Solokonzert Kronberg

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Seite 115- K. W 4:L Silke Aichhorn definiert das Image der Harfe völlig neu Kronberg (schwa) - In einen seltenen Ge- nuss kamen bei "Kammermusik im Rosen- hof" die Zuhörer: Einen ganzen Konzert- abend lang Harfe solo mit der Musikerin und Moderatorin Silke Aichhorn aus Traunstein. Damit waren die Organisatoren Karl-Ludwig Barths und Otto Schumacher ein Risiko ein- gegangen. Denn die Harfe gilt - zu Unrecht - als reines Orchesterbegleitinstrument; die solistischen Qualitäten eines der ältesten Ins- trumente der Menschheit (3.000 vor Christus) werden aber nur selten in den Mittelpunkt des Konzertbetriebes gestellt. Dass sich das lohnen kann, bewiesen die ausgezeichnete Künstlerin und die begeisterten Reaktionen des Publikums. "Das Image der Harfe neu zu definieren, ist mein großes Anliegen." Dabei erleichterte sie den Zugang zu Instrument und Werken durch eine ausführliche, lockere Mo- deration, die dem Rezipienten auf Augenhöhe und überhaupt nicht belehrend entgegen kam. Dass die Harfen im Gegensatz zu Klavieren vollständig aus -Holz gebaut ohne Metall- rahmen auskommen müssen und "deswegen nicht wie andere Musikinstrumente sehr alt werden", dass die Harfe nur weiße "Tasten" hat und die dem Klavier analogen schwarzen Töne durch insgesamt sieben Fußpedale er- zeugt werden müssen, dass man Harfe des- wegen nicht vom Blatt spielen kann, sondern die Noten vorher intensiv mit Einzeichnun- gen vorbereiten muss - all das erfuhren die Konzertgäste und noch viel mehr. Und gera- dezu spektakulär für ein Klassikkonzert die Aufforderung der Künstlerin - mit schulter- langem offenen Haar und im türkisfarbenen Abendkleid auch 0 tisch eine ans rechende Ersc emung - sich ilire Harre in der Pause nicht nur anzusehen, sondern auch zu spie- len ("Nachdem sie sich die Hände gewaschen haben")! Spektakulär aber auch, welchen sensiblen, aber gleichzeitig zupackenden Interpretati- onswillen Aichhorn in die Wiedergabe on insgesamt zehn Werken aus dem 19. und 20. Jahrhundert legte. Das stand in einem so voll- ständigen Kontrast zum Bild, das der gemei- ne Konzertbesucher von der Harfe gewinnen kann, dass man Aichhorn die Behauptung "ich habe mir die Harfe nicht ausgesucht, die Harfe hat mich gefunden!" unbesehen abnahm. Besonders in Erinnerung geblieben ist die "Legende d'apres les elfes" von Hen- riette Renie (1875 bis 1956). Eine Vertonung der Geschichte vom Reiter, der auf dem Weg zu seiner Hochzeit im Wald von Elfen aufge- halten wird. Die ihn solange umkreisen und bezirzen, bis er tot vom Pferde sinkt. Spektakuläre Effekte mit Papierstreifen und gleitenden Metallstäben auf den Saiten enthielt das modeme Werk Susan McDonalds (geboren 1950) "Haikus for the Harp". Hai- kus sind japanische 17-Silben Gedichte und wie Aichhorn die "Funken aus brennendem Laub" und den "Kater im Frühlingsregen" zu Gehör brachte, war wirklich beeindruckend. "Im Orchester habe ich hier genau drei Töne und muss dann lange warten, bis ich wieder dran komme" beschrieb die Harfenistin ihr Musiker-Schicksal bei der berühmten ,,MoI- dau" von Bedrich Smetana (1824 bis 1884). Motivation genug, eine vollständige Tran- skription für Harfe solo zu wagen, in der man das Orchester überhaupt nicht vermisste und gut alle Stationen verfolgen konnte: Die ersten Quellen der Moldau - Jagd - Bauernhochzeit - Nymphenreigen in der Mondscheinnacht - Alte Burg - St.Johann-Stromschnellen - Die Moldau strömt dahin - Vyschrad-Motif. Mit langanhaltendem Beifall und der Zugabe "Country Dance" belohnten sich Publikum und Künstler gegenseitig und sicher war: Aichhorn hatte Lust darauf gemacht, zukünf- tig mehr von der Harfe hören zu wollen. Ihre Ausbildung erhielt Aichhorn am Conser- vatoire de Lausanne und an der Hochschule Köln. Sie ist mehrfache Preisträgerin interna- tionaler Wettbewerbe sowie mehrerer Kultur- preise. Mit ihrem umfangreichen Repertoire sowie den verschiedensten Kammermusikbe- setzungen ist die Harfenistin bei internationa- Silke Aichhorn beeindruckte mit Harfenspiel und ihrer charmanten Moderation Foto: Schwager len Festivals sowie als Solistin mit Orchester zu hören. Die Künstlerin wird regelmäßig zu Fernseh- und Rundfunkaufnahmen eingela- den. Neben Konzertauftritten innerhalb Euro- pas war sie in Thailand, Japan und den USA zu Gast. Sie ist Mitglied des Trios ArpaCantabile (Sopran-Mezzosopran-Harfe). Mit dem Flö- tisten Professor Dejan Gavric pflegt sie eine intensive Zusammenarbeit. Die Harfenistin gibt regelmäßig Meisterkurse und ist Jurorin in Harfenwettbewerben. Im Sommersemes- ter ist sie Gastdozentin an der Hochschule für Musik Mainz. Ihre Diskografie umfasst aktuell 15 CDs. 2006 gründete sie sogar ihr eigenes CD-Label HÖRMUSIK.

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Silke Aichhorn definiert das Imageder Harfe völlig neuKronberg (schwa) - In einen seltenen Ge-nuss kamen bei "Kammermusik im Rosen-hof" die Zuhörer: Einen ganzen Konzert-abend lang Harfe solo mit der Musikerin undModeratorin Silke Aichhorn aus Traunstein.Damit waren die Organisatoren Karl-LudwigBarths und Otto Schumacher ein Risiko ein-gegangen. Denn die Harfe gilt - zu Unrecht- als reines Orchesterbegleitinstrument; diesolistischen Qualitäten eines der ältesten Ins-trumente der Menschheit (3.000 vor Christus)werden aber nur selten in den Mittelpunktdes Konzertbetriebes gestellt. Dass sich daslohnen kann, bewiesen die ausgezeichneteKünstlerin und die begeisterten Reaktionendes Publikums. "Das Image der Harfe neu zudefinieren, ist mein großes Anliegen." Dabeierleichterte sie den Zugang zu Instrument undWerken durch eine ausführliche, lockere Mo-deration, die dem Rezipienten auf Augenhöheund überhaupt nicht belehrend entgegen kam.Dass die Harfen im Gegensatz zu Klavierenvollständig aus -Holz gebaut ohne Metall-rahmen auskommen müssen und "deswegennicht wie andere Musikinstrumente sehr altwerden", dass die Harfe nur weiße "Tasten"hat und die dem Klavier analogen schwarzenTöne durch insgesamt sieben Fußpedale er-zeugt werden müssen, dass man Harfe des-wegen nicht vom Blatt spielen kann, sonderndie Noten vorher intensiv mit Einzeichnun-gen vorbereiten muss - all das erfuhren dieKonzertgäste und noch viel mehr. Und gera-dezu spektakulär für ein Klassikkonzert dieAufforderung der Künstlerin - mit schulter-langem offenen Haar und im türkisfarbenenAbendkleid auch 0 tisch eine ans rechendeErsc emung - sich ilire Harre in der Pausenicht nur anzusehen, sondern auch zu spie-len ("Nachdem sie sich die Hände gewaschenhaben")!Spektakulär aber auch, welchen sensiblen,aber gleichzeitig zupackenden Interpretati-onswillen Aichhorn in die Wiedergabe oninsgesamt zehn Werken aus dem 19. und 20.Jahrhundert legte. Das stand in einem so voll-ständigen Kontrast zum Bild, das der gemei-ne Konzertbesucher von der Harfe gewinnenkann, dass man Aichhorn die Behauptung"ich habe mir die Harfe nicht ausgesucht,die Harfe hat mich gefunden!" unbesehenabnahm. Besonders in Erinnerung gebliebenist die "Legende d'apres les elfes" von Hen-riette Renie (1875 bis 1956). Eine Vertonungder Geschichte vom Reiter, der auf dem Wegzu seiner Hochzeit im Wald von Elfen aufge-halten wird. Die ihn solange umkreisen undbezirzen, bis er tot vom Pferde sinkt.Spektakuläre Effekte mit Papierstreifenund gleitenden Metallstäben auf den Saitenenthielt das modeme Werk Susan McDonalds(geboren 1950) "Haikus for the Harp". Hai-kus sind japanische 17-Silben Gedichte undwie Aichhorn die "Funken aus brennendemLaub" und den "Kater im Frühlingsregen" zuGehör brachte, war wirklich beeindruckend."Im Orchester habe ich hier genau drei Töneund muss dann lange warten, bis ich wiederdran komme" beschrieb die Harfenistin ihr

Musiker-Schicksal bei der berühmten ,,MoI-dau" von Bedrich Smetana (1824 bis 1884).Motivation genug, eine vollständige Tran-skription für Harfe solo zu wagen, in der mandas Orchester überhaupt nicht vermisste undgut alle Stationen verfolgen konnte: Die erstenQuellen der Moldau - Jagd - Bauernhochzeit- Nymphenreigen in der Mondscheinnacht -Alte Burg - St.Johann-Stromschnellen - DieMoldau strömt dahin - Vyschrad-Motif. Mitlanganhaltendem Beifall und der Zugabe"Country Dance" belohnten sich Publikumund Künstler gegenseitig und sicher war:Aichhorn hatte Lust darauf gemacht, zukünf-tig mehr von der Harfe hören zu wollen.Ihre Ausbildung erhielt Aichhorn am Conser-vatoire de Lausanne und an der HochschuleKöln. Sie ist mehrfache Preisträgerin interna-tionaler Wettbewerbe sowie mehrerer Kultur-preise. Mit ihrem umfangreichen Repertoiresowie den verschiedensten Kammermusikbe-setzungen ist die Harfenistin bei internationa-

Silke Aichhorn beeindruckte mit Harfenspielund ihrer charmanten Moderation

Foto: Schwagerlen Festivals sowie als Solistin mit Orchesterzu hören. Die Künstlerin wird regelmäßig zuFernseh- und Rundfunkaufnahmen eingela-den. Neben Konzertauftritten innerhalb Euro-pas war sie in Thailand, Japan und den USAzu Gast.Sie ist Mitglied des Trios ArpaCantabile(Sopran-Mezzosopran-Harfe). Mit dem Flö-tisten Professor Dejan Gavric pflegt sie eineintensive Zusammenarbeit. Die Harfenistingibt regelmäßig Meisterkurse und ist Jurorinin Harfenwettbewerben. Im Sommersemes-ter ist sie Gastdozentin an der Hochschulefür Musik Mainz. Ihre Diskografie umfasstaktuell 15 CDs. 2006 gründete sie sogar ihreigenes CD-Label HÖRMUSIK.