Strategisches Projektmanagement || Projektmanagement aus Sicht von Führungskräften

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7 Projektmanagement aus Sicht von Führungskräften Rahmenbedingungen für erfolgreiche Projekte schaffen Frederik Ahlemann, Fedi El Arbi und Axel Heck Inhaltsverzeichnis 7.1 Einleitung .................................................... 138 7.1.1 Die Auswahl der richtigen Projekte ............................ 138 7.1.2 Die effiziente Durchführung von Projekten ....................... 139 7.1.3 Zielerreichung in Projekten ................................. 139 7.1.4 Die Rolle von Top-Führungskräſten ............................ 139 7.2 Die Projektmanagement-Agenda für Top-Führungskräſte ................... 140 7.2.1 Die Elemente der Top-Führungskräſte-Agenda .................... 141 7.2.2 Die Umsetzung der Top-Führungskräſte-Agenda ................... 142 7.3 Strategie ..................................................... 143 7.3.1 Strategiedefinition ........................................ 143 7.3.2 Projektpriorisierung ...................................... 145 7.3.3 Ressourcenplanung ....................................... 146 7.3.4 Aktionsplan Strategie ..................................... 147 7.4 Organisation .................................................. 148 7.4.1 Das Project Management Office .............................. 148 7.4.2 Projektgremien .......................................... 149 7.4.3 Die Projektführung ....................................... 149 7.4.4 Aktionsplan Organisation .................................. 150 7.5 Personal ..................................................... 150 7.5.1 Kompetenzen aufbauen .................................... 151 7.5.2 Kompetenzen erwerben .................................... 151 7.5.3 Kompetenzentwicklung messen und steuern ...................... 151 7.5.4 Kompetenzentwicklung attraktiv machen ........................ 152 7.5.5 Aktionsplan Personal ..................................... 152 Prof. Dr. F. Ahlemann (B) F. El Arbi A. Heck EBS Universität für Wirtschaſt und Recht, EBS Business School, Institute of Research on Information Systems, Konrad-Adenauer-Ring 15, 65187 Wiesbaden e-mail: [email protected] 137 F. Ahlemann, C. Eckl (Hrsg.), Strategisches Projektmanagement, DOI 10.1007/978-3-642-34761-0_7, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

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7Projektmanagementaus Sicht von Führungskräften

Rahmenbedingungen für erfolgreiche Projekte schaffen

Frederik Ahlemann, Fedi El Arbi und Axel Heck

Inhaltsverzeichnis

7.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1387.1.1 Die Auswahl der richtigen Projekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1387.1.2 Die effiziente Durchführung von Projekten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1397.1.3 Zielerreichung in Projekten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1397.1.4 Die Rolle von Top-Führungskräften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139

7.2 Die Projektmanagement-Agenda für Top-Führungskräfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1407.2.1 Die Elemente der Top-Führungskräfte-Agenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1417.2.2 Die Umsetzung der Top-Führungskräfte-Agenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142

7.3 Strategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1437.3.1 Strategiedefinition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1437.3.2 Projektpriorisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1457.3.3 Ressourcenplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1467.3.4 Aktionsplan Strategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147

7.4 Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1487.4.1 Das Project Management Office . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1487.4.2 Projektgremien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1497.4.3 Die Projektführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1497.4.4 Aktionsplan Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150

7.5 Personal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1507.5.1 Kompetenzen aufbauen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1517.5.2 Kompetenzen erwerben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1517.5.3 Kompetenzentwicklung messen und steuern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1517.5.4 Kompetenzentwicklung attraktiv machen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1527.5.5 Aktionsplan Personal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152

Prof. Dr. F. Ahlemann (B) ⋅ F. El Arbi ⋅ A. HeckEBSUniversität fürWirtschaft und Recht, EBS Business School, Institute of Research on InformationSystems, Konrad-Adenauer-Ring 15, 65187 Wiesbadene-mail: [email protected]

137F. Ahlemann, C. Eckl (Hrsg.), Strategisches Projektmanagement,DOI 10.1007/978-3-642-34761-0_7, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

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7.6 Kultur, Führung undWerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1537.6.1 Zur Rolle von Werten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1537.6.2 Führungsstile und Projekterfolg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1557.6.3 Aktionsplan Kultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155

7.7 Controlling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1567.7.1 Reporting als Steuerungsinstrument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1567.7.2 Meetings als Steuerungsinstrument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1577.7.3 Eskalationen als Steuerungsinstrument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1577.7.4 Aktionsplan Controlling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157

7.8 Effektivität – Wie Projektnutzen realisiert wird . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1587.8.1 Erfolg definieren und messen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1587.8.2 Anreize setzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1597.8.3 Aus Erfolgen und Misserfolgen lernen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1607.8.4 Aktionsplan Effektivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160

7.9 Zusammenfassung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161

7.1 Einleitung

Traditionell wird Projektmanagement als Aufgabe von Projektmanagern begriffen, was imHinblick auf die Abwicklung eines einzelnen Projektes auch richtig ist. Allerdings kommtProjekten eine steigende strategische und wertschöpfende Bedeutung zu, weshalb sie zu-nehmend in den Blick von Top-Führungskräften geraten. Hinzu kommt, dass inUnterneh-men immer mehr Projekte abgewickelt werden und die Ressourcen, die in Projekte inves-tiert werden, bedeutende Ausmaße angenommen haben. Dies sind gute Gründe, warumsich auch Top-Führungskräfte für Projekte interessieren und geeignete Rahmenbedingun-gen für eine erfolgreiche Projektabwicklung schaffen sollten. Dabei geht es insbesondereum diejenigen organisationalen und kulturellen Bedingungen der Projektabwicklung, diesich außerhalb des Einflussbereichs von Projektleitern oder des mittleren Managementsbefinden. Was bedeutet das konkret? Top-Führungskräfte müssen sicherstellen, dass

1. die richtigen Projekte ausgewählt und initiiert werden,2. die Projekte effizient durchgeführt werden und3. die Projekte ihre Ziele erreichen.

Diese Ziele werden im Folgenden kurz erläutert.

7.1.1 Die Auswahl der richtigen Projekte

Jedes Projekt kann als eine Investition betrachtet werden und sollte dementsprechend be-handeltwerden.DieRessourcen einerOrganisation (finanziell, personell oder anderweitig)

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sind in der Regel begrenzt, so dass nicht alle denkbaren Projekte realisiert werden können.Hinzu kommt, dass nicht alle potenziellen Projekte einen positiven Beitrag zumUnterneh-menserfolg leisten, da sie beispielsweise eher lokaleOptima anstreben.Aus diesenGründenist eine systematische und planvolle Auswahl und Initiierung von Projekten notwendig.Aus Sicht der Top-Führungskräfte gehört hierzu auch dieZusammenstellung,Abstimmungund ggf. Anpassung der Projektwahl im Sinne eines Projektportfolios, um so einen Fit zwi-schen der Summe der Einzelbeiträge der Projekte und der angestrebten strategischen Zieledes Unternehmens sicherzustellen.

7.1.2 Die effiziente Durchführung von Projekten

Selbst wenn die richtigen Projekte ausgewählt werden, ist dies kein Garant dafür, dass siegemäß dem Plan abgewickelt werden. Regelmäßige Termin- und Budgetüberschreitungenin der Projektabwicklung dokumentieren das eindrucksvoll. Das Projektmanagement bie-tet hilfreiche Methoden und Prinzipien, die den Projektbeteiligten dabei helfen können,die Projektabwicklung effizient zu gestalten. Top-Führungskräfte können und sollten da-für sorgen, dass diese Methoden und Prinzipien verstanden werden und zur Anwendungkommen. Gerade imHinblick auf die planvolle Umsetzung der Unternehmensstrategie, isteine Synchronisation von Projekten innerhalb des aktuellen Projektportfolios ein wichtigerBestandteil der effizienten Umsetzung.

7.1.3 Zielerreichung in Projekten

Mit der plangemäßenAbwicklung der richtigen Projekte ist nicht notwendigerweise sicher-gestellt, dass das Projektergebnis nachhaltig zumErfolg der Organisation beiträgt. Tatsäch-lich muss das Projektergebnis noch sinnvoll und gemäß der ursprünglichen Intention zumEinsatz kommen. Aus diesemGrund ist sicherzustellen, dass eine nachhaltige Ergebnisver-wendung bzw. Nutzenrealisierung gegeben ist. Top-Führungskräfte können dies fördern,indem sie entsprechende Anreize schaffen und die Nutzenrealisierung messen (lassen).

7.1.4 Die Rolle von Top-Führungskräften

Bei all diesen Aufgaben ist es meist nicht erforderlich, dass Top-Führungskräfte aktiv indie Projektinitiierung und -abwicklung eingreifen. Vielmehr geht es darum, dass Top-Füh-rungskräfte verstehen, welcher Strukturen es bedarf, dass die Projektbeteiligten diese Zieleautonom verfolgen können. Die Schaffung dieser Strukturen kann als eine wichtige Gestal-tungsaufgabe vonTop-Führungskräftenwahrgenommenoder inAbhängigkeit vonHierar-chietiefe und Organisationsform als Führungsaufgabe delegiert werden. In diesem Kapitelwerden deshalb die notwendigen Bedingungen für eine erfolgreiche Projektabwicklung

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vorgestellt und es wird beschrieben, welche Maßnahmen Top-Führungskräfte ergreifensollten, um diese Bedingungen herzustellen.

Hierzu wird im Abschn. 7.2 zunächst ein Überblick über die entsprechenden Hand-lungsfelder gegeben, in denen Top-Führungskräfte aktiv werden müssen, um erfolgrei-ches Projektmanagement nachhaltig in der Organisation zu verankern. In den Abschn. 7.4bis 7.8 werden diese Handlungsfelder anschließend im Detail diskutiert. Der Abschn. 7.9fasst die Ergebnisse zusammen.

7.2 Die Projektmanagement-Agenda für Top-Führungskräfte

Die Projektmanagement-Agenda für Top-Führungskräfte besteht aus sechs Handlungsfel-dern, die im Folgenden überblickartig dargestellt werden (Abb. 7.1). Eine gute Projekt-management-Strategie wird stets alle sechs Handlungsfelder adressieren, wenngleich inAbhängigkeit von situativen Faktoren diese unterschiedlich gewichtet sein werden. Nach-stehend wird zunächst ein Überblick über die Elemente der Agenda gegeben. Danach wirdthematisiert, wie Top-Führungskräfte diese Agenda umsetzen können.

Abb. 7.1 Projektmanagement-Agenda für Top-Führungskräfte Agenda für Führungskräfte

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7.2.1 Die Elemente der Top-Führungskräfte-Agenda

7.2.1.1 StrategieTop-Führungskräfte einer Organisation verantworten die Definition und Realisierung vonstrategischen Zielen. Projekte sind dabei das zentrale organisatorischeKonstrukt, um diesestrategischen Ziele zu realisieren. Umgekehrt machen Projekte keinen Sinn, wenn sie ohneübergeordneteZielsetzung definiertwerden oder sogar strategischenZielen zuwiderlaufen.Daher besteht aus Sicht des Projektmanagements eine zentrale Aufgabe darin, strategischeZiele zu definieren, zu operationalisieren sowie an der Definition und Priorisierung ent-sprechender Projekte zur Zielrealisierung mitzuwirken.

7.2.1.2 OrganisationDie Koordination einer Vielzahl von Projektenmit ihren Interdependenzen ist eine heraus-fordernde Aufgabe, die nur gelingt, wenn Transparenz über die Projektlandschaft besteht.Top-Führungskräftemüssen diese Aufgabe nicht selbst wahrnehmen, sollten aber Aufbau-und Ablaufstrukturen schaffen, die dies sicherstellen. Die Herstellung von Projekttrans-parenz und die Multiprojektkoordination werden deshalb typischerweise von speziellenOrganisationseinheiten, Rollen und Gremien wahrgenommen. Gleichzeitig sind Projekt-managementprozesse zu definieren, die die Koordination sicherstellen.

7.2.1.3 PersonalDie Qualität der Projektabwicklung steht und fällt mit der Kompetenz und den Fähigkei-ten des an der Projektabwicklung beteiligten Personals. Die Verfügbarkeit qualifiziertenProjektpersonals hängt von der Personalbeschaffungs- und Personalentwicklungspolitikab. Hier haben Top-Führungskräfte entsprechende Vorkehrungen zu treffen, dass Projekt-management-Kompetenz in ausreichendem Maße zur Verfügung steht. Dies kann zumBeispiel durch maßgeschneiderte Personalentwicklungsprogramme geschehen.

7.2.1.4 KulturErfolgreiches Projektmanagement impliziert eine Kultur, die durch Leistungsorientierung,Transparenz, Offenheit, Bereitschaft zum Lernen und Teamwork sowie andere Werte ge-kennzeichnet ist. Eine solche Kultur entsteht nicht von allein, sondern erfordert Vorbilder,muss langfristig entwickelt und immer wieder gestärkt werden. Top-Führungskräfte tragenhier eine besondereVerantwortung, da sie sich gut eignen, dieVorteile dieser Kultur zu ver-mitteln und als Vorbild zu agieren. Dies erfordert von Top-Führungskräften die Entwick-lung undAnwendung eines bestimmten Führungsstils und die konsequente Forderung derEinhaltung eines projekt-orientierten Wertesystems.

7.2.1.5 ControllingDas Controlling von Projekten ist nicht allein die Aufgabe des Projektleiters, der zu diesemZweck in regelmäßigen Abständen Statusberichte verfasst. Über das Einzelprojektcontrol-ling hinaus bedarf es einer strategischen Projektsteuerung, die die Messung strategischer

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Zielerreichungmit der Erhebung individueller Projektstände verbindet und diese Informa-tionen in Berichten zusammenfasst. Darüber hinaus sind im Rahmen des Controllings inregelmäßigen Abständen Sitzungenmit denwichtigsten Projektverantwortlichen durchzu-führen, um sich über den gegenwärtigen Projektverlauf austauschen und aktuelle Problemediskutieren zu können. Als weiteres Controlling-Instrument sind Eskalationsprozesse zuinstallieren, die es erlauben, bei akuten Konflikten und Problemen in die Projektabwick-lung einzugreifen. Mit diesen drei Instrumenten (Reporting, Sitzungen, Eskalationsprozes-se) können Top-Führungskräfte große, strategisch wichtige Projekte steuern.

7.2.1.6 EffektivitätDie Praxis des Projektmanagements zeigt, dass eine gemäß der Planung ablaufende Pro-jektabwicklung nicht mit nachhaltigem Projekterfolg gleichzusetzen ist. Eine mechanischeAbarbeitung vonProjektplänen wird kaum zu den Veränderungen führen, die mit internenProjekten bewirkt werden sollen. Auch bei externen Projekten hängt die Kundenzufrieden-heit nicht allein von der Projektplanerfüllung ab. Bei Projekten, die im öffentlichen Raumstattfinden, gilt dies sogar in besondererWeise. Aus diesem Grund ist dem Erfolg von Pro-jekten im Sinne von brauchbaren, akzeptierten und positiv befundenen Resultaten beson-dere Aufmerksamkeit zu schenken. Top-Führungskräfte können hier einen Beitrag leisten,indem sie für erfolgsorientierte Steuerungssysteme und die dementsprechende Führungdes Personals sorgen. Darüber hinaus benötigt eine Organisation Mechanismen, die es ihrerlauben, aus Fehlern zu lernen, um die Wahrscheinlichkeit zukünftiger Erfolge zu erhö-hen.

7.2.2 Die Umsetzung der Top-Führungskräfte-Agenda

Die Umsetzung der oben skizzierten und im Folgenden ausführlich diskutierten Agendafür Top-Führungskräfte erfolgt natürlich in den seltensten Fällen durch die Top-Führungs-kräfte selbst. Schließlich gibt es Projektteams und Organisationseinheiten, die sich mitProjektmanagement beschäftigen. Trotzdem sollte das Management verstehen, dass Erfolgund Effektivität von Projektmanagement wesentlich von der Involvierung von Top-Füh-rungskräften abhängig ist. Im Einzelnen müssen Top-Führungskräfte

• die Umsetzung der Agenda initiieren,• die Umsetzung der Agenda überwachen und• ihre Effektivität sicherstellen.

Diese Aufgaben lassen sich kaum delegieren, weil viele Elemente der Agenda strategischeVorgaben voraussetzen sowie organisatorische und kulturelle Veränderungen nach sichziehen, die ohne das Engagement der Top-Führungskräfte nicht zu bewerkstelligen sind.

Trotzdem werden die meisten mit der Führungskräfte-Agenda verbundenen Aufgabendelegiert. Top-Führungskräfte sollten hierzu ein Projektteam zusammenstellen und es mit

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der Entwicklung des Projektmanagements beauftragen. Im Folgenden wird dieses Projekt-team Project Task Force (PTF) genannt. Zu seinen Aufgaben gehören

• die Entwicklung von Projektprozessen,• die Entwicklung eines Rollenmodells und einer Projektaufbauorganisation,• die Entwicklung eines Projektcontrollings und• die Entwicklung von Personalentwicklungsmaßnahmen.

Die oben aufgeführten Punkte sind gleichzeitig die notwendigen Schritte zur Entwicklungeiner professionellen Projekt-Governance im Unternehmen.

Die PTF wird in vielen Organisationen zu einem späteren Zeitpunkt in ein auf Dau-er angelegtes Project Management Office (PMO) überführt. Über die Beauftragung undSteuerung der PTF hinaus sollten sich Top-Führungskräfte direkt und dezidiert großenund strategischen Projekten widmen.

7.3 Strategie

Aufgrund eines zunehmenddynamischenWettbewerbsumfeldes (sieheKap. 1) sindUnter-nehmen in immer kürzeren Abständen gezwungen, ihre Strategie anzupassenund als FolgeGeschäftsmodelle, Organisationsstrukturen, Prozesse, Produkte oder auch Informations-systeme zu verändern. Diese Anpassungen erfolgen in der Regel mit Hilfe von Projekten,die hierfür ein geeignetes organisatorisches Konzept darstellen. Damit Projekte ihr Po-tenzial für die Strategierealisierung ausspielen können, ist die Projektabwicklung mit derstrategischen Planung und Steuerung zu integrieren. Hierzu sind drei Punkte erforderlich,die auf der Agenda von Top-Führungskräften stehen sollten:

1. Strategiedefinition,2. Projektpriorisierung,3. Ressourcenplanung.

Diese Punkte werden im Folgenden diskutiert.

7.3.1 Strategiedefinition

Die Strategiedefinition ist keine originäre Aufgabe des Projektmanagements. Sie gehörtvielmehr zu den ureigenen Bestandteilen des strategischen Managements und ist damitohnehin eine Führungsaufgabe ersten Ranges. Trotzdem kommt ihr für das strategischorientierte Projektmanagement eine zentrale Rolle zu, weil sie in zweifacher Hinsicht diewichtigste Grundlage für das Projektportfolio-Management bildet:

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1. Die strategischen Ziele erlauben eine Priorisierung bzw. Auswahl von Projekten, so dassderNutzen desGesamtportfolios für die Erreichung strategischer Zielemaximiertwird.

2. Die strategischen Ziele werden zu einem späteren Zeitpunkt verwendet, um das in derAusführung befindliche Projektportfolio zu steuern.

Für das strategische Projektmanagement ist dabei nicht mehr zu tun, als ein normalerStrategieprozess ohnehin umfasst. Ausgehend von der strategischen Planung sind – so-fern noch nicht geschehen – Einzelziele zu identifizieren und zu operationalisieren. ZurOperationalisierung der strategischen Ziele gehören folgende Detailtätigkeiten:

• Die Ziele sind qualitativ zu beschreiben.• Es sindMessgrößen zu bestimmen, anhandderer die Zielerreichung gemessen und fest-

gestellt werden kann.• Im Hinblick auf die Messgrößen, ist der Zielwert quantitativ zu definieren.• Für jedes Ziel ist ein Zeitbezug herzustellen, d. h. es ist festzulegen, bis wann das Ziel

erreicht werden soll. Falls es sich um ein sehr langfristiges Ziel handelt, kann die Ziel-erreichung auch in Stufen definiert werden.

• Es ist festzulegen, wer die Zielerreichung zu verantworten hat.

Oft sind Ziele mehrdimensional, voneinander abhängig oder können nur als Ergebnis ei-ner langen Wirkungskette erreicht werden (indirekte Wirkungen). In diesem Fall kann eshelfen, Wirkungsnetze zu modellieren, Zielhierarchien festzulegen und Zielprioritäten zudefinieren. Die so strukturiert beschriebenen Ziele erlauben die Bewertung laufender undneuer Projekte in Bezug auf ihren strategischen Beitrag, wie es im folgenden Schritt be-schrieben ist.

Fallbeispiel: Strategisches Projektportfoliomanagement in der BaubrancheForscher der EBS Business School haben die strategischen Projektportfolio-Manage-mentpraktiken in drei der führenden Firmen der Baubranche in Deutschland unter-sucht [1]. In der Baubranche ist die Auswahl der richtigen Projekte für die Organisationvon entscheidender Bedeutung. Die Auswahl riskanter Projekte kann im schlimmstenFall zur Insolvenz führen, wie der Fall der Philipp Holzmann AG anschaulich zeigt. Dadas Kerngeschäft der Baufirmen die Durchführung von Bauprojekten ist, konzentriertsich die Unternehmensstrategie im Wesentlichen auf Richtlinien zur Projektauswahlund -steuerung.

Die Krise der deutschen Baubranche, dieMitte der 1990er Jahre ausgelöst wurde, hatzu einer strategischenNeupositionierung der drei untersuchten Baufirmen geführt. Alledrei Firmen haben den deutschen Markt aufgrund der geringen Wachstumsaussich-ten als sekundär eingestuft und ihre Aktivitäten im Ausland ausgeweitet, hauptsächlichin Asien und Afrika. Außerdem haben alle drei Firmen ihr Produktportfolio um ver-schiedene Dienstleistungen (z. B. Beratung, Finanzierung, Betrieb und Instandhaltung)erweitert.

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Diese strategischen Änderungen führten zu einer Modifikation in den Projektaus-wahlkriterien. Es wurden nur noch Projekte ausgewählt, die in einem Schlüsselmarktdurchgeführt werden konnten, mit den Fähigkeiten der Organisation übereinstimmtenund eine angemessene Profitabilität versprachen.

Dieser Änderung in der Projektmanagementstrategie folgte eine organisatorischeUmstrukturierung, für die vor allem die Zentralisierung verschiedener Praktiken cha-rakteristisch war. Diese Zentralisierung hatte unter anderem die Ziele, Transparenz imProjektauswahlprozess und in den Projektentscheidungen zu schaffen sowie das Top-Management mit besseren Informationen zu versorgen. Die Internationalisierung hattezu einer größeren Abhängigkeit von lokalen Subunternehmern geführt, ein Umstand,der als neues bzw. zusätzliches Risiko eingeschätzt wurde. Das war ausschlaggebend fürdie Zentralisierung des Risikomanagements, die Verschärfung der Risikomanagement-richtlinien und die Involvierung des Top-Managements. Zentrale Projektportfolio-Ma-nagementpraktiken wurden eingeführt und verschiedene Projektentscheidungsgremi-enmit Top-Management-Beteiligung (z. B. Projektportfolioausschuss, Projektlenkungs-ausschuss) etabliert.

Die Zentralisierungsstrategie bezog das Vertrags- und Nachforderungsmanagementebenso wie das Ressourcenmanagement mit ein, so dass Ressourcen zielgerichtet nachstrategischer Relevanz der Projekte vergeben werden konnten. Das Ressourcenmana-gement hatte außerdem die Aufgabe, die Kompetenzen der Mitarbeiter an die neuenstrategischen Ziele anzupassen. Die Top-Führungskräfte in allen drei Organisationenbetrachteten die Projektmanagementfähigkeiten als Alleinstellungsmerkmal, so dass inder Folge das Projektwissensmanagement ebenfalls zentral zusammengeführt wurde,um den verbesserten Austausch von Projektmanagementkenntnissen zwischen denMitarbeitern zu erlauben.

7.3.2 Projektpriorisierung

Sobald die strategischen Ziele klar definiert sind, erfolgt die Projektpriorisierung, im Rah-men derer alle Projektanträge und laufenden Projekte hinsichtlich ihrer Zielkonformitätzu prüfen sind. Hierzu ist in Bezug auf alle Einzelziele der Beitrag zur Zielerreichung fürjedes Projekt zu bestimmen. Die entsprechenden Daten können aus einer Wirtschaftlich-keitsanalyse oder einer Expertenbewertung stammen. In der Regel wird die Einschätzungdas Ergebnis einer intensiven Diskussion der an der Projektpriorisierung beteiligten Rollensein. Zu diesen gehören

• von den Projekten betroffene Top-Führungskräfte,• betroffene Bereichsleiter,• ggf. funktionale Fachexperten in der Organisation und

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• der Prozess-Owner für das Projektportfoliomanagement (in der Regel der Leiter PMOoder der Portfoliomanager).

Auf Basis der Einzelbewertungen der Projekte kann eine Priorisierung erfolgen, d. h. einRanking der Projekte, an deren Ende eine Liste steht, in der alle laufenden und potenzi-ell zukünftigen Projekte gemäß ihrer strategischen Relevanz sortiert sind. Dieser Prozesserfordert einige Voraussetzungen:

• Als Grundlage sind alle potenziellen Projekte der Planungsperiode zu sammeln.• Alle entscheidungsrelevanten Projektinformationen sind gleichartig zu dokumentieren.• Vorab sollten Wirtschaftlichkeitsanalysen durchgeführt werden.• Die Beteiligten sollten sich im Voraus über die Projekte informieren und die Priorisie-

rung der Projekte vorbereiten.

Weitergehende Detailinformationen zum Prozess befinden sich in Kap. 5. In der PraxisgroßerUnternehmenwerden Top-Führungskräfte nicht an der Priorisierung aller Projekte,sondern nur an der vonGroßprojekten beteiligt sein. Die Bearbeitung von Projektanträgenmit geringeren Budgets wird in diesen Fällen meist von Bereichen, Hauptabteilungen undAbteilungen übernommen.

Aus der Projektpriorisierung ergibt sich im Zusammenhang mit weiteren Planungs-und Abstimmungsschritten das Projektportfolio. Tabelle 7.1 zeigt unterschiedliche Aus-prägungen der Portfolioplanung in verschiedenen Branchen im Überblick.

7.3.3 Ressourcenplanung

Die Projektpriorisierung bildet die Grundlage für die Zuweisung von Ressourcen zu Pro-jekten. Der Begriff Ressource bezeichnet hier alle für die Projektabwicklung notwendigenaber knappenRessourcen.Darunter fallen Budgets, Personal oderMaschinen undRohstof-fe. Welche Ressourcenarten geplant werden, hängt stark vom Projekttyp bzw. der Brancheab. Grundsätzlich sind im Rahmen der Ressourcenplanung drei Fragen zu beantworten:

• Welche Projekte können überhaupt mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen rea-lisiert werden?

• Welche spezifischen Ressourcen werden den Projekten zugewiesen?• Welche projektkritischen Ressourcen und Kompetenzen müssen auf- oder ausgebaut

werden bzw. welche müssen ggf. am externen Markt zugekauft werden?

Die erste Frage adressiert die abschließende Entscheidung, welche Projekte in der Pla-nungsperiode durchgeführt werden. Typischerweise wird man hier die zuvor priorisiertenProjekte nach und nach so lange einplanen, bis die Kapazitätsgrenzen knapper Ressour-cen erreicht werden. Die zweite Frage bezieht sich auf die Zuweisung der Ressourcen zu

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7 Projektmanagement aus Sicht von Führungskräften 147

Tab. 7.1 Unterschiedliche Ausprägungen der Projektportfolioplanung in verschiedenen Bran-chen/Projekttypen

Interne IT- und Organi-sationsprojekte

Produktentwicklungs-projekte

Bauprojekte

Objekt derProjektportfolio-planung

Änderungen in der IT-Infrastruktur, in denProzessen oder derOrganisation

Neue Produktideen Ausschreibungen fürBauprojekte

Planungsintervall Jährlich Abhängig von derMarktposition und demInnovationsdruck

Fortlaufend

Planungsprozess Die Fachabteilungenformulieren Projektide-en und Anforderungen,die gesammelt und be-wertet werden, um dasProjektortfolio zu bil-den

Die Projektportfo-lioplanung ist dieOperationalisierungder Unternehmens-strategie und wird vonder Strategieabteilungvorangetrieben

Es gibt keinen Pla-nungsprozess in demSinne. Es werdennur Angebote fürAusschreibungen ab-gegeben, die mit derUnternehmensstrategieübereinstimmen.

Verantwortlichkeit PMO, Portfoliomanage-ment

Strategieabteilung Top-Management

bestimmten Projekten. Beispielsweise kann es sein, dass bestimmte technische und/oderpersonelle Ressourcen nur eingeschränkt zur Verfügung stehen und insbesondere in denProjekten eingesetzt werden sollen, in denen sie die größte Wirkung entfalten.

7.3.4 Aktionsplan Strategie

Die oben skizzierten Prozesse sind selbstverständlich nicht direkt von Top-Führungskräf-ten zu etablieren oder durchzuführen. Vielmehr ist dafür Sorge zu tragen, dass dies ge-schieht. Aus diesem Grund empfehlen wir Top-Führungskräften, folgende Aufgaben an-zugehen:

1. Sorgen Sie dafür, dass die strategische Planung ernst genommenwird und verbindliche,operationalisierte und machbare Strategien entwickelt werden.

2. Beauftragen Sie die PTF, einen Projektinitiierungsprozess zu entwickeln, der die Pro-jektpriorisierung und Ressourcenplanung vorbereitet.

3. Beauftragen Sie die PTF mit der Einrichtung eines Project-Office (siehe auch den fol-genden Abschnitt), das den Prozess der Projektinitiierung überwacht sowie die Pro-jektpriorisierung und die Ressourcenplanung steuert und moderiert.

4. Nehmen Sie an der Projektpriorisierung und Ressourcenallokation im Hinblick aufstrategische Projekte und Großprojekte teil.

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7.4 Organisation

Man könnte glauben, dass die Projektabwicklung bei Projektteam und Projektmanager gutaufgehoben ist, was auch sicher zum größten Teil der Fall ist. Es gibt aber gute Gründe,weshalb weitere Organisationseinheiten und Gremien erforderlich sind, die die Projektab-wicklung begleiten:

1. Man darf nicht davon ausgehen, dass Interdependenzen zwischen ProjektenmitMittelnder Selbstorganisation zu lösen sind; hier bedarf es einer zentralen Koordination.

2. Der Erfolg eines Projektteams hängt nur zu einem Teil von diesem selbst ab. Projektewerden nicht losgelöst von der sie umgebenden Institution abgewickelt; das Projekt-team ist von Zulieferungen, Wohlwollen und Koordinationsbereitschaft abhängig.

Aus diesem Grund sind zusätzliche organisatorische Einheiten notwendig. Diese könnenauf Dauer angelegt sein oder für ein spezifisches Projekt gebildet werden. Zu den wich-tigsten zählen das Project Management Office (PMO) sowie Gremien zur (Multi-)Pro-jektsteuerung, wie der Portfolio- und Lenkungsausschuss, welche im Folgenden vorgestelltwerden. Darüber hinaus wird dasThema Projektführung diskutiert.

7.4.1 Das Project Management Office

Das Project Management Office ist diejenige auf Dauer angelegte Organisationseinheit,die die Multiprojektabwicklung in einer Organisation plant und steuert. Zu seinen Aufga-ben gehören beispielsweise das Informationsmanagement, die Etablierung und der Betriebeines projektbezogenen Berichtswesens sowie das Projektportfoliomanagement. Die Auf-gaben eines PMO werden in Kap. 5 ausführlich dargestellt.

Um ein PMO schlagkräftig zu gestalten und sein Potenzial für die Strategierealisierungauszuschöpfen, sind folgende Aspekte zu berücksichtigen:

• Das PMO ist möglichst strategisch in der Gesamtorganisation zu verankern. Idealer-weise hat es eine große Nähe zur Bereichs- oder Geschäftsleitung.

• Das PMO sollte mit umfassenden Kompetenzen und Entscheidungsbefugnissen ausge-stattet sein. So sollte es beispielsweise die Annahme von mangelhaften Projektanträgenoder die Abnahme von schlechten Projektergebnissen verweigern können.

• Das PMO sollte über eine sehr erfahrene Leitung verfügen. Nur wenn das PMO sichdurch umfangreiche Projektmanagementerfahrung legitimiert, wird es bei Projektlei-tern und Top-Führungskräften akzeptiert. Vorteilhaft ist weiterhin eine profunde In-dustrieerfahrung, die es dem PMO ermöglicht, strategische Fragestellungen zu durch-dringen und zu verstehen.

In der Praxis kann darüber hinaus zunehmend beobachtet werden, dass PMOs zentra-len strategischen Abteilungen zugeordnet oder gleichgestellt werden, wie z. B. Business

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Development, strategisches Controlling oder Unternehmensarchitekturmanagement. BeiVertriebsprojekten macht es Sinn, das PMO direkt dem für Vertrieb zuständigen Vorstandbzw. Geschäftsführungsmitglied zuzuordnen. Zur Veranschaulichung wird im Kap. 5 derAufbau eines PMO anhand der Fallbeispiele eines großen internationalen Baukonzernsund eines US-amerikanischen Finanzdienstleisters erläutert.

7.4.2 Projektgremien

nicht aus, um das Projektmanagement fest in der Organisation zu verankern. Zusätzlichsind Gremien zu etablieren, die im Kontext der Gesamtprojektlandschaft, aber auch ein-zelner Projekte, Aufgaben übernehmen. Tabelle 5.2 gibt einen Überblick über die verschie-denen Gremien und deren Funktion.

Von besonderer Bedeutung ist der Lenkungsausschuss, der in abgewandelter Form beifast allen Projekten etabliert ist, eine zentrale Rolle während der Projektausführung spieltund deshalb hier besonders erwähnt werden soll. Der Lenkungsausschuss (LA) nimmt ver-schiedene Funktionen wahr:

1. Abnahme von (Zwischen-)Ergebnissen: Der LA entlastet den Projektmanager wäh-rend der Projektdurchführung durch die Abnahme von (Zwischen-)Ergebnissen.

2. Eskalationsinstanz bei Projektproblemen: Bei außergewöhnlichen Problemen in derProjektabwicklung dient der LA als Eskalationsinstanz.

3. Machtpromotor: Der LA ist das Gremium der Machtpromotoren, die das Projekt inder Mutterorganisation stützen, verteidigen und voranbringen sollen.

4. Netzwerk-Gremium: Durch den LA erhält der Projektmanager Zugang zu den Netz-werken vonTop-Führungskräften. SofernNetzwerkkontakte für die Projektabwicklungerforderlich sind, kann der Projektmanager sich an LA-Mitglieder wenden.

5. Genehmigung von Änderungen:Der LA genehmigt Änderungen am Projektplan, dieerforderlich sind, um auf geänderte Projektrahmenbedingungen reagieren zu können.

6. Überwachungsaufgabe: Der LA überwacht die Tätigkeiten des Projektteams.

Zusätzlich zum LA soll an dieser Stelle noch der Portfolioausschuss (PA) Erwähnung fin-den, der für die regelmäßige Projektpriorisierung und strategische Ressourcenplanung zu-ständig ist (siehe vorheriger Abschnitt).

7.4.3 Die Projektführung

Zu den Aufgaben von Top-Führungskräften gehört es auch, bei Großprojekten bzw. Pro-jekten von hoher strategischer Bedeutung sicherzustellen, dass die Projektführung geeignetist, das Projekt erfolgreich abzuwickeln. Bei dieser Art von Projekten sollten Top-Füh-rungskräfte an der Auswahl der Projektleitung beteiligt sein und für eine optimale Beset-

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zung der Position des Projektleiters sorgen. Von besonderer Bedeutung von Projekten mitdieser Tragweite sind

• eine gute Vernetzung des Projektmanagers,• Branchenkompetenz bzw. allgemein inhaltliche Kompetenz und• Managementerfahrung.

7.4.4 Aktionsplan Organisation

Wie zuvor gilt, dass Top-Führungskräfte sich nicht an den oben skizzierten Organisations-einheiten und Gremien beteiligen müssen. Allerdings sollten sie für die Einrichtung dieserStrukturen sorgen, indem sie der PTF entsprechende Aufträge erteilen:

1. Beauftragen Sie die PTF mit der Einrichtung eines Project Office.2. Beauftragen Sie die PTFmit der Konzeption von Lenkungsausschüssen und eines Port-

folioausschusses.3. Lassen Sie die PTF ein Konzept für weitere erforderliche Gremien erarbeiten.4. Bringen Sie sich aktiv in die Besetzung von Projektleiterpositionen bei wichtigen Pro-

jekten ein.

7.5 Personal

Ohne Zweifel erfordert ein gutes Projektmanagement gute Mitarbeiter. Nicht umsonst gibtes dutzende Studien und Publikationen zur Rolle und zum Kompetenzprofil des erfolg-reichen Projektmanagers. An dieser Stelle soll diese Diskussion jedoch nicht aufgegriffenwerden. Stattdessenmöchtenwir dasAugenmerk des Lesers erneut auf dieTatsache lenken,dass deutlich mehr Personen als nur der Projektleiter für den Projekterfolg verantwortlichsind. Aus diesemGrund genügt es nicht, Fragen des Personals auf die Rolle des Projektma-nagers zu beschränken. DasThema Personal ist vielmehr auf alle an der Projektabwicklungbeteiligten Mitarbeiter auszudehnen, z. B. auch auf:

• Mitglieder von Lenkungsausschüssen,• Mitarbeiter des PMO oder• Teammitglieder in Projekten.

Zwar würden diese Rollen vielleicht nicht von sich behaupten, dass sie Projektmanagementbetreiben, aber sie sind an der Projektabwicklung beteiligt und beeinflussen direkt undindirekt den Projekterfolg. Deshalb sollten auch sie in den Fokus unserer Betrachtungengerückt werden. Im Folgenden wird daher diskutiert, wie Top-Führungskräfte sicherstel-len können, dass die für eine erfolgreiche Projektabwicklung notwendige Kompetenz imUnternehmen vorhanden ist bzw. entwickelt wird.

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7.5.1 Kompetenzen aufbauen

Der naheliegende Schritt zum Aufbau von Projektmanagementkompetenz wird darin be-stehen, das ohnehin aktive Personal entsprechend auszubilden. Top-Führungskräfte solltendarauf achten, dass die Personalentwicklungsprogramme ihres Unternehmens Bausteinezum Erwerb und Ausbau von allgemeiner und unternehmensspezifischer PM-Kompetenzenthalten. Diese Ausbildungsbausteine sollten rollenspezifisch und den individuellen Kar-rierestufen entsprechend gestaltet sein. Die notwendigen Trainings können extern erfolgenund ggf. mit einer Zertifizierung abschließen. Sie können aber auch intern stattfinden –insbesondere dann, wenn es um die unternehmensspezifischen PM-Prozesse geht. Wei-tergehende Informationen sind in den Kap. 3 und 6 zu finden; dort werden individuelleLernansätze diskutiert und es wird aufgezeigt, wie die Kompetenzentwicklung gestaltetwerden kann.

7.5.2 Kompetenzen erwerben

In bestimmten Fällen kann es sinnvoll sein, Projektmanagementkompetenz auf dem Ar-beitsmarkt einzukaufen. Diese Option bietet sich insbesondere dann an, wenn die internenProjektmanagementressourcen erschöpft sind oder die Wissens- und Kompetenzdefizitezu groß sind. PM-Kompetenz kann auch in Form von externen Dienstleistungen, wie z. B.Beratern, in die Organisation gebracht werden. In solchen Fällen ist darauf zu achten, dassein nachhaltiger Know-how-Transfer eingeleitet wird

7.5.3 Kompetenzentwicklungmessen und steuern

Grundsätzlich kann zwischen individueller und organisationaler Projektmanagementkom-petenz unterschieden werden. Für beide Formen von Kompetenz gibt es Messmodelle undZertifizierungsmöglichkeiten (mehr Details hierzu finden Sie in Kap. 1 und 6). Der Nut-zen von Zertifizierungen ist in der Regel beschränkt und sollte insbesondere in Erwägunggezogen werden, wenn das Zertifikat öffentlichkeitswirksam verwendet werden kann odersoll (Marketing, PR). Eine grundsätzlicheMessung der PM-Kompetenz einer Organisationkann aber insbesondere dann hilfreich sein, wenn Top-Führungskräfte sich unsicher dar-über sind, wo die Organisation derzeit steht. Ebenso kann es sein, dass sich auf einer nichtformalisierten Ebene (d. h. ohne definierte und verbindliche Prozesse) durchaus eine PM-Kompetenz herausgebildet hat. Wenn die Projektabwicklung in solchen Fällen allgemeinals erfolgreich bewertet wird, ist kein besonderer Handlungsbedarf gegeben, da formaleProzesse keinen Selbstzweck darstellen. Weitergehende Informationen zur Kompetenzent-wicklung sind in Kap. 6 zu finden.

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7.5.4 Kompetenzentwicklung attraktivmachen

In vielen Organisationen ist ein Engagement in der Projektabwicklung insofern unattrak-tiv, weil erfolgreiche Karrieren üblicherweise nur „in der Linie“ verlaufen. Projektmana-ger werden vielfach nach einigen Jahren desillusioniert, weil sie merken, dass ihr Engage-ment in der Organisation nicht in hinreichender Form gewürdigt wird. Aus diesem Grundsollten Top-Führungskräfte die Frage stellen, ob es sinnvoll ist, einen spezifischen PM-Karrierepfad zu etablieren. Dieser kann aus folgenden Komponenten bestehen (siehe Ab-schn. 6.2.3):

• spezifische Trainingsprogramme je Karrierestufe,• Zertifizierungen,• gestaffelte Gehaltsstufen (parallel zu Karrieren „in der Linie“) und• mehr Verantwortungen in Projekten bzw. im Hinblick auf Projektprogramme und

-portfolios.

Beispielhaft soll hier auf fünf denkbare Karrierestufen verwiesen werden:

Stufe 1 – Projektassistenz: Einstiegsposition für Projektfachkräfte; assistiert erfahrenenProjektmanagern.

Stufe 2 – Junior-PM: Übernimmt erstmalig eigenverantwortlich die Leitung von Projektenmit überschaubaremBudget undRisiko oder Teilprojekten in größeren Projektenund Programmen.

Stufe 3 – Projektmanager: Übernimmt mittlere bis große Projekte.Stufe 4 – Senior Projektmanager: Verantwortlich für Großprojekte.Stufe 5 – Projektdirektor: Steuert strategische Projektprogramme und Portfolios.

In Kap. 6 finden Sie weitergehende Informationen zu Karrieren im Projektmanagement.

7.5.5 Aktionsplan Personal

Top-Führungskräfte sollten zusammenfassend in Hinsicht auf das projektbezogene Perso-nal die folgenden Maßnahmen ergreifen:

1. Thematisieren Sie mit der PTF bzw. dem PMO die Herausforderung qualifiziertenProjektpersonals. Leiten Sie ggf. entsprechende Qualifizierungs- oder Personalbe-schaffungsmaßnahmen ein.

2. Beauftragen Sie die PTF und die Personalabteilung mit der Entwicklung und Einfüh-rung von projektbezogenen Personalentwicklungsprogrammen für alle projektbezoge-nen Rollen.

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3. Führen Sie in regelmäßigenAbständen von zwei bis drei JahrenMessungen der Projekt-managementkompetenz Ihrer Organisation durch (Reifegradmessungen) und stoßenSie Maßnahmen an, wenn diese nicht zufriedenstellend ist.

4. Wenn das Projektmanagement in Ihrer Organisation etabliert ist, lassen Sie durch diePTF und die Personalabteilung einen Projektmanagement-Karrierepfad entwickelnund implementieren.

7.6 Kultur, Führung undWerte

Viele Projektmisserfolge haben kulturelle Gründe oder sind ein Ergebnis mangelhafterFührung und nicht allein auf ungenügende Aufbau- und Ablaufstrukturen oder Metho-denanwendung zurückzuführen.

So kann beispielsweise der Umgang mit Fehlern wesentlichen Einfluss auf den Wahr-heitsgehalt von Berichten haben, wenn Mitarbeiter aus Angst vor den Konsequenzen ihreAuslastung oder ihre Fortschritte nicht korrekt darstellen oder unangenehme Tatsachenverschweigen. In der Folge bleiben Probleme unentdeckt und können so nicht gelöst wer-den. Auf ähnliche Weise können der Führungsstil und das Verhalten der FührungskräfteEinfluss auf den Projekterfolg haben. So haben etwa Freiheiten, die denMitarbeitern für dieGestaltung von Lösungen eingeräumt werden, Verlässlichkeit und Nachvollziehbarkeit derManagemententscheidungen und das Verhalten der Führungskräfte nachhaltigen Einflussauf die Mitarbeitermotivation, die projektinterne Innovationskraft und die gemeinsameVertrauensbasis.

Die Unternehmenskultur besteht damit, vereinfacht gesprochen, aus einer Menge anLernerfahrungen und Grundwerten, die sich in der Geschichte des Unternehmens heraus-gebildet haben und durch bestimmte Ereignisse, wie etwa wiederholten Unternehmenser-folg, gefestigt wurden. Im Folgenden sollen wichtige Bestandteile projektorientierter Un-ternehmens- und Führungskultur vorgestellt und diskutiert werden. Hierbei steht ein pro-jektgerechtes Wertesystem im Vordergrund.

7.6.1 Zur Rolle vonWerten

Ein wesentliches Element von Kultur sindWerte. Werte bilden einen normativen Rahmenfür das Zusammenleben und -arbeiten von Individuen. Sie definieren, was erwünscht odererlaubt bzw. was nicht erwünscht oder nicht erlaubt ist. Die Nichtbefolgung der Werteeiner Organisation führt typischerweise zu Sanktionen, wobei diese nicht durch einen Vor-gesetzten erfolgen müssen. Eine gut funktionierende Organisation reguliert sich hier ggf.auch ohne hierarchische Intervention, d. h. die Kollegen eines gegen Werte verstoßenden

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Tab. 7.2 Projektmanagementwerte

Wert Beschreibung Bedeutung für das ProjektmanagementOffenheit/Transparenz

In der Organisation ist man aufge-fordert zu sagen, was man denkt undwas die Wahrheit ist. Diese Form vonOffenheit wird nicht sanktioniert.Unterschiedliche Perspektiven undMeinungen sind gewünscht.

Erlaubt die frühzeitige Identifikationvon Risiken und die angemessene Be-wertung von Handlungsoptionen imProjektverlauf.

Handlungs-orientierung

Mitarbeiter agieren proaktiv undverhalten sich bei Problemen und Her-ausforderungen nicht starr. Am Endevon Diskussionen stehen konkrete Ent-scheidungen, aus denen Maßnahmenabgeleitet werden, die unmittelbar einerUmsetzung zugeführt werden.

Unabdingbar, um effektiv auf Heraus-forderungen in der Projektabwicklungreagieren zu können.

Verweige-rungsrecht

Mitarbeiter haben das Recht und diePflicht, sich sinnlosen oder nicht rea-lisierbaren Aufträgen zu verweigernund eine entsprechende Eskalation zurnächsthöheren Managementinstanz zufordern.

Vermeidet, dass sich Projektleiter zuunrealistisch geplanten Projekten (imSinne von Aufwänden und Risiken)verpflichten.

Ergebnis-orientierung

Die Bewertung von Handlungsalter-nativen sowie die Abwicklung vonAufgaben erfolgt pragmatisch undnicht dogmatisch.

Stellt sicher, dass Projekte einen nach-haltigen Nutzen stiften.

Zulassen vonFehlern

Es ist erlaubt Fehler zu machen, wennaus diesen gelernt wird und sie nichtwiederholt werden.

In nahezu jeder Projektabwicklungwerden Fehler begangen, mit denenproduktiv umzugehen ist. Erlaubt dasLernen aus Fehlern.

Wissens-austausch

In der Organisation besteht eine Be-reitschaft, Wissen und Erfahrungen mitanderen zu teilen.

Das Projektteam ist auf den Austauschmit anderen (außerhalb) des Projektesangewiesen. Vermeidet Mehrfacharbeit.

Kunden-orientierung

Externe wie interne Kunden sind wich-tig. Ihre Zufriedenstellung hat höchstePriorität.

Projekte werden stets für interne oderexterne Kunden abgewickelt.

Respekt Der Umgang miteinander ist von ge-genseitigem Respekt geprägt. Es wirdnicht versucht, Kollegen zu kränken, zuverletzen oder bloßzustellen.

Projekte bewegen sich meist in einemkomplexen sozialen Umfeld, wobeidas Projektteam auf die Kooperations-bereitschaft des Umfelds angewiesenist. Respekt fördert Kooperation.

Mitarbeiters greifen ein und sanktionieren z. B. in direkter Kommunikation oder durchAusgrenzung. Es gibt eine Reihe von Werten, die für eine erfolgreiche Projektabwicklungförderlich sind (Tab. 7.2).

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7.6.2 Führungsstile und Projekterfolg

Das Projektmanagement bedarf – sofern sich Top-Führungskräfte an den obigen Wertenorientieren – keines besonderen Führungsstils.Wichtig ist allein, dass es klare Leitlinien fürdas Handeln in der Organisation und in Projekten gibt, die von Top-Führungskräften de-finiert, vorgelebt und eingefordert werden. Hierzu gehören folgende Handlungsmaximen:

Vorbild sein: Werte werden nur dann Teil einer Organisation, wenn sie von allen Mitglie-dern verinnerlicht werden. Das gilt natürlich insbesondere auch für Top-Führungskräf-te, die als Vorbilder fungieren und demonstrieren, wie die Werte in der Praxis umzu-setzen sind.

Werte kommunizieren: Werte sollten Mitarbeitern transparent gemacht werden. Hierzuist eine gezielte Kommunikationspolitik erforderlich. Zum Beispiel sollten Werte vonTop-Führungskräften regelmäßig angesprochen werden. Darüber hinaus ist ihre Er-wähnung und Anwendung in konkreten Führungssituationen wichtig. Auf dieseWeisewird den Mitarbeitern transparent, nach welchen handlungsleitenden Prinzipien ge-führt wird.

Werten treu sein: Werte sollten konstant sein und selten verändert werden. Sie bilden einFundament für das Handeln jedes Einzelnen und vermitteln Sicherheit.

Belohnen und sanktionieren: Top-Führungskräfte sollten werteorientiertes und werte-konformes Handeln belohnen. Deutliche oder wiederholte Verstöße gegen die Werteeiner Organisation sollten darüber hinaus sanktioniert werden.

Diese Grundsätze sind jedoch keinesfalls projektmanagementspezifisch und praktischauch auf andere Bereiche eines Unternehmens anwendbar.

7.6.3 Aktionsplan Kultur

Zusammenfassend solltenTop-Führungskräfte die folgendenHandlungsfelder imBlick be-halten:

1. Definieren Sie – zunächst für sich – einen allgemeinen Wertekanon, sofern Ihre Or-ganisation nicht über einen solchen verfügt. Dieser sollte sich idealerweise an obigenWerten orientieren.

2. Machen Sie diesen Wertekanon zum Maßstab Ihres eigenen Handelns; seien Sie einVorbild, kommunizieren Sie Ihre Werte.

3. Lassen Sie die PTF bzw. das PMO einen projektbezogenen Wertekanon auf Basis desallgemeinen Wertekanons entwickeln.

4. Lassen Sie die PTF bzw. das PMOdiesen in Zusammenarbeit mit der Personalabteilungin die Personalentwicklungsprogramme integrieren.

5. Fördern und belohnen Sie die Einhaltung der Werte, sanktionieren Sie Verletzungendes Wertekanons.

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7.7 Controlling

Wie bereits ausgeführt, sind Top-Führungskräfte nur selten direkt in die Projektabwick-lung involviert. Diese wird an qualifizierte Projektmanager delegiert. Umso wichtiger istes, dass Top-Führungskräfte sich regelmäßig über den Status wichtiger Projekte und desProjektmanagements in ihrer Organisation informieren. Hierbei geht es insbesondere dar-um, übergeordnete Ziele zu definieren, bei Bedarf korrigierend eingreifen zu können sowiefür Eskalationen und Entscheidungsbedarfe zur Verfügung zu stehen. Im Folgenden wer-den die zur Verfügung stehenden Führungsinstrumente kurz diskutiert.

7.7.1 Reporting als Steuerungsinstrument

Das Berichtswesen ist das vielleicht bekannteste und am weitesten verbreitete Instrumentzur Führung in Projekten. Top-Führungskräfte sollten zwei Arten von Berichten einfor-dern:

1. Berichte über den Stand einzelner Projekte: Betroffen sind für Top-Führungskräf-te hierbei vor allem Großprojekte bzw. Projekte mit strategischer Relevanz. Es wer-den Statusinformationen zu Zeit, Kosten, Qualität, Zielerreichung, Fortschritt, nächs-ten Schritten und Entscheidungsbedarfen geliefert. Das Berichtsintervall beträgt ein bisdrei Monate.

2. Berichte über den Stand des Projektmanagements:Hier geht es imWesentlichen umden Stand der Einführung von Projektprozessen und Aufbaustrukturen, aber auch umden Stand der Kompetenzentwicklung. Die PTF oder das PMO berichten im Intervallvon ein bis sechs Monaten.

Unabhängig vom Typ sollten alle Berichte die gleichen Eigenschaften aufweisen:

• Hochgradig standardisiert,• Sehr knapp, möglichst wenig Details,• Kontextinformationen nur wenn erforderlich,• Hohes Maß an Problem- und Handlungsorientierung.

Wie bei allen Berichtsprozessen gilt darüber hinaus, dass die Berichtslieferung strikt ein-gefordert werden sollte und höchste Priorität hat. Berichtsinhalte sind zumindest stichpro-benartig auf Korrektheit zu prüfen. Auf Berichte ist prompt und wenn möglich stets zureagieren, ggf. genügt eine knappe Positiv-Rückmeldung.

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7 Projektmanagement aus Sicht von Führungskräften 157

7.7.2 Meetings als Steuerungsinstrument

Meetings als Steuerungsinstrument sind in der Regel eng mit der Berichtserstellung ver-knüpft.Vielfachwerden Projektstatusberichte vonProjektleitern vor Lenkungsausschüssenoder Top-Führungskräften im Rahmen eines Meetings präsentiert. Top-Führungskräftesollten in Bezug auf wichtige Projekte Präsenz zeigen und an diesen Meetings teilneh-men. Dabei ist wichtig, dass sie die von der PTF bzw. dem PMO definierten Prozesse undVerfahrensweisen sowie die zuvor diskutierten projektbezogenen Werte respektieren undeinhalten. Ansonsten gelten die üblichen Gepflogenheiten guter Besprechungen, z. B. dieErstellung knapper Protokolle und das stringente Nachhalten vonVereinbarungen undAr-beitsaufträgen.

7.7.3 Eskalationen als Steuerungsinstrument

Neben den normalen Berichts- und Meetingzyklen kann es fortlaufend zu Problemen inder Projektabwicklung kommen, die die Aufmerksamkeit von Top-Führungskräften er-fordern. Hierzu sind entsprechende Eskalationsprozesse zu definieren. Häufig auftretendeProbleme sind beispielsweise:

• signifikante Budgeterhöhungen,• Probleme, die die Außendarstellung des Unternehmens beeinflussen,• die Genehmigung des Projektabbruchs oder• die Nichterreichung von strategischen Zielen.

Top-Führungskräfte werden jedoch nur dann eingebunden, wenn andere Gremien dieLösung eines Problems nicht herbeiführen konnten. Daher kann es insbesondere in sehrgroßenOrganisationen notwendig sein, Lenkungsausschüsse hierarchisch zu staffeln (sieheBeispiel in Tab. 7.3). Bei strategischen Projekten oder Großprojekten können Top-Füh-rungskräfte auch direkt eingebunden werden.

7.7.4 Aktionsplan Controlling

Im Hinblick auf das Controlling von Projekten sollten Top-Führungskräfte den folgendenAktionsplan in Erwägung ziehen:

1. Lassen Sie die PTF oder das PMO Berichtsprozesse und -vorlagen entwickeln.2. Beauftragen Sie die PTF mit der Entwicklung von Eskalationsprozessen.3. Nehmen Sie selbst an zentralen projektbezogenen Gremiensitzungen auf strategischer

Ebene teil.4. Respektieren Sie die vereinbarten Projektprozesse und Verfahrensregeln.

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Tab. 7.3 Hierarchische Lenkungsausschüsse

Gremium BeschreibungLenkungs-ausschuss

Der Lenkungsausschuss steuert kleine und mittelgroße Projekte auf Abteilungs-ebene und tagt üblicherweise alle vier Wochen. Dieses Gremium berichtet an denzuständigen Abteilungsleiter.

Lenkungs-kreis

Der Lenkungskreis agiert auf Bereichsebene, fokussiert größere Projekte und tagtüblicherweise alle acht Wochen. Dieses Gremium berichtet an den zuständigenBereichsleiter.

Portfolio-ausschuss

Der Portfolioausschuss steuert auf Unternehmensebene große und strategischeProjekte sowie Projektprogramme und tagt üblicherweise einmal im Quartal.Dieses Gremium berichtet an den Vorstand.

7.8 Effektivität –Wie Projektnutzen realisiert wird

Die termin-, qualitäts- und kostengerechte Lieferung eines Projektergebnisses ist nicht al-lein ein Garant für den Erfolg eines Projektes. Vielfach wird ein Projektergebnis weiterver-wendet, z. B. in Hinsicht auf neue Produkte und Dienstleistungen, neue Geschäftsmodelleund Geschäftsprozesse oder ein Kunde möchte das Projektergebnis zu seinem Vorteil nut-zen. Bei all diesen Nutzungen des Projektergebnisses kann noch vieles schief laufen, d. h.der ursprünglich intendierte Projektnutzen wird trotz eines im Hinblick auf Zeit, KostenundQualität erfolgreichen Projektes nicht erzielt. Ein typisches Beispiel dafür sind IT-Pro-jekte: Oft wird von einem neuen IT-System eine signifikante Effektivitätssteigerung (z. B.Kostenminimierung, Zeiteinsparungen) erwartet. Das entwickelte System kann termin-und kostentreu entwickelt werden und alle spezifizierten Anforderungen an das Projekterfüllen. Erst nach der Inbetriebnahme kann man feststellen, dass die Effektivitätssteige-rung nicht so hoch ist, wie man es sich erhofft hat.

Aus diesem Grund ist es notwendig, ein besonderes Augenmerk auf die Effektivität vonProjekten zu legen,wobei damit gemeint ist, dass Projekte nicht nur ein definiertes Ergebniserzielen, sondern auch einen Nutzen mit diesem Ergebnis generieren. Dabei kann dieserNutzen ganz unterschiedlich sein, z. B. eine Kostensenkung, eine erhöhte Kundenbindungoder auch ein weniger fehlerträchtiger Geschäftsprozess.

7.8.1 Erfolg definieren undmessen

Der Erfolg eines Projektes istmeistensmehrdimensional, d. h. ein Projekt verfolgt nicht nureine klar definierte Zielsetzung, sondern mehrere. Eine beispielhafte Auswahl von Zieldi-mensionen im Projektmanagement kann der Tab. 7.4 entnommen werden.

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Tab. 7.4 Zieldimensionen im Projektmanagement

Zieldimension ErklärungProduktivität Kostenreduzierung, Umsatzsteigerung, Liquiditätserhöhung, Ren-

tabilitätssteigerungCompliance Erfüllung von rechtlichen VorgabenStrategieimplementierung Umsetzung der strategischen Ziele einer Organisation

Getreu demAusspruch „only what gets measured gets done“ ist für Projektziele Folgen-des zu fordern:

1. Sie sind zu operationalisieren (siehe auch Abschn. 7.3).2. Ihre Erreichung ist regelmäßig zu erheben.3. Das Projekt ist anhand seiner Ziele zu steuern.

Das Problem hierbei ist, dass sich viele Projektziele nur schwer anhand von Kennzah-len quantifizieren oder sogar monetär bewerten lassen, wie es eigentlich wünschenswertwäre. Ein typisches Beispiel dafür sind IT-Projekte [2]. Derartige Projekte werden in derRegel mit dem Ziel angestoßen, die Produktivität der Organisation zu erhöhen. Da die Er-gebnisse dieser Projekte die Produktivität nur indirekt über eine komplexe Kausalitätskettebeeinflussen, ist es schwer zu ermitteln, wie viel ein IT-Projekt zum Produktivitätszuwachsbeigetragen hat.

Wenn dies der Fall ist, kann es sinnvoll sein, komplexeWirkungsbeziehungen überWir-kungsnetze abzubilden. Das Beispiel in Abb. 7.2 verdeutlicht den Ansatz.

Wir empfehlen solche Wirkungsnetze zu analysieren und diejenigen Pfade zu iden-tifizieren, die den größten Erfolgsbeitrag haben. Für die Kettenglieder sind Metriken zudefinieren, die der Steuerung dienen können.

7.8.2 Anreize setzen

Es ist naheliegend, die Nutzenrealisierung aus Projekten dadurch zu steigern, dass für dieentsprechenden Mitarbeiter Anreize gesetzt werden. Zu den gängigen Mitteln gehört z. B.die Kopplung an Boni (weitergehende Informationen finden Sie in Kap. 3). Hierbei ist je-doch zu beachten, dass der Projekterfolg nicht allein dem Projektleiter obliegt. Dieser istvielmehr abhängig von Projekt-Stakeholdern, die u. a. Informationen liefern oder das Pro-jekt durch die Bereitstellung von Ressourcen unterstützen. Daher sind Anreize stets für alleBeteiligten in Betracht zu ziehen.

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Enablers Enabling Changes

Business Changes

Business Benefits

Investment Objectives

Voraussetzungen schaffen und so Veränderungen

ermöglichen

Zielsetzungen festlegen und Nutzen definieren

Nutzenbringende Veränderung

realisieren

Abb. 7.2 Beispielhafte Struktur eines Benefits Dependency Network (BDN) [3]

7.8.3 Aus Erfolgen undMisserfolgen lernen

Eine effektive Projektabwicklung erfordert viel Erfahrung. Zum einen ist die Entwicklunggeeigneter Kennzahlen zur Projektsteuerung ein anspruchsvolles Unterfangen, zum ande-ren ist die Realisierung von indirekten Projektnutzeffekten schwierig. Nur sehr wenigenOrganisationen gelingt es, in beiden Bereichen gleichermaßen erfolgreich zu sein. Top-Führungskräfte sollten darauf vorbereitet sein, dass die Nutzenrealisierung aus Projektennicht immer sofort und bei allen Projekten funktioniert. Umso wichtiger ist es, dass ausFehlern gelernt wird und die Organisation stufenweise die Fähigkeit entwickelt, Projektenachhaltig effektiv abzuwickeln. Dies bedingt, dass Projektmisserfolge nicht sofort abge-straft, sondern als Lernerfahrung verstanden werden. Am Ende jeder Projektabwicklungsteht daher ein systematischer Review, in dem es auch darum geht zu prüfen, wie die Er-folgsrealisierung und -messung von Projekten verbessert werden kann.

7.8.4 Aktionsplan Effektivität

Zusammenfassend besteht der Aktionsplan „Effektivität“ aus den folgenden Maßnahmen:

1. Beauftragen Sie die PTF bzw. das PMO damit, Kennzahlensysteme und Prozesse zurVerbesserung der Projekteffektivität zu implementieren.

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Literatur 161

2. Beauftragen Sie die PTF bzw. das PMO damit, einen systematischen Wissensmanage-ment-Prozess zu implementieren, der das Lernen aus Projekten fördert.

3. Schaffen Sie klare Anreize für die Effektivitätssteigerung Ihrer Projekte. Beziehen Siealle für den Projekterfolg relevanten Stakeholder mit ein.

7.9 Zusammenfassung und Ausblick

Mit diesem Kapitel haben wir einen umfassenden projektbezogenen Aktionsplan für Top-Führungskräfte vorgestellt. Ein Blick zurück auf die sechs Handlungsfelder Strategie, Or-ganisation, Personal, Kultur, Führung undWerte, Controlling sowie Effektivität zeigt, dassTop-Führungskräfte vornehmlich eine indirekte Rolle für das Projektmanagement spielen.Sie besteht imWesentlichen darin:

• eine PTF mit der Entwicklung des Projektmanagements in der Organisation zu beauf-tragen und diese zu steuern,

• projektbezogene Werte zu definieren, vorzuleben und einzufordern sowie• für wichtige und große Projekte als Sponsor, Machtpromotor und Eskalationsinstanz

zur Verfügung zu stehen.

Literatur

1. Kaiser,M., El Arbi, F., & Ahlemann, F. (2011). Strategic project portfolio management: Understan-ding the link between information and structure. SSRN eLibrary.

2. Carr, N. G. (2003). IT doesn’t matter. Harvard Business Review 81(5), 41–49.

3. Ward, J., Taylor, P., & Bond, P. (1996). Evaluation and realisation of IS/IT benefits: An empiricalstudy of current practice. European Journal of Information Systems 4(4), 214–225.