Seminar Fallrekonstruktion
description
Transcript of Seminar Fallrekonstruktion
Ethnografische Semantik: ein Weg zum Verstehen Ethnografische Semantik: ein Weg zum Verstehen von Zugehörigkeitvon Zugehörigkeit
- Ch. Maeder & A. Brosziewski -- Ch. Maeder & A. Brosziewski -
Seminar FallrekonstruktionSeminar FallrekonstruktionToni Linke, Sabrina Stülpner, Nicole SufrydToni Linke, Sabrina Stülpner, Nicole Sufryd
GliederungGliederung1. ethnographische Semantik
1. 1. Definition & Gegenstandsbereich1. 2. Grundannahme, Aufgabe, Ziel, Vorgehen1. 3. Bedeutung der Sprache1. 4. Probleme
2. analytisches Vorgehen2. analytisches Vorgehen2. 1. Ordnung der analytischen Arbeit2. 2. Problem2. 3. Schritte der Analyse
a. Domänenanalyseb. Taxonomische Analysec. Komponentenanalysed. Kulturelle Themen
3. Methoden der Datengewinnung und -organisation3. Methoden der Datengewinnung und -organisation3. 1. ethnografischer Erhebungs- und Rekonstruktionsprozess3. 2. Vierteilung des ethnografischen Datenkorpus
a. „condensed account“b. „expanded account“c. „field work journal“d. „analysis and interpretation“
3. 3. Bedeutung des Ethnographen
1. Ethnographische Semantik1. Ethnographische Semantik
1.1. Definition1.1. Definition ethnographische Semantik = qualitative Forschungsmethode → wissenschaftliche Methode für die Forschung über kulturelle Bedeutungssysteme
es handelt sich um eine an Semantiken orientierte Variante der Ethnographie, welche vor allem von James P. Spradley propagiert wurde
in der ethnographischen Semantik liegt also die Betonung auf dem Sprachgebrauch
1.2. Gegenstandsbereich der 1.2. Gegenstandsbereich der ethnographischen Semantikethnographischen Semantik
Gegenstandsbereich = „Feld““Feld“ ist das Andere der Schreibtisch- und
Dozierarbeit, es sind die Orte, an denen Menschen zusammentreffen und in
gemeinsamer Anwesenheit Aktivitäten entfalten
die Forschenden sind davon überzeugt, künftige Erkenntnisse an diesen Orten zu finden „Felder“ dieser Art konstituieren soziale Wirklichkeit
1. 2. Grundannahme, Aufgabe, Ziel, Vorgehen
GrundfrageGrundfrageWelche Bezeichnungen werden von den Mitgliedern einer Kultur, einer Gruppe, einer Szene oder dergleichen benutzt, um relevante und signifikante Dinge und Ereignisse (auch: Personen und Handlungen, Orte und Zeiten) zu qualifizieren (vgl. FRAKE 1973)?
AusgangsannahmeAusgangsannahme
der kompetente Gebrauch dieser Bezeichnungen bestimmt die Grenzen der Zugehörigkeit zu Kulturen, Gruppen und Szenen
AufgabeAufgabe
Herausfinden, welches eigentlich die „Dinge“ im Wissen jener Leute sind, die untersucht werden
→ Dinge herausfinden, auf die sich Worte beziehen
Dinge dabei das, was durch Sprache bezeichnet werden kann, oder worauf man sich mittels Kommunikation beziehen kann
ZielZiel
Aufdecken der Ordnung über die wahrgenommene Wirklichkeit von Mitgliedern einer Kultur, so wie sich die Ordnung aus den versprachlichten Begriffs- und Bezeichnungskategorien von Mitgliedern einer Kultur erschließen lässt
VorgehenVorgehen
teilnehmende Beobachtung von Gruppen und Kulturen in der sozialen Wirklichkeit
Bedeutungssysteme und Sprachgebrauch durch Analyse erschließen→ Verstehen von Zugehörigkeit in einer Gruppe durch Verstehen derer Handlungs- und Sprachpraxis
1.3. Bedeutung der Sprache1.3. Bedeutung der Sprache
Sprache = für jede gemeinsame Praxis der bedeutendste Träger von „Tatsächlichkeit“
Mitgliedschaft in einer Kultur zeichnet sich für den einzelnen Handelnden durch den fraglosen, situativ kompetenten Sprachgebrauch im kommunikativen Austausch mit signifikanten Anderen aus
1.4. Probleme1.4. Probleme
Flüchtigkeit und Ereignishaftigkeit des Feldgeschehens Zugehörigkeit zu einer Gruppe → der Forschende als Nicht-Mitglied „Übersetzungsprobleme“ = „Krise der ethnographische Repräsentation“
2. Analytisches Vorgehen2. Analytisches Vorgehen
Sprache = das wichtigste (jedoch nicht einzige Symbolsystem)
Semantische Relation = Elementare Einheit der Untersuchung
BeispielBeispiel
Schweizer Gefängnis Interview mit Informant im Gefängnis Analyse der Informationen die Informant übermittelt hat
Aus Analyse neue Fragen für weitere Beobachtungs-/Interviewrunden (wird im Feld geklärt)
2.1. Ordnung der analytischen Arbeit2.1. Ordnung der analytischen Arbeit
Domäne- liegt vor wenn eine Bezeichnung mind. 2 weitere
Bezeichnungen einschließt Taxonomie
- fragt nach Beziehung zwischen Unterbegriffen und Domänen
Komponenten- alle Aspekte die als beachtlich/signifikant dargestellt werden
Kulturelle Themen- Über sie verständigen sich Kulturmitglieder, was
in welchen Situationen zu beachten ist
2.2. Problem2.2. Problem
Flüchtigkeit des sozialen Geschehens Kulturelle Themen beherrschen um als kompetentes Mitglied mit eigener Teilhabe an einer Kultur/Szene zu gelten
Forscher = kulturfremd → langsames Erschließen der grundlegenden kulturellen Themen
2.3. Schritte der Analyse2.3. Schritte der Analyse
Domänenanalyse Taxonomische Analyse Komponentenanalyse Kulturelle Themen
2.3.1. Domänenanalyse2.3.1. Domänenanalyse Informationen zu Domänen zusammenfassen
Pro Domäne nur eine semantische Relation
2.3.2. Taxonomische Analyse2.3.2. Taxonomische Analyse
Innere Ordnung der bedeutsamen Begriffe untersuchen Zusatzinformationen und deren Verankerung
2.3.3. Komponentenanalyse2.3.3. Komponentenanalyse Unterschiede zwischen den Mitgliedern bzgl. den Grundbegriffen
System wird um unterschiedliche Komponenten verfeinert
2.3.4. Kulturelle Themen2.3.4. Kulturelle Themen
Vernetzung der Informationen aus den gemeinsamen/verschiedenen Komponenten innerhalb der Domäne lässt sich auf kulturelle Themen schließen
3. Methoden der Datengewinnung- 3. Methoden der Datengewinnung- und organisationund organisation
Basis: Spradley → Leitfaden für Datenerhebungsprozeduren Durchführung ethnografischer Interviews/Beobachtungen offen Auswertungsphase außerhalb des Feldes → Fokussierung auf ausgewählte Themen im weiteren Feldaufenthalt
3.1. Ethnografischer Erhebungs- und 3.1. Ethnografischer Erhebungs- und RekonstruktionsprozessRekonstruktionsprozess
1. Bestimmung der Untersuchungseinheit im Feld2. teilnehmende Beobachtung mit Feldnotizen/Tonband3. Datengenerierung mit Dokumenten aus dem Feld4. themenzentrierte Interviews5. Datenanalysen: Domänen, Taxonomien, Komponenten, kulturelle Themen6. selektive Beobachtung/fokussierte Interviews7. weitere Datenanalyse8. ethnografischer Bericht
3.2. Vierteilung des ethnografischen 3.2. Vierteilung des ethnografischen DatenkorpusDatenkorpus
3.2.1. „condensed account“3.2.1. „condensed account“ in Beobachtungen/Interviews gewonnene Aufzeichnungen (Tonbänder, Notizen) oft einzelne Worte, Skizzen, unverbundene Sätze
3.2.2. „expanded account“ Organisation von Feldsitzungen zu „expanded accounts“ Tonbänder, Transkripte, Feldnotizen, Dokumente, Artefakte über das Feld z.B. Beobachtungsprotokolle: Einführung ergänzender Angaben (Namen, Ortsbezeichnungen) Zweck: Ordnung der Daten für Arbeit mit ihnen nach längerer Zeit
3.2.3. „field work journal“„field work journal“ chronologische geführtes Tagebuch → eigene Ideen, Erfahrungen, Fehler, Durchbrüche im Forschungsprozess
3.2.43.2.4. „analysis and interpretation“„analysis and interpretation“ Kodierungsverweise, Analysen, Interpretationen des Materials und Einsichten aus Literaturstudium Schnittstelle zum ethnographischen Bericht
vierteilige Textorganisation ermöglicht Unterscheidung zwischen kultureigenen und analytisch eingeführten Begriffen
Herausbildung „sozialer Tatsachen“ durch Verengung auf zentrale Ereignisse/Erzählungen
Ethnograph bleibt in Eigenschaft als Berichterstatter fremder in anderer Kultur Nutzen festgestellter Beschreibungen: bei weiteren Feldkontakten → folgen routinierter Bezeichnungen, Orientierung in Flüchtigkeit sozialen Geschehens Vermittlung von Erkenntnissen in soziologischen Berichten → professioneller Grenzgänger zwischen den Kulturen
3.3. Bedeutung Ethnograph3.3. Bedeutung Ethnograph
Erkenntnisse für Soziologie über fremde Kultur und Reichweite/Grenzen eigener Beobachtungskriterien
ethnographischer Bericht bleibt narrativ → unterliegt Restriktionen des Erzählbaren
LiteraturLiteratur
Meader, Christoph, Brosziewski, Achim 1997: Ethnografische Semantik: ein Weg zum Verstehen von Zugehörigkeit. In: Ronald Hitzler, Anne Honer (Hg.), Sozialwissenschaftliche Hermeneutik: ein Einfürhung. Opladen, 335-359.