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Dokumentation der Fachtagung Sozialräumliche Orientierung in Köln zwischen Theorie und Gestaltungsauftrag Donnerstag, 21.02.2008 9:00 bis 12:30 Uhr Internatonales Zentrum Stolzestraße Stolzestraße 1a 50674 Köln

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Dokumentation der Fachtagung

Sozialräumliche Orientierung in Köln zwischen Theorie und Gestaltungsauftrag Donnerstag, 21.02.2008 9:00 bis 12:30 Uhr Internatonales Zentrum Stolzestraße Stolzestraße 1a 50674 Köln

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Liebe Leserinnen und Leser,

am 21.02 2008 veranstaltete der Caritasverband für die Stadt Köln e.V. den Fachtag

„Sozialräumliche Orientierung in Köln – zwischen Theorie und Gestaltungsauftrag“.

Ich freue mich, Ihnen hiermit die Dokumentation der Redebeiträge – teilweise in Form von

Stichpunkten – übergeben zu können.

Köln im April 2008 Ihr

Pfarrer Franz Decker Caritasdirektor

Inhalt

Begrüßung Pfarrer Franz Decker, Vorstandsvorsitzender der Caritasverbandes für die Stadt Köln

S. 3

Einleitungsvortrag Prof. Dr. Bruno Nikles, Universität Duisburg-Essen

S. 5

Statements

Die Stadt und ihre Sozialräume Marlies Bredehorst, Beigeordnete der Stadt Köln für Soziales, Integration und Umwelt

S. 19

Die Bürger als vitale Basis im Sozialraum Werner Kämper, Vorsitzender der Bürgergemeinschaft Rathenauplatz

S. 21

Die Kirche als Sauerteig im Sozialraum Pfarrer Klaus Kugler, Pfarrgemeinde Zu den Hl. Rochus, Dreikönigen und Bartholomäus, Bickendorf/Ossendorf

S. 23

Der Caritasverband als Träger der freien Wohlfahrtspflege im Sozialraum Peter Krücker, Vorstand Caritas-Dienste im Caritasverband für die Stadt Köln

S. 25

Liste der Teilnehmerinnen und Teilnehmer S. 31

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Begrüßung

Pfarrer Franz Decker, Vorstandsvorsitzender des Car itasverbandes für die Stadt Köln e.V.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

ich begrüße Sie ganz herzlich zu dieser Fachtagung. Besonders die Vertreter des

Landschaftsverbandes, der Stadt Köln, der Arbeitsagentur, der Kirche, der Sozialverbände, und

nicht zuletzt der Praxis der Sozialraumorientierung.

Der Caritasverband hat zu dieser Fachtag eingeladen, weil ihm als Wohlfahrtsverband, der über

seine Mitglieder - nämlich die Kölner Pfarrgemeinden – über ein „sozialräumliches“ Prinzip in

seiner eigenen Struktur verfügt, das Thema besonders am Herzen liegt. So hat er die

sozialpolitische Entwicklung, die zur Verabschiedung des Rahmenkonzepts „Sozialraumorientierte

Hilfsangebote in Köln“ im Dezember 2005 geführt hat, nicht nur aktiv mitinitiiert und gestaltet,

sondern diese Entwicklung auch zum Anlass genommen, den eigenen Verband in Kooperation mit

den Fachverbänden und Pfarrgemeinden stärker sozialraumorientiert auszurichten. An der

derzeitigen Strukturveränderung in der Organisation der Gemeindepastoral beteiligt er sich auf der

Basis eines sozialraumorientierten Pastoralkonzeptes. Dazu später mehr von meinem

Vorstandskollegen Herrn Krücker.

Sozialraumorientierung ist nichts völlig Neues. Auch schon bevor zehn städtisch beauftragten

Sozialraumkoordinatorinnen in den beiden letzten Jahren ihre Arbeit aufgenommen haben, wurde

besonders in der Jugendhilfe sozialraumorientiert gearbeitet. Im Bereich der Seniorenarbeit stehen

die Kölner Seniorennetzwerke für diesen Ansatz und auch in der Integrationsarbeit für Menschen

mit Migrationshintergrund spielen sozialräumliche Konzepte eine zunehmende Rolle. Nicht zuletzt

müssen wir in diesem Zusammenhang an die besonders im Rechtsrheinischen aktiven Akteure der

Gemeinwesenarbeit denken, die - wie die zahlreichen Bürgervereinigungen - für eine langjährige

Praxis sozialraumorientierten Engagements in Köln stehen.

Heute soll und kann es nicht darum gehen, diese Vielfalt der Ansätze umfassend darzustellen und

zu würdigen. Es geht auch nicht um die Evaluation des bereits erwähnten städtischen Projekts der

sozialraumorientierten Koordination des Hilfeangebotes. Diese läuft gerade erst an von der

zuständigen Lenkungsgruppe begleitet. Wir möchten vom Caritasverband gerne einen Dialog über

die Perspektiven der sozialräumlichen Orientierung in Köln insgesamt in Gang setzen. Und er soll

offen sein für die genannte Vielfalt der Ansätze. Wir möchten diese Art zu denken, zu planen und

zu handeln fördern und also den kritischen Dialog dazu ausweiten. Dieser Vormittag soll eine

Gelegenheit bieten, außerhalb der formalen Strukturen der Sozialpolitik zu diskutieren. Dazu

werden die Referentinnen und Referenten in Ihren Statements die folgenden Fragen beantworten:

Aus welchem Selbstverständnis bzw. Motivation heraus engagiere ich mich als Beigeordnete für

Soziales + Senioren, als Vorsitzender einer Bürgergemeinschaft, als Gemeinde-Pfarrer oder

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schließlich als Caritasvorstand für die Stadtteile, Veedel, Sozialräume in Köln bzw. für den Ansatz

der Sozialraumorientierung? (Von den Antworten versprechen wir uns, das gegenseitige

Verständnis der Akteure zu erhöhen).

Welche Vision für die Sozialräume / Veedel habe ich aus meiner jeweiligen Perspektive und

welchen Beitrag bin ich bereit zu leisten, um diese Vision zu verwirklichen?

Welche Erwartungen haben wir dabei an die anderen Akteure?

Wie Sie meinen Ausführungen entnehmen konnten, sind wir sind uns darüber im klaren, dass es

noch weit mehr Akteure und Perspektiven zum Thema Sozialraumorientierung gibt, die sich hier im

Saal in ja auch erfreulich großer Zahl widerspiegeln. Wir haben eine erste Auswahl getroffen, die

wichtige Bereiche abdeckt. Natürlich würden wir uns freuen, mit der Tagung ein Gespräch auf den

Weg zu bringen, dass in vielfältigen Konstellationen, in bestehenden Strukturen oder auch in

weiteren Tagungen fortgeführt wird. (Anspielung auf die Schlussrunde der Podiumsdiskussion und

das Schlusswort von Herrn Decker).

Nun möchte ich die heutigen Referentinnen und Referenten nicht nur als Vertreter einer

bestimmten Perspektive sondern auch persönlich herzliche begrüßen und kurz vorstellen:

Prof. Dr. Bruno Nikles, Professor für Sozialplanung an der Universität Duisburg-Essen, führt gleich

im Anschluss in das Thema der Tagung ein. Prof. Nikles hat in den letzten beiden Jahren das

caritasinterne Projekt der sozialräumlichen Vernetzung von Diensten und Einrichtungen begleitet

und hat auf Grund dessen auch Einblick in die sozialpolitischen Entwicklung in Köln.

Sozialdezernentin Frau Marlies Bredehorst, die für die städtische Sozialplanung und die von ihr mit

initiierten Konzepte steht.

Herr Werner Kämper, erster Vorsitzender der Bürgergemeinschaft Rathenauplatz, als Vertreter

des praktischen und vor allem ehrenamtlich getragenen Bürgerengagements im Sozialraum.

Pastor Klaus Kugler, Pfarrer in Bickendorf/Ossendorf als Vertreter des Engagements von Kirche im

Sozialraum.

Herr Peter Krücker als Vertreter des Caritasverbandes, der sich sowohl sozialpolitisch als auch in

Kooperation mit seinen Mitgliedsverbänden und den Pfarrgemeinden mit dem Thema

Sozialraumorientierung auseinandersetzt.

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Einleitungsvortrag

Prof. Dr. Bruno W. Nikles, Universität Duisburg-Ess en

Sozialraumorientierung als Suchmuster

Viele konzeptionelle und organisationsbezogene Diskurse in der Sozialen Arbeit kreisen seit

einigen Jahren um den Begriff der „Sozialraumorientierung“ als handlungsleitender Perspektive.

Wer dieses Stichwort nicht aufnimmt oder bedient, scheint den Trend der Zeit verpasst zu haben

und sich einer zukunftsträchtigen Orientierung zu verweigern. Mehr noch. Die Vertreter einer

explizit sozialräumlich ausgerichteten Sozialen Arbeit treten mit dem Anspruch auf, mit

entsprechenden Konzepten die zentrale moderne und nachhaltig wirksame Form Sozialer Arbeit

formuliert zu haben.

Die vielfältigen praktischen Ansätze, die sich des Begriffes der „Sozialraumorientierung“

verpflichtet wissen – und hierzu gehören sowohl das Sozialräumliche Handlungskonzept der Stadt

Köln insgesamt als auch die Vorgehensweisen des zu diesem Fachtag einladenden

Caritasverbandes für die Stadt Köln – zeigen, dass die Sozialraumorientierung zunächst nicht

mehr ist als ein Suchmuster, das anleiten kann, die Soziale Arbeit hinsichtlich ihrer Funktionen,

ihrer Handlungsansätze, ihrer Organisationsmuster, ihrer Verbindung zu anderen Institutionen und

in ihrem Verhältnis zu weiteren kommunalen Aufgabenfeldern zu befragen. Die vor Ort gefundenen

praktischen Antworten fallen allein schon deshalb höchst unterschiedlich aus, weil unter anderem

die sozialen, räumlichen, trägerbezogenen oder finanzwirtschaftlichen Bedingungen einheitliche

Vorgehensweisen nicht zulassen. Auch darf nicht unbeachtet bleiben, dass es ortsbezogene

soziale und politische Kulturen gibt –und hier ist sicher die Stadt Köln ein gutes Beispiel- , die die

Umsetzung sozialräumlicher Konzepte beeinflussen, etwa durch ausgeprägte symbolische Bezüge

der Menschen zu ihrer Stadt und ihren Stadtteilen.

Argumentationsablauf

Ich möchte zunächst auf die wesentlichen Gründe für die Aktualität sozialräumlicher Ansätze

eingehen, sodann den zentralen Begriff der Lebenswelt ins Bewußtsein rufen und über die

Konzeption der Sozialraumorientierung einordnen. Es geht dann um die möglichen Effekte der

Sozialraumorientierung und die Einbindung derselben in größere Zusammenhänge der Lenkung

städtischer Handlungsperspektiven. Es kommen sodann Grundsätze der Gestaltung

sozialraumbezogener Sozialer Arbeit zur Sprache und perspektivisch zuletzt um einige

Anforderungen.

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Gründe für die Aktualität sozialräumlicher Arbeitsp erspektiven

Die sozialräumlichen Arbeitsperspektiven haben in den letzten Jahren vor allem durch folgende

Entwicklungen Aktualität gewonnen.

1. Zu nennen ist zunächst die Tatsache, dass wachsende Ungleichheiten sozio-ökonomischer und

sozio-kultureller Art Prozesse der räumlichen Konzentration und Abgrenzung von

Bevölkerungsgruppen verstärkt oder neu hervorgerufen haben. Dies wird ganz besonders in

großstädtischen Ballungsräumen und in den städtischen Metropolen deutlich. In den ländlichen

Räumen fallen diese Entwicklungen nicht so stark auf, sind aber ebenfalls feststellbar.

2. Dies geht einher mit dem Absinken von Stadtteilen und Quartieren. Geringere Kaufkraft und

Kaufkraftbindung, schlechtere Substanz der baulichen Infrastruktur, Wegbrechen von Gewerbe,

Industrie und Handel, Mangel an Arbeitsplätzen. Alles Stichworte, die vor allem die für die

Stadtentwicklung Zuständigen mit großer Besorgnis wahrnehmen.

3. In diesen Räumen sind gesellschaftliche Integrationsdefizite feststellbar. Es bilden sich nicht nur

alternative tragfähige Lebensmuster heraus, sondern auch solche, die massiv gesellschaftliche

Normalitätsstandards bedrohen und deshalb gesellschaftspolitischen Druck induzieren.

4. Wir haben es zum Teil mit Auswirkungen sozialpolitischer Deregulierungen und einer

Reduzierung sozialstaatlicher Transferleistungen zu tun.

5. Es stellt sich heraus, dass auch die kommunale Sozialpolitik und die Träger und Einrichtungen

der Sozialen Arbeit den dargestellten Prozessen nicht in ausreichendem Maße gewachsen sind.

Zum Teil haben sie sich durch Spezialisierungen, Arbeitsteilungen, Verlagerungen von

Aufmerksamkeiten auch aus den genannten räumlichen Kontexten entfernt.

Lebenswelt

Soziale Arbeit mitSozialraumorientierung

LebensraumSozialraum

Gründe für die Aktualität sozialräumlicher Ansätze

Erwartungenund Chancen

Voraussetzungen und Bedingungen

Argumentationsablauf

Perspektiven und Hinweise

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Lebenswelt(orientierung)

Neben der Gefahr, die „Sozialraumorientierung“ zu einem normativen Heilsmuster

hochzustilisieren, muss deutlich darauf hingewiesen werden, dass die den Konzepten eigentlich

zugrunde liegende Ausrichtung der Sozialen Arbeit die Orientierung auf die Menschen hin darstellt.

Die Sozialraumorientierung bezeichnet im Kern nur einen –und beileibe nicht den einzigen- eher

instrumentellen Zugang zur „Lebenswelt“ der Menschen. Diese lebensweltliche Sicht muss

unserem Menschenbild und unseren politischen Ordnungsvorstellungen entsprechend primär in

den Blick genommen werden. Dabei geht es analytisch um das Begreifen und Aufgreifen der je

individuellen lebensweltlichen Konstruktionen und um Versuche, eine Rekonstruktion dort zu

unterstützen, wo die Eigenkräfte dazu nicht ausreichen. Beide Orientierungen, die

Sozialraumorientierung und die Lebensweltorientierung, müssen zunächst analytisch auseinander

Sozio-ökonomische „Verwerfungen“ : Ungleichheit, Arm ut, Konzentration und Segregation von Bevölkerungsgrupp enmit niedrigem sozialen Status

„Substanzverluste“ von Stadtteilen und Quartieren: S chwächungvon Infrastrukture, Absinken der Qualität baulicher

Strukturen

Entstehung von Integrationsdefiziten: Abweichende L ebensmuster,Konflikte mit und um gesellschaftliche Normalitätss tandards

Herausforderung etablierter Handlungs- und Organisat ionsmusterSozialer Arbeit und Wohlfahrtspflege

Reduzierung sozialstaatlicher Transferleistungen, S ozialpolitischeDeregulierungen

Gründe für die Aktualität sozialräumlicher Ansätze

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Lebenswelt (orientierung)

Der Begriff „Lebenswelt“ bezeichnet den Rahmen der alltäglichen Wirklichkeitserfahrungen der Menschen in ihren jewe iligen sozialen Handlungsräumen. Die Wirklichkeitserfahrungen werd en geprägt :

- erstens durch das sozial-kulturelle Wissen als Gru ndlage der Lebenspraxis,

- zweitens durch die Normen der sozialen Ordnung und die wechselseitigen Bestärkungen des sozialen Handelns und

- drittens durch die Sozialisationsprozesse, die die Integration in das gesellschaftliche System sichern.

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und hinsichtlich der Gestaltungsmuster Sozialer Arbeit auch in einem Spannungsverhältnis

zueinander gehalten werden. Die am Sozialraum ausgerichtete Soziale Arbeit kann in geeigneten

Fällen und räumlichen Kontexten eine sinnvolle oder gar notwendige sein. Ob sie hinreicht, den

Bürgern und Bürgerinnen hinsichtlich ihrer sozialen oder gar personalen Lebenslage zu helfen und

mit ihnen Wege der Lebensbewältigung zu finden, ist damit noch nicht beantwortet.

Wir müssen über die unmittelbarer sozialen Hilfen und Aktivitäten im Sozialraum hinaus auf die

durchgreifenden Veränderungen im Bedingungskontext unserer lebensweltlichen Entwürfe.

Generelle Entwicklungsprozesse der Gesellschaft, Segregations-, und Unterschichtungs- und

Armutsprozesse verweisen diese und andere Ansätze Sozialer Arbeit von der gesellschaftlichen

Seite her auf ihre Begrenztheit. Begabungen, Kompetenzen, Haltungen, Einstellungen von

Personen oder Kulturmuster sozialer Gruppen auf der anderen Seite lassen sich nicht allein durch

strukturelle Vorkehrungen Sozialer Arbeit im Nahraum verändern.

Wir tun also gut dran, die Sozialraumorientierung nicht zu überhöhen, sondern sehr genau

hinzuschauen, wozu sie taugt und was sie tatsächlich leisten kann. Zumal lebensweltliche

Entwürfe und Lebensräume unterschiedliche sozialräumliche Kontexte berühren und schneiden.

Und es ist noch nachzutragen, dass die Sozialraumorientierung die methodischen Ansätze der

Sozialen Arbeit nicht ersetzen kann. Sie kann allerdings in einem bestimmten Rahmen diese

Methoden einbinden und aufeinander abstimmen.

LebensweltGesamter Erfahrungsraum eines

Individuums, der von den Gegenständen, Personen und Ereignissenumschrieben wird, denen

das Individuum im Vollzug seines Alltags entgegentritt.

Globalisierung Ökonomisierung

IndividualisierungEnttraditionalisierung

Pluralisierungvon Werten

Relativierungvon Verhaltens-normen

Entgrenzung vonmedialen Einflüssen

Individualisierungvon Verantwortungs-strukturen

Egalisierungvon Alters-orientierungen

KonsumorientierteÜberformung des

Lebens

Veränderungen der Lebenswelten

Lebensbedingungen

Verknappung ökonomischerRessourcen

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Bei Nennung dieser zentralen Gründe fällt bereits auf, dass die sozialräumliche Betrachtung nicht

nur die Soziale Arbeit herausfordert, sondern gleichermaßen –hinsichtlich der Ursachen sozialer

Problemlagen und –konstellationen eigentlich noch viel mehr- die gesamte Gesellschaft und ihre

Handlungsfelder. Dies wird bereits deutlich, wenn man sich die Bestimmungselement ansieht, die

den Sozialraum definieren.

Sozialraum

Lebens-welt

Schnittflächen: „Lebenswelt“, „Sozialraum“, „Lebensrau m“

Sozialraum

Sozialraum

Lebensraum

5

© Nikles, Uni Duisburg-Essen 2008

Der Begriff „Sozialraum“ bezeichnet einen geographis ch abgrenzbaren Raum,

- der sich von den anderen umliegenden Räumen durch sozial-strukturelle Merkmale und

- durch die Lebensbedingungen der in ihm lebenden so zialen Gruppen unterscheidet und

- von diesen Gruppen als Beziehungswelt und Identifikationsraum wahrgenommen wird.

Sozialraum

6

© Nikles, Uni Duisburg-Essen 2008

Bestimmungsmerkmale von Sozialräumen

Homogenität derBevölkerungsstruktur

Topographisch-baulicheStrukturen

Zuschreibungenvon Aussen

Symbolischer Ortsbezugder Bewohner

AdministrativeFestlegungen

Ausstattungen undRessourcen

Tauschbeziehungenmit umgreifendem

Raum

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© Nikles, Uni Duisburg-Essen 2008

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Eine ausschließlich auf die Soziale Arbeit fixierte Strategie dürfte die belasteten Räume mittel- und

längerfristig eher aus der politischen Verantwortung auskoppeln und damit deren negative

Entwicklung noch verstärken. Die Sozialraumorientierung benötigt deshalb eine konzeptionelle

Verankerung in der Stadtentwicklungsplanung.

Hier ist in den letzten Jahren das Bewusstsein dafür gestiegen, dass die Raumordnung einer Stadt

sich nicht nur an den „Leuchttürmen“ und glänzenden Zentren ausrichten kann, sondern auch die

weiteren Stadtteile in Balance halten muss. Die demographischen und sozialstrukturellen

Entwicklungen werden in den kommenden Jahren diese Blickrichtung vermutlich stärken und damit

die über Jahrzehnte mit dem Paradigma der Expansion verbundenen Wachstums- und

Entwicklungsvorstellungen ablösen. Expansive Flächennutzungen außerhalb der Ballungsräume,

Ansiedlung von großflächigen Einzelhandelsbereichen vor den Toren der Städte und anderes

mehr werden deutlich kritischer bewertet als noch vor einigen Jahren. Bestandspflege und

schnellere Umnutzung von stillgelegten Gebäuden oder Anlagen in den historisch gewachsenen

Bereichen sind Stichworte für den Wandel hin zu veränderten Qualitäten der städtischen

Raumordnung.

Die Propagierung sozialräumlichen Sichtweisen in der Sozialen Arbeit war und ist eng mit der

Jugendhilfe verbunden. Die spezifische Ursache ist vermutlich darin zu suchen, dass die

Sozialleistungen der Jugendhilfe zu den wenigen von den Kommunen selbst steuerbaren

Leistungen der sozialen Sicherungssysteme gehören. Zugleich ist die Konzentration auf dieses

Leistungsfeld der Sozialen Arbeit ein Indiz dafür, dass wir es mit höchst bedeutsamen

Problemlagen gesellschaftlicher Reproduktion zu tun haben, die nicht dadurch allein besser

bearbeitbar werden, dass sich die Einrichtungen der Sozialen Arbeit mit ihrer Logistik und mit ihren

Diensten und Angeboten in den definierten Räumen niederlassen.

In der Jugendhilfe wird deutlich, wie sehr es dieser Gesellschaft nicht gelingt, Erziehung, Bildung

und gesellschaftliche Integration beachtlich großer Teile der nachwachsenden Generation zu

sichern. Die Rufe nach mehr Sozialarbeit und nach strafrechtlichen Verschärfungen ist ein

Gradmesser dafür, wie sehr die bestehenden Institutionen Familie und Elternhaus, Schule und

Ausbildungssektor versagen oder vor den anstehenden Aufgaben der Sicherung einer

gelingenden Enrtwicklungsbiographie vieler junger Menschen kapitulieren. Niemand muss sich

wundern, wenn in manchen Quartieren Familien bereits generationenübergreifend von staatlichen

Sozialleistungen leben. Wir investieren zu viel in die Reparatur von Entwicklungen, anstatt in die

Entwicklung selbst.

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Leistungsperspektiven Sozialräumlicher Gestaltung S ozialer Arbeit

Der lebensweltlich und räumlich neu justierten Sozialen Arbeit werden diverse Wirkungen

unterstellt. Unabhängig davon, dass viele Einflussfaktoren eine Rolle spielen, die soziale und

wohlfahrtspflegerische Aktivitäten oder auch bürgerschaftliches, freiwilliges und ehrenamtliches

Engagement zum Besseren oder auch zum Schlechteren hin beeinflussen, können folgende

Annahmen formuliert werden.

1. Die organisatorisch gestützte Nähe zum Lebensraum und zu den lebensweltlichen Bezügen der

Menschen kann das diagnostische und analytische Vermögen der Sozialen Arbeit stärken.

2. Die eigenen Handlungspotentiale der Bürger- und Bürgerinnen können durch die Nähe der

Arbeitsstrukturen besser abgeschätzt und zur Wirkung gebracht werden.

3. Die Dichte der Kommunikation und Kooperation zwischen den unterschiedlichen Einrichtungen

und Angeboten kann erhöht werden.

4. Es können Strukturen für nachbarschaftliches und bürgerschaftliches Engagement direkter

unterstützt und gefördert werden.

5. Die Aufmerksamkeit weiterer kommunaler Handlungsfelder kann gezielter auf die ausgewählten

Räume und ihre spezifischen Problemlagen gelenkt werden.

Zwei Folgen müssen bei der Arbeit an diesen Perspektiven vermieden werden. Erstens müssen

wir darauf achten, dass die Räume, die in den Analysen überwiegend negativ durch

Sozialhilfedichte, Arbeitslosenquote, Interventionsdichte von Jugendhilfemaßnahmen und anderes

mehr beschrieben werden, nicht zusätzliche Stigmatisierungen erfahren. Und zweitens dürfen wir

den Lebensraum der Menschen nicht kolonialisieren. Soziale Arbeit kann und darf dem

Lebenskontext nur beigestellt werden, diesen aber nicht überformen. Eine geeignete Strategie,

dass dies geschieht, liegt in der Partizipation der Bürger- und Bürgerinnen an den Vorhaben,

Leistungen und Angeboten. Insoweit ist es unverzichtbar, die Dienste und Einrichtungen nach

ihren je gegebenen Möglichkeiten im bürgerschaftlichen Kontext des Nahraumes zu verankern.

Mögliche Effekte der Sozialraumorientierung

Stärkung des diagnostischen und analytischen Vermög ensder Sozialen Arbeit.

Gezielte Einschätzung und Anregung der Handlungsres sourcender Bürgerinnen und Bürger

Erhöhung der Kommunikations- und Kooperationsdichtezwischen den Einrichtungen und Diensten

Direkte Unterstützung und Stärkung des nachbarschaf tliochenund bürgerschaftlichen Engagements

Gezielte Lenkung der Aufmerksamkeit und der Abstimm ungweiterer kommunaler Handlungsbereiche hinsichtlich des Sozialraums

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Sozialräumliche Konzepte werden häufig mit Versprechungen vertreten und „verkauft“, die sich nur

vordergründig als überprüfbar erweisen. Systemische Zusammenhänge entziehen sich weithin

einem umfassenden Controlling. Umso wichtiger ist, dass in den einzelnen Sektoren und Diensten,

dort also, wo man einzelne Präventionserfolge, wo man positive Effekte auf Kostenstrukturen, wo

man bessere Auslastungen von Diensten, wo man tragfähigere Abstimmungen zwischen Trägern

und ähnliche Vorgänge im Detail aufzeigen kann, nachvollziehbar und präzise berichtet wird.

Dort wo die Sozialräumliche Arbeitsperspektive in besonderer Weeise institutionalisiert werden

soll, wird man gut daran tun, alle Dimensionen der Zugangsweise auszugestalten. Dazu muss der

Sozialraum als analytische Bezugsgröße definiert und charakterisiert werden, was in großen

Städten sozialstatistisch meist gut realisiert oder realisierbar ist und was durch das Detailwissen

der im Sozialraum lebenden und arbeitenden Akteure vertieft werden kann. Sodann bedarf es

eines genau ausformulierten und ständig verfolgten politischen Programms. Der Sozialraum wird

damit zu einer programmatischen Bezugsgröße. Dies und die bereits im Sozialraum lokalisierten

und dort tätigen Einrichtungen schaffen die Voraussetzungen, um den Sozialraum auch als

definitiven Handlungsraum zu begreifen. Schließlich, sozusagen in voller Tiefe, wird der

Sozialraum zur Chiffre für einen bestimmten konzeptionellen Zugang der Sozialen Arbeit.

Organisatorische Entsprechungen zur Fall- und Felda rbeit

Eine der zentralen Aussagen sozialraumorientierter Arbeit –die freilich nicht für alle Fälle und

Fallkonstellationen gelten kann- ist die von Wolfgang Hinte vorgetragene Formel vom „Fall im

Feld“. Hierzu muss es eine fach- bzw. organisationsbezogene Entsprechung geben. Sie liegt –

ebenfalls verkürzt gesprochen- in der Formulierung „Fachorganisation“ und „Netzorganisation“. In

diesem Zusammenhang ist leitungsbezogen die Kombination zwischen deutlich geregelten

Organisationsmustern auf der einen Seite und der Offenheit für komplexe Konstellation im

Sozialraum zu bewerkstelligen.

Handlungsperspektiven im Hinblick auf den Sozialraum

Sozialraum

- als analytischeBezugsgröße

- als Bezugsebenefür Programme

- als Handlungs-raum sozialerArbeit

- als Chiffre für lebensweltorien-ierte sozialpäda-gogische und sozialpolitischeStrategien „Umsetzungstiefe“

Sozialstatistik,Sozialraumanalyse,Sozialbericht-erstattung

Politische undplanungsbezogeneProgramme

Bezirkl. Sozialarbeit,Sozialraummanage-ment, Stadtteil-arbeit u.a.m.

Adressatennahe,aktivierende undvernetzende Arbeitim Sozialraum, die anden Lebensstrategiender Menschen ansetzt

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Ökonomische Abwägungen bei der Umsetzung des Gestal tungsauftrages

Es ist bereits gesagt worden, dass es kein einziges Modell der Organisation sozialräumlicher

Arbeit geben kann. Die Kriterien für angepasste Lösungen müssen jeweils vor Ort immer wieder

neu gefunden und angepasst werden.

Die weiteren Überlegungen sollen entlang eines Modells erfolgen, das ich die „Ökonomie

sozialraumbezogener Gestaltung der Sozialen Arbeit“ nenne.

Der hier zugrunde gelegte Begriff von Ökonomie ist weiter als der heute überwiegend benutzte und

meist auf den engeren wirtschaftlichen Sektor reduzierte. Die Griechen verstanden unter

Oikonomia die „Haushaltung“, d.h. eine umfassende Bezeichnung für die Führung des Oikos, des

„ganzen Hauses“. Und die Römer verbanden mit dem Begriff oeconomia unter anderem die

Vorstellung von der „gehörigen Einteilung“. Diese Verständnisse signalisieren mir eine

systemische Vorstellung und den Versuch einer Abwägung all der Aspekte, die bei tragfähigen

Lösungen der Systemaufgaben beachtet werden müssen. Einige dieser Aspekte seien hier

beispielhaft angesprochen.

Organisatorische Entsprechung zur Fall- und Feldarbe it

FallFall

Feld

Fachorganisation

Netzorganisation

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Der Haushaltder Trägerinfrastruktur

Der Haushalt der Sozialen Arbeit

Der soziale und kulturelle Haushalt

DerFinanzhaushalt

DerSteuerungshaushalt

„Ökonomie“ sozialraumbezogener Sozialer Arbeit

gr: oikonomia „Haushaltung“; lat: oeconomia „gehöri ge Einteilung“

Sozialraum

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1. Der „soziale und kulturelle Haushalt“

Zunächst einmal werfen wir einen Blick auf die Lebensbedingungen und die lebensweltlichen

Konstruktionen der Menschen in einem Sozialraum. Wir fragen danach, wie sie ihre Verhältnisse

gestalten, wie sie ihre Lebenssituation interpretieren, welche Vorstellungen sie von den Hilfen

haben, die wir ihnen anbieten können. Die Soziale Arbeit ist traditionell geübt in der Einschätzung

dieser Bedingungen. Die die demographischen und sozialstrukturellen Veränderungen zeigen

inzwischen deutlich gewandelte Konturen. Die Gesellschaft ist kulturell und ethnisch pluraler

geworden, was sich allein demographisch noch verstärken wird, und sie ist „älter“ geworden. Nach

und nach wächst die Zahl der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Sozialen Arbeit, die aufgrund

eigener Biographie oder langjähriger Erfahrungen besondere Zugangsmöglichkeiten zu den

verschiedenen ethnischen Gruppen besitzen. Bei der Lokalisierung unserer Dienste und

Einrichtungen im Nahraum werden wir verstärkt auf diese Kompetenzen in der interkulturellen

Kommunikation setzen müssen. Die Anforderungen sind in diesem Bereich durchaus längst

thematisiert, in der Aus-und Fortbildung reagieren wir darauf jedoch noch nicht systematisch und

gezielt genug. Und im Hinblick auf die „Alterspyramide“, die inzwischen bildlich keine mehr ist,

werden wir rasch lernen müssen, dass die generationenvertragliche und die soziale Sicherung

nicht mehr die Unterstützungen darstellen, die die Senioren-Generationen bis heute noch erhalten.

Mehr Selbstorganisation und ein höheres Maß an Selbstversorgung werden die zunehmend

sichtbar werdenden Lücken in den Unterstützungssystemen schließen müssen.

2. Der „Haushalt der Sozialen Arbeit“

Der Haushalt der Sozialen Arbeit muss ebenfalls sorgfältig austariert werden. Wenn wir in der

Sozialen Arbeit unsere Erwartungen an Problemlösungen vor Ort überziehen, werden wir ebenfalls

in Frustation verfallen wie im Fall, in dem wir alle Probleme auf gesellschaftliche Ursachen

zurückführen. Die Soziale Arbeit ist eine methodischen vielfältig angelegte Kunstlehre, sie sollte

aber auch ihre Grenzen sichtbar machen, auch gegenüber denjenigen, die die erforderliche

Selbsthilfe bei der Überwindung ihrer Lage nicht aufbringen wollen.

3. Der „Trägerhaushalt“

Von den Trägern werden bei der Umsetzung sozialräumlicher Konzepte eine ganze Reihe von

Anpassungsleistungen erwartet. Dazu gehören unter anderem Antworten auf die Frage, mit

welchen Angeboten und in welcher Abstimmung mit anderen Trägern man in den definierten

Sozialräumen präsent bleiben oder in Zukunft sein will. Allein die durch die Sozialraumorientierung

veranlasste genauere Betrachtung der Bedingungskontexte führt zur kritischen

Auseinandersetzung mit den vorhandenen Infrastrukturen. Knappe Ressourcen lassen es dabei

nicht zu, einfach neue und zusätzliche Angebotsstrukturen zu entwickeln. Bei der

Organisationsentwicklung sind die Träger im wesentlichen auf die Aktivierung vorhandener

Potentiale angewiesen und müssen Wege einer eher „organischen“ und „prozesshaften“

Fortentwicklung einschlagen.

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Sozialräumlich ausgerichtete Konzepte verlangen angebotsbezogen eine zweifache Ausrichtung.

Die unterschiedlichen Sparten oder Branchen erbringen zunächst fachspezifisch ihre jeweiligen

Leistungen. Darüber hinaus soll durch die auf den Sozialraum ausgerichtete Perspektive ein

spezifischer „Mehrwert“ beispielsweise durch Verbindung der einzelnen Leistungspotentiale oder

durch Aktivierung personalen Ressourcen geschöpft werden. Dies muss organisationsbezogen

dadurch gestützt werden, dass -entsprechend der Logik von fallbezogener und feldbezogener

Arbeit – fachbezogen und netzbezogen organisiert wird. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

folgen damit zwei funktionalen Sichtweisen und werden in dieser doppelten Weise auch

entsprechend geführt, ob nun „nur“ zielorientiert oder zusätzlich durch Personal-Positionen.

4. Der „Steuerungshaushalt“

Umfang und Form der Steuerung der Aktivitäten und Entscheidungen im Sozialraum hängt von

dessen Größe, dem zu steuernden Fachgebiet und den Zielsetzungen ab, die mit den diversen

Trägern und Einrichtungen verfolgt werden. So geht es zunächst um die Frage, ob Gegenstand

der Steuerung primär die Regulierung der Kommunikation ist oder ob –beispielsweise bei einer

ausschließlich auf die Jugendhilfe ausgerichteten sozialräumlichen Arbeit – auch Entscheidungen

in Hilfeverfahren getroffen werden sollen. Ein in der Regel feststellbarer Mangel bei der Einrichtung

von steuernden Overheadstrukturen ist, dass die genannten Aspekte nicht eindeutig festgelegt

werden.

Generell wird man der Kommune die Kernsteuerung überlassen, zumal von dort auch die

Verbindung beispielsweise zu den kommunalpolitischen Organen direkter gestaltet werden kann.

Die manageriale Kunst besteht – wie bereits oben angedeutet - ansonsten in der Kombination von

entscheidungsbezogenen und entscheidungsfähigen Netzstrukturen einerseits, die sich durch

klare Regeln auszeichnen, und offenen Netzstrukturen, die mit hoher „Umweltkompetenz“ flexibel

Möglichkeiten des Einkoppelns von Akteuren bieten.

5. Der „Finanzhaushalt“

In den letzten Jahren haben, freilich reduziert auf den Komplex der Hilfen zur Erziehung, heftige

Debatten über Arten und Formen der Budgetierung stattgefunden, insbesondere zu der Frage, ob

und wie mögliche finanzielle Spielräume zwischen präventiven, ambulanten und stationären Hilfen

„erwirtschaftet“ und neu definiert werden können. Hier haben sich in den Kommunen ganz

unterschiedliche Arrangements entwickelt, mit Knappheitsphänomenen umzugehen. Da die Effekte

von unter Kostendruck stehenden Entscheidungen über Hilfen kaum nachprüfbar sind, wird man

immer mit dem Verdacht umgehen müssen, dass problematischen Entwicklungskarrieren nicht

entschieden genug entgegengewirkt wird. Vielleicht können stringentere Angebotssteuerungen

zwischen Schule und Jugendhilfe unter nachhaltigerer Verpflichtung der Elternhäuser zur

Mitwirkung an den Erziehungs- und Bildungsaufgaben weiterhelfen, tatsächlich primär-präventiv zu

arbeiten.

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Die Gesamtproblematik der einschlägigen, unsere Intervention verlangenden Sozialräume ist zum

Teil so komplex, dass wir kaum zu Gesamtbilanzen für sozialraumbezogenen Konzepte kommen.

Wichtig ist deshalb vor allem eine hohe Transparenz der Darstellung der einzelnen Aufwendungen

und Aktivtäten, damit Entscheidungen zumindest politisch abgewogen werden können.

Die in einem „Ökonomiemodell“ zugeordneten Entscheidungsfragen lassen sich noch einmal

aufzählen. Nicht alle Festlegungen sind zugleich nötig und möglich, aber an der Abstimmung sollte

permanent gearbeitet werden.

Anforderungen

Abschließend seien noch einige Anforderungen formuliert, die nach meiner Überzeugung für eine

gelingende Fortentwicklung sozialräumlichen Handlungsmuster von Bedeutung sind.

Vernetzende Arbeit und die Schöpfung von personalen und sozialen Ressourcen benötigen Zeit

und deshalb ist eine der wichtigsten Forderungen an die kommunalpolitische Steuerung die einer

langfristigen Perspektive , die nicht durch kurzatmige Projektformen unterlaufen werden dürfen.

Die Pluralität der Träger Sozialer Arbeit und Wohlfahrtspflege ist in der heute feststellbaren

Form eine Besonderheit deutscher Sozialpolitik, die nicht durch exklusive Vertragsgestaltungen

und Budgetformen abgeschafft werden darf, sondern als besondere Ressource genutzt werden

sollte.

Dezentrale Arbeits- und Verantwortungsstrukturen verlangen sowohl bei den beteiligten

Trägern als auch bei den Kommunen ein angemessenes Berichtswesen . Ansonsten können die

kommunalpolitischen und trägerpolitischen Verantwortungen

nicht wahrgenommen werden.

Soziale Arbeit in komplexen Netzen und mit unterschiedlichen Zuordnungen erfordert von den

Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein hohes professionelles Verständnis von Selbstmanagement

Entscheidungen und Festlegungen

betreffen im Detail mithin:

Handlungs-räume

Träger-logistik

Kooperations-figuren

Steuerungs-strukturen

Finanzierungs-muster

SozialpolitischeStrategien

SozialarbeiterischeStrategien

... in jeweiligkommunal

angepassterForm

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© Nikles, Uni Duisburg-Essen 2008

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und Verantwortung, weit über die unmittelbare Ebene des personenbezogenen Handelns mit der

Klientel hinaus.

Schluss

Nach den normativen Grundsätzen profilierter Stadtteil- und Sozialraum-

konzepte, wie sie etwa vom Essener Institut für Stadtteilbezogene Soziale Arbeit und Beratung

vertreten werden, wird „Das Selbsthilfepotential der Betroffenen ... gefördert“, orientiert sich „die

Arbeit ...an Betroffenheit und Bedürfnissen der Wohnbevölkerung“, geht es „ immer auch um die

Verbesserung der materiellen Situation“ und helfen „Kooperation und Vernetzung ..., den

Stadtteilbezug zu verwirklichen“. (Zwischen Sozialstaat und Selbsthilfe. Essen 1989, S. 37-39)

Jedermann ist in diesem Kontext allerdings bewusst, dass die Soziale Arbeit grundlegende

gesellschaftliche Faktoren, die sich auf die Lebensbedingungen (Wohnen, Arbeiten etc.)

auswirken, nicht ausgleichen kann und auch nicht legitimieren sollte.

Vernetzende Arbeit und die Schöpfung von personalen und sozialenRessourcen benötigen Zeit und deshalb ist eine der wichtigsten Forderungen an die kommunalpolitische Steuerung die einer langfristigen Perspektive, die nicht durch kurzatmi ge Projektformen unterlaufen werden dürfen.

Langfristigkeit

Trägerpluralität

Die Pluralität der Träger Sozialer Arbeit und Wohlf ahrtspflege ist in derheute feststellbaren Form eine Besonderheit deutsch er Sozialpolitik,die nicht durch exklusive Vertragsgestaltungen und Budgetformenabgeschafft werden darf, sondern als besondere Ress ource genutztwerden sollte.

Anforderungen

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© Nikles, Uni Duisburg-Essen 2008

Dezentrale Arbeits- und Verantwortungsstrukturen ver langensowohl bei den beteiligten Trägern als auch bei den Kommunenein angemessenes Berichtswesen. Ansonsten können di e kommunalpolitischen und trägerpolitischen Verantwor tungennicht wahrgenommen werden.

Fachliches Controlling

Professionelles Handeln

Soziale Arbeit in komplexen Netzen und mit untersch iedlichenZuordnungen erfordert von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiternein hohes professionelles Verständnis von Selbstman agement und Verantwortung, weit über die unmittelbare Ebene des personen-bezogenen Handelns mit der Klientel hinaus.

Anforderungen

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© Nikles, Uni Duisburg-Essen 2008

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Die Soziale Arbeit ist ein Handlungsbereich, der zur Linderung personaler und sozialer

Problemlagen nach unserem Gesellschaftsverständnis sinnvoll und notwendig ist, aber in vielen

Fällen zur Problemlösung nicht hinreicht.

Damit wird deutlich, wie sehr es trotz aller konzeptionellen und organisatorischen Anstrengungen

weiterhin darauf ankommt, dass sich Politikerinnen und Politiker, Bürgerinnen und Bürger in den

unterschiedlichen Formen für das Gemeinwesen einsetzen. Jenseits von Quartiersmanagement

und Stadtteilarbeit, Stadtteilbüros und -zentren - in welchen Formen sich die Konzepte auch

immer auskristallisieren- , sind die kleinen Schritte in der Nachbarschaft, die Hilfe im Wohnhaus,

im Sportverein, in der kulturellen oder religiösen Gemeinde unverzichtbar. Solange dies geschieht,

funktioniert die Bürgergesellschaft.

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Statement 1: Die Stadt und ihre Sozialräume

Marlis Bredehorst, Beigeordnete der Stadt Köln für Soziales, Integration und Umwelt

Stichpunkte:

• Wir müssen nach griffigeren Begriffen suchen: „Sozialraumorientierte Hilfeangebote“ ist nicht

öffentlichkeitswirksam.

• Die Kölner Sozialverwaltung hat bereits seit Jahren ihre Angebote in vielen Bereichen

sozialräumlich ausgerichtet. Dazu gehören beispielsweise die Kölner Modelle der Förderung

von Gemeinwesenarbeit in benachteiligten Wohnquartieren, das Konzept der

SeniorenNetzwerke, interkulturelle Zentren, Bürgerhäuser, Veedel-Jobbörsenprogramm, offene

Jugendarbeit, Familienzentren und die Sozialpsychiatrischen Zentren. Die positiven

Erfahrungen, die damit gemacht wurden, haben dazu beigetragen, in Köln das Konzept der

Sozialraumorientierung zu entwickeln und umzusetzen.

• Die Rolle der Stadt besteht insbesondere darin, den Prozess der sozialräumlichen Orientierung

zu steuern, Strukturen für eine ressortübergreifende Zusammenarbeit innerhalb der Verwaltung

zu entwickeln und die Verbindung zu den kommunalpolitischen Organen herzustellen. Die

Kooperation über die Grenzen der jeweiligen Ressorts hinweg erfordert auch verwaltungsintern

einen Umdenkungs- und Lernprozess.

• Der Clou des Ansatzes ist das Ressortübergreifende, auch und gerade über das Soziale

hinaus. Die Koordinatoren sollen koordinieren, aber nicht selbst die Sozialarbeit machen.

• Meine Vision ist, dass Köln eine lebenswerte Stadt für alle Bewohnerinnen und Bewohner in

den Stadtteilen sein sollte. Die Vielseitigkeit der Kölner Viertel mit ihren individuellen

Erscheinungsformen sollte dabei gewahrt bleiben, ohne dass es zu Ausgrenzungen und dem

Wegfall sozialer Balance kommt. Jedes Sozialraumgebiet erfordert seine eigenen

Handlungsstrategien, um dieses Ziel zu erreichen. Die sozialräumliche Orientierung bewirkt,

dass wir uns den Bedarfslagen besser nähern können, sie liefert jedoch keine Rezepte.

Entscheidend dabei ist, dass die vielschichtigen Problemlagen der Menschen nicht isoliert

betrachtet werden, sondern Eingang finden in integrierte Handlungskonzepte, in denen alle

Ressourcen und Kompetenzen gebündelt werden. Diese dürfen nicht auf den Sozial- und

Jugendbereich beschränkt bleiben, sondern sollten die Bereiche Wirtschaft, Gesundheit,

Schule, Sport und Bauen mit einschließen. Nur so kann es gelingen, den Kreislauf von

verminderten Entwicklungschancen bei Kindern und Jugendlichen und den daraus

resultierenden persönlichen und gesellschaftlichen Nachteilen (Jugendarbeitslosigkeit,

ungünstige Voraussetzungen für die eigene Elternschaft) zu durchbrechen.

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• Mein Wunsch ist weiter, dass wir zu einer dauerhaften und flächendeckenden Förderung

notwendiger Handlungsbereiche kommen. Statt befristeter Projektförderung setze ich mehr auf

die dauerhafte Finanzierung nachhaltiger Angebote. Die U-25-Konferenz in Chorweiler macht

es vor: Viele tolle Projekte und Ansätze sollen zu einem einheitlichen Konzept überführt

werden.

• Das wichtigste Ziel der sozialräumlichen Orientierung liegt in der Stärkung der Partizipation der

Bewohnerinnen und Bewohner. Das Handeln aller Akteure in den Sozialraumgebieten sollte

darauf ausgerichtet sein. Mit der Formulierung „Sozialraumorientierte Hilfsangebote“ ist eine

unglückliche Bezeichnung des Konzeptes, da sie den Hilfeaspekt und damit den

Fürsorgegedanken einseitig in den Vordergrund stellt. Eine Änderung der Bezeichnung wäre

daher aus meiner Sicht wünschenswert.

• Wichtigste Ziele sind die Partizipation der Bewohnerinnen und Bewohner und die Stärkung des

Sozialraums. Soziale Integration und interkultureller Dialog haben nur im Sozialraum eine

wirkliche Chance.

• Meine Vision: In zehn Jahren wirkt sich die Stärkung des Sozialraums so aus, dass die

Menschen in Chorweiler nicht nur stolz auf ihre Vielfalt der 180 Nationen sind, sondern die

Marienburger neidisch auf die bunten Stadtteile blicken.

Mit dem Bürgerhaushalt sind erste Ansätze erreicht, wie Bürger an der Mitgestaltung ihrer

Stadt mitwirken können. In zehn Jahren werden sich die Bezirksvertretungen Gedanken

machen, wie sie Mittel für die Gestaltung von Straßen, Wegen, Plätzen und Grünflächen auf

die einzelnen Quartiere verteilen. Gerade im Sozialraum sollten die dort lebenden Bewohner

und Bewohnerinnen über die Gestaltung ihrer Lebensumwelt mitentscheiden.

Die lebenswerte Stadt Köln lebt von ihrer Veedelsorientierung und der bunten Vielfalt der

Bewohnerinnen und Bewohner.

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Statement 2: Die Bürger als vitale Basis im Sozialr aum

Werner Kämper, Vorsitzender der Bürgergemeinschaft Rathenauplatz

Stichpunkte:

• Als Bürgergemeinschaft haben wir im Sinne einer Bürgergesellschaft Interesse an einer

Beteiligung an den uns im sozialen Raum unmittelbar betreffenden Angelegenheiten

• Bürger erwarten von ihrer Kommune mehr als nur die Verwaltung dieser Angelegenheiten

• Bürger erwarten, dass sie als Spezialisten in eigener Sache angenommen werden, d. h. das

ihre Ressourcen und ihre Bereitschaft zur Gestaltung und zur Problemlösung wahrgenommen

werden

• Bürger generieren Sinn auch unabhängig von institutionellen und politischen Vorgaben, sie

möchten auch nicht ausschließlich als Klientel einer Gruppierung wahrgenommen werden,

sondern möchten ihre Angelegenheiten gestaltungsoffen kommunizieren und regeln können

• Bürger erwarten entsprechend professionalisierte Strukturen der Verwaltung, die mit

Dienstleistungsorientierung und Lotsenfunktion Anliegen und Vorhaben begleiten

• Ermöglichung von Vorhaben und Lösung von Problemen sollte auf einer Ebene stattfinden, die

alle ermöglichenden und zu einer Lösung bereitstehenden Ressourcen zusammenbringt

• Ein solches Netzwerk im sozialen Raum sollte als empfindsames und empfindliches Gebilde

mit dem notwendigen Respekt aller Beteiligten wahrgenommen werden

• Ehemals hierarchisch sich zuarbeitende Institutionen und Personen werden zu Partnern auf

gleicher Ebene mit gleichgerichtetem Interesse

• Die Entscheidungsfindung sollte nach dem Konsensprinzip ausgerichtet sein, zur kurzfristigen

Handlungsbereitschaft sollte eine verlässliche und verantwortliche Delegation erteilt werden

• Eine verantwortungsbewusste Bürgergesellschaft möchte sich so nicht auf ihre Individuen

herunterregulieren lassen, sie möchte die Bereitschaft und Fähigkeit ihrer Mitglieder zur

Teilnahme sinnvoll und sozial gewinnbringend geregelt wissen

• Solidarität ist nach wie vor ein Stichwort, doch auch in Problemfeldern sollte den betroffenen

Mitgliedern vorrangig die Möglichkeit selbstwirksamen Handelns gegeben werden

• Sozialraumorientierung sollte nach alledem keine Mittelverschiebung hin zum günstigeren

Anbieter von Leistungen sein, sie sollte die in einem Netzwerk sich bildenden Synergien

sinnvoll bündeln

• Sozialraumorientierung sollte daher nur preiswert im Sinne einer Reduzierung sozialer

Folgekosten sein

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Statement 3: Die Kirche als Sauerteig im Sozialraum

Pfarrer Klaus Kugler, Pfarrgemeinde zu den Hl. Roch us, Dreikönigen und Bartholomäus

Stichpunkte:

Aus welchem Selbstverständnis heraus handeln wir? W as motiviert uns?

• Erst einmal genau hinschauen. Die Sozialräume und die dort vorherrschenden Milieus

wahrnehmen.

• Glaubensverkündigung, Sinnstiftung

• Gerechtigkeitsforderung - Frage nach den Werten, nach denen wir handeln

• christliche Identität in multireligiöser Gesellschaft entwickeln / Theologie der Großstadt

Vision für Stadtteile / Kirche im Stadtteil und der eigene Beitrag dazu

• "Suchet der Stadt Bestes" (Jeremia an die im babylonischen Exil lebenden Israeliten) = das

Beste für die Stadt, PGR Leitbild (Suchmuster?)

• Identifikationsort sein - auch für "Fernstehende"

• Netzwerk für die Menschen im Stadtteil sein

• Milieus zusammen bringen, die sonst kaum einer so zusammen bringen kann

• Als Kirche öffentlich präsent sein, Flagge zeigen, unterwegs und sichtbar sein

• Beiträge:

• Stadtteilgeschichte, Stolpersteine

• Gebet für Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus

• BIOS in action = Gemeindemitglieder engagieren sich ehrenamtlich in sozialen

Einrichtungen in Bickendorf/Ossendorf

• Not an der Pfarrhaustür = strukturierter Umgang mit Hilfesuchenden in Koop. mit

der Allgemeinden Sozialberatung des Caritasverbandes

• "offenes" neues Pfarrzentrum entsteht in Bickendorf

• Prozessionen

Erwartungen an die anderen Akteure

• Stadt bzw. beauftragte Träger: bestehende Netzwerkstrukturen besser

berücksichtigen/einbinden, wenn "von oben" neue Projekte "Sozialraumkoordination" initiiert

werden.

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Statement 4:Der Caritasverband als Träger der freie n Wohlfahrtspflege

im Sozialraum

Peter Krücker, Vorstand Caritas-Dienste im Caritasv erband für die Stadt Köln e.V.

Meine Damen und Herren,

als ich vor rund 25 Jahren mein Studium der Sozialarbeit antrat, erfuhr ich, zuerst im Sinne der

Lehre und dann im Sinne der damals noch intensiv gepflegten studentischen Praxis, dass neben

den klassischen Methoden der sozialen Arbeit namens Einzelfallhilfe und Gruppenarbeit ein dritte

Methode sich etabliere: die Gemeinwesenarbeit. Das fand ich so spannend, dass ich diesen

Schwerpunkt im Studium bis hin zur Diplomarbeit wählte.

Meine sich anschließende berufliche Praxis, zuerst im ASD der Stadt Köln und dann in

verschiedene Leitungsfunktionen der Caritas war ein Abschied von all diesen Kenntnissen und

Kompetenzen, denn der Gemeinwesenarbeit geht es wie einem berühmten gallischen Dorf, es gibt

da einen halb vergessenen Zipfel von einer Hand voll Einrichtungen, die Gemeinwesenarbeit noch

hochhalten und praktizieren.

Der Rest der Welt ging offenbar anders vor als Köln. Der Rest der Welt entwickelte diesen

sozialarbeiterischen Ansatz weiter und schaffte den sozialräumlichen Ansatz. Ein Zwitter, voll

bepackt mit Erwartungen aus klassischer GWA, Stadtteilarbeit, Dezentralisierung,

Kundenorientierung, regional-Prinzip, neuer Steuerung, Subsidiarität und und und ………

Doch ich stehe nicht hier um zu erinnern und zu philosophieren. Nein, ich soll mich erklären

1. zur Logik aus der wir – sprich die Caritas - heraus sozialräumlich handeln

2. welche Visionen wir für die Sozialräume und Veedel haben und welche Rolle die Caritas in

dieser Vision spielt

3. zu den Erwartungen an die Mitspieler und anderen Akteure.

Zuerst zur Logik.

Die Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege initiierte das

Sozialraumprojekt vor dem Hintergrund zweier Gedanken: zum einen der schon eben

angedeuteten bemerkenswerten Vernachlässigung der Stadtteilarbeit in Köln und den daraus

resultierenden typischen Folgen: mangelnde Koordination der sozialen Dienste in den Stadtteilen,

ein Überangebot von Stadtweit arbeitenden Diensten, Existenz von Doppel- und

Dreifachstrukturen, mehrere Träger laborieren ohne Kenntnis voneinander parallel in den gleichen

Familien etc. pp..

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Der zweite Gedanke war der, dass aus einer verbesserten Koordination und Kommunikation der

Angebote, Ressourcen bei den Trägern frei werden, die neue und ungedeckte soziale Bedarfe

decken können.

Also ein durchaus kluger Gedanke, der von Verwaltung und Sozialpolitik schnell aufgenommen

wurde, da er gleichsam neu, sinnvoll und interessant war.

Dieser städtische Ansatz setze auch im Caritasverband die Energie für neue Initiativen frei. Die

Spontanität mit der auf die LIGA - Idee reagiert wurde begeisterte uns und zeigte uns drei Dinge:

1. dass dieser Ansatz mehr als kurzfristig in Köln wirken würde

2. das auf allen Seiten dafür das Feld bestellt werden muss

3. und das die Träger ein eigenes Verständnis der Soziaraum-Orientierung entwickeln

müssen

Wir legten daher innerverbandlich ein Projekt zur Sozialraumorientierung in der Caritas auf. In der

ersten Phase dieses Projektes war es handlungsleitend, die verschiedenen Einrichtungen der

Caritas dazu zu bewegen, die Fenster und Türen zu öffnen und einmal nachzuschauen, wo sie

denn sich befinden und wer ihre Nachbarn sind. Es war durchaus spannend für so manches

Altenzentrum und manche Sozialstation die nähere Umgebung zu erforschen. Da gab es

besondere soziale Verhältnisse und Probleme, da gab es Brüder und Schwestern – will sagen

andere Caritas-Einrichtungen die geradezu neu als Nachbarn entdeckt wurden, geschweige denn

die Kolleginnen und Kollegen der anderen Anbieter im Stadtteil.

In der zweiten Phase und hier beginnt die eigene Logik, beginnen die Dienste und Einrichtungen

der Caritas damit, ihr eigenes Verhältnis zum Sozialraum zu definieren und zu beschreiben.

Hierbei stellen wir fest, dass es keine allgemeine Caritas-Logik gibt, sondern dass je nach

Einrichtungstyp sehr unterschiedliche Logiken festzustellen sind. Das Sozialraum – Verständnis

ein Altenheimes unterscheidet sich also von dem einer Sozialstation. Oder anders gesagt, eine

stationär erbrachte Dienstleistung arbeitet mit einem anderen Sozialraumverständnis, als eine

ambulant erbrachte Dienstleistung. Beratungsdienste unterscheiden sich in ihrem

Sozialraumansatz von dem eines Jugendprojektes in Merheim oder Ossendorf.

Die Dienste und Einrichtungen erarbeiten also ihr eigenes Verständnis, ausgehend von ihrer

räumlichen Platzierung, der Art ihrer Dienstleistung, der Beziehung zum Kunden usw.

Hieraus ziehen sie Schlüsse für ihre Konzeption, ihre Aufstellung am Markt, ihre räumliche

Präsenz, ihre Nähe oder Distanz zum Kunden. Die Konzeption der Einrichtungen verändert sich

und damit wird das Sozialraumprinzip – neben anderen Prinzipien natürlich – zu einem

bestimmenden Element in der Organisation.

Die Caritas als System unterliegt einer weiteren Logik. Wir fassen es als unsern Auftrag auf,

unsere Mitglieder sprich Pfarrgemeinden und Fachverbände eine gemeinsame Plattform zu bieten,

auf der wir uns strukturell organisieren, abstimmen und kommunizieren. Übersetzt ist das der

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städtische Ansatz auf katholisch. Hier gibt es ein erstes Projekt in Porz, ein weiteres in Chorweiler

steht am Start. Soweit zur Logik.

Der zweite Auftrag heißt: sagen Sie etwas zur Vision der Sozialräume und Veedel und welche

Rolle die Caritas dabei spielt.

Nun die Vision der Sozialräume setzt eine Veränderung des Standorts voraus. Ich bewege mich

also aus dem Caritasverband als Dienstleistungs-Netz mit gesamtstädtischer Dimension heraus

und gehe in den Sozialraum. Sagen wir mal zum KölnBerg.

Die Vision für den KölnBerg oder besser für Meschenich sieht so aus, dass die Caritas in deutlich

stärkerem Umfang als heute Hilfen und Dienstleistungen dort erbringt. In einem großen Caritas-

Zentrum sind alle Dienste der Caritas unter einem Dach und ganz nah am Nutzer. Täglich von 9

bis 9 werden hier Hilfen und Dienstleistungen angeboten – und zwar aus einer Hand. Diese Hilfen

haben zwei Ziele: zum einen individuell den Anliegen der Kunden/Klienten zu entsprechen, zum

anderen anwaltschaftlich und strukturell die Problematik Meschenich’s aufzugreifen, zu

kommunizieren und zu verbessern. Hierbei arbeitet die Caritas intensiv mit allen anderen Trägern

zusammen. Der Sozialraum-Koordinator hat die Initiative zu Stadteilkonferenzen und

übergreifenden Hilfeplan-Konferenzen gestartet. Das Sozialraumbudget steuert die soziale

Infrastruktur dezentral. Heute ist das alles längst Standart, die Träger treten gemeinsam in

Ratsausschüssen und machtvollen Bezirksvertretungen auf, bringen die Anliegen der Bürger aus

Meschenich ins politische Bewusstsein.

Die wesentlichen Träger sozialer Dienstleistungen oder Transferleistungen - z.B. die ARGE -

fragen an, ob nicht gemeinsam mit Caritas und Jugendhilfe Köln (also dem Träger der JobBörse in

Meschenich)in Meschenich Räume angemietet und die Dienstleistung dezentral und

Kundenorientiert gemeinsam erbracht werden können.

Gemeinsam mit der Kirchengemeinde organisiert die Caritas ehrenamtliches und

bürgerschaftliches Engagement, nachbarschaftliche Hilfen werden intensiviert und bilden den

gemeinsamen Nenner des bürgerlichen Alt-Meschenichs und dem KölnBerg als Heimat vieler Neu-

Kölner. Die gegenseitige Abschottung dieser beiden Quartiere wird punktuell zersetzt, löst sich

allmählich. Das Bürgerzentrum Steinneuer Hof in Meschenich-Rondorf ist eingerichtet und arbeitet

profitabel.. Caritas und Kirchengemeinde organisieren die Bürger Meschenichs nach dem Prinzip

der Selbsthilfe und Selbstorganisiation. Die Bürger ersetzen fürsorgliches und anwaltschaftliches

Handeln der Träger und nehmen ihre Anliegen selber in die Hand. Dies erfolgt natürlich

generationenübergreifend, interkulturell ………..Ich hör schon auf.

Eine schöne Vision. Ein echtes Ziel, aber trotzdem eine Vision.

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Welche Rolle spielt die Caritas dabei:

1. Sie weitet ihre Hilfen dort aus, wo die Menschen leben, die die Hilfe brauchen

2. Sie bringt ihre Angebote unter ein Dach, und koppelt die Angebote

3. sie schafft kundenorientierte Strukturen in Sachen Öffnungszeit, Nähe zum Kunden,

möglichst viele Hilfen aus einer Hand, d.h. von einer Bezugsperson

4. sie kooperiert mit allen anderen Trägern im Sinne der Abstimmung, Effizienz und

Anwaltschaft und im Interesse des Kunden

5. Sie bezieht hierbei die Träger der Transfer-Leistungen möglichst ein

6. sie nimmt Anliegen der Bürger anwaltschaftlich auf und unterstützt die Bürger in der

Durchsetzung ihrer Interessen

7. Kirchengemeinden und Caritas initiieren und bieten den Bürgern Plattformen für

Engagement, für Nachbarschaftshilfen, für Ehrenamt. Wir bemühen uns sehr, die

Kirchengemeinden als Mitglieder des Caritasverbandes wachzuküssen.

Diese 7 Rollen fordern die Caritas als Organisation in besonderem Maße. Vor dieser Folie haben

wir unserer Dienste neu geordnet und organisiert. Wir werden die Standorte unserer ambulanten

Dienste im Sinne der gerade genannten Prinzipien überprüfen und anpassen. Hierbei werden

regionale Caritas-Zentren entstehen, nach dem Muster des Caritas-Hauses in Kalk oder dem

entstehenden Gebilde in Meschenich. Nah am Kunden, dezentral im Stadtteil, möglichst viele

Hilfen aus einer Hand und unter einem Dach.

Der anwaltschaftliche Auftrag der Caritas wird hierbei unverzichtbarer Bestandteil der Präsenz in

den Stadteilen sein ebenso wie der gemeinsame Auftritt mit dem Kirchengemeinden – im Schatten

des Kirchturms. Soweit zur Visison

Der dritte Auftrag für mich heute: die Erwartungen an die Mitstreiter

Erstens Stadt . Ich erwarte und wünsche mir, dass die Stadt Köln ihre Anstrengungen der weiteren

Etablierung des Sozialraumprinzips ausweitet. Hierbei sind folgende Handlungsebenen wichtig:

o Ausbau des Programms um weitere Sozialräume

o Bessere Anpassung des Modellprojektes mit den sozialräumlichen Prinzipien der

erzieherischen Hilfen

o Schaffung von Sozialräumlichen Budgets zur Steuerung von Ressourcen

o Re-Vitalisierung des Gedankens der Dezentralisierung und der Stadtbezirks-Ebene und

Schaffung weiterer bezirklicher Anlaufstellen – zumindest für wesentliche Leistungen der

Sozialhilfe und der Jugendhilfe

o Konsequente Dezentralisierung und sozialräumliche Ausrichtung der ARGE (Verweis auf

Bocklemünd und Pesch am Standort Köln-Süd)

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Zweitens Sozialpolitik : Ich erwarte und wünsche mir,

o dass die Sozialpolitiker die Stadtverwaltung dazu zwingen, den Weg zurück in die Bezirks-

Orientierung zu gehen. Dezentrale Bürgerämter mit allen wichtigen Elementen der sozialen

Infrastruktur sind (wieder) zu schaffen. Dazu gehört dann natürlich auch die ARGE.

o Vertrauen Sie dezentralen Steuerungs.- Prozessen, sie sind in der Regel effektiver und

zielführender als streng zentralisierte Prozesse. Moderne Unternehmensführung setzt sich

hier erfolgreich den gleichen Risiken aus.

o Überfrachten Sie das Sozialraum-Konzept nicht mit der Erwartung kurzfristiger Effizienz-

Steigerungen. Die Steigerung der Effizienz geschieht im kleinen und in den internen

Steuerungsregeln der Systeme. Unsere Pläne der Caritas sind ein Beispiel für diese interne

Ressourcenorientierte Steuerung.

o Dass sich die Politiker informieren und bilden. Fahren Sie in andere Städte, schauen Sie

wie andere Städte ihre Probleme angehen und lösen. Lassen Sie sich nicht von der

Verwaltung regieren.

Drittens Hochschulen : Ich erwarte und wünsche mir,

o Geben Sie ihr einsames Schattendasein auf und mischen Sie sich aktiv in sozialpolitische

Debatten ein

o Bilden Sie ihre Studenten gut und praxisorientiert aus in Sachen Sozialraumorientierung

und aktivierender Methoden der Sozialarbeit

Viertens Kirche : Ich erwarte und wünsche mir,

o Bewahren Sie den Kirchturm in der Mitte des Dorfes. Definieren Sie das „Dorf“ sorgfältig

und sorgen Sie dafür, dass Sozialräume und Stadtteile eigene Strukturen und eine eigene

Identität behalten und pflegen.

o Nehmen Sie sozialpolitische Verantwortung an, halten Sie Ihre Einrichtungen im Bereich

der Kitas – so viele wie es eben nur geht. Bauen sie konsequent Familienzentren auf und

schärfen Sie ihr sozialpolitisches Profil

o Beleben Sie Ihre Gemeinden mit sozialem und caritativem Engagement. Öffnen Sie Ihre

Räume für gemeinsame Projekte mit Caritas und anderen Wohnfahrtsverbänden. Schaffen

und pflegen Sie Nachbarschaften und die Selbsthilfe der Bürger.

„Ejal wat och passeet“ wir alle kommen nicht daran vorbei, unsere Veedel zu pflegen und zu

entwickeln, wenn wir nicht Isolierung und Segregation Vorschub leisten wollen.

Ich habe Ihnen eben meine Vision für den KölnBerg frei heraus geschildert. An dieser Zielsetzung

arbeitet die Caritas, arbeite ich und ich hoffe, gemeinsam mit Ihnen. Da gibt es noch viel zu tun –

ejal wat och passeet.

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Liste der Teilnehmerinnen und Teilnehmer

Nr. Name Vorname Institution

1 Anders Karin In Via

2 Angoni Maristella Caritasverband f.d. Stadt Köln

3 Bech Frau Neukirchener Erziehungsverein

4 Becker Michael Caritasverband f.d. Stadt Köln

5 Bergmann Ulrich Paritätischer Wohlfahrtsverband

6 Bernal Copano Luisa Caritasverband f.d. Stadt Köln

7 Birkle Alexandra Katholisches Jugendwerk

8 Blume Jochen Stadt Köln

9 Bokranz Frau Stadt Köln

10 Boy Birgit Alexianer

11 Brüsting Sabine Caritasverband f.d. Stadt Köln

12 Bueren Margarethe Katholisches Bildungswerk Köln

13 Bürzele Christine VHS Köln

14 Busmann Gabriele Outback Stiftung

15 Decker Franz Caritasverband f.d. Stadt Köln

16 Diekmann Elisabeth Caritasverband f.d. Stadt Köln

17 Dietz-Wallot Hildegard Caritas Betriebsführungs- und Trägerges.

18 Differdange Ruth Kath. Familienbildung Köln

19 dos Santos Herrmann Susana Moderatorin

20 Ellerbrock Klaus Stadt Köln

21 Engelskirchen Ingrid Pfarrei St. Mariä Geburt

22 Fengler Klaus Diözesan-Caritasverband

23 Freiwald Jens Caritasverband f.d. Stadt Köln

24 Fuchs Sabine Caritasverband f.d. Stadt Köln

25 Geiss Guido Caritasverband f.d. Stadt Köln

26 Genz Anna Stadt Köln

27 Greven-Thürmer Claudia Sozialraumkoordination Buchheim

28 Haller-Vetter Ursula Stadt Köln

29 Hammes Elisabeth Caritasverband f.d. Stadt Köln

30 Handler Gertrud Caritasverband f.d. Stadt Köln

31 Hanisch Maria Caritasverband f.d. Stadt Köln

32 Hauck Ute Diakonie Michaelshoven e.V.

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Nr. Name Vorname Institution

33 Heep Claudia Caritasverband f.d. Stadt Köln

34 Hengefeld Ludger Caritasverband f.d. Stadt Köln

35 Hietel Achim Caritasverband f.d. Stadt Köln

36 Hildebrand Andreas Katholisches Jugendwerk

37 Hofmann Michaela Diözesan Caritasverband

38 Honrath Herrn Neukirchener Erziehungsverein

39 Höver Dr. Ulrich Stadt Köln

40 Imgrund Hilde In Via

41 Jäger Maria Caritasverband f.d. Stadt Köln

42 Jakobs Nadine Stadt Köln

43 Joest Karl-Benedikt Arbeitsagentur Köln

44 Kempf Tobias Bürgerzentrum Deutz

45 Klein Joachim Pax Bank e.G. Köln

46 Kleis Harald Sozialdienst kath. Männer

47 Koch Jürgen Caritasverband f.d. Stadt Köln

48 Köhler Dr. Christiane CDU-Fraktion im Rat der Stadt Köln

49 Kölsch Doris Caritasverband f.d. Stadt Köln

50 Krücker Peter Caritasverband f.d. Stadt Köln

51 Kubitza Roland Caritas-Jugendhilfe-Gesellschaft

52 Kunz Georg Köln-Ring GmbH

53 Lamaina Maria Caritasverband f.d. Stadt Köln

54 Lange Hans-Ulrich Caritasverband f.d. Stadt Köln

55 Lieser Elmar GAG Immobilien AG

56 Lindenthal Vera Caritasverband f.d. Stadt Köln

57 Löffler Fridolin Generalvikariat des Erzbistum Köln

58 Marschall Klaus Stadt Köln

59 Meder Leonie Sozialdienst kath. Frauen

60 Meichsner Michael Pfarrgemeinde Bickendorf / Ossendorf

61 Mergner Dr. Ulrich Fachhochschule Köln

62 Morales Martina Volkshochschule Köln

63 Mudra Simone Bürgerzentrum Nippes

64 Müller-Starmann Klaus Arbeitsagentur Köln Geschäftsführung

65 Nikles Dr. Bruno Universität Duisburg-Essen

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Nr. Name Vorname Institution

66 Nikodem Sabine Holweider Selbsthilfe e.V.

67 Odenhausen Pia Pfarrei Herz-Jesu

68 Offermann Annette Caritasverband f.d. Stadt Köln

69 Opiéla Jan Erzbistum Köln

70 Ploner Dr. Johannes Pfarrgemeinde

71 Ploner Christine Pfarrgemeinde

72 Prinz Helmut Pfarrei St. Aposteln

73 Rabe-Rahman Susanne Caritasverband f.d. Stadt Köln

74 Ristau Michaela Bürgerzentrum Nippes

75 Roggendorf Hermann- Caritasverband f.d. Stadt Köln

76 Röth Rainer Caritasverband f.d. Stadt Köln

77 Rotsch-Schultes Monika Stadt Köln

78 Rupp Pia Stadt Köln

79 Santelmann Stephan Stadt Köln

80 Schäfers Josef Stadtdekanat Köln

81 Scheunemann Bettina Stadt Köln

82 Schmitz Marianne Caritasverband f.d. Stadt Köln

83 Schmitz Peter Caritasverband f.d. Stadt Köln

84 Schönewolff Susanne Diakonie Köln

85 Schwellenbach Bebette Generalvikariat des Erzbistum Köln

86 Sebastian Koch Fachhochschule Köln

87 Silvers Detlef Caritasverband f.d. Stadt Köln

88 Smolkowski Reinhard Caritasverband f.d. Stadt Köln

89 Stahmer Frieda Caritasverband f.d. Stadt Köln

90 Steinbach Inge Stadt Köln

91 Steinke Carola Caritasverband f.d. Stadt Köln

92 Stocker Walter Stadt Köln Bürgeramt Lindenthal

93 Streuter Wilhelmine Christliche Sozialhilfe Köln

94 Tkotz Biggi Caritasverband f.d. Stadt Köln

95 Urbic Josef CJG Kinder u. Jugendhilfe St. Josef

96 Vetter Andreas Stadt Köln

97 Wendler Ulrich Stadt Köln

98 Wengert Herrn Neukirchener Erziehungsverein

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Nr. Name Vorname Institution

99 Zorn-Lingnau Gisela Sozialdienst kath. Frauen

100 Zumstrull Thomas Caritasverband f.d. Stadt Köln

101 Anuebunwa Therese Caritasverband f.d. Stadt Köln

102 Van Elten Ludger Caritasverband f.d. Stadt Köln

103 Koch Sebastian Student

104 Pulm Axel Caritasverband f.d. Stadt Köln

105 Dillmann Martina Caritas-Werkstätten Köln

106 Everskemper Anke Caritas-Werkstätten Köln

107 Reisinger Monika Soziaraumkoord. Bürgerschaftshaus e.V.

108 Zeitz Claudia Caritasverband f.d. Stadt Köln

109 Stecher Edeltraud Seniorennetzwerk Rodenkirchen

110 Kessler Frau Stadtteilbüro Buchforst