkrankung genau das Gegen-teil von dem, was Religion oder Spiritu-alität oder Humanität vermitteln sollte – nicht Halt durch andere Menschen,

sondern Isolation.

Das sind spannende Parallelen zwi-schen Religion und Medizin. Wie sieht es aus mit „Priestermangel – Psychia-termangel“?

Da sehe ich einmal vor allem eine sehr unliebsame Ähnlichkeit zwischen Pries-tern und Ärzten: Priester sind zuneh-mend Manager in ihrem Betrieb und viel weniger Seelsorger. Ärzte sind immer weniger für die Menschen da, sondern für ein System. Nicht Gesundheit und Vorsorge des Einzelnen stehen im Vor-dergrund, sondern Statistiken, Rechen-schaftsberichte und Rentabilität. Und wenn man von der „Religion“ weggeht, dann werden „spirituelle Angebote“ ver-marktet nach modernen Erkenntnissen und verlockenden Modetrends. Viele spielen sich als Gesundheitsapostel auf, weil sie die Marktnischen erkannt ha-ben. Das ist ein gefährlicher Weg.

Also nur „moderne Erscheinungen eines Zeit-Trends“?

Der Mensch hat immer schon gesucht – nach der Wahrheit, nach dem Sinn des Lebens, nach Glück, nach Erfüllung, nach Freude, nach Selbsterkenntnis… Derzeit wird sehr viel diktiert, welcher Sport gerade „in“ ist, welche Freizeitbe-schäftigung, welche Lektüre… Anpas-sung ist wichtig, Leistung zählt. Der ein-zelne muss oft beweisen, wer oder was er ist; er überfordert sich damit selbst und geht unter. Die „gute“ Gemein-schaft ist sehr selten geworden.

Rede mit uns... Spiritualität und Depression

Martin Achmüller

Page 11: Selbsthilfe_02-2009

11

SELBSTHILFE

Mitgliederversammlung 2009Lorena Gavillucci

V on der ehemaligen Präsiden-tin Margit Morini stammt eine

der wohl aussagekräftigsten Erin-nerungen an die ersten Jahre des Verbandes: an die Jahre, in denen „deutsche“ Patienten nach Hall, „ita-lienische“ nach Pergine geschickt wurden, getrennt durch die Sprache, vereint in der Ausgrenzung in riesige psychiatrische Krankenhäuser, in der Entwurzelung aus Familie und Umge-bung auf Grund fehlender Dienste in der Nähe.

Und diese Erinnerung ist wohl der aussagekräftigste Maßstab dafür, dass sich etwas geändert hat. Mit der Psychiatriereform von 1978 hat sich das Gesetz geändert: man stellte sich dem „Kultursprung“, mit dem die Familien in die Betreuung mit einbe-zogen wurden. Man ging hinaus als Mensch unter Menschen, mit einer Krankheit wie andere auch und vor allem mit einer sozialen Belastung.

Was die Stigmatisierung betrifft, sind der Weg und der Kampf wohl noch weit, genauso wie für die Kin-der- und Jugendpsychiatrie, für die Zusammenarbeit der Einrichtungen mit den Angehörigen – leider gibt es neben einzelnen lobenswerten Bei-spielen auch einige Leerläufe, die für

verletzliche Menschen noch schwer-wiegender sind… so haben uns in einer einzigartigen Bearbeitung des Märchens von „Schneewittchen“ Mar-tin Achmüller, Margot Gojer und Car-men Premstaller die Realität kritisch aufgezeigt.

D ie Präsidentin Siglinde Jaitner eröffnete die Vollversammlung

mit einer Schweigeminute für die Menschen, die uns im vergangenen Jahr verlassen hatten: Bischof Wil-helm Egger, Helmut Falkenstei-ner, Leiter des Rehabilitations- zentrums „Bartgaishof“ und Willi Falk, Vorsitzender des Vereins „Lichtung“. Die Anwesenheit einiger Funktionäre und Ver-treter der Öffentlichkeit war eine gute Gelegenheit für unsere Mitglieder, auf die wichtigen Aspekte des All-tags hinzuweisen, in erster Linie auf die Wiedereinglie-derung in die Arbeitswelt. Noch immer fehlen aus-reichende Möglichkeiten, und damit bleibt jede Re-habilitation in der Schwe-be.

Die restliche Vollver-sammlung 2009 ging

planmäßig über die Bühne. Der Rech-nungsbericht und der Tätigkeitsbe-richt 2008 wurden einstimmig an-genommen, und dem Vorstand, den Mitarbeiterinnen und den zahlreichen freiwilligen Helferinnen und Helfern wurde ein verdienter Dank ausge-sprochen. Auch für das laufende Jahr plant der Verband viele Initiativen, von den Ferienaktionen zur Sommer- und Winterolympiade, von eigenen Veran-staltungen und Festen zur Teilnahme an nationalen und internationalen Ta-gungen, von den Kontakten mit den Medien bis hin zur Information der Mitglieder in offener, aber ernster Art über unsere Zeitschrift. Und es wer-den auch heuer einige Treffen mit der Öffentlichkeit stattfinden (Welttag der psychischen Gesundheit, Gesund-heitsmesse u.a.m.)

Page 12: Selbsthilfe_02-2009

12

s war einmal...

...mitten im Winter - am 18. Februar 1989 - die Schneeflocken fielen wie Federn vom Himmel herab. Da saß eine Königin an einem Fenster und nähte. Und wie sie so nähte und nach dem Schnee blickte, stach sie sich mit der Nadel in den Finger, und es fielen drei Tropfen Blut in den Schnee.

eil das Rote in dem weißen Schnee so schön aus-sah, dachte sie bei sich: „Hätt‘ ich ein Kind so weiß wie Schnee, so rot wie Blut und so schwarz wie Ebenholz!“ Bald darauf bekam sie ein Töchterlein, das war so weiß wie Schnee, so rot wie Blut und so schwarzhaarig wie Ebenholz und ward darum Schneewittchen genannt.

ie Jahre vergingen, Schneewittchen wuchs heran und war ein liebevolles Mädchen, hübsch und klug und zugleich auf-merksam für jede Not bei den Menschen.

Martin Achmüller, Margot Gojer, Carmen Premstaller

Alessandra Masiero, Aquarellzeichnungen

o blieb es ihm auch nicht verborgen, dass seine Mutter seltener lachte und oft traurig und wehmütig war. Jedes Mal, wenn Schneewittchen die Mutter fragte, antwortete diese ihm liebevoll und zärtlich: „Aber nein, mein liebes Kind; ich bin wohl etwas müde, aber sorg dich nicht um mich!“

it der Zeit schenkte Schneewittchen den Worten seiner Mutter keinen Glauben mehr. Aber was sollte es tun, mit wem

sollte es reden? Doch keines-wegs mit den Leuten am Hof. Diese würden es nicht verste-hen und nur schlecht von seiner Mutter denken.

chneewittchen war traurig und sorgte sich immer mehr.

ft ging es in den nahen Wald, um für sich allein zu sein und nachzudenken.

Page 13: Selbsthilfe_02-2009

1�

abei bemerkte es Gestalten, die es an seine Mutter erin-nerten: freundlich und hilfsbereit, aber auch traurig. Schnee-wittchen folgte ihnen und sah, wie kleine weiße Kügelchen vom Himmel auf die Bäume und Sträucher fielen. Die Gestal-ten aßen sie. Nicht lange darauf schienen sie gelöster, beinahe fröhlich.

chon wollte es auch zu den Bäumen eilen und die Kügelchen für seine Mutter sammeln. Da bemerkte es, dass der Zauber nur von kurzer Dauer war.

n anderen Tagen begegneten ihm Gestalten mit schweren Rucksäcken. Auch ihnen folgte Schnee-wittchen. Erstaunt beobachtete es, wie diese an einem bestimmten Ort ihre Rucksäcke öffneten und schwere Steine herausholten. Sie betrachteten sie lange, und manchmal brachen sie davon Teile herab. Einige Steine warfen sie wütend in den tie-fen Wald, andere legten sie behutsam neben sich. Es verwunderte Schneewittchen zu sehen, wie die Gestalten die meisten schweren Steine nach einiger Zeit wieder in ihren Rucksack luden.

iefer im Wald traf es auf Gestalten, die in Gruppen auf Baumstümpfen saßen, einige Zeit miteinander redeten und wieder auseinander gingen.

chneewittchen wunderte sich sehr über sie. Es wusste nicht recht, ob es wachte oder träumte. Oftmals verspürte es den Wunsch, hinzugehen und sie zu fragen, was sie dort taten. Doch es traute sich nicht recht: es wollte nicht stören und sorgte sich, ausgelacht und weggeschickt zu werden. Wie sollten sie seine Sorgen um die Mutter verstehen können?

Page 14: Selbsthilfe_02-2009

1�

ines Tages flüchtete Schneewitt-chen wieder verzweifelt in den Wald und warf sich am Waldesboden auf die Knie. Und wie es da so weinte und flehte: „Bitte, bitte, kann mir niemand helfen?“, geschah etwas Sonderbares: es erschien eine wunderschöne Fee in einem glanzvollen Kleid. Sie überreichte Schneewittchen einen wunderbaren, goldenen Spiegel und sagte: „Sei reinen Herzens und schau zuversichtlich in den Spiegel hinein. Er wird dir den Weg weisen!“

erwundert blickte Schneewittchen in den Spiegel und sagte: „Spieglein, Spieglein in meiner Hand, wie kannst du helfen? Ich bin gespannt!“

a antwortete der Spiegel: „Schneewittchen, hinter den sieben Bergen bei den sieben Zwergen steht ein blauer Glaspalast. Dort lebt seit zwanzig Jahren ein Verband mit langem Namen.Du findest dort, sei ohne Angst, Rat und Tat, wenn du’s verlangst!“

ilig machte sich Schneewittchen auf den Weg über die sie-ben Berge zu den sieben Zwergen. Sie klopfte an die Tür und rief: „Guten Tag, mein Name ist Schneewittchen. Könnt ihr mir helfen?“

autlos öffnete sich die Tür, und eine liebliche Stimme sagte: „Wir sind der Verband Angehöriger und Freunde psychisch Kranker. Wir werden versuchen, dir zu helfen! Komm herein!“

chneewittchen ward nun geholfen. Die sieben Zwerge erklärten ihm, was es mit dem seltsamen Verhalten der vie-len Gestalten im Wald auf sich hatte: Die weißen Kügelchen, welche vom Himmel auf die Bäume und Sträucher fielen, sind

Wundermittel gegen die Traurigkeit. Die Steine in den Rucksäcken sind die Lasten, die jeder von ihnen zu tragen hat, und die Ge-stalten, die auf den Baum-stümpfen zusammen saßen, teilten ihre Gefühle und Sorgen miteinander.

och von einigen an-deren Wegen sprachen die Zwerge und sie wollten Schneewittchen helfen, zusammen mit ihrer Mut-ter den besten Weg zu fin-den...

...und wenn der Drache Bü-rokratius den Verband mit dem langen Namen nicht verschlungen hat, dann hilft er noch weiterhin!

Page 15: Selbsthilfe_02-2009

1�

SELBSTHILFE

SEMINAR

„Mut zum Glück“ - Wege aus Angst und DepressionLeitung: Dr. Marieluise Rob, SchwazDatum: 19. und 20. September 2009Inhalt: Impulse zu heilsamen Verän-derungen im Körper, in der Psyche und im Geist werden gegeben. Eben-so Impulse für eine bewusste, aktive Verbesserung der Beziehung zu uns selbst und zur Mitwelt. Alle Dimen- sionen des Lebens gehören zusam-men - auf dem Weg zum Glück! Ängste und Depressionen sind Schattensei-ten des Lebens. Die Kunst ist es, immer öfter - mit professioneller Hilfe sowie

DEUTSCH-ITALIENISCHE PSyCHIATRIETAGE

„Suizid- und Präventionsstrategien“Datum: 08. und 09. Oktober 2009Ort: Cusanus-Akademie, BrixenOrganisator: Regionale Sektion SIP (Società Italiana di Psichiatria) und Cusanus-AkademieKeine Teilnahmegebühr!Auskünfte und Anmeldung: Cusanus-Akademie, Tel. 0472 832 204

September 2009

Interessante Hinweise und Veranstaltungen des Verbandes:

Oktober 2009

GRUPPENTREFFEN FÜR ANGEHÖRIGE IN GANZ SÜDTIROL

Nach der Sommerpause treffen sich die Gruppen für Angehörige wieder:

Bozen: 10.09.2009, freies TreffenWipptal: 15.09.2009 Treffen mit der Psycholo-gin Dr. Diana PfisterMeran: 17.09.2009, freies TreffenLeifers: 18.09.2009, freies TreffenBruneck: 28.09.2009 Treffen mit dem Psycholo-gen Dr. Erwin SteinerKaltern: 06.10.2009, freies TreffenSt. Ulrich: 19.10.2009 Treffen mit dem Psychlo-gen Dr. Ludwig Santifaller

Informationen im Verbandsbüro oder unter www.selbsthilfe.it

Neuigkeiten beim „EUFAMI“Im Juni 2009 fand die Mitgliederver-sammlung von EUFAMI (Europäische Föderation von Organisationen der Angehörigen psychisch Kranker) in Bled/Slowenien statt. Dabei wur-den unter anderem auch die Vor-standsmitglieder neu gewählt. Unser Vorstandsmitglied Dr. Alessandro Svettini, ärztlicher Leiter des Rehabili-

WIR GRATULIEREN

Neuigkeiten bei der Sozialgenos-senschaft „Aquarius“Im Mai 2009 fand die alljährliche Mit-gliederversammlung der Sozialgenos-senschaft „Aquarius“ in Bozen statt. Bei den diesjährigen Neuwahlen der Or-gane wurde Frau Dr. Fernanda Mattedi Tschager, ehemalige Direktorin der So- zialdienste der Bezirksgemeinschaft Überetsch/Unterland als Vertreterin unseres Verbandes in den Vorstand gewählt.

tationszentrums „Gelmini“ ist nun im europäischen Vorstand vertreten.

Selbsthilfe - zur Sonnenseite zu wech-seln. Dann verlieren die Schatten ihre Macht und wir erleben vermehrt die innere und äußere Sonne!Ort: Ferienhof Masatsch, KalternAuskunft/Anmeldung: Verband Ange-höriger u. Freunde psychisch Kranker

Page 16: Selbsthilfe_02-2009

1�

SELBSTHILFE

INTERNATIONALE KONFERENZ

„The forgotten Children - Die ver-gessenen Kinder“ in Litauen Organisator: EUFAMI in Zusammenar-beit mit Lietuvos Sutrikusios Psichikos Žmonių Globos Bendrija (LSPŽGB)Datum: 26. und 27. November 2009Inhalt: Kinder von Menschen mit psy-chischen ProblemenIn Vorträgen und Workshops wird dieses Thema in englischer Sprache erarbeitet.Informationen: www.eufami.org

SEMINAR

„Umgang und Begleitung junger Erwachsener mit psychischen Stö-rungen und einer Suchterkrankung“Datum: 05. und 06. November 2009Ort: Bildungshaus „St. Georg“, SarnsZiel: Kennen und Verstehen lernen von psychischen Störungsbildern im Zusammenhang mit Suchterkran-kungen.Organisator: Aut. Provinz BozenKeine Teilnahmegebühr!Auskünfte und Anmeldung bis05.10.09 unter Tel. 0471 418 222

November 2009

TAGUNG

„aktiv.selbst.hilfe“Vierter Osttiroler Selbsthilfetag Datum: Samstag, 07. November 2009Ort: Lienz, Wirtschaftskammer TirolInhalt: Vorträge, Workshops, Bera-tungen, ein Konzert und ein interes-santes Rahmenprogramm. (Unsere ehemalige Präsidentin Margit Morini wird einen Vortrag halten.)Organisator: Dachverband der Tiro-ler Selbsthilfevereine und -gruppen, Zweigstelle OsttirolInformationen: Tel. 0043 4852 606 290 oder [email protected]

GESUNDHEITSMESSE

Gesund & Vital Im Rahmen der Internationalen Herbstmesse vom 18. bis 22. No-vember 2009 findet in diesem Jahr in Zusammenarbeit mit dem Ressort für Gesundheit eine Messe rund um das Thema Gesundheit statt. Unser Verband wird dabei am Donnerstag,19.,undFreitag,20.November2009vertreten sein und über das Thema psychische Gesundheit informieren. Schaut vorbei, wir freuen uns auf euch!

SEMINAR

„Familienrekonstruktion“ Leitung: Dr. Hagen KasslatterDatum: 07. und 08. November 2009Inhalt: Jeder trägt die Erfahrungen einer Familie in sich. Die Familien-rekonstruktion beschäftigt sich mit deinen Erfahrungen in deiner Fami-lie, deiner Lerngeschichte und deiner Art, die Welt wahrzunehmen und das Leben zu interpretieren. Wenn wir bestimmte Prägungen in unserem Le-ben verstehen und verändern wollen, müssen wir deren Ursprung kennen. Die Teilnahme an diesem Seminar er-fordert eine gründliche Vorbereitung. Anleitungen zur Aufgabenerstellung können Interessierte im Verbandsbü-ro anfordern. Ort: Bildungshaus Schloss GoldrainAuskunft/Anmeldung: Verband Ange-höriger u. Freunde psychisch Kranker

FREIWILLIGE GESUCHT

Am 17. Oktober 2009 findet der zweite Freiwilligentag statt. Er bietet allen die Möglichkeit, sich ohne wei-tere Verpflichtung dem Motto „Gutes tun - für einen Tag“ anzuschließen und in den Alltag einer sozialen Tä-tigkeit hineinzuschnuppern. Auch unser Verband beteiligt sich an die-ser Aktion und sucht Freiwillige, die helfen möchten, ein Fest im Rehabi-litationszentrum „Gelmini“ zu orga-nisieren. Mehr Informationen unter www.freiwilligentag.it (Projekte Süd)

WELTTAG PSyCHISCHE GESUNDHEIT

Den Auftakt bildet das Theater „One Reel“ welches am Abend des 09. Oktobers im Stadttheater Gries in Bozen aufgeführt wird. Am 10. Oktober wird auf den Tal-ferwiesen in Bozen zu einem Jazz-Konzert geladen. Die beteiligten Verbände sind dort mit einem Infor-mationsstand vertreten. Die Gesundheitsbezirke planen einen Tag der offenen Tür in den Kranken-häusern des Landes.Am Abend wird die „Klezmer-Band“ den Tag im Grieser Stadttheater aus-klingen lassen.

Oktober 2009

StützPunktin schwierigen LebenslagenBeratung & Information

Verband Angehöriger und Freunde psychisch Kranker, Bozen - www.selbsthilfe.it

Mo - Fr 10.00 - 11.00 Uhr 0471 262 [email protected]