SOS-Kinderdörfer weltweit IV/2010

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B6797F | Zeitschrift der Freunde der SOS-Kinderdörfer weltweit | Erscheint vierteljährlich Nr. 184/IV/2010 INFORMIEREN UND HELFEN SOS - KINDERDÖRFER weltweit Langfristige Hilfe in Lettland: Vom Waisenhaus zur SOS-Familie Rasche Unterstützung im Niger: Soforthilfe für hungernde Kinder und ihre Familien

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Das vierteljährliche Magazin der SOS-Kinderdörfer weltweit

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INFORMIEREN UND HELFEN

SOS - KINDERDöRFER weltweit

Langfristige Hilfe in Lettland: Vom Waisenhaus zur SOS-Familie

Rasche Unterstützung im Niger: Soforthilfe für hungernde Kinder und ihre Familien

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MuttertagReportage

Im SOS-Kinderdorf Valmiera, Lettland, sind viele leibliche Geschwister wieder zusammen gekommen und haben jetzt eine neue Familie.

Hallo, ich bin Ilze und lebe im SOS-Kinder-dorf Valmiera.

Das bin ich bei einer Probe unserer Tanzgruppe für das große Musikfestival…

Wir sind eine außergewöhnliche SOS-Familie – mit SOS-Eltern!

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Ich heiße Ilze*, bin 13 Jahre alt und lebe im SOS-Kinderdorf

Valmiera in Lettland. In meiner SOS-Familie lebt auch meine jün-gere Halbschwester Anna. Und dann noch Juris, Laura, Rihards und Liene. Die vier sind leibliche Geschwister. Bevor sie ins SOS-Kinderdorf kamen, waren sie in staatlichen Kinderheimen, wo die Kinder je nach Alter in verschie-dene Einrichtungen kommen. Sie waren getrennt und erst hier, in unserem Kinderdorf, sind sie wieder zusammen gekommen. Das muss man sich mal vorstellen!

Jetzt sind wir alle zusammen. Wir sind eine etwas außergewöhnliche SOS-Kinderdorf-Familie, wir haben nämlich nicht nur eine SOS-Kinderdorf-Mutter, sondern auch einen SOS-Kinderdorf- Vater. Unsere SOS-Eltern sind seit drei-ßig Jahren verheiratet, sie haben drei ei-gene Kinder großgezogen und bald wer-den sie Großeltern. Meine SOS-Mutter Indra hat früher als Köchin in einer Kantine gearbeitet. Unser SOS-Papa Dzintars (das heißt auf Deutsch „Bern-stein“) ist Mechaniker. Meine SOS-Mama war irgendwann ausgelaugt von ihrem Job als Köchin, und als auch noch ihre Kinder aus dem Haus waren, meinte un-ser SOS-Papa, man bräuchte jetzt eine neue Herausforderung. Das war, als 2006

in Valmiera das Kinderdorf gebaut wur-de. Die beiden sind nach Polen gefahren, um sich dort in einem SOS-Kinderdorf umzuschauen. Und dann haben sie be-schlossen, SOS-Eltern im Kinderdorf Valmiera zu werden.

Für uns ist das ein Glücksfall. Früher waren wir in unterschiedlichen Heimen untergebracht, heute leben wir alle gemeinsam im SOS-Kinderdorf.

An meinen SOS-Eltern mag ich, dass je-der den anderen so sein lässt, wie er ist. Jeder hat so seine Eigenheiten, aber die beiden können gut damit umgehen. Ich glaube, an den beiden kann man prima abschauen, wie Mann und Frau mitei-nander umgehen können. Unser SOS-Papa ist oft unterwegs, früher hat er auch in Deutschland gearbeitet, und von ihm habe ich einige Sätze Deutsch gelernt. Wenn er da ist, unternehmen wir alle was gemeinsam. Papa macht auch viel am Haus, zum Beispiel hat er im Flur zusätzlich eine Garderobe eingebaut. So hat hier jeder seine Aufgaben. Wir Kinder auch, draußen im Flur hängt ein Arbeitsplan, wer von uns zum Beispiel wann mit dem Spülen dran ist.

Es gibt noch zwei SOS-Familien hier in Valmiera, die einen SOS-Papa haben. Un-ser Dorfleiter Vitolds findet es super, dass hier Elternpaare SOS-Familien grün-

Vom Waisenhaus zur SOS-Familie Die 13-jährige Ilze erzählt von ihrem Leben im SOS-Kinderdorf Valmiera

...und am Hackbrett. Musik ist in Lettland was ganz Wichtiges.

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Reportage

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Helfen auch Sie den Kindern in Lettland,

und unterstützen Sie die Arbeit der

SOS-Kinderdörfer weltweit!

den. Er ist ja selber so eine Art Papa für uns alle. Dann haben wir noch einen Dorfmeis-ter, das ist der in der Werkstatt, der hier alles repariert und der mit den Kindern am Wochenende in der Werkstatt bastelt. Er nimmt sich auch viel Zeit für uns. Vor allem die Jungs mögen ihn sehr. Er ist üb-rigens Hobbypilot, und im Sommerlager sind die Kinder mit ihm und einem alten Doppeldecker beschäftigt. Seine Freundin kommt auch in ihrer Freizeit zu uns ins Dorf und macht Schminkkurse. Das ist natürlich super für uns Mädchen.

Überhaupt ist bei uns im Dorf immer was los: Zwei Mal die Woche machen wir abends Tanz, zwei Mal die Woche Musik und Gesang. Musik ist für uns in Lettland was ganz Wichtiges, ich selber bin in ei-ner Tanzgruppe, und im Sommer treten wir in Riga bei einem riesengroßen Mu-sikfestival im Stadion auf. Da kommen Gruppen aus ganz Lettland zusammen, und dieser Tag ist wie ein Feiertag. Aber auch im Dorf haben wir unsere Feiertage,

wie den Geburtstag des Dorfes zum Bei-spiel. Wir dürfen übrigens mitbestimmen: Dorfleiter Vitolds hat ein „Kinder-Parla-ment“ gegründet mit einem Kind aus jeder SOS-Familie. Ich vertrete unsere Familie. Wir entscheiden dort, wohin der nächste Ausflug gehen soll oder was wir sonst so gemeinsam in unserer Freizeit im Dorf veranstalten wollen.

Alles hat seinen Platz bei uns. In der Familie besprechen wir uns am großen Holztisch in der Küche. Im Dorf be-sprechen wir uns im Kinder-Parlament. Unsere Eltern, der Dorfleiter und andere sind da, wenn wir sie brauchen. Für mei-ne Geschwister und mich ist unser SOS-Kinderdorf ein wunderbarer Ort!

Erfahren Sie noch mehr über Ilze und das SOS-Kinderdorf Valmiera in einem Video unter sos-kinderdoerfer.de/magazin.

Aufgezeichnet von Wolfgang Kehl*Namen von der Redaktion geändert

Lettland ist seit 2004 Mitglied der Europä-ischen Union. Der Traum vom offenen Fens-ter nach Europa ist für viele Letten nach 70 Jahren Eisernem Vorhang in Erfüllung gegangen. Aber für viele Letten ist dieser Traum zum Albtraum geworden: Lettland hat enorm unter der Finanzkrise zu leiden. Fast 20 Prozent der Menschen sind arbeitslos – die höchs-te Rate in Europa. Löhne und Gehälter, Renten und Sozialleistungen sind abgestürzt. So genannte Strukturreformen führen dazu, dass Schulen und Krankenhäuser geschlossen werden. Lettland ist zum Armenhaus der EU geworden.

450.000 Kinder leben in Lettland. 17.000 Mädchen und Jungen leben in einer Familie, die morgen schon auseinanderbrechen kann. 10.000 Kinder leben ohne ihre Eltern.

Noch immer werden Geschwister, die ins Heim müssen, voneinander getrennt und in Heimen für verschiedene Altersstufen untergebracht. Zwar ver-sucht man inzwischen verstärkt, mit Pflegefamilien

zu arbeiten, aber auch dieses System der Kinderbe-treuung steckt noch in den Kinderschuhen.

In den beiden SOS-Kinderdörfern Valmiera und Islice leben viele Geschwister, die vorher von-einander getrennt in einzelnen Heimen mehr ver-waltet als großgezogen wurden. Derzeit sind es 122 Mädchen und Jungen in den beiden Dörfern.

Aber SOS beugt auch vor: Viele Kinder brau-chen Hilfe, damit ihre Herkunftsfamilie nicht zer-bricht. In drei Regionen Lettlands (Riga, Olaine und Valmiera) helfen die SOS-Kinderdörfer. Eltern, allein erziehende Mütter, aber auch Kinder erhalten Beratung und psychologische Unterstützung. Für Kinder werden Freizeitangebote gemacht. Für 600 Kinder ist diese SOS-Familienhilfe mehr als nur ein Strohhalm. Sie ist ein Rettungsanker. Dorfleiter Vitolds sagt: „Egal ob im Kinderdorf oder außer-halb, wir müssen für diese Kinder da sein. Und die SOS-Strategie funktioniert. Deshalb wollen wir in Zukunft noch mehr Kindern in unserem Land hel-fen. Es gibt noch viele, die uns brauchen. Zu viele.“

Kind sein in Lettland

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SOS-Nothilfe

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SOS-Kinderdörfer kämpfen gegen den Hunger im Niger

Die SOS-Kinderdörfer haben im Niger ein Hilfsprogramm

gestartet, um mehr als 10.000 Kin-der und ihre Familien vor einer erneuten Hungersnot zu schützen. Der afrikanische Binnenstaat gilt als eines der ärmsten Länder der Welt und kämpft immer wieder mit Nahrungsmittelknappheit.

Zuletzt fiel im vergangenen Jahr zu wenig Regen, als dass es für eine einträgliche Ernte gereicht hätte - veraltete Anbau-methoden, politische Misswirtschaft und Saatgutmangel taten ihr Übriges. In ei-nigen Regionen gäbe es genügend Le-bensmittel, doch die Preise dafür sind unerschwinglich. Nach Schätzung der Vereinten Nationen sind deshalb landes-weit knapp acht Millionen Menschen vom Hunger bedroht.

Besonders schlimm traf es die Region um Tahoua, so dass Mitarbeiter vom nahe ge-legenen SOS-Kinderdorf aus ein Sofort- hilfeprogramm in 32 Dörfern aufgelegt haben. 750 Großfamilien werden zu-nächst etwa fünf Monate mit Lebens-mitteln versorgt. Vor allem die Kinder leiden, weil ihre kleinen Körper schneller Mangelerscheinungen aufweisen. Durch-fallerkrankungen, Erbrechen und Menin- gitis schwächen diese Kinder zusätzlich. Als Überlebensstrategie gehen viele von

ihnen Betteln, betäuben den Hunger mit Drogen oder bieten sich gegen Geld zum Arbeiten an.

Kinder und Familien rechtzeitig und nach-haltig helfen: das ist es, was die SOS-Kin-derdörfer mit ihrem Einsatz wollen. Die Mitarbeiter vor Ort verteilen Lebensmit-telpakete. Diese enthalten neben Getreide, Hirse, Milch und Öl, auch vitamin-reiche, besonders nahrhafte Kost speziell für Kinder. Als weitere Schritte wurden Ersthelfer ausgebildet, die schnell medizi-nische Hilfe leisten können. Parallel dazu gibt es vorbeugende Maßnahmen, die den Familien einen Neuanfang ermöglichen. Landwirtschaftliche Beratung gehört hier ebenso dazu wie das Verteilen von Saatgut.

In den beiden SOS-Kinderdörfern im Niger geht das Leben unterdessen weiter. Die Kinder müssen trotz der knappen Le-bensmittel keinen Mangel leiden. Durch die Nahrungsmittelknappheit sind aller-dings die Preise für die Versorgung auch hier extrem teuer geworden.

Sie können helfen, die Not der Kinder im Niger zu lindern: Ein Lebensmittel-paket kostet umgerechnet etwa 30 Euro und hilft einer Familie einen Monat lang. Doch auch jeder andere Beitrag zählt!

Alexandra Helmich

…und Saatgut....mit medizinischer Hilfe…

Unterstützung für Kinder und ihre Familien im Niger…

Mit eigenem Saatgut sichern sich Familien ihre Existenz.

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Aktuelles

…und das neue Haus sieht so aus.

Jorge bringt sein Spielzeug schon mal ins neue Zuhause…

Die Idee der SOS-Kinder-dörfer ist so aktuell wie

nie zuvor – aber die Häuser in so einem Kinderdorf können schon mal in die Jahre kom-men, wenn Generationen von Kindern darin aufwachsen, wenn neun Kinder täglich du-schen oder die Mütter täglich für zehn Personen kochen.

Das SOS-Kinderdorf Mexiko-Stadt ist so ein Dorf, das dringend erneuert werden musste. 40 lange Jahre haben das Dorf baufällig werden lassen. Und weil genügend Platz auf dem Gelän-de war, wurden die Häuser komplett neu gebaut. Was übrigens preisgün-stiger war als die Renovierung und noch dazu zeitgemäßer: Die Häuser sind erdbebensicher und ökologische Bauweise spart Energie.

Vor einigen Wochen war es so weit: Die Kinder haben bunte Plakate ge-malt, mit Blumen, Sonnen und Häu-sern. „Gracias por las nuevas casas – Danke für die neuen Häu-ser!“ steht darauf. Lange haben die Kinder beobachtet, wie ihre neuen Häuser wuchsen. Vorfreude ist die größte Freude. Und so ein Umzug ist ein ganz besonderes Erlebnis: Jeder schleppt Geschirr, Kleider, Spiel- und Schulsachen. Die Jungs tragen Kisten, die Mädchen wollen gleich die neuen Häuser dekorieren. Maria Luisa möch-te ihr Zimmer am liebsten komplett mit Sonnenblumen ausmalen. Der kleine Jorgito sagt: „Das Wichtigste ist mein Spielzeug, deshalb trage ich es als ers-tes rüber in unser neues Zuhause!“

140 Kinder finden im neuen SOS-Kinderdorf Mexiko-Stadt einen Platz zum Leben, Spielen und Lernen. Das sind mehr als im alten Dorf, denn beim Neubau wurde Platz für vier weitere Familien geschaffen.

Die SOS-Kinderdörfer werden drin-gend gebraucht in Mexiko, denn auch hier zerreißen Familienbande unter der Last der Wirtschaftskrise, unter

Armut, Drogen und Gewalt. Zurück bleiben Kinder auf der Straße, die unter menschenunwürdigen Bedin-gungen ihr Dasein fristen.

Das SOS-Kinderdorf zeigt, dass sol-che Schicksale nicht unabwendbar sind. Der 23-jährige Jorge im Kin-derdorf hilft beim Umzug. Er ist hier groß geworden, lebt inzwischen in einer SOS-Jugendwohneinrichtung und macht bald seinen Abschluss in Betriebswirtschaftslehre – wie es mit ihm ohne das Kinderdorf weiter ge-gangen wäre, mag man sich gar nicht ausmalen. Er gehört zu denen, für die das alte SOS-Kinderdorf jahrzehnte-lang ein sicherer Ort war.

Ein bisschen Wehmut schwingt mit beim Umzug. Mama Lupita ist seit 20 Jahren SOS-Kinderdorf-Mutter und hat 26 Kinder großgezogen: „Vor vier Jahren haben wir Weihnachten hier gefeiert. Kinder und Enkel waren da. Insgesamt 50 Leute und alle ha-ben hier übernachtet. Oder die vielen Taufen, die wir hier gefeiert haben. Es waren bewegende Jahre mit den Kindern!“

Taufen wird es auch im neuen SOS-Kinderdorf Mexiko-Stadt geben. Schöne Tage, schwere Tage, ein ganz normales Leben. Aber egal, ob das alte oder das neue Dorf – möglich ist so ein SOS-Kinderdorf nur, weil viele Menschen die Idee der SOS-Kinderdörfer unterstützen!

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Die Kinder vom SOS-Kinderdorf Mexiko-Stadt ziehen um

Die Kinder haben extra bunte Plakate gemalt: „ Danke für die neuen Häuser!“

Wir haben Sie vor einem Jahr um Ihre Unterstützung für die Komplettrenovierung der bei-den in die Jahre gekommenen SOS-Kinderdörfer Mexiko-Stadt und Mombasa, Kenia gebeten. Dank Ihrer Hilfe ist Mexiko-Stadt jetzt fertig, Mombasa wird bald folgen. Diesen Erfolg haben die Kinder in Mexiko und Kenia Ihnen zu verdanken. Herzlichen Dank!

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Viele Menschen bedenken die SOS-Kinderdörfer in ihrem Testament. Für uns ist dies ein großer Vertrauensbeweis. Und es ist ein Akt großen menschlichen Engagements, der Hilfe für Kinder möglich macht. Manchmal erfahren wir von Angehörigen oder Freunden etwas mehr über den Menschen, der da gestorben ist, dann hören wir gespannt zu. Wir hören von glücklichen Zeiten, schweren Schicksalen, Eigenheiten und Abenteuern. Weil jede dieser Geschichten einzigar-tig ist, erzählen wir hier regelmäßig von unseren Nachlass-Spendern. Und – um ein letztes Mal Dankeschön zu sagen.

Ein letztes DankeschönWenn Sie jemanden vorschla-gen möchten, der an dieser Stelle porträtiert werden sollte, oder bei Fragen zum Thema „Nachlass“ wenden Sie sich an Brigitte Schiffner,

Tel. 089/17914-270

Das Leben war geordnet auf dem Bauernhof der Familie

Spitko, damals in der Slowakei. Die Schweigsamkeit des Vaters hatte ebenso ihren Platz wie das muntere Wesen der Mutter. Ge-borgen wuchsen Susanne und ihre fünf Geschwister hier auf.

Als der Zweite Weltkrieg begann, war Su-sanne Spitko 17 Jahre alt, und die Ord-nung ihres Lebens verschwand so schnell, wie der Schrecken kam. Über den Bauern-hof donnerten jetzt die Flugzeuge, und ihre Brüder Georg, Hans und Karl mussten in den Krieg ziehen. Hans war da bereits ver-heiratet und hatte zwei Töchter mit seiner Frau, einer Jüdin. Am 1. Juni 1942 trans-portierten die Nazis sie ab. Im Vernich-tungslager Sobibor wurde sie ermordet.

Zurück blieben die beiden kleinen Mäd-chen, Gretl und Susi, um die sich nun die Oma und vor allem die beiden Tanten Maria und Susanne kümmerten. Maria genannt „Minni“, die eher nach der Mutter kam, lustig und gesprächig war, Susanne, „Sußchen“, zurückhaltend und ruhig wie der Vater.

Im August 1944 kam es zum Slowakischen Nationalaufstand, der die faschistische slowakische Regierung stürzen sollte. Als Deutschstämmige waren die Spitkos in der Slowakei nun nicht mehr sicher und sie flohen ins Sudetenland, kamen in einem Auffanglager unter. Schnell wur-de dort bekannt, dass Gretl und Susi, die beiden Mädchen, Kinder einer jüdischen Mutter waren. Gretl Müllerklein erinnert sich, dass sie nicht mit den anderen zum Weihnachtsbaum gehen durften und ihre

Essensration gekürzt werden sollte. Aber immer waren da die Tanten und hielten ihre Hand schützend über sie, auch, als man Gretl und Susi abtransportieren wollte. Da sagten die Tanten fest: „Dies sind die Kinder unseres Bruders. Wo sie hinkommen, gehen wir auch hin!“ Die Kinder blieben.

Nach Kriegsende landete die Familie in Frankfurt. Tante Minni und Tante Suß-chen schufteten schwer auf Bauernhöfen und in Haushalten. Auch nachdem Hans, der Vater der Mädchen, aus dem Krieg zurückgekommen war, fühlten sich die beiden Tanten weiter verantwortlich. Su-sanne Spitko lernte Steno und Schreib-maschine schreiben und wurde Buch-halterin. Sie sprach auch jetzt nicht viel, aber hörte umso besser die Wünsche der anderen. Gretl Müllerklein erinnert sich: „Einmal erzählte ich, dass ich dringend einen Ofen bräuchte, und sofort ist sie mit mir in ein Geschäft gegangen und hat mir den Ofen gekauft!“ Auch Hilfs-organisationen bekamen Geld von ihr.

Geheiratet hat Susanne Spitko nie. „Es waren ja keine Männer mehr da!“, sagt Gretl Müllerklein, und: „So vieles ist da-mals kaputt gegangen!“ Aber die Fami-lie, die konnte bestehen. Man blieb sich wichtig, kümmerte sich. Es war März 2010, als Susanne Spitko, 88 Jahre alt, bei einem Verkehrsunfall ums Leben kam. Vier ihrer Geschwister waren da bereits tot. Einige Monate später starb auch Karl, der letzte Bruder. Susanne Spitko vererbte einen großen Teil ihres Geldes an die SOS-Kinderdörfer, gab ein letztes Mal alles, was sie geben konnte.

Simone Kosog

Entschlossen setzte sich Susanne Spitko für ihre beiden Nichten ein. Als Kinder einer jüdischen Mutter mussten sie um ihr Leben fürchten.

Alles, was sie geben konnte

Nachruf

Susanne Spitko war ein ruhiger Mensch, ihre Stärke war das Zuhören.

Für andere da sein war für sie wichtig.

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Unterstützung

PatenschaftMit einer Kindpatenschaft (31 Euro/ Monat) begleiten Sie ein Kind in die Zukunft. Wertvolle Hilfe leisten Sie auch mit einer Dorf- (26 Euro) oder einer Projektpatenschaft (15 Euro).Tel: 089/179 14 - 160 [email protected]

Anlass-SpendeHochzeit, Geburtstag, Jubiläum oder ein Trauerfall: Unterstüt- zen Sie aus diesem Anlass die SOS-Kinderdörfer! Tel: 0800 50 30 600 (gebührenfrei)

oder starten Sie Ihre eigene Spendenaktion im Internet: www.meine-spendenaktion.de

Werke bekannter Künstler werden anonym im Internet versteigert

Kunstliebhaber sollten sich den 6. bis 28. Oktober vormerken, denn dann ist wie-der SOS-Kunststück-Zeit: Werke namhafter Künstler werden von den SOS-Kinder-dörfern anonym im Internet versteigert. Das Spannende an der Kunstauktion, die es seit 2003 gibt, ist seit jeher die Ungewissheit: Die Bieter sehen zwar die Werke und eine Liste der Künstler, aber Werk und Künstler werden einander nicht zugeordnet. Erst, wenn der Hammer gefallen ist, wird das Rätsel gelüftet. 80 bis 100 bildende Künstler überlassen den SOS-Kinderdörfern jedes Jahr gratis ihre gesuchten Arbeiten, in diesem Jahr sind Jonathan Meese, Andrè Butzer und Hans Jörg Mayer mit dabei.

Kooperationspartner von SOS-Kunststück 2010 sind das Hotel Grand Elysée Ham-burg, der Business Club Hamburg sowie das Kunstmagazin „art“. Der Erlös soll unter anderem die Arbeit der SOS-Kinderdörfer in Lettland unterstützen. Unter www.sos-kunststueck.de finden Sie alle teilnehmenden Künstler und ihre Werke sowie Informationen zur Teilnahme.

6-Euro-FreundschaftAls 6-Euro-Freund sind Sie Teil der weltweiten SOS-Familie und unter-stützen mit 6 Euro monatlich SOS-Projekte auf vier Kontinenten! Tel: 0800 50 30 300 (gebührenfrei)[email protected]

NachlassÜber den Tod hinaus Gutes tun ist so einfach, wenn Sie die SOS-Kinderdörfer weltweit in Ihrem Testament bedenken! Persönliche Beratung unterTel: 089/179 14 - [email protected]

SpendeMit einer Spende reichen Sie den Kindern die Hand und ermöglichen den Erhalt der rund 500 SOS-Kinderdörfer und 1.500 Zusatzeinrichtungen!Kontonummer: 111 1 111bei Deutsche Bank München (BLZ 70070010)

So können Sie helfen:

SOS-Kunststück – die Auktion mit dem besonderen Nervenkitzel

Auch dieses Werk wird versteigert. Den Namen des Künstlers dürfen wir leider nicht verraten!

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Hier und jetzt: Kinder brauchen Ihre Hilfe!

Ein umweltfreundliches Produkt hergestellt aus 100% chlorfrei gebleichtem Zellstoff.

Gutes tun ist leicht, wenn viele helfen!

Liebe Freundinnen und Freunde der SOS-Kinderdörfer,

wer von Ihnen hätte gedacht, dass Kinder auf dieser Welt nicht nur in fernen Ländern Not leiden, sondern fast vor unserer Haustür, in unserem Europa? Lettland ist zum Armen-haus Europas geworden. Deshalb ist das Engagement der SOS-Kinder-dörfer dort so wichtig. Wir müssen dort für jedes gefährdete Kind eine Lösung finden: Hilfe in der eigenen Familie oder Hilfe im SOS-Kinder-dorf. Mit Herz und Verstand schau-en viele helfende Menschen hin, damit für ein leidendes Kind die beste Lösung gefunden wird.Das Kind, der Schutz und die Liebe für das Kind stehen bei den SOS-Kinderdörfern an erster Stel-le. Manchmal mit großer Tradi-tion wie in Mexiko, wo ein neues SOS-Kinderdorf an die Stelle des alten, baufällig gewordenen tritt. Oder im Niger, wo wir kurzfris-tig, schnell und beherzt Kinder mit einem Nothilfe-Programm unterstützen müssen, um das Schlimmste für diese Kinder ab-zuwenden. Ganz gleich wo und ganz gleich wie – überall auf der Welt verfolgen wir unsere Vision, die Welt für die Kinder ein Stück besser zu machen.Dank Ihrer Hilfe gelingt das. Und deshalb bitte ich Sie: Seien Sie jetzt und heute für diese Kinder da! Jeder Beitrag hilft dabei!

Ihr

Helmut Kutin

Sie haben Bekannte, die sich ebenfalls über unsere Zeitschrift freuen würden, oder brauchen weitere Exemplare? Lassen Sie es uns einfach wissen! Wir freuen uns auch, wenn Sie uns Ihre Meinung mitteilen. Sie können uns erreichen unter Tel.: 0800-5030300, E-Mail: [email protected], Internet: www.sos-kinderdoerfer.de Oder schreiben Sie uns unter SOS-Kinderdörfer weltweit, Hermann-Gmeiner-Fonds Deutschland e.V., Ridlerstraße 55, 80339 München

Spendenkonto: Konto-Nummer 111 1 111 (siebenmal die Eins)bei Postbank (BLZ 700 100 80), Deutsche Bank (BLZ 700 700 10) und Dresdner Bank (BLZ 700 800 00) – alle in München.Wichtig: Spenden an die SOS-Kinderdörfer weltweit sind steuerlich absetzbar!

DANKE für Ihren wertvollen Beitrag!

Impressum:Titel: Kind beim Spielen im SOS-Kinderdorf Valmiera/ Lettland Foto: W. KehlBildnachweis: W. Kehl (4), Robert Fleischanderl, SOS-Archiv (10), Catherine Flore Ngo Biyack, A.Gabriel

Herausgeber und Eigentümer: SOS-Kinderdörfer weltweitHermann-Gmeiner-Fonds Deutschland e.V.Für den Inhalt verantwortlich: Dr. Wilfried VyslozilRedaktion: W. Kehl, L. Janning, K. Schelchshorn, A. Helmich, S. Kosog, A. Seifert