So Ihr Nicht Werdet Wie Die Kinder - Irmgard Kuhlmann

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SO IHR NICHT IV CRDCT WIC DIE KINDER...

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SO IHRNICHT

IV CRD CTWIC DIE

KINDER...

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D er seltsame Buchtitel ergab sich aus einem Erlebnis der Autorin m it ihren Kindern. Sie w ar zw ar konfessionell-christlich erzogen, aber sie w ar ein Durchschnitts­christ, bei dem der V erstand vor­herrschte und das kindlich feste V ertrauen zu G ott fehlte.Eines T ages sprach sie mit ihren K indern über G ott und w ar er­staunt, mit welcher Selbstver­ständlichkeit diese sich mit ihm unterhielten über alles, w as sie be­w egte. Eines meinte zur M utter: »A ber in den letzten T agen bin ich gar nicht m it ihm zufrieden, denn ich hatte ihn gebeten, dich gesund zu machen, und er tut es nicht.« Die M utter w ar tief ergriffen von so viel kindlicher G läubigkeit und dachte an des H errn W ort: W enn ihr nicht w erdet wie die Kinder, ihr w erdet nicht eingehen in das Reich Gottes.E s ist bew undernsw ert, w as diese schwergeprüfte Frau und M utter an herrlichen Gedanken entwik- kelt in ihrem Buch und wie tief sie in das göttliche W ort in den N euoffenbarungen an Jak o b L o r­ber, aus der sie ihre Erkenntnisse im wesentlichen schöpft, einge­drungen ist, so daß sie von ihrem Rollstuhl aus sogar ihren gesunden

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M itmenschen K raft und T ro st ge­ben kann.D er Leser, der »V ielbeschäftigte«, m ag das Buch auch als E inführung in die N euoffenbarungsschriften betrachten, denn in gedrängter Form sind Ausschnitte im U rtext gegeben über alle G rundfragen des Lebens, G ott und Schöpfung, über das W underw erk der Schöpfung, Z iel und Zw eck in der N atur, über Mensch und Lebenssinn, über T od , Jenseits und W eiterleben und über den Zw eck des Erdenlebens und w arum der Mensch leiden muß. D as Buch ist in einer schö­nen und flüssigen Sprache ge­schrieben, ohne Gelehrttuerei; des­halb ist es auch zu H erzen gehend.

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Irmgard Kuhlmann

So ihr nicht werdet wie die Kinder .

Neue Wege zum Glauben

LORBER VERLAG

7120 Bietigheim/Württemberg

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ISBN 387 495 108 1

Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der photomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung

Vorbehalten © 1977 by Lorber Verlag 7120 Bietigheim

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In h a lt

V O R W O R T ................................................................................. 7

1. TEIL

Wege zum G lau b en ...................................................................... 11

1. Reformation aus dem E w ig e n .............................................112. Die S e e l e ............................................................................ 163. L u z i f e r ........................................................................................ 224. A d a m ........................................................................................ 295. Die S ü n d f lu t .............................................................................336. Christus — Der Erdenweg....................................................... 417. E n tsprechu n gen ....................................................................... 788. Die Not als L e h r e r i n .............................................................959. Die Bewohner anderer W e l te n ...........................................103

10. Nächstenliebe ......................................................................11011. Die Wiederkunft C h r i s t i ..................................................... 112

2. TEIL

Gott im A l l t a g ................................................................................ 127

1. E h e n o t ...................................................................................... 1272. Tod und Jen se its ..................................................................... 1403. Karma und W iedergeburt..................................................... 1554. Spiritualismus und P arapsycho logie ................................1605. Armut und R eichtum ...........................................................1676. G e fa n g en sc h a ft..................................................................... 1717. Krieg und G ew alt..................................................................... 1778. Völker und Religionen...........................................................1829. Die unsichtbare W e l t ...........................................................199

Unsere E r d e ..................................................................................... 206

Noch einmal Luzifer...........................................................................217

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ERKLÄRUNG DER TITELABKÜRZUNGEN

GrEv = Jakob Lorber: Großes Evangelium Johannes (11 Bde.)Ha — Die Haushaltung Gottes (Die Urgeschichte der

Menschheit; 3 Bde.)EuM Erde und Mond

Jug - Die Jugend JesuHi — Himmelsgaben (2 Bde.)BM = Bischof MartinVdH = Von der Hölle bis zum Himmel (früherer Titel: Ro­

bert Blum; 2 Bde.)Sa = Der SaturnNS = Die natürliche SonneGS = Die geistige SonneLGh = Gottfried Mayerhofer: LebensgeheimnisseSGh Schöpfungsgeheimnisse

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Vorwort

Dieses Buch beschäftigt sich mit der nahezu hoffnungslos er­scheinenden religiösen Situation unserer Zeit. Es macht eine ganz persönliche Aussage und versucht einen Weg aufzuzeigen, wie der Glaubenslosigkeit der Gegenwart begegnet werden könnte. Den Anstoß zum Schreiben gab das vor einiger Zeit erschienene Buch eines katholischen Theologen, das mir stellvertretend für die Bemühungen vieler Geistlicher zu stehen scheint, gegen vor­gefertigte Normen und Dogmen anzugehen, neue Wege zu be­schreiten und eine dringend notwendige Reformation des starren Gefüges der Kirchen einzuleiten. Da man sich aber vorwiegend mit den Mitteln weltlicher Gelehrsamkeit und Dialektik be­müht, den kranken Körper, der Christentum heißt, lebendiger und gesünder zu machen, soll dieses Buch dagegen aufzeigen, warum Versuche dieser Art letzten Endes in einer Sackgasse en­den müssen. Wenn ich hier immer wieder auf das Buch „Christ sein“ von Professor Hans Küng eingehe, so tue ich es in der Absicht, aufzuzeigen, daß uns durch den Herrn selbst Wege ge­zeigt worden sind, die zur Erneuerung des Christentums führen können — Wege, die den meisten noch nicht bekannt sind oder nicht begehbar erscheinen. Das Buch von Hans Küng steht für ehrliche Bemühungen, aber es macht auch deutlich, wie wenig Menschenwerk im Grunde vermag. Ich habe diese Aussage als Anregung benutzt und darauf geantwortet, so gut es mir als Laie möglich war. Vorrangig aber war der Gedanke, dem Leser meinen eigenen Weg zu zeigen, der mich zum Licht des Glaubens geführt hat.Es ist ein emotionales Buch geworden, das nicht den Anspruch auf Unfehlbarkeit erhebt, ist es mir doch gewissermaßen aus dem Herzen geflossen, und so möchte ich es vom Leser verstanden wissen, als ein Weg unter vielen, die zum Heil eines Menschen beschritten werden können. Ich sage meine persönliche Meinung, und ich sage sie deutlich, ohne herausfordern oder verletzen zu wollen. Man möge von mir keine hochgelehrten Ausführungen erwarten, denn gerade sie sind es ja, die in den Dingen des Glaubens oft nicht überzeugen. Nicht umsonst habe ich meinem Buch den Titel gegeben „So ihr nicht weidet wie die Kin­der . . . "

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Mit einfachen,, schlichten Worten, so wie Jesus zu den Menschen seiner Zeit sprach, müßte ein Buch geschrieben sein, wenn es Trost und Hoffnung geben soll. Der Leser meines Buches sollte sich frei machen von jeder theologischen Voreingenommenheit, daß ein Laie sich unterfängt, Kritik zu üben. Er sollte es lesen mit eben jener kindlichen Unbefangenheit, die Jesus fordert, und mit dem Wunsch, sich führen zu lassen in eine neue Art des Denkens, die auch mutig über das bisherige Tabu der Kirchen hinausgeht und in ein Gebiet vorstößt, das bislang nur einer relativ kleinen Gruppe von Christen zugänglich gewesen ist.

Ein schweres Schicksal, an dem manch einer zerbrochen wäre, hat mich auf die Suche gehen lassen, was es mit diesem Dasein, mit diesem Christus auf sich hat, warum der Mensch so schwer an seinem Leben zu tragen hat. Aber die Kirche war nicht im­stande, mir diese brennenden und lebensnotwendigen Fragen zu beantworten. Ich begann Bücher zu lesen, um mich zu infor­mieren; es wurde ein regelrechtes Studium daraus, und es wurde zum Heil meines Lebens!Ich spreche also aus Erfahrung, wenn ich sage, daß es einen Weg gibt, der zum Verständnis dieser Welt, zum Verständnis des Got­tesplanes führt. Aber ich sage auch, es ist ein Weg der Mühsal und des Zweifels, der nach Beseitigung dieser Zweifel ein Weg des Glückes und des inneren Friedens wird.Ich habe mein Schmerzenslager seit Jahren nicht verlassen und ich bin dabei ein glücklicher Mensch geworden. Wie es dazu gekommen ist, möchte ich dem Leser nicht vorenthalten; und so folgen Sie mir bitte auf diesem Weg, der Ihnen vielleicht zu­nächst unbegehbar erscheinen mag.Dieses Buch ist geschrieben für diejenigen, die gleich mir mit der Verkündigung der Kirchen nichts anzufangen wußten, die sich langweilten in den Gottesdiensten, von denen keine Überzeu­gungskraft ausging. Dieses Buch ist geschrieben für alle, die su­chen und bisher nicht finden konnten, ein Buch für die Mühse­ligen und Beladenen, ein Buch, das die Kraft haben soll, das Kreuz dieses Lebens tragen zu helfen. Ich verspreche den Lesern kein glückliches Leben auf dieser Erde, gehen wir doch Zeiten der Not und der Trübsal entgegen,- aber ich will versuchen be­greiflich zu machen, warum die Schrecknisse der kommenden Zeit notwendig sind; ich will versuchen, die Angst zu nehmen

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vor dem, was auf uns zukommen kann, und will erklären, war­um die bisherige Entwicklung der Menschheit diesen Verlauf nehmen mußte.„Wer Augen hat, der sehe, wer Ohren hat, der höre", sagt Chri­stus und meint damit auch den Menschen unserer Zeit, der sich nicht länger am Rande des Universums dahinvegetierend fühlen soll, sondern der nun, sofern er es will, erkennen darf, daß er hier auf Erden ist, um ein Kind Gottes zu weiden.

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1. T e i l

Wege zum Glauben

1. Reformation aus dem Ewigen

Die Zeit ist reif für eine Reform der Reformation. Die Lutheri­sche Reformation deckte genau den Bedarf der damaligen Zeit. Sie war dem Verständnis der Menschheit des sechzehnten Jahr­hunderts angepaßt; auch der Mensch Luther war von Gott mit eben den Eigenschaften ausgerüstet, die er brauchte, um gegen die Vorherrschaft der päpstlichen Diktatur zu streiten. Propheten und Reformatoren sind stets von Gott berufen und erleuchtet worden. So befähigte Gott den Priester Luther, das Falsche und Christentfernte der Kirche zu erkennen; er inspirierte ihn und verlieh ihm den Mut zur Rebellion. Er gab ihm die kräftige Sta­tur und den kämpferischen Geist, aber er gab ihm auch nur soviel Verständnis, wie es für die Menschen jener Zeit gut und richtig war. Der Zwiespalt, in dem Luther sich befand und der sich in der lutherischen Lehre bis in die heutige Zeit auswirkt, war wohl notwendig, denn der Reifeprozeß und die geistige Entwicklung der Menschheit brauchte noch Jahrhunderte, bis zur Jetztzeit, um sich dem Reifeziel zu nähern. Luther wollte die Bibel im wört­lichen, im Buchstabensinn verstanden wissen und schuf damit ein neues Dogma, das der wahren Erkenntnis im Wege stand. Was heute not tut, ist eine Reformation aus dem Ewigen, eine religiöse Erneuerung aus dem Geiste. Ein nur äußeres Schriftver­ständnis führt zwangsläufig zu einer Entwicklung, der von An­fang an der Keim der religiösen Unfruchtbarkeit innewohnt und an deren Ende der Unglaube steht.Wir müssen das Wort Gottes wieder lebendig in uns aufnehmen, wirken und Gestalt werden lassen. Der Buchstabe ist nur die äußere Form der inwendigen geistig-göttlichen Substanz.Jesus sprach zu den Menschen seiner Zeit in Gleichnissen und verhüllten Bildern. Er schützte den heiligen Sinn des Wortes durch den Buchstaben, wie eine Nußschale den Kern umschließt, um die himmlischen Wahrheiten vor der Verunreinigung zu

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schützen. Deshalb legen heute viele Menschen die Bibel ent­täuscht aus der Hand, weil sie diese voller Widersprüche wähnen und sie nicht imstande sind, den wahren Sinn mit unserer ent­arteten Umwelt in Einklang zu bringen. Sie wissen aber nicht, daß sie trotz seelischer Verarmung den Zeitgenossen Luthers eines voraus haben: sie haben, besonders im letzten Jahrhundert, eine Entwicklung ohnegleichen erlebt, die die heutigen Men­schen befähigt, die göttlichen Dinge tiefer zu begreifen, wenn sie ihnen in der richtigen Form nahegebracht werden.Mir ist manchmal bange, wenn ich Lieblosigkeit, Gedankenlo­sigkeit, Labilität und Haltlosigkeit in meiner Umgebung zuneh­men sehe, wie der Wahnsinn sich in teuflischen Exzessen be­merkbar macht, wie die Menschen mit Lärm und Raserei ihr noch verbliebenes besseres Ich zum Schweigen zu bringen ver­suchen. Dennoch glaube ich fest daran, daß es auch die Sehnsucht nach verlorenen Idealen, nach göttlichen Werten ist, die sie in Haltlosigkeit und Raserei treibt, und daß es auch darunter noch Menschen gibt, welche die Göttlichkeit in unser verfinstertes Dasein zurückholen und sie faßbar machen und erklären kön­nen. Sonst müßte ich den Mut verlieren, dieses Buch zu schrei­ben.Die Kirche ist sich ihrer gegenwärtigen Lage bewußt, daß sie sich in der schwersten Krise ihrer Geschichte befindet. Es wird von einzelnen Führungspersönlichkeiten und Priestern unter großen Anstrengungen auch versucht, das Kirchenschiff herumzureißen; viele dieser Bemühungen sind voll zu würdigen. Aber müssen sie nicht im Keim steckenbleiben, solange die Kirchen nicht et­was ganz Entscheidendes unternehmen? Gewiß ist, daß es des Positiven in unserer Welt nicht mangelt. Denken wir an die vielen anonymen Mitmenschen, Seelsorger und Laien in aller Welt, in allen Lebensbereichen, die den Forderungen Christi durch die Tat Nachdruck verleihen. Sie alle haben die Hoffnung nicht verloren, daß christliches Handeln Willkür und Gewalt früherer Jahrhunderte und der Gegenwart ablösen wird. Um dieser Schar der Aufrechten willen wird die Menschheit auch nicht verlorengehen, wie Jesus es im Matthäus-Evangelium (24,12—22) verkündet. Aber, es muß auch das Wort Gottes wie­der verständlich gemacht werden, damit diese heute noch kleine Schar sich vergrößert und der Mensch das Bewußtsein der Got­teskindschaft wiedererlangt.

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Mir ist es früher nicht anders ergangen als den meisten Men­schen unserer Zeit. Ich habe die Botschaft der Bibel gehört, sie als wohltuend empfunden, sie gelesen, wie man ein schönes Märchen liest, habe mir aber, als vorwiegend Verstandesmensch, nicht vorstellen können, ja ich habe es geradezu als Hochmut empfunden, daß ausgerechnet wir unwürdigen und unzulängli­chen Menschen auf diesem winzigen Planeten von Gott auser­sehen sein sollten, seine Kinder zu werden. Von jeher fühlte ich mich abgestoßen von niederen menschlichen Eigenschaften. Ich sah Mißgunst, Neid und Dummheit, Haß, Zwietracht und Kampf, und ich konnte das, was ich sah und erlebte, nicht mit den Auserwählten eines kaum vorstellbaren Gottes in Einklang bringen. Diese Menschen sollten Kinder Gottes heißen? Und ausgerechnet auf diese Erde sollte Gott seinen Sohn gesandt haben? Welche Anmaßung, diesen Gedanken auch nur zu den­ken! Wohl glaubte ich unbewußt an die Göttlichkeit Christi, aber ich war nicht imstande, eine konkrete Beziehung zwischen ihm und unserer Zeit herzustellen. War das alles nicht schon zu lange her, und hatte sich seither die Menschheit auch nur um ein We­niges gebessert? Fliegeralarm und Bombenexplosionen zerstörten vollends das Friedensbild meiner Kindheit, und obwohl ich zu glauben wünschte, war ich dazu nicht imstande. Niemand konn­te mir die Widersprüche beantworten, die ich in der Bibel fand und zu finden meinte, aber überwach blieb in mir die drängende Frage nach dem Sinn dieser scheinbaren Sinnlosigkeit.Zu dem Standpunkt, wie ich ihn damals einnahm, sind heute viele Mitmenschen gekommen; aber selbst Priester und prakti­zierende Christen können darüber hinaus keine Auskunft geben. Viele finden selbst keine Antwort auf die Frage nach Tod und Jenseits, auf die Frage nach dem Weg, den wir gehen sollen. Ob mir die Beantwortung dieser Frage befriedigend gelingt, ob dieses Buch imstande ist zu überzeugen, kann ich nicht wissen, aber ich kann zeigen, wie ich zu glauben gelernt habe.Glauben, das habe ich begriffen, ist nicht unbedingt eine Gnade, die einigen wenigen Menschen in die Wiege gelegt ist; Glauben kann und muß man lernen, und glauben lernen ist harte und ausdauernde Arbeit. „Ihr sollt das Himmelreich mit Gewalt an euch reißen", sagt Christus und meint damit, daß wir uns darum Mühe machen müssen, daß wir es uns erkämpfen sollen, daß es keinem Lauen in den Schoß fällt.

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Aber wie sollte der Mensch von heute das lernen? Dazu braucht er überzeugende Hilfe! Und hier kommt mein erster Vorwurf gegen die Kirchen beider Konfessionen. Sie haben eine schwere Unterlassungssünde begangen, indem sie starr auf das in der Bi­bel verkündete Wort gesehen und völlig ignoriert haben, daß Jesus betont Matth. 10,41: „Wer einen Propheten aufnimmt in eines Propheten Namen, der wird eines Propheten Lohn empfan­gen." „ . . . denn eines Propheten Herz ist Gottes, und sein Mund ist Gottes", heißt es dazu ergänzend in der Neuoffenbarung durch Jakob Lorber (GrEv II 108,7).Zu allen Zeiten, in allen Jahrhunderten hat es erleuchtete Ver­künder des Gotteswortes gegeben, und die Kirchen haben, an­statt sich dieses Wissen zunutze zu machen, die göttlichen Ein­sprachen meist als Scharlatanerie abgetan. So hat die Verkündi­gung durch die Kirchen nicht kontinuierlich mit dem wachsenden Verständnis und der Forderung nach Aufklärung der Menschheit schrittgehalten, wie es von Gott beabsichtigt war, sondern das Dogma leugnete jedes Prophetentum außerhalb der Bibel, wenn­gleich die katholische Kirche in manchen Fällen den Glauben an nachapostolische Offenbarungen gestattet.Nur wenige konnten sich vorstellen, daß Gott, selbst bis in die heutige Zeit, sich Menschen verständlich machen kann, die er dazu ausersehen hat, obwohl doch gerade die Kirche als erste Instanz wissen müßte, daß dem Schöpfer aller Dinge nichts un­möglich sein kann. Hochmut aber und Besorgtheit um mensch­liche Vormachtstellung sorgten gründlich für Unterbindung sol­cher „Irrlehren" und bedrohten jede Propagierung mit tödlichen Strafen. Die tödlichste war die der Lächerlichmachung. In der Inquisition des Mittelalters haben wir die schärfste Form der kirchlichen Diktatur zu sehen. Die Kirchen bestimmten, was in das Dogma und somit in die Verkündigung von der Kanzel auf­genommen werden durfte. Die Kanzel aber war zu der Zeit, in der es noch keine Massenmedien gab, das stärkste Mittel der Kommunikation. Was von der Kanzel nicht verkündet wurde, kam auch nicht unter das Volk. So schnürten die Kirchen sich selbst langsam, aber sicher, die Nabelschnur ab, die sie allein hät­te mit göttlicher Nahrung versorgen können. Das lebendige Wort wurde zum Krüppel. Der heutigen Zeit könnte nur eine gewal­tige Operation helfen, in der diese Nabelschnur wieder von neu­em angeschlossen wird, wenn sich die Kirchen die Mühe mach-

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ten, alle prophetischen Aussagen der Vergangenheit zu unter­suchen und das in die neubelebte Verkündigung mit einzube­ziehen, was die Jetztzeit an Tatsachen bereits aufgezeigt hat. Geistiger und technischer Fortschritt haben den Verstand unserer Zeitgenossen nach Glaubwürdigem hungrig gemacht. Uber seine Erkenntnis aus Forschung und Wissenschaft, Logik und Verstand muß der Mensch von heute wieder zum Glauben gebracht wer­den. Da hilft Ignoranz des Unbequemen ganz und gar nicht.In dem an Jakob Lorber geoflenbarten Großen Evangelium Jo­hannes sagt Jesus: „Am Ende wird aller Aberglaube mit den Waffen der Wissenschaften und der Künste von der Erde hin­weggeräumt werden, wobei aber dennoch kein Mensch in seinem freien Willen im geringsten beirrt wird. Dadurch wird mit der Zeit wohl eine völlige Glaubensleere unter den Menschen sein, aber dieser Zustand wird nur eine höchst kurze Zeit dauern. In jener Zeit erst will Ich den alten Baum der Erkenntnis segnen, und es wird durch ihn der Baum des Lebens im Menschen wieder zu seiner alten Kraft gelangen, und so wird es dann nur mehr einen Hirten und eine Herde geben" (IX 89,9—11).Die Wissenschaft hat einen großen Teil ihres Beitrages bereits geleistet. Warum machen sich die Kirchen diese Erkenntnisse nicht zunutze? Warum gehört es zum Beispiel nicht zur Pflicht eines jeden Theologen, Kellers „U nd die Bibel hat doch recht“ zu lesen? Warum wird der Kirchengemeinde nicht erklärt, wie Gott Sodom und Gomorrha auslöschte, wie er die Israeliten durch das Rote Meer führte, und wie es angehen konnte, daß die nach­folgende ägyptische Streitmacht in den Fluten unterging? War­um sagt man ihr nicht, daß Manna auch heute noch „vom Him­mel fällt", und wo man es finden kann? Warum erzählt man nicht, was die Archäologen bei Jericho entdeckt haben, daß es ein Erdbeben war, das von den Trompeten der Israeliten ausgelöst wurde? Warum nimmt man nicht alle diese Erkenntnisse in das Kanzelwort mit auf, die doch imstande wären, das Wort Gottes den aufgeklärten Menschen wieder lebendig und glaubhaft zu machen! Warum beläßt man den aero-dynamisch orientierten Zeitgenossen noch immer in der Vorstellung, daß die Engel Got­tes, mit Flügeln ausgestattet, den Weltenraum durchschweben? Symbolisiert doch die darstellende Kunst durch die Flügel ledig­lich die unbegrenzte Beweglichkeit des Geistes! Es ist notwendig, das Evangelium zeitgerecht zu verkündigen, und dazu ist es un­

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erläßlich, alles zu prüfen und in die Predigt mit einzubeziehen (1. Thess. 5,19—21), was außerhalb der Bibel an Wahrem ver­kündet worden ist.Vergleicht man nun den Stand der heutigen Wissenschaft mit den Aussagen der Prophetie, so macht man die aufregende Ent­deckung, daß viele dieser Niederschriften, die schon vor hundert oder mehreren hundert Jahren gemacht worden sind, ein genaues Bild unseres Zeitalters widerspiegeln. Muß man da nicht auf den Gedanken kommen, daß nicht alle Seher und Mystiker Scharla­tane gewesen sein können, ja daß es töricht wäre, die Werke Böh­mes, Swedenborgs und Lorbers nicht einer genauen Prüfung zu unterziehen? Auf breiter Grundlage muß sich die Instanz Kirche informieren, wenn sich nach und nach, wie bei einem Mosaik­bild, die Gesamtheit des Schöpfungsplanes herauskristallisieren, wenn die Kirche imstande sein soll, ein lebendiges Gotteswort zu vermitteln und somit wieder glaubhaft zu werden.

2. D ie See l e

Ein christliches Buch sollte nicht nur für die Theologensdiaft ge­schrieben sein, denn wie sollte „der Mann auf der Straße", dem es doch eigentlich zugedacht sein müßte, denn gerade er braucht ja ein Licht in der Dunkelheit, diese Sprache verstehen, in der sich Fremdwort an Fremdwort, Fachausdrücke und das Vokabular eines Nur-Akademikers aneinanderreihen, in dem es kaum einen einfachen und verständlichen Satz zu lesen gibt. Und man muß eine einfache Sprache sprechen, will man sich nicht dem Vorwurf aussetzen, sein Buch nur für eine privilegierte Schicht geschrieben zu haben.Beginnen wir mit dem ersten Steinchen des Mosaikbildes, mit dem, was von vielen Menschen als unglaubwürdig, als nicht vor­handen, als unvorstellbar bezeichnet wird: mit der menschlichen Seele. Vieles ist darüber gesagt und geschrieben worden, doch nur wenige sind imstande, sich unter einer Seele etwas Konkretes vorzustellen. Es gibt Zweige der Wissenschaft, die die Existenz der menschlichen Seele überhaupt leugnen. Kurt Eggenstein schreibt in seinem kürzlich erschienenen Buch „Der Piophet Ja­

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kob L o ib ex ...“ : „Dem berühmten Pathologen Geheimrat Ru­dolf Virchow (gest. 1902), Begründer der Zellularpathologie, wird das Wort zugeschrieben: ,Ich habe sehr viele Leichen seziert, aber eine Seele habe ich nicht gefunden.' Er wollte damit sagen, daß es keine gibt."Nicht nur die Wissenschaft geht von der Vorstellung aus, daß al­les, was von unseren fünf Sinnen nicht erfaßt werden kann, für unbeweisbar und damit als nicht vorhanden gehalten werden muß. Nun macht aber in jüngster Zeit eine Forschergruppe der Sowjetunion von sich reden, die etwas Unerhörtes entdeckt hat, die imstande ist, mit Hilfe einer besonderen Aufnahmetechnik Unsichtbares sichtbar zu machen. Gemeint ist die Kirlian-Fotogra- fie. Gehe ich fehl in der Annahme, daß hier eine gewaltige Macht an den Grundpfeilern des dialektischen Materialismus zu rütteln beginnt; ist es nicht seltsam, daß es ausgerechnet einer russi­schen Forschergruppe Vorbehalten sein soll, den exakten Beweis anzutreten, daß es ein Weiterleben nach dem Tod gibt? Denn was anderes wäre es, was das Ehepaar Kirlian dem menschlichen Auge wahrnehmbar gemacht hat, als das, was als unvergänglicher Teil des Menschen nach seinem materiellen Tode weiterexistie­ren wird, als sein Unsterbliches, als seine Seele? (Ostrander/ Schroeder: „Psi".)Sinn dieses Buches ist es nicht, wissenschaftliche Abhandlungen über bestimmte Ergebnisse unserer Forschung zu schreiben, dazu bin ich gar nicht in der Lage, denn ich bin weder wissenschaftlich noch akademisch vorgebildet. Sinn dieses Buches soll es sein, Denkanstöße zu setzen, um jedem die Möglichkeit zu geben, sich selbst zu informieren. Uber die Kirlian-Fotografie ist viel ge­schrieben worden und wird noch viel geschrieben werden, denn sie steht, wie mir scheint, erst am Anfang ihrer Entwicklung. Die logische Schlußfolgerung aus dieser Forschung müßte sein, daß man eines sicher nicht fernen Tages in der Lage sein wird, den Sterbevorgang, bei dem sich der Astralkörper, der energetische Körper, d. h. der feinstoffliche Körper, von der irdischen Hülle löst und sich zu einer Art Dunstwolke über dem toten Körper verdichtet, fotografisch sichtbar machen kann. Mir ist bekannt geworden, daß das inzwischen in Amerika erfolgt ist. Vielleicht werden wir aber auf eine klare Aussage aus der Sowjetunion noch lange warten müssen, widerspräche doch das Ergebnis die­ser Forschung jedem materialistischen Atheismus. Dieser Vor­

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gang des Sterbens ist von Ärzten, Pastoren und medial veranlag­ten Laien in unzähligen Fällen glaubhaft beschrieben worden. Alle Aussagen lauteten völlig übereinstimmend, daß erst, nach­dem die bereits erwähnte „Dunstwolke" sich zu einem genauen Abbild des verlassenen Körpers geformt hat und die verbindende „Nabelschnur" gerissen ist, der klinische Tod eingetreten ist. Das alte Sprichwort: „Das Leben hängt an einem seidenen Faden" bezieht sich mit Sicherheit auf diesen Vorgang. Dazu sagt die Bi­bel in Prediger Salomo, Kapitel 12,6.7; „Ehe denn der Silberne Strick wegkomme und die Goldene Quelle verlaufe . . . Denn der Staub muß wieder zu der Erde kommen, wie er gewesen ist, und der Geist wieder zu Gott, der ihn gegeben hat."Forschen wir also weiter, was zu dem Thema Seele zu sagen wä­re. Ich habe midi oft gefragt, warum die meisten Menschen ihre fünf Sinne als das Maß aller Dinge ansehen, gibt es doch unzäh­lige Beispiele aus dem Tierreich, die eindeutig zeigen, daß das menschliche Wahrnehmungsvermögen weit hinter dem vieler Tiere zurückbleibt. Das Wahrnehmungsvermögen des „Über­sinnlichen", die Medialität bei Tieren, ist sogar notwendiger Be­standteil ihrer Existenz. Aber wenn ich es recht bedenke, ist es gerade die Vorstellung des geistigen Lebens, die auch mir am An­fang nahezu unmöglich schien. Solange wir in diesem materiel­len Körper stecken, können wir nur das Materielle begreifen; der Versuch, mit der geistigen Vorstellung auf die Reise zu gehen und sich ein Weiterleben nach dem Tod zu erdenken, muß, be­sonders für den weniger Phantasiebegabten, ein fast unüberwind­liches Hindernis sein. Immer wieder wird mir die sehr verständ­liche Frage gestellt: Aber wie soll das Leben ohne festen Körper aussehen, wird man sich irgendwo im Weltenraum schwebend wiederfinden, in dem es kein Oben und Unten gibt, in dem es kalt und unfreundlich ist, in dem es nichts gibt außer dem Nichts? Ich muß zugeben, daß die Zusage Christi den Jüngern gegenüber schwer zu glauben ist: „In meines Vaters Hause sind viele Wohnungen. Ich gehe hin, euch die Stätte zu bereiten" (Joh. 14,2—3). Wo und wie hat man sich diese Wohnungen vorzu­stellen, da doch für den unsterblichen Teil des Menschen keine Materie existiert?

Geist ist dem materiell eingestellten Menschen sehr schwer be­greiflich zu machen. Wenn ich hier den Satz in den Raum stelle:

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Materie ist nichts anderes als gefesteter Geist, ein gefesteter, ver­dichteter Gedanke Gottes (GrEv VI 107,11), so muß das jeden Le­ser schockieren, der mit solchen Gedankengängen noch zu unver­traut ist. Daher will ich ein einfaches Beispiel wählen, um den Begriff der Vergeistigung klarzumachen. Versuchen wir es mit der Physik. Was ein Aggregatzustand ist, hat jeder von uns in der Schule gelernt. Er bezeichnet eine Zustandsform der Materie. Wir kennen ihn fest, flüssig und gasförmig. Wählen wir das Beispiel des Wassers, wie es vor unseren Augen durch die ständige Ver­dunstung an Seen und Flüssen unsichtbar wird, sich scheinbar in Nichts auflöst und als trotzdem vorhandener Bestandteil nach oben steigt. Es wird erst wieder für uns wahrnehmbar, wenn es in kälteren Luftschichten abgekühlt, zusammengepreßt und zu Wolken verdichtet zur sichtbaren Materie wird, die als Regen zur Erde fällt. Wir haben in der Phase der Unsichtbarkeit, des Gas­förmigen, zwar keinen rein geistigen Zustand vor uns, er kommt dem aber sehr nahe.Die Erkenntnisfähigkeit ist bei jedem einzelnen Menschen ver­schieden entwickelt, je nach dem Grad seiner Bewußtseinsreife, aber bemühen sollten wir uns alle darum, die Existenz eines feinstofflichen Körpers für möglich zu halten, denn eines Tages wird sich jeder von uns in dieser Daseinsform wiederfinden. Der materielle Körper ist nichts als ein Werkzeug, eine notwendige Umhüllung der Seele, des substantiellen Körpers, die es der Seele möglich macht, auf diesem materiellen Erdkörper zu verweilen. Daraus resultiert schon, daß die feinstoffliche Seele nicht für stän­dig als Bewohner dieses Planeten vorgesehen ist, sondern daß sie hier lediglich ein Prüfungsleben durchzumachen hat, um eines Tages, als freier Geist, in Gottes Schöpfung mitschöpferisch tätig zu sein.Sinn dieses Buches soll es, wie schon erwähnt, nicht sein, einen Gesamtüberblick dessen zu vermitteln, was jemals Autoren über die Seele geschrieben haben. Es soll lediglich klarmachen, daß es dem kritischen Menschen von heute nur möglich ist, sich das Jen­seits, das also, was jenseits des Wahrnehmungsvermögens liegt, vorzustellen, wenn man Bücher zur Vorbereitung liest wie etwa „Wo sind unsere Toten“ von Erhard Bäzner oder das dreibändige Werk von Prof. Emil Mathiessen „Das persönliche Überleben des Todes".Hier muß ich gleich die zweite, massive Kritik an die Adresse der

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Kirchen richten, denn wie anders könnten sie den göttlichen Auf­trag am Menschen erfüllen, wenn sie nicht eine vernünftige Jen­seitsforschung betreiben und das Resultat als warme Tröstung der verängstigten und verlorenen Menschheit zugute kommen lassen. Diese entscheidende Frage wird von der Kanzel und im Religionsunterricht so wenig und unglaubwürdig behandelt, daß die Kirchen als vorbereitende Instanz für das Weiterleben nach dem Tod kaum in Frage kommen, fällt es doch selbst vielen Pa­storen von heute schwer, an eine Weiterexistenz nach dem Tod zu glauben. Das ist um so verwunderlicher, als gerade dieser Faktor uneingeschränkter Bestandteil aller Weltreligionen ist. Warum ist gerade die Forschung auf diesem wichtigen Gebiet so schuldhaft vernachlässigt worden? Der große schwedische Seher und Wissenschaftler Swedenborg erkennt das Hauptübel der theologischen Frömmigkeit in der Trennung des Glaubens von der Bibel. Der Verfall der Kirche tritt immer dann ein, wenn die Selbstsucht oder der Selbstzweck die Liebe überwunden hat. Sei­ner Meinung nach ist das Dogma der Verrat an der ursprüngli­chen Verkündigung Christi, der damit kirchlich legalisiert wurde. Eine größte Irreführung sieht Swedenborg in der Lehre vom See­lenschlaf, wonach die Seele nach dem irdischen Tod in einen Wartezustand, in eine Art Schlaf versetzt wird, aus dem sie erst die Posaunen des Jüngsten Gerichtes zur „Aburteilung" erwek- ken.Wieviel anschaulicher zu begreifen ist da die Lehre Swedenborgs, der den Seelenleib des Menschen als Speicherorgan für das „in­nere Gedächtnis" ansieht. Die Psychologie nennt es das Unterbe­wußtsein. Dieses innere Gedächtnis speichert mit unbestechlicher Präzision alle Eindrücke, Gedanken, Gefühle eines ganzen Erden­lebens. Ihm geht nichts verloren, so sehr der Mensch sich auch bemüht, böse und unangenehme Gedanken oder Taten aus dem äußeren Gedächtnis, aus dem Bewußtsein zu streichen oder zu verdrängen. Könnte jedem Menschen klargemacht werden, daß die Ernte seines Erdenlebens nach eben diesem unbestechlichen Gedächtnis beurteilt wird, ja, daß er selbst nach der ihm gegebe­nen Erkenntnis von Gut und Böse sein eigener Richter sein wird, würde manch einer begreifen, daß er jede böse Tat stets nur sich selbst zufügt. Nach dem Loslösen des Seelenleibes vom irdischen Körper, das man, wie ich eingangs schon bemerkte, mit hochemp­findlichen Apparaten sichtbar machen kann, wird der innere

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Mensch frei und zeigt sich in der Form seines Seelenzustandes, das heißt, sein Inneres formt seinen Seelenleib von strahlend­schöner bis zu abstoßend-häßlicher Gestalt, und sein Wesen treibt ihn zu den Stätten seiner Liebe; er wird von Gleichgesinn­tem angezogen. Der Mensch selbst lebt weiter, weil der Mensch nicht Mensch durch den irdischen Körper ist, sondern durch sei­ne Seele, die es ja ist, die im Menschen denkt und seine Neigung ausmacht. Der Übergang von der einen Lebensform in die andere, das heißt, die Trennung des Seelenleibes vom Erdenkleid ist gleichzeitig der „Jüngste Tag", denn es ist der jüngste, der erste Tag in der jenseitigen Wirklichkeit. „Religion" bedeutet Rück­führung, Rückführung zu Gott.Nicht ein fremder Richter richtet also den Menschen, sondern er selbst trägt ihn in seinem Inneren. Der nach außen erkennbar gewordene Seelenzustand ist auch anderen Geistwesen sichtbar, und er bestimmt seinen Auf- oder Abstieg. Der Mensch ist also identisch mit seiner Liebe; was ei liebt, das ist eil Mit unheimlicher Präzision gelingt Professor Küng in seinem Buch „Christ sein“ die Analyse unserer Weltmisere. Wie von selbst drängt sich mir an dieser Stelle der Gedanke an Goethes „Zauberlehrling“ auf. Meisterlich hat hier ein großer Denker in prophetischer Schau das Schicksal dieser Welt geschildert, den Fortschritt unserer Tage, der der menschlichen Kontrolle entglit­ten ist und nun zur Bedrohung wird. „ . . . die ich rief, die Gei­ster, werd' ich nun nicht los!" Wer wird das . . in die Ecke, Besen, Besen, seid's gewesen!" befehlen? Wird zur rechten Zeit das rettende Wort gesprochen werden? Je mehr ich mich in das Buch „Christ sein“ hineinarbeite, kommt mir noch ein anderes Bild in den Sinn. Erhebt sich nicht dahinter der Koloß des Schrek- kens, den der Spanier Goya einst malte, und dessen Vision von dem menschenfressenden Ungeheuer heute so furchtbare Wirk­lichkeit geworden ist? Noch sehe ich sie aber aus diesem Buch nicht hervortreten, die helle Lichtgestalt, die allein die Macht hat, diesen Alptraum von einem Riesen zu verjagen. Oder wird am Horizont dieses apokalyptischen Gemäldes nur ein heller Streifen erscheinen, kaum wahrnehmbar dem suchenden Auge? Trost kann man nicht mit Hilfe der Dialektik spenden. Ich wage daher den Versuch, auf die heute von vielen gestellten brennend­sten Fragen zu antworten. Eine der drängendsten dieser Fragen, die mir immer wieder gestellt wird, ist die nach der Güte Gottes.

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W er wäre, angesichts des Grauens unserer Tage, nicht schon irre geworden an diesem Gott, der unsere Erde scheinbar sich selbst überläßt und nichts unternimmt, um diesem Wahnsinn ein Ende zu bereiten? Ich muß zugeben, daß ich selbst sehr lange gebraucht habe, um eine gültige Antwort zu finden. Der Leser wird merken, daß der Weg hinauf immer schmaler und schwerer zu begehen sein wird; aber für den, der nicht den M ut verliert, wird es hel­ler werden, je höher er steigt.

3. L u z i f e r

Gott und Luzifer, oder Satan, sind heutzutage Begriffe, die wohl hin und wieder im täglichen Sprachgebrauch auftauchen, die aber längst dem menschlichen Begriffsvermögen entrückt sind. Wenn es hochkommt, werden diese beiden Gegensätzlichkeiten ledig­lich als Symbol für „das Gute" und „das Böse" in dieser Welt verstanden. Vorstellbare Wesenheiten bedeuten sie nur noch für wenige Menschen. Auch wenn eine Meinungsumfrage kürzlich ergeben hat, daß ein hoher Prozentsatz der deutschen Bevölke­rung an einen Satan (Teufel) als Person glaubt, so gibt es doch nicht viele, die imstande wären, dieses Wesen als Macht, als In­telligenz, in seiner wahren Bedeutung zu begreifen. Ich muß hier weit ausholen und sehr ausführlich werden, weil erst aus dem Er­fassen dieser beiden Gegenpole, Gott und Satan, der ganze Plan Gottes überhaupt verständlich wird, aus dessen Darstellung al­lein sich unsere heutige Situation begreifen läßt und letztlich auch die Frage nach der Güte Gottes beantwortet.

Machen Sie mit mir eine Reise des Geistes in die Vergangenheit, in eine Vergangenheit, die nicht Jahrhunderte, oder Jahrtausende, nicht Millionen oder Dezillionen von Jahren zurückliegt, son­dern versetzen wir unseren Geist an den Anfang, an den Uran­fang allen Seins. Denken wir uns in die Zeit, in der es noch kei­ne materielle Schöpfung gab, in der Gott allein den unendlichen Raum erfüllte, und Sie werden sehen, daß wir in Gedanken­schnelle imstande sind, Raum und Zeit zu durcheilen, ja, in ei­nem Augenblick an Ort und Stelle sind. Ich gebe zu, daß es

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schwer ist, sich diesen „O rt", der für unser Denkvermögen ein „Nichts" ist, vorzustellen. Würden wir mit unseren irdischen Augen und Ohren Zeuge dieses gewaltigen Geschehens gewesen sein, wir hätten wohl kaum etwas wahrnehmen können, aber unser von Gott gegebener Geist ermöglicht es uns, ohne weiteres dabeizusein, wie der Schöpfer das erste „W erde" sprach. Er schuf sich in dem Geist Luzifer ein nahezu vollkommenes Wesen, das er als Träger des Lichts ausersah (Luzifer heißt: Lichtträger). Er stattete dieses Geistwesen mit allen Eigenschaften aus, die er selbst besaß, er machte es seinem Bilde gleich und verlieh ihm die gleichen schöpferischen Eigenschaften, die ihm selbst zu eigen sind. Luzifer war ausersehen, Gefährte und Mitschöpfer Gottes zu sein, und Äonen von Zeiten schufen beide unzählbare Scha­ren neuer Wesen. Da keimte der Hochmut in dem erstgeschaffe­nen Geist Luzifer, und er wollte Gott sich untertan machen.Ein furchtbarer Kampf muß damals im unendlichen Raum ent­standen sein, den wir Menschen wohl erst zu begreifen imstande sein werden, wenn wir selbst in die Daseinsform des reinen Gei­stes übergegangen sind. Deshalb wollen wir uns nicht abmühen, mit Hilfe unserer unvollkommenen Sinne dieses Geschehen in seinem ganzen gewaltigen Ausmaß erfassen zu wollen. Glauben wir den wenigen Hinweisen, welche die Bibel diesem Geschehen widmet, und nehmen wir als Tatsache an, daß der Erzengel Mi­chael die Legionen himmlischer Geister anführte im Kampf ge­gen die Scharen der mit Luzifer abgefallenen Wesen. In dem durch Jakob Lorber geoffenbarten Großen Evangelium Johannes erfahren wir allerdings wesentlich mehr darüber, und mir ist es einfach unverständlich, daß die Kirche sich dieser umfassenden Prophetie bisher nicht bediente, um dem wachsenden Hunger der immer aufgeklärter werdenden Menschen so viel himmlische Nahrung geben zu können, wie sie bedürfen. Niemand, der sich ernsthaft um die Wahrheitsfindung bemüht, wird sich des be­glückenden Gefühls entziehen können, daß aus den Werken Lor- bers Gott selbst zu uns spricht und uns die tiefsten Geheimnisse seiner Schöpfung enthüllt. Kein ernstzunehmender Mensch wird behaupten wollen, daß Lorber dieses Riesenwerk aus sich selbst geschaffen hat. Um so etwas schreiben zu können, müßte man das größte Genie, man müßte ganz einfach — Gott selbst sein. Ich möchte alle Leser anregen, die ernsthaft auf der Suche sind, sich dieser einzigartigen Bücher zu bedienen. Sie werden bald,

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so wie ich, der einzigen Sucht verfallen, die der Herr nicht nur erlaubt, sondern sogar empfiehlt, der Sucht nach dem Wort Got­tes!Aber kehren wir zurück zu dem Machtkampf der Urgewalten. Aus der Bibel geht hervor, daß der Erzengel Michael den Kampf gewann. Er stürzte Luzifer mit seinem Heer in die Tiefe. U m al­les Weitere zu verstehen, müssen wir wenigstens versuchen, den Begriff Gott unserem Verständnis etwas näher zu bringen. In einem der Lorberbücher vergleicht Gott selbst seine Allmacht, über seine sonstige Wesenheit hinaus, mit einer riesenhaften, nie erschöpfbaren Batterie, die Licht und nährende Lebensströme in alle Teile der gesamten Schöpfung hinaussendet, sie ununterbro­chen Tag für Tag, in jeder Minute, in jeder Sekunde, mit lebens­erhaltender Energie versorgt, alles durchdringt, alles in Fluß, in Bewegung und am Leben erhält. Von ihm gehen Kräfte aus, die ähnlich wie Wasser ein Gefäß bis in die kleinsten Winkel er­füllt, jeden lebenden und toten Gegenstand der Schöpfung durch­dringen, die ihm Mitteilung machen über die kleinste Unord­nung im Ablauf der Dinge, die in jedes Menschen Herz dringen, und, allwissend, dem Herrn der Welt Signale zutragen. „Darüber hinaus", sagt der Herr in der Neuoffenbarung, „bin Ich selbst in Meinem Urmachtzentrum wesenhaft gestaltet als der vollkom­menste Mensch". („Gott schuf den Menschen ihm zum Bilde." 1. Mose 1,27.)Die göttliche Liebe erbarmte sich der gefallenen Geisterwelt; und Gott schuf einen Weg, um sie zu retten. Da nach dem göttlichen Lebensprinzip den Gottabtrünnigen die wärmenden und nähren­den Lebensströme versiegen, erstarrten sie gleichsam und ver­dichteten sich in der nun einsetzenden Kälte zu hilflosen Mas­sen. So entstanden im Schöpfungsraum durch die Verdichtung geistig-ätherischer Urwesenheiten die Urnebel der Materie. Sie wurden gewissermaßen in einen anderen Aggregatzustand ver­setzt. Auf diese Weise fesselte Gott die luziferische Seele und die aller anderen mitgefallenen Geister, indem er sie zu langsam fester werdenden Massen erstarren ließ und diese in bestimmte Formen zwang. So entstand im Laufe von Äonen die materielle Schöpfung.

Eine Überlegung, die daraus resultiert, sei gleich noch angefügt, damit einige spätere Ausführungen verständlicher werden. Aus

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dem Vorhergesagten ergibt sich, daß alle die Bestandteile, aus denen Gott die Weltkörper schuf, in allerfeinsten und unvorstell­bar winzigen Teilchen, die sich jedem menschlichen Analysever­such entziehen würden, im freien Ätherraum vorhanden sein müssen, und daß es Gott jederzeit möglich ist, was immer für Wesen oder Gegenstände aus den Bestandteilen des Äthers kraft seines machtvollen Willens zu formen. Diesem Umstand müssen wir besondere Bedeutung beimessen, macht es doch alles Weitere leichter faßlich. Kaum begreifbar muß dieser Vorgang dem heuti­gen Menschen sein, noch unbegreifbarer wird ihm sein, was Je­sus in der Neuoffenbarung durch Jakob Lorber über Begrenzung und Form der gesamten materiellen Schöpfung sagt. Es gehört zu den bekannten Begriffen der Wissenschaft, daß Mikrokosmos gleich Makrokosmos ist, das heißt: Wie die Welt (oder der Mensch) im Kleinen, so ist die Welt im Großen gebaut. Verge­genwärtigen wir uns in dem Zusammenhang, daß der Kosmos und viele Daseinsformen sich auf nur wenigen Grundprinzipien aufbauen; zum Beispiel kehrt die Eiform als lebenserhaltende Form nicht nur hier auf der Erde, sondern auch in der Ellipsen­form der Umlaufbahnen von Planeten um ihre Sonnen immer wieder. Vielleicht fällt es so nicht allzu schwer zu akzeptieren, daß Gott auch der materiellen Schöpfung eine äußere Form gege­ben hat, die er immer und immer wieder verwendet. Er gab der materiellen Schöpfung, die in ihrer Gesamtheit den verlorenen Sohn darstellt, die Form eines unvorstellbar großen Menschen, in den Werken Böhmes, Swedenborgs und Lorbers übereinstim­mend der „Große Welten- oder Schöpfungsmensch" genannt. Diese Ungeheuerlichkeit der Aussage bedarf näherer Erläuterung. Nach Lorber ist das Weltall nach dem Prinzip eines menschlichen Körpers gebaut. — Mikrokosmos gleich Makrokosmos. — Während die Naturwissenschaft erst 1910 erkannte, daß die Atome nicht unteilbar sind und aus einem Atomkern, der von einer Wolke von Elektronen umgeben ist, bestehen, offenbarte Jesus durch den Propheten schon 1847, daß die Atome in sich jeweils ein gan­zes Mikro-Weltall mit Mikro-Galaxien, Mikro-Sonnen und M i­kro-Planeten enthalten.So wie im Makrokosmos Millionen von Galaxishaufen eine Ur- zentralsonne umkreisen, und, umgeben von einer endlos großen Hülse, eine sogenannte Hülsenglobe oder ein Makro-Atom bil­den, ebenso umkreisen im Mikrokosmos Millionen Mikro-Gala­

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xishaufen eine Mikro-Urzentralsonne und bilden mit einer Mi- kro-Umhülsung eine Mikro-Hülsenglobe oder ein Atom.Hier haben wir die vollendete Entsprechung des Mikrokosmos mit dem Makrokosmos. So wie nun viele Atome zu Molekülen und viele Moleküle zu Zellen und schließlich zu einem irdischen Menschenleib zusammengesetzt sind, ebenso werden viele Hül- sengloben oder Makro-Atome zu Makro-Molekülen, so wie viele Makro-Moleküle zu Makro-Zellen und schließlich zu dem end­los großen Leib des „Großen materiellen Schöpfungsmenschen", der in seiner Gesamtheit der gefallenen Seele Luzifers oder eben dem „verlorenen Sohn" entspricht, zusammengefügt.So läßt Gott uns einen hellen Blick in seine Schöpfungsgeheim­nisse tun, die uns jetzt, im Zeitalter der Forschung und Technik, nicht mehr so unglaubhaft anmuten wie noch den Menschen vor 130 Jahren, als Lorber diese Offenbarungen durch das Innere Wort empfing.Auch die Wissenschaft wird bald erkennen müssen, daß es nur da Gesetze gibt, wo ein Gesetzgeber ist; und wie gewaltig dessen Macht ist, wird uns immer bewußter, je mehr wir Gott und sei­nen Plan kennenlernen.

Aber wir waren bei Luzifer, den wir jetzt Satan nennen wollen. Das Zentrum seiner Seele bannte Gott in den Kern unserer Erde. Noch heute ist diese Tatsache in der Vorstellung der Menschen lebendig, daß im Inneren unserer Erde die Hölle, der Sitz Satans ist. „Niedergefahren (oder abgestiegen) zur Hölle", heißt es nicht umsonst im kirchlichen Glaubensbekenntnis, und nicht ohne Grund vermitteln Sagen und Märchen einen höchst schaurigen Eindruck von dem Inneren unserer Erde, nur hat sich der mo­derne Mensch mit Recht von den mittelalterlichen Vorstellungen der schwarzen Gestalt mit Hufen, Schwanz und Bockshörnern gelöst. Luzifer oder Satan ist ein Geist, eine Wesenheit, die je­doch in ihrem Charakter ganz dem Bild der Sagen und Märchen entspricht, ist er doch auch niemand Geringerer als der Gegen­spieler oder Gegenpol Gottes.Wir Menschen dieser Erde befinden uns also noch immer im un­mittelbaren Machtbereich Satans, im Unterschied zu den Bewoh­nern anderer Planeten. Auch darüber gibt es eine ganz klare Aus­sage in der Neuoffenbarung, die auch die vielen ungestümen Theorien und Fragen des Herrn von Däniken beantworten wür­

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de. Wichtig ist zunächst zu wissen, daß nur hier, auf unserer klei­nen Erde, Satan sein Machtpotential entfalten darf. Nur hier ist das Zusammentreffen von Gut und Böse so gravierend, nur hier gibt es Neid und Mißgunst, Haß und Unfrieden, nur hier gibt es Kampf und Streit, Not und Elend, denn hier ist die Schule der künftigen Gotteskinder, die sich im Kampf mit dem Bösen zu bewähren haben. Wenn wir das verstanden haben, rücken wir der Beantwortung der Frage nach der Güte Gottes schon um ein bedeutendes Stück näher. Das würde nämlich heißen, daß Gott nicht unbeteiligt dem Treiben auf dieser Erde zusieht, sondern einen bestimmten Zweck damit verfolgt. Wir sollten uns viel­leicht mehr an die Dichtungen unserer großen Denker erinnern. Was sagt doch Goethe im „Faust" über die Macht Satans? Sie ist eine „Macht, die stets das Böse will und doch das Gute schafft"!Die Menschen früherer Zeiten haben noch mehr von den Ab­sichten Gottes gewußt; und Sinn dieses Buches soll es sein, die­ses Bewußtsein wieder wecken zu helfen.Unsere Erde ist gleichsam der Brennpunkt der gesamten Schöp­fung; und nun, hoffe ich, wird langsam verständlich, warum Gott das Erlösungswerk Christi gerade auf unsere Erde verlegt hat.Es ist gar keine Anmaßung, sich vorzustellen, daß Gott hier auf unserer Erde Mensch geworden ist. Denn hier, hier allein, war die Erlösung notwendig, hier auf dem unheimlichsten, grauen­vollsten, schrecklichsten, niedrigsten aller Planeten, hier in der Präsenz seines Gegenspielers und einstigen Auserwählten, Luzi­fer. Um ihn und die einst Mitgefallenen geht es dabei. Um die grenzenlose Güte Gottes, der auch nicht eines seiner Kinder ver­loren geben will, sondern alle in einem gewaltigen, unendlich mühsamen Rückführungsprozeß wieder zu sich heimholen will, den verlorenen Sohn zum Vater.Beginnen wir zu begreifen, wer wir Menschen dieser Erde sind! Beginnen wir zu fassen, daß wir Mitspieler in diesem gewaltigen Erlösungswerk sind, daß wir heimgeholt werden sollen, daß wir befreit werden aus den Banden Satans, der uns in seinem Macht­bereich festhalten will.Seelensubstanz steigt aus allen Lebensbereichen der Satanseele, aus dem Erd-, Pflanzen- und Tierreich durch „Leben und Verge­hen" allmählich wieder zu Gott empor, das heißt., die erstarrten Weltstoffmassen werden durch das göttliche Walten allmählich

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wieder gelockert und vergeistigt. Wobei eine Seele sich nach und nach durch das gesamte Mineral-, Tier- und Pflanzenreich aufsteigend, an Umfang immer mehr zunehmend, sich höher und höher entwickelnd, zuletzt in der vollkommensten Form, die die Schöpfung kennt, der Menschenform, manifestiert.Die auf solche Weise aus der luziferischen Materie aufgestiegene Menschenseele soll sich nun im irdischen Leben bewähren unter dem Einfluß des ihr von Gott eingehauchten Gottesfunkens. Die­ser Gottesfunke, den auch Nobelpreisträger Manfred Eigen als Reflexion des Göttlichen im Menschen erkannt hat, ohne aber die Schlußfolgerung zu ziehen, daß keine göttliche Reflexion oh­ne das Vorhandensein eines Gottes stattfinden kann, — dieser Gottesfunke ist es, der den Menschen fähig macht, zwischen Gut und Böse zu unterscheiden. Der Mensch hat ein Gewissenl Der Weg, den die Menschenseele in einem materiellen Leib hier auf Erden zurückzulegen hat, bedeutet, wie schon gesagt, eine harte Schulung, denn hier im einzigen Machtbereich, der dem Satan noch verblieben ist, muß der Mensch die Weichen stellen; hier muß er sich durch die Präsenz des Guten sowie des Bösen für den zukünftigen Weg, also zwischen Himmel und Hölle ent­scheiden. Wobei wir uns klarwerden müssen, daß Himmel und Hölle keine Örtlichkeit bezeichnen, sondern vielmehr einen See­lenzustand, der sich aus der Ernte unserer auf Erden begangenen Taten ergibt. Die Möglichkeit, die Weichen zu stellen, ist jedem Menschen gegeben, ganz gleich, in welche Umgebung er hinein­geboren worden ist; sie unterliegt allein dem freien Willen! Der freie Wille ist es auch, der den Menschen vom Tier unterscheidet, und selbst die Allmacht Gottes tastet diesen freien Willen nicht an, denn fmi soll der Mensch bleiben in seinem Entschluß, sich für Gott oder für Satan zu entscheiden. Das erklärt wiederum die übergroße Duldsamkeit und Langmut Gottes allem Bösen gegen­über.

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4. A d a m

An dieser Stelle ist es notwendig, viele unklare Vorstellungen, die sich um die Entstehung und das Leben des ersten Urmen­schenpaares, Adam und Eva, gebildet haben, auszuräumen. Wer weiß denn heute noch etwas mit dem Bericht über die Erschaf­fung Adams anzufangen? Daß damals die Tragik unserer Zeitge­schichte begann, und daß mit Adam die Sünde in die Welt kam, aus der alle sdilimmen und grauenvollen Ereignisse auf unserem Planeten stammen, macht sich kaum jemand mehr klar. Wer weiß denn schon, was an dieser alten Adamsgeschichte überhaupt dran ist? Und wenn man bedenkt, daß die Archäologen Men­schenschädel und Skeletteile gefunden haben, die über Millionen Jahre alt sind, dann paßt doch die ganze Sache mit der Vertrei­bung aus dem Paradies recht schlecht in unsere Zeitrechnung, wenn man die Erschaffung des ersten Menschenpaares auf etwa 4000 Jahre vor Christus schätzt. Daß eines das andere nicht aus­schließt, will ich versuchen glaubhaft zu machen.Zunächst müssen wir die Frage stellen, warum Gott es für not­wendig befand, Adam überhaupt zu erschaffen, gab es doch be­reits in früheren Erdepochen Menschen. Da im Plan Gottes nie etwas sinnlos oder unnötig geschieht, mußte Gott mit der Er­schaffung des ersten Edelmenschenpaares etwas Außergewöhnli­ches bezwecken. Adam sollte in dem großen Erlösungswerk eine besondere Aufgabe erfüllen. Gott schuf ihn aus dem „Lehm" die­ser Erde, also aus einem Bestandteil Satans. Er entnahm der Sa­tanseele einen materiellen Teil, hauchte ihm Leben und seinen Gottesfunken ein und ersah ihn dazu aus, stellvertretend für alle abtrünnigen, mitgefallenen Wesen durch ein Gott wohlgefälliges Leben im Machtbereich Satans die kommende Menschheit von dem luziferischen Einfluß zu lösen. Hätte Adam die Probe be­standen, wären alle gefallenen Seelen erlöst worden, das heißt, er hätte eine Brücke gebaut zwischen der gerichteten Materie und Gott. Es war also ein Rückführungsplan, der allen abtrünnigen Wesen die Wiedervereinigung mit Gott ermöglicht hätte.Adam war in seiner ursprünglichen Schönheit und Vollkommen­heit ein getreues Abbild des Schöpfers selbst, er war also, als aus der Satanmaterie entnommen und als völliges Abbild des Herrn, ein genaues Mittel zwischen diesen beiden Gegenpolen. Er konn-

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te göttlich oder satanisch werden, beides war in ihn gelegt. Die Entscheidung dazu unterlag allein seinem freien Willen.„Der erste Mensch auf der Erde, der hervorging aus den Händen und der Macht und der Kraft der ewigen Liebe, wurde benannt aus dem Munde der erbarmenden Gnade Adam, oder Sohn der Erbaimung und Gnade“ (Ha I 7,8).Daß es vor Adam schon Menschen auf dieser Erde gab, weiß und bestätigt auch die Neuoffenbarung. Diese sogenannten Vorada- miten, wie bei Lorber die Menschen vor Adam genannt werden, hatte es schon gegeben, als die Erde sich durch reichen Pflanzen­wuchs so gestaltet hatte, daß intelligenzbegabtere Wesen darauf existieren konnten. Was diese Voradamiten aber von Adam und Eva grundsätzlich unterschied, lag in ihrer Wesensstruktur be­gründet. Die Voradamiten besaßen nämlich noch nicht den Got­tesfunken, der Adam als „dem ersten Menschen" von Gott ein­gepflanzt worden war und der der geistige Ansatzpunkt für die Rückführung Adams und der aus ihm hervorgehenden Mensch­heit sein sollte.Nachdem jede Seele aus zahllosen substantiellen Intelligenzpar­tikeln besteht, kann sie geteilt werden, so wie Gott ja die Satan­seele in unzählige Teile zerlegte. Eine solche Seelenteilung ge­schah auch bei der Erschaffung des ersten Menschenpaares, als aus einer Seele zwei wurden; denn nur einem von beiden blies Gott nach der Heiligen Schrift seinen Odem in die Nüstern. Eva ging also samt Leib und Seele aus Adam hervor. Aber auch in diesen neuen, aus der Außenlebenssphäre des Erstgeschaffenen entnommenen Leib, wurde ein unsterblicher Geist gelegt.„Und so wurden aus einem Menschen und einer Seele zwei, und waren dennoch ein Fleisch und eine Seele."Die „Rippe" ist ein Entsprechungsbild der starken Außenlebens­sphäre Adams.„So wie die Berge der festere und somit auch hartnäckigere Teil der Erde sind und darum auch die hartnäckigeren Geister in sich fassen, so hatte sich auch im ersten wie in allen nachfolgenden Männern gewisserart der hartnäckigere Teil in die Knochen des Mannes gelagert. Das hartnäckigere Geistige, das mehr Sinnliche, Stolze und Hochmütige des Mannes aber ward durch Gottes Weisheit und Macht aus dem Manne geschieden und in einer ihm ähnlichen, weiblichen Form dargestellt, die als aus dem Manne stammend mit ihm in einer lebendigen Entsprechung

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steht. Das Weib ist deshalb auch der Ertragung größerer Leiden fähig" (GrEv I 166,4—5).Das ist schwer zu verstehen, wie man zugeben muß, und wenn man bedenkt, daß der höchste geistige Sinn, der hinter diesen Geschehnissen steckt, selbst durch die Offenbarungen Lorbers wohl zu erahnen, niemals aber zu fassen ist, solange wir in die­sem Körper wohnen, dann kann man sich eine winzige Vorstel­lung davon machen, was es für unseren Geist, wenn er frei von den Fesseln der Materie sein wird, alles zu erforschen gibt.Beim Anblick der anmutigen Gestalt des Weibes erwachte in Adam die irdische Liebe zu ihr (die Versuchung). Beide wurden von Gott belehrt, daß die Frucht aus einer körperlichen Vereini­gung nur gesegnet sein könnte und sie ihre Probe nur bestehen würden, wenn sie sich zur Erweckung dieser Frucht in Verbin­dung mit dem Segen Gottes einander hingeben würden. Die körperliche Verbindung sollte auch nur zu dem Zweck erfolgen, nicht aber als Lustbefriedigung. Der „Apfel vom Baum der Er­kenntnis" bedeutet sonach eine Versinnbildlichung der Befriedi­gung körperlicher Gier, hervorgerufen durch äußere (satanische) Reize. Die Erstgeburt Adams und Evas war also eine ungesegne­te, hatten sie doch das einzige, ihnen von Gott auferlegte Gebot übertreten.Die erbarmende Liebe des göttlichen Vaters hatte das erste Men­schenpaar zuvor ermahnt: „Befruchtet und mehret euch und er­füllet die Erde mit der lebendigen Frucht Meines Segens! Und allezeit, sooft ihr euch nahet dieses Segens wegen, opfert mir zu­vor eure Fierzen. Wenn ihr dieses unterlasset, so wird die Schlan­ge die Frucht in euch verderben, und du, Eva, und alle deines Ge­schlechtes werden statt einer Frucht des Segens eine Frucht des Verderbens zur Welt bringen" (Hai 10,13—14).Der Keim zur Sünde wurde also weitervererbt, und an dieser „Erbsünde" krankt noch heute die ganze Menschheit. Wie aber kann sich so etwas vererben? wird man fragen. Dazu sagt Jesus: „Was die organische Seelengestaltung einmal angenommen hat, kann ihr Tausende von Jahren bleiben, wenn solches nicht durch den Geist in ihr wieder in die volle Ordnung gebracht wird. Das Merkmal des ersten Menschen ist allen seinen Nachkommen gleich bei der Zeugung im Strome des Lebenssamens eingeprägt worden" (GrEv II 225,1-2).Cahin oder Kain wurde der erste Sohn Adams und der Eva auf

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Geheiß Gottes genannt, das heißt „Todbringer". Nach einer ge­segneten Zeugung wurde dem ersten Menschenpaar ein zweiter Sohn geboren, der „Sohn des Segens" oder Ahbel genannt wurde. Die Vertreibung aus dem Paradies ist mehr geistig zu verstehen, darunter ist wohl der Verlust der göttlichen Ordnung zu begrei­fen.„Die Erde und alles, was auf ihr war, war untertan dem Willen Adams" (Ha I 11,13); seiner Stimme gehorchten alle Elemente und alle Tiere. Die ewige Liebe aber ermahnte Adam zum wei­sen Gebrauch dieser Macht nach dem Willen Gottes, da ihm sonst dieses Gnadengeschenk genommen würde (V 19 ff.).Diese letzte Aussage ist viel mehr materiell als geistig zu sehen. Wir müssen uns freimachen von den Vorstellungen der heutigen irdischen Gegebenheiten, wenn wir an die Zeit und Struktur Adams denken. Die Menschen der Urzeit waren viel größer (12 Schuh hoch = ca. 3,50 m), schöner und begabter, als es uns vor­stellbar ist. Nicht nur Methusalem wurde über 900 Jahre alt, bei den Vätern der Urzeit war das ganz natürlich, denn auch Noah erreichte ein Alter von fast tausend Jahren, und sie blieben ge­sund, stark und schön bis an ihr Lebensende. Die ständige Ver­bindung, der direkte Verkehr mit der jenseitigen Welt war für die „Kinder der Höhe" eine Selbstverständlichkeit. Aus dem Lorber- werk (GrEv IX, Kap. 115) geht hervor, daß der Garten Eden im Ursprungsland der vier Ströme, die in der Nähe des Ararat ent­springen, zu suchen sein muß, also zwischen Kaukasus und El­brus-Gebirge. Die Höhen des Himalaja wurden später ständiger Wohnsitz der noch in der Furcht Gottes lebenden Menschen, wo­bei hinzugefügt werden muß, daß zu der Zeit die geologische Be­schaffenheit dieser Gebiete gänzlich verschieden zu der heutigen Situation gewesen ist. Im Gegensatz dazu bevölkerten die „Kin­der der Tiefe", die Anhänger weltlicher Freuden, die Riesenstadt Hanoch, die heute von den Fluten des Kaspischen Meeres über­spült wird. Ganz Rußland bis hinauf zum Baikal- und Aralsee gehörte zu dem Einzugsgebiet Hanochs. Dazu heißt es in dem Werk „ Haushaltung Gottes“ (III 115,1—4) :„Die Welt fing an, immer mehr überhandzunehmen, das Geisti­ge verlor sich, und wir erschauen bald ganz materiell gewordene Menschen, welche vom Geistigen nicht viel mehr wußten als die Menschen der jetzigen Zeit, und sich daher von Meinem Geist nicht mehr führen und strafen ließen."

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Vom sittlichen Niedergang des Königreichs Hanoch wurden schließlich auch die „Kinder der Höhe" erfaßt, die sich mit den „Kindern der Tiefe" vermischten. Eine unvorstellbare Prachtent­faltung muß es zu der Zeit gegeben haben. Techniker, Forscher, Künstler und Baumeister schufen eine Zivilisation, die der unsri- gen in nichts nachstand, ja ihr teilweise überlegen war. Vor al­lem entsprachen Größe der Gebäude und Ausmaß des Reiches dem Größenverhältnis der damaligen riesenhaften Menschen. Das zu wissen ist wichtig, erklärt es doch den Umfang der Ver­heerungen, die die Hanochiten auf der Suche nach Bodenschätzen und im Verlauf kriegerischer Auseinandersetzungen in den Ber­gen anrichteten.

5. D i e S ü n d f l u t

Wer Kellers Buch „Und. die Bibel hat doch recht“ gelesen hat, weiß, daß unsere Archäologen auf ihrer Reise in die biblische Historie nicht nur die Angaben des Alten Testaments auf das Haar genau bestätigt fanden, sondern daß auch Erdschichten freigelegt wur­den, die eindeutig auf Überreste einer riesigen Überschwem­mungskatastrophe hinweisen. Ich verglich diese Angaben mit dem Teil des durch Jakob Lorber geoffenbarten dreibändigen Werkes über die Urgeschichte der Menschheit „Die Haushaltung Gottes“ , der sehr ausführlich über die letzten Tage des Reiches Hanoch berichtet. Es paßt alles nahtlos ineinander; auch die Zei­ten stimmen überein.Der Leser möge mir erlauben, mich sehr kurz zu fassen, würde doch die genaue Schilderung dieser Erdkatastrophe den Rahmen dieses Buches sprengen. Nur die wichtigsten Fakten, die zum Verständnis notwendig sind, sollen hier angesprochen werden. Den Hanochiten, so berichtet das Offenbarungswerk, war der Umgang mit Sprengstoffen vertraut, bei Lorber „Sprengkörner" genannt, die sie zur Gewinnung von Bodenschätzen zur Be­friedigung ihrer namenlosen Gier nutzten. Der Prophet Mahal, ein Bruder Noahs, schildert die Zustände im Reiche Hanoch kurz vor der Sündflut:„So wie es nun steht auf der Erde, kann sie keine zehn Jahre

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mehr bestehen. Ein Mensch ist wider den anderen, ein Volk zieht wider das andere, jeder will herrschen und achtet keines Vorstan­des und Königs! Seit der höllischen Erfindung der Sprengkörner, der Erdbohrer und der Steinerweichungsbeize ist kein Berg mehr sicher vor der Zerstörungswut der Menschen. Saget, kann Gott solch einem Wüten, Treiben, Morden, Zerstören, Lügen, Heu­cheln, Betrügen und Rauben und einer allerartigen Hurerei noch länger zusehen?" (Ha III 331,5.6; 11.12.)Der Herr sagte zu Noah: „Noah, fürchte dich nicht, denn siehe, Ich, der Herr aller Kreatur und aller Dinge, bin bei dir, um dich zu schützen und zu schirmen vor jedem Ungemach, das Ich nun über die Welt kommen lasse darum, weil es die arg gewordenen Menschen so haben wollen.Siehe, wie traurig es nun aussieht auf dieser Erde! Der Menschen Kunst hat ohne ihr Wissen und Wollen die argen gefangenen Urgeister dieser Erde vor der Zeit frei gemacht. Darum ist nun der Raum von der Erde bis zum Mond mit solchen Geistern an­gefüllt. Würde nicht durch ein örtliches Glühen der Wolken, in denen die freigewordenen argen Geister wüten und toben, eine Helle auf den Erdboden kommen, so wäre hier eine solche Nacht, in der alles Leben ersticken müßte, denn der Sonne Licht vermag nicht mehr durch solche Massen von Wolken und Dünsten zu dringen.Aber die Menschen der Tiefe haben (trotz des drohenden Gerich­tes) keine Furcht. Sie beleuchten ihre Städte mit Fackeln und gro­ßen Öllampen und sind lustig dabei. Sie freien noch und lassen sich freien, und halten Gastmähler mit Spiel und Tanz, während Ich, ihr Schöpfer, um sie traure! O Noah, das ist ein harter Stand für einen Vater, der seine Kinder vor dem Abgrund sieht und ihnen nicht helfen kann und darf, außer durch eine neue, schroffste Gefangennehmung, welche da ist das bevorstehende unausweichliche Gericht" (Ha III 352,5.6).Genaueste Anweisungen gibt Gott Noah und seinen Söhnen für den Bau der Arche, er gibt die Zahl der zu schlagenden Bäume an, die Art, wie sie miteinander „verpicht" werden sollen, die ge­naue Aufteilung der Räume für Mensch und Tier, mit Boxen und Futtertrögen, und beauftragt seine Engel, von jedem Tier ein Pärchen zu sammeln und in den „Kasten" zu tun. Für die Rein­haltung der Ställe und die Nahrung, „daß für jeden das Rechte vorhanden sei", läßt er auch seine Engel sorgen. Zu Noah sagt

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der Herr wieder: „Bevor Ich die Wasser aus den Wolken zur Erde fallen lasse, will Ich sieben Tage lang die Menschen in der Tiefe durch allerlei Erscheinungen schrecken und sie womöglich da­durch zur Flucht nötigen. Sieben Tage also will Ich noch harren in dieser Nacht, und Ich will eine schwache Helle ziehen von hier bis Hanoch und weiter noch, auf daß niemand den Weg ver­fehle hierher, der sich noch retten will, und jeder der kommt, soll in die Arche aufgenommen werden" (Ha III 352,9.10).Aber trotz mahnender Donnerrufe und warnender Schrecknisse verschmähten alle Bewohner Hanochs den Rettungsweg zur Ar­che. Da brach dem Herrn die Geduld, und er führte den Noah zur Arche. Durch gewaltige Sprengungen waren riesige Wasser­reservoire, die stets unter hohen Gebirgen liegen, aufgebrochen worden, „und die Brunnen der Tiefe wurden geöffnet". „Als Noah mit all den Seinen und dem anbefohlenen Getier sich in der Arche befand, da nahm der Herr selbst das große Tor der Ar­che, schloß es mit eigener Hand und segnete dadurch den Kasten. Also ward Noah nun gesichert, und der Herr selbst bewachte den Kasten. Da hob der Herr seine mächtige Hand auf und gebot den Wolken, den Regen in mächtigsten Strömen auf die Erde fallen zu lassen, und also auch den mächtigen Brunnen in der Erde, daß sie ihre Gewässer herauftrieben auf die Oberfläche der Erde. Da brachen auf die Brunnen in der Tiefe und taten sich auf die Schleusen der Himmel" (Ha III 353,12.13).Da über die Wahrscheinlichkeit oder Unwahrscheinlichkeit der Sündflut bis heute viele Spekulationen angestellt worden sind, scheint es mir notwendig zu sein, die Kapitel 357 bis 360 aus der „ Haushaltung Gottes“ III wörtlich zu übernehmen. M it diesen Kapiteln soll dann das Thema Sündflut beendet sein; und ich kann mir nicht vorstellen, daß diese genaue Detailschilderung, die an den entsprechenden Orten durch archäologische Grabun­gen nachzuweisen sein müßte, beim Leser nicht einen nachhalti­gen Eindruck hinterläßt.. . . „Als aber der Herr den M ahal erlöst hatte von seinem Leibe, da hatte die Sündflut schon sieben Tage gedauert, und das Was­ser stieg mit solcher Raschheit, daß es in der Zeit von sieben Ta­gen schon die Stelle erreicht hatte, wo Mahal mit dem Herrn bei der Arche stand. Und so war auch die Voraussage des Herrn am Mahal erfüllt, nach der er nicht eher seines Leibes ledig werden solle, als bis das Wasser seine Füße erreicht habe. Als aber der er­

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löste Mahal dem Herrn die Ehre gegeben hatte, da sprach der Herr zu ihm: ,Da du nun erlöst bist, so bestehe dein erster En­gelsdienst darin, daß du diese kleine Welt leitest über die Fluten und sie nicht verlassest eher, als bis sich alle Flut wieder legen wird und Ich komme und über die neue Erde spannen werde den Bogen des Friedens! Von da an erst wird dir ein anderer Dienst werden! Mein Wille sei ewig deine Kraft!'Darauf verschwand der Herr in Seiner außerordentlichen Persön­lichkeit, und Mahal sah gleich den anderen Engelsgeistern dann nur die Sonne der Himmel, in der der Herr im unzugänglichen Lichte wohnt von Ewigkeit zu Ewigkeit. (Zu der Zeit bediente sich Gott für seine irdische Erscheinlichkeit der Gestalt eines En­gelsgeistes [GrEv X 60,3].) Und also leitete der Mahal die Ar­che nach dem Willen des Herrn getreu. Das Wasser aber stieg auf der Erde so sehr, daß es am siebenten Tage von der Erlösezeit Mahals an schon den Kasten hob und ihn zu tragen anfing. Da leitete dann Mahal den Kasten, auf daß er nicht wankete nach dem Schwünge der Wogen, sondern also ruhig dahinschwamm, wie da schwimmt ein Schwan auf dem ruhigsten wellenlosen Spiegel eines Sees.Und sieben Tage später überflutete das Wasser schon die höch­sten Berge dieses Erdkreises bis zum allerhöchsten Himalajage­birge, das da das Land der Sihiniten von dem ganzen anderen Asien trennte. Und dieses Gebirge allein ragte fünfzehn Ellen aus dem höchsten Wasserstande empor, alle anderen höchsten Berge waren wenigstens so tief unter dem Wasser. Natürlich wa­ren nach dem verschiedenen Höhenverhältnisse manche niedere­ren Berge wohl auch mehrere hundert Klafter unter dem Was­ser.Wie aber und wohin ergoß sich das Gewässer der Sündflut? Der Hauptteil war Mittelasien, wo noch heute der Aralsee und das Kaspische Meer die Überbleibsel von der denkwürdigsten Art sind, denn wo nun das Kaspische Meer ist, da stand einst das übergroße und stolze Hanoch, und es ließen sich noch heutzutage Überreste von dieser Stadt finden, aber freilich in einer Tiefe von mehr als tausend Klaftern! Und an der Stelle des Aralsees stand einst jener See, mit seinen Umgebungen und mit seiner Wasser- gottsinsel, den wir auch sehr wohl kennen. Ebenso sind auch der Baikal- oder nun Balkaschsee und Tsanysee ähnliche, die sündi­gen Reste der Vorsündflutzeit in sich bergende Denkmäler. Von

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diesen Hauptpunkten ergoß sich das Gewässer reichlichst nach Sibirien, wie auch nach Europa, das aber damals noch nicht be­wohnt war. Ein Teil brach gegen Süden nach dem heutigen Ost­indien und am stärksten über Arabien durch. Auch das nördliche Afrika wurde stark mitgenommen bis zum Hochlande, von wo dies Land dann nur kleine Uberströmungen erlitt. Amerika wurde nur von Sibirien aus im Norden etwas mitgenommen, der Süden aber blieb ganz frei, also wie die meisten Inseln des großen Mee­res.Warum wurde denn hier gesagt, die Flut ergoß sich dahin und dorthin? Regnete es denn nicht auf der ganzen Erde? Und war die Flut nicht überall von gleicher Stärke? Da sage Ich: Die Flut ergoß sich dahin und dorthin, weil es nicht über die ganze Erde geregnet hatte und daher die Flut auch nicht von gleicher Stärke sein konnte. Und das darum, weil es nicht überall regnen konnte und die Flut auch nicht überall vonnöten war.Hätte es wohl in den überkalten Polargegenden regnen können, wo sogar die Luft gefriert? Und wozu wäre der vierzigtägige Re­gen in jenen Gegenden gut gewesen, wo noch kein Mensch wohnte und auch wenig oder gar kein Getier? Oder was hätte der Regen über dem Weltmeer bewirken sollen? Etwa die Fische er­säufen? Und endlich, wenn das natürliche Flutgewässer auf der ganzen Erde über jedem Punkte gleich eine Höhe von 3000 Klaf­tern erreicht hätte, wohin hätte es dann wohl abfließen und sich verlaufen sollen? Man könnte wohl sagen, es hat sich verdunstet zum Teile und ist zum Teile von der Erde eingesogen worden. Wenn das aber zur Verminderung solch eines Gewässers genügte im Verlaufe von einem Jahre, da wäre das Weltmeer schon lange bis auf den letzten Tropfen von der Erde verschwunden, da es doch nicht einmal den zehntausendsten Teil jener Wassermasse ausmacht, so die ganze Erde eine Wassererhöhung von beinahe 4000 Klaftern erhielte!Zudem geht durch das Verdunsten nichts verloren, denn das verdunstete Wasser sammelt sich ja wieder in den Wolken und fällt allzeit wieder in einem gleichen Quantum zur Erde zurück. Der gleiche Fall ist es aber auch mit dem eingesogenen Wasser in die Poren der Erde, es sammelt sich da das eingesogene Was­ser in den gewissen Behältern und tritt dann teils durch Nebel und teils durch periodische Quellen auf die Erdoberfläche. Aus diesem Grunde stünde dann eine solche allenthalben gleich ho­

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he Flut Noahs noch heutzutage in derselben Höhe, wie da das gesamte Meer noch bis zur Stunde mit wenigen örtlichen Varia­tionen dasselbe ist, wie es zu Adams Zeiten war.Darum war die Flut wohl nur dort in ihrem verderblichen Auf­tritte, wo die arge Menschheit zu Hause war, und bedeckte da besonders Mittelasien wohl auf eine Höhe von 4000 Klaftern über dem Meeresspiegel, von wo aus sie sich dann wohl sehr weit und breit hin nach allen Seiten ergoß!Wenn es aber in der Schrift auch heißt: ,Uber alle Berge der Er­de, und außer, was die Arche trug, blieb nichts Lebendiges auf dem Erdboden!', so muß das nicht wörtlich auf die Naturerde be­zogen werden. Denn unter ,Berge' wird nur der Hochmut und die Herrschsucht verstanden von Seite der Menschen. Und daß auf der Erde kein Leben übrigblieb, außer in der Arche, besagt, daß Noah allein ein geistiges Leben in Gott und aus Gott getreuest behielt.Wer das wohl beachtet, der wird es wohl einsehen, daß die Flut Noahs wohl eine großörtliche, aber deswegen dennoch keine völlig allgemeine war, — und das darum, weil nur in Mittelasien die Menschen durch Tollkühnheit dazu selbst die Hauptveranlas­sung waren, was in den anderen Weltteilen nicht der traurige Fall war.Es bezeichnet aber schon das Wort ,FIut' ein Sichergießen des Gewässers über die Erde von Hanoch aus und durchaus kein all­gemeines Standgewässer über die Erde. Hanoch selbst bedeckte mit seinen weitgedehnten Umgebungen einen Bezirk und einen eng bewohnten Flächenraum von beinahe 8000 Quadratmeilen, also ein Land für sich, das da sehr geeignet und groß genug ge­wesen wäre, in der jetzigen Zeit ein bedeutendes Königreich zu sein. Dazu herrschte es mit geringer Ausnahme über ganz Asien und trieb allenthalben sein Unwesen.Nun lassen wir über diesen übergroßen Raum ein über 3000 Klafter hohes Wasser kommen, und es wird sich zeigen, wie weit dann die Überflutung reichen kann, und besonders, wenn man erwiesenermaßen annehmen kann, daß Mittelasien der Erde höchstes Land war und zum größten Teile gegen Südosten es noch gegenwärtig ist. Man könnte hier freilich einwenden und sagen: ,Gut, wenn die Flut nur ein großörtliches Hochgewässer war, wie konnte es denn da natürlicherweise eine so schauder­hafte Höhe erreichen, ohne vorher nach allen Seiten sich in hun­

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dert Meilen breiten Strömen abfließend zu ergießen?' Auf diese Einwendung diene folgende Berichtigung: Fürs erste war der 40- tägige Regen wohl über ganz Asien, einen großen Teil von Eu­ropa, wie auch Nordafrika verbreitet und verursachte für sich schon große Täler-Oberschwemmungen. Aber da in diesen Fremdlanden die unterirdischen Gewässer nicht dazu kamen, so konnte die Überschwemmung oder die Flut keine solche Höhe erreichen wie eben in Asien, wo der Austritt der unterirdischen Gewässer den Hauptausschlag gab. Wenn aber jemand ganz si­cher annehmen kann, daß fürs zweite in Asien zu dem stärksten Regen mehrere Hunderttausende von den gewaltigsten Spring­quellen kamen, von denen die kleinste in einer Minute 10 Mil­lionen Kubikfuß Wassers auf die Oberfläche der Erde lieferte, so wird es wohl begreiflich sein, wie die Flut Noahs über Asien eine solche Höhe hatte erreichen können trotz des allseitigen und gleichzeitigen mächtigsten Abflusses. Von da aus konnte sie sich dann ja wohl in alle Weltgegenden mit der furchtbarsten Gewalt ergießen und jene diluvianischen Gebilde zuwege bringen, die noch die Gegenwart allerorts reichlichst aufweist, die aber jedoch nicht zu verwechseln sind mit jenen, welche von den periodi­schen Meereswechselungen herrühren.Die Hauptspuren der Noahischen Flut sind das vielfach vorkom­mende, auf ziemlichen Höhen rastende Stromgeröll, die hier und da vorkommenden versteinerten Knochen vornoahischer Tiere, wie auch die häufig vorkommenden Braunkohlenlager, dann auch die sichtlichen Abspülungen der Berge, daß sie nun ganz nackt dastehen. Alle anderen Gebilde gehören entweder den Meereswanderungen oder großen örtlichen Feuereruptionen an. Wie lange hat denn die ungeminderte gleich hohe Flut auf Erden gedauert? Die gleich hohe, also höchste Flut dauerte volle 150 Tage. Wie war denn das möglich, da es der ersten Angabe nach nur 40 Tage geregnet hatte?Der Stromregen hatte nach vierzig Tagen wohl aufgehört, aber der stets mächtiger werdende von unten herauf dauerte 150 Tage und erhielt die fortwährende gleiche Wasserhöhe. Erst am 150- sten Tag wandte der Herr wieder sein Gesicht zur Erde, und die Brunnen der Tiefe wurden verstopft und die Wasserschläuche des Äthers vollkommen zugebunden, denn bis zum 150sten Tage hatte es immer ortsweise geregnet, wie nun bei Ungewittern ein Platzregen fällt auf die Erde. Nach dieser Zeit erst fing das Was-

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ser an sich zu verlaufen, und am siebzehnten Tage des siebenten Monats (17. Juli) fand die Arche Grund und saß auf der sehr ge­räumigen Spitze des Berges Ararat nieder, vom Geiste Mahals durch die Kraft des Herrn dahin geleitet. Das Wasser aber nahm dann sichtlich ab bis auf den zehnten Monat (Oktober], und aller Berge Wesen, selbst der kaum 70 Klafter hohen, war von der Zeit an außer Wasser, das nunmehr nur noch die Täler und niedere­ren Hügel bedeckte. Um vierzig Tage später, also am 10. Novem­ber, öffnete Noah zum ersten Male das Fenster am Dache der Ardhe und ließ einen Raben ausfliegen. Dieser fand aber schon sein Land, flog von einem Ort zum anderen und kam nicht wie­der in die Arche zurück. Da aber der Rabe nicht wiederkam, da ließ Noah alsbald eine Taube ausfliegen, auf daß er erführe, ob das Wasser auf der Erde gefallen sei. Die Taube aber, da noch alles kahl und feucht war und in den Tälern noch gewaltige Was­serströme abfließend tobten, und sie für ihren Fuß keinen Platz fand, kam wieder zurück und setzte sich auf die durchs Fenster ausgestreckte Hand Noahs, und dieser nahm sie wieder in den Kasten. Von da harrte Noah noch sieben Tage und ließ am ach­ten Tage wieder eine Taube ausfliegen. Diese kam erst am Abend zurück und brachte in ihrem Munde ein abgepflücktes Blättchen eines Ölbaumes, und das war dem Noah ein Zeichen, daß das Gewässer gefallen war auf der Erde. Denn also nur durfte er es erfahren, da es ihm der Herr also angeraten hatte geheim in sei­nem Herzen. Nach abermals sieben Tagen ließ Noah wieder eine Taube ausfliegen, diese aber kam nicht wieder, da sie schon Nah­rung auf dem trockenen und neu bewachsenen Erdboden fand. Aber Noah harrte von da an noch bis auf den ersten Monat des neuen Jahres, da er sich im 601. Jahre seines Alters befand. Da war das Gewässer bis auf den Normalstand auf der Erde zum größten Teile abgelaufen in die großen Meere, und die Erde war trocken durch ein fortwährendes Wehen der warmen Mittags­winde. Da griff Noah mit seinen Söhnen am ersten Januar zu und schlug das Dach von dem Kasten und sah dann zum ersten Male auf die erneute Erde vom hohen Ararat herab, und er sah kein Wasser mehr und die Erde völlig trocken.Er aber harrte dennoch bis zum 27. Februar auf des Herrn Wort. D a kam der Herr zu Noah und behieß ihn, wie im 1. Buch Mose Kap. 8 beschrieben steht, aus der Arche zu ziehen. Und Noah öffnete alsbald das große Tor, und alles flog, ging und kroch aus

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dem Kasten und suchte sich Wohnungen auf der erneuten Erde. Und der Herr sorgte, daß alles alsbald wieder seine Nahrung fand. Und so hatte Noah ein Jahr und zehn Tage mit den Seinen in der Arche verlebt. . . . Und der Herr sprach zu ihm: ,Ich werde hinfort die Erde nicht mehr verfluchen der Menschen wegen, denn das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend an! Und so will Ich hinfort nicht mehr schlagen alles, was da lebt, wie Ich es nun getan habe, und so lange die Er­de Erde sein wird, soll nicht aufhören Samen und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter und Tag und Nacht!' "

6. C h r i s t u s

Der Erdenweg

Um nichts in der Geschichte dieser Welt ist so viel geschrieben worden wie über den Begriff „Christus", um keine andere Er­scheinung dieses Planeten ist der Kampf der Meinungen heftiger entbrannt als um Christus, um niemanden ist mehr getötet, ge­martert, gebrandschatzt, geschlagen, gekämpft und gelitten wor­den als um Christus. Und nun ist man sogar am Werk, ihm die Göttlichkeit abzusprechen, ja, die „Gelehrten" dieser Welt sind im Begriff, ihn zum Betrüger, zum Irrsinnigen abzustempeln. Idi habe mich oft gefragt, was geschehen würde, käme eben dieser Christus jetzt, in diesem Augenblick, wieder auf die Erde, als Mensch, wie schon einmal vor fast 2000 Jahren. Wie würde er empfangen werden, wie würde die Menschheit reagieren, wie würden sich die vielen Milliarden Erdenbürger verhalten? Wür­den sie ihm zujubeln, oder würden sie wieder schreien: „Kreuzi­ge ihn"? Jeder sollte sich diese Frage einmal vorlegen und versu­chen, sie für sich zu beantworten. Wer würde, wer könnte ihm heute noch zujubeln? Die Weltsüchtigen, die Profitdenker, die Betrüger, die Lügner, die Ehebrecher? Nun, die ganz sicher nicht, und derer gibt es viele, müßten sie sich doch ganz entsetzlich in ihren Machenschaften gestört fühlen.Fragen wir nach denen, die sich seine Stellvertreter oder Statthal­ter auf Erden nennen. Was würden sie tun, stünde er plötzlich in

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seiner schlichten Erhabenheit auf dem Petersplatz in Rom, in ei­ner Schlichtheit, die der Prachtentfaltung der Institution Kirche so ganz entgegengesetzt ist? Was würde geschehen? Würde der Papst sich in seiner Sänfte hinaus zu dem schlichten Mann mit den bloßen Füßen tragen lassen? Würde er, vor dem ein Groß­teil der Menschheit die Knie beugt, nun seinerseits vor diesem Christus in die Knie sinken, in tiefer Demut, und sagen: „Herr, ich habe mein Amt gut verwaltet, ich habe Dein Wort lebendig gemacht und auf alle eitle Pracht dieser Welt verzichtet, wie Du es uns gelehrt hast. Nimm hier den Schlüssel des heiligen Petrus und ziehe ein in Deine gute Stadt." Oder würde man diesen Menschen, der sich erdreistet, Christus sein zu wollen, ganz schnell und unauffällig in ein Irrenhaus zu sperren versuchen? Vielleicht hält mir jetzt der Leser entgegen, wie sollte so etwas möglich sein, er kann ja gar nicht mehr wiederkommen, diese Frage ist doch eitel, er ist seit fast 2000 Jahren tot. Nun, daß er niemals von uns gegangen ist, soll dieses Kapitel versuchen glaubhaft zu machen, und es wird das längste und vielleicht auch für Sie schönste Kapitel dieses Buches werden.

Welche Rolle spielte Christus in dem Weltgeschehen, das ich in dem Kapitel „Luzifer" angesprochen habe? Dazu sagen die Lor- berwerke aus: In der Person Jesu Christi trat Gott selbst in das Menschenreich ein. Er schuf sich eine körperliche Umhüllung, um sich den Menschen sichtbar machen zu können. Unverhüllt wäre kein Wesen imstande, Gott in seiner Lichtfülle zu schauen, ohne zu vergehen. Auch Mose mußte sein Antlitz abwenden, als der Herr mit ihm sprach! Aber er leuchtete nach dieser Begegnung auf dem Berge Sinai so stark, daß er sein Antlitz ver­hüllen mußte, wenn er mit dem Volke Israel sprach.Selbst die höchsten Erzengel waren bis zu Gottes Erdendasein nicht imstande, Gott in anderer Gestalt als der einer riesenhaften Sonne zu schauen, bis er sich nach der Kreuzigung in dem vergei­stigten Christusleib überall sichtbar machen konnte. Jesus sagt im GrEv (VIII 27,3): „Dieser Mein Leib ist die verherrlichte Ge­stalt des Vaters, der Menschen und Engel wegen, damit ich ih­nen ein begreiflicher und schaubarer Gott bin, und ihr könnt mich nun schauen, hören und sprechen und doch leben dabei, während es ehedem hieß, daß Gott niemand sehen und dabei leben könne" (2. Mose 33,20). Leib und Seele Jesu verhielten

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sich zu Gott wie der menschliche Körper und seine Seele zum Geist. Der Mensch Jesus mußte sich in seiner Seele mit dem Geist Gottes vereinen und war erst dann die sichtbare Umhül­lung Gottes selbst. („Ich und der Vater sind eins, wer mich sieht, sieht auch den Vater." Joh. 14,10; 14,7.) Körper und Seele Jesu war der Sohn („und das Wort ward Fleisch" Joh. 1,14), der Geist in ihm war der Vater, also Gott selbst.Paulus bezeugt Kol. 2,9: „In ihm wohnt die ganze Fülle der Gott­heit leibhaftig." Er war also wahrer Mensch und wahrer Gott, so wie es im Glaubensbekenntnis heißt. Jesus selbst sagt dazu im GrEv (VIII 25,15): „Wie aber beim Menschen die Seele, ihr Außenleib und ihr innerster Geist so geeint sind, daß sie nur ein Wesen oder gewisserart nur eine individuelle Substanz aus­machen, unter sich aber doch ein wohl unterscheidbares Drei sind, ebenso geeint sind Vater, Sohn und Geist."Da es auch mir anfangs große Mühe machte, diese Begriffe in mein Denken aufzunehmen, müssen wir diese Tatsache, dieses größte Wunder viel ausführlicher behandeln und es von allen Seiten betrachten.

Beginnen wir mit dem Mysterium der Geburt, denn auch die Jungfräulichkeit Marias bedeutet für die meisten etwas Unvor­stellbares. Wir stecken nun einmal in dieser Materie, unser Kör­per ist aus Materie gebildet, und wir haben uns zu weit vom Göttlichen entfernt, als daß wir uns einen rein geistigen Vor­gang vorstellen könnten.Durch Jakob Lorber ist das verschollene Jakobus-Evangelium wiedergeoffenbart worden, das Kindheit und Jugend Jesu aus­führlich behandelt. Reste dieses Evangeliums, das von Jakobus, dem irdischen Ziehbruder und Jünger Jesu aufgeschrieben wur­de, befinden sich noch in der Berlenburger Bibel, die Anfang des 18. Jahrhunderts gedruckt wurde. Beide Offenbarungen vergli­chen, weisen eine verblüffende Ähnlichkeit, ja Gleichheit in der Aussage aus. Bei der Feststellung der kanonischen Schriften im4. Jh. wurde das Jakobus-Evangelium nicht in die Heiligen Schrif­ten mit aufgenommen, da man es als unsicheren Ursprungs be­trachtete.Die Weihnachtsgeschichte der Bibel teilt uns nur mit, was sich zu der Zeit begab, als Cyrenius Landpfleger von Syrien war, und sie teilt uns nur die Tatsache mit, daß Maria dem Josef angetraut

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war. Wie diese beiden Menschen aber zusammengefunden hat­ten, in welchem Alter sie sich befanden, und wie ihr Leben vor­her verlaufen war, darüber erfahren wir so gut wie nichts. Aus dem wiedergeoffenbarten Jakobus-Evangelium möchte ich als erstes die Vorrede anführen, die Jakob Lorber durch das inne­re Wort Gottes empfing.(Vorrede des Herrn zu der „Jugend Jesu“ [Jakobus-Evangelium]] „Ich lebte die bekannte Zeit bis zum dreißigsten Jahre geradeso, wie da lebt ein jeder wohlerzogene Knabe, dann Jüngling und dann Mann, und mußte durch den Lebenswandel nach dem Ge­setz Mosis die Gottheit in Mir, wie ein jeder Mensch Mich in sich, erst erwecken. Ich selbst habe müssen, so gut wie ein jeder andere ordentliche Mensch, erst an einen Gott zu glauben anfan­gen und habe Ihn dann stets mehr und mehr, mit aller erdenk­lichen Selbstverleugnung auch müssen mit stets mächtigerer Lie­be erfassen, und Mir also nach und nach die Gottheit erst völlig untertan machen.Also war Ich, als der Herr selbst, ein lebendiges Vorbild für je­den Menschen, und so kann nun deshalb auch ein jeder Mensch Mich geradeso anziehen, wie Ich selbst die Gottheit in Mir an­gezogen habe, und kann mit Mir selbständig ebenso völlig eins werden durch die Liebe und durch den Glauben, wie Ich selbst als Gottmensch in endloser Fülle vollkommen eins bin mit der Gottheit!"Hier erfahren wir bereits ein bedeutsames göttliches Geheimnis. Jesus selbst mußte sein Inneres erst mit der Gottheit vereinen, mußte Mensch sein wie jeder andere Mensch, damit sein Opfer­tod ein menschlich gültiger werden konnte. Er wurde wie ein Mensch von einer irdischen Mutter geboren; aber es hatte doch etwas Besonderes mit dieser Geburt auf sich. Der Mensch Jesus mußte rein geistig gezeugt werden, durch den bloßen Willen Gottes, damit ihm von keinem Elternteil Satanisches anhaftete, damit er in völliger Reinheit das Gefäß Gottes werden konnte. Das war besonders notwendig, da Jesus nur in Sündenlosigkeit den Angriffen Satans, den Versuchungen, die auch an ihn her­antraten, widerstehen konnte.Maria war im Tempel als Jungfrau des Herrn erzogen worden; fromm, zart und rein übergab sie der Hohepriester in ihrem fünfzehnten Lebensjahr dem „gerechtesten Mann Israels und der ganzen Erde" (Kap. 1,25), dem Zimmermann Josef von Nazareth,

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der aus dem Hause Davids war. Josef war Witwer, hatte fünf Söhne aus erster Ehe und zählte zu der Zeit bereits siebzig Jahre. Diese Tatsache beantwortet schon die Frage nach den Brüdern Jesu. Es waren Ziehbrüder, und die „Schwestern", die später im Hause Josefs auftauchen, waren Waisen, die Josef an Kindes Statt angenommen hatte.Jesus war Marias einziges Kind, sie war und blieb auch nach der Geburt eine Jungfrau, das bedeutet, daß diese Geburt auf geisti­gem Wege vor sich gegangen sein muß.Josef verwunderte sich sehr, als der Hohepriester ihn auf Geheiß Gottes ausersah, Maria in seine Obhut zu nehmen. Er fürchtete sich, seines Alters wegen, vor der Verantwortung. Durch den Hohenpriester wurde aber auch das Geheiß Gottes bekräftigt, und Josef merkte, daß Gott ihn einer besonderen Aufgabe wür­digte.Als die Verkündigung Marias durch den Erzengel Gabriel gesche­hen war und Maria begriff, daß sie schwanger war, stellte diese Tatsache eine schwere Prüfung für das Mädchen und den ehrba­ren alten Mann dar, mußte doch vor den Leuten der Eindruck entstehen, als hätte er, Josef, eine Jungfrau des Tempels verführt. Ein unvorstellbarer Gedanke in der damaligen Zeit.„Kind, mit welcher Stirn soll ich nun aufschauen zu meinem Gott" (8,12), wandte sich Josef verzweifelt an Maria. Da erschien ihm der Engel im Traum: „Josef, sei nicht bange ob Maria, der reinsten Jungfrau des Herrn! Denn was sie unter dem Herzen trägt, ist erzeugt vom Heiligen Geiste Gottes, und du sollst Ihm, wenn es geboren wird, den Namen Jesus (das heißt ,Gottes­kraft') geben" (9,13).Josef dankte Gott, daß er ihm alle Zweifel an Marias Reinheit genommen hatte, und er hütete darauf das Mädchen sorgsam.Als der Zustand Marias dem Hohenpriester hinterbracht wurde, beschied er beide zu sich in den Tempel, um sie einem hochpein­lichen Verhör zu unterziehen.„Herr, was habe ich armer Greis vor Dir so Arges getan, daß Du mich so gewaltig schlägst?" (11,21) seufzte der geplagte Josef zu Gott.„Ich will euch beide trinken lassen das Fluchwasser des Herrn", entschied der erzürnte Hohepriester, „auf daß eure Sünde offen­bar werde vor den Augen des Volkes" (11,27).Beide, Maria und Josef, mußten das verseuchte Wasser trinken

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und wurden ins Gebirge geschickt. Nach drei Tagen waren beide wohlbehalten wieder zurück, „und alles Volk wunderte sich" (11,30). Der Hohepriester sprach sie los von aller Schuld und gab dem Josef die Maria zum Weibe, damit das Kind einen Vater habe.Ein neuer Schlag wartete auf den redlichen alten Mann, als der Kaiser Augustus aus Gründen der Steuererhebung und Rekrutie­rung das bekannte Gebot verkündete, „daß jedermann sich schät­zen ließe", und die Entbindung Marias stand unmittelbar bevor. Aber wieder vernahm Josef eine Stimme, die zu ihm sprach:„M it dir ist Der selbst, der Himmel und Erde erschaffen hat, der zu Noahs Zeiten regnen ließ vierzig Tage und Nächte und ersau­fen ließ alle Ihm widrige Kreatur. Derselbe ist nun leibhaftig in deinem Hause und wird auch mit dir nach Bethlehem ziehen, daher sei ohne Furcht" (13,15 ff.).Als Josef solche Worte vernommen hatte, da wurde er fröhlich, setzte Maria auf eine Eselin und machte sich mit den Seinen auf die Reise. Als sie in die Nähe von Bethlehem kamen, sprach M a­ria zu Josef: „Höre mich an, Josef, das in mir ist, fängt an, mich ganz gewaltig zu bedrängen, lasse daher stillehalten. Siehe, dort in den Berg hinein ist eine Höhle, dorthin bringe mich" (14,10.15).Es war eine natürliche Höhle, die die Hirten der Gegend für die Unterbringung ihrer Tiere nutzten. Der erschrockene Josef fand dort wenigstens etwas Heu und Stroh, aus dem er und die Söhne Maria ein Lager bereiten konnten.Die Weihnachtsgeschichte ist so wunderbar, daß ich sie hier nicht zerpflücken möchte, sie ist ja auch allen bekannt. Nur die beson­deren Umstände dieser Geburt sollen erwähnt werden, denn so schlicht, wie die Erzählung lautet, hat sich der bedeutsamste Vor­gang der Menschheitsgeschichte denn doch, nicht abgespielt.Aus dem Jakobus-Evangelium erfahren wir, daß das ganze Erden­rund in Bewegungslosigkeit verharrte. Es hielt gleichsam den Atem an, als Josef sich mit zitternden Knien aufgemacht hatte, um die Wehmutter zu holen. Diese kam ihm aber, als einzig sich bewegendes Wesen, schon von der Höhe herab entgegen, getrie­ben von ihrem inneren Geist, der ihr befahl, zu dieser Höhle zu eilen, die in diesem Augenblick von Nebel verhüllt war. Der Dunst teilte sich, als Josef und die Hebamme voller Liebe und Besorgnis den Eingang suchten. Ein warmes Licht strahlte ihnen

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entgegen, und sie fanden, daß alles bereits vollendet und auf das Beste geordnet war. Niemals werden wir erfahren, auf welche wunderbare Weise dieses göttliche Kind geboren wurde, denn keines Menschen Auge hat es gesehen. Als eine zweite Hebam­me, Salome, die Höhle erreichte, ebenfalls getrieben von einem inneren Zwang und wundersamen Ahnungen, mußte sie eine schreckliche Erfahrung machen. Als sie Zweifel hegte an der Jungfräulichkeit der Maria und diese mit erfahrenem Griff un­tersuchen wollte, verbrannte ihr unter schrecklichem Schmerz die Hand.„Wehe, wehe mir, meiner Gottlosigkeit und meines großen U n­glaubens willen, meine Hand verbrennt im Feuer des göttlichen Zornes" (17,5).Sie fiel vor dem Kind auf die Knie. Alsbald stand ein Engel des Herrn vor ihr und gebot ihr, das Kind aufzuheben und es zu tra­gen. Sie nahm es und wußte plötzlich, wen sie in ihren Armen hielt. „O Gott, in aller Fülle der Wahrheit ist hier Israel ein Kö­nig der Könige geboren worden" (17,13).Nach diesen Worten war Salome alsbald völlig geheilt.Ich habe hier nur anklingen lassen, wie sich nach dem Jakobus­Evangelium diese wunderbare Geburt abgespielt hat. Was es mit den Weisen des Morgenlandes, den schlichten gläubi­gen Hirten und den Tieren, die sich dem Kinde zu Füßen legten, um es zu wärmen, auf sich hatte, ist aus der Bibel bekannt. Be­kannt ist nicht, daß es der junge römische Befehlshaber, Haupt­mann Kornelius, ein Bruder des Landpflegers Cyrenius Quirinus, war, der der Heiligen Familie zur Flucht verhalf. Wir treffen ihn später im GrEv (I, Kap. 127 ff.) als den Obersten von Kapernaum der Bibel wieder, dessen Tochter, ebenso wie die des Tempelober­sten Jairus, von Jesus vom Tode erweckt wurde. Er war es auch, der dem Josef ein Geleitschreiben an Cyrenius mitgab, der eben­falls eine große, ja entscheidende Rolle bei der Flucht nach Ägyp­ten gespielt hat. Uber diese Flucht sagt die Bibel nichts Näheres aus. Durch das Jakobus-Evangelium erfahren wir den genauen Weg der Flucht, der zuerst nach der syrischen Stadt Tyrus führte, erfahren von dem Zusammentreffen mit dem mächtigsten Mann Asiens, dem Bruder des Kaisers Augustus, Cyrenius, erleben mit, wie dieser bedeutende Römer in dem göttlichen Kind den Herrn der Welt erkennt, wie er, vor dem alle sich beugen, in liebender Demut vor dem Kind in die Knie sinkt.

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Wir fahren mit dem römischen Staatsschiff nach Ostrazine in Ägypten, dessen ursprüngliche Lage auf alten Landkarten noch zu finden ist, wo Cyrenius für die Familie des Josef ein kleines Anwesen kaufte, ähnlich dem bescheidenen Gehöft in Naza­reth.An dieser Stelle möchte ich eine Bemerkung einfügen, die Jesus seinen Jüngern gegenüber machte, daß er mit Vorbedacht alle ir­dischen Spuren seines Lebens in dem jüdischen Land verwischt habe. Durch Erdbeben und Veränderungen der Landschaft im Sinne einer Verwüstung, Zerstörungen durch Kriege und räuberi­sche Überfälle sorgte er dafür, daß mit den geheiligten Stätten seines Wirkens kein menschlicher Mißbrauch getrieben werden konnte. Was an den vermeintlichen historischen Orten heute und in den vergangenen Jahrhunderten betrieben wurde, bestä­tigt die Weisheit dieser Vorsorge, man denke nur an die Kreuz­züge, bei denen die Christen des Abendlandes sich durch Kampf und Blutvergießen des Ffeiligen Grabes zu bemächtigen such­ten.Die wundersamen Ereignisse, die sich während der Jahre in Ägypten in der Familie Josefs, sehr häufig in Gegenwart des Cyrenius abspielten, rühren ganz einfach ans Fferz. Wenn man dieses Buch aufmerksam liest, kommen uns einige Gestalten der Menschen in der Umgebung des Kindes sehr bekannt vor. So er­kennen wir zum Beispiel in dem riesenhaften Fischer Jonatha mit dem hingebungsvoll-weichen Fferzen, der das Jesuskind durch die flache Meeresbucht trägt, den Christophorus der Le­gende wieder.Als Herodes, der dem Kind nach dem Leben trachtete, an einer furchtbaren Krankheit gestorben war, kehrte Josef mit den Sei­nen nach Nazareth zurück. Uber den vielfachen Kindermord, den Herodes, um des Jesuskindes habhaft zu werden, in der Um ­gebung Bethlehems veranstalten ließ, fühlen sich viele christliche Menschen irritiert, wie Gott dieses Furchtbare anläßlich seiner irdischen Geburt hat zulassen können. Dazu sagt das göttliche Kind zu Maria: „Siehe, die Kindlein aber, die für Mich erwürgt worden sind, sind überaus glücklich schon in Meinem Reiche und sind täglich um Mich und erkennen in Mir schon vollkom­men ihren Herrn" (Jug 72,21).Es soll nicht Aufgabe dieses Buches sein, Buchbeschreibungen zu machen, deshalb streife ich die Quellen, bei denen der Leser sich

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informieren kann, nur mit wenigen Sätzen. Wenden wir uns al- »o nach dem Jakobus-Evangelium einer kleinen Schrift Lorbers zu, die die Unterredung des zwölfjährigen Jesus mit den Phari­säern des Tempels beschreibt. Mit köstlichem Vergnügen erlebt der Leser, wie der Jesusknabe die Schriftgelehrten mit seinen un­bequemen Fragen in die Enge treibt, so daß sie ihm am liebsten ilus entrichtete Fragegeld, mit dem diese Unterredung erkauft werden mußte, zurückgegeben hätten.Liest man in dem Zusammenhang die Ausführungen Erich von Dänikens, der sich vergeblich abmüht, die unglaublichen Kennt­nisse des Jesusknaben auf die Schule der Essäer (oder Essener) zu rüdezuführen, so kann man diese völlige Hilflosigkeit nur be­dauern, die sich nicht vorzustellen vermag, daß das Gottkind in keine Schule der Welt zu gehen nötig hatte!Dem großen Evangelium Johannes entnehmen wir einige Hin­weise auf die Geschehnisse um den Jüngling Jesus, der still und ln sich gekehrt seiner Arbeit als Zimmermann nachging, erfah­ren von den inneren Kämpfen, die erst die Vereinigung mit dem Geist Gottes vollständig machten. Dazu lesen wir in der „Jugend Jesu“ : „Jesus fühlte in sich fortwährend auf das Lebendigste die allmächtige Gottheit. Er wußte in seiner Seele, daß alles in der Unendlichkeit seinem leisesten Winke untertan war. Darum hat­te Er den größten Drang in seiner Seele, zu herrschen über alles. Stolz, Herrschsucht, Sinn für Freiheit und Wohl-leben, Weiber­lust und Zorn waren die Hauptschwächen seiner Seele, aber Er kämpfte aus dem Willen der Seele gegen alle diese mächtigsten, tödlichsten Triebfedern. Den Stolz demütigte Er durch die Armut, aber welch ein hartes Mittel war das für den, dem alles gehörte! Die Herrschlust bändigte Er durch den willigsten Gehorsam zu denen, welche gegen Ihn ein Nichts waren, seine ewige aller­höchste Freiheit bestürmte Er damit, daß Er sich den Menschen wie ein Knecht zu niedriger Arbeit gefangengab. Den Hang zum Wohlleben bekämpfte Er durch freiwilliges Fasten. Die Weiber­lust bekämpfte Er durch schwere Arbeit und durch magere Kost, durch Gebet und den Umgang mit weisen Männern. Ja, in diesem Punkte hatte Er ungemein viel auszustehen, da sein Äußeres und der Ton seiner Rede höchst einnehmend waren. Der Frauen Lie­be gefiel Ihm wohl, aber dennoch mußte Er allezeit zu ihnen sa­gen: Noli me tangeiel (Rühre Mich nicht an!) Da Er ferner die Bosheit der Menschen durchschaute, so ist es auch begreiflich,

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daß er sehr erregbar war und leicht beleidigt und erzürnt wer­den konnte, aber da mäßigte Er sein Gemüt durch seine Liebe und Erbarmung. Und so übte Er sein Leben hindurch schwerste Selbstverleugnung, um dadurch die zerrüttete, ewige Ordnung wiederherzustellen. Daraus aber läßt sich leicht ersehen, wie Je­sus als Mensch die achtzehn Jahre seiner Jugend und Jünglings­zeit unter ständigen Versuchungen und deren Bekämpfung zu­brachte" (Jug 299,2—18).Wir erfahren, wie Josef, Maria und den Söhnen immer wieder das genaue Wissen entglitt, wen sie in ihrer Mitte hatten. Zu einem Besucher sagte Josef: „Dort in der Werkstatt siehst du ihn arbeiten. Es ist sonderbar: als er ein Kind war, bis ins zwölfte Jahr, waren ich und die Mutter wahrlich der Meinung, daß er unfehlbar der uns verheißene Messias sein werde, doch nach dem zwölften Jahre hat sich alles das früher an ihm so göttlich Schei­nende völlig verloren. . . . Er ist sehr fromm, willig und fleißig und tut ohne Murren alles, was wir ihm nach seiner Kraft zu tun geben,- aber wie gesagt, von all dem Wunderbaren ist an ihm nichts mehr zu entdecken" (GrEv VII 206,1).Josef wußte erst mit letzter Sicherheit, wessen Nährvater er hatte sein dürfen, als er in den Armen Jesu verschied.Das mag den Leser verwundern. Aber erinnern wir uns an Mose, der sein Antlitz verhüllen mußte. Die irdische Familie des Herrn der Welt hätte vermutlich das ständige Bewußtsein der Gottnähe nicht ertragen können. Maria und die Brüder erfaßten die volle Bedeutung dieses Erdenlebens erst nach der Kreuzigung. Jakobus allerdings, der jüngste der Söhne Josefs, Lieblingsziehbruder und „Kindermädchen" Jesu, war auch in den Jahren der Reife, als Jesus still seinem Handwerk nachging, durch das Innere Wort mit ihm in Verbindung. Heutzutage würden wir diese Art der Verständigung mit Telepathie bezeichnen. Auf diese Weise pfleg­te sich Jesus auch während seiner Lehrjahre mit den Jüngern gern zu unterhalten, ebenso mit den Menschen, die ihm in besonde­rer Liebe zugetan waren.So oder unter der Leitung seines Geistes sind auch die beiden biblischen Evangelien des Johannes und des Matthäus entstan­den, ebenso die später geschriebenen Evangelien, die ja teilweise erst nach dem Kreuzigungstod aufgeschrieben wurden.

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Die Widersprüche in den einzelnen Evangelien, die den meisten Menschen so zu schaffen machen, erklärt der Herr selbst im GrEv wie folgt: „Der Grund dieser sich scheinbar widersprechenden Angaben der vier Evangelisten ist mit Händen zu greifen, so ihr nicht nur bloße Hörer des Wortes seid und dasselbe unter die träge Ordnung eures Verstandes zu bringen sucht" (XI, S. 296). Diese Art der inneren Einsprache ist es auch gewesen, die einen Jakob Böhme, einen Emanuel Swedenborg und vor allem einen Jakob Lorber inspirierte.Da es ähnliche Übermittlungen aus der jenseitigen Welt auch heute noch gibt, die glaubhaft belegt werden können, sollten wir uns alle langsam wieder mit dem Gedanken vertraut machen, daß wir gar so verlassen nicht auf unserem kleinen Planeten den Weltenraum durchfliegen, sondern daß wir im Gegenteil ständig in ungemein inniger Verbindung mit Gott stehen, wenn wir uns erinnern, was es mit dieser kleinen Erde auf sich hat.Manch einer wird nun einwenden, daß wir ja von alledem nichts spüren, und daß sich dieser Gott doch zumindest ein wenig be­merkbar machen müßte, wenn man von seiner Existenz über­zeugt sein sollte. Zu Zeiten völligen moralischen Verfalls, finster­ster Glaubenslosigkeit, bevor große Gerichte die Erde heimsuch­ten — denken wir an die Sündflut, an Sodom und Gomorrha, die Zerstörung Babylons usw. —, zog Gott sich mit seinen Einspra­chen immer von den Menschen zurück, allerdings erst dann, nachdem er sie immer und immer wieder durch geweckte Men­schen gemahnt hatte.In einem der späteren Kapitel werde ich auf das zu sprechen kommen, was uns nach der Neuoffenbarung Lorbers und der Offenbarung des Johannes aus der Bibel in nächster Zeit bevor­steht. Dann wird verstanden werden, warum sich Gott schein­bar so rar macht; aber jeder, der ihn finden will, findet ihn in seinem Inneren. Er muß nur anfangen, ihn zu suchen und ihn bitten, sich ihm zu enthüllen.„Ich werde ewig derselbe treue Hirte bleiben und den Schafen nachgehen, die sich verloren haben,- aber das Schaf muß zu blö­ken anfangen und sich finden lassen nach dem ihm eigenen, un­antastbaren freien W illen" (GrEv V 169,3). Wundervoll ist auch die Verheißung, mit welcher der Herr das Diktat an Jakob Lorber begann:„Wer mit Mir reden will, der komme zu Mir, und Ich werde ihm

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die Antwort in sein Herz legen. Jedoch die Reinen nur, deren Herz voller Demut ist, sollen den Ton Meiner Stimme verneh­men. Und wer Mich aller Welt vorzieht und Mich liebt wie eine Braut ihren Bräutigam, mit dem will Ich Arm in Arm wandeln. Er wird Mich allezeit schauen wie ein Bruder den anderen Bru­der, und wie Ich ihn schaute schon von Ewigkeit her, ehe er noch war" (Ha 1 1,1).Wenn man Gott zu seinem Partner macht, wenn man alle Sorgen mit ihm bespricht und dann im Inneren auf die Antwort lauscht, wird man sie erhalten!Im GrEv belehrt der römische Hauptmann von Pella, der ein Jünger Jesu war, zwei Wahrheitssucher: „Es gibt von Ewigkeit her nur einen, allein wahren Gott, und dieser Gott will von uns Menschen gesucht, gefunden, erkannt und durch strenge Haltung seiner Gebote, die Er zu unserem Heile gab, verehrt werden. Und weil es nur einen Gott gibt, den ein tiefer forschender Mensch aus seinen Werken sehr wohl wahrnehmen kann, so soll der Mensch voll wahrer Liebegier diesen Gott eifrig suchen, aber nicht von heute bis morgen, leichtsinnigen Kindern gleich, son­dern von Tag zu Tag mit stets zunehmendem Eifer und Fleiß und mit einer in der Liebe zu Ihm wachsenden Sehnsucht, und Gott wird sich von einem solchen Sucher finden lassen, wie Er sich von mir und von gar vielen hat finden lassen. Solchen treuen Suchern wird Gott dann auch kundtun, was sie nach seinem wei­sesten Willen fürder zu tun und wie sie zu leben haben, um in seiner Liebe und Gnade zu verbleiben und von Ihm zum ewigen Leben der Seele erweckt zu werden" (X 78,10—11).

Mit dem Großen Evangelium Johannes hat der Herr uns ein hin­reißendes Bild seiner irdischen Lehrtätigkeit entworfen. Der Atem möchte uns stocken, wenn wir begreifen, daß wir beim Lesen dieser Bücher mit ihm durch Judäa, Galiläa, Kanaan und Samaria ziehen, daß wir dabei sein dürfen, wenn er seine Zuhö­rer in die tiefsten göttlichen Geheimnisse einweiht, von denen die Bibel nichts aussagt, wenn wir dabei sein dürfen, wenn er Wunder verrichtet in einem Maße, wie sie nur zu einem Bruch­teil in dem Buch der Bücher verzeichnet sind. Warum er seinem Lieblings jünger Johannes und dem Schreiber Matthäus verbot, bestimmte Ereignisse aufzuschreiben, begründet er mit dem Hin­weis, daß die Nachwelt es nicht fassen könne, bis zu dem Zeit­

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punkt, an dem die Menschheit reif wäre, dieses alles zu verste­hen. In vielen Fällen untersagt er sogar den Geheilten, ihn vor der Zeit „ruchbar" zu machen. Jesus erklärt bei vielen Gelegen­heiten, daß es besser ist, die Menschen werden durch das Wort gläubig, als durch Wunder, die sie ja förmlich zum Glauben zwingen müßten. Aber gerade das dürfte nicht sein, da der Mensch in seiner Entscheidung frei bleiben muß, denn nur die freie Annahme der Lehre könne diese mit der Seele verbinden. Wörtlich sagt er zu dem Jünger Johannes: „Es ist besser, die Sache wird der Welt in Verhüllung gegeben. Sie kann sich dann mit der Hülle abmühen, wobei der Lebenskern unversehrt bleibt. Wenn es aber vonnöten sein wird, werde Ich schon von neuem Menschen erwecken und ihnen kundgeben, was hier geschehen ist, und was die Welt zu erwarten hat, um ihrer unverbesserli­chen Bosheit willen. Wie das aber alles geschehen wird, das wer­de Ich dir, wenn Ich wieder in Meinen Himmeln wohnen werde, noch in dieser Welt für alle Welt in verhüllten Bildern offenba­ren" (GrEv I 216,13—15). Wer die Offenbarung Johannis Kap. 13 in der Bibel liest, den überkommt ein Grauen angesichts der heu­tigen Weltsituation; denn hebt „das Tier" mit den sieben Häup­tern und zehn Hörnern nicht schon den Kopf, um uns zu verder­ben? Die Neuoffenbarung durch Lorber macht hinsichtlich des nahenden Unheils ganz konkrete Hinweise, was Zeitpunkt und Art des Gerichts angeht. Es wird noch ausführlich darüber zu re­den sein, und ich hoffe, daß es diesem Buch gelingt, die Angst vor dem drohenden Unheil zu mildern und vor allem einen Aus­weg zu zeigen! Nur ist es notwendig, das Christusbild klar ins Auge zu fassen, denn auf dem Verständnis dessen baut sich in logischer Folge alles Weitere auf.Aus der Bibel geht hervor, daß Johannes der Täufer, der große Wegbereiter Christi, bereits einmal als der Prophet Elia auf Er­den gewirkt hat. Durch Lorber erfahren wir darüber noch mehr. Auch der erleuchtete Urvater Sehel war bereits mit demselben Geist erfüllt, der niemand anderer als der Erzengel Michael selbst gewesen ist, und der schon einmal in der Auseinandersetzung mit Luzifer eine entscheidende Rolle gespielt hat. Der Erzengel Michael soll es auch sein, der in der großen Auseinandersetzung der Endzeit den Drachen, der als Symbolfigur Satans gilt, wieder zu besiegen haben wird. Ob dieser Sieg auf geistiger oder mate­rieller Ebene zu verstehen sein wird, konnte ich aus der Fülle

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der Hinweise nicht eindeutig herauslesen. Fest steht aber, daß selbst nach der so ausführlichen Lorber-Offenbarung Gott dem Menschen immer noch Geheimnisse vorenthält, die uns zu wis­sen nicht gut tun. Begnügen wir uns also in Dankbarkeit und ehrfürchtiger Demut mit dem, dessen der Herr uns zu wissen für würdig hält. Der Umfang der Literatur ist ohnehin so gewaltig, daß dem Suchenden der Lesestoff nicht ausgehen wird. Merkwür­dig muß anmuten, daß Johannes der Täufer mit Sicherheit wuß­te, inspiriert durch den Geist Gottes, daß Jesus der war, auf den die alten biblischen Schriften (zum Beispiel Jesaia) seit Jahrhun­derten hingewiesen hatten, daß Er der Messias war, der in dem Schrifttum eindeutig als Jehova selbst bezeichnet wird. Aber nachdem Herodes Antipas, der Sohn des Kindermörders Hero­des, ihn ins Gefängnis werfen ließ, hegte Johannes Zweifel an der Identität Jesu mit „dem, der da kommen sollte". „Bist du es, oder sollen wir auf einen ändern warten?" läßt er bei Jesus an­fragen.Als die Jünger nach dem Grund fragten, warum Johannes so früh hatte sterben müssen, erwiderte der Herr sinngemäß: Er war nicht verhindert, Mir nachzufolgen, aber Johannes wollte Mich nicht über sich dulden (GrEv I 144,3). Das ist ein glänzendes Bei­spiel dafür, wie jedem Erdenbürger das Wissen um seine Vorexi­stenz genommen wird, so daß nicht einmal einer der höchsten Erzengel und Mitstreiter Gottes sein Selbst erahnen konnte. Das Wissen darum wäre ihm wahrscheinlich gegeben worden, wenn er sich überwunden hätte, als schlichter Jünger Jesus nachzufol­gen. Der Herr sagt im GrEv: „ . . . bei Meiner Ankunft ließ Ich große Zeichen geschehen und erweckte einen Mann, in dem ein hoher Urgeist (Erzengel Michael, d. Vf.) Wohnung nahm, daß er den Blinden verkünde Meine Ankunft und volle Gegenwart auf der Erde" (I 1,25).Als der Jüngling zu Nahim, den Jesus vom Tod erweckt hatte, sich nicht erinnern konnte, nach dem Sterben irgend etwas er­lebt zu haben, erklärte ihm Jesus (GrEv IX 36,11): „ . . . daß du keine Rückerinnerung daran hast, was deiner Seele in ihrer Ab­wesenheit vom Leibe begegnet ist, das habe Ich ganz weise an­geordnet, denn wäre dir die Rückerinnerung geblieben an das, was du im Paradies wohl und seligst erlebtest, so würdest du dich jetzt nicht so heiter befinden. Ich könnte dir wohl die volle Er­innerung daran wiederverschaffen, doch Ich würde dir dadurch

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nichts Gutes erweisen, weil du für diese Welt auf viele Jahre un­tüchtig würdest" (aus Sehnsucht nach den verlorenen Himmeln). Aus einem anderen Grunde muß dem Erdenmenschen die Rück­erinnerung an das Wissen um die ihn umgebende Geisterwelt genommen werden, weil er, völlig losgelöst von Gott und seiner geistigen Welt, aus sich allein den Gottesfunken in sich zum Le­ben entfachen muß. Erst dann wird ihm wieder Kunde von all­dem, was ihn unsichtbar umgibt!Das erklärt unsere heutige Situation. Immer wieder betont Jesus die Notwendigkeit der freiwilligen Annahme seines Wortes. Je­der Zwang, der durch Wunder oder deutlichere Einwirkungen der jenseitigen Welt ausgeübt würde, bedeutet Vergewaltigung des freien Willens, ein Gericht für die Menschheit. Dieser wich­tige Hinweis macht klar, warum die heutigen Menschen, als na­hezu glaubenslos, von der Anwesenheit des Göttlichen so gut wie nichts verspüren. In der großen Apokalypse der Johannes­Offenbarung der Bibel sind deutliche Hinweise auf die große Zeiten- und Geisteswende, in der wir leben, enthalten. Noch ein­mal, in der chaotischen Jetztzeit, darf Satan alles Böse, dessen er fähig ist, auf die Erdoberfläche werfen. Die Zunahme des Lebens­bedrohlichen wie Kriege, Hungersnot, Umweltverschmutzung, Bedrohung durch die Atombombe, Bevölkerungsexplosion, geisti­ge Verarmung, Lieblosigkeit, Zunahme des Satanischen in allen Lebensbereichen, die sich in Gewaltverbrechen, Geiselnahme und Erpressung ausdrückt, beweisen es. Noch einmal darf er sein ganzes Machtpotential einsetzen, um auch noch die wenigen, zu Gott strebenden Menschen von ihrem Weg abzubringen, bevor Gott selbst mit dem eisernen Besen die Erde von allem Unrat rei­nigen wird.Wenn ich diese Begebenheiten nur streife, so aus der Unmöglich­keit heraus, die Fülle der Informationen, die jedem Menschen zur Verfügung stehen, in diesem Buch zu verarbeiten. Die auf­schlußreichsten aber sind in jedem Fall in den elf Bänden des durch Lorber geoffenbarten Großen Evangelium Johannes enthal­ten; und ich kann versichern, daß ich jedes dieser Bücher mit atemloser Spannung gelesen habe.

Ehe ich mich der undurchsichtigen Figur des Judas zuwende, möchte ich noch bei einer Tatsache verweilen, die den meisten unserer Zeitgenossen so unglaubhaft erscheint. Während der

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Lehr- und Wanderjahre Christi haben Ihm hohe Engelsgeister in sichtbarer Form dienend und jedem seiner Winke gehorchend zur Verfügung gestanden. Uber diese Wesen, deren Existenz heu­te von den meisten Menschen bezweifelt wird, und die sich eine völlig falsche Vorstellung gefallen lassen müssen, ist viel gerät­selt worden. In den Büchern Böhmes, Swedenborgs und Lorbers werden wir mit Aussehen, Wesen und Funktion dieser urgeschaf- fenen Geister so vertraut gemacht, daß sich jeder Zweifel erübri­gen müßte. Neben dem Erzengel Michael und dem Engel Ga­briel, der die Verkündigung der Maria übermittelte, taucht der Name des Archiel und der des Zuriel auf; am eindrucksvollsten aber wohl wurde uns im Großen Evangelium Johannes das Bild des Engels Raphael gezeichnet.Immer wieder erregte die große Schönheit Raphaels, der als Jüng­ling sichtbar unter ihnen weilte, das Erstaunen aller Anwesen­den. Dennoch war die Schönheit Raphaels nur ein Abglanz sei­ner himmlischen Glorie. „Der Erzengel Raphael", sagte Jesus, „zeigt sich verhüllt vor euch. Er muß sein Inneres mit einer kör­perlichen Umkleidung verdecken, weil ihr sonst seine himmlische Glorie in eurer Gegenwart nicht ertragen könntet."Cyrenius beschreibt die sichtbare Gestalt und Schönheit Raphaels im GrEv wie folgt: „Ja, das ist alles Natur und im Emst Materie. Er hat alle Glieder und dieselbe Form wie unsereins, nur ist alles edler und um sehr vieles schöner, und die Anmut seines Gesich­tes ist unübertroffen strahlend schön" (II 218,4). Auf die Frage eines römischen Hauptmanns, ob es bei den Engeln geschlechtli­che Unterschiede gebe, antwortet Raphael: „W as wir urgeschaffe- nen Geister sind, so ist bei uns allein das männlich-positive We­sen als völlig ausnahmslos waltend, aber es ist dennoch in jedem von uns auch das weiblich-negative Prinzip gegenwärtig, und so stellt ein Engel in sich die vollkommenste geistige Ehe der Him­mel Gottes dar" (II 156,12). Darin liegt auch die Tatsache begrün­det, daß die Engelsgeister nie altem, weil sich in ihnen die bei­den Pole ewig gleichfort unterstützen.Daß Raphael auch Speise zu sich nahm, erregte wohl das größte Aufsehen bei den Anwesenden. Auf die verwunderte Frage des Hauptmanns, der nicht umhin konnte, unentwegt den gewalti­gen Appetit des Engels und dessen Eßweise zu betrachten, er­klärte Raphael, nachdem er zuvor einen riesigen Fisch verzehrt hatte, daß er in dem Augenblick, in dem er sich eines Materie­

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leibes bediene, audi der materiellen Nahrung bedürfe, der er die geistigen Bestandteile entzöge, um sie für sich verwerten zu kön­nen. „In den Himmeln allerdings ist das Wort Gottes unser wah­res Himmelsbrot." (GrEv II 156,15; 157,3.)Der durch Jesus vom Tod erweckte Knabe Josoe erklärte den An­wesenden, daß, ähnlich wie der Engel die Materienahrung erst vergeistigen müsse, um sie für sich verwertbar zu machen, ein Engel Gottes beim Tod eines Menschen das Geistige aus dem Körper lösen müsse, um ihn den Himmeln zugänglich zu m a­chen. Keine Materie ist fähig, in die geistige Welt einzugehen. (GrEv H 195,1.)Uber die göttliche Willensausübung der Engel, ihre Schnelligkeit und Kraft wird Cyrenius durch einen Engel belehrt: „Sein (des Herrn) Wille ist unser Sein, unsere Kraft und Schnelligkeit. Aus uns selbst vermögen wir nichts! So Er aber will, da nehmen wir seinen Willen in uns auf und vermögen alles durch denselben. Unsere Schönheit aber, die dein Auge blendet, ist unsere Liebe zu Ihm " (GrEv II 38,1).„U nd doch seid ihr als Diener Gottes so kalt und unnahbar in eurem Gebaren", wunderte sich Cyrenius. Darauf antwortete Je­sus, daß der irdische Mensch wohl die Belehrung und Weisheits­tiefe der Engel ertragen könne, aber nicht ihre Liebe, die dem Er­denmenschen erst erträglich würde, wenn er in seinem Herzen ihrer Liebe gleichgekommen ist. „Begreife, das Licht, das der irdi­schen Flamme entströmt, kannst du ertragen; aber kannst du dar­um auch die Flamme selbst ertragen, die das Licht gibt?" (GrEv II 45,6.)Auf die Bitte der beiden anwesenden Engel, noch einige Tage sichtbar in der Nähe Jesu verweilen zu dürfen, sagte der Herr: „Ihr habt von jeher die vollste Freiheit, und so tut, was euch frommt, aber vergesset darob nicht, welchen Dienst ihr zu leisten habt! Die Mittelsonnen bedürfen einer großen Pflege, und ihr wisset es, wie viele es deren im unendlichen Gottesraume gibt" (GrEv II 47,16). Damit deutete Jesus eine der Aufgaben an, wel­che die Engel als Verlängerung seines Willens zu erfüllen haben. Daraus geht hervor, daß Jesus als der Schöpfer selbst zu der Zeit von unserer kleinen Erde aus das ganze Universum regierte.„Die Engel aber verrichteten ihr Weltenleitungsgeschäft während der Nacht und waren mit dem Aufgang der Sonne wieder da, tra­ten vor Jesus hin, dankten ihm und sprachen: ,Herr, es ist alles

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in der größten Ordnung im großen Weltenmenschen, alle M it­telsonnen stehen unverrückt an ihren Stellen . . . wie Du, o Herr, vom Urbeginn an das Maß gelegt h a s t . . " (GrEv II 57,1).Jesus erklärte seinen Zuhörern, daß in der Zukunft jeder Engels­geist, der den Wunsch hätte, ein „Kind Gottes" zu werden, sich gleich ihm in einen menschlichen Körper einzeugen lassen müß­te, da er selbst dieses Erdenleben vorgelebt habe. Dazu sagte an anderer Stelle ein Erzengel, daß die, die sich Kinder Gottes nen­nen dürfen, wohl endlos glücklicher wären als alle Engelsgeister, daß aber dennoch bei den Engeln wenig Neigung zu dem harten Erdenleben bestünde, da auch so jeder Engel Gottes ein unvor­stellbar seliges Dasein genieße.„Kinder Gottes" zu heißen ist nach der Neuoffenbarung das Höchste, was ein geschaffenes Wesen zu erreichen imstande ist; es bedeutet, Gott ähnlich zu werden („Seid vollkommen, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist"; Matth. 5,48).Auf dem Gipfel eines hohen Berges läßt Jesus Jarah, die Tochter des Wirtes Ebahl, die Engel des Himmels schauen und erklärt ihr, daß den Engeln, so leicht und ätherisch sie auch aussehen, dennoch eine so große Macht und Kraft innewohnt, daß auch der kleinste und schwächste von ihnen imstande wäre, in einem Augenblick die ganze Erde zu zerstören. Einer der Engel bedeutet ihr, daß er allein aus sich selbst nichts vermag.„Siehe, die ganze Welt und alle Himmel sind nichts als durch den allmächtigen, unerschütterlichsten, festesten Willen festgehalte­ne Gedanken und Ideen Gottes. Wenn Er nun seine Idee zurück­nimmt und seine Gedanken auflöst, so vergeht im selben Augen­blick das sichtbare Geschöpf. Faßt der Herr aber einen neuen Ge­danken und hält ihn in seinem allmächtigen Willen fest, so ist das Geschöpf für jedermann sichtbar da" (GrEv II 136,4). Deshalb geht auch der Engel Handlungsweise mit Gedankenschnelle von­statten, weil sie nur Ausübende seines Willens sind, und keine Materie kann für sie ein Hindernis sein. Würde der Herr das Weltall mit allem, was darinnen ist, nur einen Augenblick aus seiner unwandelbaren Sorge entlassen, „so würde alles in dem­selben Augenblick vergehen, das Größte wie das Kleinste" (GrEv II 140,3).Jarah erfährt noch, daß die Geschwindigkeit des Geistes die Schnelligkeit jedes noch so rasch dahinfliegenden Materiekör­pers übertrifft (GrEv II 136,7); und uns kommt, so glaube ich,

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langsam eine leise Ahnung von der Art der jenseitigen Fortbewe­gung und von den Mächten, die außerhalb unseres Vorstellungs­Vermögens liegen.Seltsam hat mich die Unterhaltung berührt, die der Erzengel Raphael mit einem reichen Römer führte, der in das von Jesus eingerichtete Heilbad des Markus kam, um dort zu kuren. „Wie kommt es", fragte der Römer den Engel, „daß ich ausgerechnet die weite Reise unternehmen mußte, um hier zu der Erkenntnis dessen zu kommen, wonach ich seit langem gesucht habe?" Da erwiderte ihm Raphael, daß es seine, Raphaels, Aufgabe sei, in eines jeden Menschen Herz zu leuchten, ob es zur Aufnahme des Gotteswortes fähig sei, und daß er das Schicksal eines jeden Menschen dann so zu lenken habe, daß ihm, genau nach dem Grade seiner Erkenntnisfähigkeit, die Möglichkeit über den Weg geführt werde, durch Belehrung von seiten anderer Menschen (oder informative Bücher) den Weg zu Gott zu finden. Dazu heißt es in der Bibel: „Wer mich lieb t. . . , dem werde ich mich offenbaren" (Joh. 14, 21).

Wie aber selbst seine Anhänger Schwierigkeiten hatten, die Identität Jesu richtig einzuordnen, zeigt ein Tischgespräch, das die Jünger unter sich miteinander führten. Im GrEv erfahren wir darüber folgendes:(Der Herr:) „Der Wein fing an, die Zungen zu lösen. Es entstan­den verschiedene Meinungen über Mich, und man könnte sagen, daß hier bei diesem Mahl eine erste Kirchenspaltung vor sich ging. Einige behaupteten, daß Ich ganz unmittelbar das höchste Gottwesen sei, andere sagten, Ich sei das wohl, aber nicht unmit­telbar, sondern nur mittelbar. Wieder andere sagten, Ich sei eigentlich nur ein Sohn Davids der Abkunft nach und sei zum Messias des Davidschen Reiches bestimmt und darum mit der Wunderkraft Davids und mit der Weisheit Salomos ausgerüstet. Noch andere meinten, Ich sei ein erster Engel der Himmel, nun auf Erden im Fleische wandelnd.Ein Teil, zu dem sich sogar etliche Meiner (späteren) Apostel schlugen, erklärten Mich für den Sohn des Allerhöchsten. Ich hätte zwar dieselben Eigenschaften wie Mein Vater, sei aber den­noch eine ganz andere Persönlichkeit, und es möchte also auch der Geist Gottes noch eine dritte Persönlichkeit ausmachen, die in gewissen Fällen für sich allein ein Wörtlein zu reden habe.

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M it dieser Meinung waren jedoch nur wenige einverstanden. Einige fragten daher den Petrus, was er denn meine. Petrus aber sagte: ,Er, der Herr selbst, hat uns befragt, was die Leute von ihm hielten, wer Er sei, und was wir selbst von Ihm hielten. Als ich befragt ward, sagte ich: ,Du bist der Sohn des Allerhöchsten!' Und Er war mit meinem Zeugnis vollkommen zufrieden und nannte mich einen Glaubensfels, auf dem Er seine Kirche bauen werde, die von den Pforten der Hölle nicht mehr überwunden werden würde.'Johannes aber war sehr gegen diese Meinung des Petrus und sag­te: ,In Ihm wohnt die Fülle der Gottheit körperlich! Als den Sohn, der aber keine andere Persönlichkeit ist und sein kann, erkenne ich nur seinen Leib insoweit, als er ein Mittel zum Zwecke ist. Aber im ganzen ist Er dennoch identisch m it der in aller Fülle in Ihm wohnenden Gottheit!Ist denn mein Leib eine andere Persönlichkeit als meine Seele? Machen denn nicht beide einen Menschen aus, obschon im An­fang meines Seins die Seele diesen Leib erst ausbilden mußte. Man kann daher wohl sagen, daß der Leib ein Sohn oder etwas von der Seele Erzeugtes ist, aber darum macht er keine zweite Persönlichkeit aus! Und noch weniger kann man das von dem Geiste in der Seele sagen, denn was wäre eine Seele ohne den götdichen Geist in ihr!? Sie wird ja erst ein vollkommener Mensch durch ihn, so er sie ganz durchdrungen hat. Da ist dann Geist, Seele und Leib vollkommen ein und dieselbe Persönlich­keit!Zudem steht geschrieben: ,Gott schuf den Menschen vollkom­men nach seinem Ebenmaße.' So aber der Mensch als vollkom­menes Ebenmaß Gottes mit seinem Geiste, seiner Seele und sei­nem Leibe ein Mensch ist und nicht drei, so wird doch etwa Gott als der vollkommenste Urgeist, umgeben mit einer ebenso voll­kommenen Seele und nun auch vor unseren Augen sichtbar mit einem Leibe, doch nur ein Gott und ewig nie ein Dreigott, etwa gar noch in drei gesonderten Personen sein! Das ist meine An­sicht, an der ich ewig festhalte.'Sagten alle an Meinem Tische: Johannes hat recht geredet!' Petrus aber wollte sich verbessern und sagte: ,Ja, so meine ich es auch, nur bin ich nicht so mundwendig, um mein inneres Ver­ständnis so schnell an den Tag zu legen, weil diese Sache doch immer etwas schwer zu fassen ist.' Erwiderte Johannes: ,Schwer

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und wieder nicht schwer! Nach deiner Art wird es wohl nie ein Mensch auf dieser Erde fassen, nach meiner Art, so denke ich, dagegen ganz leicht. Der Herr soll nun zwischen uns einen Schiedsrichter machen!'Sagte Ich: ,Der Glaube vermag vieles, aber die Liebe allesl Du, Simon Juda, bist wohl ein Fels im Glauben, aber Johannes ist ein reiner Diamant in der Liebe, und darum sieht er auch tiefer als jemand anders von euch. Denn in solcher Liebe hat vieles Raum, im Glauben aber nur etwas Bestimmtes, allda es heißt: Bis hierher und nicht weiter!Haltet euch daher nur an den Ausspruch Meines Lieblings, denn er wird der Welt die vollkommene Wahrheit über Mich brin­gen!' (GrEv IV 88.)Bis heute herrscht in beiden Konfessionen die unklare Gottes­vorstellung von drei göttlichen Personen. „Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes" heißt es im Ritual des Got­tesdienstes. Und nicht wenige Gläubige stellen sich wirklich drei verschiedene göttliche Personen, eine Drei-Gottheit, vor. Eine kla­rere Aussage als in dem vorangegangenen Tischgespräch von dem Jünger Johannes kann man über die alleinige Göttlichkeit des Herrn kaum geben.

Ein breiter Raum wird in dem Buch „Christ sein“ den Essäern (oder Essenern) gewidmet. Zwar wird hier im Gegensatz zu den Bemühungen anderer zeitgenössischer Autoren, Jesus als einen Schüler der Essäer hinzustellen, der Beweis angetreten, daß die sanfteren Lehren Jesu im Gegensatz zu den streng asketischen Regeln der Essäer standen; aber eindeutige Klarheit über das Wesen der Mönchskaste ist aus dem Buch von Hans Küng nicht zu gewinnen.Da das Neue Testament als das mit Abstand bestuntersuchte Buch der Weltliteratur genannt wird, mit dem sich ganze Gelehr­tengenerationen in jahrhundertelanger Kleinarbeit eingehend beschäftigt haben, soll dazu ausführlicher Stellung genommen werden.Auch zu den Erdenzeiten Jesu gab es eine große Anzahl von Menschen, die ihn als Schüler der Essäer bezeichneten. Dieser Mönchsorden hatte sich durch seine strengen Ordensregeln und unerhörte „W undertaten" ein so hohes Ansehen erworben, daß sie den Pharisäern des Tempels äußerst lästig wurden, stahlen sie

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doch durch die unglaublichen Taten, die sie verrichteten, den Templern gewissermaßen die Schau. Was es in Wahrheit mit diesem hochgelehrten Orden auf sich hatte, erfahren wir in der Neuoffenbarung in einem Streitgespräch zwischen dem Jünger Judas und Bartholomäus, einem ehemaligen Diener der Essäer, der als „Toter" bei den angeblichen Totenerweckungen mitzu­wirken hatte. Judas vertrat den Standpunkt (GrEv II 97—99), daß die Wundertaten des Heilandes sich gar nicht so erheblich von denen der Essäer unterscheiden,- er selbst hätte das Stamm­kloster besichtigt und sei Augenzeuge der unheimlichsten Er­scheinungen gewesen. Bartholomäus bewies ihm aber, daß die Essäer durch raffinierte Betrugsmanöver versuchten, ihren ins­gesamt wohl sehr lobenswerten Lehren mehr Nachdruck zu ver­leihen und sich dazu dieser dunklen Machenschaften bedienten. Zwischen Jesus und dem anfänglich atheistischen Oberpriester Roklus kam es zu langen Gesprächen, in deren Verlauf Roklus ein glühender Verehrer Jesu wurde und später in ihm den Herrn der Welt erkennen durfte. Einen Ausschnitt dieser Gespräche, die sich auf die Schädlichkeit der Wundertätigkeit und die Un- nötigkeit zu strenger Regeln beziehen, gebe ich im Wortlaut wieder:Jesus sprach: „Alles ist nun die Liebe zu Gott und zum Nächsten, aber etwa nicht nur in der Theorie, sondern wahrhaft in der Tat, und dazu bedarf es weder eines Sabbats noch eines N eu­mondes, noch eines Tempels, noch einer besonderen Zeit oder irgend eines verbrämten Kleides, noch irgend langer, unsinniger Gebete, noch irgendeines unsinnigen Sühneopfers, keiner Och­sen, Kälber und Böcke zur Schlachtung und Verbrennung, son­dern allein der Liebe, die Ich euch nun schon so oft enthüllt habe.Werdet also als die Ausbreiter dieser Meiner Lehre nirgends und niemals schwach in was immer für einer alten Satzung, nicht einmal in der Wahl der Speisen, denn was zum Munde hinein­geht m it Maß und Ziel, verunreinigt den Menschen niemals, sondern nur das verunreinigt den Menschen, was vom Herzen durch den Mund zum Schaden des Nebenmenschen heraus­kommt. So werdet ihr mit dieser Lehre den wahren Segen und das wahre Heil des Menschen geben für bleibend. Werdet ihr aber nur irgendeine alte Zeremonie mit dieser Meiner Lehre verbinden und zu halten anfangen gewisse Gedächtnistage, so

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wird sich das von Jahr zu Jahr vergrößern und in mehreren Jahr­hunderten zu einem wahren euch bekannten Augiasställe wer­den, der am Ende wieder durch ein allgemeines Gericht wird gereinigt werden müssen.Ich gebe euch damit eine Gottes- und Lebenslehre, die von jeder Zeremonie so fern ist wie ein Himmelspol vom ändern. Da be­darf es keines Sabbats, keines Tempels, keines Bethauses, keiner Faste, keines eigenen Aaronstabes und -rockes, keiner zweihor­nigen Kopfbedeckung, keiner Bundeslade, keines Rauchfasses, keines gebenedeiten und noch weniger eines verfluchten Was­sers. In dieser Lehre ist der Mensch in sich alles in allem und braucht sonst nichts als nur sich selbst. In dieser Meiner neuen Lehre ist der Mensch, wie auf einen Punkt, in eins vollkommen vereint in sich und mit sich, so wie auch Ich selbst mit aller Meiner früheren urewigen und unendlichen Gottheit hier auf einen Punkt vereint vor euch stehe und selbst zu euch sage, daß von jetzt an das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit nicht mehr im Tempel zu Jerusalem oder auf Garizim zu suchen und all- dort Gott anzubeten sein wird, sondern solchen Gottesdienst wird man tun können überall, wo ein Mensch ist!Des Menschen Herz wird sein der lebendige Tempel des wahren einigen und einzigen Gottes, und die werktätige Liebe wird sein der allein wahre Gottesdienst, und die Liebe zu Gott wird sein seine ganz allein wahre Anbetung!Ich hebe hiermit denn alles Alte samt dem Gesetze Mosis auf, nicht etwa, als wäre es fortan nicht mehr zu beachten — das sei ferne — sondern nur insoweit, als es da bis jetzt war eine äußere, mit irdischen Strafen belegte Nötigung, so und so zu handeln. Denn also war das Gesetz ein jedem Menschen im Genicke sit­zender Richter, und war ein bleibendes Gericht, dessen sich kein Mensch entschlagen konnte. Ein Mensch aber, der gedrückt un­ter der Gesetzeslast steht, steht dadurch auch offenbar in fort­währendem Gerichte. Der aber im Gericht steht, ist geistig tot und verflucht von der inneren, göttlichen Lebensfreiheit.Nur wenn das Gesetz sein eigen wird und der Freiheit des eige­nen freiesten Willens untersteht, dann hat alles Gericht und aller Fluch und Tod beim Menschen ein Ende, und Ich bin eben dar­um hauptsächlich in diese Welt gekommen, um allen Menschen die Erlösung vom Joche des Gesetzes, des Gerichtes, des Fluches und des Todes zu bringen, und darum auch nehme Ich von nun

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an alles Äußere weg, gebe euch somit wahrhaft euch selbst zu­rück und mache euch eben dadurch erst wahrhaft zu wahren Got­teskindern und zu Herren über alles Gesetz und Gericht. Werdet ihr, und also auch eure Jünger, gleichfort unverändert in dieser Norm verbleiben, so wird auch nie ein Gericht über euch zu kommen imstande sein, weil ihr ja über dem Gerichte stehet!“ (GrEv V 131,7-9. 132,1-4; 6-8.)Noch einmal komme ich zurück auf das Buch „Christ sein“ von Professor Küng, der im Gegensatz zu den Aussagen der Bibel die Machenschaften der Pharisäer verharmlost. Was in den elf Bän­den des Großen Evangeliums Johannes von seiten der Pharisäer ans Licht kommt, ist aber geradezu ungeheuerlich. Nicht um ­sonst nannte Jesus sie „Otterngezücht", „Schlangen- und arge Tempelbrut". Sie waren Meister der Heuchelei, so daß es nicht wundernimmt, wenn es ihnen gelang, einem oder dem anderen Geschichtsschreiber Sand in die Augen zu streuen. Daß es unter den Pharisäern und Schriftgelehrten des Tempels aber auch, lei­der nur wenige, echte priesterliche Gestalten gab, bezeugt das Wort des zwölfjährigen Jesus in der Schrift „Die drei Tage im Tempel" (Lorber) an den gelehrten Joram: „D u bist Mir aus eurem ganzen Kollegium der Liebste und hast für Mich schon in dieser Nacht dem Hohenpriester ein gutes und reines Wort geredet,. . . daß er zum wenigsten eine Ahnung von der aller­wichtigsten Entsprechungslehre bekommen hat" (Kap. 13,11). Und als Joram später bittet, er möge ihnen eine rechte Weisung geben, antwortet der Jesusknabe, die damalige Situation im Tem­pel hell beleuchtend: „ . . . Ja, ihr würdet darüber wohl Rat hal­ten, . . . dann (aber) wird Mein Rat mit der Stimmenmehrheit verworfen. . . Also war es in diesem Hause schon öfter und manchmal sogar um vieles besser, und dennoch drang der bes­sere Teil niemals durch, sondern allzeit der große Haufe, der stets den größten Lärm zu schlagen verstand. Aber Ich sage es dir und jedem, der da denkt wie du und auch bei sich danach tut — denn auch bei den übervielen Bösen wird der einzelne Gerechte vor dem Angesicht Gottes nicht unbeachtet bleiben . . . " (Kap. 27,16. 28,2.3).Was die Forderungen Jesu in der Einhaltung seiner Gebote an­ging, so waren sie nur scheinbar lockerer als die der Essäer und Templer, weil er deren Befolgung dem freien Willen seiner An­hänger und Jünger überließ. Von ihrer Göttlichkeit und ewigen

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Gültigkeit ließ er sich aber nichts abhandeln! Er erklärte genau die Folgen, die aus der Übertretung dieser Gebote entstehen würden, und überließ jedem Menschen selbst die Entscheidung über Gut oder Böse. Warum er niemals den menschlichen Willen einzuengen versuchte, ist eingangs schon erklärt worden. Vor allem zu den Ehe- und Moralgesetzen machte er ganz klare Aussagen und stellte uns allen die Folgen der Übertretungen schonungslos vor Augen.Die Menschen der Jetztzeit sind in vielen Fällen der irrigen Mei­nung, daß die Zehn Gebote ein alter Zopf sind, die man unge­straft ignorieren kann! Natürlich kann jeder tun, was er will, da redet uns auch heutzutage Gott nicht dazwischen, aber tragen muß jeder die Folgen seiner Handlungsweise ganz allein! Man bringt sie nur in den seltensten Fällen in irgendeine Beziehung zu seinem Tun. M an hat eben „Pech“ oder eine „miese Strähne", oder man beschwert sich obendrein noch heftig bei dem Schick­salslenker, falls man an einen solchen glaubt, über die erlittene Ungerechtigkeit.Wie sich die Nichteinhaltung der Gebote in unserem täglichen Leben auswirkt, möchte ich in einem Kapitel für sich behandeln. Deshalb will ich fortfahren, das Christusbild herauszuarbeiten, damit die richtige Basis zum Verständnis geschaffen wird.Jesus hob das äußere Zeremoniell wohl auf, die Lippengebete, das Waschungsritual, die sinnlosen Gepflogenheiten des Sabbats, aber er verstärkte das innere Zeremoniell, er unterstellte den Menschen der Eigenverantwortlichkeit! Er sagte zu ihm: Du kannst dich Mir jederzeit und überall nahen, dazu bedarf es keines Dogmas, keines Rituals, keiner vorgeschriebenen Gebete, aber du brauchst Mich, und den Weg zu Mir mußt du dir in voller Verantwortlichkeit suchen! Der Weg zu Mir ist steil, und Dornen und Disteln versperren dir den Pfad, aber, wenn du es willst, kannst du es schaffen, und Ich werde dir auf halbem Weg entgegenkommen. Wenn Ich sehe, daß es dir mit deinen An­strengungen ernst ist, bin Ich da, um dir weiterzuhelfen. —Das ist es, was ihn mit Zöllnern und Ehebrechern, Dieben und anderen Sündern umgehen läßt. Er erkennt in ihnen die Bereit­schaft zu Reue und Demut. Nur denen sind die Sünden ver­geben, die sie erkennen und von Herzen bereuen. Die Sünder jedoch, die die Sünde zum Götzen erheben, und die ihre Untaten noch hochmütig als Privileg betrachten und sich damit brüsten,

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hält er für verloren, ja für wahre Teufel. Denen prophezeit er einen endlos langen Weg des Schreckens, bis sie eines Tages geläutert zu ihm zurückkehren können.In keinem anderen Werk der Weltliteratur wird die Zwiespäl­tigkeit im Wesen des Jüngers Judas Ischariot so klar Umrissen dargestellt wie in dem Johannes-Evangelium Lorbers. Mich selbst überkam beim Lesen dieser Werke ein ganz eigentümliches Ge­fühl, wenn ich verfolgen konnte, wie dieser Jünger, der eine so entscheidende Rolle im Erlösungswerk Christi spielen mußte und der der klügste der Apostel war, hin und her gerissen wurde von dem Geiz seiner materiellen Seele und der Ehrfurcht vor der Göttlichkeit Christi. In dem Jünger Thomas, der Judas der Ge­sellschaft Jesu zugeführt hatte und der ihn aus seinem Heimat­dorf als Töpfer und Feilscher beim Verkauf seiner Ware kannte, erwuchs ihm ein ständiger Moralprediger, der, einem Stachel im Fleische gleich, fortwährend seine weltgierige Wesenheit in Unbehagen versetzte. Nicht ohne Heiterkeit erleben wir die oft­mals recht drastischen Auseinandersetzungen dieser beiden Wi­dersacher, wobei sich Judas recht häufig bei Jesus über das Beneh­men des Thomas beschwerte. Und immer nahm Jesus solche Gelegenheiten zum Anlaß, in allem Ernst auf die Seele des Judas einzuwirken und ihn auf die Folgen seiner Habsucht und listigen Betrugsversuche hinzuweisen, ja er prophezeite ihm sogar sein schmähliches Ende, falls er sich nicht ändern würde.Natürlich wußte der Herr genau, was geschehen würde; aber ich will damit zum Ausdruck bringen, wie schwer es eine weltliche und materiell eingestellte Seele hat, sich zu ändern, selbst in der Nähe des höchsten Wesens. An diese Stelle gehört das Jesuswort: „Es ist leichter, daß ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, als daß ein Reicher ins Reich Gottes komme" (Matth. 19.24).Freilich gibt es auch hier Ausnahmen. Als reiche Pharisäer frag­ten, warum Jesus von dem reichen Lazarus von Bethanien, N i­kodemus und Josef von Arimathia nicht auch verlangen würde, daß sie ihre irdischen Güter aufgäben, um ihm nachzufolgen, antwortete er: „Zwischen ihren und euren Gütern ist ein him­melgroßer Unterschied. Ihre Güter sind das Ergebnis eines wah­ren, uneigennützigen Fleißes und des Segens aus den Himmeln Gottes. Zugleich sind die drei Genannten nun fast die einzigen Unterstützer der vielen Tausende, die durch euer gottloses Trei­ben arm und elend geworden sind. Sie sind somit die wahren

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Sachwalter Gottes auf Erden und betrachten die ihnen anver­trauten Güter als ein Geschenk von oben, das sie zur Versorgung vieler Armer zu verwalten haben" (Gr.Ev VII 157,8).Judas hatte also durchaus die Chance, seine Geldgier zu bezäh­men, und oft kommt es dem Leser so vor, als wäre er wirklich auf dem Weg der Besserung. Obwohl man den Ablauf des tragi­schen Geschehens kennt, schleicht sich doch immer wieder eine kleine unsinnige Hoffnung ein, dieser hartnäckige Charakter werde sich durch die himmlische Nähe des Schöpfers doch noch ändern und dadurch das schrecklichste Geschehen aller Zeiten einen anderen Verlauf nehmen.Judas selbst bat einmal den Herrn, daß er sein Wesen ändern möge, da er selbst nicht dazu in der Lage wäre, obwohl er es gern wollte. Jesus antwortete ihm eindringlich gütig, daß er gerade das nicht tun könne und dürfe, denn aus sich selbst heraus müsse sich eine Seele mit aller Kraft über ihre Schwächen erheben; nur er selbst, Judas, wäre in der Lage, durch harte Selbsterziehung diesen schlimmen und gefährlichen Wesenszug auszumerzen. Vielleicht sollten wir uns hier auch Gedanken über den geistigen Tod machen, dem jede Seele verfällt, die systematisch ihren Got­tesfunken durch ein zu weltliches Leben aus sich verdrängt und hinausstößt. „Sünde ist, was ein Mensch tut wider die Stimme seines Gewissens, denn das Gewissen ist Gottes Stimme im Menschen. Wer aber eine Sünde als Sünde erkennt, sie tatsäch­lich verabscheut, Gott über alles zu lieben anfängt und damit auch seinen Nächsten, der ist vor Mir kein Sünder mehr", sagt der Herr [BM 115,5).Wer aber immer und immer wieder sein Gewissen zum Schwei­gen bringt, bis er selbst nicht mehr merkt, daß er eines hat, der verfällt unweigerlich dem geistigen Tod. Unter dem „geistigen Tod" haben wir sonach die völlige Unfähigkeit einer Seele zur Gotteserkenntnis, das hochmütige Sichverschließen Gott und al­lem Göttlichen gegenüber zu verstehen, woraus klar zu erken­nen ist, daß Jesus mit den „Toten" die geistig Toten meint.Da der Mensch beim Tode seines Leibes seinen vollen Bewußt­seinszustand, den Entwicklungs- und Reifegrad seiner Seele un­verändert in die jenseitige Welt mitnimmt, da er weder schlauer oder gar allwissend geworden ist (wie der Baum fällt, so bleibt er liegen), kann man sich vielleicht vorstellen, in welcher Fin­sternis diejenigen Seelen dort ankommen, die sich in der dies­

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seitigen Welt nie um die Fortentwicklung ihres Seelen- und Gei­steslebens bemüht haben. Wieviel man aber diesseits erreichen kann, wenn man sich allen Ernstes bemüht, das weiß ich aus eigener Erfahrung.Vernunftmäßig verstand Judas die Forderung Christi wohl, aber seine Seele konnte, besser gesagt, wollte nicht begreifen. Immer und immer wieder verfiel er in die alten Fehler. — Und dabei liebte Judas den Herrn! Der furchtbarste Verrat, der jemals ge­schah, beruhte auf einem schrecklichen Irrtum. Wie viele seiner Landsleute erhoffte sich auch Judas ein irdisches Königtum, in Macht und Reichtum, mit Jesus als König. Wohl nahm er die drei­ßig Silberlinge gern, die ihm Kaiphas, der Hohepriester, bot, aber insgeheim empfand er eher ein listiges Vergnügen, die Templer begaunert zu haben, denn er glaubte im Ernst nicht daran, daß Jesus sich gefangennehmen lassen würde,- vielmehr würde er seine Macht und Herrlichkeit allen offenbaren und sich als über­legener Sieger zeigen müssen. Allzuoft hatte Judas in den Jahren zuvor erfahren, daß die List der Templer niemals imstande ge­wesen war, seinem Meister zu schaden. Als Jesus nach dem Ju­daskuß gefangengenommen war, gab es ganz sicher im ganzen Erdenrund keine verzweifeltere Seele als die des Judas Ischariot! Und obwohl er aus den Belehrungen des Herrn wußte, was den Selbstmörder jenseits erwartet, sah er keinen anderen Ausweg als den selbstgewählten Tod.Der Lebens- und Leidensweg Christi steht vorbildlich für die Entwicklung der gesamten Menschheit, so lesen wir in der Neu­offenbarung durch Jakob Lorber. Da stellt sich sofort die Frage nach dem Sinn dieses Erlösungswerkes, das Satan in einem Dia­log mit Jesus auf dem Berg Tabor höhnisch als bereits gescheitert ansah; denn Jesus, als sterblicher Mensch, müßte ihm, Satan, zwangsläufig gehören, wenn er ihn, den Menschensohn, durch den Leibestod besiegt habe. Satan war es auch, der in seiner Tor­heit alles daran setzte, um den Tod Christi herbeizuführen. Nur so, glaubte er, würde er seines Widersachers ledig. Aber er begriff den Plan Gottes nicht und wurde ungewollt selbst zum Hand­langer des Erlösungswerkes.

Immer wieder hatte Jesus auf seinen nahen Kreuzestod hinge­wiesen und immer wieder gewarnt, daß sich niemand daran „ärgern" solle. Das bedrückte dem Jünger Petrus ganz gewaltig

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das Herz, so daß er fragte: „Herr, die menschliche Vernunft wird zu allen Zeiten die Frage stellen, warum der Allmächtige also von seinen Geschöpfen zugerichtet werden mußte, um ihnen die Seligkeit und das ewige Leben geben zu können. Genügte die reine Lehre und sein nur Gott mögliches Wundertun nicht? Bes­sert das die Menschen nicht, wie wird sie dann sein Leiden und Sterben bessern?" (GrEv V 247,2.) Darauf antwortete ihm Jesus: „Ich als der alleinige Träger allen Seins und Lebens muß auch das, was von Ewigkeiten her durch die Festigkeit Meines Willens dem Gericht und dem Tod verfallen war, erlösen und muß, eben durch das Gericht und durch den Tod dieses Meines Fleisches und Blutes, in das alte Gericht und in den alten Tod eindringen, um so Meinem eigenen Gottwillen jene Bande zu lockern und zu lösen, auf daß alle Kreatur aus dem ewigen Tod zum freien und selbständigen Leben übergehen kann" (GrEv V 247,5).Erinnern wir uns der Worte im Kapitel „ Luzifei" — „und Gott er­barmte sich der gefallenen Geisterschar" —, dann wird es uns klar, daß Gott hier ein von ihm selbst geschaffenes Gesetz umgewan­delt hat. An anderer Stelle sagt er nämlich: „Siehe, Ich mache alles neu, und alle alten Verhältnisse müssen umgewandelt wer­den, weil Ich Mich Selbst umgewandelt habe, dadurch, daß Ich (der höchste Gottgeist) die Materie angezogen habe" (GrEv IV 109,8). „Es war zwischen Mir und euch Menschen wohl eine endlose Kluft, vermöge der sich Mir auch nicht einmal der voll­kommenste Engelsgeist hätte nahen können, aber nun ist über diese Kluft eine Brücke gebaut, und diese heißt ,die Liebe' zu Mir von eurer Seite, so wie Ich aus Meiner ewig großen und über alles mächtigen Liebe zu euch Menschen selbst Mensch mit Fleisch und Blut geworden bin und habe auch eure Schwächen angenommen, auf daß Ich kein ewig ferner Gott, sondern ein völlig naher und leicht erreichbarer Vater, Freund und Bruder sein kann nach dem Maße eurer Liebe zu M ir" (GrEv IX 85,5). Wird es nun klar, daß Gott nur Güte und Liebe ist, wenn er selbst uns den Weg, der allein zu ihm führt, im irdischen Leib vorlebte, um unseres Heiles willen litt als ein Mensch und den Tod am Kreuz erduldete? —In den letzten Tagen hielt sich Jesus in der Herberge des Lazarus auf dem ölberg auf, und alle, die vom jüdischen Volk besseren Sinnes waren, sind zu der Zeit in der Nähe des Herrn gewesen, damit ihre Seelen erleuchtet werden konnten,- und die Jünger

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hatten vollauf zu tun, alle Herandrängenden und in ihrer Seele Dürstenden zu erquicken.Am Abend des ersten Tages nach der Ankunft bei Lazarus ge­schah es, daß plötzlich Judas Ischariot zur Tür hereintrat. Die Jünger zogen krause Gesichter, hatten sie doch gehofft, ihn, der sich lange nicht unter ihnen aufgehalten hatte, nie wieder zu Gesicht zu bekommen. Judas war in der Zwischenzeit nicht un­tätig gewesen. Er hatte in Jericho gepredigt und als einer der Apostel auch Heilungen zustande gebracht. Herodes Antipas, der in Jericho sein Winterquartier hatte, ließ Judas zu sich kommen und wurde bald, von der glänzenden Rednergabe dieses Jüngers bestochen, davon überzeugt, daß Jesus ihm bei seinen politischen Machtplänen gegen die Römer, mit Hilfe seiner übernatürlichen Kräfte, äußerst nützlich sein könnte. Das erklärt auch die Tat­sache, daß Herodes Jesus nach seiner Verhaftung dem Landpfle­ger Pilatus wieder überstellte, ohne ihn zu verurteilen. Judas erhoffte sich in dem irdischen Königreich, das er sich unter der Führung des Herodes und seines Meisters erträumte, aufgrund seiner materialistischen Seele ein hohes und profitabwerfendes Staatsamt. Als Jesus für seine weltlichen Vorschläge in der Her­berge des Lazarus kein Ohr hatte, dachte er angestrengt darüber nach, wie er ihn zwingen könnte, öffentlich seine Macht zu zeigen.„Oh, mir zittert das Herz im Busen vor Freude, wenn ich daran denke, wie alles sein könnte, wie es aber nicht ist“ , sagte er zu dem Jünger Thomas. „Warum kann Er, in dem die Kraft Gottes lebt, nicht den Mut zur raschen, entschlossenen Tat finden? Jetzt ist es Zeit oder nie! Ist Er der, für den Er sich ausgibt, so beweise Er es!" (GrEv XI, S. 186,69.)Als Judas seinen Plan vor dem Hohen Rat entwickelte, verstand er sich selbst als eine Art Erlöser und vermeinte in seiner Ver­blendung, durch Jesus wirken zu können. So absurd es klingt, er wollte sich des Herrn als Werkzeug bedienen.Das schreckliche Ende ist aus der Bibel in seinem historischen Ablauf bekannt. Ich darf mich hier auf die Erklärungen beschrän­ken, die zum tieferen Verständnis notwendig sind.

Jesus suchte in den letzten Tagen häufiger die Einsamkeit, um sich auf das Letzte und Schwerste, das zu tun blieb, vorzuberei­ten. Und nun geschah etwas, was zum Opfergang des Menschen

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Jesus unumgänglich notwendig war. Das Göttliche zog sich in ihm zurück; Jesus war in diesem Augenblick nur Mensch, nur auf seine menschliche Entscheidung angewiesen. Von da an wur­de er von Furcht und Zweifeln geplagt, genau wie es ein jeder Sterbliche in einer solchen Situation gewesen wäre. „Vater, so es möglich ist, laß diesen Kelch an Mir vorübergehen", betete er inbrünstig im Garten Gethsemane. (GrEv XI, Kap. 72.)Der Mensch Jesus entschied sich für den Opfertod und nahm in vollem Bewußtsein seiner Mission die Qual des Kreuzigungs­todes auf sich. Niemand durfte ihm helfen! Das ganze Univer­sum verhielt den Atem, Heere von Engelsgeistern mußten voller Schmerzen zusehen, wie dem Menschensohn das Letzte abver­langt wurde, und niemand durfte ihm, dem sie mit Hingebung gern gedient hätten, zur Seite stehen.Ganz sicher ist es nur wenigen erleuchteten Seelen gegeben, auch nur annähernd die Bedeutung dieses schier unfaßlichen Gesche­hens in seiner wahren Größe zu erfassen.Als Jesus zur Richtstätte nach Golgatha hinausgeführt wurde, kam Judas Ischariot angestürzt; verzweifelt versuchte er den Ring der Tempelwächter zu durchbrechen. Er wurde mit Gewalt zu­rückgetrieben und blieb mit stieren Augen in der Nähe stehen, immer noch hoffend, es werde etwas Außergewöhnliches zur Be­freiung seines Meisters geschehen. Stets war er während der Verurteilung in der Nähe Jesu gewesen, und je mehr ihm klar wurde, daß dessen Kraft entweder erloschen oder von ihm nicht genutzt wurde, in desto größere Angst geriet er.Nachdem er die dreißig Silberlinge dem Hohen Rat vor die Füße geworfen und auf seine Selbstanklage nur Hohngelächter geern­tet hatte, eilte er nach Golgatha zurück, immer noch in der schwachen Hoffnung, Jesus würde sich selbst befreien. Erst als er sah, daß der Leib seines Herrn zu Boden geworfen und mit N ä­geln an das Querholz geheftet wurde, lief er wie unsinnig davon und erhängte sich in tiefster Verzweiflung mit seinem Gürtel an einem Feigenbaum.Bevor uns die Worte des sterbenden Menschensohnes durch das Innere Wort geistig erläutert werden, sei noch auf einen Vorgang hingewiesen, der ebenfalls eine hochgeistige Bedeutung hatte. Als Christus auf dem Weg nach Golgatha unter der Last des Kreuzes zusammenbrach, nahm Simon von Kyrene das Kreuz auf sich, lud es auf seine Schultern und bot, wunderbar gestärkt,

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dem am Boden Liegenden die Hand, um ihn zu stützen. Diesen Vorgang bezeichnet Jesus selbst als ein Symbol für alle die Men­schen, die ihm nachfolgen und das Kreuz des Erdenlebens frei­willig auf sich nehmen. Gemeint ist, daß immer jemand zur Stelle sein wird, um die Beladenen zu stärken und ihnen das Kreuz tragen zu helfen, wenn sie unter seiner Last zusammenzu­brechen drohen.Als die Kreuzigung erfolgt war, kamen die Freunde Jesu, die sich heimlich unter dem gröhlenden Volk verborgen hielten, zum Kreuz, um ihren Meister zu trösten und zu stärken. Allein die böse Rotte wollte sie zurücktreiben, und nur durch Vermittlung des Pilatus war es Maria sowie dem Lieblings jünger Johannes und einigen Frauen möglich, bis zum Fuße des Kreuzes zu gelan­gen und so bis zum tragischen Ende dabeizusein.Die nun folgende Szene ist so ergreifend, daß ich sie so, wie sie durch das Innere Wort geoffenbart wurde, im Wortlaut wieder­geben möchte, enthält sie doch Geheimnisse von unfaßbarer Tie­fe und Bedeutsamkeit. Ich zitiere aus „Die sieben Worte Jesu Christi am Kreuz", niedergeschrieben 1863 von Antonia Groß­heim in Graz:„Als die freche Rotte Mich Meiner Kleider beraubt hatte und Mir, so entblößt, Hände und Füße an das Holz band und zum Überfluß dieselben noch mit stumpfen Nägeln durchstach, da geschah es, daß Ich in Meinem gequälten Fleische aufseufzte und sprach: ,Herr, vergib ihnen, sie wissen nicht, was sie tun!' Das war das erste bedeutungsvolle Wort, welches Ich im Hinblick auf die damalige und die künftige Menschheit und ihre Sünden in Meinem Schmerz gesprochen.Als Ich sodann am Kreuze aufgerichtet wurde, da sah Mein Leib, von Blut und Staub bedeckt, so erbarmungswürdig aus, daß selbst den umstehenden Feinden das Herz bewegt wurde. Ich aber sah, daß es nur eine vorübergehende Anwandlung war und ihre Er- barmung nicht Mir, sondern ihrem Schönheitsgefühle galt. Des­halb sprach Ich: ,Mich dürstet!' Allein die Schergen verstanden nicht, was Ich mit diesen Worten meinte, nämlich daß Mich um das Heil so vieler Seelen dürstete, welche Ich in ihrem Wahn zugrunde gehen sah. Und so gaben sie Mir, um Mich noch mehr zu quälen, Galle mit Essig vermengt zum Trinken, was Ich aber verschmähte.Alsbald begann die ganze Natur zu beben, und die Elemente

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traten aus ihrer Ordnung. Die Sonne, als Vorbild des ewigen Lichtes, verlor ihren Glanz, zum Zeichen, daß die Menschen in ihrer geistigen Blindheit nicht sahen, daß sich die Gottheit unter der sterblichen Hülle Meines Leibes zurückdrängte und den Leib dem materiellen Tode übergab. Deshalb sprach Ich die Worte: ,Mein Gott, Mein Gott, warum hast du Mich verlassen!?'Nicht ein anderer Gott außer Mir war es, zu dem Ich rief, son­dern die Gottheit in Mir, Gottes Geist und Urkraft in ihrem Vollmaße. Nur Meine Leibeshülle war ja wie bei den Menschen­kindern aus Erdenstoff genommen. Und diese mußte auch in Mir dem Schmerz und dem Tode untertänig sein. Deshalb suchte die Materie in ihrer Verlassenheit Hilfe — zum Vorbild, daß jeder Erdenmensch Hilfe allein bei Gott suchen soll.Die Zeit nahte heran, da Ich, Mich immer schwächer fühlend, die Seele Meinem himmlischen Vater überantwortete — da sah Ich unter dem Kreuz Meine Mir so liebe und treue Mutter Maria nebst Meinem Jünger Johannes, welcher zugleich Mein Geheim­schreiber gewesen, zu Tode betrübt stehen und sprach zu beiden die bedeutungsvollen Worte: ,Maria, siehe deinen Sohn!' — und zu Johannes: ,Siehe deine Mutter!' Mit diesen Worten deutete Ich an, daß Ich gleichsam Mein geistiges Testament machte, die Weltkinder dem Gottesgeist übergeben und Maria zur Mutter der schwachen und kranken Seelen im Fleische berufen habe.Als es nach biblischer Zeitrechnung 3 Uhr geworden war, war die Zeit Meines Leibestodes herangekommen, und Ich erzitterte in Meinem Gebein im Todesschauer. In solchem Augenblick sah Ich neben Mir den mit Mir zugleich an das Kreuz gebundenen Ver­brecher Dismas, welcher seine Augen in Sehnsucht nach Mir wandte, in Gnaden an und versprach ihm, daß er heute noch bei Mir im Paradiese sein werde.Nach Meiner Auffahrt hat dieses Wort bis auf den heutigen Tag zu vielen Auslegungen Anlaß gegeben. Die allein wahre aber ist diese, daß jede Menschenseele nach ihrem Leibestod je nach ihrer Vollkommenheit in einen niederen oder höheren Grad des Lich­tes gelangt, und daß selbst Seelen, welche alles Irdische schon diesseits abgebüßt haben, zuerst nur in das Paradies oder in den niederen Grad der Seligkeit gelangen können. Denn keine Seele kann, bevor sie ganz geläutert und gereinigt ist, in den Liebe­himmel zur höchsten Seligkeit eingehen.So hatte auch Dismas durch die Liebe und das Vertrauen zu

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Mir den ersten Grad erreicht und es war möglich, ihm das Para­dies zu verheißen.Ich war schon in den Todeszügen, als Ich die Worte sprach: ,Va­ter, in Deine Hände empfehle Ich Meinen Geist!' — Dies ist eben­falls ein schwer zu deutendes Wort für viele Menschen. Denn weshalb sollte Ich, Gott selbst, Meinen Geist in die Hände eines Gottes außer Mir empfehlen!? Da würden ja zwei Götter in die Erscheinung treten! — Allein dem ist nicht so, und es soll sich niemand irreführen lassen durch diesen Ausspruch. Vielmehr verstehe jedermann, daß nur die äußerste (seelische) Umhüllung Meines inneren Gottgeistes diese Worte sprach, und solche also nur in eben dem gleichen Sinne zu verstehen sind, wie Ich bei Meinen Leibeslebzeiten von Mir sagte: ,Ich, des Menschen Sohn, sage euch dieses oder jenes.' Ganz ebenso sprach am Kreuze die seelische Lebenskraft Meines irdischen Leibes die Worte: ,Vater, in Deine Hände empfehle Ich Meinen Geist!'Sobald sich die Seele nun drängte, den Leib zu verlassen, wurde Ich immer schwächer. Und das umstehende Volk frohlockte und spottete Meiner. Doch Ich mußte den Kelch bis zur Neige leeren und sah auch voraus, daß die tobende Menge von Meinem Schmerz und Todeskampf ungerührt bleiben werde. Und so denn, als schon der letzte Augenblick Meines irdischen Lebens gekommen war, sprach Ich das letzte Wort auf Erden: ,Es ist voll- biaditVO Menschen, wenn ihr imstande wäret, dieses einzige Wort so recht von Grund aus zu verstehen! Wenn ihr voll begreifen könntet, was es heißt, daß Gottes Sohn das große Werk der Er­lösung des ganzen Menschengeschlechtes vollbrachte — dann wür­de keine Seele zugrunde gehen! Doch die Sünde ist durch Adam in die Welt gekommen, und deshalb wird, solange noch eine ge­festete Materie den Weg des Fleisches durchs irdische Leben ge­hen muß, die Sünde und der materielle Tod der Anteil der Men­schenkinder sein. Und es wurde denn auch die Kraft des Bösen und der Satan in der Materie durch Gottes Sohn und sein M itt­leramt nicht völlig beseitigt, sondern nur gebrochen.Für jede Seele heißt es also nun, durch Glauben und Liebe auf der eröffneten Bahn dem Mittler in aller Demut und mit voller Tatkraft nachzufolgen. So wird dann das Werk der Erlösung auch für dich, Menschenkind, vollbracht werden!Auf dieses Mein letztes Wort verschied Ich, oder vielmehr, Meine

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Seele trat aus der Materie und vereinte sich mit Meinem Urgei- ste, welcher der ewige Gottesgeist war.Und Ich stieg hinab in den Ort, wo die Seelen der Urväter der Stunde der Erlösung harrten. Denn kein Geschöpf konnte, bevor die Gerechtigkeit Gottes durch das große Liebeswerk der Erlösung versöhnt war, in den Frieden des Himmels eingehen. Ich machte also wieder frei die Bahn, welche ursprünglich allen Wesen frei gegeben, einst aber durch den Abfall der Engel abgebrochen wor­den war.Adam hätte diesen Pfad wieder errichten und die in Erstarrung getretene Materie, welche alles geistige Leben umhüllte, zu ih­rem Ursprung zurückführen sollen, wozu ihm der Wille freige­geben war. Aber er verlor die Freiheit wieder durch die Sünde des Ungehorsams gegen Gott und verfiel nebst allen Nachkom­men immer tiefer in das Gericht des Todes . . . Da trat die un­endliche Erbarmung und Liebe des Urewigen ins Mittel, um, als Menschensohn in Erdstoff gehüllt, seine Geschöpfe frei zu m a­chen und sie zurückzuführen zu ihrer ersten und ewigen Bestim­mung.Als Ich die vorgeschriebene Zeit nach jüdischem Gesetz am Kreuz gehangen hatte, kam die Stunde heran, daß die Leiber der drei Verbrecher, unter welche Ich mitgezählt war, abgenommen wer­den sollten. Denn es war die Zeit der Rüsttage, während der niemand auf der Richtstätte bleiben durfte. Da kamen Meine Freunde, welche zumeist Römer und Griechen waren — auch eini­ge Juden gab es unter denselben als heimliche Anhänger Meiner Lehre —, und wollten Mir den letzten Liebesdienst auf Erden erweisen.Sie hatten Meinen Leichnam vom obersten Statthalter erkauft, um denselben in ein Grab legen zu können. Und so wurde Ich von Meinen wenigen, Mir noch treugebliebenen Freunden unter Spott und Hohn des Judenvolkes vom Kreuz herabgenommen. Und Meine zu Tode betrübte Mutter Maria sank zu Mir auf die Erde nieder und nahm, als sie ihr Kind entstellt, blutend und tot vor sich sah, Mein Haupt auf ihren Schoß unter tiefem Wehkla­gen und unzähligen Tränen.Du fragst M idi, wie es mit der Seitenwunde aussah, welche Ich vergessen haben müsse, da Ich davon keine Erwähnung gemacht habe? Doch sorge dich darum nicht! Denn diese Wunde ist Mir erst, als Ich irdisch verschieden war, beigebracht worden und

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war nur die willkürliche Handlung eines barmherzigen Soldaten, welcher der Meinung war, daß Ich vielleicht nur in Todesohn­macht wäre. Er wollte, daß Ich dadurch von Meinem grausamen Leiden früher erlöst würde. Und Ihm wurde deshalb auch die Gnade zuteil, daß in eben demselben Augenblick, als sein Speer Mein Herz durchstach, sein Herz von namenlosem Schmerz durchzuckt wurde, und er erkannte, wessen Herz er da durch­stochen hatte.Nun wurde Ich, das heißt Meine Hülle, zu Grabe getragen, wel­ches dem Josef von Arimathia gehörte. Als Mein Leib, nach mor­genländischer Sitte mit Spezereien wohlversehen und in weiße Linnen gehüllt, in die Gruft versenkt wurde, umstanden Mich weinend und klagend Meine Lreunde. Welch ein Schmerz die treuen Seelen durchzog, als sie Mich ihrer Meinung nach zum letzten Male auf dieser Erde zu sehen wähnten und von Mir den traurigsten Abschied nahmen, davon ist in Meiner Leidens­geschichte bereits Erwähnung geschehen.Nachdem Ich fast zwei Tage im Grabe gelegen hatte, war, um die Schrift zu erfüllen, die Zeit Meiner Verklärung oder Auferste­hung gekommen. Und als des dritten Tages Morgen angebro­chen war, da geschah es denn, daß Ich Mich, von den Banden des Todes frei und die Seele mit dem vergeistigten Leibe vereinend, zu Meinem himmlischen Vater oder Urgeiste erhob und glorreich als Überwinder des Todes und des Satans auf erstand.Es waren die ersten Stunden des Morgens, als Ich der Maria von Magdalon, welche Mich in tiefem Schmerz im Grab besuchen wollte, im Garten erschien. Vor Freuden außer sich, sank sie, als sie Mich erblickte, in Liebestränen aufgelöst zu Meinen Füßen und konnte kaum zur Ruhe gebracht werden. — O wie segenbrin­gend ist eine solche Liebe!Was Ich während der Zeit bis zu Meiner Auffahrt alles mit Mei­nen Jüngern geredet habe, ist bis zur Stunde noch nirgends in der Welt verzeichnet vorgefunden worden, da nur in den Briefen des Paulus an die Epheser einiges vorkommt, was mit Meinen Leh­ren während dieses Meines irdischen, geistleiblichen Aufenthal­tes fast gleichbedeutend ist.Ich machte darauf noch Meinen Liebling Johannes mit allen Er­eignissen bekannt, welche die Völker im Laufe der kommenden Zeiten treffen werden. Auch sagte Ich ihm, er solle alles aufzeich­nen, was Ich ihm in betreff der Zukunft bekanntmachen werde.

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Es geschah dies denn auch. Allein durch spätere Kriege und Er­oberungen der Völker gingen alle diese Schriften verloren."

Bleibt nur noch nachzutragen, wie Gott der Herr sein Wirken auf unserer erbärmlichen und doch so unendlich bedeutungsvol­len Erde vollendete. Sein Leiden als Mensch bereitete die Brücke, das Unschaubare wurde zum Schaubaren, und die Vereinigung beider in der Menschenform Jesus ermöglichte das Herantreten des Schöpfers an das Geschöpf, die Rückführung der Materie in den Geist.Im GrEv heißt es: „In dieser Zeit nach Ostern bin Ich allen denen (geist)persönlich erschienen, die mit Mir in direktem Verkehr ge­standen hatten, um diesen den Beweis für die Wahrheit Meiner Worte zu geben und die Gemüter für die Verbreitung der Lehre zu kräftigen . . . Ich hatte den Jüngern geboten, sich an einem be­stimmten Tage wiederum bei dem Wirt (der Herberge des Laza­rus auf dem ölberg) zu versammeln, wie es auch geschah. Dieser Tag war der vierzigste nach dem Osterfest. Es kamen auch alle, die Mir nahestanden, zusammen, und Ich trat wiederum mitten unter sie und führte sie auf die Spitze des Ölberges, von wo man eine weite Umschau hatte. Dort versammelte Ich die Apostel um Mich. Die übrigen Jünger umstanden uns in weitem Kreise. Ich ermahnte sie nochmals alle, fest zu Mir und Meiner Lehre zu halten. Auch gab Ich Meinen Jüngern den Auftrag, in alle Welt zu gehen und das Evangelium zu predigen in Meinem Namen. Alsdann verabschiedete Ich Mich von ihnen und erklärte ihnen, daß sie Mich nun leiblich nicht mehr sehen, jederzeit jedoch geistig mit Mir verbunden bleiben würden. Dann segnete Ich sie, und alsbald war Ich aus ihrer Mitte verschwunden" (XI, S. 218/9). Niemand ist imstande, die Bedeutung dieses Kapitels über Chri­stus voll auszuschöpfen. Mein Anliegen war es zu zeigen, welch ein ungeheures Geschehen sich damals auf diesem Planeten ab­gespielt hat, und wie wichtig das Wissen darum für die kommen­de Zeit sein wird.Nach dem Kreuzestod Christi ging die Vergeistigung der aus der Materie aufsteigenden Seelen beschleunigt voran, so daß zwei­tausend Jahre genügten, um die gesamte Menschheit reif werden zu lassen für die Wiederkunft Christi, die bereits durch das vom Herrn an Jakob Lorber diktierte Werk vorbereitet ist.

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7. Entsprechungen

Ich kann das Christus-Kapitel nicht abschließen, ohne einige sehr wichtige Schrifttexte des Alten und Neuen Testamentes an­zuführen, die immer wieder zu Irrtümern Anlaß gegeben haben und die auch heute noch falsch ausgelegt werden. Die Ent­sprechungen in verständliche Worte zu kleiden, ist ein schwieri­ges Unterfangen, und ich muß den Leser bitten, sich mit Geduld durch die folgenden Seiten zu arbeiten. Wir haben in einem Diskussionskreis auch erst mühsam um Klarheit ringen müs­sen.Die Genesis (griechisch: Ursprung) aus dem 1. Buch Mose ist wohl auch das am schwersten zu Begreifende. Wir wollen uns dennoch nicht entmutigen lassen. Eine Erklärung der Schöpfungs­geschichte Mosis erhalten wir im GrEv Bd. I, Kap. 157—162 und Bd. III, Kap. 235, 2-4 .

„Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde."Die Bibel sagt aus, daß Gott schon von Ewigkeit her da war, also kann dieses „Am Anfang" nicht heißen, daß diese Schöpfung Gottes, in der wir nun leben, die erste Schöpfung war, die er­schaffen wurde. Es muß also schon unvorstellbar viele Schöpfun­gen vor der jetzigen gegeben haben. Dieses Wort „Am Anfang" wird sich also auf den Anfang, den Beginn dieser Schöpfungs­periode beziehen. Was ist nun unter „Him m el" und „Erde" zu verstehen? Da die Bibel in Entsprechungen geschrieben ist, wer­den wohl kaum der gestirnte Himmel über uns und die materielle Erde unter uns gemeint sein. Aus dem GrEv geht hervor, daß unter „H im m el" das Geistige im Menschen und unter „Erde" das Naturmäßige, Materielle, nämlich Leib und Seele eines jeden Menschen verstanden werden muß.Aus dieser Erklärung geht auch hervor, daß die Genesis von Mose nicht nur die materielle Schöpfung meint, sondern vielmehr die geistige Entwicklung der Menschheit im allgemeinen und jedes Menschen im besonderen betrifft.Was die materielle Schöpfung angeht, so läßt sich dazu ganz kurz sagen, daß sich das Schöpfungswerk Gottes in Perioden vollzieht. Diese freilich sehr gedehnten Perioden folgen in fast derselben Ordnung aufeinander, wie es in der Genesis erzählt wird.

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„U nd die Erde war wüst und leer, und es war finster auf der Tiefe, und der Geist Gottes schwebte auf den Wassern" (V. 2). „Die Erde war wüst und leer" bedeutet, daß das Naturmäßige im Menschen noch wüst und leer war. Das „W asser" entspricht den Erkenntnissen der Menschen, die in den Dingen, die sie umge­ben, anfangs noch nichts Göttliches erkennen können. Der Got­tesgeist schwebte wohl schon über ihrer Erkenntnis, aber er durchdrang sie noch nicht.„U nd Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht" (V. 3). Wie schon gesagt, ist der Mensch überhaupt auf der Erde, um den Weg zu Gott zu finden und ein Kind Gottes zu werden. In ihrer geistigen Finsternis aber können die Menschen das nicht erken­nen, und deshalb kommt er zu ihnen, spricht zu ihnen und be­lehrt sie. Dieses Wort Gottes oder die ersten Belehrungen, sind gleichbedeutend mit dem Licht, denn es fängt nun an, in den Seelen der Menschen zu dämmern.„U nd Gott sah, daß das Licht gut war. Da schied Gott das Licht von der Finsternis" (V. 4).Gottes Wort tut der menschlichen Seele wohl, denn es führt sie langsam auf den Weg der Erkenntnis. Doch der Mensch kann und will dies nicht einsehen. Deshalb teilt der Herr das Licht von der Finsternis, das heißt, er befähigt uns, das Licht zu erkennen. Aus diesem Licht heraus sehen wir dann auch die frühere Nacht unseres Herzens.„Und nannte das Licht Tag und die Finsternis Nacht. Da ward aus Abend und Morgen der erste Tag" (V. 5).Das erste Natursein des Menschen war Nacht, also tiefer Abend. Demzufolge war das erste Licht mit dem Morgenrot zu verglei­chen. Nun erklärt sich auch, warum aus Abend und Morgen der erste Lebenstag des Menschen erwuchs. Denn hätte Mose die Entstehung eines natürlichen Tages gemeint, dann hätte er sicher nicht gesagt, daß aus Abend und Morgen ein Tag entsteht, denn auf den Abend folgt ja erst einmal die Nacht. Der Tag liegt also zwischen Morgen und Abend.Mose hat es aber genau umgekehrt geschrieben, um anzudeuten, daß zwischen dem Licht der Abenddämmerung und dem der Morgendämmerung ein himmelweiter Unterschied besteht. Wird ein Kind geboren, dann ist es in seiner Seele noch Nacht. Wird das Kind größer, lernt es, die Dinge seiner Umgebung zu unterscheiden; es fängt in seiner Seele an zu dämmern, jedoch so,

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wie es am Abend dämmert. Es dämmert zwar am Morgen auch, aber nur der Abend entspricht dem irdisch-materiellen Zustand des Menschen. Es verhält sich mit der rein irdischen Verstandes­bildung ebenso wie mit dem immer schwächer werdenden Schein des natürlichen Abends, denn je mehr sich die Seele an irdischen Dingen orientiert und davon abhängig wird, um so finsterer wird es in ihr.Wenn Gott nun in seiner Barmherzigkeit im menschlichen Her­zen ein Lebenslicht anzündet, fängt die Seele an einzusehen, wie nichtig und vergänglich alles Irdische ist. Das rechte Licht von Gott aber ist der Morgen, weil es zum Tag hin immer heller wird, während die Abenddämmerung immer dunkler wird.

Zweiter Tag.Damit die menschliche Natur aber nicht wieder in das Irdische zurückfällt und sich das Morgenlicht mit dem des Abends wo­möglich vermischt, macht Gott eine Feste zwischen den beiden Wassern. Die beiden Wasser sind die beiden Erkenntnisse, die der Herr nun voneinander trennt.Diese Feste aber ist der eigentliche Himmel im Menschenherzen und bildet den wahren, lebendigen Glauben, welcher der leeren und nichtigen Verstandesgrübelei entgegengesetzt ist. Wer diesen Glauben in sich hat, der entspricht dem Felsen, den Gott zwi­schen Himmel und Hölle gesetzt hat, und der von keiner hölli­schen Macht mehr überwunden werden kann.Wenn dieser Glaube im Herzen der Menschen zunehmend stär­ker wird, dann erkennt die Seele immer mehr die Nichtigkeit des Naturverstandes und ordnet sich diesem unter. Es entsteht nun dem Menschen aus seinem Abend und dem stets heller wer­denden Morgen der andere, schon bei weitem hellere Tag.In diesem „zweiten Tageszustand" erkennt der Mensch schon, was allein das Wahre ist, aber es ist in ihm noch immer keine rechte Ordnung. Er vermengt immer noch das Naturmäßige mit dem rein Geistigen, vergeistigt oft die Natur zu sehr und erschaut deshalb auch im Geiste Materielles. Er weiß nicht so recht, ob der Glaube aus dem Wissen oder das Wissen aus dem Glauben hervorgeht und welcher Unterschied zwischen beiden ist. Kurz, er weiß noch nicht, was eher da war, die Henne oder das Ei, der Same oder der Baum. Da kommt dann wieder der Herr und hilft ihm weiter. Allerdings erst, wenn der Mensch aus eigener An­

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strengung das ihm Mögliche getan hat. Gottes Hilfe besteht dar­in, daß im Menschen das Licht vermehrt wird. Licht ist Wärme, und durch diese Wärme werden alle Samen, die im Herzen des Menschen liegen, zum Leben erweckt.Solche Wärme ist aber gleichzeitig auch Liebe und im geistigen Sinn das Erdreich, in dem die Samen nun Keime und Wurzeln treiben können. Diesen Vorgang beschreibt Mose, indem er sagt, Gott habe den Wassern befohlen, sich in gewisse abgesonderte Örter zu sammeln, damit das trockene, feste Erdreich sichtbar wird, aus dem allein die Samen zur lebendigen und belebenden Frucht erwachsen können. Und es heißt außerdem: Gott nannte das Trockene „Erde" und das gesammelte Wasser „M eer". Weshalb hat Gott diese beiden Elemente so benannt? Für sich selbst hätte er dies sicher nicht nötig gehabt, und in dieser Schöp­fungsperiode gab es auch noch keine Menschen, die das hätten verstehen können. Folglich gibt es auch hier wieder eine geistige Entsprechung, deren tiefen Sinn wir während dieses Erdenda­seins nicht voll ergründen können. Vereinfacht ausgedrückt heißt es wohl soviel: Der Mensch wird in seinem naturmäßigen Teil gesondert. Der eine Teil, das „M eer", bildet den Ort für die Er­kenntnisse, und die aus den Erkenntnissen hervorgegangene Liebe ist das „Erdreich", fähig, Früchte zu bringen. Das Erdreich aber wird stets von dem „M eer", als der Gesamtheit der Erkennt­nisse des rechten Lichtes, umspült und zu immer reichlicherer Hervorbringung edler Früchte neu gekräftigt.

Dritter Tag.Wenn demnach die Erkenntnisse des Menschen die Liebe von allen Seiten umgeben und von der Liebesfeuerflamme, der sie stets mehr und mehr Nahrung geben, heller und heller erleuch­tet und erwärmt werden, dann wird der Mensch in allem auch im selben Maß tatkräftiger und tatfähiger. In diesem Zustand kommt Gott als die ewige Liebe wieder zu den Menschen und spricht zu der Liebe im Menschenherzen: Es lasse die Erde nun aufgehen allerlei Gras und Kraut, das sich besame und fruchtbare Bäume und Gesträuche aller Art bilde, davon ein jegliches Frucht trage nach seiner Art und seinen eigenen Samen habe bei sich auf Erden (V. 11). Nach diesem Gebot von Gott im Herzen be­kommt der Mensch einen festen Willen, Kraft und Mut und legt nun Hand ans Werk. Seine rechten Erkenntnisse erheben sich

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als regenschwangere Wolken über das Meer und ziehen über die trockene Erde, befeuchten und befruchten sie. Die Erde fängt dann an zu grünen und bringt alles das hervor, was Gott ihr be­fohlen hat. Das heißt, was nun der rechte, mit himmlischer Weis­heit durchleuchtete Verstand gut und wahr erkennt, das will und begehrt dann auch die Liebe im Herzen des Menschen.Denn gleich wie der Same aufgeht und Früchte bringt, wenn er in die Erde gelegt wird, so wirken auch die Erkenntnisse, wenn sie ins lebensvolle Erdreich im Herzen des Menschen gelegt werden. Die rechte Erkenntnis wird erst im Herzen zur Tat, und aus der Tat gehen dann Werke hervor, und diese sind das, was Mose mit Gras, Bäumen und Gesträuch bezeichnet. Der frühere ur­sprüngliche Abend des Menschen wird also durch das Licht aus den Himmeln zur rechten Erkenntnis erhoben, wird so zur Tat, der die Werke folgen müssen,- und das ist der dritte Tag in der Bildung des Herzens und des geistigen Menschen im Menschen.

Vierter Tag.Welche Bedeutung haben aber nun Sonne, Mond und Sterne in bezug auf die geistige Entwicklung des Menschen. Es heißt: „U nd Gott sprach: Es werden Lichter an der Feste des Himmels, die da scheiden Tag und Nacht und geben Zeichen, Zeiten, Tage und fahre und seien zwei Lichter an der Feste des Himmels, daß sie scheinen auf Erden! Und es geschah also. Und Gott machte zwei große Lichter, ein großes Licht, das den Tag regiere, und ein kleines Licht, das die Nacht regiere, und dazu auch Sterne. Und Gott setzte sie an die Feste des Himmels, daß sie schienen auf die Erde und den Tag und die Nacht regierten. Und Gott sah, daß es gut war. Da ward aus Abend und Morgen der vierte Tag" (V. 14 bis 19).Hatte es doch die ersten drei Tage der Schöpfung schon genug Licht gegeben, das den Tag von der Nacht scheiden konnte, war­um schuf Gott nun am vierten Tag noch mehr Lichter für ein und dieselbe Aufgabe? Es ist nur von „Lichtem" die Rede, aber von Sonne und Mond wird nichts gesagt. Diese Lichter tun dazu noch Zeichen — was für Zeichen denn? Dann Zeiten — welche denn? Tage und Jahre — was für Tage und Jahre denn? Ist denn die Nacht nichts? Wird die Nacht nicht so gut wie der Tag ge­zählt? Und dazu ist die Erde kugelrund, so daß auf ihr immerzu gleichzeitig Tag und Nacht ist.

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Wenn also Tag und Nacht durch die Umdrehung der Erde her­vorgerufen werden, was hat dann die Sonne damit zu tun, außer, daß sie beständig auf die Erde scheint? Auf diese Weise kann sie also nicht den Tag regieren.Wenn Mose mit seinen „Lichtern" Sonne und Mond gemeint hätte, so hätte er ihnen sicher auch diese Bezeichnung gegeben. Dazu spricht er von einer „Feste" am Himmel, die Gestirne aber bewegen sich frei im All und sind nirgendwo befestigt. Selbst die sogenannten Fixsterne stehen nicht fest, sondern haben eine so ausgedehnte Bahn, daß sie diese oft kaum in mehreren hun­derttausend Erdjahren zurücklegen. Aus diesem Grund können ihre Bewegungen selbst in hundert Menschenaltern nicht wahr­genommen werden.Es gibt nur eine „Feste" im endlosen Raum, und das ist der Wille Gottes, von dem ausgehend ein sich nie veränderndes Gesetz die­sen Raum und alle Dinge in ihm erfüllt. Die „Feste", die Mose meint, ist der feste Wille nach der göttlichen Ordnung, der aus dem rechten Verständnis und aus der Liebe hervorgeht, die das gesegnete Erdreich des Lebens ist. Diese rechte Liebe aber, die rechte Einsicht und der rechte Verstand bekunden sich im Men­schen als ein lebendiger Glaube und bilden so den Himmel im Menschen. Der daraus hervorgehende feste Wille in der Ordnung Gottes ist die „Feste" des Himmels im Menschen, und an diese Feste, wenn sie nach dem Liebewillen Gottes in der rechten Ord­nung ist, gibt Gott neue Lichter aus dem Himmel der Himmel, der die reine Vaterliebe im Herzen Gottes ist.Die Lichter beleuchten dann den Willen und erheben dadurch den geschaffenen Menschen zum Kinde Gottes, das sich selbst in der göttlichen Ordnung neu gestaltet hat. Solange der Mensch nur Geschöpf ist, ist er zeitlich vergänglich, denn so wie er ge­schaffen ist, ist er nur ein taugliches Gefäß, in dem sich erst ein geistiger Mensch durch die beständige göttliche Einwirkung ent­wickeln kann.Wenn das äußere Gefäß richtig ausgebildet ist, entwickelt Gott seinen ungeschaffenen Geist im Menschenherzen, und dieser Geist ist nach dem Maß seiner Auswirkung das, was Mose unter den zwei großen Lichtern versteht. Dieses ewige, ungeschaffene, lebendige Licht an der Himmelsfeste des Menschen ist dann der wahre Dirigent des Tages im Menschen und lehrt ihn, das frühe­re Gefäß, sich völlig in sein ewig ungeschaffenes Gotteswesen

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umzugestalten und also den ganzen Menschen zu einem wahren Gotteskind zu machen.Der Mensch hat zwar eine Seele, die das Gute vom Bösen unter­scheiden kann, aber auch sie ist geschaffen und kann ohne Hilfe des ungeschaffenen Geistes aus Gott nie die Kindschaft Gottes erreichen. Hat sie aber mit ihren Möglichkeiten alles Gute und Wahre angenommen und ist in aller Demut und Bescheidenheit ihres Herzens und ihres ihr von Gott eingepflanzten freien Willens zu einer rechten Himmelsfeste geworden, dann ist sie dazu geeignet, das ungeschaffene, rein Göttliche in sich aufzu­nehmen.Dieses rein Göttliche ist das große Licht, das nun für immer an die Himmelsfeste gestellt wird. Des Menschen Seele aber, die durch dieses Licht auch zu einem Licht umgestaltet wird, ist das zweite, kleinere Licht. Nur durch diese Verbindung des reinen Geistes mit der Seele ist diese fähig, Gott zu schauen in seinem urgeistigen reinsten Wesen.Das alles meint Mose, wenn er sagt, daß da ein großes Licht den Tag und ein kleines Licht die Nacht regiert. Die Zeichen, von denen er spricht, entsprechen dem Grund aller Erscheinungen und aller erschaffenen Dinge. Die Zeiten, Tage und Jahre aber entsprechen der göttlichen Weisheit, Liebe und Gnade, die in al­len Erscheinungen erkennbar sind.Die Sterne aber sind die zahllosen nützlichen Erkenntnisse in allen einzelnen Dingen. Diese Erkenntnisse kommen natürlich aus der einen Haupterkenntnis und gehören deshalb an dieselbe Himmelsfeste wie die beiden großen Lichter. Und das war der vierte Schöpfungstag, der genau wie die anderen drei aus demsel­ben Abend und Morgen des Menschen hervorgegangen ist.

Fünftel und sechster TagDie nachträgliche Erschaffung der gesamten Tierwelt und endlich der Menschen bedeutet nun die volle Lebendigwerdung und Rea­lisierung alles dessen, was der Mensch nach seinem naturmäßi­gen Teil in sich hat. Sein „Meer und all seine Gewässer" werden voll Leben, und der Mensch erkennt und erschaut in seinem nun rein göttlichen, ungeschaffenen Licht die zahllos und endlos mannigfache Fülle der schöpferischen Ideen und Formen und wird auf diese Weise seiner rein göttlichen Abkunft inne. Durch diese Darstellung bzw. Entsprechung der Genesis wird uns klar

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und deutlich gezeigt, wie wir vollendete Menschen und dadurch Kinder Gottes werden können.

Nach diesem wird uns das Verständnis zu den nächsten Aus­legungen nicht mehr allzuviel Mühe machen.„Die geistige Entsprechungswissenschaft", sagt Jesus, „ist nur je­nen Menschen zugänglich, die im wahren Glauben und Vertrau­en an den einen Gott nicht wankend und schwach werden, Ihn allezeit als den Vater über alles lieben und ihren Nächsten wie sich selbst. Denn diese Wissenschaft ist ja die innere Schrift und Sprache der Seele und des Geistes in der Seele. Die Menschen verloren diese Wissenschaft durch ihre eigene Schuld und haben sich so selbst außer Verkehr mit den Geistern aller Regionen und aller Himmel gestellt, sie können darum das Geistige in der Schrift nicht mehr fassen und begreifen. Sie lesen die geschriebe­nen Worte nach dem eingelernten, toten Buchstaben, der nie­manden beleben kann, sondern das kann nur der innerlich ver­borgene Sinn, der alles lebendig macht" (GrEv IX 93,2—5).Wer von uns ist heutzutage noch in der Lage, den verborgenen Kern in den Worten der Bibel zu finden? Kaum einer, und so dient uns das Lorberwerk als Schlüssel zu den göttlichen Geheim­nissen.Die berühmte Bergpredigt (GrEv I, 42) gab auch den Bewohnern des Städtchens Sichar ein so gewaltiges Rätsel auf, daß viele nach Hause gingen und Jesus für einen närrischen Menschen hielten. Selbst der Oberpriester der Synagoge, ein rechtschaffener, einfa­cher Mann, begriff diese, wie es schien so unsinnigen Forderun­gen nicht, daß jemand sich das rechte Auge ausreißen oder den Fuß abhacken müßte, um in das Himmelreich zu kommen. „Bedenke doch selbst" sagt er zu Jesus, „ob es wohl in der Mög­lichkeit liegt, sich ein Auge auszureißen. Und wird derjenige, der sich selbst eine Hand oder den Fuß abhaut, nicht alsbald verblu­ten und sterben?"Jesus beauftragte den Jünger Nathanael, ihm „ein Licht" zu ge­ben, und Nathanael erklärt: „Wenn der Herr sagt: wenn dich dein eines Auge ärgert, so reiße es aus, denn es ist besser, mit einem Auge in die Himmel zu gehen, als mit beiden in die Höl­le, so will das so viel sagen als: Wenn dich das Licht der Welt zu sehr verlockt, so tue dir Gewalt an und kehre dich ab von diesem Licht, das dich in den Tod der Materie zöge. Das gleiche

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gilt für Hand oder Fuß, denn so einmal das Auge im rechten Lichte und die Hand oder besser der Wille im rechten Handeln sich befindet, so ist der Fortschritt in die Regionen des ewigen Lebens schon von selbst da. Der rechte Fuß aber bezeichnet den Fortschritt in der Welt, von dem man sich abwenden soll.So der Herr sagte, wer von dir verlangt den Rock, dem gib auch den Mantel hinzu, da wollte Er lediglich andeuten, daß ihr, da ihr reich seid, den Armen, so sie zu euch kommen, reichlich und viel geben sollt. Und wenn Er empfiehlt, dem, der dir einen Backenstreich auf die linke Wange gibt, auch noch die rechte hin­zuhalten, damit ist gemeint, daß ihr friedsam und geduldig sein sollet, auch wenn ihr zum Streit herausgefordert werdet. Das heißt, ihr sollt den Zorn mit der Sanftmut beantworten und da­mit euren Herausforderer beschämen."

Ich empfehle jedem Leser, die kleine Schrift Lorbers „Die diei Tage im Tempel" zu lesen. Besonders bemerkenswert ist die Tat­sache, daß Jesus anhand verschiedener Jesaia-Texte die Pharisäer und Schriftgelehrten mit aller Deutlichkeit darauf hinwies, daß der zu erwartende Messias Jehova selbst, und daß er, Jesus, eben dieser Messias sei (Jes. 52, 13.14). Er erklärte ihnen (27,7—13): „ . . . denn an Mir wird das alles vollzogen werden, beinahe buchstäblich, was da gesagt ist. Was jedoch Meine Leibesgestalt anbelangt, so hat die Aussage des Propheten darauf keinen Be­zug, sondern gemeint ist, bildlich entsprechend, nur die gänzlich verkehrte Gemüts- und Denkweise der jetzigen Menschen, der gegenüber Meine Gemütsart und Denkweise sich ausnehmen wird wie eine häßliche Gestalt, die da verkümmert ist durch allerlei Krankheit und viele Schmerzen. Ich werde darum bei den Angesehenen und Reichen dieser Welt auch sehr verachtet sein, und man wird vor Mir fliehen wie vor einem Aase, und so es von oben zugelassen wird, wird man Mich verfolgen wie einen ärg­sten Verbrecher, wie sich solches schon bei euch augenfällig ge­gen Mich zeigte,- denn stünde Ich nicht vor euch unter römischem Schutz, und es wäre die Zeit der Zulassung über Mein Außen­menschliches schon gekommen, so würde Ich nimmer lebend aus euren Händen kommen."Jesus bewies den Schriftgelehrten auch, daß die seit uralten Zei­ten geweissagten Umstände der Geburt des Messias sich genau mit den Ereignissen seiner Geburt deckten. Aber das Gottkind

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predigte auch hier tauben Ohren, nur die anwesenden Römer, der Pharisäer Nikodemus, der später eine große Rolle im Leben Jesu spielte, der junge Levite Barnabe und der gelehrte Joram waren tief beeindruckt.

Eine sehr eindrucksvolle Stelle der Bibel behandelt die Entwick­lung eines Weizenkorns. Im Großen Evangelium Johannes ist diese Bibelstelle so wunderbar erläutert worden, daß ich dieses Kapitel im Wortlaut wiedergeben möchte.„Siehe an das Weizenkorn! Wenn es in das Erdreich gelegt wird, muß es verfaulen, und aus dem Moder der Verwesung erst er­hebt sich der zarte Keim. Was besagt aber das gegenüber der Natur des Menschen?Siehe, das Hineinlegen des gesunden Samens bedeutet entspre­chend das erste Werden des Menschen! Es ist gleich dem Einge­fleischtwerden der an und für sich schon ganz ausgebildeten See­le, deren vorleiblicher Aufenthalt die Luft, besonders in der Mittelregion der Berge ist, wo gewöhnlich die Baumregion auf­hört bis zur Schnee- und Eisregion hinauf.Wenn eine einmal ganz beisammen seiende Seele die gehörige planmäßige Konsistenz in der Luft erreicht hat, so steigt sie tiefer und tiefer bis zu den Wohnungen der Menschen herab, bekommt dann aus dem Außenlebensätherkreis, den ein jeder Mensch um sich hat, eine gewisse Nahrung und bleibt, wo sie angezogen wird, durch die Homogenität (Gleichartigkeit) ihres Wesens. Wenn dann Gatten sich durch den Naturtrieb genötigt fühlen, eine Begattung zu begehen, so erhält eine solche Vollreife und dem Gattenpaar zunächststehende freie Naturseele aus dem Außenlebensäther eine momentane Kunde, oder sie wird durch die vermehrte Kraft des Außenlebenskreises der Gatten als ho­mogen angezogen, tritt mit einem gewissen Zwange während der Begattungshandlung in den Strom des Mannes und wird durch diesen in ein kleines Ei gelegt, das man die Befruchtung nennt. Und siehe, von da an gleicht die Lebensseele dann schon dem Samenkorn, das ins Erdreich gelegt ward, und macht im Mutterleibe alle die Stadien entsprechend durch, bis zur Ausge­burt in die Welt, die das Samenkorn in der Erde durchgemacht hat, bis es den Keim treibt über den Erdboden! Von da an be­ginnen dann die verschiedenen Stadien der zuerst äußeren und hernach inneren Bildung.

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Bei der Pflanze bleiben die Wurzeln in der Erde, dem alten Mo­dergrabe des Samenkorns, und saugen von da die materielle Kost. Diese Kost aber würde der Pflanze bald den Tod geben, wenn sie nicht geläutert würde durch den Einfluß des Lichtes der Sonne.Des Halmes erster Ansatz hat noch sehr materielle Säfte. Ist dieser als Grund ausgebildet, so wird der Halm durch einen Ring gewisserart abgebunden. Durch diesen Ring gehen schon viel feinere Röhrchen, durch die nur ganz dünne und feine Säfte gehen können. Aus diesen entsteht dann ein zweiter Stock des Halmes. Da aber auch die Säfte des zweiten Stockes noch grober, materieller Art sind und mit der Zeit noch gröber werden, so wird abermals ein zweiter Ring mit noch dünneren Röhrchen versehen, durch den nur ganz feine Säfte dringen können, zur Ernährung des über ihm schwebenden Lebensgeistes, ähnlich der Ausdrucksweise Moses: ,Und der Geist Gottes schwebte über den Gewässern.'Mit der Zeit aber werden auch diese Säfte oder Wässer für das über ihnen schwebende Leben der Pflanze zu grob und könnten das Leben ersticken. Es wird darum ein dritter Ring mit gar sehr dünnen Röhrchen versehen, von dem ,über den Gewässern schwebenden Geiste' gezogen. Durch solchen dritten Ring kön­nen nunmehr nur äußerst ätherisch zarte und mit dem stets noch über ihnen schwebenden Lebensgeiste schon sehr verwand­te Säfte mit Mühe dringen. Der Lebensgeist merkt es aber wohl, ob die Säfte über dem dritten Ring ihm zur ferneren Ausbildung ganz taugen oder nicht. Findet er sie mit der Zeit noch zu grob und noch zu sehr Spuren des Gerichtes und des Todes enthal­tend, so wird noch ein vierter, fünfter, sechster, auch siebenter Ring gezogen, bis endlich die Säfte ätherisch rein sind, daß in ihnen vorderhand keine Spur des Todes mehr zu entdecken ist. Hier erst wird zu einem neuen Stadium geschritten. Der durch die allerfeinsten Röhrchen gehende Saft wird nun zur Knospe und Blüte geformt, die da mit Organen versehen werden, die alle Fähigkeit besitzen, sich das höhere Leben aus den Himmeln einzeugen zu lassen.Hat die Blüte diesen Dienst geleistet, dann wird sie abgeschieden als ein eitler Weisheitsprunk, durch dessen Schönheit und Reiz eigentlich der Liebe Lebensäther angezogen wird, der aber selbst in sich alles ist und keines weiteren Außenprunkes bedarf. Denn

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siehe, jede Blume ist eine wohlgeschmückte Braut, die dadurch ihren Bräutigam in ihr Garn zu ziehen trachtet, hat der Bräuti­gam aber die Braut einmal als sein Eigentum ergriffen, dann wird der flitterige Brautschmuck ehest abgelegt, und der demüti­ge Lebensernst nimmt seinen Anfang.Von da an beginnt dann erst die wahre Lebensfrucht sich zu er­greifen und zu formen. Und ist dann alle Tätigkeit nur auf die Vollreifwerdung der Frucht verwendet, so verwahrt sich das in der Frucht allen früheren Gefahren entronnene Leben, wie durch feste Burgen vor irgendeinem noch immer möglichen äußeren Feinde.Wo das Leben sich zu schnell auszubilden und auszureifen be­ginnt, da wird es denn auch wenig fest. Und siehe, wenn da ir­gendein äußerer Feind in die Nähe solch eines zu frühreifen Lebens kommt, so zieht ihn dieses zu sehr an. Er setzt sich damit in eine Verbindung, legt seine Frucht in das zu frühreife Leben der Pflanzenfrucht! Dieses Afterleben zieht dann das zarte Leben der Pflanzenfrucht an sich, verdirbt es und richtet es zugrunde. Die wurmstichigen Früchte sind dafür mehr als ein handgreifli­cher Beweis." (GrEv II, Kap. 216.)

Auch die geistige Bedeutung der Zehn Gebote wollen wir aus­führlicher beleuchten, sind sie doch zum tieferen Verständnis un­erläßlich.Das Doppelgebot „Liebe Gott über alles und deinen Nächsten wie dich selbst" beinhaltet im Grunde alle übrigen Gebote, denn wer nicht gegen die Liebe zu Gott verstößt und seinem Nächsten nichts antut, von dem man selbst nicht möchte, daß es einem getan wird, erfüllt bereits die Bedingungen aller übrigen Ge­bote.„Ich bin der Herr, dein Gott, du sollst nicht andere Götter haben neben mir."Was mag das heißen, auf die heutige Zeit bezogen? Der moderne Mensch hat sich eine Unmenge anderer Götzen geschaffen, die ihn von der eigentlichen Ausrichtung auf den Schöpfer aller Dinge ablenken. Diese Götzen der Jetztzeit heißen: Prestigeden­ken, technischer Fortschritt, Abkehr vom Geistigen, Profitdenken, Genußsucht, Ausschweifung, Eigennutz, Rechthaberei, Habsucht, Trunksucht, Lärm und Raserei, Modesucht und Flucht in den Rausch. Auch atheistisch-sozialistische „Heilslehren" gehören da­

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zu. Götzentum bedeutet alles, was vom Eigentlichen, von der Hinwendung zu Gott ablenkt. Götzentum ist Anbetung des Welt­lichen, das heißt, Abkehr von dem Gottbewußtsein und der Got­tesfurcht allgemein.

Zweites Gebot: „D u sollst den Namen deines Gottes nicht un­nützlich führen, denn der Herr wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen mißbraucht!"Im täglichen Sprachgebrauch von heute taucht das Wort „G ott" unentwegt auf; aber in welch gedankenloser und trivialer Weise! „Gott nein, was mir heute passiert i s t . . ." , oder, „Gott, das war langweilig . . . " , oder, „Ach Gott, ach G o tt. . . " ! Jeder benutzt den Namen des höchsten Wesens, unseres Schöpfers, als Füllwort für Alltagsplattheiten. Wenn jemand sagt: „Ach Gott, das tut mir aber leid", so ist das ganz sicher eine Alltagsfloskel, die bestimmt den tieferen Sinn: ich empfinde tief mit dir und empfehle dich dem Segen Gottes! nicht ausdrücken soll. Das Wort „G ott" in seiner wahren Bedeutung auszusprechen, ruft dagegen bei den meisten Gesprächspartnern ein merkliches Unbehagen hervor. Selbst ein Fluch fängt heute mit dem gedankenlos hingeworfenen Wort „G ott" an. Und wer denkt noch darüber nach, wenn in den Gerichtssälen die Eidesformel gesprochen werden soll: „So wahr mir Gott helfe!", daß niemand in seinem Namen schwören soll, sondern daß Gott verlangt, daß ein einfaches Ja oder Nein als Bekräftigung genügen sollte?Verflachung, Gedankenlosigkeit, Primitivität und Verdorbenheit haben sich in unseren Tagen erschreckend ausgebreitet. Kein Wunder, daß das Wort „G ott" zum leeren Gerede wird. — Aber „Der Herr wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen mißbraucht!" — Denn keines seiner Gebote hat, bis auf den heu­tigen Tag, an Gültigkeit verloren!

Luther hat das dritte Gebot übersetzt: „D u sollst den Feiertag heiligen!"Das Urbild der Sieben-Tage-Woche finden wir in den sieben mosaischen Schöpfungstagen (Perioden), an deren siebentem Tag Gott selbst ruhte, wobei die „Ruhe" als schöpferische Pause zu verstehen ist. Auch heute ist es so, daß ein Tag nach den sechs Tagen der Mühe und Arbeit als Ruhetag, als schöpferische Pause, gedacht ist, ja als Notwendigkeit, etwas, das die Not abwenden

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soll, nämlich die Not der inneren Leere, der Lieblosigkeit, der sinnlosen Zeitvergeudung. Dieser Tag sollte der Selbstbeschau­ung dienen, der Hinwendung zum Göttlichen, der Erweckung der Gotterkenntnis. Er sollte der Liebe dienen, der Zuwendung zum Nächsten, der Teilnahme an des anderen Not und Sorge.Ich brauche die tatsächliche Verwendung dieses schöpferischen Tages nicht näher zu beschreiben. Kaum einer unserer Zeitge­nossen ist sich der tieferen Verpflichtung dieses Tages noch be­wußt. Aber nur Verinnerlichung bedeutet Glück und Frieden, ganz sicher nicht das Zurschaustellen seines Wohlstandes.

Wenn wir zum Beispiel im vierten Gebot lesen, daß uns ein langes Leben erwartet, wenn wir „Vater und Mutter ehren", so ist das nicht so sehr auf die irdischen Eltern eines Menschen zu beziehen, als vielmehr auf den, der unser „Vater" und unsere „M utter" ist, als auf Liebe und Weisheit, vereint in unserem Gott und Vater. Wenn uns in der Verehrung von Liebe und Weisheit ein langes Leben verheißen wird, so deutet das auf das ewige Leben in der Gottesnähe, in der Gotteskindschaft hin! Gerade in diesem Gebot steckt der Hinweis auf den Fall Luzifers verborgen, der aus der Widerordnung heraus sich aus der Liebe Gottes entfernte. M it Einhaltung des vierten Gebotes wird uns nicht mehr und nicht weniger als der Himmel selbst versprochen! „Aber ,Vater und Mutter' bedeutet auch im gewissen Sinn die Erde, auf der wir leben", sagt Wilhelm Gutmann in seiner Aus­legung der Zehn Gebote (WORT 1974, Nr. 10), „da sie uns aus Gottes Kraft Nahrung und Bleibestatt bietet, die wir klug hegen und warten, nicht zerstören, vergiften oder schänden sollen, wie es zu unserem eigenen Schaden aus Profitgier und Hochmut ge­schieht!"

Sicher ist bei der Auslegung des fünften Gebotes „D u sollst nicht töten" nicht nur das physische Töten eines anderen Menschen gemeint, das sich Gott ja ausdrücklich selbst Vorbehalten hat, denn nur er allein weiß, wann die Zeit eines Erdenbürgers erfüllt ist. Damit ist auch angesprochen, was das Jesuskind in der ,J u ­gend Jesu“ (Kap. 102,20—23) zu dem römischen Landpfleger Cy­renius sagt: Wer die Liebe, die aus Mir ist, in einem anderen Menschen tötet, der sei verflucht!Auch das geistige Töten ist damit gemeint. Menschen, die durch

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ständige Zuwiderhandlung der göttlichen Gebote den Geist Got­tes in sich töten, Eltern, die durch schlechte Erziehung in ihrem Kind den Gottesfunken ersticken, anstatt ihn zum Leben zu er­wecken — alle diese Menschen töten! Sie töten das Eigentliche, das Unvergängliche,- sie töten das Leben selbst!

Bei genauer Betrachtung steht das sechste Gebot „D u sollst nicht ehebrechen" in nächster Verbindung zum fünften Gebot. „Du sollst nicht ehebrechen" wird heute vorwiegend als Kavaliers­delikt verstanden. Dieses sechste Gebot paßt doch nicht in unsere Zeit, empört sich der „moderne" Mensch, denn wer anders als Gott selbst hätte diesen Trieb, diese Unersättlichkeit in uns ge­legt? Mörder sollen wir sein, wenn wir die Liebe in unserem Part­ner töten, weil wir ihn hintergehen, betrügen, verlassen? Ist es nicht Gott selbst, dem die Verantwortung dafür zukommt, hat er uns nicht so erschaffen?Wir kommen nicht daran vorbei, wenn wir die Entartung unserer Zeit begreifen wollen, uns vor Augen zu halten, daß es der Mensch ist, der sich aus Gottes Ordnung so weit entfernt hat, daß ihm nicht mehr bewußt ist, oder er es nicht wahrhaben will, wo­zu ihm der Trieb zur Zeugung gegeben wurde.„Die Zeugung eines neuen Menschen", sagt Jesus in der Neu­offenbarung, „ist ein Schöpfungsakt von so ungeheurer Größe, daß Ich deshalb, und nur deshalb, dem Manne eine so große Zeugungskraft gegeben habe, damit er sie sammle, um zur rech­ten Zeit, in inniger Verbindung mit Mir, einen gesunden und lebenstüchtigen Menschen zu zeugen. Würden die Menschen den Beischlaf nur so oft begehen, als zur Erweckung einer Frucht in einem Weibe notwendig ist, Ich sage euch, niemand von euch hätte sich aus Meiner Liebe entfernt! Bei sparsamem Gebrauch der ehelichen Liebe bleibt die glückhafte Spannung zwischen den Partnern bis ins hohe Alter erhalten und kennt keinen Über­druß ! So aber vergeuden Mann und Weib die besten Kräfte durch das häufige Vergießen der seelenverwandtesten Lebenssäfte und büßen auf diese Weise ihre geistigen Kräfte ein, die sie allein befähigen, in Meiner Ordnung zu leben. Sie werden materiell, selbstsüchtig, lügenhaft, grausam und rücksichtslos und stürzen sich immer tiefer in den Pfuhl der Fleischeslust, weil sie verlernt haben, ihre Beglückung in Mir zu finden." (Zit. n. Dr. W. Lutz, „D ie Giundfiagen des Lebens“ , S. 287.) Welch ein Gegensatz zu

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dem unsinnigen Potenzdenken unserer Zeit, und wie wahr, denn wer von uns hätte das nicht schon mit ansehen oder erleben müs- HCn. Es gäbe keine Degeneration der Menschheit, keine Zeit­krankheiten, kein Siechtum, keinen geistigen Tod, würden wir als verantwortliche Mitschöpfer Gottes handeln. Wenn wir uns klar­machen, daß es nicht so sehr Kriege und Katastrophen sind, die Not und Elend unter uns Menschen bringen, sondern die Über­tretung des Gebotes „D u sollst nicht ehebrechen", dann muß es cinleuchten, daß selbst in unserer enthemmten Welt dieses gött­liche Gebot seine unumstößliche Gültigkeit hat. Wir würden auch heute noch in Glück und Frieden leben, würde jeder das ihm von Gott anvertraute Gut der Zeugungskraft, in dem eine ganze Schöpfung liegt, verantwortungsbewußt verwalten.

Das siebente Gebot: „D u sollst nicht stehlen" scheint dem Recht auf Eigentum Schutz zu gewähren, so lehrt es die Theologie und die Gesetzgebung der Welt. Diebstahl ist eine Sünde wider die Nächstenliebe, und eine gute Ordnung unter den Menschen ist nötig, solange die Menschheit überwiegend selbstsüchtig ist. Der große Gesetzgeber hat aber noch einen anderen Sinn damit ver­bunden. „D u sollst nimmer die göttliche Ordnung verlassen, dich nicht außerhalb dieser stellen, und dich nicht der Rechte Gottes bemächtigen wollen!"Wer sich selbst heiligt und die göttliche Macht an sich reißen will, der ist wahrhaft ein Dieb, Räuber und Mörder. Es ist also wieder die Gier nach Macht und Besitz, die Wurzel dieses Übels. Die Lücken in den menschlichen Gesetzen, die Ansichten und Gebräuche gestatten es jedem, der schlau, gewitzt und gewissen­los genug ist, sich zu bereichern. Spekulation, Börse, Zinswirt­schaft, Inflation sind Mittel, sich ohne Arbeit zu bereichern. Der Wucher blüht allerorten. Natürlich muß der Mensch für seinen Lebens- und Broterwerb verdienen und „in die Scheuern sam­meln". Aber ein echtes Besitzrecht vor Gott hat niemand. Die Erde ist dem Menschen nur zur Nutznießung überlassen. Wer also auf der einen Seite rafft und sammelt, mehr als er für sich braucht, schafft auf der anderen Seite Not und Armut. Im Ge­meinbesitz der ersten Christen war die wahre Nächstenliebe zu erkennen. Sie scheint heute so gut wie ganz von diesem Planeten verschwunden zu sein.

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Das achte Gebot gebietet, „kein falsches Zeugnis wider seinen Nächsten zu reden". Es beinhaltet auch das Gebot „du sollst nicht lügen". Der Lüge ist nur ein unreiner Geist fähig, heißt es bei Lorber. Unwahrheit, Täuschung, Hinterhältigkeit, Verdre­hung der Wahrheit und Verleumdung, alles dies besagt das achte Gebot. Eigenliebe, Eigennutz, Selbstsucht und Herrschsucht sind die häufigsten Gründe zur Übertretung dieses Gebotes. Der Sa­tan selbst ist der Lügner „par excellence", der Lügner schlecht­hin. Er birgt in sich das Böse, das Falsche, die bewußte Täuschung und die Verstellung. Wir müssen leider feststellen, daß das Leben der meisten Menschen eine einzige Lüge ist. Darum ist alles, was der Mensch außer der Liebe, die auch die Wahrheit ist, tut, ein „falsches Zeugnis" und somit auch eine Lüge.Jesus ist uns ein wahrhaftes Beispiel ohne falsches Verhalten, in der Wahrheit, ohne Lüge und Betrug! Darum fordert er uns alle auf, den gleichen Weg zu gehen, den Weg der Wahrheits-, Got­tes- und Nächstenliebe.

Auch das neunte und das zehnte Gebot sprechen in gewisser Weise das Eigentum des Nächsten an. Ohne gemeinsame Ord­nung ist ein Zusammenleben in Familien und Völkern nicht möglich. Die gute Ordnung ist ein Abbild der in der Schöpfung erkennbaren Ordnung, die böse Ordnung ist höllische Unord­nung. Die schlimmste Folge der Sucht nach Besitz und Macht sind Krieg, Neid, Blut und Rache sowie der vielfältige Bruder­mord des Kain.Die Menschheit wird es noch lernen müssen, mit den Gütern dieser Welt im besten Gemeinsinn umzugehen; sonst droht ihr der Untergang! Das Spekulieren, das Streben nach Macht in Poli­tik und Wirtschaft, von Konzernen und anderen Wirtschaftsrie­sen, ist vor Gott ein Greuel. Mit zornigen Worten wendet sich der Herr gegen den Wucher, den Geist hemmungsloser Habsucht, und den Geiz als Wurzel allen Übels. Wenn Gott sagt: „D u sollst nicht begehren deines Nächsten Weib", so deutet der vordergründige Sinn wohl auf das sechste Gebot hin; aber der tiefere, geistige Sinn meint die Wahrung der Lebenssphäre des Nächsten. Dieses Gebot richtet sich gegen alles, was man dem anderen antun könnte, gegen den Schmerz, den ein Mensch dem anderen aus Eigensucht zufügen kann, gegen den Mißbrauch der Liebe.

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„Ich. allein bin der Herr, ihr alle untereinander aber seid gleich Brüder, und es soll keiner mehr noch geringer sein."Alle Naturkatastrophen sind Folgen von gottesordnungswidrigen Handlungen der Menschen. Die Erdenmenschheit brauchte nur fünfzig Jahre lang ganz in der Natur- und Gottesordnung zu leben, so hätte sie keinerlei Unbill zu erleiden. Die Jahre würden wie die Perlen auf einer Schnur verlaufen, eines so gesegnet wie das andere (GrEv IV 144, 1—3). Eine jede Handlung hat eine von Gott bestimmte Folge. Diese ist das unabänderliche Gericht, denn so ist es vom Herrn gestellt, daß sich jede Handlung am Ende selbst richtet!

8. Die Not als Lehrerin

Der Anfang dieses Kapitels wendet sich dem Thema „Glauben" zu. Lange hatte in der Kirche der Glaube uneingeschränkten Vorrang vor dem Wissen, wobei das Wesen des Glaubens viel­fach mißverstanden worden ist zugunsten eines nur „blinden Glaubens". Jesus aber fordert durchaus keinen Blindglauben von uns. Im Gegenteil, er will sogar, daß der Mensch sucht und nach mehr Wissen trachtet. Sogar der Zweifel kann als befruchtender Gegenpol zum Glauben führen, er kann Bestandteil des religiö­sen Denkens sein, sofern die ehrliche Bemühung um Beseitigung des Zweifels zu einer weiteren Vertiefung des Glaubens führt. „Prüfet alles, und das Gute und Wahre behaltet!" Daraus ergibt sich, daß die Begriffe „das Gute" und „das W ahre" relativ sind. Jesus meint damit ganz offensichtlich das für jeden einzelnen „Gute und Wahre", das heißt das ihm Angemessene, seiner N a­tur Entsprechende; denn da Reife und Entwicklungsgrad eines jeden Menschen verschieden sind, ist dem einen noch längst nicht begreiflich, was dem anderen schon sonnenklar ist. Normen und Dogmen sind deshalb in vielen Fällen der Erkenntnisfähig­keit eher hinderlich als nützlich. Hier müßte das starre Gefüge der Kirchen sich lockern und die „Unfehlbarkeit" des Papstes in Frage gestellt werden, denn Wortklaubereien und theologische Zänkereien können die Hörer des kirchlichen Wortes eher ver­schrecken als zum Glauben führen.

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Christus verlangt von niemandem, daß er glauben solle, was er nicht verstehen kann, aber zu forschen als Vorbereitung des Er- kennens empfiehlt er.„Eine Bedingung ist allerdings gesetzt für den Zutritt zu diesem Heiligtum der lichtvollen Erkenntnis", schreibt Dr. Walter Lutz in seinem Buch „ Grundfragen des Lebens" , sie heißt. . . „herun­ter vom Thron des alten luziferischen Hochmutes und selbstge­fälliger menschlicher Einbildung!"Und . . . „so ihr nicht werdet wie die K inder".. . möchte ich an dieser Stelle noch einmal hinzufügen.

Ich versetze mich zurück in die Zeit, als ich selbst zum erstenmal Bücher in die Hand bekam, die über das Vorhandensein einer anderen, besseren Welt berichteten. Ich fand diese Gedankengän­ge zwar sehr schön, aber waren sie auch glaubhaft? Als ich mich mit meinen Kindern darüber unterhielt, machte ich eine über­raschende Entdeckung: sie fanden ein Weiterleben nach dem Tod ganz selbstverständlich, vor allem waren sie von einem Gott als Wesenheit und Lenker des Universums völlig überzeugt.„Ich rede jeden Abend mit ihm ", erklärte meine kleine Tochter ganz ungezwungen. Auf meine erstaunte Frage, worüber sie sich denn mit ihm unterhalte, sagte sie: „Wir besprechen eben alles miteinander, nur bin ich ihm in der letzten Zeit ein bißchen böse." Ich sah sie verständnislos an. „Oder findest du nicht, daß man sich unter guten Freunden auch ruhig einmal die Meinung sagen darf?" fragte sie. „Natürlich", antwortete ich. „N a, siehst du, ich habe einfach von ihm wissen wollen, warum du immer soviel Schmerzen ertragen mußt, wo ich doch schon so lange für dich bete."Da hatte dieses Kind mir in seiner Unschuld einen ganz klaren Weg gewiesen. Ja, das hätte ich auch gern gewußt, warum man­che Menschen mehr ertragen müssen als andere; und warum sollte man sich die Antwort auf diese Frage nicht direkt an der richtigen Adresse holen? Vielleicht gab es den Herrn dort droben wirklich, und vielleicht ließe er sich erweichen und „erlöste mich von dem Ü b el"!So fing es an, das Suchen, dem nach langer Mühe ein Finden folgte. Meine Kinder hatten es viel leichter, das Begreifen, hatte ich doch über vierzig Jahre kritischen Verstand über Bord zu werfen. Aber auch diese Frage nach dem Warum ist mir heute

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hinreichend beantwortet und hilft mir; meinen schweren Alltag zu bestehen.Die Not als Lehrerin hat Jesus diesen wichtigen Bestandteil des Glaubenlernens genannt, und ich möchte hier ausführlicher wer­den, greift doch dieses Not-Schicksal in jedes Menschenleben ein. Das Kreuz, das Christus einst trug, — ein jeder sollte es auf seine Schultern laden, willig und ohne zu murren.Wenn wir vom Sinn des Leidens sprechen, müssen wir zugleich vom Sinn unseres Erdendaseins überhaupt reden, denn eines ist untrennbar mit dem ändern verknüpft. Wenn wir sagen, daß der Mensch in diesem Erdenleben keinen Anspruch auf Glück und Freude hat, sondern daß das Leben in der Materie Leiden und Gericht bedeutet, so muß das dem glaubenslosen Menschen ab­surd und überspannt erscheinen. Wer sich nie über das Woher und Wohin, über Tod und Jenseits, über das Walten des Schöp­fers Gedanken machte, wird diesen Ausführungen keinen Glau­ben schenken können. Der gedankenlose, ichbezogene, materiell eingestellte Mensch wird stets danach trachten, das kurze Dasein auf diesem Planeten in vollen Zügen zu genießen, allen Schwie­rigkeiten aus dem Weg zu gehen, und sich um seine menschli­chen Pflichten so wenig wie möglich zu kümmern.Aber die Mühseligen und Beladenen, die Armen und Kranken, die Blinden und die Lahmen, die Verzweifelten und die vielen Hoffnungslosen werden nach einer Erklärung dürsten, lernen sie doch auf diese Weise ihr Schicksal zu begreifen, besser gesagt zu erahnen, denn Gottes Wege sind dem unwissenden Menschen tief verborgen, solange er in dieser Welt leben muß.Das große Offenbarungswerk des Herrn, das uns durch Jakob Lorber gegeben wurde, lehrt uns die Heilsbotschaft in einleuch­tender und verständlicher Weise. Endlich dürfen wir erfahren, warum das Leben uns manchmal so hart anfaßt. Die Gequälten dürfen aufatmen, wenn sie erkennen, daß hinter allem Leiden dieser Welt ein tiefer Sinn verborgen liegt, daß sie nicht zu U n­recht oder ohne Notwendigkeit gelitten haben.Im Großen Johannes-Evangelium erhellt der Herr an vielen Beispielen das oftmals schwere Schicksal der ihn umgebenden Menschen, und immer wird es klar, daß Art und Dauer des Lei­dens der jeweiligen Schwäche des Betroffenen entspricht, ganz gleich, ob der Körper oder die Seele der Prüfung unterzogen wird.

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Der Ort Emmaus wird nicht nur in der berühmten Episode nach der Kreuzigung Christi erwähnt (Luk. 24,13 ff.), als der Herr un­erkannt den beiden Jüngern begegnet und sie ihn in ihr Haus einladen. In der Lorber-Offenbarung finden wir Jesus mit den Jüngern Petrus, Jakobus und Johannes ebenfalls auf dem Weg nach Emmaus,- auch der Römer Agrilcola ist in ihrer Begleitung. Zwei Begebenheiten werden uns hier geschildert, die mir an­schaulich zu sein scheinen für verschuldete und unverschuldete Not im menschlichen Leben. Der Bettlerin, der Jesus und seine Begleiter auf dem Weg nach Emmaus begegnen und die sie um ein Almosen anbettelt, sagt der Herr auf den Kopf zu, daß sie, die kräftig und stark wäre, nur zu bequem sei, um sich mit redli­cher Arbeit ihren und ihrer Kinder Unterhalt zu verdienen. Er macht ihr begreiflich, daß sie sich diese Not durch ihr hartherzi­ges Verhalten ihren Eltern und ihrem Mann gegenüber zugezo­gen hätte, die aus Kummer ihretwegen gestorben wären. Hier greift Jesus nicht helfend ein, sondern ermahnt das bettelnde Weib nur zur Rechtschaffenheit und Ehrbarkeit, dann würde sic selbst ihr Schicksal günstig beeinflussen können, vorausgesetzt, sie wäre bereit, sich durch ihrer Hände Arbeit und den Verzicht auf die Prostitution ihren Unterhalt selbst zu verdienen.Ganz eindeutig haben wir es hier mit einem Fall selbstverschul­deter Not zu tun, wie auch heutzutage viele Menschen durch fal­sche Lebensweise, Raubbau an ihrem Körper, durch Gedanken­losigkeit oder Hartherzigkeit sich selbst in große Schwierigkeiten bringen.In unverschuldete Not dagegen war das arme Elternpaar geraten, deren halb verhungerte und unbekleidete Kinder Jesus und den Jüngern am Ortseingang von Emmaus entgegenkamen. Beide El­tern waren durch schwere Gichtbrüchigkeit arbeitsunfähig ge­worden und hausten in einem halbverfallenen Schafstall vor den Toren der Stadt; die Not zwang sie, ihre Kinder zum Betteln aus­zuschicken. Sie waren dem Verhungern nahe und die Kinder am Rande der Verzweiflung, als Jesus den Ort besuchte. Der Römer Agrilcola war maßlos aufgebracht über die Hartherzigkeit der Bürger von Emmaus, als er mit Jesus zusammen die erbärmliche Unterkunft betrat.Nachdem Jesus sie geheilt hatte, sagte er: „Gott hat euch stark ge­prüft, und ihr habt ohne Murren in voller Ergebung in den Wil­len Gottes alles, was über euch gekommen ist, ertragen. Als eure

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Not das Vollmaß erreichte, hat Gott euch auf eine wunderbare Art schnell geholfen, und diese Hilfe wird bei euch verbleiben nicht nur zeitlich bis ans Ende eures irdischen Lebens, sondern auch über das Grab hinaus für ewig! Warum ihr aber auf dieser Erde von Gott so stark geprüft wurdet, das werdet ihr erst im än­dern Leben erfahren und einsehen" (GrEv VII 134,14).Hier kommt dem Leser vielleicht eine Ahnung, nach welchen Ge­sichtspunkten Gott das Schicksal der Menschen belastet. An einer Stelle in der „ Haushaltung Gottes“ lesen wir, daß durch ein har­tes Erdenleben die Menschen, die Gott lieben, erst so geläutert und zubereitet werden müssen, daß sie stark genug sind, eines Tages in seiner göttlichen Nähe leben zu können!Zu Cyrenius sagt Jesus an anderer Stelle: „Es wäre nicht gut, den Menschen also zu stellen, daß er so ganz versorgt wäre dem Lei­be nach, denn dann würde er am Ende so träge werden, daß er sich um nichts mehr kümmern würde. Und dieses Bestreben nach der trägen, sorglosen Ruhe ist wieder eine Eigenschaft des an und für sich toten Körpers. Die Seele, die zum größten Teil ihre for­melle Konsistenz sich erst bei gerechter Tätigkeit aus dem Leibe zu schaffen hat, würde in der sorglosen Ruhe des Leibes auch mit ruhen, da auch in ihr der Hang zur Untätigkeit überwiegend vor­handen ist. So setzt die Not des Leibes alle Hebel in Bewegung, um diesen zu versorgen, aber der Mensch beginnt auch nachzu­denken über die Ursachen dieser Not, und die Seele beginnt zu forschen nach dem Sinn dieses Daseins. Wenn die Not den Men­schen so recht zum Denken genötigt hat, dann fängt alsbald die Erde unter ihm zu grünen an, wogegen er sonst alsbald in die vollste Lethargie übergehen würde und somit dem geistigen Tod verfallen wäre" (GrEv II 212,4.5,- 14.15). „Uber wen Ich allerlei Leiden und Trübsal zulasse, dem helfe Ich auch zur rechten Zeit, wen Ich aber sein irdisch stolzes und schwelgerisches Wohlleben fortgenießen lasse, der trägt sein Gericht und seinen ewigen Tod schon in sich. Den Kranken sage, sie sollen sich in ihrer Not nicht betrüben, sondern sich ernstlich an Mich wenden, Ich werde sie trösten, und sie sollen erquickt werden, wie das Gras nach dem Gewitterregen. Eine Leibeskrankheit ist gewisserart eine Wache vor der Tür, daß ein zu gesundes Fleisch nicht erregt wird durch allerlei sinnliche Lustreize. Darum hütet euch, daß ihr nach der Genesung nicht wieder in eure alten Sünden verfallet, damit es nicht ärger mit euch werde als zuvor" (GrEv IX 29,13; Ha I, 3;

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GrEv IX 158, 11—14). Zu einem reichen, kranken Juden sagt Je­sus: „Du hast nun des Lebens Wermutbecher bis auf den letzten Tropfen verkostet und bist dadurch zu einem tief denkenden Menschen geworden, fähig zur Aufnahme des wahren, lebendi­gen Gotteslebenslichtes aus den Himmeln!"In diesen Tagen ist viel die Rede davon, ob den Ärzten gestattet werden sollte, den Tod unheilbar Kranker zu beschleunigen. Da­zu macht Jesus eine ganz klare Aussage: „D a kein Mensch wissen kann, warum Gott dem Kranken ein solches Leiden zukommen ließ, und wie es dann jenseits um seine Seele bestellt sein werde, so verbietet Gott die Tötung unheilbar Kranker!" (GrEv XI 39,2.)Dazu möchte ich aus dem hinzufügen, was ich aus der Gesamt­lehre Jesu entnommen habe, daß wohl die Leiden eines Men­schen gelindert werden dürfen, daß aber bei einem unheilbar Kranken keine das Leben künstlich verlängernden Maßnahmen ergriffen werden sollten; denn Gott allein weiß, wann es an der Zeit ist, eine Seele zu sich zu rufen.Das Schwierigste im Leben eines Menschen ist die Selbsterkennt­nis, die Selbstbeschauung, wie Jesus es nennt. Deshalb fällt es auch so schwer, die Schwäche der eigenen Seele zu erkennen. Ge­raten wir aber in irgendeine Not, ganz gleich welcher Art, so kann man aus dieser Bedrängnis heraus sich selbst die Frage stel­len: Was soll ich wohl daraus lernen, was habe ich falsch ge­macht, worauf will der Herr mich aufmerksam machen?Längst nicht immer wird der Nutzwert von auferlegten Kümmer­nissen begriffen. Unzählige Leidende verfallen in Bitterkeit und Selbstmitleid, sind für ihre Umgebung kaum zu ertragen und werden für ihre Angehörigen zu einer schweren Prüfung. Men­schen, die durch Leiden hart und mitleidlos werden, sind auf dem falschen Weg. Er wird nicht in glückhafter Erlösung enden!„Es ist wahr", sagt Jesus im GrEv (IX 19,19), „daß des Menschen Leben von Geburt an von vielen Drangsalen und Leiden behaftet ist, aber wenn er nach der erkannten Ordnung Gottes lebt und dadurch in sich schon auf dieser Erde das lebenshelle Bewußtsein überkommt, was ihn im anderen Leben erwartet, so wird er alle noch so bitteren Prüfungen, die nur zur Erweckung des Geistes Gottes in seiner Seele ihm zugelassen werden, mit aller Geduld und Standhaftigkeit ertragen und dabei vollauf frohen Mutes sein!"

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Das Leiden schlechthin scheint demnach das einzige Mittel zu sein, um die Rückkehr der gefallenen Geister zu Gott zu ermög­lichen; und Gott selbst hat uns in seiner unvorstellbaren Güte auf unserer Erde dieses Leiden vorgelebt, als er sich am Kreuz auf Golgatha vor aller Welt erniedrigte. Nur so werden wir befähigt, uns aus der Fessel der Satanseele zu befreien.In „Himmelsgaben“ (II, S. 52,13) sagt der Herr: „Wenn irgendwo Reisende einkehren, so bringen sie auch verschiedenes Gepäck mit und geben es dem Hauswirt in Verwahrung. Ich bin auch ein Reisender, und Mein ganzes Gepäck besteht in einem Kreuz. Wo­hin Ich nicht mit diesem Kreuz komme, da bin Ich auch nicht willens zu bleiben. Wenn ich aber komme mit meinem heiligen Gepäck, dem Kreuze, so bin Ich dann auch mit allem da und bin nicht so leicht wieder hinauszubringen!"Aber nicht jedes Leiden ist ein von Gott auferlegtes Schicksal. Denken wir nur einmal darüber nach, wieviel Mißbrauch der moderne Mensch mit seiner Gesundheit treibt, wie oft er gegen das Gesetz der Mäßigkeit verstößt, wie oft er der einfachen Le­bens- und Ernährungsweise, die Jesus vorgelebt hat, entgegen­handelt. Eine ganze Industrie unterstützt ihn bei diesem ord­nungswidrigen Tun. Das Erdenleben Gottes in der Person Jesu Christi gilt als Vorbild in jeder Beziehung für alle, die ihm nach­folgen wollen. So zählt auch der Raubbau am menschlichen Kör­per durch Genußmittel aller Art, Fraß und Völlerei, Mißbrauch der Sexualität und was der selbstzerstörerischen Exzesse mehr sind, zu den folgenschweren Verstößen gegen die göttliche Ord­nung. Alle Süchte zählen dazu, und jeder, der aus der naturgege­benen Ordnung heraustritt, täte besser daran, sich ein „Auge auszureißen" oder sich eine „Hand abzuhacken", wie es in der Bergpredigt heißt, also die Sinne von allem Weltlichen abzuwen­den, als die Folgen dieser Übertretungen mit Gleichgültigkeit ab­zuwarten.Zu einem römischen Oberstadtrichter, der nach der Ursache schmerzhafter Krankheiten fragt, sagt Jesus im GrEv (X 182,5.6): „Besehet die vielen Leckerbissen, mit denen die Menschen ihren Leib füllen, und es wird euch klar, wieviele ungegorene, unreine, böse und schädliche Substanzen dadurch oft den ganzen mensch­lichen Leib in Besitz nehmen und mehr und mehr quälen! Denn solche verschiedenartigen Substanzen geraten dann in einem Menschenleib in einen beständigen Kampf, den der Mensch nur

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dadurch auf eine Zeitlang zu beschwichtigen vermag, daß er zu allerlei Kräutern und Wurzeln seine Zuflucht nimmt und damit die inneren Seelensubstanzen beruhigt. Aber solche Gesundheit ist nie von Dauer, besonders bei alten Menschen, er müßte denn auf längere Zeit zur ganz einfachen Leibesernährung greifen. Aber die meisten Menschen, wenn sie dem Leibe nach durch eine geeignete Medizin gesünder werden, bekommen bald wieder Lust zu ihren alten Leckereien, werden darauf kränker als ehe­dem und nehmen oft ein schmerzvolles Ende."In ein Hamburger Krankenhaus wurde eines Tages ein junger Mann eingeliefert, der nach einem Motorradunfall von der Hals­wirbelsäule an abwärts querschnittsgelähmt war. Mühsam über­wand er die ersten schweren Wochen des Schocks und der Ge­wöhnung an die neue Situation. Dann brach es eines Tages mit einer Heftigkeit aus ihm heraus, daß die Schwestern und Ärzte ratlos vor diesen Selbstanklagen standen. Dieser junge Mensch war der Anführer einer Rockerbande gewesen, die mit Fahrrad­ketten und Schlagringen Raubüberfälle begangen und unzähli­gen Menschen Schaden an Körper und Seele zugefügt hatte. Nun weinte er wie ein Kind und sah sein Schicksal als gerechte Sühne an. Er wird mit seinem eigenen Leiden die Schuld tilgen müssen und selbst dabei vielleicht ein Gotteskind werden.So gibt es in unserer Welt unendlich viele Formen des Leidens, das die Seelen bereitmachen soll zum Verständnis des Gottes­wortes ; sei es die tiefe Resignation eines Menschen, der in einer bedrückenden Ehe zu leben hat, sei es das bittere Los, mit einem verstümmelten oder verkrüppelten Körper leben zu müssen, blind oder unehelich geboren zu werden oder in asozialen Ver­hältnissen aufwachsen zu müssen. Immer ist jede Prüfung, jedes Leiden ein untrügliches Zeichen, daß der Herr in diesem Ge­schöpf noch die Möglichkeit zur Umkehr, zur Einsicht sieht, daß dessen Chancen noch nicht vertan sind. Gott hält ihm damit sei­ne gütige Hand hin. Wehe aber demjenigen, der trotz aller War­nungen des Schicksals sein falsches oder ungezügeltes Weltleben fortsetzt; er wird es im jenseitigen Leben unendlich schwer ha­ben, das so leichtfertig Vertane wiederzuerlangen.Greift ein schweres Schicksal in das Leben eines oder mehrerer Menschen ein, so kann man immer sicher sein, daß diese Maß­nahme Gottes aufrüttelnd, vorbereitend, wegweisend sein soll. Wenn wir uns das klarmachen, müssen wir ganz einfach dieses

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Wunderwerk an Präzision bestaunen, mit dem Gott wie in einem Riesenuhrwerk das Schicksal vieler Menschen sinnvoll ineinan­dergreifen läßt, so daß für jede Seele die Möglichkeit der nötigen Erfahrung gegeben ist. Hier ist auch ein Grund dafür zu sehen, warum die Gebete eines Menschen oftmals erst sehr viel später erhört werden. Die Wende muß erst vorbereitet werden, damit sich alles sinnvoll mit dem Schicksal aller Beteiligten verknüpfen kann. Und wieder stehe ich bewundernd vor der Allmacht Got­tes, die es immer und überall zuwege bringt, eines jeden Men­schen Schicksal durch die Wirrnisse dieses Erdendaseins so zu len­ken, wie es für die seelische Entwicklung gut und nützlich ist. Niemandem ist ein ungerechtes Los beschieden, jedem ist genau das für ihn Richtige zugeteilt, auch wenn nach außen und mit weltlichen Augen betrachtet noch soviel Ungerechtigkeit herr­schen mag.Mögen die Müden und die Traurigen, die Verzweifelten und die Bedrückten sich aufrichten lassen bei dem Gedanken, daß der Herr sie seiner Prüfung würdigt. Er wird und kann das auferlegte Schicksal nicht von ihnen nehmen, solange es für das Heil der Seelen erforderlich ist; aber er wird es allezeit tragen helfen, wenn wir ihn in gläubigem Vertrauen darum bitten.

9. Die Bewohner anderer Welten

Von jeher ist die Phantasie der Menschen beflügelt worden, wenn es darum geht, wie man sich das Leben auf anderen Wel­ten vorzustellen hat. Der Spekulationen gibt es da viele. Die Wissenschaft hält es immerhin für möglich, ja für wahrschein­lich, daß auch andere Gestirne bestimmte Lebensformen hervor­gebracht haben. Ein Amerikaner sagte einmal zutreffend, wenn die Welten im großen Universum nicht bevölkert wären, was Gott doch dann für eine ungeheure Platzverschwendung betrie­ben hätte.Das hat er sicher nicht getan. Im Lorberwerk erhalten wir auch darüber Aufschluß. Erinnern wir uns zunächst daran, warum Gott das materielle All erschuf, welchen Zweck er damit ver­band: Er fesselte und zerteilte die Satanseele, die nun allmählich,

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durch das Aufsteigen frei werdender Lebenspotenzen wieder ge­lockert und vergeistigt werden soll. Dieser Prozeß spielt sich nicht nur auf unserer Erde ab, sondern diese langsame Vergeistigung findet auch auf allen übrigen Weltkörpern statt. Versuchen wir das Prinzip an einem Beispiel klarzumachen. Denken wir uns einen Apfel, der allmählich einschrumpft. Was bewirkt dieses Schrumpfen? Durch Verdunstung wird dem Apfel Flüssigkeit ent­zogen, die sich in Gasförmiges, Geistiges, verwandelt. Durch das Austrocknen wird der Apfel kleiner und leichter, bis zum Schluß kaum mehr von ihm übrig geblieben ist als schrumpelige un­brauchbare Masse. Stellen wir uns anstelle von Äpfeln Welten­körper vor, so fällt es nicht schwer zu begreifen, auf welche Weise durch Schrumpfung dieser Weltkörper im gleichen Maße die Ver­geistigung vor sich geht.Unserer Wissenschaft ist bekannt, daß die Erde im Laufe der Jahrmillionen bereits geschrumpft ist, immer kleiner und leichter wird und sich dadurch in immer kleineren Ellipsenbahnen um unsere Sonne bewegt. Der logische Schluß daraus ist, daß die ge­schrumpfte Resterde eines sehr fernen Tages sich der Anzie­hungskraft unserer Sonne nicht mehr widersetzen kann. Hier sprechen wir bereits das Auflösungsprinzip des gesamten U ni­versums, das heißt des großen Weltenmenschen, an. Doch so weit sind wir noch nicht. Die Tatsache aber, daß unsere Erde sich immer mehr der Sonne nähert, dürfte allgemein aus dem Phy­sikunterricht bekannt sein. Was also für unseren Planeten gilt, trifft ganz sicher auch für alle anderen Welten mehr oder weni­ger zu. Sie sind bewohnt, denn sie unterliegen in der großen Schöpfung den gleichen Bedingungen. Wie wir uns aber die Be­wohner dieser Welten zu denken haben, das wird uns durch Lor­ber mitgeteilt. In den ersten Kapiteln erwähnte ich schon, daß die Menschenform, als die am meisten vollendete, welche die Schöp­fung kennt, im gesamten Universum vertreten ist. Auch auf allen anderen Welten sind die Bewohner Menschen, nur sind ihre Körper auf genau die Lebensverhältnisse ihres Planeten oder ih­rer Sonne zugeschnitten. Die Größe der dort lebenden Wesen und ihre Körperdichte, das heißt, ob mehr grobstofflich oder mehr substantiell-feinstofflich, richtet sich nach dem Umfang und den materiellen Gegebenheiten eines jeden Sterns. Der Or­ganismus dieser Lebewesen ist genau dem Verhältnis von U m ­fang, Zentrifugalkraft und umgebender Atmosphäre angepaßt.

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Wenn wir uns vor Augen führen, wie unterschiedlich Gott allein die verschiedenen Lebewesen unseres Planeten eingerichtet hat, denken wir an das Leben auf dem Land und das des Wassers — denken wir daran, wie Gott für jeden Grashalm, für jede Mücke, für jeden Fisch und jede Wasserpflanze genau die richtigen Ver­hältnisse geschaffen hat, bevor der Mensch in dieses gut funk­tionierende Uhrwerk eingriff —, so ist es doch nicht so schwer vorstellbar, daß die Allmacht des Schöpfers auch für alle anderen Welten die richtigen Lebensbedingungen geschaffen hat.Wenn Professor Heinz Haber in seiner ausgezeichneten Sendung „Stirbt unser blauer Planeti" die Version zeichnet, daß die Wis­senschaft die Möglichkeit in Erwägung zieht, den durch den tod­bringenden „Fortschritt" angefallenen Atommüll mit Hilfe von Raketen auf die Sonne zu bugsieren, die ja ohnehin aus einer so stark radioaktiven Masse von Millionen von Hitzegraden bestün­de, so packt mich das Grauen, bei allem Respekt vor dem ausge­zeichneten Professor Haber, der sich sehr um die Lösung unserer brennenden Probleme bemüht.Was bei Lorber über die Beschaffenheit unserer Sonne ausgesagt ist, wird den wissenschaftlich Orientierten zunächst skeptisch stimmen. Unsere Astronauten haben aber nun aus dem Welt­raum eine Menge Erfahrungen mitgebracht. So ist seit einiger Zeit bekannt, daß unsere Lufthülle, die Atmosphäre, von einer spiegelnden Oberfläche begrenzt wird. Nach Lorber ist diese Spie­geloberfläche jedem Weltkörper gegeben, der eine Atmosphäre besitzt. Unsere Sonne nun, die eine sehr kleine Sonne mit einer sehr geringen Eigenleuchtkraft ist, hat eine ihrem Umfang ent­sprechend dicke Atmosphäre mit einer großen spiegelnden Ober­fläche. Das starke Licht, das von unserer Sonne ausgeht, ist nach Lorber eine Spiegelreflexwirkung, mit der das gesamte Licht der Sonnen unserer Hülsenglobe aufgefangen und reflektiert wird. [Siehe S. 217 ff.)Ist das so unglaubhaft? Mir leuchtet das völlig ein; ebenso ist mir der Gedanke nicht so undenkbar, daß unter dieser spiegelnden Atmosphäre die Temperaturen des Sonnenkörpers gar nicht so unerträglich hoch sein müssen, daß hier nicht organisches Leben möglich wäre oder zumindest halborganisches. Ich deutete vor­hin schon an, daß die Dichte, der Aggregatzustand der Lebewe­sen, wenn man es so vereinfachen will, den Gegebenheiten je­des Weltkörpers angepaßt sein muß. Daß wir das Leben und die

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Bedingungen auf unserer Erde nicht als Maßstab nehmen dürfen, muß dabei nicht erst erwähnt werden.Uber den Saturn, die Enträtselung seines geheimnisvollen Rin­ges, die Menschen- und Pflanzenwelt hat Lorber uns ein ganzes Buch hinterlassen, dessen Aussagen in Übereinstimmung stehen mit dem wenigen, was die Wissenschaft bisher herausgefunden hat. Und wenn Gott sagt: Alle Wunder dieses herrlichen Plane­ten findet ihr auf eurer Erde auch, ihr müßt sie nur in euren Mikroskopen entdecken, so wird der Gedanke faßbar, daß sich im Aufbau des Universums viele Grundprinzipien wiederho­len.„Ihr müsset andere Weltkörper nicht nach der Erde bemessen", sagt der Jünger Johannes in dem Buch „Die geistige Sonne (II, 14,3 f.), „denn diese ist wie ein Bettelstübchen gegen die Paläste der Fürsten. So gibt es im Bereich der Sternbilder Orion, Löwe und des Großen Hundes Sonnenwelten, vor deren Herrlichkeit und Pracht ihr hier vergehen würdet!"Der Grieche Philopold, dem Jesus für einige Zeit die „innere Sehe" geöffnet hatte, berichtet im GrEv von seinem Vorleben auf einem dieser Weltkörper: „Siehe hinauf, alle die zahllosen Sterne sind Welten, um gar vieles größer und herrlicher als diese Erde, und auf einer jeden dieser Welten findest du Menschen, die der Form nach völlig ähnlich sind, und überall ist eine große Weis­heit unter ihnen, auch der Liebe ermangeln sie nicht, aber sie kommen, ähnlich den Tieren dieser Erde, schon vollkommen zur Welt und brauchen nicht vom Grunde an alles zu lernen. Die Sprache ist nahe überall eine und dieselbe, und ihr Erkennen hat ganz bestimmte Grenzen. Sie erfinden nichts Neues, weil alles in der höchstmöglichen Vollendung vorhanden ist. Sie werden von Engelsgeistern belehrt und stehen in direktem Kontakt mit ihnen. Dadurch wissen sie, daß es im großen Schöpfungsmen­schen einen Erdkörper gibt, der ,Schule der Gotteskinder' genannt wird. Die Geweckteren unter ihnen werden manchmal von der Sehnsucht ergriffen, in einen irdischen Leib eingezeugt zu wer­den, um die Gotteskindschaft zu erlangen. Von dem Augenblick an, da jemand ernstlich den Wunsch äußert, wird ihm alles haar­klein vorgestellt, was er auf dieser Welt wird zu bestehen haben. Sie wissen auch, daß ihnen die Erinnerung an diese glücklichere Sternenwelt genommen wird, sobald sie von einem Weibe aus­geboren sind. Dieses Kind wird viel auszustehen haben. Es wird

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lernen müssen, Angst, Hunger und Entbehrungen, schmerzhafte und schwere Krankheiten zu ertragen, es wird mehr zu leiden haben, als ein Kind dieser Welt, hat diese Seele in den glückliche­ren Umständen ihrer Sternenwelt doch weniger auszustehen ge­habt und muß den Reifeprozeß in kürzerer Zeit nachholen. Durch Bestehung dieser geforderten und vorgeschriebenen Le­bensbedingungen erst muß in der Seele der Gottesgeistfunke be­lebt und zum Wachsen erweckt werden. Diese Sternenseelen ha­ben ein schwereres Los als andere Menschen. Sie haben sich aber vor der Einzeugung in einen irdischen Körper völlig mit diesem Erdenweg einverstanden erklärt" (III 221,3—7).An vielen Beispielen des Lorberschen Johannes-Evangeliums wird uns immer wieder deutlich gemacht, daß das Leben auf den anderen Weltkörpern außerhalb unserer Erde nur selten Entar­tungen in der Entwicklung von Natur- und Menschenleben er­fahren kann. Nur hier auf unserer Erde, im direkten Machtbe­reich Satans, ist das möglich! Überall bleibt das Gleichgewicht der Natur erhalten, und nur wenige Weltkörper weisen so etwas wie technischen Fortschritt auf. Alles bleibt unter der Kontrolle der verantwortlichen Engelsgeister.Wohl gibt es auch dort bösartige Geister, die aber, wie zum Bei­spiel beim Saturn, in den enormen Kältegraden der Pole gefes­selt werden.Die Teilbarkeit einer Seele wurde im Kapitel „Adam " erläutert. Eine solche Seelenteilung können wir selbst täglich beobachten, wenn wir uns die ebenbildliche Ähnlichkeit der Kinder mit ih­ren Eltern betrachten, denn die Seele der Kinder wird zum Teil aus der Seele der Eltern entnommen. Das Unähnliche zwischen Eltern und Kindern entsteht durch Hinzufügung anderer Seelen­spezifika. Jede Menschenseele ist somit individuell geformt, nie­mals ist eine der anderen völlig gleich, jede ist eine Schöpfung für sich, geformt aus den Unmengen von Seelenpartikeln, die un­entwegt aus dem Pflanzen- und Tierreich aufsteigen, frei werden und umgeformt wieder neue Lebewesen bilden. Mit anderen Worten, die Darwinsche Evolution geistig gesehen!Was demnach unsichtbar für unser Wahrnehmungsvermögen je­derzeit um uns vorgeht, muß, könnten wir es sichtbar machen, ein Kaleidoskop unvorstellbaren schöpferischen Wirkens sein. Unsere Sinne würden es nicht fassen können. Der Geist aber ist unteilbar. „Wo er als Einheit in eine große oder kleine Seele ge­

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legt wurde, da bleibt er auch eine Einheit. War einst die Seele Luzifers auch noch so groß, konnte in ihr doch nicht mehr als ein Geist wohnen." Und dieser eine, durch sich selbst gefallene Geist kann nicht in all den zahllosen Teilen seiner einstigen Urseele wohnhaft bleiben. Seine Wohnung ist allein auf diese von uns bewohnte Erde beschränkt. Wer diesen Gedanken logisch zu En­de denkt, kommt zwangsläufig ganz von selbst darauf, daß nie­mand der außerirdischen Bevölkerungen eine Invasion unserer Erde im Sinn hat, und daß die Theorien Erich von Dänikens je­der Wahrscheinlichkeit entbehren, daß die ,Götter' Astronauten waren!Alle anderen Weltkörper, obwohl Teile der einstigen Satanseele, sind also frei von dieser Einwohnerschaft. Daher können auch die Menschen jener Weltkörper, obwohl in ihrer Natur gewöhn­lich besser als auf unserer Erde, dennoch nie zu jener vollkom­men gottähnlichen Höhe gelangen wie die Kinder dieser Erde, lesen wir in dem Buch „Eide und Mond“ .Die Mutter Erde ist zwar das im Geiste von Gott Allerentfernte­ste und Allerletzte, kann aber darum im Besserungsfalle das A l­lerhöchste und Allergottähnlichste werden.„Aus diesem Grunde wählte auch Ich, als der Herr diese Erde zum Schauplatz Meiner höchsten Erbarmung und schuf auf ih­rem Boden alle Himmel neu. Jeder Mensch, der hier geboren wird, bekommt einen Geist aus Mir und kann nach der vorge­schriebenen Ordnung die vollkommene Kindschaft Gottes erwer­ben. Auf den anderen Weltkörpern bekommen die Menschen Geister aus den Engeln, denn jeder Engel, der ein Kind Gottes ist, mußte auf dieser Erde, so wie Ich selbst und jeder Erzengel, den Weg des Fleisches durchgemacht haben. Sie sind durch eine In­karnation (Einzeugung) zur Gotteskindschaft gelangt.Seht, das ist für die Menschen dieser Erde zwar ein Nachteil, weil sie so nahe dem Bösesten aller Geister wohnen, der ihnen viel zu schaffen macht. Auf der anderen Seite haben sie aber den un­endlichen Vorteil, daß sie einen kräftigen Geist aus Gott haben, mit dem sie, wenn sie nur wollen, die Bosheit abwehren können, um dadurch vollkommene Kinder Gottes zu werden. Es dürfte hier vielleicht jemand den Einwurf machen: Woher sind denn Geister für Menschen anderer Planeten genommen worden zur Zeit, als die Erde noch keine Menschen trug? Wo doch voraus­gesetzt werden kann, daß andere, viel ältere Sonnenweltkörper

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sicher schon Billionen Jahre früher als die Erde menschliche We­sen trugen?Diesem Einwurf kann man entgegnen: Jene viel älteren Welt­körper entstammen, wie schon oben bemerkt, einer und dersel­ben Seele. Denn: Je größer die Pflanze, desto längere Zeit braucht sie, bis sie Frucht bringt. Legt ein Weizenkorn und eine Eichel in die Erde und fragt euch dann selbst, welcher Same hier früher Frucht bringen wird. Das Weizenkorn wird in einigen Monaten ein Gleiches hervorbringen, bei der Eiche werden viele Jahre da­zu erforderlich sein. Infusionstierchen können in einer Minute einige hundert Generationen durchleben. Der Elefant braucht über zwei Jahre, bis er ein Junges zur Welt bringt. Bis er zeu- gungs- und empfängnisfähig wird, dürften wohl einige zwanzig Jahre erforderlich sein. Stellt nun den Unterschied fest: Wieviel Generationen der Infusorien dürfte wohl eine Elefantengenera­tion zählen?An diesem Beispiel könnt ihr begreifen, daß eine Ursonne, die um mehrere Dezillionen von Erdenjahren älter ist als die Erde, (welche doch auch schon einige Quintillionen von Jahren alt ist), weil sie größer ist als die Erde, in dem Maße auch viel später ihre Aussaat zur Reife bringt. Es ist von Mir wohlberechnet vor­gesehen, daß die Früchte aller Weltkörper die Ausreifung dann bekommen müssen, wenn der Zentralpunkt der geistigen Schöp­fung so weit gediehen ist, seinen geistigen Lebensüberschuß den Früchten anderer Weltkörper einpflanzen zu können.Es ist wahr, daß zum Beispiel auf der Urzentralsonne Urica menschliche Wesen existiert haben, bevor die Erde noch aus die­ser Sonne ausgestoßen wurde. Aber diese Menschenwesen haben auch eine andere Lebenszeit als die Menschen dieser Erde. Wenn ein Urkamensch nur zehn Urkajahre alt ist, so ist er schon älter als diese ganze Erde! Daraus aber ist leicht zu erkennen, daß die Erstgeborenen dieses Weltkörpers noch bis zu dieser Stunde le­ben können, und noch einige, die jetzt geboren werden, so lange leben werden, wie diese Erde noch existieren wird. Es war also in der Zeit durchaus möglich, daß alle Engel samt Mir den Weg des Fleisches durchgemacht haben und nun schon lange als Mei­ne Kinder aus dem Überfluß ihres Lebens nehmen und in Kinder anderer Weltkörper einpflanzen können.Aus alledem ist nun für jeden, der Geist und damit Licht hat, die Teilbarkeit der Seele ersichtlich und ganz besonders auch die der

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Urseele des erstgeschaffenen Urgeistes. Und ebenso, daß diese Erde jener Teil aus seiner Urseele ist, der allein von dem urge- schaffenen Geist bewohnt wird" (EuM, S. 160—162).Auf hundert Erdseelen, erfahren wir an anderer Stelle, kommen etwa zwei Sternenseelen. Die Seelen von „oben" sind kräftiger als die Seelen, die aus dem Reich der Erde aufsteigen. Sie können eine stärkere irdische Lebensprobe aushalten, und die bösen Gei­ster dieser Erde können ihnen wenig anhaben.Jesus sagt: „Die Menschen dieser Erde sind gegenüber den Men­schen anderer Erden äußerlich unansehnlich, klein und schwach, aber in ihrer verborgenen, inneren Lebenstiefe sind sie aus Mir der Grundlebenspunkt des ganzen großen Schöpfungsmenschen!" (GrEv VIII 57,18.)Auf keinem anderen Weltkörper gibt es so vielfältige Entwick­lungsmöglichkeiten wie hier auf dieser Erde, nirgends so viele Lebensformen, nirgendwo Entartung in dieser Weise wie hier, aber nirgendwo anders im ganzen großen Universum gibt es eine andere Schule der Gotteskinder. In ihrer Art stellt die Bestim­mung dieser Erde etwas Einzigartiges dar. Jede Seele muß durch den „Engpaß", das „Nadelöhr" Erde, jeder muß das geringe, un­schöne Kleid dieser Erde anziehen, wer einstmals mit dem Herrn der Welt vereint sein und seine unendlichen Schöpfungen mitge­stalten will. Ist das nicht ein tröstlicher Gedanke in unserem Da­sein? Hilft er uns nicht, uns über alle Kümmernisse hinweg mit Licht zu erfüllen? Hilft er uns nicht, dieses Kreuz zu tragen, hilft uns dieses Bewußtsein nicht, den Sinn hinter dieser scheinbaren Sinnlosigkeit zu sehen?

10. Nächstenliebe

Im Alten Testament herrschte nach Gottes Willen das Gesetz der Weisheit. Das von Jesus neu verkündete Gebot war das Ge­bot der Liebe! Das hatte eine tiefe Bedeutung. Nach dem Gesetz der Weisheit hatte Satan immer noch die Möglichkeit, durch Schläue und Raffinesse die Menschen zu Fall zu bringen. Nach dem neuen Gebot der Liebe war das nicht mehr möglich. Das heißt, erweckt ein Mensch die Liebe in sich, die Liebe zu Gott

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und seinem Mitmenschen, so wird er im Maß seiner Liebe unan­greifbar für die Verführungskünste Satans. Was heißt das im täg­lichen Leben?Ein Mensch, der allen seinen Handlungen die Liebe zugrunde legt, also nicht eigensüchtig handelt, wird stets vom Geist Gottes geleitet und wird jederzeit erkennen, wo Satan ihm eine Falle zu stellen sucht. Hier sind wir schon bei dem Thema „Nächsten­liebe". Was ist unter diesem Begriff zu verstehen? Daß wir nicht alle Menschen, mit denen wir es im täglichen Leben zu tun ha­ben, lieben können, ist selbstverständlich, denn mehr als auf al­len Welten sind wir Erdenbewohner den Eindrücken von Sym­pathie und Antipathie unterworfen. Das geht klar aus den vor­hergehenden Kapiteln hervor; und da dieser Erdball reichlich von Wesen bevölkert ist, die Böses wollen und tun, wäre es ganz si­cher der menschlichen Natur entgegengesetzt und nur eine heuchlerische Verstellung, sollten wir alle Menschen, alle Näch­sten, gleichermaßen lieben.Was meint Jesus dann aber, wenn er uns nach dem Gebot der Gottesliebe sofort das der Nächstenliebe ans Herz legt? Würde das nicht bedeuten, daß wir aufgefordert werden, Liebe zu heu­cheln, die zu empfinden wir nicht in der Lage sind? Mit einem Satz kann diese göttliche Empfehlung klar umrissen werden. Unser Nächster ist immer derjenige, der unserer Hilfe bedarf, und die Nächstenliebe ist das, was man anderen tut, um ihnen zu helfen, ist das, was man in der gleichen Situation von unserem Nebenmenschen erwarten würde. Nächstenliebe heißt Rücksicht­nahme auf die gerechtfertigten Wünsche der Mitmenschen, Los­lösung von den Vorstellungen des Eigennutzes; Nächstenliebe heißt Mitdenken für den anderen, heißt ihn nicht ärgern oder belästigen, heißt ihm hilfreich zur Hand gehen, ihm ein freund­liches Wort gönnen, ihm ein Lächeln schenken, ihn mit den ei­genen Sorgen verschonen, wenn er größere hat, heißt mit ihm reden, ihm aushelfen, wenn er in Schwierigkeiten ist, heißt den Bedürftigen zu unterstützen, heißt aber auch, dem Nebenmen­schen auf den rechten Weg helfen, wenn er gestrauchelt ist, heißt notfalls mit Strenge die Not abwenden, heißt ihm zur rechten Zeit nein sagen, wenn sein Heil es erfordert, heißt ihn mit Güte zurechtweisen, wenn er in die Irre geht, heißt vor allen Dingen, ihn nicht in seinen Lastern zu bestärken!Nächstenliebe heißt ganz einfach, sich verantwortlich fühlen für

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das Wohl anderer, sei es durch Nachsicht und Güte oder durch notwendige Strenge.Heute wird viel über die sogenannte anti-autoritäre Erziehung der Kinder gesprochen. Sie entspricht sicher nicht der Nächsten­liebe! Die wahre Liebe zum Kind muß heißen: Liebe und Ge­duld, Vorbild und Zuwendung, aber sie muß auch bedeuten Ab­steckung der Grenzen, Strenge zur rechten Zeit und Autorität da, wo das Kind seine Handlungen nicht abzuschätzen in der Lage ist.Anti-autoritäre Erziehung im schlechtverstandenen Sinn ist Be­quemlichkeit, Nachlässigkeit, Entschuldigung eigener Unzuläng­lichkeiten und Schwächen. Anti-autoritäre Erziehung bemäntelt den Mangel an Liebe und echtem Interesse am Wohl des Kindes. Nicht Zorn und Abreaktion elterlicher Aggressionen dürfen die Erziehung bestimmen, wohl aber der erforderliche „Liebeernst", an dem sich das Kind orientieren kann und muß.„Die wahre, tätige Nächstenliebe im Herzen eines Menschen", sagt Jesus, „ist das einzige, wahrhaft geistige Lebenselement, durch das alle Sinnenwelt und alle Himmel in ihrer Bestandsord­nung erhalten werden. So ein Mensch die wahre Nächstenliebe übt, lebt er dadurch in der rechten Ordnung Gottes und begrün­det in sich das ewige Leben seiner Seele!“ (GrEv X 146, 11.)Auch hier müssen wir wieder den Schluß ziehen, daß alles, was wir dem Nächsten Gutes tun, uns letzten Endes selbst antun.

11. Die Wiederkunft Christi

Zu Lorbers Lebzeiten (1800—1864) galt die Vorstellung allein schon als Ketzerei, daß sich ein gewöhnlicher Musiker in Graz er- dreistete, Gottes Wort vernehmen zu wollen. Außerdem rüttelte die Aussage dieser Offenbarung so schonungslos am erstarrten patriarchalischen Gefüge der Institution Kirche, daß die einfluß­reichen Freunde Lorbers alles aufbieten mußten, um dem „Schreibknecht Gottes" in den vierundzwanzig Jahren seiner un­entwegten Schreibtätigkeit die notwendige Ruhe zu verschaffen. Wer sich mit dem Leben und den Schwierigkeiten befaßt, die Lorber während seiner Begnadung zu erdulden hatte, der spürt

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nur zu deutlich, wie Gott immer wieder seine schützende Hand über seinen Knecht hielt, damit im Verborgenen dieses Geschenk an die Menschheit zur Reife gebracht werden konnte. Justinus Kerner, der große Arzt und Wissenschaftler, war es, der zuerst dieses Licht bemerkte, das dort in dem Städtchen Graz in immer heller werdender Flamme aufleuchtete.M it Sorgfalt mußten die handgeschriebenen Manuskripte, die heute noch in der Urschrift beim Lorberverlag in Bietigheim ein­zusehen sind, vor den Nachstellungen der Kirche verborgen wer­den, und es bedürfte jetzt wieder eines überragenden Geistes wie zur Zeit Luthers, um dieses ungeheure Werk der Weltöffentlich­keit vorzustellen. Das neueste Buch von Kurt Eggenstein, „Der Prophet Jakob Lorber verkündet bevorstehende Katastrophen und das wahre Christentum" (Lorber-Verlag, Bietigheim 1977, 3. Aufl.| macht bereits den Anfang, denn hier stellt der Verfasser die Erkenntnisse der Wissenschaft in sensationeller und beweis­kräftiger Aussage den Kundgaben des Lorberwerkes gegenüber. So ängstlich die Kirche im vorigen Jahrhundert um ihr Leitbild besorgt gewesen war, indem sie die Enthüllungen fürchtete, die in den Büchern Lorbers ans Licht drängten, so notwendig wäre ihr jetzt die ernsthafte Beschäftigung mit diesen Schriften, wür­den sie doch nicht nur eine Sensation, eine geistige Revolution darstellen, sondern sie wären der Rettungsanker, der das Kirchen­schiff wieder festigen und dem Notstand der Glaubenslosigkeit ein Ende setzen könnte.Wenn Jesus seinen Lebensweg mit dem Menschenschicksal und dem der Christenheit im besonderen vergleicht, so muß der auf­merksame Beobachter erkennen, daß die Leidenszeit Christi be­gonnen hat, die Geißelung des Leibes, der nun aus vielen Wun­den blutet. Wir sind auf dem Weg nach Golgatha! Und diese Neuoffenbarung wird es sein, die der leidenden Menschheit, gleich dem Simon von Kyrene, das Kreuz tragen hilft. Die Kreu­zigung selbst wird zwar erfolgen müssen, aber diejenigen, die den Sinn des Geschehens begreifen, werden die Vereinigung mit Christus staunenden Auges miterleben können.Der Herr hatte seinen Jüngern sehr häufig Hinweise gegeben über die große Reinigung, die über die Erde kommen werde. Natürlich wollten auch sie damals gern den Zeitpunkt er­fahren, an dem das alles geschehen würde. In den ersten Jah­ren seiner Lehrtätigkeit verhüllte Jesus seine Vorhersagen in

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dunkle Bilder, so daß die Jünger noch im unklaren blieben. Als aber die Reifung der Seelen Fortschritte machte, wurden die Vor­hersagen deutlicher.„Die Zeit, in der so etwas geschehen wird, ist ebenso leicht zu er­kennen, wie ihr im Spätwinter das herannahende Frühjahr er­kennt, wenn die frischen Baumknospen stets mehr anschwellen werden und von ihren Zweigen der Saft gleich den Tränen der Menschen auf die Erde herabträuft!" Das ist eine dieser unkla­ren Voraussagen, später heißt es:„Es wird so weit kommen, daß die Menschen auf Eisenstraßen so schnell wie ein abgeschossener Pfeil dahinfahren und mit der Zunge des Blitzes reden werden von einem Ende der Welt bis zum anderen. Sie werden auch in der Luft umherfliegen wie die Vögel weithin über Länder und Meere.Die späteren Erdbewohner werden böse Sprengkömer erfinden und noch viele andere Zerstörungswerkzeuge und große Ver­heerungen auf der Erde anrichten. Eine völlige Zerstörung wird nimmerdar geschehen, wohl aber örtliche Verwüstungen, und die Menschen werden dabei in große Schrecken und Trübsale gera­ten, und viele werden verschmachten vor Furcht und banger Er­wartung der Dinge, die über die Erde kommen könnten. Aber Ich werde die Meinen nimmerdar als Waisen lassen, sondern im Geiste bei ihnen verbleiben, bis ans Ende der Zeiten.Die Flerrscher werden in unerschwingliche Schulden geraten, und sie werden ihre Untertanen mit überhohen Steuern quälen, wo­durch Teuerung und FFungersnot und viele böse Krankheiten an Menschen, Tieren und Pflanzen entstehen werden. Auch werden große Stürme auf dem Lande und auf dem Meere sowie Erdbe­ben da sein, und das Meer wird die Ufer überfluten, und dann werden die Menschen in großer Angst und Erwartung der Dinge leben, die über die Erde kommen werden. Das alles wird darum zugelassen, um die Menschen von ihrem großen FFochmut, ihrer Selbstsucht und ihrer großen Trägheit abzuwenden. — Und se­het, das ist die erste Gattung des Feuers, durch das die Menschen für Meine abermalige Ankunft geläutert werden!" (GrEv V 96,1; VIII 76,6.7; 185,1-6.)In dem Buch „ Christ sein“ wird die Möglichkeit erwogen, daß Jesus in anderen Zeitbegriffen dachte als wir Erdenmenschen. Wenn es mir in den vorigen Kapiteln gelungen ist herauszustel­len, daß niemand anders als Gott selbst in diesem Jesus von N a­

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zareth gewirkt hat, so muß die Annahme der gänzlich unirdi­schen Zeitbegriffe voll unterstrichen werden. Im Lorberwerk fällt immer wieder auf, daß, wenn von der Zeit vor dem großen Ge­richt die Rede ist, manchmal Jahrhunderte mit dem Begriff „kur­ze Zeit" gemeint sind. Da im jenseitigen Leben keine Zeitrech­nung im irdischen Sinn mehr besteht, kann sich für uns Men­schen das, was Jesus mit einem kleinen Zeitabschnitt bezeich­net, nach Menschenjahren gerechnet, über Generationen erstrek- ken.Ein weiterer Hinweis darauf, daß wir uns einem großen Gesche­hen nähern, ist die Aussage Christi, daß das Judenvolk verflucht, in alle Welt zerstreut und ohne eine Staatsbildung sein werde bis ans „Ende der Zeiten" (GrEv X 234,4). Wenn man es nicht so ge­nau durchdenkt, könnte man dieses Wort so auffassen, als würde es nie wieder einen Staat Israel geben, aber bei genauerer Be­trachtung kommt man zu dem Schluß, daß jetzt das „Ende der Zeiten" nahe herangekommen sein muß, denn das Stammland der Juden in aller Welt ist wieder zu einem, wenn auch noch sehr gefährdeten, Staat zusammengefügt.(Daniel 12,7) . . . „und wenn die Zerstreuung des Heiligen Volkes ein Ende hat, soll solches alles geschehen" . . .Von diesem Land ist gesagt, daß es dereinst wieder blühen und Frucht tragen werde, nachdem viel Not und Trübsal durchgestan­den worden sind.Aber kommen wir zum zweiten Läuterungsfeuer, das Gott seiner Wiederkunft auf Erden voraussendet. „Vor Meiner abermaligen Ankunft auf dieser Erde wird auch das natürliche Feuer einen ge­waltigen Dienst zu versehen haben. Es wird die Schiffe auf allen Meeren mit mehr als Windeseile antreiben, auch werden die Menschen durch ihren scharfen Verstand eherne Wagen und Straßen machen und statt der Zugtiere Feuer vor die Wagen span­nen, und mit seiner Gewalt in großer Schnelligkeit über die Erde dahinbrausen. In den Kriegen, die die stolzen und habgierigen Könige (Regenten) untereinander führen werden, wird dabei das Feuer den entscheidendsten Dienst bekommen. Durch seine Ge­walt werden eherne Massen in Kugelgestalt gegen den Feind und gegen Städte und Festungen geschleudert werden und große Ver­heerungen anrichten. Und sehet, das ist die zweite Art des Feu­ers, durch welches die Menschen geläutert werden" (GrEv VIII 185,7.8.12).

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Dr. Walter Lutz, der mit seinen ,,Grundfragen des Lebens“ eine hervorragende Interpretation des gesamten Lorberwerkes ge­schaffen hat, schreibt zu den vier Läuterungsfeuern, die der Wie­derkunft Christi vorausgehen (S. 590—595): „Bei der Wiederkunft des Herrn haben wir vor allem an eine geistige Wandlung und Läuterung der Erdenmenschheit und erst dann an ein persönli­ches Wiedererscheinen Jesu Christi (im Geistleib) zu denken. Es ist klar, daß der Herr mit seiner reingeistigen Persönlichkeit sich den Menschen der Erde erst dann völlig nahen und offenbar machen kann, wenn das ,Haus' gesäubert und die Menschheit in einem gewissen Maße gereinigt und vergeistigt ist. Selbst auf das Geisterreich wird sich diese vorhergehende Reinigung zu er­strecken haben. Ebenso wird der Herr auch kommen auf die Er­de, und zwar zuerst nur durch das Wort aus dem Herzen und Munde der Weisen, die Er erweckt hat, und deren Er noch meh­rere erwecken wird. Dann aber, so die Erde wird geläutert sein, wird Er auch kommen in seiner allerhöchstheiligen Person zu al­len denen, die Ihn lieben und eines reinen und erbarmenden Herzens sind!Wer die Sprache der Entsprechungen kennt, wird demnach des Herrn Worte verstehen (Matth. 24/29): Zu jener Zeit der Drang­sal wird die Sonne (der Gottesgeist der Liebe) sich verfinstern, und der Mond (das Verstandeslicht) seinen Schein verlieren. Die Sterne (alte Erkenntnisse) werden vom Himmel fallen (zunichte werden), und die Kräfte der Himmel (alle göttlichen Kräfte in der Welt) werden in Erschütterung geraten. Dann aber wird das Zei­chen des Menschensohnes (das Kreuz als Zeichen der aufopfern­den Liebe) am Himmel (vor dem Geist des Menschen) erschei­nen. Alle Weltvölker werden wehklagen und den Menschen­sohn in den Wolken des Himmels (neuen Offenbarungen) mit großer Macht und Herrlichkeit kommen sehen. Und Er wird sei­ne Engel (Seher, Propheten, Heilsboten) unter lautem Posaunen­schall aussenden, und sie werden seine Auserwählten (die Men­schen der Gottes- und Nächstenliebe) von allen vier Windrich­tungen her von einem Himmelsende bis zum anderen, versam­meln.Eine dritte Art des Feuers aber wird darin bestehen, daß Ich etli­che hundert Jahre vorher stets heller erleuchtete Seher, Propheten und Knechte erwecken werde, die in Meinem Namen die Völker allerorten klar und wahr über alles belehren und dadurch be­

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freien werden von allerlei Trug und Lüge, durdi die sich die fal­schen Propheten und Priester (sogar in Meinem Namen) den Weg zu ihrem Untergang bahnen.Diese Scheinpropheten und Scheinpriester werden gleich den heidnischen Priestern falsche Zeichen und Wunder tun und wer­den viele Menschen verführen und sich dabei große irdische Reichtümer, Macht und großes Ansehen bereiten. Aber durch das dritte Feuer und sein hellstes Licht werden sie um alles kommen und völlig zugrunde gerichtet werden.Das vierte Läuterungsfeuer, durch welches die Erde und die Men­schen und die gesamte Kreatur vor der zweiten Ankunft des Herrn geläutert werden soll, beschreibt der Herr selbst wie folgt: ,Diese Art Feuer wird bestehen in großen Naturkatastrophen verschiedenster Art auf der Erde, namentlich an jenen Punkten, auf denen sich die Menschen zu große und prachtvolle Städte werden erbaut haben, in denen herrschen werden der größte Hochmut, Lieblosigkeit, böse Sitten, falsche Gerichte, Macht, An­sehen und Trägheit, dabei die größte Armut, allerlei Not und Elend, herbeigeführt durch das zu hoch emporgewachsene Epi- kuräertum ( = rein diesirdische Genußsucht und Wollust, d. Vf.) der Großen und Mächtigen. In solchen Städten werden aus über­triebener Gewinnsucht auch allerlei Fabriken in größtem Maß­stab errichtet werden, und an solchen Orten anstelle der Men­schenhände Feuer und Wasser arbeiten im Verband von tausen­derlei kunstvollen, aus Erz angefertigten Maschinen, die Feue­rung wird mittels der uralten Erdkohle bewerkstelligt, welche diese Menschen sich in übergroßen Massen aus den Tiefen der Erde verschaffen werden.Wenn solches Tun und Treiben durch die Gewalt des Feuers einmal seinen höchsten Grad erreicht haben wird, dann wird auf solchen Punkten die Erdluft auch zu mächtig mit brennbaren Ätherarten erfüllt, die sich dann da und dort entzünden und solche Städte und Gegenden in Schutt und Asche verwandeln werden samt vielen ihrer Bewohner. Das wird dann auch eine große und wirksame Läuterung sein.'In diesen Zusammenhang gehört auch die am Ende der Weltzeit erfolgende Reinigung der Wissenschaften und Künste durch gei­stige Erleuchtung vieler redlicher Forscher. Auch darüber finden sich in den Neuoffenbarungsschriften sehr bemerkenswerte Vor­aussagen, deren beginnende Erfüllung wir schon heute darin er­

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sehen, daß die Gelehrtenwelt im Begriff ist, einen vollen U m ­schwung vom stoffgläubigen Materialismus und von der Gottes­leugnung zur geistigen Welterklärung zu vollziehen.Diese überaus bedeutsame Wandlung in der Erkenntnis und Hal­tung der wissenschaftlichen Welt unserer Tage wurde durch die Schriften Jakob Lorbers schon um die Mitte des 19. Jahrhunderts voraus verkündet. Zu einer Zeit also, da noch kein Mensch an eine solche Entwicklung und Möglichkeit dachte, ja die Gelehr­tenwelt unter Führung von Darwin, Büchner und anderen in die materialistische Welterklärung erst so recht hineinirrte. Im Gro­ßen Evangelium Johannes finden wir über diese doppelte Er­kenntniswandlung der Wissenschaft, von kirchlich-mittelalterli­chen Auffassungen zum Stoffglauben und vom Stoffglauben zu neuen Geistes- und Gotteserkenntnissen, folgende Voraussage des Herrn an seine Jünger: ,Am Ende erst wird aller Aberglaube mit den Waffen der Wissenschaften und Künste vom Boden der Erde hinweggeräumt werden, wobei aber dennoch kein Mensch in seinem freien Willen im geringsten beirrt wird. Dadurch wird mit der Zeit wohl eine volle Glaubensleere unter den Menschen sein, aber es kann ein solcher Zustand nur eine höchst kurze Zeit dauern. In jener Zeit erst will Ich den alten Baum der Er­kenntnis segnen, und es wird durch ihn der Baum des Lebens im Menschen wieder zu seiner alten Kraft gelangen. Und so wird es dann nur mehr einen Hirten und eine Herde geben' (GrEv IX89,9-11).,Die gereinigten Wissenschaften und Künste werden dann ein Blitz sein, der vom Aufgang bis zum Untergang alles hell er­leuchtet, was da auf der Erde ist. Unter dem Aufgang versteht man das Geistige, unter dem Untergang aber alles Naturmäßige' (GrEv IX 91.9)."Im folgenden seien noch andere Bücher betrachtet, die sich eben­falls mit den Geschehnissen der „Endzeit" befassen.Unsere Wissenschaft weist immer wieder darauf hin, daß wir vor dem Beginn einer neuen Eiszeit stehen. Eiszeiten hat es gegeben, seit unsere Erde die große Reise mitmacht, die alle uns zunächst liegenden Sonnensysteme innerhalb von 24 000 bis 28 000 Jahren um ihre Vorgesetzte Zentralsonne machen müssen. In unserem Fall haben wir es mit dem Sirius als der Zentralsonne zu tun, die viele Sonnensysteme, einschließlich dem unsrigen, in einer rie­sigen elliptischen Umlaufbahn umkreisen müssen. Da von unse­

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ren Wissenschaftlern die Abstände der Eiszeiten mit ca. 10 000 bis 12 000 Jahren angegeben werden und die Umlaufzeit um den Sirius 24 000 bis 28 000 Jahre (genau weiß man das nicht) be­trägt, muß die Ursache mit der Ellipsenform dieser Umlaufbahn in Zusammenhang stehen.Zweimal während dieser riesigen Wanderung gerät das Sonnen­system mit unserer Erde in eine verhältnismäßig geringe Entfer­nung zum Sirius. Wir nähern uns also dem Strahlungsgürtel die­ses Riesensternes. Paul Otto Hesse beschreibt uns in seinem Buch „Der Jüngste Tag“ (S. 42—45), was seiner Meinung nach das Eintauchen in den Bereich dieser Lichtzone für mögliche Folgen hat.„Die Planeten, die in der Zielrichtung des Umlaufes der Sonne vor dieser in die Lichtzone eindringen, werden gleich riesengro­ßen Feuerbällen aufleuchten, so daß es nach den biblisch-prophe­tischen Angaben so aussehen mag, als fielen die Sterne vom Himmel. In Wirklichkeit tritt aber jene Eigenschaft des Strahlrin­ges der Zentralsonne in Funktion, welche die sehr weit ausge­dehnte Lichtschwingungs-Sphäre eines Planeten in Vibration ver­setzt. Infolge des Eindringens in den Strahlring offenbart die kosmische Substanz die Leuchtwirkung der Bestandteile aller Atome.Auf die von solchen Naturgewalten unvorstellbarer Größe nicht vorbereitete Menschheit wirkt selbstverständlich ein derartiges Himmelsereignis sehr schreckhaft. Das gigantische Schauspiel würde bei dem Erdbeschauer etwa den Eindruck hervorrufen, als verbrenne ein Weltkörper, so daß man in Erwartung der Dinge, die unsere Erde selbst betreffen, wirklich bange sein könnte." Nehmen wir an, Hesse hätte mit seiner Hypothese recht, so müß­te bei der Geschwindigkeit unserer Fortbewegung im Weltraum solch ein Ereignis tatsächlich wie ein Blitz über die ahnungslose Menschheit hereinbrechen. Bedenken wir, daß unter den Regio­nen unserer Erde, die jetzt unter Eis liegen, daß unter den Polen Steinkohle, Erdöl und andere Stoffe zu finden sind, die auf das ehemalige Vorhandensein tropischer Bepflanzung schließen las­sen, so wird klar, daß unser Erdball schon häufig Schwankungen seiner Achse unterworfen gewesen sein muß. Man kann also an­nehmen, daß alle Zonen der Erde irgendwann schon einmal von einer Eiszeit betroffen gewesen sein müssen. Nach Hesses Buch ist der Eintritt in den Strahlungsbereich des Sirius mit einem

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Taumeln des Erdkörpers verbunden, wodurch eine Verschiebung der Erdachse eintritt. Damit würden sich auch die Pole verlagern und andere Bereiche der Erde unter Eis geraten.Tut sich hier nicht eine Ahnung von Dingen in dem großen Weltgeschehen auf, vor dem wir uns ganz klein und hilflos Vor­kommen? Wie wenig wissen wir doch! Dieses Wenige jedoch hat mich außerordentlich neugierig gemacht auf das, was uns der Herr in seinem Reich zu erleben verheißt.Im Großen Evangelium Johannes gibt der Herr selbst eine Erklä­rung über den Wechsel der Erdüberflutungen: „Es gab gar viele Epochen auf dieser Erde, in denen ein früheres Geschlecht ganz unterging und nadr und nach ein anderes, stets in irgend etwas Vollkommeneres an seine Stelle trat. Gar lange vorher, ehe sol­che Geschlechter, gewöhnlich von 7000 Jahren zu 7000 Jahren, ganz sicher aber von 14 000 Jahren bis zu wieder 14 000 Jahren einander ablösten, ward die Erde nur von allerlei Vegetabilien auf den wasserlosen Teilen und darauf erst von allerlei, aber erst nach und nach von entstandenen großen und kleinen warmblü­tigen Tieren belebt. Erst als die Erde stets humusreicher und durch häufige innere großartige Feuerausbrüche so gestaltet ward, daß auch mehr intelligenzbegabte Wesen darauf ihr Fort­kommen finden konnten, wurden die geschöpflichen Menschen durch den ewigen und allmächtigen Geist Gottes ins individuel­le Dasein gerufen. Von da an wechselten sie, wie ehedem gezeigt, durch für euch undenklich viele Zeiten der Erde miteinander ab. Siehe, über diesem trockenen Punkte, der doch sicher über 20 Mannshöhen über dem Wasserspiegel dieses kleinen Meeres (See Genezarethj erhaben steht, ist das Meer gar viele tausendmal tausend Male gestanden. Bevor von nun an nur 6000 Jahre ver­gehen werden, wird er sich wieder unter dem Meere und danach in einer Zeit von 9- bis 10 000 Jahren wie jetzt im Trockenen be­finden.Das wird auf der Erde stets so lange miteinander abwechseln, bis die Erde oder vielmehr ihre Materie ganz ins Leben übergegan­gen sein wird!" (GrEv V 198,2—6.)Das hört sich für uns Menschen erschreckend an! Gott aber ver­heißt Rettung aus allen Gefahren und aller Not, wenn man im Glauben an ihn nicht wankend wird. „Die Erde mag sich unter euch auftun", sagt der Herr, „und euch wird im lebendigen Ver­trauen auf Mich kein Haar gekrümmt werden!"

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Ich muß an dieser Stelle an eine von M ax Seitmann beschriebene Episode denken, die sich zwischen Jesus und seinem Jünger Jo­hannes abgespielt hat, noch bevor Jesus sein Lehramt antrat. Je­sus hatte den Fischern des Heimatdorfes, in denen die späteren Jünger Johannes und Jakobus (Söhne des Zebedäus) zu Hause waren, prophezeit, daß in Kürze ein böser Sturm aufkommen werde und sie besser nicht auf das Meer hinausfahren sollten. Manche folgten dieser Empfehlung und wurden gerettet, andere aber schlugen sie in den Wind und kamen in den Wellen um. Als der Sturm mit brausender Gewalt die Wogen an das Ufer schlug und heftige Regengüsse das Unwetter verstärkten, saß Je­sus in einem Kahn am Ufer, unberührt vom Toben der Elemen­te. Johannes hielt sich im Haus seines Vaters auf, und Jesus be­rief ihn durch das Innere Wort zu sich in den Kahn. Johannes folgte der Aufforderung, ohne zu zögern, trotz des Aufruhrs der Naturgewalten, und setzte sich neben Jesus in das Boot. Mit Stau­nen und Verwunderung sahen die um ihr Leben und um ihre Häuser besorgten Menschen, wie den beiden dort draußen im Kahn weder Sturm noch Regen das geringste anhaben konnten. „Wenn Ich bei dir bin, und du bei M ir", sagte Jesus zu Johannes, „und die Erde dich zu verschlingen droht, wahrlich, es wird ihr nicht gelingen!"Das zu erproben ist bei rechtem Gottvertrauen jedem im Alltag möglich.Einmal diktierte der Herr Jakob Lorber sinngemäß: Ihr hattet vergessen, Mich mitzunehmen auf die Reise, aber Ich lasse den­noch die Meinen nicht im Stich. So ließ Ich das Rad eures Wagens brechen, daß ihr gezwungen wart, nach Graz zurückzukehren, denn nur Ich allein weiß, was euch auf dieser Reise an Unglück bevorgestanden hätte! („Himmelsgaben“ I, S. 226.)Hiermit möchte ich bereits einen nachdrücklichen Hinweis geben, wie wir uns vor den Gefahren künftiger Katastrophen schützen können und wie es uns gelingen kann, ohne Angst in die nächste Zukunft zu sehen. Aber hören wir, was Dr. Walter Lutz in sei­nem Buch „Grundfragen des Lebens“ zum Beginn der Endzeit zu sagen hat (S. 581 f): „Das die Erdenvölker erweckende, belebende und reifende Geisteslicht aus den Himmeln, das jeweils große Veränderungen verursacht, kommt nicht immer in gleichem M a­ße von oben, sondern es wird ebenso wie das naturmäßige Licht der Sonne in bestimmten Zeitabschnitten gegeben, in dem regel­

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mäßigen Wechsel von Licht und Finsternis. So läßt also der Vater des Lichtes, in dessen eigenem Wesen kein Wechsel des Lichtes und der Finsternis ist, in der materiellen Schöpfung naturmäßig und geistig einen solchen Wechsel eintreten. Er gibt sein Natur- und Geisteslicht in großen und kleineren Zwischenräumen, um in den Zeitabschnitten der Finsternis ein Verlangen und dadurch ein Suchen zu erwecken und dann dieses Bedürfnis in den Zeiten des Lichtes durch die Gaben seiner Liebe und Gnade zu stillen. Der Wechsel des lebenspendenden Lichtes, im Kleinen: von Tag und Nacht, Sommer und Winter oder im Großen: von Eiszeit zu Eiszeit, bietet uns also ein äußerliches Entsprechungsbild für die periodische Gestaltung der den Menschen unserer Erde zugehen­den geistigen Lichtgaben.Uber die für unsere Erde bestimmten sieben ganz großen Licht­gaben, in welchen der Herr selbst gleichsam auf die Erde hernie­dergekommen ist, verkündet Er den Urvätern: ,Bald werde Ich wiederkommen in großen Wasserfluten, um zu waschen die Er­de von der Pest. Denn die Tiefen der Erde sind Mir ein Greuel geworden voll schmutzigen Schlammes und voll Pest, die da ge­worden ist aus eurem Ungehorsam.Und Ich werde zum drittenmal vielfach kommen, um vorzube­reiten Meine Wege. Und Ich werde zum viertenmal kommen in großer Not körperlich in der großen Zeit der Zeiten. Und Ich werde kommen gleich darauf zum fünftenmal im Geiste der Lie­be und aller Heiligung, und Ich werde zum sechstenmal kommen innerlich zu jedem, der nach Mir in seinem Herzen ein wahres ernstliches Verlangen tragen wird. Und endlich werde Ich zum siebentenmal wiederkommen im Feuer Meiner Heiligkeit. Wehe dann denen, die da unlauter gefunden werden. Diese werden fürder nicht mehr sein, denn im ewigen Feuer Meines Zornes. Dieses letzte Kommen wird allen sein ein bleibendes Kommen, entweder so oder so!' "Daß wir bereits in dem geistigen „W inter" leben, der dem verheißenen „Frühling" vorausgeht, ist zu erkennen an der großen inneren Leere der Menschen, an der Öde und Kälte ihrer Herzen. Was Jesus selbst zu dem Zeitpunkt der gro­ßen Wende im Weltgeschehen und seiner Wiederkunft vorher­sagte, lesen wir wieder im GrEv (I, 72): „Es werden von nun an (Jesu Erdenleben) noch tausend und nicht noch einmal wieder tausend Jahre vergehen! Alsdann aber werde Ich diesel-

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ben Engel, wie ihr sie nun hier sehet, mit großen Ausrufsposau­nen unter die armen Menschen senden. Diese werden die im Geiste totgemachten Menschen der Erde gleichsam aus den Grä­bern ihrer Nacht erwecken; und wie eine Feuersäule sich wälzt von einem Ende der Welt zum ändern hin, werden diese vielen Millionen Geweckten sich hinstürzen über alle die Weltmächte, und nicht wird ihnen jemand mehr einen Widerstand zu leisten vermögen. Von da an wird die Erde wieder zum Paradiese wer­den, und Ich werde leiten Meine Kinder rechten Weges immer­dar."Die deutlichste Aussage über seine Wiederkunft gibt der Herr seinen Jüngern im GrEv IX, Kapitel 94, wo er sagt:„Ich werde bei Meiner zweiten Wiederkunft nicht mehr aus ei­nem Weibe irgendwo wieder als ein Kind geboren werden; denn dieser Leib bleibt verklärt so wie Ich als Geist in Ewigkeit, und so benötige Ich nimmerdar eines zweiten Leibes. Ich aber werde zu­erst unsichtbar kommen in den Wolken des Himmels, was soviel sagen will als: Ich werde vorerst Mich den Menschen zu nahen anfangen durdi wahrhaftige Seher, Weise und neuerweckte Pro­pheten, und es werden in jener Zeit auch Mägde weissagen und die Jünglinge helle Träume haben, aus denen sie den Menschen Meine Ankunft verkünden werden, und es werden sie viele an­hören und sich bessern. Aber die Welt wird sie irrsinnige Schwär­mer schelten und ihnen nicht glauben, wie das auch mit den Pro­pheten der Fall war. Ebenso werde Ich von Zeit zu Zeit Men­schen erwecken, denen Ich alles das, was jetzt bei dieser Meiner Gegenwart ist, geschieht und gesprochen wird, durch ihr Herz in die Feder sagen werde, und es wird dann das einfach Geschrie­bene auf eine eigene, den dermaligen Menschen wohlbekannte kunstvolle Art in einer ganz kurzen Zeit von einigen Wochen und Tagen in vielen Tausenden gleichlautenden Exemplaren können vervielfacht und so unter die Menschen gebracht werden. Und da die Menschen in jener Zeit beinahe durchgängig des Le­sens und Schreibens vrohl kundig sein w'erden, so werden sie die neuen Bücher auch selbst v*Tohl lesen und verstehen können.Und diese Art der Ausbreitung Meiner neu und rein wiederge­gebenen Lehre aus den Himmeln wird dann um vieles schneller und wirksamer zu allen Menschen auf der ganzen Erde gebracht werden können als so wie jetzt durch die Boten in Meinem N a­men von Munde zu Munde.

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Wenn auf diese Art Meine Lehre unter die Menschen, die eines guten Willens und tätigen Glaubens sein werden, gebracht sein wird und zum wenigsten ein Drittel der Menschen davon Kunde haben werden, so werde Ich denn auch hie und da persönlich und leibhaftig sichtbar zu denen kommen, die Mich am meisten lieben und nach Meiner Wiederkunft die größte Sehnsucht und dafür auch den vollen und lebendigen Glauben haben werden. Und Ich werde aus ihnen selbst Gemeinden bilden, denen keine Macht der Welt mehr einen Trotz und Widerstand zu bieten vermögen wird; denn Ich werde ihr Heerführer und ihr ewig un­überwindlicher Held sein und alle toten und blinden Weltmen­schen richten. Und so werde Ich die Erde reinigen von ihrem al­ten Unflate.Zu der Zeit der neuen Seher und Propheten aber wird eine große Trübsal und Bedrängnis unter den Menschen sein, wie sie auf dieser Erde noch niemals da war; aber sie wird Meiner dermali- gen Auserwählten wegen nur eine kurze Zeit dauern, auf daß diese an ihrer Seligwerdung nicht einen Schaden erleiden.Doch in diesem Lande, wo Ich nun schon von einem Orte zum ändern von den Juden des Tempels wie ein Verbrecher verfolgt werde, und das in jener Zeit von den finstersten Heiden zertre­ten wird, werde Ich persönlich nicht wieder zuerst auftreten und lehren und trösten die Schwachen. Wohl aber in den Landen ei­nes anderen Weltteiles, die nun von den Heiden bewohnt wer­den, werde Ich ein neues Reich gründen, ein Reich des Friedens, der Eintracht, der Liebe und des fortwährend lebendigen Glau­bens, und die Furcht vor dem Tode des Leibes wird nicht mehr unter den Menschen sein, die in Meinem Lichte wandeln und im beständigen Verkehr und Umgange mit den Engeln des Him­mels stehen w erden. . . Es gibt ein gar großes Land im fernen Westen, das von allen Seiten vom großen Weltozean umschlos­sen ist und nirgends über dem Meere mit der alten Welt zusam­menhängt. Von jenem Lande ausgehend werden die Menschen zuerst große Dinge vernehmen, und diese werden auch im We­sten Europas auftauchen, und es wird daraus ein helles Strahlen und Widerstrahlen entstehen. Die Lichter der Himmel werden sich begegnen, erkennen und sich unterstützen. Aus diesen Lich­tern wird sich die Sonne des Lebens, also das neue, vollkommene Jerusalem gestalten, und in dieser Sonne werde Ich auf diese Erde wiederkommen."

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Mit der Wiederkunft Christi ist das Auftreten des Antichristen verknüpft, so wie dem Licht der Schatten vorausgeht. Was haben wir uns unter dem „Antichristen" vorzustellen? Viele forschende Christen erwarten einen persönlichen Gegenchrist, einen als Pseudo-Christus auf tretenden Weltdiktator. Diese Möglichkeit muß wohl offengelassen werden. Nach Lorber und Swedenborg ist der Antichrist dagegen nur als Prinzip aufzufassen. Auch M. Kahir vertritt in „Nahe an 2000 Jahre" diesen Standpunkt. Auch ich neige selbst mehr zu dieser Ansicht, daß der Antichrist sich in vielfältiger Gestalt zeigt, eben als Prinzip. Der Antichrist ist die Widerordnung gegen das Göttliche in jeder sich äußernden Form. Der Antichrist ist im Sowjetsystem ebenso anzutreffen wie in der blinden Ignoranz der Kirchen, im nurweltlichen Gelehrtentum ebenso wie in der ständig zunehmenden Raserei unserer Tage, in den atheistischen Bemühungen moderner Autoren genauso wie in der kleinen und großen Lüge unseres Alltags. Der Anti­christ durchdringt unser aller Leben!Zu Petrus sagte Jesus: „Wenn des Menschen Sohn dereinst wie­derkommt, wird Er, ebenso wie in dieser Zeit, nahezu keinen Glauben finden, aber es werden dennoch viele sein, die sich von der Weltweisheit nicht blenden lassen und Mein Wort offen ver­künden. Und zu denen werde Ich kommen bei Tag und Nacht, Mich ihnen offenbaren und sie beschützen vor den Verfolgungen der Welt. Und Ich werde ihnen auch geben die Wundergabe, durch Liebe den Bedrängten zu helfen, und es wird dann lichter und tröstlicher werden auf Erden" (GrEv VIII 161,90).Das soll nochmals heißen: Wendet euch vertrauensvoll an Ihn, die ihr mühselig und beladen seid! Ein jeder muß nur wieder lernen, mit Gott zu sprechen so wie es ein Kind ganz selbstver­ständlich tut. Dann wird Gott uns vor allen Gefahren beschützen oder in den Gefahren beistehen, auch wenn eines Tages große Katastrophen den Erdball erschüttern werden.Am Beginn meines Forschens habe ich mich auch mit meinem, nur materielles Geschehen begreifenden Verstand gefragt, wie er das wohl machen wird. Inzwischen habe ich begriffen, daß Gott sich zur Hilfe stets natürlich erscheinender Mittel bedient. Gerade mir, als einem Menschen, der ständig auf die Hilfe ande­rer angewiesen ist, ist es inzwischen sonnenklar geworden, wie Gott mich in meiner Hilflosigkeit immer wieder wunderbar be­hütet hat, und daß ich niemals mehr Angst zu haben brauche,

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wie Ich meinen Alltag bewältigen soll. Ich habe gelernt, mich in seinen Arm fallen zu lassen und dankbar die mir auferlegte Prü­fung entgegenzunehmen. An unzähligen Begebenheiten des All­tags spüren wir deutlich seine Fürsorge. Wir werden gewarnt, wenn irgendeine Gefahr droht; was uns zu wissen not tut, er­fahren wir. Wenn wir in Schwierigkeiten sind, wissen wir plötz­lich, wie unsere Probleme zu lösen sind. Sinngemäß sagt der Herr ja auch im Großen Johannes-Evangelium: Wenn ihr euch Meiner Führung überlaßt und euer Schicksal voller Vertrauen in Meine Hände legt, werde Ich euch alle Fragen beantworten. Die Überzeugung, die ihr nach Rücksprache mit Mir in eurem Her­zen gewinnt, wie ihr denken und handeln sollt, das wird Meine Stimme in euch sein!Meine Kinder und ich können diese Art der inneren Verbunden­heit nur dankbaren Herzens bestätigen. So wird Er auch jedes sei­ner Kinder an sichere Orte leiten, wenn die schwere Zeit über diese Erde hereinbrechen wird, und dabei werden ihm seine En­gel helfen!Mir scheint, die Apokalypse des Johannes ist aus gutem Grund von Gott in ein so undurchsichtiges Gewand gehüllt worden, würde zu viel Wissen den Menschen doch nicht guttun. Deswe­gen möchte ich es jedem selbst überlassen, was er aus diesen we­nigen Aussagen herauslesen will. Sinn dieses Buches soll ja nur sein, die Schläfer aufzurütteln und die Mitmenschen daran zu er­innern, rechtzeitig „ ö l in ihre Lampen" zu tun (Matth. 25,1—13) und sich mit dieser Botschaft auseinanderzusetzen. Mir war wich­tig zu sagen: Vertut eure Zeit nicht mit weltlichen Dingen, ver­geudet eure Kraft nicht in Exzessen und sinnlosem außergebotli- chem Tun, das euch den Tod bringt! Besinnt euch darauf, daß ihr eine Seele habt, die es zu wahren gilt, damit ihr eines, nicht fernen, Tages nicht gar so kläglich vor eurem Schöpfer stehen müßt. Bereitet euer Herz für die Wiederkunft Christi!

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2. T e i l

Gott im Alltag

1. Ehenot

Völlig im klaren bin ich mir darüber, daß ich mit diesem Kapitel in ein Wespennest stoßen werde. Dennoch wird niemand bestrei­ten wollen, daß der Mißbrauch des Geschlcchtstriebes vielfach der Grund für die Ehenot ist. Den Geschlechtstrieb als stärksten Trieb neben dem Selbsterhaltungstrieb können die meisten nur schwer oder gar nicht mit der göttlichen Ordnung in Einklang bringen. Da ich mich selbst in diesem Punkt hart um Verständ­nis bemühen mußte, und weil ich weiß, wie entscheidend und tragisch die Nichtbeachtung des göttlichen Willens hier in unser aller Leben eingreift, wie sehr Glück und Unglück vom klugen Gebrauch oder Mißbrauch dieser Gottesgabe abhängen, soll hier alles gesagt werden, was ich dazu bisher dem Lorberwerk entneh­men konnte.Ich werde es dem Leser nicht leichtmachen, so wie ich selbst es mir nicht leichtgemacht habe. Daß der einzelne gegen den Wahn­sinn des Potenzdenkens wenig ausrichten kann, ist mir indes­sen klar, aber vielleicht gelingt es mir wenigstens, den irritierten Zeitgenossen, die meinen, sich für unnormal halten zu müssen, nur weil sie angewidert die Sexwelle an sich vorüberrollen las­sen, zu versichern, wie normal und gesund sie sind, auch wenn ich mit dieser Behauptung einen Teil der Ärzteschaft und Psycho­logen und vor allem die „Verbraucher" auf den Plan rufe. In vie­len Menschen liegt auch heute noch der Wunsch nach Reinheit verborgen, nur wagt es niemand mehr auszusprechen, um nicht als hoffnungslos „verklemmt" zu gelten.Wie oft habe ich und viele von uns mit ansehen müssen, wie dieser zur Hemmungslosigkeit ausgeartete Trieb nach immer neuen erregenden Genüssen einstmals liebenswerte, ehrenhafte Menschen in moralisch verkommene Wracks verwandelte! Ich habe den tragischen Verfall von Menschen miterlebt, die aus der Geborgenheit und Wärme ihrer Familien ausbrachen, um in se­

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xuellen Exzessen ihre männliche Bestätigung zu suchen. Diese Menschen wissen nicht, daß sie damit ihre Seele verspielen, ver­stoßen sie doch dabei gegen alle göttlichen Gebote gleichzeitig! Nicht umsonst rangiert bei Jesus der Ehebredier unmittelbar ne­ben dem Mörder und Betrüger.Um mehr Klarheit in diesen so wichtigen Teil unseres Alltags zu bringen, müssen wir noch einmal an den Anfang zurückkeh­ren, zum ersten Mensdienpaar Adam und Eva. Gott teilte die Seele des ersten Mannes und belehnte einen männlichen und einen weiblichen Körper mit diesen Teilseelen. Beide sollten sich in dem gemeinsamen Prüfungsleben wieder miteinander verei­nen und in der göttlichen Ordnung auf ewig unlösbar verbunden werden.Das läßt den Gedanken aufkommen, daß auch ein rechtes Ehe­paar dieser Erde im Jenseits vereint sein soll. Die Art der himmli­schen Ehen ist in den Erklärungen über die Zweigeschlechtlich­keit der Engel bereits angeklungen. Daraus läßt sich ersehen, daß Gott Dualseelen, die er zu einem Probeleben in einem männlichen und einem weiblichen Körper getrennt auf die Erde geschickt hat, sicher wieder zusammenführen wird, gleich wo sie sich auf Erden aufhalten. Es braucht also keiner, weder das Mäd­chen noch der Junge Mann, angestrengt nach dem ihm bestimm­ten Lebensgefährten auszuschauen. Er wird ihm mit Sicherheit in den Weg geführt, es sei denn, die Seele hat eine besondere Prü­fung als Vorbereitung zur Aufnahme des Gotteswortes zu beste­hen, indem sie auf Erden ein eheloses Leben oder ein leid­volles mit einem unpassenden Partner führen muß. Es gibt noch andere Gründe. Vergessen wir aber doch nie, daß jeder Mensch genau in die Lebensumstände geführt wird, in denen seine Schwäche auf die härteste Probe gestellt wird. So gehört auch die unerfüllte Sehnsucht nach Partnerschaft oder das Ertra­gen unglücklicher ehelicher Verhältnisse, das zermürbende Auf­reiben im Alltag häufig zu solchen vorbereitenden Maßnahmen der göttlichen Schule. Die Sehnsucht nach Harmonie und fried­vollem Ausruhen wächst, und so erblüht vielleicht auf dem Bo­den tiefer Resignation die kostbare Blume der Erkenntnis und der Gottesliebe.In dem Buch „Von der Hölle bis zum Himmel“ (Lorber) wird ge­sagt, daß Dualseelen — Seelen also, die wesensmäßig zusammen­gehören — manchmal zu verschiedenen Zeiten oder getrennt von­

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einander die „Lebensprobe" hier auf Erden mit anderen Partnern zu bestehen haben. Selbst wenn sie sich begegnen und erkennen, werden sie die Erfüllung des gemeinsamen Weges selten in die­sem Erdendasein finden. Erst im Jenseits, wenn beide Seelen eine entsprechende Reife und Festigkeit erreicht haben, werden sie sich für immer in einer wahrhaft himmlischen Ehe vereinigen.In dem Zusammenhang mißbilligt Jesus eindeutig die Frühehen zwischen jungen, noch unausgereiften Partnern, die ja meist aus irgendwelchen Zwangssituationen heraus geschlossen werden, oftmals nur aus dem Wunsch heraus, ihren unbefriedigenden häuslichen Verhältnissen zu entfliehen. Jesus verlangt aber ganz ausdrücklich als Voraussetzung einer Ehe den vollen Lebensemst und das Bewußtsein uneingeschränkter Verantwortlichkeit als Mitschöpfer Gottes, als Erzeuger neuen Lebens.Die Tatsache, daß unsere Gesellschaftsordnung bereits weit von dieser Forderung abgewichen ist, läßt schon ahnen, wie nahe wir an einem Abgrund stehen.Von Keuschheit zu reden ist heutzutage ein geradezu waghalsiges Unterfangen. Da registriert man mit Erleichterung die verhaltene Mahnung von Dr. Ulrich Beer, der in einem Zeitungsartikel fragt, wie „modern" und „aufgeklärt" man eigentlich sein muß, um nicht vor den Zahlen der jugendlichen werdenden Mütter zu erschrecken! Wenn Dr. Beer auch nicht ausdrücklich die For­derung nach der Keuschheit zu stellen wagt — wie könnte er das auch angesichts des hemmungslosen Mißbrauchs der körperli­chen Liebe, selbst schon bei Kindern —, so ist doch die Eindring­lichkeit seiner Mahnung zu mehr Zurückhaltung nicht zu über­hören.Was Dr. Beer mit warnendem Instinkt spürt und ausspricht, er­klärt der Herr in ungeschminkter Sprache: „Die sogenannten Se­xual- oder Geschlechtssäfte sind ja nicht zur sinnlosen Vergeu­dung bestimmt. Vielmehr dienen sie als feinste Substanzen dem Aufbau des Leibes, der Ergänzung des Nervengcistes und der Be­lebung des ganzen Menschen. Auch die Strahlkräfte der Aura oder Außenlebenssphäre, die in hohem Maße die Lebensauswir­kungen des Menschen bestimmen, werden von dieser Quelle aus gespeist. So ist es für den gesamten Gesundheits- und Kräftestand des Menschen überaus nachteilig, diese Edelprodukte des leibli­chen Organismus der kurzen Sinnenlust zu opfern, zumal da­durch auch das ganze Sinnen und Trachten der Seele vom wah­

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ren, geistigen und ewigen Ziele abgezogen und zum Verweilen im materiell-vergänglichen Genuß verleitet wird. Wer da fällt, der steht schwer wieder auf! Daher sage Ich euch noch einmal: Nähret, stärket und ergötzet euer Fleisch nicht! Denn dadurch nährt ihr den Tod eurer Seele und verhindert die Wiedererste­hung zum vollen ewigen Leben aus Mir und in M ir!" (Ha II89,2-8.)Da in der Schöpfung Gottes alles auf die göttliche Grund- und Haupteigenschaft der gegenseitigen dienenden Liebe abgestellt ist, so hat die Sonderung der Geschlechter auch keinen anderen Grund als den, durch die Trennung in zwei Hälften die beiden Wesen sich gegenseitig ergänzen und dienen zu lassen. Denn in­dem nun jede Hälfte zu ihrer Ganzheit und Vollendung in gei­stiger und leiblicher Beziehung alles das benötigt, was der Schöp­fer der anderen Hälfte gegeben hat, müssen beide Teile sich ge­genseitig dienen und werden sich daher auch suchen, lieben und ergänzen. Erziehung zur dienenden Liebe ist also der geistige Grund der von Gott vorgenommenen Trennung der Geschlech­ter!Wie weit entfernt ist der Mensch von heute von dieser göttlichen Forderung! Ichbezogenheit und Befriedigung eigener Wünsche, Drang nach ungehemmtem Lebensgenuß sind die Merkmale un­serer Zeit. Verwundert da noch die hohe Scheidungsquote? Wer ist denn heute noch bereit, dem Partner zu dienen? Wobei ich Dienen nicht im unterwürfigen, sklavischen Sinn verstanden wissen möchte, sondern ich verstehe Dienen vielmehr als Be­sorgtheit um das Wohl des anderen, in dem Sinne, wie ich es in dem Kapitel „Nächstenliebe" angesprochen habe.Ich möchte den Leser anregen, im Bekanntenkreis auf die unter­schiedliche Veranlagung der Ehepartner zu achten, vielleicht denkt er sogar in dem Sinne über seine eigene Ehe nach. Wenn Gott bewußt die Partner unter dem Gesichtspunkt zusammen­führt, daß sie einander ergänzen, ihre Fehler aneinander ab­schleifen, daß sie aneinander reifen sollen, dann erklärt sich so manche Verschiedenheit, ja Gegensätzlichkeit der Charaktere. Wie oft hört man: diese Frau oder dieser Mann ist einfach zu schade für seinen Ehepartner. In solchen Fällen kann man fast immer darauf schließen, daß der ab gleitende Teil die Hilfe nicht begriffen hat, die Gott der Schwäche seiner Seele zugedacht hat. Er hat, um es modern auszudrücken, die „Leitplanken überfah­

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ren". Wäre sich nur jedes Ehepaar mehr bewußt, daß ihre Zu­sammenführung nicht dem Zufall, sondern immer einem ge­lenkten Schicksal unterliegt, würden Mann und Frau sich mehr des Gegenpols ihrer Schwächen bewußt sein und dankbar die sich daraus ergebende Hilfeleistung begreifen und annehmen; es gä­be nicht so viele Ehescheidungen!Daher, so meine ich, sind Ehescheidungen oft nichts anderes als ein Davonlaufen vor der eigenen Schwäche! Sicher aber haben diese Eheleute die ihnen gestellte Probe nicht verstanden, denn kaum ein Mensch ist sich heutzutage noch bewußt, seine Aufga­be von Gott zugeteilt bekommen zu haben. Würden beide Part­ner sich gleichermaßen auf das Göttliche beziehen, würden sie die Zeugungsfähigkeit nur zu dem vom Herrn bestimmten Zweck nutzen, es gäbe wenig unglückliche Ehen auf Erden. Im GrEv sagt dazu der Herr: „Die Keuschheit ist von der größten Lebensbedeutung. Würden die Menschen das Laster (der U n­keuschheit) meiden und den Beischlaf nur so oft begehen, wie er zur Erweckung einer Frucht in einem Weibe nötig ist, Ich sage es euch: nicht einen gäbe es unter euch, der nicht mindestens ein Hellseher wäre. So aber. . . vergeudet der Mann wie das Weib die besten Kräfte durch das oft tägliche Vergießen der alleredel­sten und seelenverwandtesten Lebenssäfte und haben demnach keinen Vorrat, aus dem sich ein stets intensiveres Licht in der Seele ansammeln könnte." Dadurch werden die Menschen träge und genußsüchtig, „sind selten eines hellen Gedankens fähig und sind furchtsam, feige, sehr materiell, launisch, selbstsüchtig und neidisch. Sie können schwer oder gar nicht etwas Geistiges begreifen, . . . denn ihre sinnlichen Gedanken verdecken das Hö­here derart, daß die Seele dessen ganz vergißt und sich immer wieder in die Fleischeslust stürzt" (IV 230,2.3).„Wäre die Vielweiberei in Meiner Ordnung, so hätte Ich im An­fänge schon dem Adam dreihundert und etliche Weiber erschaf­fen, . . . aber siehe, Ich erschuf ihm nur ein Weib, und nach dieser Regel gebe Ich noch bis zur Stunde für ein männliches Wesen nur ein weibliches. Daraus kannst du gar leicht den guten Schluß ziehen, daß dem Mann von Mir aus nur ein Weib bestimmt ist trotz seiner reichen Zeugungsfähigkeit. Was aber diese betrifft, so ist sie nicht gegeben der Vielzeugerei, sondern der kräftigen Zeugung wegen. Und so kann ein Mann mit einem Weibe zwar weniger, aber dafür desto kräftigere Kinder zeugen, während bei

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der Vielzeugerei nur unreife Schwächlinge zum Vorschein kom­men können. Denn jeder Same wird eine schlechte oder gar kei­ne Frucht erwecken, wenn er nicht vorher zur vollen Reife ge­langt ist. Also ist es auch beim Menschen um so mehr der Fall, als es sich bei ihm doch um die Erweckung der alleredelsten Frucht handelt. Also bleibe es bei einem Weibe, und dieses tut genug, wenn es alle drei Jahre nur eine Frucht ausreift." jHa III63,10-15.)Wenn man pflichtbewußten Eltern zumuten würde, daß sie ihre Kinder unterernähren oder ihren Krankheiten und Schwächen gleichgültig gegenüberstehen sollten, so würde man gerechte Em­pörung ernten. Was aber anderes fügen wir unseren Kindern zu, wenn wir sie durch eigene Schuld schon als Schwächlinge oder mit Krankheiten behaftet auf die Welt kommen lassen?Warum, wird hier der nachdenkende Mensch fragen, sagt man uns das denn nicht, warum hat Gott uns nicht die Kraft gegeben, mit unserer Maßlosigkeit fertig zu werden?Nun, die Offenbarung an Lorber mit diesen klaren Direktiven ist schon seit über hundert Jahren auf dieser Erde, gerade zu dem Zeitpunkt gegeben, als sich die Moralbegriffe in den Ehen ent­scheidend zu lockern begannen. Die Verbreitung dieser Offenba­rung ist bewußt unterdrückt worden, sonst wüßten die Eheleute von heute wahrscheinlich, daß die wiederholte „Nachzeugung" bei einer schwangeren Frau verheerende Wirkungen auf das her­anwachsende neue Menschenkind haben muß.Im GrEv heißt es: „Wer sein Weib stört während der Schwan­gerschaft, der verdirbt die Frucht schon im Mutterleib und pflanzt ihr den Geist der Unzucht ein. Denn welch ein Geist die Gatten nötigt und reizt, sich über die natürliche Gebühr zu beschlafen, derselbe Geist geht dann auch in die Frucht über. Bei der Zeu­gung soll sehr gewissenhaft beachtet werden, daß erstens die Zeu­gung nicht aus gemeiner Sinnenlust verübt werde, sondern aus wahrhafter Liebe und seelischer Neigung, Und zweitens, daß das empfangen habende Weib noch gut sieben Wochen nach der Ge­burt (ihres Kindes) ungestört belassen werde."Die Menschheit ist bereits im Kern verdorben, und nur wenige wird es geben, die willens sind, sich an die göttlichen Richtlinien zu halten. Selber zunächst völlig verwirrt von diesen strengen Empfehlungen habe ich darüber nachgedacht, wie wohl in unsere Gesetzgebung die Forderung nach Erfüllung der sogenannten

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,,ehelichen Pflichten" hineinkam, sind doch unsere Gesetze im wesentlichen nach den göttlichen Geboten ausgerichtet.Erleichtert habe ich daher an anderer Stelle im Großen Evange­lium Johannes gelesen, daß im Falle einer sehr starken sinnlichen Veranlagung eines der Partner der eheliche Verkehr von Gott ge­stattet ist, wo er in herzlicher Liebe und in maßvoller Beschrän­kung erfolgt. „Aber auch hier", sagt der Herr, „tue man nichts, was gegen das Gesetz der Nächstenliebe verstößt!" (GrEv III 215,4.)Lange habe ich über die Erfüllbarkeit bzw. Unerfüllbarkeit die­ser Vorschrift gegriibelt. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie ein mit starker Sinnlichkeit ausgestatteter Mensch gegen diesen Trieb ankämpfen soll, angenommen, er hat wirklich den Wunsch, dagegen anzugehen. Muß da nicht letzten Endes immer das schwache Fleisch unterliegen? Mir schien hier eine unüberwindli­che Schwierigkeit vorzuliegen. Da kam mir das Buch von Profes­sor Benz „ Swedenborg“ zu Hilfe. Dort las ich, daß der große Denker und Wissenschaftler Swedenborg ein ebenso großer Freund des Wohllebens und der Weiblichkeit gewesen war bis zu dem Zeitpunkt seiner Christus-Vision, die ihm im 56. Lebens­jahr begegnete. Als er seine Begnadung begriff und verstand, wo­zu der Mensch in dieses Dasein gestellt ist, fiel alles körperliche Begehren von ihm ab.Daraus schließe ich, daß mit zunehmender geistiger Reife oder Vergeistigung eines Menschen gleichermaßen die körperlichen Bedürfnisse bzw. Begierden abnehmen müssen. Je mehr sich ein Mensch vergeistigt, um so mehr schützt ihn die wachsende Er­kenntnis des Göttlichen und vor allem die persönliche Gottbezie­hung und Gotterfahrung vor der Liebe zur Welt und ihren Ge­fahren.In dem Zusammenhang sei ein Wort über Maria Magdalena, oder Maria von Magdalon, gesagt. Dabei kommt mir in den Sinn, daß es mit diesem Lorberwerk etwas Eigenes auf sich hat. Nicht eines der Bücher ist aus dem Gesamtwerk wegzudenken! Aus ihnen setzt sich ein Mosaikbild von einer Großartigkeit zusam­men, das die Eigentümlichkeit hat, sich ständig auszuweiten und ins Unendliche zu wachsen, je öfter man davorsteht und je ein­gehender man es betrachtet. Das heißt, daß die göttlichen Wahr­heiten sich erst nach oftmaligem Lesen und Nachdenken enthül­len. Und immer wieder entdecken wir dabei unerhört Neues.

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Ich stelle mir die menschliche Seele als einen ungeheuer entwick- lungs- und ausdehnungsfähigen Organismus vor, dessen Liebefä­higkeit wir üben können durch ständige gedankliche Hinwen­dung auf das eigentliche Ziel, das die alleinige Liebe zu Gott ist. Und da bin ich schon mitten im Thema, denn um diese Liebe geht es hier. Befassen wir uns zunächst aber einmal mit dem Rät­sel der sinnlich-körperlichen Liebe. Nach dem, was wir bisher ge­sagt haben, müßten sich die geistige Liebe und die materiell­sinnliche Liebe polar gegenüberstehen. Daß das nidit unbedingt sein muß, mögen folgende Überlegungen erhellen.Im Freundeskreis kamen wir in eine interessante Diskussion ge­rade über dieses Thema, und ich möchte hier alles ansprechen, was sich aus diesem Gespräch herauskristallisierte, erlebten wir doch dabei das beglückende Gefühl, in unserer Erkenntnis ein gutes Stück vorangekommen zu sein.Selbst fleißigen Lorberlesern mag das Verständnis für die göttli­che Einrichtung der körperlichen Liebe noch weitgehend ein Buch mit sieben Siegeln sein.Maria Magdalena gilt uns heute als der Inbegriff des Wandels von der körperlichen zur vergeistigten Gottesliebe.Die Jünger und Anhänger Christi waren nicht wenig schockiert über die Liebesbezeigungen der Sünderin Jesus gegenüber, die er­sichtlich sinnlicher Natur waren, ohne daß der Herr sich ihrer er­wehrte. Vollends in Verwirrung mußte er sie stürzen, als nach der Fußsalbung vom Herrn die Aussage kam: „Was geht euch das an? Bin denn nicht Ich der Herr über Mich und nun auch über sie? Wenn es Mir zuviel sein wird, da werde Ich ihr schon sagen, was sich da schickt oder nicht schickt! Ich sage euch: Diese Maid hat viel gesündigt, aber sie liebt Mich auch mehr denn ihr alle zusammen; darum wird ihr auch vieles vergeben werden. Und noch sage Ich euch, daß allenthalben, wo Mein Evangelium ge­predigt wird, auch dieses Vorfalles und dieser Maid Erwähnung getan wird" (GrEv VI 185,14).Wie sollen wir uns aber den Widerspruch erklären, wenn Maria Magdalena im GrEv (VIII 80,23) sagt: „O Herr, Du allein bist für mich das beste Brot und der allerkräftigste Wein aus den Him­meln. Du allein bist die rechte und wahrste Lebensstärkung mei­ner Seele und meines Leibes, sei Du mir gleichfort gnädig und barmherzig und verlaß mich arme Sünderin nicht."Und der Herr antwortet ihr: „Meine liebe Tochter, diese Worte

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hat dir dein Fleisch nicht gegeben, sondern der Geist der Liebe im l [erzen deiner Seele." Und dennoch gebietet Jesus ihr nach seiner Auferstehung: „Weib, rühre Mich nicht an !"Lassen Sie mich die Schlußfolgerung daraus erst später ziehen. Auch die Schilderung der jenseitigen Führung eines ehemaligen Bischofs durch den Herrn selbst gibt uns einige Rätsel auf, denn dieser Bischof hatte ein weltliches Leben geführt. Alles, was ein Mann der Kirche gerade nicht tun sollte, hatte dieser Bischof in vollem Maß genossen, so daß der erste Strahl der Selbster­kenntnis ihn vor sich selbst erschaudern ließ. Vor allem der körperlichen Liebe hatte er in einem Maß gefrönt, daß der Herr ihm zu seiner Läuterung ständig Versuchungen in Form weibli­cher Schönheit über den Weg schicken mußte, denen er sogar im Geistleib noch ständig zu erliegen drohte.Ja, als Satan selbst sich ihm als hinreißend verführerisches Weib präsentierte, war er drauf und dran zu unterliegen; erst als der Herr seinen Gegenspieler zwang, sich in seiner eigentlichen cha­rakteristischen Gestalt zu zeigen, prallte er voller Entsetzen und tiefer Beschämung zurück.Hier nimmt sich der Schöpfer Himmels und der Erde also selbst einer nach menschlichem Urteil verdorbenen Seele an, die auch noch im Jenseits den Reizen der körperlichen Liebe erliegen möchte. Warum tut das der Herr? Auch der gedemütigte Bischof fragt ihn danach und erhält zur Antwort: „Ich ersah deine über­große Liebe zu Mir verborgen in dir."

Wie von selbst stellt sich hier nun die Frage: Gibt es irgendeine Verbindung, gibt es einen direkten Zusammenhang zwischen der körperlichen Liebefähigkeit und der Liebe, die zu Gott strebt? Damit aber berühren wir den Kernpunkt dieses Themas, und ich ahne, daß wir hier vor einem Tor stehen, zu dem wir das „Sesam, öffne dich" noch nicht kennen.Was hatte und hat es mit den Genies dieser Erde auf sich? Den­ken wir an die hervorragenden und begnadeten Menschen dieses Planeten, an die göttlich inspirierten großen Musiker, Maler oder Bildhauer, an die großen Dichter dieser Welt. Viele von ihnen waren starken sinnlichen Leidenschaften unterworfen und vergeudeten oft ihre schöpferische Kraft in hemmungslosem Le­benswandel. Was wäre geschehen, wenn sie ihre Liebesfähigkeit aufgespart, vergeistigt hätten?

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Was ist es aber, das mit den Sexualkräften vergeudet wird?Mir kommt das Gleichnis von dem Weizenkorn in den Sinn, von dem der Herr sagt, daß es in seinem Keim eine ungeheure Zeu­gungskraft verborgen hielte, die sich ins Unendliche vermehren ließe. Was ist es also, das in den Keimdrüsen des Menschen pro­duziert wird und das auf dieser Welt so verantwortungslos und sinnlos vertan wird? Hier nähern wir uns einem göttlichen Ge­heimnis von unerhörter Tragweite für jeden einzelnen Men­schen: In den Keimdrüsen wird die Kraft produziert, die uns zur Liebe zu Gott befähigt, wenn sie richtig genutzt und vergeistigt wird. Und hier wird die Kraft produziert, die uns im jenseitigen Leben zu ewigen Mitschöpfern des Herrn macht!Hier scheiden sich die Geister, hier ist der Mensch am angreif­barsten, hier setzt Satan seine ganze Macht ein, um uns in unse­rer Liebeskraft zu Gott zu schwächen! Jeder sinnlose Zeugungs­akt, der nicht in der göttlichen Ordnung und mit dem göttlichen Segen stattfindet, bietet dem Gegenspieler Gottes eine leichte Möglichkeit, den Vorrat an Liebefähigkeit eines Menschen zu schwächen, ja zu erschöpfen, bis er schließlich seine Verbindung zum Schöpfer ganz verliert.Die Sexualität, wie sie heute mißbräuchlich getrieben wird, hin­dert uns an dem Aufstieg zu Gott. Sie ist die Ursache unseres menschlichen Elends und die letztliche Ursache zum Verderben der ganzen Menschheit.Können wir daraus nun die Folgerung ableiten, daß das Unheil abzuwenden wäre, würde man nur laut genug diese Erkenntnis verkünden? Die Frage muß verneint werden, denn auch hier hat sich Satan eine Rückversicherung geschaffen, die nur wenige durchbrechen können. Selbst wenn ein Mensch mit dem Ver­stand einsehen würde, daß er sich nur durch das strenge Beachten der göttlichen Lebensregeln zu einem Gotteskind em­porschwingen könnte, würde ihm diese Erkenntnis wenig nüt­zen, solange sie nicht auch seine Seele durchdrungen hat, also Bestandteil und Eigentum der Seele geworden ist.Nur so erklärt sich die immer noch andauernde fleischliche Be­gierde des Bischofs, der ja seinen materiellen Körper bereits abge­legt hatte und nach unserer mageren Vorstellung eigentlich jen­seits von Gut und Böse sein müßte. Wie sich aber diese einstmals sehr irdische und fehlgeleitete Liebe des Bischofs nach und nach durch die Führung des Herrn in eine strahlend-himmlische um-

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w.'indelt, wird uns in dem Buch ,,Bischof M aitin" anschaulich ge­zeigt.Auch die begehrende Liebe der Maria Magdalena verwandelte Mich in reine Gottesliebe, als Christus sie nach der Auferstehung mit dem Heiligen Geist überschüttete. Das gleiche Beispiel bietet die schöne Helena, die uns in dem ebenfalls durch fakob Lorber geoffenbarten Buch über die jenseitige Führung des Revolutio­närs Robert Blum begegnet. Sie kam aus dem Lerchenfeld in Wien, dem Prostituiertenviertel. Auch sie verwandelte ihre einst­mals hemmungslose irdische Liebe in der läuternden Gegenwart des Herrn in reine, himmlische Hingebung zu Gott. Auch hier entsprang die Liebefähigkeit einer starken sinnlichen Potenz. Offen bleibt allerdings für uns die Frage, ob die Bewohner dieses Planeten, die schon mehr vergeistigt lieben, zum Beispiel im Sin­ne der Nächstenliebe, ob diese Menschen bereits mit einer reife­ren Seele ausgestattet sind, wenn sie in dieses Erdendasein gesetzt werden. Vermutlich dienen sie als Stützen der Moral und sollen dem hemmungslosen Sittenverfall entgegenwirken.Eines aber können wir wohl als gültig für unser irdisches Leben ansehen: Entscheidend für das, was uns nach dem Ablegen des Leibes im jenseitigen Leben erwartet, ist, was wir uns selbst auf dieser Welt an bleibendem Gut erworben haben. Dazu sagt der Herr im GrEv (VIII, S. 196): „Siehe, morgen schon kann man deine Seele vom Leibe nehmen, und was wird sie dann von alle­dem, was du nun dein nennst, mit hinüber nehmen? Ich sage da: nichts als nur das, was sie in dieser Welt irgend jemandem wahrhaft Gutes erwiesen hat. Hat sie aber das nicht, so werden ihr die hier verlassenen vielen Güter, Schätze und kostbaren Din­ge jenseits eine große und schwer übersteigliche Scheidewand zwischen Meinem Reiche und ihrem Wesen aufstellen. Daher suche vor allem ein jeder von euch das wahre Reich Gottes und seine Gerechtigkeit, die da in der wahren und lebendigen Liebe zu Gott und in der tätigen Liebe zum Nächsten besteht, alles andere wird, so es not tut, als eine freie Gabe hinzugetan wer­den."Ganz sicher wird schon das Begreifen dieser Zusammenhänge so manchen Mitmenschen von dem Un-sinn des Potenzdenkens überzeugen, und so manchem geplagten, überforderten Mann, der wegen seiner Potenzschwäche zum Neurotiker geworden ist, der sich bislang unmännlich und unnormal dünken und sich von

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dem begehrenderen Partner als Schwächling abstempeln lassen mußte, eine befreiende Last von der Seele fallen. Manche, als frigide bezeichnete Frau wird begreifen, daß sie mehr dazu ge­schaffen ist, geistig zu lieben. Geistige Liebe ist aber, nach Chri­stus, die eigentliche, die unvergängliche Liebe.Der normale Verlauf einer Ehe müßte so aussehen, daß nach der Hochzeit der Ehe, wenn der eigentliche Zweck der Kinderzeu­gung erfüllt ist, anstelle der körperlichen Anziehungskraft die mehr vergeistigte Liebe, das unbedingte Gefühl der Zusammen­gehörigkeit, das Sich-aufeinander-verlassen-Können, das innige Bewußtsein der Seelengemeinschaft wächst. Läuft ein Partner aus einer bis dahin glücklichen Verbindung davon, so darf man wohl davon ausgehen, daß er vorwiegend nur der körperlichen Liebe fähig ist. Meist geht damit auch eine starke Selbst- und Eigen­liebe Hand in Hand. Wären sich die Eheleute mehr ihrer göttli­chen Aufgabe aneinander bewußt, würden so manche leichtferti­gen, nur als Kavaliersdelikt angesehenen Eheverfehlungen un­terbleiben, denn auch hier wie überall, wenn das Gebot der Nächstenliebe verletzt wird, gilt der Grundsatz, daß man jede Kränkung, jeden Kummer, jede seelische Verwundung letzten Endes sich selbst zufügt, wenn wir uns erinnern, daß wir nach unserem unbestechlichen inneren Gedächtnis, dem Unterbe­wußtsein, dereinst uns selbst be- und verurteilen werden. Die moderne Sexualforschung der Medizin hilft also — in einem tragischen Irrtum gefangen —, ohne es zu wollen, den Untergang der Menschheit zu beschleunigen.Und wieder ist es die Gegenordnung, der Antichrist, der hier seine zersetzende Hand im Spiel hat. Bei maßvollem Gebrauch der ehelichen Liebe, sagt der Herr, bleibt die glückhafte Spannung zwischen den Partnern bis ins hohe Alter erhalten. „W as Gott verbunden hat, das soll kein Mensch mehr trennen, und es bleibt sonach eine wahre Ehe für ewig unauflöslich" (GrEv I 236,19). „Deshalb verlasse auch ein Mensch seinen kranken und hilflo­sen Partner nicht, denn hatte den jungen Eheleuten der Ehehonig gemundet, so müssen sie bei eintretenden Lebensschwierigkeiten dann auch mit der Galle der Ehe sich zufriedenstellen. Der Ehe­honig ist ja ohnehin der schlechteste Teil derselben. Erst mit dem gallichten Teil nimmt des Lebens goldener Ernst seinen Anfang. Käme dieser nicht, so ginge cs mit der Saat für den Himmel schlecht. Im oft bittersten Lebensernst beginnt erst der geistige

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Same sich zu beleben und zu entfalten, der im beständigen Ho­nigleben erstickt wäre" (GrEv III 70,8—10). „Ich bin nicht ein I icrr dessen, was der Welt ist, daher seid ihr von Mir aus in allem Weltlichen frei. Habt ihr aber eine wahre Liebe in eurem Herzen zueinander gefaßt, dann sollt ihr diese nicht brechen. Es gilt bei Mir kein anderes Gesetz für die Ehe, als welches da mit glühen­der Schrift des Geistes geschrieben steht in euren Herzen. Ihr sollt euch dann nicht mehr trennen. Wer aber dieses Band bricht, der ist ein wahrhaftiger Ehebrecher vor Mir. Wehe aber der Liebe, deren Grund die Welt ist. Sie sei verflucht!" (Jug 102, 11 bis 16,22.)„Das hohe Glück", schreibt Dr. W. Lutz in „ Gmndfiagen des Lebens", S. 280, „schon in diesem Erdenleben, seine wahre geisti­ge Hälfte, sein Dual, zu finden, ist freilich in der Zeit, in der wir leben, nur wenigen Menschen vergönnt. Die meisten Seelen las­sen sich heute, wie zu den Zeiten Noahs, nicht mehr vom Geiste, sondern vom Fleische und von der Weltlust leiten. Die Gatten­wahl erfolgt meist nach leiblichen Reizen, irdischem Reichtum, angesehener Stellung und dergleichen. Solche Ehen tragen in sich nicht die Gewähr und Bestimmung ewiger Dauer. Die Gatten werden dann aber auch niemals das tiefe, beseligende Gefühl genießen, das einem geistig verbundenen Paar vergönnt ist." Jesus ermahnt aber alle die Seinen, sich nicht zu sehr über die Ehenot der heutigen Zeit den Kopf zu zerbrechen. „Diese Zeit und Weltmenschheit muß vergehen, aber es wird mehr und mehr ein neuer Glaube der Liebe erwachsen und sich ausbreiten in allen Völkern, und die Ehenot wird schwinden, wo allenthal­ben Mein Geist und Meine Ordnung herrscht. Deshalb gehet in der Zwischenzeit nicht zu scharf ins Gericht mit denen, die noch blind oder unreif sind oder denen die Glut ihrer Veranlagung das Leben in Meiner Ordnung noch nicht gestattet. Ich weiß, daß ihr alle Gefallene oder Verirrte seid und aus den schweren Banden der Materie nur allmählich erstehen könnt. Dam m seid auch ihr voller Nachsicht gegen eure Brüder und Schwestern!" (a. a. O., S. 289.)Die Ehenot kann also auch in der heutigen Zeit, da ja Gottes Gebote für alle Zeiten gelten, nur durch ein keusches Eheleben behoben werden. Durch ein solches Leben in Gottes Ordnung werden die Kinder gesund und gut geartet aufwachsen, wirt­schaftliche Nöte werden beseitigt, die ihre letzte Ursache eben­

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falls in der ungezügelten Selbstsucht der heutigen Menschheit haben. Die völlig Ungläubigen, die sogenannten Freidenker, wer­den nach Mitteln und Wegen suchen, die den ungehemmten Sinnengenuß sich frei entfalten lassen. Sie plädieren für leicht lösbare Eheverbindungen, empfängnisverhütende Mittel und möglichst gefahrlose Geburtenverhinderung. Der Streit um den Paragraphen 218 würde sich erübrigen, würden die Menschen mehr auf die göttliche Empfehlung hingewiesen, und zwar so, daß jeder den vernünftigen Grund zur Keuschheit einsehen lernt. Die Verfechter der freien Liebe betreiben nichts anderes als sata­nische, lebenvernichtende Zerstörung des gesunden Volkskör­pers, sie betreiben den Verfall der Familie und stehen somit unter dem Einfluß des Antichristen. „So wird also in der nächsten Zeit in all diesen Fragen keine glückliche Lösung erreicht werden können, und alle Maßregeln der Welt müssen Arges und Unheil­volles aufweisen, denn Mein Segen fehlt und muß fehlen. Dar­um, Meine Lieben, die ihr in Meinem Lichte steht, zerbrecht euch nicht zu sehr den Kopf, wie dieser Ehenot zu steuern ist. Überlasset den Weltmenschen ihre Entschlüsse und begebet euch selbst möglichst getreu in Meine euch wohlbekannte Ordnung, so werdet ihr selbst nicht nur euer Glück finden, sondern auch die Entwicklung des Weltgeschehens zum Guten beschleunigen. Am en!" (Zit. n. Dr. W. Lutz, „Grundfragen", S. 289.)Nicht jedem wird die Gnade zuteil, daß mit dem Erkennen der Wahrheit auch gleichzeitig die Seele geläutert wird, wie es Ema­nuel Swedenborg an sich erfuhr, aber wir können mit unserem Wollen unsere Liebefähigkeit üben. Vielleicht beginnt dann ei­nes Tages ein helles Wasser in unserer Seele zu sprudeln, wächst vom Rinnsal zum Bach und ergießt sich schließlich als breiter Strom in Gottes Ursein, in unser eigentliches Zuhause.

2. Tod und Jenseits

Die Angst vor dem Tod gehört, neben vielen Ängsten des All­tags, zu der großen Furcht, die das Leben vieler Menschen über­schattet und die Unabänderlichkeit des Todes als ständige unter­gründige Bedrohung empfinden läßt. Da man im allgemeinen

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nur Furcht vor Dingen hat, die man nicht kennt, soll in diesem Kapitel versucht werden, eine ganz natürliche Beziehung zwi­schen dem Materie-Leben und dem Übergang in die andere Da­seinsform herzustellen. Versuchen wir erst einmal die Frage zu klären, welche Menschen es sind, die eine so unüberwindliche Panik bei dem Gedanken an den Tod empfinden, gibt es doch auf der anderen Seite Erdenbürger, die mit ruhiger Gefaßtheit, ja sogar freudiger Erwartung diesem Ereignis entgegensehen. For­schen wir in dem Lebenslauf anderer Mitmenschen, so wird sich schnell heraussteilen, daß diejenigen keine Todesfurcht empfin­den, die ein zufriedenes Dasein führen, selbst in großer Not nicht verzagen, mit Wenigem zufrieden, genügsam und dankbar sind, alles annehmen, was das Schicksal ihnen beschert, geduldig und bescheiden ihren Weg gehen und das Mitleiden mit dem Näch­sten nicht verlernt haben. Es sind meistens anspruchslose Men­schen, die die innere Verbindung zum Göttlichen nicht verloren oder aber ein so rechtschaffenes Leben geführt haben, daß sie, selbst wenn sie sich der Verbindung zu Gott nicht bewußt sind, ruhigen Gewissens vor ihren Richter treten können.Anders diejenigen, die sich nur das Weltliche, das Materie-Leben zum Maßstab gesetzt haben und der irrigen Meinung sind, das „kurze" Leben in vollen Zügen auskosten zu müssen.Wie kommt es, daß die meisten Menschen eine solche Furcht vor dem Tod haben? Die Mehrzahl aller Erdenbürger hängt mit allen Fasern an den Besitztümern dieser Welt. Sie sind einer Vorstel­lung vom Leben nach dem Tod selten fähig und können sich nur im Verhältnis zur Ewigkeit ein kurzes Dasein auf dieser Erde denken. So sind auch die Begriffe von Glück, Freude, Liebe und Wohlleben lediglich auf die Dinge dieser Welt bezogen. Glück bedeutet für die meisten Reichtum, Ansehen, Schwelgen in der körperlichen Liebe, Macht, Einfluß und imponierendes Auftreten. Diese Imponiersucht ist großenteils die Triebfeder menschlichen Handelns. Menschen, die nur in Weltbegriffen denken können, werden sich immer bemühen, den Schein zu wahren, ihre geheimen Laster und Sünden, ihre Fehler und Schwächen vor „den Leuten" zu verbergen. Sie ahnen ja nicht, daß sie ein „inneres Gedächtnis" haben, das alle Gedanken, Handlungen, Machenschaften mit unheimlicher Präzision regi­striert. Dieses innere Gedächtnis aber läßt sich nicht völlig aus­schalten, selbst von sehr hartgesottenen gewissenlosen Menschen

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nicht. Das Unterbewußtsein vermittelt ihnen sehr wohl das Ge­fühl für ihr falsches Tun. Sie empfinden es manchmal als gewis­ses Unbehagen, das man aber ganz leicht im Alkohol ertränken kann, gelegentliche Depressionen schiebt man auf die „böse U m ­welt" ab; auch diese widerwärtige Leere, die sich nach Exzessen, Ausschweifungen, Seitensprüngen einstellt, läßt sich ja so wun­derbar mit geeigneten Gegenmitteln betäuben. Es bestellt also kein Grand, sein Handeln zu überprüfen und in sich zu gehen, geschweige gar, sein Leben zu ändern. Wozu auch, das Leben ist so kurz und Sündigen so schön! Bis — ja, bis zu einem gewissen Zeitpunkt, bis zu dem Zeitpunkt nämlich, wo Gott mit dem kleinen oder gar großen Finger droht, wenn die Gefahr näher rückt, daß es heißen könnte, Abschied von dieser Welt zu neh­men. Dann steigert sich das Unbehagen!Aber warum denn nur, macht man denn nicht eines Tages ein­fach die Augen zu mit dem Gefühl, sein Leben mit allen Raffi­nessen genossen zu haben? Oder doch nicht? Was ist das nur, dieses unangenehm penetrante Gefühl, das sich nicht abschütteln läßt? Ist es doch vielleicht das plötzliche Ahnen, sich vor irgend etwas oder irgendwem verantworten zu müssen? Kommt nun doch diese bisher so erfolgreich bekämpfte Gewißheit, dieses so­genannte Gewissen, und erinnert uns daran, daß es weitergeht, das Leben, ja daß es vielleicht sogar erst beginnt? Was nun? Wird dem Weltmenschen nun nicht doch ganz entsetzlich bange, daß er bald einen Offenbarungseid zu leisten haben wird, daß ihn jemand fragen könnte: Was hast du mit deinem Leben gemacht? Ja, und dann muß man einsehen, daß das Rad des Erdenlebens nicht mehr zurückzudrehen ist, daß man die Chance vertan hat, die allein die Furcht vor dem Tode hätte beseitigen können, die uns allein hätte mit Zufriedenheit und Ruhe der endgültigen Trennung der Seele vom irdischen Leib, die bei uns Tod heißt, entgegensehen lassen können. Wer ein gutes Leben geführt hat, wird den Engel des Todes mit Ruhe, ja mit Freude erwarten kön­nen. Nur der kann mit ruhiger Gewißheit vor seinen Schöpfer treten, der sich in diesem Schulhaus Erde die größte Mühe gege­ben hat, dem Schöpfer durch Wort und Tat näherzukommen. Reiche Ernte hält der Tod jeden Tag in unseren Häusern und vor allem auf den Straßen. Jeden kann es treffen, heute dich und morgen mich. Vielleicht sitzt er schon als kleine Krebsgeschwulst in deiner Raucherlunge, oder deine Säuferleber ist im Begriff,

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sich zu zersetzen, vielleicht erwartet dich das Schicksal an der nächsten Straßenkreuzung, oder wenn Gott es gut mit dir meint, läßt er plötzlich ohne Vorwarnung dein Herz stillestehen. Was aber dann? Angst und Entsetzen zieht in die Herzen der meisten Menschen ein, wenn sie nur die Möglichkeit in Betracht ziehen, daß eines Tages auch die Reihe an sie kommen könnte.Zu allen Zeiten stellten denkende Menschen die Frage nach dem „Danach". Theologen, Ärzte, Wissenschaftler, Spiritualisten, sie alle haben versucht, die Antwort zu finden, was wird, wenn wir diese Welt verlassen.Bevor auch ich begann, diese Frage zu stellen, habe ich nie für möglich gehalten, daß es darüber eine solche Unmenge glaub­würdiger und gültiger Aussagen gibt.Die Weihe, die über einem Sterbezimmer, über dem Antlitz eines Toten liegt, verspürt jeder, der mit dem Tod konfrontiert wird. Niemand, selbst der abgebrühteste Bösewicht nicht, wird sich die­sem Eindruck entziehen können. Liegt zudem ein Hauch von Verklärung und Frieden über der verlassenen Körpeihülle, so weht es wie ein Ahnen der Unendlichkeit durch den Raum. Wohl jeden, der einen lieben Angehörigen verloren hat, über­kommt die verzweifelte Frage: Wo bist du nun, der du noch gestern neben mir gegangen, neben mir geatmet, mit mir gedacht und gefühlt hast, wo sollen meine Gedanken dich suchen, werde ich dich eines Tages wiederfinden?Dem Leser, dem es gelungen ist, meinen Ausführungen bis hier­her Glauben zu schenken, wird es nun nicht mehr allzu schwer­fallen, sidi mit Hilfe seines Geistes über diese Barriere zu schwin­gen, ohne daß ihn Furcht und Grauen ankommen.Wenn wir über die Beobachtungen lesen, die Theologen und Ärzte, Krankenschwestern und Angehörige an Sterbebetten ge­macht haben, müßten Angst und Schrecken von selbst aus unse­ren Vorstellungen weichen. Nur der plötzliche, der gewaltsame, der den Körper verstümmelnde Tod, der „moderne" Tod unseres hektischen Lebens flößt Grauen und Abscheu ein, nicht aber der Tod, der die Krönung eines friedlichen und erfüllten Lebens dar­stellt, der einen Leidenden von seinen Schmerzen erlöst, der den Einsamen heimholt in die Geborgenheit einer anderen, höheren Welt.Wer das Sterben mit angesehen hat, wird vielleicht erlebt haben, wie sich das erlöschende Gesicht plötzlich zu himmlischer Freude

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verklärte, daß der Sterbende mit dem letzten Atemzug noch aus­sprach, welch herrliche Dinge sich vor seinen Augen auftaten, daß liebe Angehörige, die bereits vor ihm die Reise ins Jenseits angetreten hatten, gekommen waren, ihn abzuholen.Die Tatsache, daß der Tod aus unserem täglichen Leben ver­schwindet, weil man ihn in kahle, nackte „Todeszellcn" der Krankenhäuser verbannt, läßt uns die natürliche Beziehung zu diesem, uns alle betreffenden Bestandteil unseres Lebens verlie­ren. Ekel und Abscheu haben dafür gesorgt, daß er aus unserem Blickfeld verschwindet. So kann sich der genußsüchtige Mensch ungestörter der Illusion hingeben, als existiere dieses Unaus­weichliche nicht!Die Mensdien früherer Generationen, die noch ihr arbeitsames und genügsames Leben führten, starben in den meisten Fällen friedlich, wenn ihre Zeit erfüllt war. Die Angehörigen nahmen dieses Sterben ohne Furcht und Grauen hin als selbstverständli­che Vorbereitung für ihr eigenes Hinübergehen. Der gewaltsame Tod auf unseren Straßen reißt die Weltmenschen nicht ohne Grund aus ihrem Genußleben, sind sie doch oft nur durch Er­schütterungen dieser Art aus ihrem Sinnentaumel oder ihrer Ge­dankenlosigkeit zu wecken. Der plötzliche, schreckensvolle Tod ist früher selten gewesen. Heute bedarf es nur zu oft dieser, die Seele aufrüttelnden Eingriffe Gottes, um das träge, mitleidlose, kaum einer höheren Regung fähige Weltherz zu einer menschli­chen Reaktion zu zwingen, es aus seiner Sorglosigkeit zu reißen. Und meistens begreifen die Menschen dann immer noch nicht, was Gott von ihnen will, daß er sie mahnt und ruft und sie dazu bringen will, seine Hilfe zu erflehen und die Verbindung zu ihm wiederaufzunehmen. Sie klagen ihn an, daß er ihnen das Liebste genommen habe, und sind nicht in der Lage zu erkennen, daß er sie nur von dem Abgrund zurückreißen, vor dem inneren Ver­fall, dem ewigen geistigen Tod erretten wollte. Sie erkennen die Gnade nicht, die Gott ihnen mit diesem Aufrüttler erweisen wollte, hadern im Gegenteil mit dem Schicksal und verfallen in kurzer Zeit wieder der alten Gedankenlosigkeit, den alten La­stern.Wären wir Menschen uns mehr der göttlichen Führung bewußt, so würden wir in den großen und kleinen Ereignissen des Tages mehr die Hinweise auf die Richtigkeit oder Unrichtigkeit unseres Tuns erkennen, wir würden uns in Dankbarkeit dieser M ah­

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nungen oder gar Schubser bedienen und unser Verhalten danach einrichten: niemandem brauchte die Todesfurdrt als Bedrohung, als Alptraum im Nacken zu sitzen. Das Hinabsteigen in das eigene Selbst, die „innere Beschauung", wie Jesus es nennt, der Verzicht auf alle Laster und Leidenschaften ermöglicht aber erst diese direkte Verbindung mit unserem eigentlichen Zuhause, mit der Welt, aus der wir kamen und die wiederzufinden der Sinn dieses Erdenlebens ist.Erhard Bäzner hat in seinem Buch „Wo sind unsere Toten?" zu­sammengetragen, wie unsere großen Dichter und Denker, wie die Genies dieser Erde über das Weiterleben nach dem Tode dachten. In Goethes Werken finden sich Hinweise genug, die ersichtlich machen, wie hoch dieser erleuchtete Geist über den Materie­Verstand hinausgewachsen war, wie stark er sich des unsichtba­ren Lebens rings um uns her bewußt war. In keinem Werk der Weltliteratur, so glaube ich jedenfalls, kommt die Präsenz des Bösen, das Satanische, die Infiltration des Widergeistes unseres Weltgeschehens so deutlich zum Ausdruck wie in Goethes „ Faust" oder in „ Macbeth" von Shakespeare. Goethe erkannte Satan wie kein anderer als Wesenheit, als die uns beherrschende Macht! Er schöpfte sein Wissen zu einem Teil aus den Büchern Swedenborgs, die auch Helen Keller „Licht in ihr Dunkel" brach­ten, zum Teil aber aus eigener seherischer Kraft. Da die Allge­meinheit aber den Dichter als eine Art „Märchenerzähler" zu betrachten pflegt, sichert sie seinen Aussagen eine gewisse Nar­renfreiheit zu, ohne daß sie die wertvolle Substanz dieser Werke für das eigene Denken nutzbar macht.

„Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust, die eine will sich von der ändern trennen, die eine hält, in herber Liebeslust, sich an die Welt mit klammernden Organen, die andre hebt gewaltsam sich vom Dust zu den Gefilden hoher Ahnen."(Goethe)

Erhard Bäzner gehörte selbst zu den Menschen, die die Befähi­gung haben, den Vorgang des Sterbens zu sehen, das heißt die Loslösung des Astral- oder Seelenleibes von der nun unbrauch­baren körperlichen Hülle. Er beobachtete in vielen Fällen das,

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was heute die Wissenschaft mit hochempfindlichen Apparaten sichtbar machen kann, er sah den unsterblichen Teil des Men­schen sich einer Dunstwolke gleich über die Materie erheben. Im Kapitel „Die Seele" hatten wir die Bibelstellen des Prediger Salomo angeführt, in der von der verbindenden „Silberschnur" vom Körper zum Seelenleib die Rede ist. Im Lorberwerk schildert Jesus die Loslösung des Astralkörpers durch Zerreißen dieser hell­leuchtenden „Nabelschnur" genauso, wie Erhard Bäzner sie be­obachtet hat. Der Tod ist also eine Geburt, eine Geburt zu neu­em, höherem Leben.In vielen Werken, die den Vorgang des Sterbens beschreiben, werden unzählige Begebenheiten dieser Art völlig übereinstim­mend geschildert, so daß für mich kein Zweifel mehr besteht, auf welche Weise wir dereinst diesen Körper verlassen werden. Bei sehr weltlichen Seelen, die sich gegen das Verlassen ihrer Umhüllung sträuben, scheint dieser Vorgang sehr lange zu dau­ern und nur mit Mühe vonstatten zu gehen. Der Sterbende hat in solchen Fällen einen langen Todeskampf zu bestehen, dessen er sich aber nicht mehr bewußt wird, auch wenn der Körper scheinbar von großen Schmerzen und Zuckungen gepeinigt wird.Hat sich der substantielle Leib* zu seiner vollen Gestalt aus­gebildet, die zunächst ein getreues Abbild der vergänglichen Hül­le darstellt, ist die „Nabelschnur" gerissen, so ist der klinische Tod eingetreten.Brennend bewegt die meisten Menschen die Frage: Was wird nun, was geschieht mit diesem Geistleib?Die Zustände, in welche die Verstorbenen geraten, sind so un­terschiedlich, wie es das Leben der Menschen selbst ist. Jeder Mensch empfindet das Erwachen im Jenseits, das zunächst noch im irdischen Bereich liegt, völlig anders. Ragt das Bewußtsein nicht über das Erdenleben hinaus, so wird der Verstorbene kurz nach seinem Ableben keinen wesentlichen Unterschied zu dem Leben in der Materie feststellen können. Manche begreifen gar nicht, daß sie überhaupt gestorben sind. Sie reagieren zornig und empört, wenn sie ihrem eigenen Begräbnis zuschauen müssen und sich trotz aller Bemühung ihren Angehörigen nicht mehr ver­

*) In der Neuoffenbarung wird der Begriff „substantiell" anders ver­standen als in unserem Sprachgebrauch.

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ständlich machen können. Den sie belehrenden jenseitigen We­sen schenken sie keinen Glauben und beharren darauf, in ihrem alten Haus zu bleiben und ihr bisheriges Leben fortzuführen. Der Bildungsgrad der Weltgelehrsamkeit spielt dabei keine Rolle. Entscheidend für die Art des Weiterlebens nach dem Tod ist al­lein die Erkenntnisfähigkeit der Seele, und die hat mit der er­worbenen Bildung, auf die viele Menschen so außerordentlich, stolz sind, nichts zu tun, ist der weltliche Hochmut der Einfalt eines gläubigen Herzens doch weit unterlegen.Hat ein Mensch ein böses Erdenleben hinter sich, so wird er auch nach dem Tod in einen entsprechend finsteren Zustand geraten. Jesus sagt dazu: „Solange eine Seele an den Besitz- und Reichtü- mern dieser Welt hängt, wird sie des Gefühls der Todesfurcht weder in dieser noch in der anderen Welt je völlig ledig, denn alle Materie ist gerichtet und somit gegenüber dem freien Geist tot. Wenn also eine Seele an der toten Materie klebt, so kann sie auch kein anderes Gefühl haben als das des Todes. Kehrt sich aber eine Seele von der Materie ab durch den wahren, lebendigen Glauben an den einen Gott und durch die tätige Liebe zu Ihm und zum Nächsten, dann wird sie des Gefühls der Todesfurcht bald ledig, und das ist dann für jeden Menschen ein sicheres Zeichen, daß Gericht und Tod aus seiner Seele entwichen sind. „Den ungeläuterten Seelen wird es im Sterben nicht leicht erge­hen, sie werden fürs erste in ihrem Fleische zumeist große Schmerzen verspüren, außerdem werden sich in der Seele Furcht, Angst und sogar Verzweiflung kundgeben. Und wird die Seele frei von ihrem Fleische, so wird sie jenseits viele Jahre nach der Zeitrechnung dieser Welt zu tun haben, um zu einem helleren Bewußtsein zu gelangen. Von einer völligen Vergeistigung aber ist noch lange keine Rede." „Die Furcht vor des Leibes Tode ist nicht so sehr in dem mangelnden Bewußtsein der Seele von ih­rem Fortbestehen nach dem Abfall des Leibes begründet, als vielmehr in der Liebe zur Welt und in der Selbstliebe. Durch die­se beiden Liebearten wird die Seele stets mehr in ihr Fleisch ge­drängt. Die Folge davon ist, daß sie dadurch das Gefühl des Sterbens, Vergehens und Aufhörens immer mehr zu ihrem eige­nen macht und in Angst und Furcht übergehen muß." (GrEv VIII 183,3 f .; V 90,6,- VI 68,1.)Die Tatsache allein, daß die moderne Medizin bestrebt ist, ein Menschenleben um jeden Preis zu verlängern, selbst wenn die

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Lebensuhr abgelaufen sein sollte oder die Erlösung durch den Tod eine Wohltat bedeuten müßte, zeugt von der Einstellung der Ärzteschaft, daß nach dem Leibestod alles zu Ende sein müs­se. Manchmal frage ich nach der Moral dieser Denkweise, habe ich doch erlebt, wie man sich in einem Krankenhaus mit Sprit­zen, Sauerstoff und Atmungsgeräten um einen alten Mann be­mühte, der einen Gehirnschlag erlitten hatte und dadurch voll­ständig gelähmt und der Sprache nicht mehr mächtig war. Dieses armselige Leben wollte man ihn zwingen weiterzuleben, wäh­rend doch Gott in seiner Güte ihm die Erlösung von aller irdi­schen Not anbot. Ich äußerte dem Arzt gegenüber mein Befrem­den darüber und erfuhr, daß es gegen die ärztliche Ehre verstieße, wenn Patienten in den von ihnen betreuten Häusern stürben. Ist das die rechte Auffassung von Menschenliebe? Ich war sehr erleichtert, als der alte Mann nach einigen Tagen, ohne das Be­wußtsein wiedererlangt zu haben, heimging, dorthin, wo er schließlich hingehörte, denn er hatte sein Leben auf dieser Erde vollendet.Beruft Gott einen Erdenbürger aus diesem Leben ab, so gibt es dafür unterschiedliche Gründe. Der natürlichste Grund ist der, daß die Seele die Aufgabe erfüllt hat, die ihr diesseits zugedacht war. Selten aber ist das, was Gott damit erreichen will, der ein­zige Zweck. Wenn wir bedenken, in wieviel andere Leben der Tod eines Menschen eingreift, aufrüttelnd, anklagend, verzwei­felnd, schockierend, dann kommt uns ein Ahnen von der Viel­schichtigkeit der göttlichen Maßnahmen. Am ehesten stellt sich beim Tod eines Menschen die Frage nach dem, was „danach" kommt, die Frage nach der Unsterblichkeit. Bei den meisten Men­schen ist die kurze Begegnung mit dem Ewigen allerdings sehr schnell wieder in Vergessenheit geraten, denn niemand will sich dessen bewußt sein, daß er vielleicht der nächste sein könnte.Ein zweiter, sehr wichtiger Grund, warum Gott die Menschen zu sich beruft, warum er zum Beispiel Kinder abberuft, liegt darin, daß er weiß, daß diese Kinder in der Umgebung, in die sie hineingeboren wurden, das Ziel ihrer Reife nicht erlangen können. Ich kannte eine Mutter in bürgerlichen Verhältnissen, die aber ein liederliches Leben führte und ein wahrhaft teufli­sches Kind besaß, das sie abgöttisch liebte. Ein zweiter Sohn wurde geboren. Dieses Kind war das krasse Gegenstück zu sei­nem älteren Bruder, still, freundlich und zufrieden, ein lieber

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Junge. Die Mutter haßte dieses Kind, vernachlässigte es, schob es in sein Spielzimmer ab und ließ es dort stundenlang allein. Dieser kleine Junge verschluckte eines Tages in Abwesenheit der Mutter eine kleine Schraube, die in die Luftröhre geriet. Das Kind war bereits im Koma, als die Mutter es fand. Da nützte es nidits mehr, in panischer Eile das kleine Wesen in das nahegele­gene Krankenhaus zu tragen, da nützten die stundenlangen Be­mühungen der Ärzte und Schwestern nichts, denn Gott hatte dieser unfähigen Mutter die Fürsorge entzogen und dieses Kind in sein Kinderreich geholt, wo alle frühzeitig abberufenen Kin­derseelen unter liebevollster Betreuung der Engel heran wachsen! Obwohl wir damals die tieferen Gründe noch nicht kannten, be­griffen meine Kinder und ich sofort den Sinn dieser göttlichen Vorsorge.Ein dritter Grund für den plötzlichen Tod eines Menschen kann sein, daß er daran gehindert werden soll, noch mehr Unheil an­zurichten und dadurch noch tiefer in den geistigen Tod abzu­sinken. Ein Beispiel: Ein genial begabter Mann, Professor, hoch­angesehener und internationaler Fachmann, geschätzter M itar­beiter und Kollege, war im privaten Bereich ein wahrer Teufel. Er trieb durch ständige Schikanen seine ihm langweilig und unbequem gewordene Frau zweimal zu einem Selbstmordver­such. Niemand, auch der Arzt nicht, vermutete in dem besorgten Ehemann diese satanische N atur; erst als er mit allen Mitteln versuchte, seine Frau in eine Nervenheilanstalt abzuschieben, wurde man aufmerksam. Allmählich sickerte die Wahrheit durch; es brachte den Mann zur Raserei, als er sein so sorgsam gewahrtes Image abbröckeln sah. Da starb er nach einem Ver­kehrsunfall. Hier hatte Gott offensichtlich Einhalt geboten, das Maß war voll! Die Leidenszeit für seine Frau hatte ein Ende, sie hatte in dieser Zeit beten gelernt!Jetzt mag mir manch einer einwenden, daß Gott sich grausamer, ja makabrer Mittel bedient, um zur Einsicht zu mahnen. Was anderes aber, frage ich dagegen, könnte dem gottentfernten Men­schen der Jetztzeit die himmlische Führung begreifbar machen, und was anderes könnte ihn wachrütteln, ihn seine wahre Be­stimmung erkennen lassen, wenn die Kirchen ihrer Aufgabe nicht mehr gewachsen sind und so hoffnungslos versagen? Unge­wöhnliche Situationen erfordern ungewöhnliche Mittel. So sol­len wenigstens die wenigen, noch begriffsfähigen Menschen zum

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Forschen und Nachdenken gebracht werden. „Der Boden muß erst bereitet werden, in den Ich Meinen Samen lege", sagt Gott, „und ein steiniger Acker muß stärker bearbeitet werden als eine gute Erde."Wichtig scheint mir zu sein, zum Kindersterben noch ein Wort zu sagen. Wie oft wird die Meinung laut, wie grausam Gott doch sei, kleine Kinder, die noch nicht einmal die Chance zum Leben gehabt hätten, von dieser Welt zu nehmen. Wieder kommt hier das Nichtbegreifen des göttlichen Planes zum Ausdruck. Wir hat­ten aus dem GrEv herausgearbeitet, daß Jesus die Anwartschaft auf die Gotteskindschaft seit seinem Vorleben auf dieser Erde von einer Einzeugung in einen Menschenleib abhängig macht. Hat ein sehr hoher, reiner Geist den Wunsch geäußert, durch Einzeugung in einen Körper dieses Vorrecht zu erlangen, bedarf es in mandien Fällen keines langen, mühevollen Erdenlebens mehr. Die Seele ist reif und kann bald wieder in ihre Heimat zurückkehren. Hierin dürfen wir eine zweite Erklärung für die Kindersterblichkeit sehen. Gerade in solchen Fällen ist die Dop­pel- oder Mehrfachwirkung auf alle Beteiligten deutlich erkenn­bar. Nichts greift stärker in das Leben einer Mutter, einer ganzen Familie ein als der Verlust eines geliebten Kindes. Die sehnsüch­tige Frage nach dem „Wo bist du geblieben, warum mußtest du uns entrissen werden?" wird hier besonders gravierend auf die Gemüter einwirken und wird sie zum Nachdenken zwingen.„Es gibt Menschen", sagt Jesus, „die mit dem wahrhaft guten Erdreich zu vergleichen sind. Diese nehmen Mein Wort an und setzen es sogleich gläubig ins Werk. Da bringt dann der Same reichliche Frucht, und diese Frucht ist das eigentliche Himmel­reich im Menschen und hat kein äußeres Schaugepränge. Aber dieses Reich wird sich dann über den Menschen, der es in sich aus Meinem Wort geschaffen hat, ausbreiten und ihm geben Seligkeit, Wahrheit, Weisheit und Macht über alle Kreatur" GrEv VI 65,14).In dem Werk Lorbers „Die geistige Sonne" (II. Kap. 67) wird uns ausführlich über dieses jenseitige Kinderreich berichtet und gesagt, daß alle Kinder über das Leben ihrer Angehörigen auf Er­den genau informiert sind und deren geistige Entwicklung ver­folgen. Diese Kinder haben in den meisten Fällen die Erlaubnis, ihre Lieben nach deren Ableben im Jenseits in Empfang zu neh­men. Damit ist schon ein Teil der Frage beantwortet, ob man sich

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wiedersieht in dieser anderen Welt, die uns so schwer vorstellbar ist. Das kann sein, muß aber nicht sein. In Fällen starker Seelen­verwandtschaft, großer Zuneigung zueinander wird das ganz si­cher der Fall sein, aber niemals, wenn Angehörige auf Erden keinerlei innere Beziehungen zueinander hatten oder gar in Haß und Abneigung miteinander lebten.Im Kapitel „Die Seele" hatten wir schon gesagt, daß jeder von dem ihm Gleichgesinnten angezogen wird, wenn er die irdische Hülle abgelegt hat. So zählen verwandtschaftliche Bande im Jenseits nichts, waren sie nicht auch gleichzeitig Bande der Liebe und des Verstehens. Alle Verstellung, aller äußere Zwang hört im Jenseits auf, und jeder ist nur noch das, was er wirklich ist, das heißt, wozu sein Wunschdenken ihn treibt.

Da mit dem Wegfall der Materie auch alle anderen hemmenden Zwänge wie Gesellschaftsordnung, moralische Hemmungen, m a­terielle Hindernisse und dergleichen entfallen, so kann die von der Materie befreite Seele ungehindert ihren Wünschen und Be­gierden leben. Wünscht sich ein Verstorbener, der ja den gleichen Bewußtseinszustand mit hinübernimmt, ein hemmungsloses Ge­nußleben, ein Ausleben sinnlicher Triebe, ein Nachholen aller zwangsmäßigen Einschränkungen des Erdenlebens, so ist das Wunschdenken schon die Erfüllung. Hat ein Mensch zu Lebzei­ten nach großen Reichtümern, nach Macht und Ansehen ge­strebt, wird er in Zustände versetzt, die ihn hemmungslos Geld scheffeln, ihn um Macht kämpfen, ihn zu scheinbarem Ansehen kommen lassen. Nur kommt er aber in die Gesellschaft Gleich­gesinnter, die bestrebt sind, ihm das alles wieder streitig zu m a­chen. Diese Seelen müssen Geld scheffeln, sich mit Neidern her­umschlagen, um ihre Position ringen, so lange, bis ihnen das alles zum Ekel wird und sie in sich einen lichteren Gedanken fassen und vielleicht den Wunsch hegen, aus diesem Sumpf oder dieser sinnlosen Anstrengung herauszukommen. Dann aber ist dieser eine Wunsch schon entscheidend, um sie in bessere Positionen, in bessere Bedingungen zu führen. Und immer sind es gute Gei­ster, hilfreiche Engel, die ihnen dann zur Seite stehen und sie belehren über die Unsinnigkeit ihres bisherigen Tuns.Im Grunde ist es nicht viel anders, als es hier auf unserer Erde geschieht, nur weiß der Erdenmensch im allgemeinen nicht, daß er hier die sehr viel größere Chance, die besseren Möglichkeiten

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hat, in eine höhere Seelenverfassung zu kommen, zählt doch ein Tag auf dieser Erde mehr als tausend Jahre im Jenseits.Hier wird Gott ihm immer wieder die Möglichkeit zum Insich- gehen, zur Besserung über den Weg schicken, solange er die Be­reitschaft dazu in einem Menschen sieht. Hier wird der Mensch immer wieder die Gelegenheit zur Wiedergutmachung, zur U m ­kehr, zur Reue bekommen, indem ihm Menschen oder Begeben­heiten über den Weg geführt werden, die ihn belehren, die ihm Halt geben können, die ihm seine falsche Richtung und Lebens­haltung bewußt machen. Im Jenseits aber treibt es ihn nur zu den Wesen gleicher Neigung. Die Chance zur Belehrung ist dort ver­tan, es sei denn, die Seele faßt von sich aus, unter dem geheimen Einfluß der Engel, einen helleren Gedanken und erwirbt sich dadurch die Voraussetzung auf höhere Hilfe.Was ich soeben geschildert habe, ist nichts anderes als das, was man mit höllischen Zuständen bezeichnet. Die Hölle ist demnach keine feststehende Örtlichkeit, in der „Heulen und Zähneklap­pern" herrscht, sondern der jeweilige Seelenzustand, den die See­le schon zu Erdenzeiten durch eigenes Verschulden fleißig vor­bereitet hat.Ein verstorbener Trinker wird sich auch jenseits zu Tode trinken, immer und immer wieder! Ein Spieler wird seine Hölle m it hin­übernehmen, indem er spielen, spielen und immer wieder spie­len will, bis zum verzweifelten Überdruß! Ein Raufer und Schlä­ger wird mit seinesgleichen böse Gefechte durchzustehen haben, und ein verkommener Hurer und Ehebrecher wird seine Exzesse bis zum Erbrechen immer und immer wieder ausleben. Ein Mör­der wird in unseliger Lust seine Opfer zerstückeln, ein Betrüger seine raffiniertesten Tricks erproben, und das so lange, bis sie selbst es nicht mehr ertragen können. Zur Qual und furchtbaren Strafe wird ihnen ihr eigenes Wunschdenken werden, das ihnen auf solche Weise als Scheinleben gegenübertritt, bis sie sich selbst mit verzweifeltem Verlangen ein besseres Dasein wün­schen. Erst dann wird ihnen geholfen werden. Begreifen wir jetzt die Forderung der Bergpredigt: „Wenn dich dein rechtes Auge ärgert, so reiße es aus . . ."? Ist es jetzt verständlich, warum Jesus immer und immer wieder mahnt, Gedanken und Wünsche dieser Art durch das Streben nach Erkenntnis auszumerzen? „Ihr baut euch eure Hölle selbst", warnt er immer und immer wieder.Sehr plastisch schildert Professor Benz in seinem Buch „Sweden­

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borg“ (S. 351 f) den unentwegten Streit ehemaliger Kirchenfür­sten, die sich auch im Jenseits mit weltklugen Beweisführungen gegenseitig zu ihren Ansiditen und Auslegungen der christlichen Lehre zu bekehren suchen. Dieser eigensinnige, ja bösartige Krieg mit den Mitteln der Gelehrsamkeit und Dialektik wird nicht et­wa der Sache, der Erkenntnis wegen geführt, sondern dient allein der Befriedigung hemmungsloser Geltungstriebe und eitlem Hochmut. Gewiß sind es auch diese Tendenzen gewesen, die eine derartige Entstellung der klaren, einfadien Liebelehre Christi bewirkt haben. Und wenn wir uns die Streitigkeiten innerhalb der Institution Kirche vergegenwärtigen, wie sie heute wieder im Gange sind, so kann man kaum einen Untersdiied zu den Visio­nen Swedenborgs erkennen.„Der Tod auf dem Birnbaum" hieß eine Inszenierung des bayeri­schen Fernsehens, die nach dem Märchen „Gevatter Tod" ge­dreht wurde. So einfach dieses Märchen im Grunde ist, so ver­blüffend treffend charakterisiert es die Begriffe von „Himm el" und „H ölle". Hier hatte der Regisseur begriffen, wie das Weiter­leben nach dem Tod aussehen wird, für jeden Menschen seiner Mentalität entsprechend. In der Märcheninszenierung erlöste der „M ann mit dem Esel", mit dem Gott selbst gemeint war, den uralten Schmied und seine Frau von dem „Nicht-sterben-Kön- nen" und versetzte sie ins Paradies, in ihr Paradies, das auf das Haar genau dem glücklichen gemeinsamen Erdenlehen ihrer jun­gen Jahre glich. In der Schmiede ertönte wieder lustig der Amboß, glühte rotgolden die Esse, Pferde warfen mit schnaubenden N ü­stern den Kopf auf vor dem zischenden Eisen, und die Kinder sprangen munter auf dem Hof hemm. Die beiden alten Leute hatten sich ihre Jugendzeit als Paradies erträumt und dieses auch erhalten, da sie einfach, aber rechtschaffen gelebt hatten.Auch wir haben in unserer großen Familie ein solches „Jugend­paradies". Ich bin ganz sicher, daß manch einer der Onkel und Tanten sich diesen verlorenen Traum zunächst wieder zurück­holt, bis er fähig ist, größere Herrlichkeiten der Himmel Gottes zu begreifen und zu ertragen.Bei solchen Gesprächen pflege ich immer den scherzhaften Wunsch zu äußern, im Jenseits ein zweiter Herbert von Karajan zu werden oder ein zweiter Artur Rubinstein, der bei geschlos­senen Augen die Töne, die er auf dem Flügel hervorzaubert, sehen kann. In Wahrheit bin ich davon überzeugt, daß niemand,

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der in diesem unvollkommenen Körper steckt, sich auch nur eine winzige Vorstellung von dem machen kann, was uns erwar­tet!„Kein Auge hat es je gesehen, kein Ohr vernommen, in keines Menschen Sinn ist es je gekommen, welche Seligkeiten für die bereitet sind, die Mich lieben und Meine Gebote treulich hal­ten" sagt Jesus im GrEv X 69,3 (S. 1. Kor. 2,9). Und deshalb wünschte ich, der Leser könnte mir glauben, wenn ich ihm sage: es geht weiter, das Leben nach dem Tod. Formt und gestaltet es schon hier auf Erden, wie ihr es dereinst vorfinden möchtet, reißt das Himmelreich mit Gewalt an euch, es wird die Anstren­gung wert sein!Die höllischen Seelenzustände sind schon angedeutet worden. Hören wir nun, was der Herr selbst über das Leben der Vollende­ten, der Kinder Gottes zu sagen hat. Auf die Frage eines Wahr­heitssuchers, worin die Tätigkeit einer vollkommenen Seele im Jenseits bestehe, ob dort auch gepflügt, gesät und geerntet wird, des Lebensunterhaltes wegen, antwortet der Herr in der Neuoffenbarung: „Siehe, ohne die große Tätigkeit der Geister würde auf keiner Erde etwas entstehen! Die Menschen pflügen wohl die Erde und streuen den Samen in ihre Furchen, aber den Geistern obliegt es, das Keimen, Wachsen und Reifwerden der Frucht zu bewirken. Und du wirst daraus nun wohl erkennen, daß es besonders für die Geister höherer Art hier auf dieser Erde sowie auch auf allen anderen Weltkörpern viel zu schaffen und zu gestalten gibt. Mehr aber zu sorgen und zu tun gilt es für die rechte Seelenbildung und rechte Vervollkommnung der Men­schen schon diesseits und um vieles mehr noch jenseits." — „D u wirst hier noch auf so manche dir unbegreifliche Erscheinung stoßen, aber alles ist dennoch die vollkommenste und gediegen­ste Wahrheit! Hier gibt es keine Augentäuschung, sondern alles, was du hier siehst, ist ganz fest und handgreiflich wahr. Im Rei­che der Liebe ist alles truglos, daher sind auch diese Himmels­geister, die du hier siehst, alles vollkommen wahre Wesen und allesamt Meine lieben Kinder."„Ich bin nur auf den materiellen Weltkörpern etwas sparsam und halte Meine wahrhaftigen Bekenner und Nachfolger so kurz wie möglich, denn wo der Mensch die Wege des Lebens werk­tätig studieren muß, um sich auf diesen Wegen das ewige Leben anzueignen, dazu gehört kein voller Magen! Dafür bin Ich aber

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hier im Himmel die unendliche Freigebigkeit selbst, und es muß alles in höchster Fülle vorhanden sein. Und Ich wohne stets un­ter euch, bald bei dem einen, bald bei dem anderen."„Am Firmament aber gibt es ein Sternbild, genannt ,der Große Löwe'. Diese Gestirnsgruppe ist der überaus lichte, nahezu end­los große Schöpfungsraum, der dazu bestimmt ist, zu einer selig­sten Wohnstätte denen zu dienen, die in der Liebe, Selbstver­leugnung, Demut und Geduld bis ans Ende ihres Lebens behar­ren und gleich einem Löwen mutig um Meiner Liebe und Meines Namens willen mit aller Welt gekämpft haben. Der Hauptstern dieser Gestirnsgruppe (Regulus) ist der größte und herrlichste in der Unendlichkeit. Es ist die Mittelsonne aller Mittelsonnen, in der geistigen Welt die Gnadensonne genannt. Um diese Sonne kreisen alle anderen Sonnen des Universums, und dort bin ich selbst zumeist wesenhaft zu HauseV„Ein im Geiste vollkommen wiedergeborener Mensch ist Mir völlig ebenbürtig und kann aus sich in seiner Lebensfreiheit wol­len, was ihm in Meiner Ordnung nur immer beliebt, und es muß geschehen nach seinem freien Willen. In solchem lebensvollen­deten Zustand ist der Mensch dann nicht nur ein Herr der Krea­tur und der Elemente dieser Erde, sondern seine Herrlichkeit erstreckt sich dann, gleich der Meinigen, über die ganze Schöp­fung im endlosen Raum, und sein Wille kann den zahllosen Welten Gesetze vorschreiben, und sie werden befolgt. Denn seine verklärte Sehe durchdringt alles gleich der Meinigen, und sein klares Erkennen erschaut allenthalben die Bedürfnisse in aller Schöpfung und kann darauf verordnen, schaffen und helfen, wo und was es auch sei, denn et ist ja in allem eins mit M it." (GrEv IX 143,1-4. G S II 2,9 f., 3 ,7-8 ; 8,27. Hi II, S. 24,8-11. GrEv IV, 217,9.)

3. Karma und Wiedergeburt

Bevor ich auf das eigentliche Thema dieses Kapitels komme, möchte ich noch ein Wort zu dem Schicksal der Selbstmörder sagen. Die Zahl derer, die in der heutigen Zeit den Sinn dieses Lebens nicht mehr erkennen können, nimmt zu. Sie glauben, daß das „Nichts", in das sie nach ihrem Freitod zu versinken

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hoffen, ihnen Befreiung von ihren Problemen, Ruhe, Bewußt­losigkeit und erlösende Stille bescheren wird.Es wird mir manchmal schwer ums Herz, wenn ich daran denke, daß ein großer Teil dieser Lebensmüden, dieser Enttäuschten, dieser Lebensuntüchtigen vielleicht durch die Erkenntnisse der Neuoffenbarung wieder auf einen begehbaren Weg gebracht wer­den könnte, wäre ihnen klarzumachen, daß es sich zu leben lohnt, daß dieses oft so leidvolle Dasein nur Schein, nur eine Probezeit ist, daß wir für das leben, was „ danach" kommt. So manchem verzweifelten jungen Menschenkind könnte man da­mit wieder Mut machen, sich noch einmal dieses Kreuz auf die Schultern zu laden, und es würde merken, wie es von Schritt zu Schritt leichter wird, wenn das Ziel vor seinem inneren Auge steht. Wir erleben es so häufig, wenn wir mit jungen Menschen sprechen, ihnen klarmachen, warum sie in diese Welt gesetzt sind, daß die Augen plötzlich zu leuchten anfangen und sie atemlos zuhören, wenn wir ihnen von Gottes Wunderwelt er­zählen. Sie dürsten nach dem begreifbaren und verständlichen Gotteswort und bemühen sich, ihr Leben danach auszurichten. Sie sind es dann, welche die wiedergefundene Lehre vom Reich Gottes weiter ausbreiten könnten. Wir haben es aber auch erlebt, daß das Interesse lediglich wie Strohfeuer aufflackerte und das Weltliche wieder die Hand nach ihnen ausstreckte. Aber dennoch wird Gott keine zweite völlige Zerstörung des menschlichen Le­hens zulassen, sind es doch inzwischen zu viele, die von seinem Wort durchdrungen sind, die beglückt die Neuoffenbarung lesen und die Wahrheit dessen erkennen, was Gott uns verheißen hat.Könnten wir es doch allen sagen, was den Selbstmörder erwartet, der Liebe weder zu sich selbst noch zu anderen kennt! Könnten wir ihm sagen, daß das Leben für ihn nicht zu Ende ist, sondern daß es zu einem schrecklichen Erwachen kommen wird!Im GrEv schildert Jesus das Schicksal der Selbstmörder als ein so trauriges, daß ich mir und dem Leser diese Beschreibung er­sparen möchte. Ich will nur das eindringliche, mit großem Liebeernst gesprochene Jesuswort wiedergeben, das erahnen läßt, wie schwer sich derjenige versündigt, der eigenmächtig das ihm verliehene Leben zerstört. „Das Leben des Leibes ist das dem Menschen von Gott gegebene Mittel, durch welches er das Leben der Seele für ewig gewinnen soll und kann. Wenn aber der

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Mensch dieses Mittel vernichtet, womit soll er dann das Leben der Seele gewinnen? Wenn ein Weber seinen Webstuhl zerstört, wo und wie wird er danach seine Leinwand weben? Ich sage euch: Die Selbstmörder, wenn sie nicht Irrsinnige sind, werden schwerlich je oder nie das Reich des ewigen Lebens besitzen! Denn wer einmal ein solcher Feind seines Lebens ist, in dem ist keine Liebe zum Leben. Ein Leben ohne Liebe aber ist kein Le­ben, sondern der Tod. Ich werde aber eines jeden ernsten Stre- bens Hilfe, Kraft und Stütze sein. In der Zeit der Not werde Ich niemanden verlassen, der sich reuig an Mich wendet, dann wird die Hilfe nicht unterm Wege bleiben“ (VI 163,2).Da die Gründe, die zum Selbstmord führen, sehr verschieden sein können, wird Gott auch die Motive berücksichtigen, die zu diesem Schritt geführt haben. Der Selbstmord aus niederen Be­weggründen wird allerdings kaum jemals wieder völlig gutzu­machen sein; würde diese Tat aber in tiefster Verzweiflung, in Panik oder Angst begangen, so wird der Herr ganz sicher Wege finden, diesen armen Verirrten zu einigem Licht zu verhelfen. Zur Gotteskindschaft aber werden sie schwerlich gelangen.Eine Ausnahme bildet die Seele des Judas Ischariot, nach der sich im Jenseits ein ehemaliger Prior mitleidsvoll erkundigt, und von welcher der Herr in der „Geistigen Sonne" (II 7,11) sagt: „Höre, mein geliebter Sohn, es gibt nicht einen, sondern zwei Judas Ischariot. Der erste ist der Mensch, der mit Mir auf der Erde gelebt, und der andere ist der Satan, der in seiner damaligen Freiheit sidi diesen Menschen zinspflichtig gemacht hat. Dieser zweite Judas Ischariot ist wohl noch gar vollkommenst der Grund der alleruntersten Hölle — aber nicht also der Mensch Ischariot, denn diesem ward es vergeben, und inwieweit, brauchst du dich nur umzusehen. Denn derjenige, der soeben mit deinem Bruder spricht und nun auch einen Liebeverrat begeht, indem er deinem Bruder schon im voraus meine große Liebe zeigt, ist eben derjeni­ge Judas Ischariot, um den du besorgt warst.“

Wenden wir uns von diesem dunklen Schicksal der Selbstmörder zu dem, was in vielen Büchern mit Karma und Reinlcarnation, d. h. Wiedereinzeugung, bezeichnet wird. Dieser Seelenwande- rungs- und Schuldabtragungslehre der Brahmanen und der Buddhisten begegnen wir heute wieder in verstärktem Maße. Wir finden sie in den verschiedensten Abwandlungen. Der

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Grundgedanke der Karmalehre beruht auf der Annahme, daß die Seele des Menschen, als mit dem Urgeist Luzifer von Gott abge­fallen, schwere Schuld auf sich geladen habe, die nun in den Er­denleben des Menschen abgetragen werden müsse, durch Tragen des Kreuzes, durch Leiden und ein tätiges Leben im Sinne der Nächstenliebe. Erst wenn diese Schuld durch ein leidgeprüftes Leben in Demut und Liebe getilgt sei, könne sich die Seele wie­der zu Gott emporschwingen.D a aber zum Abtragen dieser Schuld ein einziges Erdenleben nicht ausreiche, so müsse die Seele sich immer wieder einkörpern lassen und zwar so oft, bis das ganze Karma abgetragen sei. Dies beweise der Sinn der Bibelworte (Matth. 5,26): „D u wirst von dannen nicht herauskommen, bis du den letzten Heller bezahlt hast."Ich gebe zu, daß diese Lehre nicht unwahrscheinlich klingt. Die Bücher der Dr. Gina Cerminara „D ie Welt der Seele“ und „Kaim a und Wiedergeburt“ sind in der in ihnen zum Ausdruck gebrach­ten Überzeugung ziemlich einleuchtend. Auch die „Readings" des ,,Schlafenden Propheten“ , des Amerikaners Edgar Cayce, der im hypnotischen Zustand nicht nur genaue Diagnosen erkrankter Mitmenschen stellen, sondern auch die Vorleben dieser Personen in visionärer Schau erkennen konnte, haben bestechende Aus­sagekraft. Noch heute, dreißig Jahre nach Cayces Tod, sind in Amerika ganze Ärzte-Teams bemüht, die von Cayce in mehr als 30 000 Fällen verordneten Heilmittel zu untersuchen und der modernen Medizin nutzbar zu machen. Auch die prophetischen Schauungen, was die geologischen Veränderungen auf unserem Planeten angeht, haben sich auf das Detail genau bewahrheitet, so daß man sehr wohl in Cayces Wirken eine Bestätigung der Karmalehre sehen könnte. Und dennoch haben sich bei mir Zweifel angemeldet. Nach Cayce müßte diese Lehre die Regel sein, ich glaube aber, nach sorgfältigem Studium der Neuoffen­barung, daß Reinkarnation wohl möglich und manchmal sogar notwendig, aber durchaus nicht die Regel sein muß. Wo bliebe da die von Christus verkündete Liebe, die durch den Kreuzestod alle uralte Schuld auf sich genommen und getilgt hat? Ich kann mir eine derartige Unerbittlichkeit Gottes, nach der die Schuld bis auf den letzten Heller abgetragen werden muß, einfach nicht vorstellen! Genügte doch ein sehnsuchtsvoller Blick des Verbre­chers Dismas am Kreuz zu Christus hin, um diesen die Verhei­

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ßung aussprechen zu lassen: „Wahrlich, ich sage dir, heute noch wirst du mit mir im Paradiese sein!"Befragen wir dazu also das Lorberwerk, in dem ich das Wort Karma nicht einmal habe finden können. Dr. Walter Lutz schreibt in „Grundfragen des Lebens" dazu: „Die Lorbersche Gottesoffenbarung kennt keinen Strafgott, der Gerechtigkeit und Schuldabtragung fordert, sondern einen himmlischen Vater, der seine unvollkommenen Kinder mit unendlicher Liebe und Er- barmung auf den wunderbarsten Wegen zur Seelenbildung und -Vollendung führt. Es wird daher in den Neuoffenbarungsschrif­ten nicht von Schuldabtragung, sondern von Läuterung und Ver­vollkommnung gesprochen. Die stoffliche Welt ist kein Schuld­turm, aus dem kein Schuldner ohne Zahlung herauskommt, sondern eine Schule, in welcher der Schüler je nach Leistung von Klasse zu Klasse aufsteigt. Und unsere sonderheitliche, im Er­denleben auf uns geladene Schuld wird uns vom Vater, gemäß seiner Verheißung, vergeben, sobald wir in wahrer Reue Ihn darum angehen. Müßten wir sie mit eigenen Werten und Ver­diensten abtragen, dann wäre es um uns, die wir nichts Gutes und Heilvolles aus eigenen Kräften tun können, wahrlich für immer geschehen! Die Wiedereinfleischung auf der stofflichen Ebene ist ja durchaus nicht der einzige Seelenbildungsweg, das einzige Mittel zur Vollendung."Ich glaube daher, daß Reinkarnation in Ausnahmefällen nur für diejenigen notwendig ist, die es immer noch, nicht begriffen ha­ben !Jesus selbst sagt dazu: „Ich habe nun die Tore zum Leben nicht nur für die auf der Erde Lebenden geöffnet, sondern auch für alle, die schon lange hinübergegangen sind. Und viele alte Sün­der werden noch eine neue, kurze Fleischlebensprobe durchzu­machen bekommen" (GrEv VI 65,2). „Es leben Menschen auf dieser Erde bereits das siebente Mal, und es geht ihnen nun besser. Sie werden aber nodi einige Weltkörper mit einem leich­teren leiblichen Überwurf durchzumachen haben, bis sie in die reingeistige Sphäre des unteren Paradieses aufgenommen wer­den, aus der es noch viele Stufen gibt bis in das innere, wahre Himmelreich" (Hi II, S. 446,8).In unvorstellbar vielfältiger Form, auf unfaßbar mannigfaltigen Wegen führt Gott seine Kinder zum Licht zurück. Und wieder einmal stehe ich ehrfürchtig vor dieser Größe, die mich meine

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Winzigkeit so recht erkennen läßt. Er wird uns aber alle zu sich heimholen, dessen bin ich sicher. Nur an uns liegt es, ob wir es ihm schwer oder leicht machen, ob wir einen langen Weg gehen müssen oder ob der Zeitpunkt nicht fern ist, an dem wir ihn, o Glück, schauen dürfen!

4. Spiritualismus und Parapsychologie

In der ganzen Welt macht sich diese Sehnsucht nach Mehrwissen, nach Erkenntnis, nach göttlicher Offenbarung bemerkbar. Aller­dings bedient man sich, um hinter den „Vorhang" schauen zu können, aus Unwissenheit oft seltsamer und nicht ungefährli­cher Mittel. Uber die Begriffe der Psi-Phänomene (Sammelbegriff für alle außersinnlichen Tatsachen), mit denen sich die Para­psychologie befaßt, ist in unseren Tagen mehr als genug ge­schrieben worden. Ich möchte dieses Gebiet daher nur so weit streifen, wie es mir zum Verständnis erforderlich zu sein scheint. Wenn Pfarrer Dr. Bergmann mit seinem Buch „ . . . und es gibt doch ein Jenseits" recht hat, gibt es zur Zeit 60 bis 90 Millionen Spiritualisten auf der Welt. Ich bin mir nicht ganz im klaren darüber, ob uns diese Zahl erschrecken oder erfreuen soll; immer­hin beweist sie das starke Interesse der Weltbürger an der Erfor­schung des Jenseits. U m so mehr sollte man sich der großen Gefahren dieser oft aus Neugierde und Sensationslust betriebe­nen Versuche bewußt werden. Daß mit Hilfe des Spiritismus, ich unterscheide hier absichtlich zwischen dem laienhaft betriebenen Spiritismus und dem durchaus ernst zu nehmenden Spiritualis­mus, tatsächlich zu Jenseitigen Verbindung aufgenommen wer­den kann, steht wohl außer Zweifel. Aber, ich muß hier unmittelbar an das Kapitel „Tod und Jenseits" anschließen und noch ausführlicher auf den Verbleib und Aufenthalt verstorbe­ner, aber noch erdgebundener Seelen zu sprechen kommen. Ru­dolf Steiner nennt diesen Bereich die „Begierdenregion". Der Ausdruck ist außerordentlich treffend gewählt, charakterisiert er doch plastisch den Grund dieser Erdgebundenheit. Seelen, die in großer Begierde nach der Welt und ihren Genüssen verstarben, werden oftmals rasend, wenn sie feststellen müssen, daß sie ihre

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alten Gewohnheiten nur zum Schein wiederaufnehmen können. Sie haben das drängende Verlangen, sich wieder in einem irdi­schen Körper einzunisten, um ungestört den alten Leidenschaften zu leben. Sie versuchen darum, sich mit allen Mitteln der dies­seitigen Welt mitzuteilen. Böse Geister dieser Art sind es deshalb auch, die sich vorwiegend durch Medien in spiritistischen Zirkeln bemerkbar machen und die Teilnehmer über ihre Identität täu­schen. Da sie die Gedanken und Wünsche derjenigen durchschau­en, die sich mit einem verstorbenen Angehörigen oder dem Geist einer bekannten Persönlichkeit in Verbindung setzen wol­len, nehmen sie häufig Stimme und Gewohnheitsmerkmale der herbeizitierten Geister an. Findet eine spiritistische Sitzung nicht unter kundiger Leitung und vor allem nicht in Form eines Got­tesdienstes statt, so sind die Teilnehmer durch die Sucht dieser Geister, sich geeigneter Körper zu bemächtigen, außerordentlich gefährdet. Die Auskünfte, die Geister dieser niederen Art ertei­len, entbehren ohnehin in den meisten Fällen jeder Wahrschein­lichkeit, sind sie doch in ihrer Entwicklung oftmals negativer zu bewerten als die Menschen selbst, die sich von ihnen Aufklärung erhoffen. Zur reinen Erkenntnis Gottes und seines Wirkens kön­nen diese Sitzungen nicht führen, im Gegenteil, sie stiften un­heilvolle Verwirrung. Dazu sagt Paulus in seinen Briefen: „Prü­fet zuvor die Geister, ob sie von Gott sind!" (1. Thess. 5,19—21.) Eine höhere Bedeutung ist dagegen solchen Zirkeln zuzugeste­hen, die die Heilung eines Besessenen oder allgemein die Hei­lung eines Menschen zum Ziel haben. Ich denke hier zunächst einmal an den hervorragenden amerikanischen Psychiater Dr. Carl Wickland, der über seine Bemühungen und jahrzehntelan­gen Erfahrungen mit Besessenen in dem Buch „ Dreißig Jahre unter den Toten" berichtet. Da dieses Thema durch das Buch und den Film „Der Exorzist" aktuell geworden ist und unsere Medi­zin dem Problem der Schizophrenie (Bewußtseinsspaltung), die sehr oft ein Fall von Besessenheit ist, noch immer hilflos gegen­übersteht, möchte ich hier ein wenig ausführlicher werden.Die Teufelsaustreibung, der Exorzismus, war bis vor kurzem fe­ster Bestandteil in der Unterrichtung junger katholischer Theo­logen. Er kam in der Praxis allerdings selten zur Anwendung, weil nicht jeder Priester automatisch auch ein fähiger Exorzist sein muß. Gerade diese Art der Heilung Besessener verlangt eine außerordentlich gefestigte und gläubige Haltung, ja sie verlangt

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meiner Ansicht nach sogar paranormale, mediale Fähigkeiten und einen unbedingten Gottesglauben. Solche starken Priester­persönlichkeiten aber sind genauso selten, wie es die hervorra­genden Ärzte sind; außerdem wird der Begriff der Besessenheit, obwohl biblisch begründet, in der modernen Medizin mit einem mitleidigen Lächeln abgetan. Wer glaubt denn heute noch an Geister?!Was aber die Schizophrenie und andere unerklärbare „Geistes­krankheiten", die richtiger Gemütskrankheiten heißen sollten, eigentlich sind, darauf weiß die Medizin keine Antwort. Unklar wird nur von Dissoziation oder Spaltung der Persönlichkeit ge­sprochen. Unsere neuzeitliche Seelenkunde scheint von einer re­gelrechten Geisterfurcht beherrscht zu sein, oder sie fürchtet den Spott der Öffentlichkeit, sonst könnte das Phänomen der Beses­senheit nicht so rundweg abgeleugnet werden.Daß es tatsächlich die Seelen verirrter und ratloser Neuankömm­linge in der feinstofflichen Welt sind, die diese Krankheitser­scheinungen hervorrufen, geht einleuchtend aus dem Bericht Dr. Wicklands hervor. Dieser gläubige und hingebungsvolle Arzt heilte in den Jahrzehnten seiner segensreichen Tätigkeit in Zu­sammenarbeit mit seiner medial veranlagten Frau ungezählte Fälle von Schizophrenie, indem sie in Heilungssitzungen die Be­sessenheitsgeister davon überzeugen konnten, daß sie in einem Materiekörper fehl am Platz seien und sich von den anwesenden Führungsgeistern belehren und fortführen lassen sollten. Elektro­schocks empfanden diese verirrten Seelen wie qualvolle Peit­schenhiebe und zeigten sich wild und beleidigt darüber. Manche fuhren nach einer solchen Behandlung sofort in den Körper des Mediums ein und äußerten sich, indem sie sich der Sprechwerk­zeuge von Frau Wickland bedienten, empört über die schlechte Behandlung.Anfangs fiel es mir schwer, diese Schilderungen zu begreifen. Nachdem ich aber in medizinischen Berichten gelesen habe, daß es für Krankheitsbilder wie Schizophrenie, Kleptomanie, Trunk­sucht, manisch-depressives Irresein, Schwermut, Katatonie, Hy­sterie und Epilepsie keinerlei medizinische Ursachenerklärungen gibt, daß nach der Obduktion von verstorbenen Geisteskranken das Gehirn keinerlei anatomisch-pathologische Veränderungen zeigt, wurde ich eher geneigt, den Ausführungen Dr. Wicklands Glauben zu schenken. Die Drogensucht als auslösender Faktor

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für Erkrankungen dieser Art macht es für mich dann vollends erklärbar, daß es Geistwesen sein müssen, die sich der seelischen Schwäche eines Menschen bedienen, um ihm ihren Willen auf­zuzwingen und Besitz von ihm zu ergreifen. Das „Stimmenhö­ren" vieler Patienten scheint mir dazu ein nachdrücklicher Be­weis zu sein. Kurzschluß- und Affekthandlungen nach Drogen­oder Alkoholgenuß haben ganz sicher mit einer solchen Ein­wohnerschaft zu tun. Auch die Aussage eines bei einer dieser Heilungssitzungen des Dr. Wickland zu Worte kommenden Gei­stes scheint mir durchaus ernst zu nehmen zu sein. Der Geist dieses jüngst verstorbenen Mannes war bestrebt, in der Nähe seiner sehr geliebten Frau zu bleiben und begleitete sie auf Schritt und Tritt. Er beobachtete, daß fast jeder Straßenpassant von einem ganzen Schwarm erdgebundener Geister umgeben war, die auf eine Gelegenheit warteten, sich dieses Körpers zu bemächtigen. Gibt sich ein Mensch einer Schwäche hin, so fährt eines dieser Wesen sofort in ihn ein und treibt ihn zu Handlun­gen, von denen er sich später selbst heftigst distanziert. Unsere Rechtsprechung berücksichtigt in zunehmendem Maße Handlun­gen, die in gestörter Zurechnungsfähigkeit begangen werden. In solchen Fällen kann man, nach Dr. Wickland, meist mit einer, wenn auch vorübergehenden, Besessenheit rechnen. Gibt ein Mensch seinen Schwächen zu sehr nach, so wird eine Dauerbe­sessenheit, eine Sucht daraus.Nachdem ich mir einen kleinen Gesamtüberblick über die Art des göttlichen Wirkens verschaffen konnte, finde ich diese Aus­führungen völlig einleuchtend, ist es doch alles Geist, was uns umgibt; Geist guter und Geist böser Natur. Die gesamte Funk­tion der Schöpfung geschieht ja mit Hilfe von Geistern. Sturm und Regen entstehen durch Erregung verschiedener Naturgeister, die gleichermaßen auf und in der Erde, im Wasser und in der Luft wirken. Und Schutzgeister behüten uns Menschen vor vie­len Gefahren, in die wir uns in unserer blinden Torheit hinein­begeben.Uber Sinn und Zweck der Besessenheit sagt Jesus in der N eu­offenbarung: „Es gibt Menschen, die von bösen Geistern auf eine Zcitlang, aber nur im Fleische, in Besitz genommen werden, oh­ne daß dadurch die bösen Geister der Seele eines solchen Beses­senen nur im geringsten dauernd schaden können. Die das Fleisch eines Menschen in Besitz nehmenden argen Geister sind

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Seelen verstorbener Menschen, die einst auf der Welt ein böses Leben geführt haben, und zwar wohl wissend, daß ihr Tun ein böses war.Diese an sich schlimm aussehenden Vorkommnisse in den glau­bensfinsteren Zeiten sind demnach eine Zulassung, damit die Ungläubigen darin eine derbe Mahnung erhalten, daß ihr U n ­glaube ein eitler ist, und daß es nach dem Abfall des Leibes ein Fortleben der Seele des Menschen gibt und sicher auch einen Gott, der die Bosheit und Dummheit der Menschen auch jenseits gar wohl zu züchtigen imstande ist.Der arge Geist, der da das Fleisch eines Menschen in Besitz nimmt, erfährt trotz seines bösen Sträubens für ihn kaum erträg­liche Demütigungen und wird darauf in sich sanfter und leichter. Die Zeugen vom Vorkommen solcher Zustände werden aus ih­rem zu materiellen und finsteren Lebenswandel wie mit Gewalt gerissen, fangen an, über Geistiges nachzudenken, und werden besser in ihrem Tun und Lassen.So hat diese unter den Menschen vorkommende und sehr schlimm aussehende Sache auch wieder in Zeiten der größten Glaubensnot ihr entschieden Gutes.Bei Menschen, die im lichtvoll-lebendigen Glauben sind, kommt das Besessensein gar nie vor, weil des Menschen Seele und der Geist in ihr auch den Leib so durchdringen, daß da kein fremder und etwa auch noch arger Geist in ein lauteres Fleisch dringen kann. Aber wo die Seele eines Menschen finster, fleischlich und materiell geworden ist und dadurch auch ängstlich und furcht­sam, krank und schwach, so daß sie einem fremden Eindringling keinen Widerstand leisten kann, geschieht es auch leicht, daß dann und wann die argen Seelen, die sich nach dem Austritt aus dem Leibe zumeist in jenen niederen Regionen dieser Erde auf­halten und ihr Unwesen treiben, wo die Menschen ihres Gelich­ters im Fleische leben, in den Leib eines schwachen Menschen dringen, sich zumeist im sinnlichsten (Teil, dem) Unterleib an­setzen und sich als fremde und arge Geister durch das Fleisch des Besessenen nach außen hin zu äußern anfangen" (GrEv VIII32,2-6.10).Zu der Heilmethode Dr. Wicklands möchte ich nur noch bemer­ken, daß es natürlich einen Glauben an die Unsterblichkeit vor­aussetzen würde, einen natürlichen Gottesglauben, sollte diese segensreiche Therapie auch in unseren Kliniken Fuß fassen. Bei

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dem zunehmenden Atheismus in den Kreisen der Ärzteschaft ist das aber nahezu undenkbar.Ihrem ganzen Wesen und Zustand nach ist diese Welt der un­reifen Geistwesen aber ein Notstands- und Missionsgebiet, das in gleicher Weise den priesterlichen wie den ärztlichen Seelsor­ger angeht. Eine hohe ärztliche und auch priesterliche Kraft sehe ich ferner im Wirken der vielen Geistheiler auf dieser Erde, von denen merkwürdigerweise hier in der Bundesrepublik Deutsch­land nur wenige Menschen etwas wissen oder wissen wollen. Wenn ich mich selbst nicht in unzähligen Fällen von der Wirk­samkeit dieser Heilmethode hätte überzeugen können — ich stand in regem Briefwechsel mit dem wohl berühmtesten Geist­heiler unserer Zeit, dem vor kurzem verstorbenen Mr. Harry Edwards in England —, so würde meine Skepsis sich vermutlich auch melden, billigt man doch der „klassischen" Medizin fast automatisch die Monopolstellung des Heilens zu. In seltenen Fällen nur, wie bei mir leider auch, hat der segensreiche Einfluß von Mr. Edwards versagt. Eine Besserung oder auch nur Linde­rung verspürten viele der leidenden Menschen, für die ich ihn um Hilfe bat, wenn die ärztliche Kunst versagte. Dabei ist mir überhaupt erst aufgefallen, wie oft ärztliche Hilfe nichts auszu­richten vermag. Meine Tochter erhielt ihr normales Augenlicht wieder, sie war auf dem einen Auge seit ihrer Geburt fast blind und mußte ständig eine starke Brille tragen. Eine alte Dame wurde vor der Operation bewahrt, als ihr das Bein wegen starker Durchblutungsstörungen amputiert werden sollte. Eine lebens­müde und -untüchtige Frau und Mutter wurde plötzlich aus ih­ren tiefen Depressionen gerissen und konnte wieder lachen. Ich könnte die Aufzählung lange fortsetzen! Auffallend ist dabei, daß diese Geistheilungen besonders bei Krankheitsbildern mit psychischer Ursache wirksam werden, auch in der Fernbehand­lung.Sicher wird an dieser Stelle mancher die Frage stellen, warum Harry Edwards nicht in allen Fällen helfen konnte. Ganz gewiß ist die Krankheit dann für das Seelenheil und die innere Reife dieser Menschen notwendig. In dem Kapitel „D ie Not als Lehre­rin" ist darüber gesprochen worden.Viele Phänomene, die in das Gebiet des Spiritualismus oder der Parapsychologie fallen, könnte man noch aufzählen. Ob es sich um die erregenden Musikkundgaben aus dem Jenseits durch das

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Medium Rosemary Brown handelt oder um die ans Wunderbare grenzenden Fähigkeiten des jüngst verstorbenen italienischen Pa­ters Pio, alle diese Ereignisse bekunden das Hereinragen der jen­seitigen, der transzendenten Welt in unser sichtbares Dasein. Und doch bin ich zu der Überzeugung gekommen, daß alle diese Beweise des Übernatürlichen nur ein kleines Stück weiter in der Erkenntnis, daß sie aber im eigentlichen Sinn nicht zum Glau- bensvßiständnis führen können. Jesus selbst drückt es im N eu­offenbarungswerk so aus: „Wie aber nur der unterrichtete Apo­theker versteht, was nach dem vorliegenden Rezept dem Kranken für eine Arznei zu bereiten ist, so soll auch in dieser wichtigen Sache, durch die eine Brücke zwischen der Sinnen- und Geister­welt bewerkstelligt werden soll, sich kein Laie lediglich aus wun­dersüchtiger Neugierde beifallen lassen, Experimente zu bewerk­stelligen, wozu ihm die Grundelemente fremd sind. Aber Sach­kundige und ernstlich vom besten Willen Belebte können die Experimente mit allem Fleiß durchführen und sollen nicht ru­hen, bis sich ihnen nicht nur der Vorhof, sondern auch der ganze Tempel des Lichtes aufgetan hat." (Zit. nach „Grundfragen", S. 15.)An anderer Stelle heißt es (GrEv VIII 108,10—14): „Ihr werdet damit die Menschen aber nur zu einem Ahnen vom Dasein Got­tes, aber nie zu seiner vollen Erkenntnis bringen. So ihr Meine Lehre klar und rein, wie ihr sie von Mir übernommen habt, euren Brüdern gebet, und sie euch hören und die Lehre anneh­men, werden Meine Worte, da sie Kraft, Macht und Leben in sich bergen, eine ganz andere Wirkung in den Herzen und Ge­mütern hervorbringen, als alle erdenklichen Beweise aus dem Bereich der materiellen Welt und ihrer Ordnung. Wenn dann die Menschen an M idi glauben und auch nach Meiner Lehre und Meinem Willen leben und handeln, so werden sie den wah­ren Lehrer, den göttlichen Geistesfunken, in sich selbst finden, der sie in alle anderen Wahrheiten führen wird.Wer Gott und sein ewiges Lebensreich finden will, muß also in seines Herzens stillem Kämmerlein in der Liebe zu Gott und zum Nächsten zu suchen anfangen. Wer da ernstlich sucht und nicht nachläßt, wird auch finden, was er ersehnt. Wer aber im Suchen lau wird, der wird das, was er mit geringer Mühe wohl haben möchte, auf dieser Welt und auch jenseits schwerlich oder gar nicht finden. Schicket daher Mein lebendiges Wort voraus

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und machet erst hinterher die, welche Mein Evangelium ange­nommen haben, auf den Grund und die Erscheinungen der N a­turdinge und ihre Ordnung in dieser Welt aufmerksam, so wer­det ihr die besten Erfolge ernten."„Wenn dein Glaube durch Werke lebendig wird, so wirst du durch diesen lebendigen Glauben nach und nach ins Schauen, Selbstfühlen und tiefst dich überzeugendes Erkennen übergehen. Und das ist für die Seele des Menschen um vieles besser, als so sie erst das als überzeugend wahr annimmt, was sie durch ihr eigenes Suchen und Forschen mühevoll auf dem Erfahrungsweg sich als eine Wahrheit zu eigen gemacht hat. Es ist wohl solch eine emsig forschende Seele auch ihres Lohnes wert, aber besser ist es, wenn eine Seele — so sie die Wahrheit aus dem Munde Gottes vernimmt — glaubt und danach tätig ist. Denn dadurch eint sie durch die Liebe Meinen Geist mit sich, der ihr in einer Stunde mehr der lichtvollsten Wahrheit geben wird, als sie sich auf dem Wege des eigenen Forschens in hundert Jahren erwerben kann" (GrEv IX 37,1-2).„Aber darum soll dennoch eine fromm-gläubige Seele das gerech­te Suchen und Forschen nicht auf die Seite setzen! Denn es soll ein jeder Mensch alles prüfen, was er von Menschen vernimmt, und das Gute, das auch allezeit wahr ist, behalten. Doch was leicht erkennbar von Mir selbst den Menschen geoffenbart wird, braucht der Mensch nicht viel zu prüfen, sondern nur zu glauben und danach zu handeln, und die lebendige Wirkung wird sich ihm bald sehr bemerkbar machen" (GrEv IX 37,2).„Wer an Mich glaubt, Meinen Willen tut und Mich über alles und seinen Nächsten wie sich selbst liebt, zu dem werde Ich selbst kommen und Mich ihm treulich offenbaren" (Ev. Joh. der Bibel: 14,21. / GrEv III 225,8).

5. Armut und Reichtum

Ein menschliches Problem erster Ordnung stellt die nach Ansicht der meisten Erdenbürger höchst ungerechte Verteilung von Ar­mut und Reichtum in dieser Welt dar. Nicht immer zeigt sich der Wunsch nach dem Besitz größerer irdischer Güter in so lie­

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benswürdiger Form wie in dem Lied des Milchmanns Tewje in dem Musical „Anatewka" (Wenn ich einmal reich w ar '. . . ) . Neid und Mißgunst sind von jeher Triebfedern zu gewaltsamem Tun gewesen; auch die großen Weltrevolutionen sogen letzten Endes ihre umstürzlerischen Parolen aus diesen negativen Quellen. Die Thesen der kommunistischen und bolschewistischen Propaganda ähneln nur scheinbar den Grundsätzen christlicher Ethik. Sie ha­ben keine Verwurzelung in der Religiosität, weshalb auch alle weltlichen Idealismen nur mit Grausamkeit und Gewalt in die Tat umzusetzen sind. Haben sie sich dann durchgesetzt, so wird festzustellen sein, daß sich an den Verhältnissen selbst nichts ge­ändert, daß die Revolution nur andere Bevölkerungsschichten nach oben gespült hat. Die Mißstände sind durch neue Mißstän­de ersetzt worden, wie aus dem Buch „Archipel Gulag“ von Alexander Solschenizyn eindeutig hervorgeht. Der wahrhaft reli­giöse, von Gott durchdrungene Mensch bedarf keiner Umstürze, keiner Machtverschiebungen, keiner Revolten und keiner kämp­ferischen Maßnahmen. Der wahrhaft fromme, dem Willen Got­tes ergebene Mensch begreift die Unterschiedlichkeit in der Verteilung irdischer Güter als notwendige Vorsorge der göttlichen Vorsehung. Ich sehe ein, daß ich diese Behauptung begründen muß. Vielleicht ist der Leser inzwischen so vertraut mit den Gedankengängen der irdischen Seelenbildung, daß der notwen­dige Unterschied in den wirtschaftlichen Verhältnissen der Men­schen von selbst einleuchtet.Bei seelischen Störungen pflegen Psychologen oder Psychiater in einer Psycho-Analyse die Traumen, d. h. die Verletzungen des menschlichen Seelenlebens bis zur Geburt hin zu erforschen. Ich halte dagegen, daß man viel weiter zurückgehen muß. Das Trau­ma, die Mängel bringt eine Seele in den meisten Fällen bereits auf diese Welt mit. Wohl spricht man von vorgeburtlichen Schä­den, meint damit aber Verletzungen, die die Seele des ungebore­nen Kindes im Mutterleib durch irgendwelche Einflüsse erleidet. Um den Fall recht zu beleuchten, muß man weiter ausholen: Die Seele kommt unreif und mit mehr oder weniger großen Fehlern behaftet auf diese Welt, um in der für sie sorgsam ausgesuchten Umgebung, in die sie hineingeboren wird, diese Mängel abzu­schleifen und sich über ihre Schwächen zu erheben. Natürlich sind die Erkenntnisse der psychologischen Forschung nicht un­richtig, aber sie treffen oft nicht den Kern, weil ein vorirdisches

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Dasein nicht in Betracht gezogen wird. Viele Psychologen haben bereits die Unzulänglichkeit der nachgeburtlichen Analysen er­kannt und versuchen auf dem Weg der Hypnose, die Erinnerung einer Seele an ihre Vorexistenz zu erweitern.Ich glaube, daß man sich diese Mühe ersparen könnte, würde man mehr verstehen lernen, warum ein Mensch gerade in diese, seine spezielle Lebenssituation hineingeboren wurde, was er an den Verhältnissen, den Angehörigen, den „Bezugspersonen" ler­nen sollte, um einmal eine dieser seelenlosen Wortschöpfungen aus der modernen Psychologie zu benutzen. Psychologie ohne Einbeziehung des Göttlichen, ohne Erkennen des Ursächlichen muß aber zur Phrase werden, zur toten Wissenschaft!Da die Menschenseele im allgemeinen stark mit satanischen Merkmalen ausgestattet, mit Hochmut und Geltungstrieb bela­den auf diese Welt kommt, muß das Erdenleben vorwiegend als Demutsschule bewertet werden, in der die Seele in Zustände und Verhältnisse geführt wird, die den Widergeist gegen Gott schwä­chen oder ihn gar beseitigen sollen. Armut ist auch eine dieser Maßnahmen zur Demütigung. Im GrEv (V 232,3—13) schildert Jesus die Wiedereinzeugung eines früheren stolzen hinterasiati­schen Königs als Sohn einer armen Mutter, seine Demutsschule als ehrlicher, tüchtiger Tagelöhner und seine volle Umkehr zu Gott nach vollbrachtem arbeitsamen Erdenleben.„Armut und Not entschuldigen nicht Diebstahl, Raub und Tot­schlag", sagt der Herr, „würden sich die Menschen in der Not an Mich wenden — lasse Ich sie ihnen doch aus eben diesem Grunde zukommen —, so würde ihnen auch allezeit geholfen werden" (GrEv IV 79,2).An die Dienenden wendet sich der Apostel Paulus in einem Biief an die Gemeinde in Laodizea (wiedergeoffenbart an Jakob Lor­ber) mit folgenden Worten: „Euch Knechten und Dienern eurer Herren sage ich, seid gehorsam in allen Dingen, die nicht wider Christus sind, aber nicht alleinigem Augendienste, um dadurdi euren Herren zu gefallen, sondern in wahrer Einfalt eures Her­zens und in stetiger Gottesfurcht! Alles aber, das ihr verrichtet euren Herren, das verrichtet so, als dientet ihr Christo dem Herrn in aller Treue eures Herzens. Aber nicht, als dientet ihr den Menschen, so werdet ihr auch einst von Ihm den Lohn der Herr­lichkeit überkommen. Wer von euch aber Unrecht verübet an seiner Herrschaft, der tut es gleichermaßen an dem Herrn. Der

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Herr aber sieht nicht darauf, ob jemand ist Herr oder Knecht, sondern allein auf das Werk und auf des Werkes Grund, und Er wird euch dereinst geben den gebührenden Lohn" (III, 32—35). Der Jünger Johannes sagt: „Wir lesen nirgends in der Schrift die Aufforderung, daß wir uns über die Güter der Reichen herma­chen sollen. Der Herr selbst spricht: ,Gebet dem Kaiser, was des Kaisers ist!' So befiehlt Er auch nicht dem reichen Jüngling, seine Güter zu verkaufen, sondern erteilt ihm nur den freundlichen Rat, nebst der Verheißung des ewigen Lebens" (GS II 84,4).Zu einer irdisch armen Gottsucherin sagt Jesus: „Sei allezeit hei­ter in deiner Dürftigkeit, denn je geringeren Anteil jemand hat an der Welt, desto näher ist er bei Mir, und um so mehr hat er in Mir seinen ewigen, unvergänglichen Anteil zu hohen Zinsen angelegt. — Daher sei fröhlich, denn Ich bin dir näher, als du es wähnest!" (Hi I, S. 409,8.)Immer und immer wieder teilt Jesus uns mit, daß alle Art von Mißständen, alle Prüfungen, in welche die Menschen geraten, allezeit nur den einzigen Grund haben, den Boden zu bereiten, damit Sein Same aufgehen kann. Aus dieser Sicht gesehen, ver­liert alles Geschehen dieser Welt den Anschein der Ungerechtig­keit, der Unangemessenheit, und die Frage nach der Güte Gottes beantwortet sich von selbst! Würde sich jeder nach einem schreck­lichen Erlebnis, nach einem schweren Schicksalsschlag die Frage stellen, was Gott ihm damit klarmachen, wovor er ihn warnen wollte, wir Menschen würden uns sehr schnell als die eigentli­chen Verursacher dieser göttlichen Mahnungen begreifen. Reich­tum, der durch Raffgier und Unmäßigkeit zusammengetragen wurde, wird wohl von Gott aus zugelassen, weil die Freiheit des menschlichen Willens nicht beschnitten werden darf. Wie schnell zerrinnt dieser unangemessene Erwerb oftmals aber wieder unter den Händen, falls Gott dieser Seele zu ihrem Heil noch eine Chance der Besserung zubilligt.Den Menschen, die das Erdendasein im Wohlleben und trügeri­schen Glück verbringen, scheint der Herr allerdings im Jenseits keine günstigen Aussichten einzuräumen: „Wer aber nur für sich und seine Kinder arbeitet und sorgt, und sich auch nicht scheut, ungerechtes Gut an sich zu ziehen, der wird keinen Segen von Mir zu erwarten haben. Hat er doch diesseits alles genossen, was ihm an Seligkeit zusteht!" (GrEv VI 227,7.)Sehr drastisch drückt Jesus sich an anderer Stelle aus und ver­

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gleicht den übersatten Menschen mit einem fetten Mastochsen, der der Aufnahme eines tieferen Wortes nicht fähig ist, weil seine, in faule Trägheit übergegangene Seele keinen lichten Ge­danken mehr hervorbringen kann. Das sind dann die für Gott wahren Toten. Jesus meint auch stets mit den Toten die „im Geiste Toten", niemals aber die Verstorbenen, denn das sind nach Gottes Wort diejenigen, die der „Auferstehung harren". Aber er sagt auch: „Ich bin nicht nur ein Freund der Armen, son­dern auch der Reichen, wenn sie ihren Reichtum nach der wah­ren Absicht Gottes gebrauchen. Wer reich ist, der tue also, und er wird leben“ (GrEv VI 227,10).

6. Gefangenschaft

Wir wollen noch ein wenig bei den notwendigen, von Gott ein­gerichteten Demutsschulen verweilen, die es in Fülle auf dieser Erde gibt. Inzwischen ist es nun schon ziemlich klar geworden, daß die aus der Satanseele aufsteigenden Lebenspotenzen, ob sie aus dem Pflanzen-, Tier- oder Menschenreich zu Gott emporstei­gen, nicht anders als durch harte Maßnahmen geläutert werden können. Der Lebenskampf in der Natur ist dafür ein eindrucks­voller Beweis. Nach der Aussage des Lorberwerkes gibt es diese Einrichtung des „Fressen und Gefressenwerdens" ebenfalls nur auf diesem Planeten mit seiner besonderen und einmaligen Auf­gabe im Großen Weltenmenschen. Plaben wir das verstanden, so wird auch die Einrichtung der Gefängnisse und Bewahranstal­ten in einem anderen Licht zu sehen sein, als man es bisher gewohnt war.Jeder Mensch, der mit anderen in einer Gemeinschaft lebt, muß sich in eine ganz bestimmte Ordnung einfügen. Ohne diese Ord­nung wäre ein Zusammenleben vieler Menschen gar nicht denk­bar. Jede Gesetzgebung ist an eine Religion gebunden oder geht zumindest daraus hervor.Gott bedient sich der staatlichen und bürgerlichen Gesetzgebung, um dem Menschen, der in seinem Aufstieg aus der dumpfen Materie zum freien göttlichen Leben erst auf einer Zwischenstufe steht, die groben Schranken zu setzen, innerhalb derer er sich

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bewegen muß. Erst wenn durch, die rauhe Feile der Gesetze die meisten und gröbsten Irrtümer, wie Hochmut, Raffgier, Genuß- und Herrschsucht, Neid, Zorn, Haß und viele andere mehr, abge­feilt sind, ist der Mensch imstande, das Wort Gottes in sich auf­zunehmen. Dieses Wort Gottes ist der heilsame Balsam, den der himmlische Vater dann für seine Kinder bereithält.Jesus sagt zu einigen Freunden (GrEv VIII, 22,5—6): „Was eure Staatsgesetze betrifft, so sollen sie bestehen für die gewöhnlichen Menschen. Denn so lange der Mensch nicht im Geiste wiederge­boren ist, sind ihm äußere Staatsgesetze nötig, weil sie ihn in der Demut und Geduld üben. Anderenteils halten sie den argen Menschen davon ab, seinem Mitmenschen Böses in zu großem Maße zuzufügen, indem sie mit scharfgezogenen Linien jedem das Seinige zuweisen und den mutwillig Dawiderhandelnden züchtigen. Darum sage Ich euch auch, bleibet der weltlichen Macht untertan, ob sie euch gut oder böse dünkt, denn ihre Ge­walt ist ihr von oben verliehen! Wer aber einmal im Geiste wie­dergeboren ist, den wird so wenig wie Mich selbst ein weltliches Gesetz mehr beirren."Jesus sagt aber auch, daß die Weltgesetze gut und gerecht und nicht verdammend, sondern der kranken Menschenseele heilsam sein sollen. Dort, wo eine grausame und willkürliche Gesetzge­bung herrscht, müssen wohl die Menschen noch besonders blind und der Materie verhaftet sein, sonst wäre eine so harte Zucht­rute sicher nicht nötig!Eine Staatsordnung muß aber sein, auch wenn sie große Mängel aufweist, hat doch jeder einzelne Mensch das Schicksal zu ertra­gen, das der Läuterung seiner Seele zuträglich ist.Gefängnisse sind ein durchaus notwendiges Übel, welches er­möglicht, sehr ansteckend kranke Seelen von den gesunden ab­zusondern und sie so lange in Gewahrsam zu halten, bis sie von Grund auf geheilt sind. Aber nicht Zorn und Rachedurst dürfen die Gefängnisse regieren, die ja Krankenhäuser für die Seele sein sollen, sondern die Nächstenliebe. Oft ist bei seelisch schwer Kranken eine bittere Arznei vonnöten, die ihm jedoch nicht vor­enthalten werden darf, weil sie zur Heilung des Patienten unbe­dingt notwendig ist. Bestimmt jedoch die Liebe die Dosierung der Arznei, so wird für beide Teile die erwünschte Heilung viel Segen bringen.Wer das Vorangegangene gründlich überdacht und auch verstan­

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den hat, der wird sicher einsehen, daß es Justizirrtümer, die ja immer wieder Vorkommen, im geistigen Sinn gar nicht gibt. Denn Gott kennt keinen Justizirrtum! Diese allerbitterste Medi­zin einer unschuldigen Verurteilung ist für manche Seele not­wendig, damit sie in der kurzen Zeit ihres Erdenlebens noch die Möglichkeit erhält, die nötige Selbstverleugnung und Demut zu erlernen, um vor Gott bestehen zu können. Diese harte Schule ist eine große Gnade für den Betroffenen, da eine Entwicklung mit gleichem Ziel im Jenseits unverhältnismäßig länger dauern würde.Aus den Gesprächen mit einem ehemaligen Häftling hat sich mir ein Leidensweg erschlossen, den ich als Musterbeispiel dafür hinstellen möchte, wie schwer es selbst einer im Kern guten Seele fällt, hartnäckige Mängel, die ihr noch anhaften, abzulegen, und was für drastischer Maßnahmen sich Gott dabei bedienen muß, um einen Menschen reif für die Aufnahme seines Wortes zu machen:Eine stark mit Hochmut behaftete Seele wird unehelich in sehr mißliche Verhältnisse hineingeboren. Die Fehlverbindung zwi­schen angehendem Akademiker und Fabrikarbeiterin schaffen in dem Kind ein Erbteil, das vorwiegend zusammengesetzt ist aus der Intelligenz des Vaters und der moralischen Haltlosigkeit der Mutter. Es wird unehelich in die ungeordnete mütterliche U m ­gebung hineingeboren, obwohl der Trieb zu geordnetem Leben und Wohlangesehenheit stark ausgeprägt ist. Diese junge Seele gerät nun von Anfang an in unerträgliche Zustände, die in ihrer demütigenden Wirkung immer und immer wieder Jähzorn- und Kurzschlußreaktionen auslösen. Dadurch kommt der heranwach­sende junge Mensch in immer stärkere Schwierigkeiten; Kleinig­keiten bringen ihn in ungerecht erscheinende Situationen, er kommt mit dem Gesetz in Konflikt, wird in der Nazizeit un­menschlich und grausam behandelt und verschlechtert seine Lage ständig selbst durch seinen immer wieder aufsteigenden Jäh­zorn. Haß stellt sich ein, das Gefühl des ungerecht Behandelt­seins. Immer und immer wieder rebelliert er, lehnt er sich auf, wird dafür unmäßig hart bestraft, bis sich der angestaute Groll entlädt und er in einer Streitigkeit in Notwehr zu hart zuschlägt und einen Menschen tötet.Die Erschütterung nach dem Erwachen in dieser schrecklichen Situation läßt ihn am Leben verzweifeln! Er muß mit Gewalt

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am Selbstmord gehindert werden. Diese im Kern gute, daneben aber stark widergeordnete Seele ist mürbe geworden, und nun bahnt sich der Umschwung an. Der Häftling wird zum Segen seiner Mitgefangenen. Er studiert das Gesetz, um anderen bei Gesuchen um Wiederaufnahmeverfahren und dergleichen helfen zu können. Hier kommt ihm seine Intelligenz zugute. Er ver­steht es wie kein zweiter, Kollegen die im „Haftkoller" durch­drehen und die Einrichtung ihrer Zellen kurz und klein schlagen, wieder zur Vernunft zu bringen. Aber noch bleibt der Haß, der Haß auf die Ungerechtigkeit der Gesellschaft, die ihn seiner Mei­nung nach in diese Lage gebracht hat. Ahnt er doch nicht, warum er diesen Leidensweg hat gehen müssen. Er hadert mit Gott, der ihn von Geburt an in diese „verkorksten" Verhältnisse gesetzt hat, anderseits sucht er aber nach der Wahrheit. Vorzeitig wird er wegen guter Führung entlassen, und dann wird ihm eines Ta­ges jemand über den Weg geschickt, der ihm den Sinn seines Schicksals erklären kann, und plötzlich begreift diese Seele und akzeptiert nachträglich die harten göttlichen Maßnahmen. Nun ist der Weg frei zu einem erträglicheren Dasein.Ich denke, der hartgeprüfte Mann wird nur noch mit gelegent­lichen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, die ihn auf die Probe stellen sollen. Es sieht so aus, als werde er jetzt sein Leben be­stehen können, solange er den einmal eingeschlagenen Weg zu Gott nicht wieder verläßt. Das Lebensziel wäre dann erreicht!

Da die Maßnahmen Gottes, wie wir bereits besprochen haben, niemals eine eingleisige Wirkung haben, muß auch die Aufgabe des in Freiheit lebenden Staatsbürgers angesprochen werden. Sei­ne Sache ist es wiederum, dem Gestrauchelten Hilfestellung zu leisten und selbst da Mitgefühl walten zu lassen, wo Besserung nach menschlichem Ermessen kaum zu erwarten ist.„D u sollst nicht siebenmal vergeben", sagt Christus, „sondern siebenmal siebenzigmal!" Das heißt, du sollst immer und immer wieder einem Menschen eine Chance geben, solange er sich reuig um Besserung bemüht, selbst wenn er immer wieder strau­chelt.Zu einem römischen Hauptmann sagt Jesus: „Siehe, in Mir ist alle Macht und Gewalt über Himmel und Erden. Ich könnte Mei­ne Widersacher alle mit einem Gedanken vernichten, und den­noch ertrage Ich sie mit aller Geduld bis zu der Zeit, da ihr Maß

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voll wird. — Auch Mich erzürnen die Menschen und machen durch ihre Unverbesserlichkeit Mein Herz traurig. Aber Ich er­trage sie dennoch und züchtige sie stets nur mit Liebe, auf daß sie sich bessern und eingehen möchten ins Reich des ewigen Le­bens. — Willst du demnach ein rechter Richter sein, so mußt du Mir auch darin nachfolgen!" (GrEv II 164,5.6.)Eine hartumstrittene Sache in unseren Tagen ist die immer wie­der von neuem geforderte Wiedereinführung der Todesstrafe.Es ist schon eine Reihe von Jahren her, daß mir die Memoiren eines Scharfrichters in die Hände kamen. Ich las sie mit großer Erschütterung! Er hatte nicht freiwillig dieses Amt übernom­men, es blieb dem geächteten Sohn eines verachteten Henkers nur keine andere Wahl des Broterwerbs. Ich habe keine Einzel­heiten dieses Buches mehr im Gedächtnis, nur das habe ich be­halten, daß es eine einzige Anklage gegen die Menschheit ent­hielt, gegen eine Gesellschaft, die gedankenlos am Stammtisch, im gut gepolsterten Sessel oder in der Sicherheit des Amtszim­mers Todesurteile forderte und unterschrieb.„Seid einmal selbst dabei", forderte dieser humane Vollstrecker des Todes, „erlebt einmal die furchtbare Spannung in einer Haft­anstalt, wenn Hammerschläge durch das Haus dröhnen, die das Gerüst Zusammenzimmern, wenn die Gefangenen hinter ver­schlossenen Türen rasen, wenn ein Höllenlärm aus jeder Zelle den Protest der Menschen hinausschreit, aus deren Mitte einer zum Tod geführt werden soll!"Wie manchem Richter, wie manchem Anwalt, der von Amts we­gen der Exekution beizuwohnen hatte, versagten die Nerven, als sie selbst erleben mußten, was ihnen von der Anonymität des Schreibtisches aus so gerechtfertigt und nicht einmal des Nach­denkens wert erschien. Ein Mensch wurde um sein Leben ge­bracht, und denen, die es mitansehen mußten, schlug es die Knie unter dem Leib fort! Plötzlich standen sie dem Tod von Ange­sicht zu Angesicht gegenüber, und sie begannen vor ihrer Verant­wortung zu zittern. Hier fühlten sie dumpf, daß sie nicht befugt waren, den Richter über Leben und Tod zu spielen, hier wurden sie klein und erbärmlich, hier waren sie ein winziges Bündel Mensch, das sich mit einemmal so gern vor dieser Verantwor­tung gedrückt hätte!„Ich aber", sagte der Henker, „ich mußte es tun, was sie nur mit- anzusehen brauchten. Ich war es, der zuletzt in diese Gesichter

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sah, die bleich vor Furcht, resigniert, verzweifelt, von Haß ent­stellt oder still in Gott ergeben, darauf warteten, daß ich ihnen den Strick um den Hals legte. Mich haben sie verflucht, ange- spien, um Gnade angefleht, und ich konnte nichts anderes tun, als es ihnen so leicht wie möglich zu machen. Ich habe mein Amt gehaßt1."Mag sein, daß es nicht die gleichen Worte waren, die in dem Buch standen, aber der Sinn war derselbe.Würdest du es tun . . . und du . . . und du, der du jetzt diese Zei­len liest — würdest du es tun, wenn du dazu bestellt würdest? Würdest du, selbst wenn du dich vorher stark gefühlt hast, nicht im letzten Augenblick auf dem Absatz kehrtmachen? Und wenn du es gut mit dir selbst meinst, dann läufst du davon, so weit dich deine Füße tragen, und du tust recht daran, denn niemand darf ein Richter sein, als nur der Herr allen Lebens, als nur Gott allein!„M ir", spricht der Herr, „steht wohl von Ewigkeit das Recht zu, alles Menschengeschlecht dem Fleische nach zu töten, und Ich bin sonach ein Scharfrichter aller materiellen Kreatur in der gan­zen Unendlichkeit. Aber, was Ich töte der Materie nach, das m a­che Ich geistig wieder auf ewig lebendig!" (GrEv VII 94,4.) Und weiter belehrt Jesus den römischen Hauptmann in seiner Richterfunktion: „Glaube nicht, daß du dir einen Feind vom Hal­se schaffst, wenn du ihn tötest! Denn war er dir im Erdenleben nur ein einfacher Feind, so wird er dir nach dem Leibestode ein hundertfacher werden und dich quälen dein Leben lang, und du wirst so leicht kein Mittel finden, das dich befreiete von deinem unsichtbaren Feinde" (GrEv II 164,3).Ein erleuchteter, Gott ergebener Oberpriester formuliert es ähn­lich im GrEv (I): „Am schlechtesten wirkt die Todesstrafe! Denn was nützt es, jemandes Leib zu töten, wenn man seine Seele, sei­nen Geist, in denen die eigentliche Kraft zum Wirken und Han­deln vorhanden ist, nicht gefangenhalten kann?! — Wer da glaubt, daß er sich seines Feindes entledigt habe, so er dessen Leib tötete, der ist mit Blindheit geschlagen! Denn eben dadurch hat er sich aus einem schwachen Feinde, den er sehen konnte, viele unsichtbare Feinde gemacht, die ihn dann Tag und Nacht verfolgen" (Kap. 79,6—7).Nur in Ausnahmefällen erlaubt Jesus das Töten eines Menschen, wenn ein zum Tod verurteilter Verbrecher sich nach Jahren

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wohlgemeinter Besserungsversuche nicht einsichtiger zeigt, wenn er auch dann noch eine Gefahr für seine Mitmenschen darstellt. Aber auch dann empfiehlt Jesus, ihn lieber in festem Gewahrsam zu halten, aus eben den Gründen, die zuvor angesprochen wur­den. Den Rachegelüsten eines Getöteten sind im Jenseits keine Grenzen gesetzt, und mit Sicherheit werden die Geister im Haß Hinüb ergegangener sich der Gemüter empfänglicher Gefängnis­insassen zu bemächtigen sudien! Gefangenenrevolten und -Unru­hen sind dann die unausbleibliche Folge.Erlaubt ist von Gott nur das Töten aus Gründen der Notwehr zur Wahrung des eigenen Lebens und als Verteidigungsmaßnah­me in aufgezwungenen und unvermeidlichen Kriegen.

7. Krieg und Gewalt

Daß in der materiellen Schöpfung niemals nach der Außenseite beurteilt werden darf, wenn man nach dem eigentlichen inneren Wesenskern fragt, ist inzwischen sonnenklar geworden. Beide können in dem scheinbar größten Widerspruch zueinander ste­hen, weil sie sich oftmals polar, das heißt entgegengesetzt zuein­ander verhalten. Treten diese Widersprüche zu kraß auf, so glaubt man, unerklärlichen Gegensätzen gegenüberzustehen, die mit der göttlichen Ordnung der Bibel nicht in Einklang zu brin­gen sind. Warum läßt Gott denn zu, daß getötet wird, wenn er es auf der anderen Seite verbietet, warum duldet er das Elend in Vietnam, die Napalmbomben, die Grausamkeiten an unschuldi­gen Frauen und Kindern? Warum läßt Gott überhaupt Kriege zu?!Diese Fragen sind es immer wieder, mit denen selbst nachden­kende Menschen nicht zurechtkommen und in dem Zusammen­hang sofort die Gerechtigkeit Gottes in Zweifel ziehen. „Wie steht der römische Soldat, dessen Gewerbe der erlaubte Mord ist, in seiner äußeren, menschlichen Stellung", fragten die Jünger den Herrn, als ihnen auf der Straße von Jericho nach Jerusalem ein größerer Trupp römischer Soldaten entgegenkam. „Warum läßt Du den Krieg zu, wodurch so viele blühende Menschenleben und Existenzen vernichtet, die Seelen verroht und oft gänzlich

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verdorben werden? Wie kannst Du zulassen, daß eine Seele, die Du zuvor mit dem göttlichen Geistesfunken beschenkt hast, sich in solche Verkehrtheiten verstrickt?" (GrEv XI, Kap. 59.)„Ihr glaubet hier keine Erklärung entdecken zu können", sagte Jesus, „denn wenn Ich auch auf den freien Willen des Menschen hinweise, so werdet ihr dagegen fragen, ob es denn notwendig von Mir sei, den Menschen so viel Freiheit zu gestatten, daß sie diese zu Mord und Totschlag benutzen. Und ob es nicht besser wäre, diese Freiheit wenigstens dahin zu beschränken, daß sie nicht benutzt werde zu soviel unredlichem Wehe und Leid auf Erden? Ja, ihr werdet fragen, kann die Gottheit, welche die wahr­hafte Liebe ist, bei so unendlich vielem Unglück und fürchterlich­stem Elend, wie es sich die Menschen zubereiten, so ruhig zu­schauen, ohne zu zucken oder Halt zu gebieten? Muß diese an­geblich liebevolle Gottheit nicht eine gefühllose Gottheit sein, die eine Art Freude empfindet am ruhigen Zuschauen, wie sich ihre Geschöpfe zerfleischen? Ein jeder Mensch würde, so ihm die Kraft dazu gegeben ist, bei so vielem Elend nicht ruhig zusehen, sondern das Mitleid allein würde ihn schon zwingen, hinzusprin­gen und mit heiligstem Ernst den streitenden Parteien ein Halt zu gebieten. Warum tut das die Gottheit nicht, die doch über alle Kräfte gebietet? — Sehet, so fragt gar manche zagende Seele, in die schon viel Meines hellsten Lichtes geflossen ist! Sie wird zweifeln an der wahren Liebe und sogar an dem Vorhandensein eines Got­tes der Liebe, verirrt sich in allerhand Abgründe des Zweifels und fällt schließlich von dem wahren Glauben ab. Ich will euch aber ein Licht geben!"Jesus erklärt den Jüngern nun, daß Menschen, die erst kurz aus dem Tierreich emporgestiegen sind, auf ihrer schier endlos lan­gen Reise durch das Mineral-, Pflanzen- und Tierreich noch viel von dem Prinzip des „Fressen und Gefressenwerdens" an sich haben, daß ihre Lebensbahn noch den Zerstörungssinn ein­schließt. Sie stehen noch auf dem Stand der Naturbeobachtung, die sie das Recht des Stärkeren lehrt; um seelische Entwicklun­gen kümmern sie sich noch nicht, ahmen daher den Kampf in der Natur nach, können dabei aber recht gute Menschen sein, so­lange sie keinen wirklichen oder eingebildeten Feind vor sich se­hen, dem sie dann allerdings als erbitterter Gegner gegenüber­stehen.„Diese Erziehung jedoch muß Ich walten lassen, weil das Erken-

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ncn des inneren Kemes nur möglich ist, wenn die harten äuße­ren Schalen des Menschengeistes durchdrungen sind, der nicht anders zu erwecken ist als durch die Erfahrung, denn durch Er­fahrung lernt der Schüler mehr als durch hundert auswendig ge­lernte, unerprobte Regeln. Die Erde ist aber ein Schulhaus, in dem die Geister durch Erfahrung klug werden sollen. Meine Stimme kann aber in der Menschenseele meistens dann erst klar ertönen, wenn diese durch viele bittere Erfahrungen aller Art verinnerlicht wurde. Will also die Menschheit durch äußere Kämpfe und Kriege hindurchgehen, in denen es sich nur darum handelt, eine möglichst große Machtstellung zu behaupten oder zu erringen, so wird die Erfahrung sehr bald lehren, wie wenig Glück und Zufriedenheit sowie innere Geistesentwicklung mög­lich ist, wenn Kriegsgeschrei die Länder durchtobt und alle Le­bensfreuden untergräbt.In späteren Zeiten wird denn auch der Krieg als ein Unding, als ein dem Menschen verabscheuungswürdiger und nicht rühmli­cher Zustand erkannt werden und völlig verschwinden. Das Menschengeschlecht wird sich nach Abwendung von diesen äu­ßeren Kämpfen den inneren zuwenden, und jeder wird durch Besiegung des inneren Feindes mehr Ruhm vor Mir erringen können, als der siegreichste Feldherr vor den Augen seines Im­perators.Wenn ein Vater ein ungezogenes Kind besitzt, das wenig Nei­gung hat, seinen Worten und Geboten zu gehorchen, so wird er ihm auch Gelegenheit geben, durch irgendeine böse Erfahrung recht gründlich anzurennen, wird dabei aber suchen, böse Folgen zu lindern. So ist es auch bei Gott und den Menschen. Gott sucht allezeit die Mittel hervor, welche sanft sind, muß jedoch, falls diese wirkungslos bleiben, selbst zu dem kräftigsten grei­fen, um die Menschheit auf der Bahn zu erhalten, welche zum Ziele und der reinsten Glückseligkeit führt" (GrEv XI, Kap. 59). Auch hier, in Sachen Krieg und Frieden, überstellt Gott den Men­schen der Eigenverantwortlichkeit. Demnach ist die Sucht, einen Krieg anzuzetteln, auf die geistige Unreife eines Volkes zurück­zuführen, denn die Möglichkeit zur Ausführung eines Krieges schöpft ein Regent immer aus der Billigung der Mehrzahl seiner Untertanen, es sei denn, es handelt sich um ein ausgesprochen diktatorisches Regime. Das wiederum aber kann sich nur bei gro­ßer Unreife eines Volkes an der Macht halten.

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So haben wir also in einem Krieg die zwangsmäßige Folge der Widerordnung gegen Gott, eine Läuterungsschule, ein Läute­rungs/euer zu sehen. Wären in einem Volk die Friedliebenden in der Überzahl und bekundeten diesen Friedenswillen deutlich genug, wie sollte es dem Regenten möglich sein, einen Krieg zu beginnen, geschweige denn, ihn durchzuführen? Das klassische Beispiel bietet uns für diese Art von Boykott die Komödie „Ly- sistrata" von Aristophanes, als die griechischen Frauen in den Ehestreik traten und ihren Männern mit diesem Mittel die Kriegslust austrieben.Der Angriffskrieg zu Expansions- und Okkupationszwecken, dem die Motive der Machtvergrößerung, der Ausweitung des eigenen Lebensraumes auf Kosten eines anderen Volkes, der Besitzgier zugrunde liegen, kann niemals der Ordnung Gottes entsprechen. Der Verteidigungskrieg, der einem Volk durch den ungerecht­fertigten Angriff eines anderen Staates aufgezwungen wird, ist von Gott aber ohne Zweifel gestattet, auch mit der notwendigen Waffengewalt und Härte. Wird doch auf diese Weise der Wider­ordnung Einhalt geboten. Dazu sagt Jesus im GrEv: „Wenn ein­mal ein Volk ganz in Meinem Lichte stände, und es wäre be­droht, durch hartnäckige blinde Völker, die den Glauben an M idi nicht annehmen wollen, sondern mit aller Wut Meine Lämmer verfolgen, dann ist es Zeit, das Schwert zu ergreifen und die Wölfe von den frommen Herden für immer zu verscheuchen. Wird aber einmal in Meinem Namen das Schwert ergriffen, dann soll es auch mit allem Ernst gebraucht werden, daß die Wölfe des Schwertes gedenken, das sie in Meinem Namen ge­troffen hat. Denn wo einmal ein Gericht in Meinem Namen auf­tritt, soll es nicht das Aussehen eines nur halben Ernstes haben (IV 251,4).Immer und immer wieder warnt aber Jesus vor Religionskriegen jeder Art. M it Nachdruck wird in der Glaubensausbreitung vor Anwendung von jeglidiem Zwang gewarnt.Was zum allgemeinen Heeres- und Kriegsdienst zu sagen ist, le­sen wir bei Dr. Walter Lutz so: „Daß der Herr nicht grundsätzlich und unbedingt gegen den Dienst in der Wehrmacht eines Volkes ist, sehen wir schon daran, daß Er während seines Erdenlebens mit dem römischen Statthalter und Heeresobersten Cyrenius, den Hauptleuten Kornelius und Julius und anderen Kriegsleuten ver­kehrte, ohne sie zur Niederlegung ihres Dienstes aufzufordern.

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;Bleibe, was du bist', sagte Er mehrfach. Freilich empfahl Er ge­rade in diesem harten Beruf den hier besonders schweren Stand­punkt der Gottesfurcht und Menschenliebe mit doppeltem Nach­druck. Einer Wehrmacht anzugehören, die zum äußeren Schutze des Vaterlandes und zur Aufrechterhaltung der inneren Ordnung dient, kann also vom göttlichen Standpunkt aus keinem Anstand unterliegen."Viele Menschen sind heute zu unser aller Segen der Kriege müde. Auch hier trifft die Weissagung der Prophetie wieder genau auf unsere Zeit zu. Im GrEv sagt Jesus: „Die Menschen werden es einst mit der Erfindung verheerender Waffen so weit treiben, daß dann bald kein Volk gegen das andere einen Krieg führen kann. Denn, werden zwei Völker sich mit solchen Waffen anfallen, so werden sie sich schnell bis auf den letzten Mann aufreiben, was keinem Teil einen wahren Sieg oder Gewinn bringen wird. Das werden die Könige (Regenten) und ihre Heerführer bald einse­hen und sich daher lieber in Frieden und Freundschaft vertragen. Und wird sich irgendein höchst stolzer, ehrgeiziger Störenfried erheben und gegen seine Nachbarn ziehen, so werden sich die Friedliebenden vereinen und ihn züchtigen. Auf diese Weise wird sich nach und nach der Friede unter den Völkern auf der Erde einstellen und dauernd festigen.Der Soldatenstand wird bestehen, solange wie das Welttum aus der Eigenliebe der Menschen. Doch seid versichert, daß Meine Kinder nie Waffen tragen sollen, denn Ich bin ihre Waffe gegen alles Ü bel" (VIII 185,9).Eindeutig billigt Jesus jedoch dem Menschen das Notwehrrecht zu, wenn er gewaltsam und bösartig überfallen oder angegriffen wird, wie er auch der Milde deutlich eine Grenze setzt. Überall da, wo noch eine Spur guten Willens in einem Menschen erkenn­bar ist, soll man bestrebt sein, ihm mit Liebe und Güte entgegen­zukommen. Wo aber die Mittel der Liebe erschöpft sind oder von Anfang an keine Spur eines guten Willens erkennbar ist, da ist Milde und Sanftmut nicht mehr angebracht. Hier fordert selbst die reine Nächstenliebe harte Maßnahmen. Gegen die zu großen Frevler gegen die Heiligkeit Gottes schwang Jesus deshalb ja auch die Geißel im Tempel und warf die Tische der Wechsler um.Im Falle eines grandbösen Menschen würde fortgesetzte Nach­sicht nur eine wahre Hilfeleistung für die wachsende Bosheit des Feindes bedeuten.

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„Wer Böses tut und kennt es nicht, der soll belehrt werden, des­gleichen auch, wer es tut in der Not. Wer aber das Gute kennt, tut aber dennoch aus eitel Mutwillen Böses, der ist ein Teufel und muß mit Feuer gezüchtigt werden" (fug 252,19—21). Aus alledem, was vorher gesagt worden ist, steht es für mich fest, daß Gott den Erdenmenschen nichts Unbilliges abverlangt, daß der christlichen Lehre außer dem Gebot der Liebe ganz eindeutig das Gebot der Vernunft zugrunde liegt. Du sollst dich nicht bös­artig schlagen lassen, ohne dich wehren zu dürfen. Du sollst nur da Geduld walten lassen, wo du erkennen kannst, daß Sanftmut dem Gegner „glühende Kohlen aufs Haupt sammeln wird", wo du die Einigung auch durch Nachgiebigkeit erreichen kannst. Christlich handeln heißt sonach, vernünftig handeln!

8. Völker und Religionen

Professor Küng fordert in seinem Buch „Christ sein“ eine ge­meinsame Suche nach der Wahrheit, wenn ich recht verstanden habe, eine gemeinsame Weltreligion. Eine schöne, aber vielleicht utopische Wunschvorstellung? In jeder Religion stecken im Grunde die gleichen Grundprinzipien; allen liegen die gleichen moralischen Gebote zugrunde. Trotzdem möchte ich sagen, daß alle diese Formen Vorstufen des Christentums darstellen, daß aber das Christentum, wenn es richtig verstanden und gelebt wird, die Krone aller Religionen ist.Der Reifegrad der einzelnen Völkergruppen bestimmt auch die dort vorherrschende Religion. Eine kühne Behauptung? Ich glau­be nicht. Wenn wir davon ausgehen, daß Geburtsort, Staatsange­hörigkeit usw. keinem blinden Zufall unterworfen sind, sondern vom Reifegrad und der Beschaffenheit der jeweiligen Seele, die in einen Körper eingezeugt wird, bestimmt ist, wenn wir davon ausgehen, daß nichts auf dieser Welt dem Zufall überlassen bleibt, sondern alles weise gelenktes Schicksal ist, dann wird es nicht schwer sein, sich vorzustellen, daß niemand nur durch Zu­fall in ein bestimmtes Land, in eine bestimmte Bevölkerungs­und Religionsgruppe hineingeboren wird. Die moderne Völker­wanderung, die, durch superschnelle Transportmittel ermöglicht,

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von einem Kontinent zum anderen eingesetzt hat, gibt jedem Er­denmenschen die Freiheit, sich von seinen angestammten religiö­sen Bindungen zu lösen und sich weiterzuentwickeln, falls seiner Seele die Voraussetzungen dazu mitgegeben sind.Das Christentum in seiner tiefst empfundenen Form fordert M it­arbeit und Mitdenken jedes reifen Menschen, es muß sich von den Dogmen lösen, soll es richtig verstanden werden. Jede Seele hat eine begrenzte Möglichkeit der Entwicklung auf diese Welt mitgebracht; der Fähigkeit zur Weiterentwicklung sind Grenzen gesetzt. Deshalb muß jeder Mensch die Frage nach Buddhismus, Hinduismus, Islam oder Christentum für sich allein beantworten. Der Höhepunkt jeden religiösen Denkens aber liegt immer im Hinstreben zu Gott, in der Verbindung mit ihm, im höchstmögli­chen Erkennen des göttlichen Planes und im Wissen um unser „W oher" und „W ohin".Was Jesus dazu im GrEv (II 205,3 ff.) sagt, ist klar und einleuch­tend:„M an hat verschiedene Getreidearten, den glatten und bärtigen Weizen, die zweizeilige und vierzeilige Gerste, das hohe Korn, den Hafer, den großen Maisweizen. Dann hat man die Linsen, die Wicken und verschiedene Gattungen von Bohnen, und sehet, diese verschiedenen Gattungen brauchen auch stets einen ver­schiedenen Boden, ohne den sie gar nicht gedeihen würden. Eine Getreideart braucht einen festen Lehmboden, die andere auch einen Lehmboden, der aber stets gut gedüngt sein muß, ansonst aus dem Getreide nichts wird. Wieder braucht eine andere Ge­treideart einen lockeren und steinigen, und eine andere einen sandigen Boden. Manche Getreideart benötigt einen feuchten und wieder eine andere einen trockeneren Boden. Das alles lehrt die Menschen die Erfahrung.Gleichermaßen brauchen verschiedene Menschen auch eine ver­schiedene Erziehung, je nachdem ihre Herzen und Seelen vorder­hand beschaffen sind. Wie es sich aber mit einzelnen Menschen als Kinder oft ein und desselben Vaters verhält, so verhält es sich auch mit ganzen Gemeinden und mit ganzen, großen Volksstäm­men. Da ist ein Volksstamm, der braucht eine weiche, also mehr lockere Behandlung, und er gedeiht zum großen Segen der ande­ren Völker der Erde. Ein anderer Volksstamm braucht wieder eine harte Behandlung, ansonst er bald ausarten und verkümmern würde zum Fluche der Nachbarvölker. Wieder hat ein Volks­

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stamm eine entschiedene Neigung zum Tyrannisieren und Herr sehen über seine Nebenmenschen. Für die Seelen solcher Men­schen ist dann nichts besser, als daß sie auf viele Jahre in eine rechte Sklaverei verfallen, da sie so recht durch und durch gede- mütigt werden. Haben sie sich in der Demütigung wohl zurecht­gefunden, und ertragen sie ihr Los endlich mit aller Geduld und ohne Murren, dann werden sie wieder zu freien Bürgern der Erde und werden nun als eine veredelte Frucht auf dem besten und fettesten Boden sicher bald überaus üppig fortkommen.Sehet, das ist nun ein Bild, das eben für euch alle ganz leicht zu begreifen sein sollte, indem ihr doch schon so manches begriffen habt!U m aber diese sehr wichtige Sache noch anschaulicher zu m a­chen, so stelle Ich euch die Teile des menschlichen Leibes dar, von denen auch ein jedes Glied einer anderen Form, darum einer anderen Behandlung, und, so es krank ist, natürlich auch eines anderen Heilmittels bedarf, damit es genese. So jemand einen Schmerz im Auge fühlt, muß er dagegen sicher ein ganz anderes Mittel gebrauchen als gegen den Schmerz in einem oder dem an­deren Fuß. Wer da ein Leiden im Bauche hat, muß es anders be­handeln, als hätte er eines in einer oder der anderen Hand, und so muß bei den Krankheiten des Leibes auch darauf gesehen wer­den, ob sie junge oder alte und hartnäckige Übel sind. Ein jun­ges Uhel läßt sich oft mit einem leichten Mittel beheben, wäh­rend ein altes einer starken Medizin nahezu auf Leben und Tod benötigt, um aus dem Leibe geschafft zu werden. Die Menschen aber entsprechen mit ihren Seelen immer auch den einzelnen Gliedern ihres Leibes. Je nachdem dann irgendeine Seele mehr einem edleren oder unedleren Gliede ihres Leibes entspricht, desto mehr muß sie auch entsprechend also behandelt werden, wie das einzelne Glied, dem sie entspricht.Aus diesem Bild sind dann auch wieder die verschiedenen Ver­hältnisse der Menschen bezüglich ihrer seelisch-sittlichen Sphäre ebenso verschieden zu behandeln wie ihre einzelnen Glieder, denen sie in ihrer seelisch-sittlichen Sphäre entsprechen. Ein gar schlechter Zahn im Munde muß am Ende, wenn alle anderen Mittel nichts helfen, ausgerissen werden, damit er die gesunden Zähne nicht anstecke. Ebenso ein unverbesserlicher böser Mensch aus einer Gemeinde, auf daß nicht die ganze Gemeinde durch ihn verdorben werde. Ebenso muß oft ein ganzes Volk, wenn­

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schon nicht physisch, so doch moralisch vertilgt werden, auf daß am Ende nicht alle Völker durch dasselbe verdorben werden. Sehet nach in der Chronika, und ihr werdet es finden, welch ein großes Volk einst die Babylonier, die Niniviten, die Meder, die Perser, die Ägypter, die alten Griechen und vor ihnen die Phöni­zier und die Trojaner waren! Wo sind alle diese Völker nun? Wo sind die Gomorrhiten und die Sodomiten und wo die Völker der Zehn Städte? Ja, physisch bestehen sie wohl noch in ihren ver­wahrlosten Nachkommen, die aber nirgends mehr einen Namen haben und auch nie wieder unter dem alten Namen zu einem Volke dieser Erde werden. Denn es ist kaum etwas noch irgend Schlechteres denn ein alter Name, an dem viel eitler, nichtssa­gender Ruhm klebt. Solcherart Völker oder Menschen halten sich am Ende eines solchen uralt-berühmten Namens wegen für vie­les besser und ehrwürdiger als irgendeine junge Völkerschaft, die durch Sanftmut, Demut und Liebe gegen ihre Brüder sich im vor Gott gerechten Zustande befindet.Wenn ihr das nur mit einiger Aufmerksamkeit betrachtet, so werdet ihr es bald finden, wie gut und gerecht der Vater im Him­mel ist! Denn diese Erde hat einmal die feste Bestimmung, daß auf ihr für die ganze Unendlichkeit Kinder des Geistes Gottes erzogen werden, und es ist darum nötig, daß der Boden stets mehr hart und mager als zu locker und zu fett gehalten wird.Das mit dem edlen Getreide aufschießende Unkraut hindert dar­um, weil es mitwächst und reift, das gesegnete Gedeihen der ed­len Frucht nicht, dieweil es nachderhand dennoch wieder zum Düngen des hie und da zu hart und mager gewordenen Erdreichs gar sehr dienlich ist. Kurz und gut: Was Gott zuläßt, ist gut, und am Ende ist dem vollends reinen Menschen dennoch alles rein, was die Erde in und auf sich und über sich trägt!Wer das Neuoffenbarungswerk mit staunendem Interesse gele­sen hat, wird vielleicht in einen großen Zwiespalt geraten, wie die Angehörigen der einzelnen Konfessionen sich nun zu ihrer Kirche stellen sollen, sind doch offensichtliche Unterlassungssün­den, Mängel und Fehleinrichtungen durch den Herrn selbst auf­gezeigt worden. Auch die immer und immer wieder betonte Aus­sage, daß vor Gott keine Tempel, keine Zeremonien notwendig sind, daß ein jeder den Weg zu Gott in seinem eigenen Kämmer­lein finden kann, daß das Gebet zu ihm, die Zwiesprache im Ver­borgenen, das heißt im Herzen, gepflegt werden solle, könnte ein

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Hinweis darauf sein, daß nun jeder tief religiös empfindende Mensch im Schöße seiner Kirche schlecht aufgehoben sein müßte.Dazu ist zu sagen, daß nicht jeder Mensch in der Lage ist, sich aus eigener Kraft zu dem Gipfellicht der Neuoffenbarung empor­zuschwingen.Wir hatten in einem der Kapitel über reife und unreife Seelen gesprochen. Reife und vorbereitete Seelen werden die Wahrhei­ten aus der Neuoffenbarung mit dem Geisteslicht der unbewuß­ten Rückerinnerung als etwas ihrem Wesen Entsprechendes, als etwas Beglückendes begierig aufnehmen. Dazu gehören auch die Sternenseelen, die zur moralischen Orientierung ihrer Neben­menschen auf der ganzen Erde verstreut leben. Dazu gehören die eingekörperten hohen Geistwesen, urgeschaffene Geister, die in der Nachfolge Christi ein Erdenleben durchlaufen wollen,- gehö­ren die Menschen, die bereits mit einem leidenden oder gar ver­stümmelten Körper auf die Welt kamen, die zum Leiden Gebo­renen. Denken wir an die Sorgenkinder in aller Welt, an die Contergan-Kinder, die Mißgestalteten und die Krüppel. In ihnen wohnt oft eine helle Seele, die durch das Wissen um die Göttlich­keit Christi gestärkt ihr hartes Los ertragen lernen soll. Sie alle bedürfen in den meisten Fällen der Kirche nicht. Aber die vielen anderen, noch hilflosen und unwissenden Seelen der Erde brau­chen die äußere, die das Auge und Ohr ansprechende Form des Gottesdienstes. Sie brauchen als Künder und geistige Vorberei­tung des Gotteswortes die Kirchen nach wie vor. Nur sollten die­se sich mehr um das lebendige und klare Wort bemühen. „Wie ihr einen Leib habt", sagt Jesus, „durch den die ersten Ein­drücke zur Seele gelangen und diese nähren, so muß es auch eine geistige Speisekammer für die ersten Glaubenseindrücke geben, welche die äußere Kirche ist. Wer nun den Mutterleib zu früh verläßt, was kann aus einem solchen werden? Gehorsam und Demut sind die Nahrung zur Wiedergeburt des Geistes. So euch aber die römische Kirche solches lehrt, was treibt euch dann weg von eurer Glaubensmutter? Wer wird denn seine Mutter verlas­sen, so ihr Leib krank daniederliegt?Darum folget eurer Kirche in ihrem äußeren Begehren und las­set eure Herzen von Mir ziehen. Dann werdet ihr sehr bald zum Leben der Gnade und dadurch zur Wiedergeburt des Geistes ge­langen und eure äußere Kirche beleben. Denn wie ein Baum

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wächst, Äste und Zweige treibt, dann Knospen, Blätter, Blüten und in letzteren weibliche und männliche Organe, und wie sol­ches mit der Zeit als nutzlos alles wegfällt, damit die Frucht frei wirksam werden kann in aller Kraft ihrer geordneten Wesenheit, ebenso ist es mit der zeremoniellen Kirche der Fall.Jene vegetativen Vorgänge beim Baume sind gleich der toten Ze­remonie in der Kirche. Aber müßt ihr nicht sagen, sie sind in ge­wissem und rechtem Maße der Ordnung wegen doch notwendig? Denn wenn die Bäume blütenleer stehen, wird wenig Frucht zum Vorschein kommen" (Lorber, Der Weg zur Wiedergeburt, S. 4

i u. 5).! Wenn man bedenkt, daß die karitativen Bemühungen unserer

Gesellschaft vorwiegend in den Händen der Kirchen aller Konfes­sionen liegen, dann sollte kein Christ, wenn er den Wunsch hat, in der Liebe tätig zu werden, seine Kirche verlassen. Jeder, der sein Wissen aus der Neuoffenbarung schöpfen durfte, sollte in seiner Lebenshaltung ein Vorbild werden und dadurch das ermü­dete Glaubenslicht wieder beleben helfen.„Wen der Gottesdienst der Kirchen ärgert, der bleibe draußen. Denn bei den Ohren wird niemand hineingezogen. Und wäre auch letzteres der Fall, so wird es niemand schaden, wenn er hin­eingeht. Denn besser ist es doch noch immer, sich in einem Bet­hause zu befinden und eine Andacht zu verrichten, als an den all­gemeinen Fest- und Feiertagen in ein Spielhaus zu gehen oder wucherische Geschäfte zu machen und dergleichen. Will schon je­mandem die Predigt nicht munden, der bleibe bei den Versen aus dem Evangelium, und er wird da so viel herausnehmen können, daß er daran hinreichend haben wird, das ewige Leben zu erlan­gen, wenn er nur den wenigen Versen riditig Folge leistet. So sich aber jemand aus bloßem Haß gegen ein solches Götzentum von der Kirche losmacht, ergreift aber dafür nichts Besseres, son­dern gewöhnlich nur Schlechteres, wird ihm das wohl nützen? Ich meine kaum. Der Tempel zu Jerusalem war bei Meinen Lebzei­ten auf Erden völlig ein Götzentempel. Von einem Hause Gottes war keine Rede mehr. Aber Ich als Jehova untersagte es nieman­dem, den Tempel zu besuchen und seine Gabe zu opfern, und Ich selbst ging zu öfteren Malen hin und lehrte dort und ließ auch der Ehebrecherin darin ihre Schuld nach. Auch Meine Schü­ler haben nie ein Verbot erhalten, den Tempel zu besuchen. War­um sollte sich nun hier jemand ärgern, in ein Bethaus zu gehen?

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Denn geht er wahrhaft in Meinem Namen hinein, so bin ja Idi bei ihm und gehe mit ih m .. . . Solange Ich es darin aushalte, wird es wohl auch der aushalten können, mit dem Ich darinnen bin !"„Ich aber sagte zu niemandem: werde ein Katholik oder ein Pro­testant oder ein Griechisch-Katholischer, sondern was einer ist, das bleibe er. Ich bin nicht wie ein Patriarch und nicht wie ein Papst und nicht wie ein Generalsuperintendent, sondern Ich bin wie ein überaus guter und gerechtester Vater allen Meinen Kin­dern und habe nur Freude daran, wenn sie tätig sind und wett­eifern in der Liebe!" (EuM, Kap. 73.)Das laute Gebet wurde nach Aussage des Herrn (Band 2 der Neu-Offenbarung) durch den Propheten Samuel eingeführt. Doch ist der Herr gegen äußerliches Beten und Opfern, wenn das Herz nicht daran beteiligt ist. Wer nicht im Herzen beten kann, der bete lieber gar nicht, damit er sich vor Gott nicht unanständig gebärde. Füße, Hände, Augen, Ohren und Lippen hat Gott dem Menschen nicht gegeben, daß er damit eitel und leer beten solle, sondern dazu ist allein das Herz da. M it den Füßen aber gehe er zu den Armen, um ihnen Hilfe und Trost zu bringen, mit den Armen leiste er Notleidenden Hilfestellung, mit den Ohren höre er gern Gottes Wort und verschließe sie nicht vor den Bitten an­derer, mit den Lippen tröste e r .. . . Wer so handelt, der betet ohne Unteilaß. Vom wahren Gottesdienst aber sagt Jesus: „Wenn sich zwei oder drei in Meinem Namen versammeln, dann bin Ich mitten unter ihnen."

Zu Anfang stellte ich die Frage, ob es dem Buch „ Christ sein“ wohl gelingen würde, die helle Lichtgestalt Christi in ihrer Ein­maligkeit und Eindeutigkeit herauszuarbeiten. Das ist, wie ich empfinde, nicht gelungen, denn hier wird fast alles nur in Frage gestellt, ohne daß eine einzige starke und bejahende Aussage ge­macht wird. Wie wenig überzeugend sind die angedeuteten Mög­lichkeiten der Identität Gottes mit dem Menschen Jesus. Wie we­nig hat die Theologie den Plan Gottes verstanden! M an darf meiner Ansicht nach das Christentum nicht so zerlegen, wie es hier getan wurde, darf es nicht auf die geringe Vorstellungskraft des heutigen Menschen zurechtschneiden und es damit entgött- lichen. Wir verlieren dadurch auch noch die letzte Beziehung zur Heilsbotschaft. Vermenschlichen in diesem Zusammenhang heißt

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Irre sein am Göttlichen; Vermenschlichung heißt hier in Ver­wirrung stürzen, heißt chaotisieren, heißt die vollständige Abna­belung von Gott vollziehen!Erschreckend ist die Aussage auf Seite 385 des Buches von Hans lUing, in der eine Bankrotterklärung der gesamten Theologie ge­geben wird. Es heißt dort, daß die größten Geister der Theologie sich abgemüht haben, das dunkle Problem des letzten Schicksals, die Prädestination der Menschheit zu erklären, ohne den Schleier des Geheimnisses lüften zu können. Es liegt doch so einfach und klar auf der Hand! Was gibt es da herumzurätseln?Es ist nicht unsere Aufgabe, Gott zu uns herabzuziehen, sondern uns von ihm hinaufziehen zu lassen. Die Gotteskindschaft ist unsere Vorherbestimmung, die religio (Rückführung) unsere Prä­destination, und meines Wissens hat Jesus an diesem Ziel keinen Zweifel gelassen.Wie armselig ist doch der moderne Mensch in seiner Vorstel­lungskraft geworden; aber ich gebe die Hoffnung nicht auf, daß die Neuoffenbarung, gerade weil ihre Aussagen so logisch sind, auch den Verstandesmenschen zum Glauben führen kann. Ent- inythologisierung, wie es in dem Buch von Professor Küng ge­schieht, könnte für den Glauben tödlich sein! Gott selbst ent- inythologisiert das Christentum der Bibel, indem er seinen Plan enthüllt und ihn dem kritischen Denken präsentiert. Nicht dem Menschen steht es zu, an dem Mythos herumzudeuteln, die zu­ständige Instanz dafür ist nur Gott allein; und ich kann mir nach dem Studium des gesamten Lorberwerkes kaum eine menschliche Grundfrage denken, auf die es in der Neuoffenbarung keine Ant­wort gäbe. Ob es sich darum handelt, wie wir unsere Kinder er­ziehen sollen, oder darum, wieviel Billionen Jahre ein Blitz brau­chen würde, um von einem Pol der Zentralsonne Urka (Regulus) his zum anderen zu zucken. Unsere Wissenschaft brauchte nicht länger im dunkeln zu tappen und sich in unendlichen Versuchs­reihen abmühen, einen winzigen Zipfel aller Geheimnisse zu lüften, wo Gott selbst uns den ganzen Vorhang aufgezogen hat.

I lier löst sich das heiß diskutierte Problem der Jungfrauengeburt genauso leicht und verständlich wie die restlose Umwandlung des Materieleibes Christi in den unvergänglichen Geistleib. Wir alle werden den gleichen Umwandlungsprozeß durchzumachen haben, nur geschieht das bei uns nicht so leicht und augenblick­

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lieh wie bei dem Leib Jesu oder bei der Mutter Maria, dem Ho­henpriester Henoch der Urzeit oder dem Propheten Elia. Jesus sagt dazu in der Neuoffenbarung: „Die Seele als ein Ge­mengtes und sich ergreifend Zusammengesetztes ist durch und durch ätherisch-substantieller Beschaffenheit. Da aber der Leib in seinem Wesen auch im Grunde Ätherisch-Substantielles in sich faßt, so ist solches verwandt mit der substantiellen Wesenheit der Seele. Dieses Verwandte ist das Eigentliche, das die Seele mit dem Leib verbindet. Durch den Verwesungsprozeß wird es aus dem Körper geschieden und jenseits der gewissermaßen nackten Seele zugeführt. Hat aber die Seele selbst am Ende zuviel M a­terielles aus ihrem Leib in sich aufgenommen, so erreicht der Leibestod auch sie, und sie muß mit dem Leib verwesen und kann erst nach mehreren Erdenjahren als höchst unvollendetes Wesen erwachen, wo es ihr dann sehr schwer wird, sich in ein höheres Licht emporzuschwingen" (GrEv IV 90,6.7).An anderer Stelle erklärt der Herr, daß die Verwesungszeit we­sentlich verkürzt werden kann, wenn der Mensch sich zu höherer Vergeistigung schon zu Lebzeiten emporgeschwungen hatte. „Wahrlich, Ich sage euch, auch in euren Gräbern geschehen Wunder, die von den Augen der Menschen nicht gesehen und beobachtet werden" (BM 188).Die Schwierigkeit im Denken der Menschen ist das zu starke Haften an der Materie, wodurch ein rein geistiger Vorgang ein­fach nicht akzeptiert werden kann. Die Frage nach der Erd- oder Feuerbestattung ist deshalb nicht so unwichtig, wie wir glauben. Das christliche „Aus Erde bist du genommen, zu Erde sollst du wieder werden", hat darum eine tiefe Bedeutung.Die augenblickliche Auflösung eines Materieleibes, der einen hohen Engelsgeist beherbergt, wie es zum Beispiel bei Henoch der Fall war, in dem der Engel Raphael wohnte, ist vielleicht nicht mehr so schwer vorstellbar, wenn wir uns erinnern, daß derselbe Engel auch während der Erdenzeit Christi körperlich sichtbar und anfaßbar zugegen gewesen ist. Audi Maria ist ein so hoher Engelsgeist gewesen, wie dem Lorberwerk zu entnehmen ist. Deshalb wurde auch ihr Leib in einem Augenblidc vergeistigt. Wenn wir uns vergegenwärtigen, daß Materie nichts als gefeste­ter Gedanke Gottes ist, der das gesamte Leben auf unserer Erde durch die Macht seines Willens entstehen ließ, wird auch die gei­stige Zeugung des Kindes in Maria selbst für den Materiemen­

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sehen vorstellbar. In dem Kapitel, das sich mit der Urzeugung be­faßt, werde ich noch einmal darauf zu sprechen kommen.

Nun möchte ich auf eine Frage eingehen, die sich mit der Stel­lung Marias im Leben Jesu befaßt, und auf ein Gleichnis aus. der Johannesoffenbarung der Bibel, das von theologischer Seite als mythologisches Bild von der Geburt des erhöhten Messiaskindes bezeichnet wird.Maria ist als reiner Mensch von Jesus über alle anderen Frauen gestellt worden. Als seine Leibesmutter nahm sie den Platz an seiner Seite ein, der ihr gebührte, aber seine Göttlichkeit wies manchmal energisch darauf hin, daß sie nicht im eigentlichen Sinne seine Mutter, und seine Brüder nicht seine wirklichen Brü­der waren; denn der Gott ohne Anfang und ohne Ende ist der einzige ungeschaffene Geist der Unendlichkeit und hat weder Vater noch Mutter, noch Geschwister! Daß er als Jesus sich als Gottes Sohn bezeichnete, hatte lediglich für das Begriffsvermögen der Menschen um ihn eine Bedeutung.Die Jünger und Anhänger, die höheren Geistes waren, wußten genau, wem sie in der Person Jesu gegenüberstanden. „M ein Gott und mein Herr", sagte nicht nur der Jünger Thomas nach der Vergeistigung Christi, sondern so nannten ihn außer den Aposteln auch Cyrenius, Kornelius und Julius, die römischen Feldherren, auch Kisjonah, der Zöllner aus Kis, und viele der er­leuchteten Menschen seiner Umgebung.An dieser Stelle muß ich noch einmal darauf hinweisen, daß die Unklarheiten und mehr als knappen Hinweise in der Berichter­stattung der Bibel einen ähnlich weisen Sinn hatten wie die Tat­sache, daß der irdischen Familie Jesu das direkte Bewußtsein der Gottesnähe zu ihrem geistigen Schutz von Zeit zu Zeit genom­men wurde. Niemand, der in einem Materieleib steckt, es sei denn, er kommt schon vorvergeistigt auf diese Erde, ist imstande, sich von der Allmacht Gottes, von der rein physikalischen Strahl­kraft auch nur die geringste Vorstellung zu machen. So liegt auch in dem unverhüllten Gotteswort eine tödliche Kraft, die nur ein reiner Geist ertragen kann. Reiner Geist und Materie stehen zu­einander in einem polaren, d. h. entgegengesetzten, Verhältnis. Macht sich ein reiner Geist auf unserer materiellen Welt sicht­bar, dann muß er starke Abschirmmaßnahmen treffen, um das Leben der Materie nicht durch seine Strahlkraft zu töten. Das rei­

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ne Gotteswort aus den Himmeln hätte eine ähnliche Wirkung, würde es unverhüllt den Menschen gegeben. Deshalb ist die Er­klärung des Kapitels 12, Vers 1, 2 und 5 der biblischen Johannes­Offenbarung in dem Lorberbuch „Himmelsgaben“ auch noch zum Teil verhüllt gegeben, aber dem Verständnis der heutigen Menschheit schon etwas mehr angepaßt: (Offb. 12,1—2,5):„U nd es erschien ein großes Zeichen am Himmel: ein Weib, be­kleidet mit der Sonne, der Mond unter ihren Füßen, und auf ih­rem Haupte eine Krone von zwölf Sternen. Und sie ward schwan­ger, schrie in Kindsnöten und hatte Pein und Wehen der Ge­burt. — Und sie gebar ein Kind, einen Sohn, welcher alle Völker­schaften regieren würde mit eisernem Szepter. Und ihr Kind ward entrückt hin zu Gott und zu dessen Thron."Dazu die Erklärung aus dem Lorberwerk:„ . . . Was wohl ist das ,Weib', das am Himmel mit der Sonne be­kleidet erscheint? — Das ,Weib' ist das edle Bild eines Menschen ohne Zeugungskraft, wohl aber fähig und empfänglich für die Zeugung. Also ist dieses Weib ein vollkommenes Ebenmaß des M enschen. . .Ebenso ist auch Meine Lehre, die doch sicher in dem vollkom­mensten Himmel erscheint, weil sie in Mir und aus Mir hervor­geht, gleich dem Weibe ein vollkommenstes Ebenmaß dem gei­stigen Menschen, für sich zwar nicht zeugungsfähig, aber der Mensch wird durch sie aufnahmefähig für alles Liebegute, was da ist die reine, himmlische Gottliebe als das ewige Geistleben aus Mir. — Das Geistleben der Gottliebe aber ist das ,Kind', mit dem Meine Lehre befruchtet wird im Herzen des Menschen . . .Daß dieses vollkommene Weib oder Meine reine Lehre mit der ,Sonne' oder mit Meinem Lichte alles Lichtes ,umkleidet' ist, weil sie aus Mir selbst kommt, das wird ja doch ganz natürlich sein! Weil aber eben dieses vollkommene himmlische Weib oder M ei­ne reine Lehre zur Aufnahme der himmlischen Liebe aus Mir fähig ist, so tritt sie den ,Mond', als das unbeständige Symbol der Selbst- oder Weltliebe, mit den Füßen als eine ihrem rein himmlischen Wesen ganz entgegengesetzte Polarität.Und so ist sie auch geziert m it ,zwölf Sternen' oder mit den zehn Geboten Mosis und zuoberst mit den zwei Geboten der Gottes­und Nächstenliebe — aber nicht etwa mit den zwölf Aposteln, und ebenso auch nicht mit den zwölf Stämmen Israels, sondern ge­ziert mit allen den zwölf Gesetzen des ewigen Lebens.

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Das ,Weib' oder die tätige Lehre aus Mir im Menschen aber wird und ist schon ,schwanger'. — Womit? — Habt ihr nie etwas von der Wiedergeburt gehört!? Heißt es da nicht: Wer da nicht wie­dergeboren wird aus dem Geiste, der kann in das Reich Gottes nicht eingehen! ?Sehet, das ,Kind', womit das Weib schwanger ist, ist die reine Gottliebe, welche aber durch die mannigfache Selbstverleugnung dem äußeren Menschen sehr wehe macht, bis diese himmlische Liebe im Geiste des Menschen durch sie (die Lehre) reif wird zur herrlichen Wiedergeburt zum ewigen Leben.Das Kind aber ist ein ,Knabe'! — Warum denn kein Mädchen, al­so ein Weib in der Entstehung? — Weil in dieser Liebe, wie im Manne und nicht im Weibe, die schöpferische Zeugungskraft liegt und liegen muß.Dieses Kind oder die aus Meiner Lehre geborene Gottliebe im Geiste des Menschen wird dann m it ,eisernem Szepter' oder mit der unbeugsamsten Gotteskraft ,alle Völkerschaften' oder alle Forderungen und sinnlichen Leidenschaften der Welt bändigen — und wird dadurch, als Leben aus Mir, den Geist des Menschen und alle seine Neigungen zu Mir hin ,entrücken' und wird seine Wonne schöpfen an Meinem ,Throne', der da ist die wahre Weis­heit aus Mir ewig!Sehet, das ist der überaus leicht faßliche Sinn dieser Verse! Also muß aber alles in diesem allein wahren Lichte betrachtet und be­griffen werden, sonst ist es ein Zwielicht, das da mit der Zeit je­den Führer in die finsteren Sümpfe und Moräste irreleitet." (Hi II 303, 3-11.)Zur Marienverehrung und der Anbetung der „Heiligen" äußert sich der Herr etwa so: Wie würde ein Vater reagieren, wenn seine Kinder ihm auf Umwegen und durch Fürsprache anderer ihre Wünsche vortragen würden? Würde der Vater nicht an einen Mangel an Vertrauen denken müssen? „W enn ihr begriffen habt, daß ihr Mich in eurem Herzen um Rat angehen sollt, was müßt ihr euch um Fürbitte an Meines Leibes Mutter wenden? Im gan­zen Himmel werdet ihr vergeblich nach einem ,Heiligen' suchen, denn heilig ist allein der Geist Gottes!"Eines Tages traten die Jünger zu Jesus und sagten von Maria: „Siehe, welch ein liebes Weib und welch eine zärtliche Mutter! Sie ist nun schon 45 Jahre alt und sieht aus, als hätte sie kaum das zwanzigste Jahr zurückgelegt. Wahrlich, ein Weib der Wei­

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ber der ganzen Erde." Darauf antwortete Jesus: „Ja, sie ist die Erste, und es wird nimmermehr eine sein wie sie. Aber es wird auch so kommen, daß man ihr mehr Tempel als Mir erbauen und sie ehren wird zehnfach mehr als Mich und wird des Glaubens sein, nur durch sie selig werden zu können! Dam m will Ich denn nun auch, daß man sie nicht zu sehr erhebe, da sie wohl weiß, daß sie Meines Leibes Mutter ist, und auch weiß, wer hinter die­sem Leibe steht! — Deshalb seid mit ihr wohl überaus gut und artig, nur hütet euch davor, ihr eine göttliche Verehrung zukom­men zu lassen!" (GrEv I 108,7—12.)M aria selbst betonte immer wieder, sie sei nur eine erwählte Magd des Herrn, und daß es nur sein Wille war, wenn sie ihm dienen durfte. „Darum preiset nicht mich, sondern gebet allzeit Gott allein die Ehre!" (GrEv IX 130,7.8.)Vielleicht sollte man sich Gedanken darüber machen, warum der Marien- und Heiligenkult solche Formen angenommen hat. Ich bin sicher, daß er aus der kirchlichen Lehre vom unerbittlich stra­fenden Gott entstanden ist, dem man sich nicht ohne Fürsprecher zu nahen wagte. Ich hoffe, daß es mir inzwischen gelungen ist, den Schöpfer aller Dinge als den gütigen, verzeihenden, lieben­den Vater begreiflich zu machen, der keiner Heiligen als Fürspre­cher bedarf, den wir direkt mit unseren Gedanken suchen und ansprechen dürfen!Auch hier, ebenso wie in der Anmaßung der Sündenvergebung durch den Priester, liegt ein entscheidender Fehler in der Ausle­gung der christlichen Lehre.Wenn ich von der Anmaßung der Sündenvergebung spreche, so tue ich das nicht aus mir selbst heraus, sondern beziehe mich auf das, was der Herr dazu sagt:„Denen, die an euch gesündigt haben, könnet ihr die Sünden ver­geben, und denen ihr sie vergeben werdet hier auf Erden, denen sollen und werden sie auch im Himmel vergeben sein; solltet ihr aber wegen sichtlicher Unverbesserlichkeit guten Grund haben, ihnen die Sünden, die sie gegen euch begangen haben, vorzuent­halten, so werden sie ihnen auch im Himmel vorenthalten sein. Aber ihr habt erst dann das Recht, den Sündern ihre Sünden ge­gen euch vorzuenthalten, wenn ihr ihnen zuvor schon sieben­m al siebenundsiebzig Male vergeben habt.Wenn ihr aber als Meine nächsten Jünger erst auf die besagte Weise das Recht von Mir aus habt, nur den Sündern gegen euch

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die Sünden vorzuenthalten oder auch zu vergeben, so ist es ja klar, daß kein Priester je das Recht von Gott aus haben konnte, auch fremde Sünden zu vergeben oder vorzuenthalten" (GrEv VIII 43,12-14).„Ich will nicht viel dagegen sagen, wenn ein Mensch seine Feh­ler und Gebrechen einem Seelenfreund unter vier Augen kund­gibt, um von ihm den Trost zu bekommen, daß ihm die Sünden nachgelassen werden, wenn er sich an Mich wendet mit dem ernstlichen Vorsatz, solche Sünden nicht mehr zu begehen und die vergangenen womöglich gutzumachen durch aufrichtige Reue und durch eine liebfreundliche Genugtuung. Ein solcher Beicht­vater wird Mir allzeit recht lieb, wert und köstlich sein. Freilich braucht es dazu gerade keines Geistlichen,- aber wenn schon ein Geistlicher der Ausspender des Abendmahls sein will, so kann er wohl auch des ungerechten Haushalters Amt auf obbeschriebe­ne Weise auf sich nehmen" (EuM 72,8—9, Ausgabe 1922).

Und weiter heißt es in „Erde und Mond“ (71,24): „Wenn Jako­bus aus Meinem Geiste ein gegenseitiges Sündenbekennen emp­fiehlt, so ist darunter keine kirchliche Beichte zu verstehen, son­dern nur eine vertrauliche Mitteilung eigener Gebrechen und Schwächen, um dafür von dem stärkeren Bruder ein wirksames Gegenmittel im Geiste und in der Wahrheit zu bekommen. Se­het, dazu braucht man keine priesterlichen Weihen, und sogar das Apostelamt ist nur ein brüderliches Lehramt."Würden die Priester die Beichte mehr im ärztlichen Sinn verste­hen und sich in wirklichen Gesprächen um die Lösung menschli­cher Probleme bemühen, daß sie lediglich beratende Funktion ausüben, so wäre die Beichte in den Kirchen voll gerechtfertigt. Sie wäre imstande, den Psychologen und Psychiatern die Arbeit abzunehmen. Die Tatsache aber, daß die Medizin die Funktion des Beichtvaters zum großen Teil übernehmen mußte, beweist, wieviele Fehler von seiten der Priester gemacht werden.Die Ansicht, daß der Kern der göttlichen Offenbarung in der Hei­ligen Schrift unverfälscht erhalten geblieben ist, auch wenn ver­schiedene Evangelisten zu verschiedenen Zeiten sich darin zu Wort gemeldet haben, kann wohl uneingeschränkt bejaht werden. Dazu äußert sich der Herr selbst in einem Diktat an Jakob Lorber im GrEv VIII 79,18 f: „Es mögen tausend Evangelien geschrieben werden, so wird immer nur das das einzig Wahre sein und ver­

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bleiben, welches sich im Menschen, wenn er nach Meinen Wor­ten lebt und handelt, nach Meiner Verheißung lebendig offenba­ren wird — und dieses lebendige Evangelium wird auch bis ans Ende aller Zeiten der einzige Prüfstein sein und bleiben, ob ein geschriebenes Evangelium echt oder falsch ist. An den Früchten also müsset ihr das erkennen, denn von den Disteln erntet man keine Feigen und von den Dornhecken keine Trauben.“„Die Urschriften der Evangelien wurden weisest aus dem Wege geräumt, auf daß mit solchen Reliquien in kurzer Zeit keine Ab­götterei getrieben werde. Der Geist aber, der in den Originalen lag, ist auch in den Nachschriften völlig erhalten worden. Mögen sich die Nachschriften Meines Wortes äußerlich noch so unähn­lich sehen, so sind sie im Innersten dennoch von ein und demsel­ben Geiste erfüllt, und mehr braucht es nicht. Denn am Buchsta­ben liegt nichts, sondern nur am Geiste!“ (GrEv I 134,14—16.)Die scheinbare Zusammenhanglosigkeit der göttlichen Offenba­rungen an die Menschen widerspricht der göttlichen Ordnung nicht, sondern bestätigt sie vielmehr, denn eben dadurch zwingt die Gottheit die träge Natur der Menschen zum Denken und Su­chen und Sich-zurecht-Finden in dem, was ihr am Anfang und in der Äußerlichkeit der Gotteslehre so unordentlich und unlogisch vorkommt. (VdH I 114,14-16.)„Die Gotteslehre ist so gegeben und gestellt, daß jeder Geist aus ihr seine ihm zusagende Nahrung nehmen, dadurch wachsen und zur Vollendung gelangen kann. Wie auf demselben Erdboden zwei verschiedene Pflanzen recht gut nebeneinander fortkommen und ihre Reife erlangen können, ebenso können auch aus dersel­ben Gotteslehre mehrere konfessionell verschiedene Geister un­gehindert ihre geistige Vollendung erlangen, wenn sie ihrer Kon­fession nur treu und gewissenhaft folgen. Ich habe während Mei­nes Lehramtes auf Erden gar vieles gelehrt und getan, was nicht in diesem Buche (die Bibel) steht, und würde man solches auch in Büchern aufschreiben, so würde sie die Welt nicht fassen. Daß Ich Mich demjenigen, der an Mich glaubt, Mich liebt und Meine Gebote der Liebe hält, selbst offenbaren werde, das genüge einem jeden, der in Meinem Namen getauft und gestärkt wird durch Meinen Geist aus den Himmeln" (VdH 1 114,13 f.).„In der Vulgata und der Luther-Bibel ist die Hauptsache auf­bewahrt und für den Geist völlig rein. Denn der innere Sinn blieb ganz rein unter was immer für einer Form. Und das ist ja

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auch die Hauptsache! Daher kann man sich an die eine oder die andere halten, und man kann nicht irren und darum auch ganz ruhig sein. Denn auf den Buchstaben kommt es nicht an, sondern auf den Geist. Dieser ist es ja, der lebendig macht" (Hi II 175,15.16).„Ich werde in der fernen Zukunft Knechte erwecken und ihnen durch den Geist in ihrem Herzen alles das zum Schreiben diktie­ren, was nun seit der Zeit geschehen und gelehrt worden ist, als Ich in das Lehramt trat, so wie auch das, was nachkommen wird und noch vieles andere dazu" (GrEv VIII 79,3).„Es wird das, was wir nun hier verhandeln, nach fast 2000 Jahren ebenso von Wort zu Wort können vernommen und aufgezeich­net werden, als ginge das alles vor den Augen der dann auf Er­den Lebenden vor sich" (GrEv III 15,6).Die Tatsache, daß die Kirchen nicht mehr imstande sind, ihrer tröstenden Aufgabe gerecht zu werden, ist der stärkste Beweis ihrer Reparaturbedürftigkeit. Natürlich gibt es immer wieder leuchtende Vorbilder und in der Stille wirkende Arbeiter im göttlichen Weinberg, derer an dieser Stelle dankbar gedacht sei, aber sie sind in einer hilflosen Minderheit.Ich habe in Krankenhäusern Geistliche bei ihrer schablonisierten seelsorgerischen Tätigkeit beobachtet und war erschüttert dar­über, wer alles sich zum Priesteramt berufen fühlt.Der Sündenablaß, den die Kirchen so reichlich spendeten, ohne wirkliche Reue und Einkehr des Sünders, verführte nur zu oft zur leichtfertigen Wiederholung des unguten Tuns.

„Ein Mensch, der sich nie Mühe gibt, die Lebensgesetze Gottes näher kennenzulernen, und der sich von einem Sinnentaumel in den anderen stürzt, vergißt Gott. Sowie er aber des Glaubens an Gott bar wird, achtet er auch seine Mitmenschen nicht mehr. Und so macht sich dieser Mensch endlich aller Lebensgesetze ledig, handelt nur nach den Gesetzen seiner argen, bösen Natur und versündigt sich so am ganzen Gesetz Gottes. Dadurch hat er aber audi das Maß des Bösen erfüllt, ist ein Teufel geworden und hat dann in und aus sich das Gericht über sich selbst gebracht" (GrEv VII 53,3). — „Ein reuiger Sünder aber soll wissen, daß Ich kein zorniger, rachgieriger, sondern ein geduldiger, liebevollst sanftmütiger Gott bin, wie das schon durch den Mund der Pro­pheten gesagt wurde, und wie Ich nun allen Sündern zurufe:

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Kommt alle zu Mir, die ihr mühselig und mit Sünden beladen seid, Ich will euch erquicken!" (GrEv IX 87,1—3).Als wichtigste Voraussetzung für jede Sündenvergebung fordert aber der Herr immer wieder eindringlich die tätige Reue und daß der Mensch in der Zukunft nicht mehr sündigt. Er sagt ganz ein­deutig: „Sieht der Bruder sein begangenes Unrecht nicht ein und verharrt in seiner Bosheit, so muß er sich nicht wundern, wenn er in noch stärkere Mißstände gerät. Ein Sünder aber, so er sich bessert, ist mir lieber als 99 Gerechte, die der Buße nicht bedür­fen. Gewahrt er die Nähe des Unterganges und des Todes und kehrt weinend zu euch zurück, wahrlich, ihr habt dadurch einen für ewig verloren geglaubten Bruder wiedergefunden, wie Ich einen verlorenen Sohn" (GrEv VIII 194,5).Der Herr läßt aber auch keinen Zweifel daran, daß man die Men­schen schlechten Willens letzten Endes sich selbst überlassen muß, wenn alle Versuche, sie zum Guten zu bewegen, nichts ge­fruchtet haben.Die äußeren Erscheinungen im Leben der Erdenbürger haben im ­mer ein geistiges Entsprechungsbild. Jesus sagt ganz klar, daß Völker, die mit Mißernten, Teuerung und Hungersnot gestraft werden, letztlich ihren Abfall vom Geist Gottes dafür verant­wortlich zu machen haben. Solange ein Volk in der Ehrfurcht zu Gott lebt, gibt es der göttlichen Sendboten unter den Menschen viele, wodurch auch der Erdboden gesegnet wird, so daß stets rei­che Ernten die Folge sind.„Aber die Ernten brachten die Völker auf lauter industrielle Ge­danken, und die Gedanken an Mich sind gesunken", sagt der Herr in dem Buch „ Himmels gab en "; „anstatt der echt geistigen Schriften ist die Welt mit einer Legion sinn- und gehaltloser Journale vollgestopft. Die Engel haben sich vom Erdboden zu­rückgezogen, so ist es daher auch leicht begreiflich, daß der Erd­boden in der stets größeren Ermangelung der himmlischen Ar­beiter auch im selben Verhältnis magere Ernten bei einer oder der anderen Fruchtgattung abgeben muß. Ich will den Erdboden nicht segnen, ehe es auf der Erde lichter wird, außer örtlich nur, wo irgend Menschen leben, die Mich wahrhaft in ihren Herzen tragen und glauben, daß Ich bei ihnen bin und sie auch mit we­nigen Broten bestens erhalten und ernähren kann. Fürchtet daher auch ihr diese Zeit nicht. So ihr auf Mich wahrhaft vertraut, wird euch nirgends hungern! Denn wie überall ist auch hier an Mei-

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nem Segen alles gelegen. Dam m bleibet gleichfort ganz voll Ver­trauen auf Mich, möge sich die Zeit gestalten, wie sie will, so werde Ich euch nicht verlassen, und euch soll nicht hungern, we­der geistig noch leiblich! Das sage Ich euch, als euer segnender Gott, Herr und Vater, Am en!"

9. Die unsichtbare Welt

Hier soll noch einmal angesprochen werden, was uns unsichtbar umgibt, ohne daß die Menschen auch nur die geringste Ahnung davon haben.In der Abhandlung über die Todesstrafe war gesagt worden, daß die im Haß von der Welt geschiedenen Seelen imstande sind, großes Unheil über die diesseits Lebenden zu bringen. Im Krieg und noch lange in die Nachkriegszeit hinein ist der unheilvolle Einfluß der mit Gewalt ins Jenseits beförderten Seelen besonders schreckensvoll spürbar, indem sie negativ auf die Naturgeister einwirken, was sich in Mißernten und anderen verheerenden Naturerscheinungen bemerkbar macht.Die meisten Zeitgenossen lächeln, wenn von Geistern die Rede ist, denken sie doch sofort an Spuk- und Gruselgeschichten. Zu denken, daß zum Beispiel der „Wilde Jäger" der altgermanischen Sagen in direkter Entsprechung zu der Wesenheit Satans selbst steht, oder, daß die Märchengestalten des deutschen Volksgutes so unrealistisch gar nicht sind und Naturgeister symbolisieren, die den Haushalt der Natur regulieren helfen, kommt heutzu­tage kaum noch jemand. Ebenso unvorstellbar für den modernen Menschen ist auch die Tatsache, daß in dem alten Sagen- und Märchenschatz der Völker Weisheiten enthalten sind, die sich direkt auf Gottes Ordnung, auf das Urchristentum beziehen.Die Dichter vieler Märchenbücher, die von Gnomen, Nixen, Sa­lamandern und anderen Naturgeistem erzählen, haben in den meisten Fällen die Fähigkeit besessen, diese hilfreichen Geister im Dienst der Natur mit geistigen Augen zu sehen. Zu ihnen gehörte auch der große Arzt, Dichter, Maler und Musiker Ge­heimrat Karl-Ludwig Schleich, dem wir die Lokal-Anaesthesie, die örtliche Betäubung verdanken. Dazu gehörten viele unserer

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großen Dichter wie Goethe, Schiller, Annette von Droste-Hüls- hoff, Josef von Eichendorff und viele andere, ist doch der wahre Künstler, vor allem der Musiker und Dichter, direkt vom Göttli­chen her inspiriert und deshalb mit besonderen Sinnen dafür ausgestattet. Uber die Inspiration unserer Klassiker gibt es ein wunderbares Buch von Arthur M. Abell, „ Gespräche mit be­rühmten Komponisten". Es läßt erkennen, daß die unvergäng­liche, die klassische Musik eines Beethoven, Mozart, Schubert und Brahms, um nur einige der großen Namen zu nennen, den Menschen zur direkten Erbauung, als Mittel zum Erahnen über­irdischen Lebens, als Hilfe für suchende Seelen direkt aus den Himmeln gegeben wurde.Gott selbst gab darüber Jakob Lorber eine direkte Botschaft, aus der hervorgeht, daß die erhabene Musik wie kein anderes Mittel die Seele bereit macht zur Aufnahme des Gotteswortes.Daß Edvard Grieg in seinen Suiten und Klavierkonzerten die Schönheit seiner Heimat Norwegen in Musik gemalt hat, ist un­verkennbar. Wer ein feines Empfinden hat, der spürt heraus, daß auch Grieg einer dieser begnadeten Menschen gewesen ist, dem sich die Geister der Natur, Gnomen, Nixen und Trolle zeig­ten. Auch die Schwedin Selma Lagerlöf hätte ,,Nils Holgeissons Reise mit den W indgänsen" nicht so wundersam beschreiben können, wären ihr Kobolde und Wichtel nicht aus eigener An­schauung bekannt gewesen. Nichts, was zum Brauchtum, zum alten Kulturgut eines Volkes gehört, ist ohne einen tiefen Sinn entstanden. Und trotz der gewaltsamen Loslösung vom Alther­gebrachten durch die Walze des Fortschritts, oder gerade deshalb, mehren sich die Stimmen auch in der Wissenschaft, die sich er­schrocken der Folgen bewußt werden. So gewinnen zum Beispiel die alten Bräuche in der Kinderpflege wieder neues Ansehen, obwohl sie eine Zeitlang milde belächelt wurden.Der Münchner Facharzt für Kinderheilkunde, Prof. Hellbrügge, stellte fest, daß zu früh geborene Kinder, die wochenlang im Brutkasten gehalten werden müssen, keine seelischen Schäden davontragen, wenn sie in eine Schaukelvorrichtung kommen, die die Bewegungen im Mutterleib simuliert. Müttern mit schlecht entwickelten Kindern empfiehlt man neuerdings, häufigen Kör­perkontakt mit dem Kind zu haben, um durch die Wärme und Bewegung des mütterlichen Körpers gewissermaßen den Gebor­genheitszustand der Schwangerschaft zu verlängern. Auch die

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gute alte Wiege wird wieder aus der Versenkung hervorgeholt wie in Urgroßmutters Zeiten, wird doch dem Kind durch die Schaukelbewegung ein vorgeburtähnlicher Zustand vermittelt. Noch natürlicher wären allerdings die Tragetücher, wie sie noch bei vielen Völkern Asiens und Afrikas gebräuchlich sind. Vernünftige Ärzte begreifen, daß ein Volk sich nicht ungestraft von seinem angestammten Brauchtum lösen darf, wenn es nicht den Urgrund verlieren will, der es allein am Leben erhält. Dieses Brauchtum ist immer vom Göttlichen her inspiriert! Verleugnet ein Volk seine angestammten guten und nützlichen Sitten, dann wird es entwurzelt und ist zum Untergang verurteilt.Wie stark wir Menschen im positiven oder negativen Sinn im­stande sind, durch gute oder schlechte Gedanken und Gefühle auf die uns ständig umgebenden Naturgeister Einfluß zu neh­men, wird den Leser in höchstes Erstaunen versetzen. Gedanken sind Kräfte, von denen wir kaum eine Vorstellung haben. Der Herr sagt darüber, sie sind Schöpfungen, die, unsichtbar für uns, im ganzen Universum wirksam werden. Er sagt: Wenn ihr Men­schen wüßtet, daß ihr mit euren eigenen Gedanken und Worten eines Tages wieder konfrontiert werdet, dann würde mancher sich vorher lieber auf die Zunge beißen, und viele gedankenlos da­hingeplapperten Worte blieben ungesagt. So mancher billige Witz, so manche Stammtischzote bliebe dem Spötter im Halse stecken, wäre er sich bewußt, diesen Albernheiten und Platthei­ten eines Tages in einer Umgebung wiederzubegegnen, die ihm sein irdisches Tun recht beschämend erscheinen lassen muß. Wären wir uns überhaupt mehr der Bestimmung bewußt, eines Tages Kinder Gottes zu werden, wie anders würden viele ihr Lehen einrichten und ihre Handlungen mehr der Eigenkritik un­terstellen. Uns würde klar, daß alle diese verharmlosten und verniedlichten schlechten Gewohnheiten, diese Alltagssüchte, mit denen man sich auch noch großtut, geeignet sind, unsere Erkenntnisfähigkeit zu verfinstern, daß sie uns in ein direktes Abhängigkeitsverhältnis zu Satan bringen, der damit langsam, aber sicher, die Seelen mit Beschlag belegt und sie zu sich herab- / ie h t .leb habe das noch einmal betont, weil sich kaum jemand vorstel­len kann, daß es gerade diese Unsitten sind, die die Menschen Immer tiefer in die Nacht der Glaubenslosigkeit ziehen.

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Doch, zurück zu den Naturgeistem. Was haben wir uns darunter vorzustellen? Hilfskräfte des göttlichen Waltens in der Natur, wie wir bereits sagten. Sie stellen Geistesgeschöpfe dar, die eben­falls aus dem Mineral-, Pflanzen- und Tierreich aufgestiegen sind und eine bereits recht intelligente Zwischenstufe zwischen Tier- und Menschenseele darstellen. Sie haben die Aufgabe, im Haus­halt der Natur alles sinnvoll zu regeln unter der Oberaufsicht der von Gott dazu bestellten Engel. Sie führen im Luftraum, in den Gewässern, Bergen, Wäldern und im Inneren der Erde oft Jahr­zehnte ein ungebundenes Leben und entschließen sich nur un­gern dazu, sich in einen Menschenleib einzeugen zu lassen. Ge­fällt ihnen doch das feinstoffliche Leben ohne den schwerfälligen und schmerzbeladenen Materieleib wesentlich besser.In dem Buch „Eide und Mond“ werden diese Geister bereits als Intelligenz für sich dargestellt, während Pflanzen- und niedere Tierseelen noch als Gruppenseelen auftreten.Der Berggeist „Rübezahl" des Riesengebirges, über den es zahl­lose Geschichten und Sagen gibt, ist ganz sicher nicht nur ein Produkt der Phantasie. Jesus selbst äußert sich zu Geistern dieser Art: „Es glaube ja keiner, daß ein bergbeherrschender Geist eine Fabel sei, denn da der liebevollen Macht des Ewigen zahllose Heere von Geistern untertan sind, die die größte Freude empfin­den, wenn ihnen die Liebe des Herrn nur irgendwo etwas zu tun gibt, so gewährt denn der Herr auch gern, was diese Geister lie­bend begehren" (GrEv VII 16,1—2). Der Erzengel Raphael erklärt dem Lazarus von Bethanien: „Die Naturgeister in der Materie der Berge, die mit dem in der Luft enthaltenen freien Goldstoff am nächsten verwandt sind, ziehen vermöge ihrer Intelligenz und Willenskraft das freie Gold aus der Luft an sich, und wenn das mehrere Jahrhunderte fort und fort geschieht, so wird an sol­chen Stellen Gold sichtbar."Jesus bezeichnet die Begegnungen, die Bergleute häufig mit „klei­nen M ännlein" haben, die im Falle, daß sie geärgert werden, zur Riesengestalt anwachsen und Katastrophen aller Art wie Stein­schlag, Stolleneinbrüche, Lawinen und dergleichen auslösen kön­nen, als durchaus der Wahrheit entsprechend. In Gegenden, in denen sie vorzugsweise wohnen, in abgelegenen Wäldern oder Gebirgen, tut man gut daran, nicht laut zu schreien, zu pfeifen, noch weniger zu fluchen oder zu schelten.Unsere Eltern und Großeltern wußten noch, daß man sich in

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der Natur draußen friedlich und gesittet benehmen soll. Und Menschen mit feinerem Empfinden scheuen sich von selbst, den Frieden in Wald und Flur zu stören, ohne sich freilidi der eigent­lichen Gründe bewußt zu sein. Im Gioßen Evangelium Johannes erklärt der Herr: „Viele Naturseelen halten sich gern in den Ber­gen auf, gehen auch in die Wohnungen einfacher Menschen und tun ihnen Gutes. Nur dürfen sie nicht beleidigt werden, sonst ist mit ihnen nicht gut Mahlzeit halten. Sie besuchen heimlich auch Schulen und lernen vieles von den Menschen. Den Berg­leuten zeigen sie nicht selten reiche Metallager. Auf den Almen dienen sie den Hirten und den Weidetieren" (IV 116,4,5). Für die in der ersten, das heißt untersten Luftregion unserer Erde überaus tätigen reinen Geister und Engel sind „Ruhezeiten an­beraumt, in denen sie Erholung haben. Eine solche Ruhezeit ist zum Beispiel der Winter" (E.u.M. 40,7—8).Wie die Naturgeister auf die Zerstörungen in ihren angestamm­ten Territorien durch den menschlichen Raubbau und den törich­ten Eingriff in den Haushalt der Natur reagieren, ist unschwer zu erraten. Die Veränderungen im Klima der letzten Jahrzehnte, ungewohnte und mißliche Witterungsverhältnisse haben ihre Ursache in der zornigen Mißbilligung der in ihrer Ruhe gestörten Geister in Feld und Wald, im Wasser und in der Luft. Wir wer­den uns auf Mißernten, schwere Schäden durch Sturm, Regen, Hagelschlag und Trockenheit gefaßt machen müssen. Die durch Orkane hervorgerufenen Verheerungen in den Wäldern Nord­deutschlands im Herbst 1973 sind dafür ein beklemmend ein­drucksvolles Beispiel.Jesus sagt dazu im GrEv: „Die Wälder sind vor allem die ersten Aufnahmegefäße für zahllos viele Naturgeister, die im Reiche der Pflanzen ihre erste, schon mit einer geordneten Intelligenz gesonderte Einverleibung erhalten und zu einer solchen Reife gelangen, durch die sie dann ins intelligentere und freiere Tier­leben übergehen können. Solange derlei Wälder auf der Erde in gerechtem Maße bestehen und d ie . . . aus dieser Erde sich ent­wickelnden und aufsteigenden Naturgeister darin ihre Aufnah­me und wohlgeordnete Unterkunft finden, so lange werdet ihr über den Erdboden hin weder zu heftige Elementarstürme noch irgend zu verschiedene pestilenzartige Krankheiten auftauchen sehen. Wenn aber einmal die zu gierige Gewinnsucht der Men­schen sich zu sehr an den Wäldern der Erde vergreifen wird,

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dann wird für die Menschen böse zu leben und zu bestehen sein“ (IX 63;5 f.).Uber die Tätigkeit der Wald- und Flurgeister, die das Pflanzen­leben beeinflussen, heißt es in dem Buch „Eide und M ond", daß einem jeden Geist ein bestimmtes Gebiet, bestimmte Pflanzen­gattungen zur Betreuung anvertraut sind. Die geringste Unauf­merksamkeit des verantwortlichen Naturgeistes hat Miß wachs und Mißernten zur Folge. Mißernten sind durchaus kein Zufall, sondern die Felder der Menschen, die dadurch gezüchtigt werden sollen, werden von den übergeordneten Geistern lauen und un­gewissenhaften Flurgeistern zur Betreuung übertragen.Die für uns unsichtbare Welt gleicht genau wie die sichtbare einem Staatswesen, dessen Auswirkungen unser Dasein in höhe­rem Maß bestimmen, als wir es ahnen. Diese Flurgeister sorgen dafür, daß jede Pflanze aus dem Boden den für sie nötigen Nähr­stoff zugeführt bekommt, sie sorgen für die Form und das typi­sche Wachstum jeder Pflanze. Wie sollte sonst eine Pflanze aus dem Boden, der viele Arten speist, für sich das ihr Zuträgliche herausfinden ?Alles ist Geist, was um uns lebt und webt. Lernen wir in jeder Blume, in jedem Grashalm, in jeder Mücke, in jedem Käfer Got­tes weise gelenkte Geschöpfe erkennen. „Jedes Regentröpfchen, das zur Erde fällt, hat seinen höchst weisen geistigen Grund", sagt der Herr bei Lorber. Und „wer weiß es, wieviel Kraft die entbun­denen Geister in den Wasserdämpfen besitzen? Fürwahr, wenn sie von Meinen Engeln nicht möchten im Zaume gehalten wer­den, da würden sich die viel einbildenden Dampfmaschinisten (Maschinenbauer) gar bald überzeugen, auf was für hohlem Grund all ihre Berechnung beruht. Denn entbundene Geister von auch nur einem Maß Wasser könnten in ungezügeltem Zu­stande in einem Augenblick ganze Gebirgsketten in Staub ver­wandeln, woraus ihr gar leicht ersehen könnt, wieviel himmli­schen Schutzes es da immerwährend vonnöten hat, damit die Menschen bei ihren törichten Unternehmungen nicht allzumal verunglückend zugrunde gehen" (Sa 10,10).Die Körper der Gnomen und der anderen Naturgeister sind so ätherisch und feinstofflich, daß sie durch die Materie gewisserma­ßen hindurchgehen können. Sie wohnen häufig in der Nähe na­turverbundener Menschen und nehmen ihre Gedanken in Form von Schwingungen wahr. Sie versuchen, Betrübte zu trösten,

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Kranke aufzumuntern, aber sie geraten auch in Zorn, müssen sie begangenes Unrecht mit ansehen. Durch Verdichtung ihrer Gestalt können sie große physische Kräfte äußern. Sie können Einfluß auf die Gedanken und Entschlüsse von Menschen und Tieren nehmen und sie vor Gefahren warnen. Unerklärliche Ein­gebungen, die uns, wie sich später herausstellte, vor Unglücks­fällen bewahrt haben, sind häufig auf das Einwirken der Natur­geister zurückzuführen. Sie unterstützen damit die Arbeit der Schutzgeister, die jedem Menschen von Geburt an beigegeben sind, ja sogar schon seine Entwicklung im Mutterleib überwa­chen.„Sechs Schutzgeister habe Ich jedem Erdenbürger zu seiner stän­digen Begleitung mitgegeben, und der Siebente bin dann immer Ich\" (EuM S. 152) „So wie Ich aber auf Erden durch die Hände der Menschen zahllose Dinge bewirke, ebenso lasse Ich auch durch die Kraft und Liebe Meiner Geister und Engel diejenigen Dinge auf allen Weltkörpern schaffen, die von den Menschen nicht vollbracht werden können. Die Menschen können wohl Häuser bauen, Kleiderstoffe bereiten, Werkzeuge hersteilen und vieles andere mehr, aber die Materie dazu können sie nicht m a­chen. Sie können kein Gras erschaffen, kein Gesträuch und kei­nen Baum. Ebensowenig ein Tier, aber die durch und durch lebendigen Geister und Engel können das wohl, weil sie dazu mit jener Kraft aus Mir ausgerüstet sind, um solches in Meinem Namen zu vollführen!" (EuM 50,5).Muß bei soviel Licht unser menschlicher Hochmut nicht ganz klein werden?

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Unsere Erde

Der Herr: „Seht, was Ich eines einzigen, hochmütigen Engels wegen tue! — Ich sage es euch, es wäre nie eine Erde noch eine Sonne, noch irgend ein Materielles erschaffen worden, wäre die­ser einzige (Luzifer) demütig geblieben. Allein aus Liebe füllte Ich, die ewige Liebe, die Unendlichkeit mit Sonnen und Welten, um auch den kleinsten Teil dieses Gefallenen noch retten zu kön­nen" (Hi I, S 66,25.)Wenn wir es nicht schon mit dem Herzen begriffen hätten, müß­te nach so viel gegebener Weisheit auch der logische Verstand zu dem Schluß kommen, daß nur von dieser Voraussetzung aus gesehen unser ganzes Dasein erklärbar und faßlich wird. Alle anderen Spekulationen müssen irgendwo in einer Sackgasse en­den.„Gott würfelt nicht!" sagte Albert Einstein und gab damit seiner tiefen Überzeugung Ausdruck, daß das Universum kein Chaos und die Entstehung des Lebens kein Zufall sein könne. Die Schöpfung ist ein in sich geschlossenes Ganzes.Dieses Bild der Ganzheit wird uns mehr und mehr von der modernen Naturwissenschaft gezeichnet. Sie entdeckt das innige Ineinanderwirken von Geist und Materie.„Materie an sich gibt es nicht", sagte Nobelpreisträger Max Planck, „es gibt nur den belebenden, unsichtbaren, unsterblichen Geist als Urgrund der Materie, mit dem geheimnisvollen Schöp­fer, den ich mich nicht scheue ,Gott' zu nennen."In dem Buch „Eide und M ond" lesen wir: „Hätten die Naturfor­scher der alles beherrschenden und erfüllenden Lebenskraft Got­tes in ihren Schriften einen Platz eingeräumt, so hätten sie schon lange in ihrem Wissen einen gewaltigen Schritt vorwärts ge­macht und hätten nicht nötig, ,tote Kräfte' — was ein gröbster Unsinn ist — abzuwägen und zu zergliedern, sondern sie hätten sogleich mit jener Grundbedingung allen Seins zu tun bekom­men, in welcher sie sich selbst und alle Materie vom rechten Standpunkt aus schon lange vollkommen erkannt hätten! Aber so tappen — was eigentlich das Dümmste ist — die Lebendigen in lauter toten Kräften herum und wollen am Ende gar noch be­weisen, daß die lebendige Kraft ein Gemisch und eine Zusam­

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mensetzung aus lauter toten Kräften ist" (41,67). — „In welcher Logik kann denn eine wirkende Kraft als ,tot' angesehen werden? Kann es etwas Unsinnigeres geben, als gewissen sichtbaren Wir­kungen einen toten Grund zu unterbreiten?" (41,8) „Wenn in und an der Materie wirkende Kräfte entdeckt werden, so sind sie nicht tot, sondern lebendig und intelligent, denn ohne In­telligenz läßt sich ebensowenig eine Wirkung denken wie ohne Kraft" (S. 119).Die Frage nach der Henne oder dem Ei, die Urfrage nach der Entstehung des Lebens auf unserer Erde bewegt bis zum heutigen Tag heftig die Gemüter der gelehrten und ungelehrten Welt. Man bemüht sich, die Urformen des Lebens in der Retorte zu züchten und maßt sich an, eines Tages auf künstlichem Wege Menschen herstellen zu können. Wessen geheimen Direktiven solche Vorstellungen entsprungen sind, muß hier nicht noch ein­mal betont werden.Natürlich hat auch mich die Frage nach der Entstehung des Le­bens überaus interessiert, und ich bin im Lorberwerk auf die Suche gegangen, um auf kritische Fragen eine stichhaltige Ant­wort bereit zu haben. Dabei stellte ich fest, daß diese Antwort nur einleuchten kann, wenn zuvor der gesamte Plan Gottes ver­standen worden ist. Aus eben dem Grund habe ich dieses Thema an den Schluß gestellt, weil ohne Vorbereitung kaum jemand imstande ist, diese göttlichen Dinge zu begreifen. „Kennst du das Alpha, verstehst du auch das Omega", sagt der Herr. Lassen wir ihn daher selbst zu Wort kommen, wie er uns mit wunderbaren und verblüffend einfachen Argumenten das gesamte Prinzip er­klärt:„Es ist ein alter, absurder Streit der Weltweisen, was die Gottheit wohl eher erschaffen habe, das Ei oder die Henne, denn ohne das Ei könnte weder ein Hahn noch eine Henne auf die Welt gekommen sein, und ohne die Henne und einen Hahn aber könnte kein befruchtetes Ei in die Welt gesetzt werden. Ich aber frage entgegen, ob zur Geburt einer Zentral- oder anderen Sonne oder einer Erde auch ein vorhergehendes Ei notwendig war? — Wer sonach diese großen Dinge aus sich hervorrufen kann, dem wird von der hohen Gelehrtheit der Menschen dieser Welt aus auch erlaubt sein, entweder die Eier oder die Hühner mit dem Hahn zuerst ins Dasein zu rufen. Das erste Menschenpaar be­durfte auch keines Eies, um aus demselben hervorzukriechen.

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Der Mensch ward von Mir wie jede andere Kreatur sogleich vollkommen in die materielle Welt gesetzt und zwar mit der alsogleichen Verleihung der nachherigen Fortpflanzungsfähig­keit, welcher Akt ein viel natürlicherer ist, als daß Ich auf der Erde zuvor lauter Eier gelegt hätte, aus denen aller Art Kreaturen durch die Sonnenhitze hätten ausgebrütet werden sollen" (EuM Kap. 14).Die Gelehrten dieser Welt, an ihrer Spitze Darwin und Häckel, versuchten uns die Entwicklung vom Einzeller zu den kompli­zierteren Lebensformen als einen rein mechanischen Vorgang der Naturgesetze hinzustellen. Wie schnell diese Theorie zu Fall zu bringen ist, wird deutlich, wenn man die knappe Frage stellt: Und wo sind die Zwischenformen? Wenn sich eine Tiergattung aus der anderen entwickelt hätte, müßten die Zwischenformen deutlich sichtbar und erkennbar sein. Aber aus einem Krokodil­Ei kriecht immer wieder nur ein Krokodil, und eine Affenmutter wird immer wieder nur ein Affenbaby zur Welt bringen. Ernsthaft können Theorien dieser Art nur von Menschen erwo­gen werden, die den Materiesinn als den Maßstab aller Dinge allein gelten lassen. Daß hier die menschlichen Überlegungen den gleichen Mangel aufweisen, wie ein zu kurz geratenes Hemd, müßte bei ernsthafter Überlegung einleuchten. Begreifst du das Alpha, verstehst du auch das Omega!Nur der menschliche Geist, der imstande ist, sich über die M a­terie zu erheben, wird die Vorgänge göttlicher Zeugung akzep­tieren können.Im GrEv IV, Kap. 119—120, erklärte ein Engel den Jüngern diesen Vorgang, nachdem er ihnen die innere Sehe geöffnet hatte. Erin­nern wir uns an das Kapitel „Luzifer", in dem ich den Leser bat, im Gedächtnis zu behalten, daß der unendliche Raum angefüllt ist mit allen allerkleinsten Bestandteilen, die zur Bildung von Sonnen und Welten notwendig sind, und daß es nur dem all­mächtigen Willen Gottes oder seiner höchsten Engel unterliegt, diese undenkbar winzigen Teile zu einem festen oder einem lockereren Gebilde zusammenzufügen. Der große Weltenmeister kann zu jeder Zeit, in jedem Augenblick ein neues „Werde" aussprechen, und im N u ist Leben, sind neue Lebensformen ent­standen. Die Zweifel an der Darwinschen Evolutionstheorie mehren sich, je weiter unsere Wissenschaft in die göttlichen Ge­heimnisse vordringt, und mancher jugendlich fanatische Materia-

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list und Atheist unter den Gelehrten revidierte seinen Dünkel von der Unbegrenztheit des menschlichen Erfindungs- und Ent­deckungsgeistes mit zunehmendem Alter und bekannte die U n­zulänglichkeit seines Wissens vor der Größe der Schöpfung. Uriebensfunken nennt die Neuoffenbarung die schöpferischen, lebenspendenden Gedanken Gottes, die als schlangenartige, feurige Gebilde den ganzen Ätherraum erfüllen, bereit, sich je­derzeit zu neuen Lebensformen zusammenzuballen, wenn Gott es von ihnen verlangt.Die Engel, als der verlängerte Arm Gottes, sind ebenfalls im­stande, Wesen und lebendige Gebilde nach der jeweiligen Not­wendigkeit aus diesen feurigen „Langzungen" zu formen. Auf Geheiß finden sich viele dieser Urlebensfunlcen zu verdichteten Mutter-Lebensldumpen zusammen und bilden so die Vorstufe neu erschaffener Wesen.Um es noch deutlicher zu machen, lassen wir den Engel Raphael selbst zu Wort kommen, wie er die Bildung eines neuen Lebe­wesens schildert: „Ich habe nun nach dem Willen des Herrn durch die vielen untergeordneten Dienstgeister die großen und sehr hell leuchtenden, langfeuerzungenartigen Uriebensgeister, die dort am Wasser spielten, hierhergezogen. Seht nur recht ge­nau, wie sie sich um den vor uns freischwebenden weiblichen Lebensklumpen emsigst zu tummeln anfangen! Und schon fan­gen die kleineren, weiblichen Lebensgeister wieder an, sich zu rühren und bemühen sich, diese unruhigen, männlichen Lebens­geister loszuwerden. Aber diese weichen nimmer, und die Erre­gung der weiblichen Lebensgeister greift immer tiefer, bis zum Hauptlebenszentrum. Und nun sehet ihr daraus organische Ver­bindungen entstehen. Das Äußere geht in eine Form über, die stets mehr einem Tierwesen ähnlich wird. Die Folge ist die Voll­endung des Wesens, das nun in Kürze so weit gediehen ist, daß ihr schon bestimmen könnt, welche Gattung da zum Vorsdiein kommen wird" (GrEv IV 120,5-7).Durch diese Art der Urzeugung entstehen Keime und Samen, entstand jedes Leben auf diesem Planeten, und so entsteht es noch täglich von neuem.Auf vielen höheren Gestirnen haben sogar, nach Lorber, die dort lebenden, vollkommeneren Menschen die Fähigkeit, nur durch ihren Willen allein, Pflanzen und Bäume wachsen zu lassen, die zu ihrem Lebensunterhalt und zu ihrer Erbauung dienen sollen.

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Erscheint nun, nachdem wir dem Schöpfer ein wenig über die Schulter schauen durften, die Zeugung in Maria durch den rein­geistigen Willen Gottes immer noch so undenkbar?Die Erde selbst ist eine Gebärerin, wie wir dem Buch „Eide und M ond" entnehmen können, sie ist zeugungsfähig und ein le­bendiger Organismus, der, ähnlich dem Menschen- und Tierleib, mit allen Organen ausgestattet ist, die alle Lebenserhaltungspro­zesse in ständiger Bewegung halten. Ihrer besonderen Anlage wegen ist aber die Erde auch als Hermaphrodit zu betrachten, als Mann und Weib, positiv und negativ zugleich in einem Wesen. Erinnern wir uns der Erschaffung des ersten Edelmenschenpaares Adam und Eva, die Gott durch die Zweiteilung eines Wesens schuf. So war Adam in seiner ungeteilten Form ursprünglich auch ein Wesen, das ebenso wie jedes Engelwesen die sich ständig verjüngenden und erneuernden männlich-weiblichen Elemente in sich vereinte. So reinigte und erneuerte sich unsere Erde durch ihren polaren Charakter ständig selbst, bis der Mensch durch sei­nen zerstörenden Hochmut zu tief in ihren Organismus eingriff. Wenn die Erde als Mann-Weib zeugungsfähig ist, fragt man mit Recht nach den Zeugungsorganen. Dazu sagt der Herr in dem Buch „Eide und Mond“ : „D as Hauptzeugungsorgan ist der stark aufgewulstete Südpol. Nach diesem Zeugungsorgan ist die Erde weiblich, weil der Südpol negativ-polar ist. Die Sonne mit ihrer entgegengesetzt männlich-polaren Kraft ist der dazugehörende Zeuger. Ein Hauptkind der Erde, auf diese Weise gezeugt, ist der Mond, das älteste Kind dieses tellurischen Weibes. So gebiert die Erde viele kleine kometähnliche Planetchen, die aber nach eini­ger Zeit wieder von der Anziehungskraft eingefangen werden. Es gibt viele Ausgeburtskanäle, von denen sich der Hauptgeburts­kanal in der Mitte des Stillen Ozeans befindet, nicht fern des Äquators in der Gegend der Gesellschaftinseln. Von dort ward einst auch der Mond von der Erde ausgeboren und später noch eine größere Menge heute noch vorhandener Kometen" (Kap. 13).Die Vorstellung, daß das Innere unserer Erde wie ein vollständi­ger Organismus funktioniert, mit Herz, Milz, Niere, Magen, Mund und After, kam mir anfangs so absurd vor, daß ich doch einige Zweifel an der Richtigkeit der Lorberschen Aussagen heg­te. Dann aber bestätigten sich viele dieser vor mehr als 130 Jahren empfangenen göttlichen Durchsagen in verblüffend ein­

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deutiger Weise durch Forschung und Technik. Die Erkenntnisse der Wissenschaft sind durch die Raumfahrt und durch die N ut­zung der gefährlichen Atomkraft sprunghaft angestiegen und be­stätigen das Lorberwerk in sensationeller Form.Zur Verdeutlichung der Tatsache, daß die Erde nicht tote Materie, sondern ein lebender Organismus ist, mag die Erklärung dienen, daß Materie, aus der alle Lebensgeister entflohen, in den Zu­stand der Trägheit zurücksinkt, stirbt, verwest und zerfällt. Jeder lebende Gegenstand wird durchpulst, von Säften gespeist und beatmet. Die Atmung unseres Erdkörpers geschieht durch Zu­sammenziehung und Ausdehnung der Erdlunge im Sechs-Stun- den-Rhythmus. Das regelmäßige An- und Abschwellen des Mee­res in Ebbe und Flut wird durch den Atmungsvorgang der Erde bewirkt. Der Mond spielt bei den Gezeiten, nach Lorber, nur eine sehr untergeordnete Rolle. Die Anziehungskraft des Mondes ist zu gering, um die Flebung derartiger Wassermassen allein zu bewirken. Ein Beweis für die Erdatmung mag die Beobachtung sein, daß sich der Hamburger Elbtunnel, der ja in der festen Erd­masse unter dem Wasser der Elbe verlegt wurde, im Sechs-Stun- den-Rhythmus hebt und senkt. Das gleiche Phänomen hat man neuerdings auch beim Kölner Dom durch Messungen festge­stellt.Das Erdinnere und das geheimnisvoll pulsende Leben in ihm mit seinen brausenden Urgewalten zu erforschen, wird dem Erden­menschen niemals möglich sein. Jesus selbst sagt darüber, daß jeder des Todes ist, der es wagt, zu tief in den geschützten Kern unserer Erde vorzudringen. Der materielle Mensch wird also nie­mals nachprüfen können, ob die Schau, die uns Lorber vermit­telt, richtig ist. Aber, über alle menschliche Beweisbarkeit ist es unser Geist, der die Reise zum Mittelpunkt der Erde, wie sie Jules Verne gar nicht so abwegig beschrieben hat, antreten kann. Da die Wunderwelt, die Lorber vor unseren Augen ausbreitet, mit dem, was die Forschung an der Oberfläche registrieren kann, ge- nauestens übereinstimmt, sieht der Verstand keinen Grund, an den göttlichen Durchsagen, die dem menschlichen Auge verbor­gen bleiben müssen, zu zweifeln. Im Gegenteil, wir erleben mit ehrfürchtigem Staunen, wie sich unser Wissen erweitert, und werden schon im Vergleich zu den ungeheuren Kräften, die unter uns wirksam sind, ganz klein und andächtig.Was bisher nur wenigen visionär begabten Menschen möglich

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war, zu denen teilweise auch der „Phantast" Jules Verne gehörte, nämlich, hinter den Vorhang der göttlichen Geheimnisse zu schauen, steht nun jedem Suchenden offen.Wenn man darüber nachdenkt, wie lebenszerstörend der Mensch allein auf der Suche nach neuen Energien in die sinnvolle Funk­tion unserer Erde eingreift, so ist die Aussage der Prophetie, daß es durch das unkontrollierte Ausströmen brennbarer Erdgase in die Atmosphäre zu einer Katastrophe unvorstellbaren Ausmaßes kommen wird, sicher keine Utopie. Als nach der Ölkrise die Boh­rungen immer tiefer getrieben wurden, graute mir vor soviel Sorglosigkeit. Dabei wäre genügend natürliche Energie nutzbar zu machen, daß die Menschheit niemals Mangel zu leiden brauchte. Ob es sich um das Wesen und die Bestandteile unserer Luft handelt — in einer Ausführlichkeit, wie sie sich unsere Naturwis­senschaft nur erträumen kann —, ob es sich um die Ätherregion und ihre Beschaffenheit handelt oder um die Gestaltung unseres Mondes, den die Astronauten ja nur auf seiner „toten" Seite kennengelemt haben, alles das behandelt das Lorberwerk in er­regender Ausführlichkeit.Es ist sehr bedauerlich, daß die Mondforschung sich nur auf die erdzugewandte Seite unseres Trabanten beschränken mußte, ist doch nach Lorber die Rückseite des Mondes als fester Erdkörper mit einer spärlichen Pflanzen- und Tierwelt versehen. Alles Was­ser, das dort vorhanden ist, hat sich durch die Fliehkraft auf der Rückseite zusammengedrängt. Dort lebt auch eine, wegen der großen Temperaturunterschiede in tiefen Höhlen unter der Erde lebende, zwergähnliche Menschenrasse, die ein schweres Leben zwischen großer Kälte und Finsternis und unerträglicher Hitze zu ertragen hat.Die Raumforschung hätte sicher nichts unversucht gelassen, die Richtigkeit dieser Behauptungen zu untersuchen, wenn diese Bü­cher damals in Amerika bekannt gewesen und ernst genommen worden wären. Vielleicht sollten wir aber annehmen, daß Gott der Neugierde des Menschen hier einen deutlichen Riegel vorge­schoben hat, denn er setzt der materiellen Erforschung energi­sche Grenzen, während er dem Geist einen Höhenflug ohneglei­chen gestattet. Merkwürdig muten in diesem Zusammenhang die mystischen Erlebnisse einiger Astronauten an, über die zu spre­chen sie sich beharrlich weigern. Ich glaube, daß Gott hier bereits die Grenzen menschlicher Respektlosigkeit abgesteckt hatte.

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In dem Buch „Die natiiiliche Sonne“ spricht der Herr vom Mars als dem dürftigsten aller Planeten. Das jüngste Raumfahrtunter­nehmen der Amerikaner bestätigt diese Angabe.Der Magnetismus ist eine anziehende Kraft, heißt es bei Lorber, ist das attraktive Element, das alle geschaffenen Formen zusam­menhält und zu einem Ganzen verbindet. Er ist ein großer Strom, der das gesamte All durchweht und alles zum Zusammen­wirken zwingt. Die magnetische Urkraft ist somit nichts anderes als der Wille Gottes, der durch seine Gedanken alle geschaffenen Wesen in ihrer Form und ordnungsgemäßen Regsamkeit erhält. Magnetismus ist der Ausfluß des göttlichen Schöpfergeistes, er ist das Band, das alles umschließt, zusammenfügt und so den Bestand der erscheinlichen Materie bewirkt. Geistig gesehen ist der Magnetismus das ewige Band, das Gott mit seinen Kindern und Geschöpfen verbindet durch die anziehende Macht der Liebe.Elektrizität als abstoßende Kraft ist die andere der beiden Ur­kräfte, die die Triebfedern und Träger allen Lebens sind. In ih­rem positiven Teil fördert die Elektrizität die Erhaltung alles Geschaffenen, in ihrer negativen Polarität bringt sie Zerstörung durch Auflösung der Formen und reizt zu neuem, höherem Wie­deraufbau an. Elektrizität als gebundene Wärme ist Licht und erhöht das Leben, wo immer sein Strom hingeleitet wird.In dem Buch „ Schöpfungsgeheimnisse" (Kap. „D ie Elektrizität" S. 15 ff.), das Gottfried Mayerhofer ebenfalls durch das Innere Wort empfing, wird die Angabe Lorbers noch wesentlich vertieft. Idr raffe auch hier stark zusammen, um nur die Grundprinzipien herauszuarbeiten. Der Herr sagt: „Als im unendlichen Raum Meine ersten Ideen sich zu verwirklichen anfingen und Welten auf Welten geschaffen wurden, da herrschte nur das Gesetz der Anziehung und der Abstoßung, das die Weltkörper zur Umdre­hung um ihre Achsen und ihre Zentralsonnen zwang. Es waren somit nur zwei Kräfte, die alles dies verrichteten. . . Die eine wollte alles an sich reißen, die andere alles in die Unendlichkeit hinaustreiben. Aus dem Konflikt beider Kräfte entstand die dre­hende Bewegung. Auch wurde durch diese Kräfte das ganze U ni­versum mit Welten bevölkert, und noch jetzt sind beide Kräfte die Hauptträger allen Lebens und werden es ewig bleiben.Die erste dieser Kräfte ist die Liebe. Sie will alles an sich reißen und sich von nichts trennen. Die Folge wäre endlich ein Erdrük-

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ken, ein Tod zwar aus Liebe, aber kein Leben. U m diesem mäch­tigen Trieb meines Ichs Schranken zu setzen, trat die Weisheit hinzu. Diese hindert zwar nicht die Anziehung der Liebe, läßt sie jedoch nur bis zu einem gewissen Grade zu und bedingt dann wieder das Loslassen und die Entfernung. Durch dieses Wirken beider Kräfte entstand das erste, was in Meiner Schöpfung not­wendig ist: die Bewegung. Wie aber Ruhe Tod bedeutet, so ist Bewegung Leben! Es war also das Leben ein Produkt von zwei Kräften, die — miteinander im Streite — die Wirkung des Schaf­fens, Vergehens und wieder neu Aufbauens hervorbrachten. Ein Kommen und Gehen, das diese Kräfte als Gesetz der ewigen Er­neuerung und Fortdauer schufen.Wo Widerstreit, da ist Reibung. Wo Reibung, da ist Erregung aller Teile, die in träger Ruhe verbleiben wollen. Wo Erregung, da erweckt sich die Wärme, und wo sich Wärme in ihrer höchsten Vibration befindet, entwickelt sich das Licht! Ohne Licht gibt es kein Leben. Da aber Licht nur ein Produkt der Wärme ist, so ist auch Wärme, wo Leben ist. Wo aber keine Bewegung, erzeugt sich keine Wärme. Kälte oder Tod ist Stillstand! — Aus den bei­den ersten Primitivkräften gingen demnach zwei weitere Haupt­eigenschaften hervor, nämlich aus Abstoßung und Anziehung — die Wärme und das Licht. Und diesen entwuchs alles Geschaffe­ne. Die Liebe baut, die Weisheit erhält. Liebe ist gleichbedeutend mit Magnetismus, Weisheit mit Elektrizität. Und so geht der ganze Schöpfungsbau aus zwei Grundgesetzen, aus zwei Haupt­eigenschaften meines Ichs hervor!Sogar Ich selbst ließ es um der Weiterbildung der Schöpfung willen zu, daß einer Meiner größten Geister von Mir abfiel und als Prinzip des Bösen sich Mir gegenüberstellte, um das Werden und Entwickeln zu fördern, so lange, bis es eine Periode erreicht haben wird, wo das materielle Schaffen beendet ist, wo kein Vergehen mehr notwendig ist und eine ewig geistige Ära für alle Welten und Wesen eingetreten sein wird.Das Licht, von Mir ausströmend, durch alle Räume dringend, alles belebend, schuf die materielle Welt, kleidete Geister in Materie, um aus letzterer wieder erstere zu befreien, aber unter anderen Verhältnissen. Das ,Es werde Licht' war es, was den un­endlichen Ätherraum bevölkerte, die Welt erst sichtbar machte. („Schöpfungsgeheimnisse" S. 159): Licht entsteht durch Vibration der Atome, die Farben entstehen ebenfalls durch billionenmali­

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ges Vibrieren der Materie, und je nach der Anzahl dieser Vibra­tionen werden dem Auge die Farben sichtbar. Was aber regt die Materie an zu vibrieren, was gibt ihr Leben? Hier tritt das Grund­prinzip der ganzen Schöpfung auf: „Es ist Mein Wille, Mein Ich selbst! Dieses große Geistesleben Meines Ichs ist Liebe, ist Weis­heit und Wärme. Ich, der Schöpfer, bin das Leben selbst!"In dem Buch „Die natürliche Sonne" wird uns der Bau unserer Sonne beschrieben. Für die Gelehrtcnwelt würde sich hier eine Überraschung nach der anderen anbietcn. Daraus geht hervor, daß unsere Sonne von sehr schönen, aber nur zartmateriellen Menschen bewohnt wird. Sie sind also in ihrer Beschaffenheit den Gegebenheiten des Sonnenkörpers angepaßt, das heißt, daß sie mit unserer irdischen Daseinsform nicht zu vergleichen sind. Ich muß noch einmal betonen, daß wir unser Erdenleben bei der Vielfältigkeit der anderen Sonnenwelten nicht als Maßstab neh­men dürfen. Der Schöpfer hat sich auch hier einer unendlichen Fülle von Ideen bedient, die sich zwangsläufig unserer Vorstel­lungskraft entziehen müssen.Uber alle anderen Planeten unseres Sonnensystems haben wir teils genauere, teils ungenauere Mitteilungen durch Lorber er­halten. Danach ändert sich mit dem Alter und der Beschaffenheit eines Erdkörpers auch die Struktur des Pflanzenwuchses und sei­ner Bewohner. Die Skala reicht von reingeistig über feinstofflich bis grob-materiell. Bewohnt sind sie alle, nur nicht immer nach der Vorstellungskraft unseres Materiedenkens. „Die Menschen der verschiedenen Weltkörper haben eine solche Beschaffenheit, daß sie nur auf der ihnen angewiesenen Welt leben können" (GrEv VI 192,8).Hier wird bewußt nur angedeutet, was im GrEv Bd. IV und VI genauer nachgelesen werden kann, nur möchte ich noch einige Worte über den Schwarm von Kleinstplaneten sagen, der um un­sere Sonne kreist, über die Asteroiden.Unsere Astronomie ist bereits zu dem gleichen Schluß gekom­men, den der Herr uns durch Lorber so eindringlich darstellt. Hier hat einstmals eine Welraumkatastrophe unvorstellbaren Ausmaßes stattgefunden. Zwischen Mars und Jupiter bahnte zu der Zeit der größte und schönste Planet unseres Sonnensystems. Und wieder erfahren wir hier eines der erregenden göttlichen Ge­heimnisse, die uns zunächst so unglaublich erscheinen. Bevor Gott das erste Edelmenschenpaar, Adam und Eva, auf unserer

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Erde erschuf, war diesem Schöpfungsakt ein ungeheures Ereig­nis vorhergegangen. Nicht von Anfang an war dem Kern der Satanseele das Zentrum unserer Erde zugewiesen worden, son­dern diese Funktion hatte der Planet M allona übertragen bekommen. Satan hatte versprochen, sich auf dieser Erde durch ein positives Verhalten vor Gott zu demütigen. Er hielt sein Versprechen nicht und verführte die dort lebenden Menschen zum aktiven Kampf gegen Gott selbst. Er ließ sie eine Atomkraft erfinden und suggerierte ihnen, daß ihr göttlicher „Feind" seinen Sitz im Inneren ihrer Erde hätte. In rasender Zerstörungssucht setzten die Mallona-Menschen die Sprengkraft des Atoms ein und sprengten ihren Weltkörper in die Luft. Was Satan damit bezweckte, ist klar; er hoffte, durch die Zerstörung des Weltkör­pers, an den er gefesselt war, seiner Bande ledig zu werden. Gott aber verbannte ihn von da an in den Kern unserei Eide.Begreifen wir nun, warum Gott selbst auf unserer Erde Mensch wurde, und was sein Erlösertod bewirken sollte?So spricht der Herr: „Auch die Menschen eurer Erde werden wie­der diese schrecklichen Sprengmittel erfinden, samt einer Menge anderer Zerstörungswerkzeuge. Sie werden damit viele Verhee­rungen auf Erden anrichten. Daß sie aber nicht damit in zu große Tiefen der Erde gelangen, dafür wird von M ir aus vorgesorgt werden. Es wird darum auf eurer Erde eine solche völlige Zer­störung niemals geschehen können. Aber örtliche Verheerungen und Verwüstungen größter Art werden gewiß vor sich gehen. Und die Menschen werden dabei in große Angst, Schrecken und Trübsal geraten, und viele werden verschmachten vor Furcht und banger Erwartung der Dinge, die über die Erde kommen!" (GrEv VIII 76,6 f.).

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Noch einmal Luzifer

Am 1. Februar 1872 empfing Gottfried Mayerhofer ein göttliches Diktat mit der Überschrift: Das Kreuz in der Schöpfung, in dem der Herr erklärt, wie das Kreuz als Symbol seiner Erniedrigung und seiner Verherrlichung zugleich, selbst im Gange der Welten, in der Form ihrer Bahnen, im materiellen wie im geistigen Wel­tenmenschen immer wieder herausleuchtet. „Dam it ihr ersehen möget, daß es nicht unbedeutend in Meinem Lebenswandel war, daß Ich, der Schöpfer alles Daseienden, gerade nur auf diese Art den leiblichen Tod erleiden mußte, daß die Art und Weise, wie es geschah, eben in seiner geistigen Entsprechung dem Schöpfer alles Wesenden würdig war und den Stempel göttlicher Eigen­schaften trug, teile ich euch dieses mit. Auch die Form des Kreu­zes, in dem das Querholz das obere Drittel durchschnitt, ist von großer Wichtigkeit und geistiger Entsprechung. Denn sowenig ein Mensch ans Kreuz genagelt werden könnte, wenn dieser Querbalken nicht mit der Höhe seiner Arme korrespondiert, ebenso ist es in geistiger Hinsicht die Lebensbedingung des Be­stehens aller Welten, daß gerade eben dieser Durchschnittspunkt bei den Weltenbahnen in die obere Hälfte fällt.Ich habe euch in einem anderen Wort einst erklärt, wie die Oval-Ellipsen- oder Eiform diejenige ist, in welcher Welten um Welten, Systeme um Systeme kreisen, und wie fast alle Formen der geschaffenen Dinge im Kleinen und im Großen sich auf diese Form zurückführen lassen. Ich habe euch ferner gesagt, wie im großen Weltall, sei es geistig oder materiell, in einem der Brennpunkte Mein Sitz ist, von wo aus Ich alles leite.Wenn ihr die Ei- oder Ellipsenform genau betrachtet, und wenn ihr aus ihren beiden Brennpunkten Linien gegen die Peripherie zieht, welche senkrecht die große Achse der Ellipse durchschnei­den, so habt ihr ein Kreuz. Nun fragt sich, was bedeutet das in der geistigen Entsprechung; was ist diese quer die Achse durch­schneidende Richtung? Es streiten sich hier zwei Mächte, die gei­stige und die materielle, um ihren bleibenden Bestand. Auch im Welten- und Geistesmenschen wiederholt sich dieses System. Die Richtung von den Füßen zum Kopf drückt die geistige, die der ausgebreiteten Arme entsprechende die materielle Richtung aus.

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Denkt euch einen Menschen mit ausgebreiteten Armen, so findet ihr auch hier die Form des Kreuzes und die des Eies wieder. So ist die Kreuzform erstens: Träger und Gründer der Ei- oder Ellipsen­form, zweitens: einziger Faktor des sich bewegenden Lebens, des Erhaltens und Bestehens und fortwährender Anreger zu grö­ßerer Tätigkeit, zu weiterem Vorrücken auf der geistigen Stufe bis zu Mir, als höchstem Endziel aller geschaffenen Geister.In dieser Kreuzform lebt der große Triumph des Geistigen über das Materielle, bildlich dargestellt durch Meine Kreuzigung, ewig fort. Diese Form, geistig genommen, bildet die Schule eures Prü­fungslebens, diese Kreuzesform ist der Lebensfaktor Meiner Weltsysteme, Meines geistigen und materiellen großen Welten­menschen. Überall ist sie die vorherrschende Form, denn sie be­dingt zwei kämpfende Elemente, und durch Kampf entsteht Le­ben, das ewig fortschreitende, zu höheren Stufen ringende Le­ben.Daher, Meine Kinder, befleißigt euch, auch unter dem Kreuze des Lebens nicht die Hauptrichtung nach oben zu vergessen. Dort hört aller Widerstand auf, und ihr werdet in Kreuzesform ebenfalls einst euren himmlischen Vater wiederfinden, der, auf­rechtstehend, mit ausgebreiteten Armen, die Dulder und Kämp­fer liebend empfangen will, die in der Prüfungsschule Ihn und seine Lehre nicht vergessen, nicht verleugnet haben" (SGh. S. 142-149).Diese Verheißung werden wir in Bälde mehr als nötig brauchen, wenn die Zeit kommen wird, in der unsere Erde durch uns Men­schen so abgewirtschaftet sein wird, daß die göttliche Reinigung nicht länger ausbleiben kann! Und dies alles geschieht um des Einen willen, der in den Mittelpunkt unserer Erde gebannt wur­de und von dem wir alle ein winziger Teil sind. Wenn uns diese Version auch nicht gefällt, so sind wir doch alle auf dieser Erde Mitgefallene der Satanseele und in einem Läuterungsprozeß be­griffen, den wir durch unser eigenes Zutun und unsere feste Ab­sage an die Tücke des Bösen erheblich abkürzen können.Mancher Leser wird sich vielleicht noch fragen, in welcher Form wir uns unseren „Untermieter" zu denken haben. Satan oder der Teufel, Beelzebub, der Drache oder das Tier des Abgrundes ist als Geist in unsere Erde gebannt, er bewohnt sie also körperlos, etwa wie eine Seele ihren Materieleib, durchdringt sie mit sei­nem Wesen, seiner Ausstrahlung und ist durch Gottes Gebot

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fest an sein Gefängnis gebunden. Der Herr sagt darüber in dem Buch „Erde und Mond" : „M it der Besserung und Rückkehr dieses Geistes und seiner Helfershelfer sieht es nicht gut aus; es ist nur noch ein Funke Möglichkeit vorhanden. Demütigt er sich nicht, ehe ihm der Hauptteil seiner Seelenpotenz entzogen und alle Welten in undenkbaren Zeiten vergangen sind, so wird er, mit dem Rest toter Schlacke enthüllt, in die Tiefe aller Tiefen fallen. Solange noch die Erde besteht, ist es jedem Geiste möglich, den Weg der Reue, Demut und Besserung einzuschlagen, somit auch dem ärgsten. Wenn aber diese Zeit verrinnt, wird auch der Weg zur Rückkehr für immer versperrt sein. Deshalb ist es notwendig, daß jeder Mensch auf seine bösen Gedanken, Begierden und Werke Jagd mache und diese erlege, denn es ist besser zu sagen: Herr, sei mir armem Sünder gnädig und barmherzig, als, Herr, ich danke dir, daß ich nicht so bin wie die anderen" (Kap. 55).Der Herr verheißt, daß eine allergrößte Offenbarung geschehen wird durch seine abermalige Darniederkunft auf diese Erde, der aber ein schärfstes Gericht und nachfolgend eine allgemeine gro­ße Sichtung der Weltmenschen durch das „Feuer und sein Ge­schoß" vorausgehen wird, damit er selbst dann eine neue Pflanzschule für wahre Menschen auf dieser Erde werde errichten können, die bis ans Ende der Zeiten dauern wird. Von da an wird die Erde zum Paradiese werden und „Ich werde Meine Kin­der leiten immerdar" (GrEv I 72,4).Dann ist das tausendjährige Gottesreich angebrochen, das nicht äußerlich schaubar, sondern „still und prunklos in den Herzen der Menschen, die eines guten Willens sind" anbrechen wird. „Denn die Ankunft des tausendjährigen Gottesreiches' ist die allzeitige und stets gleiche, volle Wiedergeburt des menschlichen Geistes" (Hi S. 436,5.6). „Es wird aber so manchen Kampf geben zwischen Meinen Kindern und den Kindern der Welt, weil die Zahl der Meinen auf der Erde stets kleiner sein wird als die Zahl der Kinder der Welt; aber am Ende werden doch die Meinen sie­gen über alle Welt, und diese wird ihnen nichts mehr anhaben können. Denn mag euch nun alle Materie noch so hart und un­zerstörbar dünken, so wird sie endlich doch der Macht des Gei­stes weichen müssen" (GrEv VI 149,5).Von der Zeit des Gerichtes dann, „nach einem Verlauf von tau­send Jahren, wird der Fürst der Nacht noch einmal auf eine nur sehr kurze Zeit von sieben Jahren und etlichen Monden und

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Tagen der Zeit nach frei seiner selbst willen, entweder zum gänz­lichen Falle oder zur möglichen Wiederkehr. — Im ersten Falle wird dann die Erde zu einem ewigen Kerker ihrem innersten Teile nach umgewandelt werden, aber die Außenerde wird ein Paradies verbleiben. Im zweiten Falle aber würde die Erde zum Elimmel umgestaltet werden, und der Tod des Fleisches und der Seele würde für ewig verschwinden. Wie aber das, und ob, — das darf voraushin nicht einmal der erste Engel der Himmel wissen, das weiß allein der Vater" (GrEv I 72,5.6).Nach einer etwa tausendjährigen hellen und wonnigen Zeit „wird die Erde abermals eine große Feuerprobe zu bestehen be­kommen. In solcher Zeit werden die Berge auf dieser Erde auch zu einem ebenen und fruchtbaren Lande werden, und das Meer wird das tote Land, das noch in seinen Tiefen begraben liegt, vielfach hergeben müssen. Die besseren Menschen werden es in Besitz nehmen und in ein Eden umgestalten. Dann wird für immer bis zur völligen Auflösung der ganzen Erde der wahre Friede herrschen und der Tod sein Recht nicht und nimmerdar haben" (Gr Ev VI 207,7).„Was Ich euch (Meinen Jüngern) gesagt habe (über das Endge­richt der Welt), das behaltet für euch, denn in dieser Zeit (der Zeit Christi) würde das wohl niemandem zu seinem Heile etwas nützen, so er auch davon alles klar wüßte. Zur rechten Zeit aber werde schon Ich selbst den Menschen, wenn sie Tieferes werden vertragen können, solche Dinge kundmachen" (GrEv 207,14).

Wir haben gehört, daß die gefesselte Seele Luzifers, die den gro­ßen Weltenmenschen bildet, aus zahllosen riesigen Sonnen mit ihren Trabanten besteht, die als Träger des göttlichen Lichtes bestimmt sind. Daraus ergibt sich eine erregende Schlußfolge­rung: Der erstgeschaffene Geist — Luzifer — war ja von Gott als Lichtträger ausersehen gewesen! Nun muß er, selbst im gefange­nen Zustand, die gleiche Aufgabe erfüllen, die ihm einst zuge­dacht war, gegen seinen Willen.Ich mödite in meiner Folgerung noch einen Schritt weitergehen und sagen: Alles, was jemals hoffnungslos verirrt zu sein schien, jede Seele, die heute noch so urböse und verloren erscheint, wird am Ende zu Gott zurückfinden müssen. Aus allem Elend dieser Welt wird eines Tages die neue Lichtschöpfung, der große geistige Lichtmensch, erstehen, wenn alle Seelenpotenz aus der gefalle­

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nen Materie erlöst worden und wieder zu Gott emporgestiegen ist — der verlorene Sohn zum Vater.Das heißt aber, daß die Liebe, die nicht von dieser Welt ist, am Ende über alles Böse siegen wird, auch wenn wir Menschenkin­der hier in der harten Weltenschule nur zu oft das scheinbare Gegenteil erfahren müssen. Unser Lohn wird uns nicht hier zu­teil, aber eines Tages werden wir es wissen, daß alle so ver­zweifelt verloren scheinende Mühe nicht umsonst gewesen ist. Eines Tages werden wir die Früchte unserer Arbeit in Gottes Weinberg ernten dürfen, wir werden in Liebe mit denen vereint leben, von denen uns heute noch Welten zu trennen scheinen. Eines Tages werden wir Ihn von Angesicht zu Angesicht schauen dürfen — Ihn, den Schöpfer aller Dinge, Ihn, den Vater selbst. Damit bin ich am Ende dieses Buches angelangt. Ich hoffe, dem Leser mit Gottes Hilfe ein Licht angezündet zu haben, das selbst in unserer schweren Zeit den Weg zu Glück und Frieden zeigen kann. Für mich aber war es ein Gebet.

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Q u e l l e n

Bäzner, E.: Wo sind unsere Toten. Drei Eichen Verlag, München.

Benz, Ernst: Swedenborg. Swedenborg Verlag, Zürich.

Cerminara, Gina: Die Welt der Seele. Hermann Bauer, Freiburg.

—: Erregende Zeugnisse für Karma und Wiedergeburt. A. a. O.

Das Wort. Lorber Verlag, Bietigheim/Württemberg.

Großheim, A.: Die sieben Worte am Kreuz. Lorber Verlag, Bietig­heim/W.

Hesse, Paul Otto: Der Jüngste Tag. Turm Verlag, Bietigheim/W.

Kahir, M .: Nahe an 2000 Jahre. Turm Verlag, Bietigheim/W.

Keller, Werner: Und die Bibel hat doch recht. Econ, Düsseldorf.

Küng, Plans: Christ sein. 1. Aufl. Piper, München.

Lorber, Jakob: Kndheit und Jugend Jesu. Lorber Verlag, Bietig­heim/W.

—: Die drei Tage im Tempel. A. a. O.—: Das große Evangelium Johannes. 11 Bde. A. a. O.—: Die Haushaltung Gottes. Die Urgeschichte der Menschheit.

3 Bde. A. a. O.—: Die natürliche Sonne. A. a. O.—: Die geistige Sonne. 2 Bde. A. a. O.—: Erde und Mond. A. a. O.—: Der Saturn. A. a. O.—: Himmelsgäben. 2 Bde. A. a. O.

—: Paulus an die Gemeinde in Laodizäa. A. a. O.

—: Neuoffenbarung. Ein Lehr- und Nachschlagewerk, hsg. von Dr. Walter Lutz. A. a. O.

—: Der Kosmos in geistiger Schau. Hsg. v. Viktor Mohr. A. a. O.

Lutz, Walter: Die Grundfragen des Lebens. Ein Kommentar zum Werk Jakob Lorbers. A. a. O.

Mayerhofer, Gottfried: Predigten des Herrn. A. a. O.

—: Lebensgeheimnisse. A. a. O.

—: Schöpfungsgeheimnisse. A. a. O.

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Ostrander, Sheila; Schroeder, Lynn: PSI. Die wissenschaftliche Er­forschung u. prakt. Nutzung übersinnlicher Kräfte d. Geistes u. d. Seele im Ostblock. Ubertr. a. d. Amerik. Scherz, M ün­chen.

Wickland, Carl: Dreißig Jahre unter den Toten. Ubertr. aus d. Amerik. Otto Reichi Verlag, Remagen.

Stearn, J . : EDGAR CAYCE. Der schlafende Prophet. Ariston Ver­lag, Genf.

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D I E H A U P T W E R K E J A K O B L O R B E R S

DAS GRO SSE EV A N G ELIU M JO H A N N E S, 10 Bände, je 450 S.

Die Krönung der Lebensbeschreibung Jesu und das Hauptwerk der Neuoffenbarung. Es enthält eine eingehende, fast Tag für Tag behan­delnde Schilderung alles dessen, was Jesus, von Ort zu Ort durch das Heilige Land ziehend, in den drei Jahren seines irdischen Lehramtes getan hat. In diesem Werk erhellt sich das Geheimnis der Person Jesu Christi und ersteht die wahre, allem Äußerlichen abholde Heilands­lehre.

D IE H A U SH A LT U N G GO TTES, 3 Bände, je 450 Seiten Die Urschöpfung der Geisterwelt, die Entstehung der materiellen Welten, die Erschaffung des Menschengeschlechts und die Urgeschichte der Menschheit bis zur vorderasiatischen Sündflut.

D IE JU G E N D JE SU , 420 SeitenDas wiederempfangene, vollständige Jakobus-Evangelium, ein Bericht über die Geburt und Kindheit Jesu.

B ISC H O F M A R TIN , eine Führung im Jenseits. 496 Seiten

V O N D ER H Ö LLE BIS ZUM H IM M EL, 2 Bände, je 520 Seiten Eine Schilderung der jenseitigen Schicksale des bekannten, im Jahre 1848 in Wien erschossenen Robert Blum.

D IE G E ISTIG E SO N N E, 2 Bände, je 540 Seiten Ein Werk über die Entsprechungen in den jenseitigen Welten. Es er­klärt die Zusammenhänge zwischen den sichtbaren Welten des Uni­versums und den unsichtbaren des geistigen Alls.

D IE N A T Ü R LIC H E SO N N E, 320 SeitenDieses Werk gibt eine genaue Beschreibung des Wesens und der Ge­stalt unserer Sonne sowie eine sinnvolle Erklärung vom Wesen des Lichts und seiner Kräfte.

Weitere Werke im Gesamtkatalog.

L O R B E R - V E R L A G - 7 1 2 B I E T I G H E I M / W Ü R T T .