Sowi Grundlagentexte 2

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Otto-von-Guericke-Universität Fakultät für Geistes-, Sozial- und Erziehungswissenschaften Institut für Soziologie Veranstaltung: Sozialwissenschaftliche Grundlagentexte Dienstag 11:00 Uhr bis 13:00 Uhr Gebäude 40 – Raum 525 Dozent: Jens M. Autor: Katja S. Semesterlage: Wintersemester 2008/ 09 Datum: 17.01.2009 Gliederung 1. Einleitung 2. Hannah Arendt: „Was niemals aus den Gewehrläufen kommt, ist Macht“ (Arendt: 1994[1970], S. 54) 3. Jürgen Habermas: Die Sackgasse der Sozialstaatsentwicklung 4. Michael Foucault: Die Disziplinargesellschaft 5. Regine Gildemeister: Die Kategorisierung der Menschen 6. Giovanni Sartori: Die Herrschaft des Volkes 7. Fazit 1. Einleitung

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Meine 2. kurzarbeit über Arendt, Habermas, Foucault, Gildemeister, Sartori

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Otto-von-Guericke-Universität

Fakultät für Geistes-, Sozial- und Erziehungswissenschaften

Institut für Soziologie

Veranstaltung: Sozialwissenschaftliche Grundlagentexte

Dienstag 11:00 Uhr bis 13:00 Uhr

Gebäude 40 – Raum 525

Dozent: Jens M.

Autor: Katja S.

Semesterlage: Wintersemester 2008/ 09

Datum: 17.01.2009

Gliederung

1. Einleitung

2. Hannah Arendt: „Was niemals aus den Gewehrläufen kommt, ist Macht“

(Arendt: 1994[1970], S. 54)

3. Jürgen Habermas: Die Sackgasse der Sozialstaatsentwicklung

4. Michael Foucault: Die Disziplinargesellschaft

5. Regine Gildemeister: Die Kategorisierung der Menschen

6. Giovanni Sartori: Die Herrschaft des Volkes

7. Fazit

1. Einleitung

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Macht ist wohl einer der ältesten Begriffe der Menschheit, denn das oberste Ziel im Leben,

seit Anbeginn der Zeit, ist die Ergreifung von Macht. Bereits Caesar soll aus Machtgier

ermordet wurden sein. Doch was verleitet Menschen dazu, einem Anderen aus diesem Grund

das Leben zu nehmen? Was ist diese Macht? Es ist mein Anliegen eben diese Frage in der

folgenden Arbeit zu klären. Welche Arten von Macht gibt es und wie entsteht sie? Was sagen

die folgenden Autoren zum Thema Macht?

2. Was niemals aus den Gewehrläufen kommt, ist Macht (Arendt: 1994[1970], S. 54)

Die jüdische Publizistin, Hannah Arendt veröffentlichte 1970 mit ihrem Werk „Macht und

Gewalt“ eine Analyse der Studentenbewegungen, in der sie die Begriffe Macht, Gewalt,

Stärke, Autorität und Kraft differenziert betrachtet. Arendt grenzt sich damit von der bislang

vorherrschenden Meinung, „daß Gewalt nichts weiter ist als die eklatanteste Manifestation

von Macht“ (Arendt: 1994[1970], S. 36) ab. Hierfür bemüht sie u.a. das Beispiel der

athenischen Polis, in der Macht als „Organisation der Gleichen im Rahmen des Gesetzes“

(Arendt: 1994[1970], S. 41) definiert wurde, welche nicht auf dem menschlichen Trieb

beruht, andere Menschen zu unterwerfen, sondern den Bürgern eine bedeutsame

Einflussnahme auf politische Angelegenheiten im Rahmen der Gesetze zuspricht. So ist nach

Arendt der Begriff Macht, als die Folge des Zusammenschlusses von Menschen, mit

übereinstimmenden Einzelmeinungen, in Gruppen zu verstehen. Macht ist dementsprechend

etwas Absolutes - ein Selbstzweck, denn dieser Zusammenschluss erfolgt nicht zur

Erreichung diverser Zwecke, sondern ihrer selbst wegen - der Bildung von Macht. Diese

Gruppe besteht nur solange, wie die Mehrzahl der Öffentlichkeit diese Meinung inne hat.

Durch den Wechsel zu einer anderen Ansicht entzieht jedes Mitglied dem Repräsentant der

Gruppe Macht - bis hin zur völligen Entmachtung. Im Umkehrschluss lässt sich also sagen,

dass ein Einzelner niemals Macht haben kann. Im Zuge dieser Entmachtung verliert der

Repräsentant seine Legitimität - die Vorraussetzung für Macht.

In diesem Augenblick kommt die Gewalt zum Tragen. Gewalt ist nach Arendt durch ihren

instrumentalen Charakter gekennzeichnet, welche menschliche Stärke vervielfacht und ist

niemals legitim (vgl. Arendt: 1994[1970], S. 52). Durch diese nicht benötigte Rechtmäßigkeit,

kann der entmachtete Repräsentant nun die Gewalt einsetzen, auch gegen den Willen anderer

Individuen, um seine alte Position zu verteidigen bzw. wiederzuerlangen. Durch diese

Handlung wird er jedoch gänzlich machtlos, denn die der Macht innewohnende Legitimität

geht verloren.

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Den grundlegenden Unterschied zwischen Macht und Gewalt sieht Arendt zum einen darin,

dass Macht im Gegensatz zur Gewalt zahlenabhängig ist und das letztere technische

Hilfsmittel zur Realisierung ihrer politischen Ziele benötigt. Sie misst jedoch den Folgen

dieser Gewaltmittel auf Grund der schnellen technischen Entwicklung von Kriegswaffen nach

dem zweiten Weltkrieg mehr Bedeutung bei, als den jeweiligen Zwecken. (vgl. Arendt:

1994[1970], S. 13) Im Zuge der Anwendung technischer Mittel gegen eine Gruppe größerer

Macht, wird es zu einem Sieg der Gewalt kommen, da diese in der Regel stärker ist als

Macht.

Durch die Unterscheidung von Macht, als Möglichkeit kollektiven Handels und Gewalt, als

zweckbestimmte Anwendung von Mitteln, skizziert Arendt eine politische Theorie, die sich

über ein breites Spektrum politischer Herrschaftssysteme erstreckt. Sie selbst stand rein

repräsentativen Demokratien kritisch gegenüber und zog dieser Rätesysteme bzw. die direkte

Demokratie vor. Obwohl Arendt in ihrer Studie eine konsequente Trennung von Macht und

Gewalt fordert und vornimmt, gibt sie jedoch selbst zu, das diese in der Praxis fast nie in ihrer

Reinform zu finden sind und sie eben doch zusammen auftreten. Einen möglichen Grund

dafür führt Arendt selbst an: Menschliches Handeln ist niemals vorhersehbar. So kann man

einen geraden Verlauf einer Revolution bzw. eines Prozesses niemals voraussagen, da der

Faktor Mensch ein Risiko für alle Planungen ist.

3. Jürgen Habermas: Die Sackgasse der Sozialstaatsentwicklung

Jürgen Habermas beschreibt in seinem 1984 veröffentlichten Aufsatz „Die Krise des

Wohlfahrtsstaates und die Erschöpfung utopischer Energien“, welche Energien zur

Entwicklung des modernen Wohlfahrtsstaates führten und welche Probleme zur Erschöpfung

dieser Energien geführt haben.

Sozialstaatliche Politiker „beziehen ihre Legitimation aus allgemeinen Wahlen“ (Habermas:

1994[1984], S. 113) – nach Arendts Definition von Macht und Gewalt ist diese also legitim.

Genau diese Legitimität ist jedoch zugleich Segen und Fluch für den Wohlfahrtsstaat:

Auf der methodischen Seite soll nach Habermas mit Hilfe der Staatsmacht die kapitalistische

Wirtschaft gefördert und gezähmt, die entstehenden Krisen bewältigt und die internationale

Wettbewerbsfähigkeit aufrecht erhalten werden, um die bestehenden Arbeitsverhältnisse

aufrecht zu erhalten. Aus dem daraus resultierenden Wachstum erfolgt die Distribution ohne

die Bevölkerung zu demotivieren, wodurch der Klassenantagonismus befriedigt und die

Stabilität der Gesellschaft und der Machtstrukturen bewahrt werden soll.

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Auf der substantiellen Seite, schöpft der Sozialstaat immer noch aus den Überbleibseln der

arbeitsgesellschaftlichen Utopie: Freiheit, Gleichheit, Wohlstand. Dadurch verliert er jedoch

die Kraft, zukünftige Möglichkeiten des besseren und ungefährlicheren Zusammenlebens zu

finden. Oberstes Ziel des Sozialstaates ist Förderung und Sicherung eines menschenwürdigen

Lebens als Teil der Gesellschaft. Dazu benötigt der Staat jedoch auch eine Handlungsbasis:

Macht. Doch ist dies der richtige Weg zur Durchsetzung dieser Ziele? Welche Probleme

entstehen dadurch?

Habermas bemüht hierfür das Beispiel der Wirtschaft. Je erfolgreicher der Staat seine seine

Pläne zur Förderung der kapitalistischen Wirtschaft umsetzt, je stärker trifft er auf

Widerstände der privaten Investitoren. Die steigende Arbeitslosigkeit, mangelnde

Investitionsbereitschaft und die Krise öffentlicher Haushalte werden mit dem Wohlfahrtsstaat

in Verbindung gebracht. So gelangt man immer mehr zu der Einsicht, dass der Sozialstaat

selbst keine ewige Garantie für Arbeitsplätze und Quelle für den Wohlstand ist. Damit rutscht

ihm jedoch auch mehr und mehr die Basis weg: Die aufwärtsmobilen Wählerschichten, die

aus dem Sozialstaat den meisten Nutzen zogen, vergessen zunehmend ihre Wurzeln und

agieren gemeinsam nutzenmaximierend gegen die unteren Schichten. Durch die

Umgruppierung der Wählerbasis verliert die Sozialdemokratie zunehmend ihre Legitimation.

Die Unterordnung der Wirtschaft ist somit keine leichte Aufgabe.

Die Kehrseite dieser Entwicklung ist ebenfalls, dass die sozialstaatlichen Regelungen immer

auch repressive Elemente einschliessen. Die Ziele der Gewährleistung politischer Stabilität

und der Bereitstellung verwertungsfähiger Arbeitskraft schränken die Möglichkeiten der

Entwicklung neuer Lebensweisen ein, was zu einer weitergehenden Ausschöpfung der

gegebenen Spielräume führt. Die Gestaltung der sozialen Beziehungen ist zunehmend dem

Gesamtgefüge der Reproduktion der Gesellschaft untergeordnet. Die Folge ist, dass alle, die

nicht diesen im System selbst verankerten Normen entsprechen oder entsprechen wollen,

Sanktionen ausgesetzt werden.

Zusammenfassend kann man sagen, dass der Wohlfahrtsstaat die Diskrepanz zwischen Ziel

und Methode inne hat. Sein Ziel ist die Erschaffung neuer, freier Lebensformen, die jedoch

nicht durch Macht hervorgebracht werden können.

4. Michael Foucault: Die Disziplinargesellschaft

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Michael Foucault definiert in seinem Aufsatz „Die Wahrheit und die juridischen Formen“ aus

dem Jahre 1974 eine ganz andere Form der Macht: Das Wissen. Die Herrschaftsform spielt in

Foucaults Analyse eine untergeordnete Rolle.

Früher wurde das Verbrechen als einen Verstoß gegen das Zivilgesetz einer Gesellschaft

definiert. Dementsprechend wurden die verhängten Strafen zum Nutzen der Gesellschaft

gewählt. Zur Auswahl standen Deportation, Demütigung bzw. der moralische Ausstoss aus

der Gesellschaft, Zwangsarbeit und Strafen nach dem Talions-Prinzip. Im Verlauf des 19.

Jahrhunderts rückten diese auf Grund einer neuer sozialen und räumlichen Verteilung des

Reichtums in den Hintergrund, wodurch es zu einer Verstaatlichung der sozialen Kontrolle

kam. Dies gilt als Ursprung der Disziplinargesellschaft. Nun trat eine moderne Sanktion in

den Vordergrund: Die Gefängnisstrafe. Foucault kritisiert, dass diese Form der Strafe einen

Wandel des Strafgesetzbuches nach sich zog. Sollten Strafen einst der Gesellschaft einen

Nutzen bringen und sie schützen, drängte sich immer mehr die Kontrolle des Individuums in

den Fokus: Die Kontrolle der möglichen Straftaten. Fortan geht man nicht mehr von der

tatsächlichen Tat aus, sondern von der Möglichen, die es zu verhindern gilt.

Um diese Theorie zu veranschaulichen greift Foucault die Idee des britischen Philosophen

Jeremy Bentham, das Panoptikum, auf. Für Foucault ist diese Architektur eines Gefängnisses

das Sinnbild unserer Gesellschaft (vgl. Foucault: 2003[1974], S. 86): Ein ringförmiges

Gebäude, welches sich in kleine, von 2 Seiten einsehbare Zellen unterteilt und einen Turm

und Innenhof einschließt. In dem Turm sitzt ein Wärter, der jede Zelle beobachten kann, ohne

dabei selbst gesehen zu werden. Damit werden die Gefangenen unter die permanente

Kontrolle eines allumfassendes Blickes gestellt und dieser Wärter kann ununterbrochen neues

Wissen aus den Kontrollen und Überwachungen schöpfen, in dessen Zentrum eine „realisierte

Norm steht“ (Foucault: 2003[1974], S. 87). Sie bildet die Grundlage der Macht, denn durch

die ständige Beobachtung können die Gefangenen für jede, noch so unbedeutende Handlung,

welche von der Norm abweicht, bestraft werden. Die aus dieser Überwachung resultierende

Angst geht in die Köpfe der disziplinierten Individuen über und „wird im unmittelbaren

Alltagsleben spü rbar, welches das Individuum in Kategorien einteilt, ihm seine

Individualität aufprägt, es an seine Individualität fesselt, ihm ein Gesetz der Wahrheit

auferlegt, das es anerkennen muß und das andere in ihm anerkennen mü ssen“ (Foucault:

o.J., S. 246).

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5. Regine Gildemeister: Die Kategorisierung der Menschen

In den letzten Jahrzehnten kam es zunehmend zu einer Unterscheidung zwischen den kulturell

geprägten Begriffen „sex“ und „gender“. Während es sich bei „sex“ um den biologisch

zugeschriebenen Status eines Individuums handelt, ist „gender“ der während des

Sozialisationsprozesses erworbene soziale Status, der zur Ausbildung eines

Geschlechtscharakters fü hrt. Alle Menschen verhalten sich nach den gesellschaftlich

vorgegebenen Klischees und erfü llen ihre geschlechtsspezifischen Rollen. Regine

Gildemeister und Angelika Wetterer beschreiben in ihrem Aufsatz „Wie Geschlechter gemacht

werden – Die soziale Konstruktion der Zweigeschlechtlichkeit und ihre Reifizierung in der

Frauenforschung“, wie das Geschlecht rein sozial von Individuen und gesellschaftlichen

Institutionen konstruiert wird. Sie verpönen darin die Annahme, dass Männer und Frauen in

jeder Hinsicht verschieden sein müssen und stellen die Zweigeschlechtlichkeit, welche in

unserer Gesellschaft normativ ist, in Frage. Weiterhin erarbeiten sie die Gründe der

Ungleichheit von Männern und Frauen und stellen fest, dass viele Faktoren (wie die Kultur)

darauf Einfluss nehmen, dass es jedoch keine zwingenden Argumente für die Unterscheidung

in unserer Gesellschaft gibt.

Gildemeister beschreibt u.a. wie wir bestimmte Berufe einem Geschlecht auf Grund

geforderter Fähigkeiten zuschreiben. Theoretisch sollen natürlich beide Geschlechter jeden

Beruf ergreifen können, ohne mit Repressalien rechnen zu müssen. In der Praxis jedoch wählen

Frauen aus einem sehr überschaubaren Rahmen eher einen typischen Frauenberuf aus, der mit

dem traditionellen Rollenbild übereinkommt. So gibt es Berufe, wie z.B. Arzthelferin und

Erzieherin, die Sozialkompetenz und Fürsorge erfordern. Jedoch verdienen diese Frauen ihr

Leben lang schlecht und werden auch keine Karriere machen. Dies ist aber auch in unserer

Rollenverteilung gar nicht zwingend nötig, denn zu jeder Frau gehört dem Ideal nach ein

gutverdienender Mann, der höchstwahrscheinlich einen typischen Männerberuf ausübt.

Diese Form der künstlichen Kategorisierung ist gleichzeitig Machtausübung, denn so werden

Menschen von der Gesellschaft in eine Rolle gezwängt, um nicht mit Demütigungen rechnen

zu müssen.

6. Giovanni Sartori: Die Herrschaft des Volkes

Der italienische Politikwissenschaftler Giovanni Sartori veröffentlichte 1978 sein Werk

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„Demokratietheorie“, in dessen Mittelpunkt die Entwicklung einer Typologie zur

Wettbewerbsfähigkeit der Parteiensysteme steht. In dem vorliegenden Auszug befasst sich

Sartori vorab mit dem Begriff 'Definition' und bezeichnet diesen als einen willkürlichen Akt

der Bezeichnung von Ereignissen und Gegenständen (vgl. Sartori: 1997, S. 253), die jedoch

einmal vergeben gleich bleiben sollte, da es sonst zu Irritationen kommt.

Durch den Wandel der Bedeutung von Wörtern in der Vergangenheit, nimmt Sartori eine

Begriffsanalyse des Wortes „Demokratie“ vor. Er stellt dabei einen gravierenden Unterschied

zwischen der aktuellen Liberalisierung der Demokratie und dem alt hergebrachten

griechischen Verständnis dieses Wortes. Als Gründe hierfür führt Sartori u.a. die gänzlich

unterschiedlichen geographischen und demographischen Größenordnungen, Ziele, Normen

und Werte an. Weiterhin stellt er einen sehr ausführlichen Vergleich zwischen der Demokratie

und Autokratie an.

Sartori erachtet die Wahlen in der Demokratie als Legitimation der Macht. Während des

Wahlprozesses wird das regierte Volk, zum regierenden Volk (vgl. Sartori: 1997, S. 94), da

dies der Ausdruck der Volksmeinung ist. Dennoch gesteht sich Sartori ein, dass eine

persönliche Mitwirkung des Einzelnen in der Demokratie nur bedingt möglich ist. Jedoch

sieht er anders als Hannah Arendt keine halben Lösungen bzw. Demokratien vor. Für ihn

bedingen die soziale Demokratie, welche das Gemeinschaftsgefühl fordert und die souveräne

Demokratie einander. Er gibt jedoch zu, dass dabei Abstufungen durchaus möglich sind (vgl.

Sartori: 1997, S. 280).

7. Fazit

In der vorliegenden Arbeit habe ich 5 Gesellschaftstheorien vorgestellt. Mein Anliegen war

es, explizit die Machttheorien der jeweiligen Autoren zu beleuchten. Hannah Arendt und

Giovanni Satori legitimieren Macht durch die Mehrzahl des Volkes, die hinter einer Aussage

steht. Betrachtet man jedoch die Wahlergebnisse der letzten Jahre, fragt man sich, wie man

diese Legitimaion künftig begründen wird. Die Wahlbeteiligung geht stark zurück, es gibt

keine eindeutigen Wahlergebnisse mehr – ist unsere Regierung dann nicht mehr legitimiert?

Dieses Problem wird ansatzweise von Habermas aufgegriffen, der diese Perspektivlosigkeit

der Gesellschaft bemängelt. Der Sozialstaat befindet sich auf Grund der möglichen Macht in

einer Identitätskrise.

Regine Gildemeister beschreibt die Macht der Gesellschaft, welche auf jedes Individuum

einwirkt. Wird man der sozial vorkonstruierten Rolle dieser Gesellschaft nicht gerecht, wird

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man „ausgestoßen“. So wird die Macht von der Gesellschaft missbraucht um ihre

Vorstellungen einer normativen Lebensform durchzusetzen. Dies ruft zum Einen die

Erinnerung an Goffman und das Rollenspiel hervor, bei dem es galt eine Rolle zu spielen –

wenn nötig ein Leben lang. Zum Anderen leitet diese Art der Bestrafung bei mangelnder

Integration in das auferlegte Geschlecht nahtlos zu Foucault über, der diese Form der Strafe

im 18. Jahrhundert bereits kannte. Seine Form der Macht ist ein Abbild der heutigen

Gesellschaft. Das aus den stetigen Kontrollen und Überwachungen in allen Institutionen des

Lebens, erlangte Wissen wird gegen die Gesellschaft verwendet. Der jüngst beschlossene

„Bundestrojaner“ zeigt, dass Foucaults Übertragung von Benthams Panoptikum in die

Realität, keine bloße Idee war, sondern die Erkenntnis, dass wir trotz der oberflächlich

betrachteten Freiheit, alle Gefangene in einem System sind, in denen Menschen schon

verurteilt sind, bevor sie eine Tat begangen haben.

Macht ist demzufolge die Fähigkeit einer Gruppe, auf das Verhalten und Denken von

Menschen in und gegen ihren Willen einzuwirken.

Literaturverzeichnis:

ARENDT, Hannah (1994[1970]): Macht und Gewalt, 9. Aufl., München: Piper, S. 7-58

FOUCAULT, Michel (o.J.): Das Subjekt und die Macht, in: Dreyfus, Hubert L./ Rabinow,

Paul (1987): Michel Foucault: Jenseits von Strukturalismus und Hermeneutik. Mit einem

Nachwort von und einem Interview mit Michel Foucault, Übers. v. Claus Rath und Ulrich

Raulff, Frankfurt a. M.: Athenäum

FOUCAULT, Michael (2003[1974]): Die Wahrheit und die juridischen Formen, Frankfurt a.

M.: Suhrkamp, S. 78-101

GILDEMEISTER, Regine/ Wetterer, Angelika (1995): Wie Geschlechter gemacht werden, in:

Knapp, Gudrun-Axeli/ Wetterer, Angelika (Hg.): Traditionen Brüche. Entwicklungen

feministischer Theorie, Freiburg: Kore, S. 201-255

HABERMAS Jürgen (1994[1984]): Die Krise des Wohlfahrtsstaates und die Erschöpfung

utopischer Energien, in: Habermas Jürgen (1994[1984]): Die Moderne – ein unvollendetes

Projekt. Philosophisch-politische Aufsätze, Frankfurt a. M.: Suhrkamp, S. 105-129

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SARTORI, Giovanni (1997): Demokratietheorie, Darmstadt: Primus, S. 253-290