Sonderdruck - Gaudios Klangkonzepte · fühlvoll gespielte Piano für neue Akzente. ... SACD-Album...

5
hifi & records hochwertige Musikwiedergabe Das Magazin für »Der DSD-Sommelier«: Playback Designs Merlot Sonderdruck Ausgabe 3/2016

Transcript of Sonderdruck - Gaudios Klangkonzepte · fühlvoll gespielte Piano für neue Akzente. ... SACD-Album...

Page 1: Sonderdruck - Gaudios Klangkonzepte · fühlvoll gespielte Piano für neue Akzente. ... SACD-Album »Tubular Bells« des briti-schen Musikers Mike Oldfield, ... Oldfield angekündigten

hifi& recordshochwertige Musikwiedergabe

Das Magazin für

»Der DSD-Sommelier«:

PlaybackDesigns Merlot

Sonderdruck Ausgabe 3/2016

Page 2: Sonderdruck - Gaudios Klangkonzepte · fühlvoll gespielte Piano für neue Akzente. ... SACD-Album »Tubular Bells« des briti-schen Musikers Mike Oldfield, ... Oldfield angekündigten

D I G I T A L

Schon das Design des amerikanischen D/A-Wandlers ist

außergewöhnlich: Eine Möbelmanufaktur verzierte den

Aluminium-Deckel mit einem kunstvollen Wellenschliff.

Kaum weniger dezidiert geht es bei der Elektronik zur Sache. Einer

der Inhaber und Entwickler von Playback Designs, Andreas Koch,

zeichnet sich für die Digitalelektronik zuständig. Er gilt gemein-

hin als einer der »Päpste« des Digital Audio und insbesondere des

1-Bit DSD-Formats. Seine Sporen verdiente sich Koch ab 1982 bei

Studer in der Schweiz, weitere Stationen waren Dolby Labs (AC-3),

Sony (DSD-Recorder) und Emm Labs. 2008 gründete er in Kali-

fornien zusammen mit Jonathan Tinn sein eigenes Projekt Play-

back Designs, ein Unternehmen für feinstes Digital Audio. Die

Geräte der neuen Edelserie Sonoma taufte Koch auf die Namen

legendärer Rebsorten. Der D/A-Wandler Merlot steht im Zentrum

der highendigen Sonoma-Hierarchie, die darüber hinaus den

Musikserver Syrah (7.950 Euro) und den ab September erhält-

lichen A/D-Wandler Pinot beinhaltet.

Nomen est Omen, deshalb kommt der Merlot in einer Holzkiste

zum Kunden – zusammen mit einem Weinglas und einer edlen

Flasche Rotwein der kalifornischen Kellerei Carhartt Vineyard. Die

Funktionen des D/A-Wandlers lesen sich puristisch: Ein Taster auf

der Front scrollt durch die vier Digitaleingänge (AES, S/PDIF,

PLINK, USB), der zweite spielt die Software-Version und die

Seriennummer ins nicht dimmbare Display. Der einzige sichtbare

Reichtum des Wandlers ist sein diskret aus Truppen von Einzel-

transistoren aufgebauter Kopfhörerverstärker. Es gibt weder eine

Fernbedienung noch eine App, geschweige denn WLAN oder

einen Netzwerkanschluss – der Zuspieler gibt vor, was geradeaus

ohne jegliche Klangkosmetik oder Lautstärkeregelung gehört wer-

den darf. Aber es wäre ein Fehler, den äußerlich eher unschein-

baren Merlot deswegen zu unterschätzen. Wilfried Kress meinte,

der sei wohl das Beste, was Andreas Koch bisher gemacht hat.

Als Laufwerk empfiehlt Playback Designs den

Blu-ray-Universalspieler BDP 103 vom chinesischen

Elektronikhersteller Oppo, der zum Marktpreis von

etwa 800 Euro gehandelt wird – und den uns der

Playback-Vertrieb Gaudios für diesen Test mitlie-

ferte. Der Player besticht durch eine überragende

Bildqualität, für ultimativen Klang verlangt er nach

einem externen D/A-Wandler. Genau da kommt

der Merlot wie gerufen. Mit der OpBox (2.260 Euro),

einem leicht zu installierenden Umbau-Kit für den

Oppo, zapft Bit-Magier Koch die Audio-Daten am

Konverter ab, befreit sie von Jitter und sendet sie

sauber galvanisch getrennt über einen ST-Lichtlei-

terausgang zum Konverter. Dabei soll das Glasfaser-

kabel laut Koch die Lichtsignale locker über eine

Distanz von 300 Metern übertragen.

Die Blume des Merlot liegt nicht in einem viel-

schichtigen, in alle Richtungen ausbaubaren Bou-

quet, sondern vielmehr in der Reinkultur von DSD.

Direct Stream Digital, das 1-Bit-Datenformat der

SACD, erlaubt ohne weitere Klimmzüge weder

Klangkorrekturen geschweige denn eine Laut-

stärkeregelung. Für diesen Luxus müssen alle in

Großserie gefertigten Konverterbausteine bei der

Wandlung den Umweg über Datenworte (PCM) be-

schreiten, die nicht länger die Änderungen, son-

dern die momentane Amplitude des Signals be-

schreiben. Für den DSD-Pionier Andreas Koch

verbieten sich solcherlei Umwege, weshalb nur half,

einen eigenen DSD-Wandler zu entwickeln.

Die Theorie dazu klingt simpel: DSD speichert

mit nur einem Bit die Änderungen der Tonkurve.

Fallende Amplituden werden mit Null beschrieben,

ansteigende mit der Eins, konstante Werte mit einer

alternierenden Folge aus Nullen und Einsen. Elimi-

niert dann noch ein Tiefpass die hochfrequenten

Schaltfrequenzen, kommt das Analogsignal heraus.

Doch der Teufel steckt wie so oft im Detail. Da sind

zum einen die unterschiedlichen Schaltzeiten zwi-

schen »Ein« und »Aus«, eine Quelle für Klirr bei der

Wandlung (Inter Symbol Interference). Zum ande-

ren resultiert aus der Beschreibung des Signals mit

Mit der neuen Sonoma-Serie führt Playback

den »Rotweinfaktor« ein. Der D/A-Wandler

Merlot erreicht locker die höchste Punktzahl.

Test: D/A-Wandler Playback Designs Merlot

DSD-Sommelier3/2016 hifi & records

Page 3: Sonderdruck - Gaudios Klangkonzepte · fühlvoll gespielte Piano für neue Akzente. ... SACD-Album »Tubular Bells« des briti-schen Musikers Mike Oldfield, ... Oldfield angekündigten

D I G I T A L

Die passende Software für die Aufzeich-

nung auf Festplatte findet sich gratis auf

der Homepage playbackdesigns.com.

Bei der Elektronik zur Verarbeitung

des Analogsignals vertraut Koch auf den

Musiker und Diplom-Ingenieur Bert

Gerlach. Zu dessen Verdiensten gehört

die Entwicklung des pieksauber klin-

genden, kräftigen Kopfhörerverstärkers.

Außerdem das Board mit zahlreichen

Operationsverstärkern NE 5532, die bei

der Symmetrierung, der Filterung und

der Entkopplung des D/A-Wandlers von

den angeschlossenen Gerätschaften ein-

springen. Als Analogfilter favorisiert

Gerlach ein Bessel-Filter dritter Ord-

nung, das sich mit seiner konstanten

Gruppenlaufzeit im

Übertragungsbe-

reich wie ein

Koaxial-

kurz DoP, redete Koch ebenfalls ein

Wörtchen mit. Bildhaft beschreibt er

dem Autor, wie der kontinuierliche

Datenstrom mit der Schere in gleich

große Teile zerschnitten, in PCM-Pakete

verstaut und vom Empfänger wieder als

DSD zusammengesetzt wird. Ein vor-

gestellter, 8 Bit langer Marker adressiert

das mit 16 Audio-Bits gefüllte Paket als

Direct Stream Digital. Während her-

kömmliche USB-Schnittstellen allen-

falls die originäre DSD-Datenrate von

2,822 MHz durchschleusen können,

hat Koch USB mit 12,2 MHz (4-fach-

DSD) in petto. Mehr noch: Der USB-Port

am Merlot ist bidirektional. Will heißen,

er empfängt nicht nur, sondern sendet

auch Musikdaten zum

Computer.

nur einem Bit kräftiges Rauschen, das

durch sogenannte »Noise Shaper« in un-

hörbare höherfrequente Regionen ver-

schoben werden muss. Und was passiert,

wenn sich eine Serie von Einsen andeu-

tet? Von oben betrachtet sieht es dann

aus wie ein Strich, bei dem die Kommas,

ergo die Flanken, fehlen. Damit die

Energiebilanz wieder stimmt, müssen

Zwangspausen programmiert werden,

die die Ein- und Ausschaltdauer nachbil-

den. Reichlich Arbeit also für eine in der

Theorie doch so simple D/A-Wandlung.

Betreffen diese Überlegungen den

seriellen Datenstrom über Lichtleiter,

gelten für USB eigene Gesetze. Der

Computer spielt – mit entsprechenden

Treibern – DSD-Daten nur dann ab,

wenn sie zuvor in eine Art PCM-Signal

gewandelt wurden. Bei der Standardisie-

rung von »DSD over

PCM«,

Im Merlot sind Wandler, USB-Controller, Aus-

gangsstufen und Kopfhörerverstärker auf engstem

Raum vereint. »Huckepack«-Platinen sucht man vergeblich.hifi & records 3/2016

Page 4: Sonderdruck - Gaudios Klangkonzepte · fühlvoll gespielte Piano für neue Akzente. ... SACD-Album »Tubular Bells« des briti-schen Musikers Mike Oldfield, ... Oldfield angekündigten

als dominanter Höhepunkt ertönen wie

aus dem Nichts mit ungeheurer Wucht

geschlagene, schier endlos und mit allen

Schwingungen und Schwebungen aus-

schwingende Röhrenglocken, die dem

Album zum Namen verhalfen.

Ich ertappe mich dabei, wie ich nach

und nach meine gesamte SACD-Samm-

lung neu entdecke. Beispielsweise Re-

becca Pidgeons Album »The Raven«

(Chesky Records). Bei »Spanish Harlem«

steht am Anfang in seiner ganzen Größe

sichtbar der gezupfte Bass. Pieksauber

artikuliert und mit jeder Mundbewe-

gung sichtbar, setzt die Stimme der Sän-

gerin ein. Dann sorgt das dezent und ge-

fühlvoll gespielte Piano für neue Akzente.

Die härtere Gangart bietet der schwedi-

sche Studiomusiker

und Slide-Gitarrist

Pedder af Ugglas auf

seinem Debütalbum

»Autumn Shuffle«

(Opus 3). Beim letz-

ten Stück »A Hymn«

zirkelt der Merlot mit

den Hallanteilen ein-

drucksvoll die Di-

mensionen des Auf-

nahmeorts nach –

die größte Kirche

Stockholms. Über

der Gitarre wabern

die Klänge der Kir-

chenorgel und ver-

mischen sich zu

einem unter die

kabel verhält. Sprich: Der Phasengang

ist linear, es finden keine frequenzab-

hängigen Phasendrehungen statt.

Wenn man von diesem Ausgangsfilter

einmal absieht, zeigt sich die Effizienz

von DSD in einem zeitrichtigen Impuls-

verhalten ohne jegliche Vor- und Nach-

schwinger, aber auch in etwas ausge-

prägterem Rauschen, das Andreas Koch

als »natürlich« charakterisiert. Da das

Ohr durchaus in der Lage sei, Signale

unterhalb des Umgebungspegels wahr-

zunehmen, also unter das Rauschen

zu hören, würden bei DSD keine Infor-

mationen verdeckt. Das grobkörnige

PCM-Quantisierungsrauschen sei dage-

gen unnatürlich. Hinzu kommt, dass

die dort unvermeidlichen Digitalfilter

(Koch programmierte für die PCM-

Daten ein an das Analogfilter angelehn-

tes Verhalten) Phasenprobleme im Hör-

bereich bereiten.

Was letztendlich davon hörbar ist,

muss der Hörtest klären. Das erste

SACD-Album »Tubular Bells« des briti-

schen Musikers Mike Oldfield, 1973 ver-

öffentlicht und 2001 remastert, gilt als ei-

ne der bestklingenden Stereo-SACDs.

Geradezu faszinierend ist es, wie der

Merlot dem Rhythmus und dem treiben-

den Fluss der Synthesizer folgt. Oder wie

er nach den ersten 20 Minuten die von

Oldfield angekündigten Instrumente

präsentiert. Vorneweg das Glockenspiel:

kristallklar und mit punktgenauem An-

schlag, sauber getrennt von den dahinter-

liegenden elektronischen Klängen. Und

Haut gehenden Arrangement. Oder

Roger Waters’ »The Wall«, 1990 live in

Berlin aufgenommen. Die Stimmen, die

Synthesizer, die anfänglich zarte Perkus-

sion und das allgegenwärtige Publikum

machen die Session wieder lebendig.

»Good Bye Cruel World« – wunderschö-

ne, eindrucksvolle Klänge, die Abschied

nehmen.

Die Lobeshymnen auf den Merlot, die

Wiederentdeckung des SACD-Repertoi-

res ließen sich endlos fortsetzen. Etwa

mit der 1982 von Harmonia mundi auf-

genommenen »La Folia de la Spagna«,

einer wegen ihrer Dynamik, der Instru-

mentenvielfalt und den Schlagwerkzeu-

gen über Jahre benutzten Hörtest-Platte.

Ja selbst Deep Purple und Malcolm Ar-

D I G I T A L

Page 5: Sonderdruck - Gaudios Klangkonzepte · fühlvoll gespielte Piano für neue Akzente. ... SACD-Album »Tubular Bells« des briti-schen Musikers Mike Oldfield, ... Oldfield angekündigten

nold auf »Concerto For

Group And Orchestra«,

1969 mit dem Royal Phil-

harmonic Orchestra in

der Royal Albert Hall auf-

genommen, macht mit

Ian Gillan alte Zeiten aufs

Neue lebendig.

Doch Merlot und Oppo

offenbaren noch weitere

Verführungskünste. Bei-

spielsweise mit der (heute

totgesagten) in 24 Bit / 192 Kilohertz auf-

genommenen DVD-Audio. Klingt sie

womöglich besser als die SACD? Tschai-

kowskys »1812«, Erich Kunzel und das

Cincinnati Pops Orchestra (Telarc) sol-

len, als gleiche Abmischung auf CD,

DVD-Audio und SACD, die Frage ent-

scheiden.

Die CD gerät schnell ins Hintertref-

fen. Gegenüber den Hochbit-Verfahren

vernebelt ein leichter Schleier das Mu-

sikgeschehen. Der Chor zu Beginn

bleibt in Deckung, rückt zusammen und

versteckt sich etwas unter den Hallantei-

len des Aufnahmeraums. SACD und

DVD-Audio öffnen den Raum in die

Breite. Jedes einzelne Chormitglied lässt

sich abzählen und zeigt sich. Im Ver-

gleich zur SACD wirkt 192-Kilohertz-

PCM etwas kantiger, ja fast spröder. Die

SACD gibt Bläser noch detailgetreuer

wieder, lässt die Felle der Kesselpauken

noch mehr zappeln und beben. Mini-

malste Unterschiede, die die Argumente

des DSD-Verfechters Andreas Koch un-

termauern. Beim alles entscheidenden

Hörtest gewinnt also das puristische

und ohne Digital-Filterung auskom-

mende DSD-Signal.

Gratulation an Playback! Am Ende des

Hörmarathons durfte gefeiert werden:

mit einem Merlot am Netz und einem

aus dem mitgelieferten Glasgefäß.

D I G I T A L

Playback DesignsMerlot

BxHxT 35,5 x 8,5 x 21 cm

Garantie 3 Jahre

Preis 7.950 Euro

Vertrieb Gaudios

Brandhofgasse 11

A-8010 Graz

Telefon 0043316 -337175

Nein, Playbacks Mer-

lot nur als DSD-Wun-

der abzutun, wird

ihm nicht gerecht, denn der D/A-Wand-

ler setzt auch geradezu meisterhaft CD

und High-Resolution-PCM um. Trotz

der spartanischen Ausstattung über-

zeugt das Konzept: Der Zuspieler Oppo

ist Künstler für alle Formate, das Umbau-

Kit OpBox schickt galvanisch entkoppelt

die Daten per Lichtleitung zum D/A-

Wandler. Sein USB ist nicht nur Ein-

gang, sondern bietet auch die SACD-

und Highres-Daten zur Überspielung

an, am liebsten dem markengleichen

Music-Server Syrah. Ab Herbst schließt

sich der Kreis vollends mit einem A/D-

Wandler. Hans-Ulrich Fessler

Fazit

Labor-Report

Playback Designs Merlot (CD sym.)

Klirrfaktor (THD+N) 0,0032%IM-Verzerrungen (SMPTE) 0,0068%IM-Verzerrungen (CCIF) 0,0018%Fremdspannung (20kHz-Filter) -78,5dB Geräuschspannung (A-bewertet) -80,5dBWandlerlinearität:-50 / -60 / -70dB 0,012 /0,015 /0,029dB-80 / -90 dB 0,039 /0,71dBKanaldifferenz 0,013dBAusgangsspannung 3,47VAusgangswiderstand (1kHz) 50ΩLeerlauf-Leistungsaufnahme 17,5W

Da die Ausgangsspannung des Mer-

lot etwas unterhalb der 4Volt-Emp-

fehlung liegt, haben wir das Frequenz-

gangdiagramm der besseren Darstellung

wegen umskaliert. Der Verlauf des Mer-

lot fällt in den Höhen sanft um cirka 1 dB

ab. Die Störabstände sind nach wie vor

nicht berauschend, aber doch besser als

beim Playback MPS-5. Wie bei diesem

dominiert im Klirrspektrum des Merlot k3

über k2. Auch das Störspektrum ist wie-

der makellos, völlig sauber bis jenseits

von -110 dB.

Frequenzgang: Playback Designs Merlot

Klirrspektrum: Playback Designs Merlot

Störspektrum: Playback Designs Merlot

Komplett in SMD-Tech-

nik aufgebaut: die ana-

loge Ausgangsstufe des

Playback Designs Merlot.

hifi & records 3/2016© monomedia Verlag, Schwabstraße 4, D-71106 Magstadt, Telefon 07159 / 949853, Fax 949530, www.monomedia.de

hifi & records erscheint viermal jährlich, Jahres-Abonnement Inland v 46, Ausland v 56