Stresemann Brief - 1. Quartal 2012

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Gustav Stresemann Stiftung e.V. c/o PWB Rechtsanwälte | Kanzlei im Roten Turm | Löbdergraben 11a | 07743 Jena Spendenkonto: 44 36 53 08 | BLZ: 830 944 54 | Volksbank Saaletal S TRESEMANN B RIEF E RSTES Q UARTAL 2012 „Wenn alte Wahrheiten ihren Einfluß auf das Denken der Menschen halten sollen, müssen sie von Zeit zu Zeit in der Sprache und den Be- griffen der nachfolgenden Generationen neu formuliert werden. Ständi- ger Gebrauch beraubt selbst die Ausdrücke, die sich einst als die wir- kungsvollsten erwiesen haben, immer mehr ihrer Bedeutung, bis sie schließlich kaum mehr Überzeugungskraft haben.“ (F.A. von Hayek) Editorial....................................................................................... 2 Eine Lobby für die Freiheit ......................................................... 3 Ausgangslage: Warum eine neue Stiftung?................................. 3 Aufbau & Struktur der Stresemann Stiftung............................... 7 Aktivitäten ................................................................................... 8 Kontakt & Mitarbeit .................................................................... 8 Lektüreempfehlungen ................................................................. 8

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Mit dem Stresemann Brief informiert die Stresemann Stiftung über interne Entwicklungen und allgemeine politische Fragen.

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Gustav Stresemann Stiftung e.V.

c/o PWB Rechtsanwälte | Kanzlei im Roten Turm | Löbdergraben 11a | 07743 Jena

Spendenkonto: 44 36 53 08 | BLZ: 830 944 54 | Volksbank Saaletal

S T R E S E M A N N B R I E F – E R S T E S Q U A R T A L 2012

„Wenn alte Wahrheiten ihren Einfluß auf das Denken der Menschen

halten sollen, müssen sie von Zeit zu Zeit in der Sprache und den Be-

griffen der nachfolgenden Generationen neu formuliert werden. Ständi-

ger Gebrauch beraubt selbst die Ausdrücke, die sich einst als die wir-

kungsvollsten erwiesen haben, immer mehr ihrer Bedeutung, bis sie

schließlich kaum mehr Überzeugungskraft haben.“

(F.A. von Hayek)

Editorial ....................................................................................... 2

Eine Lobby für die Freiheit ......................................................... 3

Ausgangslage: Warum eine neue Stiftung? ................................. 3

Aufbau & Struktur der Stresemann Stiftung ............................... 7

Aktivitäten ................................................................................... 8

Kontakt & Mitarbeit .................................................................... 8

Lektüreempfehlungen ................................................................. 8

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E D I T O R I A L

Verehrte Stresemann Freunde, liebe Förderer und Interessenten,

Friedrich August von Hayek schrieb die auf dem Titelblatt erwähnten Worte bereits 1960 in

seinem Werk Die Verfassung der Freiheit. Und tatsächlich sehen wir, dass Werte wie Frei-

heit und Worte wie Liberalismus nicht nur einem beständigen Bedeutungswandel unterlie-

gen, sie haben im letzten Jahrzehnt offensichtlich auch an Strahlkraft verloren. Im Jahr 2011

haben wir deswegen die Gustav Stresemann Stiftung e.V. gegründet, um zur Vermittlung

bürgerlich-liberaler Werte und zum Schutz unserer freiheitlichen Grundordnung beizutra-

gen.

Totalitäre Ideologien, wie die des politischen Islams bedrohen unsere europäischen Gesell-

schaften. Zugleich wird von herrschenden Politikern die Europäische Union zum Selbstzweck

erhoben, wobei die nationalstaatliche Souveränität der Mitgliedsländer schrittweise erodiert.

Diesem staatsgläubigen und zugleich multikulturalistischen Zeitgeist stellt sich die Strese-

mann Stiftung entgegen. Sie vertritt einen Liberalismus, der sich der Geschichte bewusst ist,

die die Freiheit überhaupt erst ermöglichte, und zugleich die Bedingungen in der globalisier-

ten Politik wahrnimmt.

In diesem ersten Stresemann Brief möchten wir Ihnen nun die Planungen und erste Struktu-

ren der Stiftung vorstellen, wie wir sie in den letzten Monaten erarbeitet haben. All diese Ar-

beit wurde uns durch eine großzügige Spende des Middle East Forum (MEF) in den USA,

namentlich seines Vorsitzenden Daniel Pipes ermöglicht. Wir sind ihnen deswegen zu größ-

tem Dank verpflichtet.

Es grüßt Sie herzlich aus der Hauptstadt,

Felix Strüning | Geschäftsführer

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E I N E L O B B Y F Ü R D I E F R E I H E I T

Freedom is not for free – Die Freiheit gibt

es nicht umsonst, heißt ein altes Sprich-

wort. Freiheit, die Sagenumwobene, Mys-

tische, Nicht-Definierbare. Sie durchdringt

die gesamte Menschheitsgeschichte von

den großen griechischen Philosophen bis

hin zu John Stuart Mill oder Immanuel

Kant. Menschen lebten und starben für sie

und doch kann keiner wirklich sagen, was

sie ist. Hundertfach missbraucht, tausend-

fach gedeutet und immer gefährdet, unter-

zugehen.

Freiheit bedeutet Verantwortung und Un-

gewissheit. Freiheit steht neben der Men-

schenwürde an höchster Stelle im Deut-

schen Grundgesetz. Und Freiheit kommt

niemals von allein. Im Gegenteil: Nur in

wenigen Ländern erfreuen sich die Men-

schen tatsächlich der persönlichen Frei-

heit, der Meinungs-, Versammlungs-,

Presse- und Vereinigungsfreiheit. Und

selbst hier, mitten in Europa hat die Frei-

heit große Feinde.

Doch ebenso gab es schon immer die glü-

hendsten Verteidiger der Freiheit. Einer

von ihnen war Gustav Stresemann, ein

heute eher unbekannter liberaler Politiker

der Weimarer Republik. Für seine Ver-

dienste zum europäischen Frieden nach

dem 1. Weltkrieg erhielt Stresemann 1926

als Reichsaußenminister den Friedensno-

belpreis.

Wir haben uns Gustav Stresemann als

Namensgeber für die Stiftung gewählt,

weil er es stets verstand, das damalige

Deutsche Reich von den extremen Kräften

des linken und rechten Randes zu beschüt-

zen. Sein Wirken als Liberaler, der niemals

das Bürgerliche, also den Bezug zur Ge-

schichte der Freiheit verlor, kann im über-

tragenen Sinne auch heute Vorbild sein.

Wir sind überzeugt davon, dass die Frei-

heit eine große Zukunft hat. Aber wir wis-

sen auch, dass mit dem Geschenk, dass

uns die bisherigen Generationen an Frei-

heitsliebenden hinterlassen haben, eine

große Verantwortung einhergeht: Unser

Land, den Westen, ja vielleicht sogar die

ganze Welt mindestens genauso frei an

unsere Kinder zu übergeben, wie wir sie

erhalten haben. Vielleicht sogar ein biss-

chen freier.

In diesem Sinne soll die Stresemann Stif-

tung eine Lobby für die Freiheit sein, eine

Interessensvertretung bürgerlich-liberaler

Ideale in Gesellschaft und Politik.

A U S G A N G S L A G E : W A R U M E I N E N E U E S T I F T U N G ?

Die bürgerlich-liberale Politik-Szene in

Deutschland ist fragmentiert, zerstritten,

ja sie liegt am Boden. Parteipolitisch, im

Hinblick auf bestehende Organisationen

und im Spiegel der Medien. Begleitet wird

dies von einer mehr oder weniger offen-

sichtlichen Erodierung freiheitlicher Werte

in Politik und öffentlicher Meinung. Herr-

schen also illiberale Zeiten? Oder ist gera-

de jetzt ein starker Akteur im Dienste der

Freiheit vonnöten?

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W A S B E D E U T E T F R E I H E I T H E U T E ?

Liberale Werte scheinen in der Bevölke-

rung nicht ganz unproblematischen Pro-

zessen ausgesetzt zu sein. So war in den

Jahren nach dem Fall der Mauer bzw. dem

Zusammenbruch des Kommunismus in

Umfragen eine erstaunlich hohe Wert-

schätzung der Freiheit sichtbar. Ein jeder

genoss wohl die Möglichkeiten des freien

Reisens in ganz Europa und die Bürger des

Ostblocks auch den Kapitalismus, dessen

Freiheit zunächst völlig uneingeschränkt

zu gelten schien. Doch trotz dieser Zeit

größtmöglicher Freiheit in Europa, ist ihr

Ansehen im vergangenen Jahrzehnt zu-

gunsten von Gleichheit, Sicherheit oder

Gerechtigkeit zurückgegangen.i

Gleichzeitig können wir beobachten, dass

die FDP zwar von den meisten Deutschen

als die liberale Partei schlechthin wahrge-

nommen wird, dass sich aber auch rund

die Hälfte der Wähler von Grünen, CDU

und SPD als liberal beschreiben – und

sogar 40 Prozent der Linkspartei-Wähler.

Eine Identifikation von freiheitlicher Poli-

tik und Parteien liegt also nur noch be-

dingt vor. Dies kann zum Teil damit er-

klärt werden, dass der Begriff Liberalismus

– wohl auch durch die Politik der FDP –

oft nur noch mit Wirtschaftsfreundlichkeit

assoziiert wird, während die genuin politi-

sche Bedeutung (vor allem: Selbstverant-

wortung des Bürgers) erodiert. Es ist sogar

zu beobachten, dass zunehmend soziale

Umverteilung und Mindestlöhne als wün-

schenswerte Ziele einer liberalen Partei

bezeichnet werden – Werte, die mit libera-

lem Gedankengut eigentlich nichts zu tun

haben.ii

Dies bestätigt, dass Freiheit von den Deut-

schen gerne als Freiheit von sozialer Not

aufgefasst wird.iii Diese links-ideologische

Deutung von Freiheit führt letztlich auch

dazu, dass Rechtsliberale, die mehr auf die

Eigenverantwortung des Staatsbürgers

setzen, diffamiert werden. Zu dieser Ent-

wicklung gesellt sich die ebenfalls von lin-

ken Intellektuellen und schon seit Jahr-

zehnten propagierte Meinung, Freiheit

bedeute, sich durchsetzen zu können bzw.

Macht zu haben. Wer aber dieser Definiti-

on von Freiheit folgt, macht das Tor zum

Missbrauch politischer Macht unter dem

Siegel der Freiheit sperrangelweit auf. Die

(ehemals) sozialistischen Länder des Ost-

blocks sollten dafür Warnung genug sein.iv

P A R T E I E N : S T A A T S G L Ä U B I G U N D

Z E R S T R I T T E N

Ein entsprechendes Abbild bietet die Par-

teienlandschaft, die wohl zugleich auch

Quelle des schlechten Bildes der Freiheit

in der Bevölkerung ist. Die einzige, ehe-

mals liberale Partei, die FDP, hat sich un-

ter der Führung von (Ex-)Generalssekretär

Christian Lindner auf einen linksliberalen

Kuschelkurs begeben und verliert dadurch

tagtäglich an Zustimmung in der Bevölke-

rung. Bei der letzten Bundestagswahl im

Jahre 2009 erhielt sie noch über 14 Pro-

zent, jetzt liegt sie bei drei bis vier.

Eine parteiinterne Mitgliederbefragung

des Euro-Kritikers MdB Frank Schäffler

zur Unterstützung des Euro-

Rettungsschirms (ESM) ging Ende 2011

zugunsten der von der Parteiführung in

der Regierungskoalition mit der CDU be-

schlossenen Politik und zuungunsten der

nationalen Selbstbestimmung aus. Die

Doktrin der FDP, eine europafreundliche

Partei zu sein, hat offensichtlich den rea-

listischen Blick auf die sozialistisch anmu-

tende EU-Politik getrübt.

Leider ist auch festzustellen, dass die wohl

einzige rechtsliberale Organisation inner-

halb der FDP, der Stresemann Club au-

ßerhalb der Partei kaum bekannt ist und

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trotz einiger prominenter Persönlichkei-

ten, etwa dem ehemaligen Generalbundes-

anwalt Alexander von Stahl kaum politi-

sche Wirkung zu entfalten scheint. Die

FDP-nahe Friedrich Naumann Stiftung

für die Freiheit leistet inhaltlich gute Ar-

beit, genießt aber nur wenig Bekanntheit

in der Bevölkerung.v

Gleichzeitig ist es seit Jahrzehnten nicht

gelungen, eine entsprechende freiheitliche

Partei auf lange Sicht zu etablieren. Alle

Versuche scheiterten an Unterwanderung,

zu schneller Aufblähung, dem Egoismus

Beteiligter, vor allem aber an der zu gro-

ßen Differenz in Inhalt und Motiven des

Führungspersonals. Immer wieder finden

sich solche Parteiprojekte zusammen, weil

eine kritische Masse an politisch Aktiven

meint, gemeinsam ein Themenspektrum

abzudecken (z.B. Islam, Euro, Bevormun-

dung).vi Doch im Laufe der Zusammenar-

beit stellt sich meist heraus, dass grundle-

gende Werte nicht geklärt wurden und

dadurch auch die Form der Zusammenar-

beit nicht für alle Beteiligten zufriedenstel-

lend fixiert werden kann. Eines der

Hauptprobleme dabei ist die Fixierung auf

die Persönlichkeit der Führungsfigur, an-

statt auf die Führungsfunktion. Versagt die

Führungsperson, versagt auch die Füh-

rung insgesamt, da keine ausrechend defi-

nierten Mechanismen zur Entscheidungs-

findung vorliegen.vii

Auf die Parteien des bürgerlich-liberalen

bzw. freiheitlich-konservativen Lagers

scheint die Feststellung Uwe Juns, einem

der bekanntesten Parteienforscher

Deutschlands, besonders zuzutreffen: Er

hielt 2010 fest, dass die integrative gesell-

schaftliche Funktion der Parteien als Ver-

mittler zwischen Zivilgesellschaft und

Staat in den letzten Jahrzehnten massiv

abgenommen habe. Parteien seien heute,

so Jun, vor allem als fragmentierte Orga-

nisationen zu verstehen: Sie „konstituieren

sich demnach aus einer Vielzahl von

Gruppen und Subeinheiten, die nur lose

miteinander verbunden sind. Vielfältige,

heterogene, partiell sogar möglicherweise

sich diametral gegenüberstehende Interes-

sen, widersprüchliche und eigensinnige

Rationalitäten und Handlungen lassen

Parteien als ein Konglomerat von differen-

ten Organisationseinheiten erscheinen, als

ein buntes Kaleidoskop an Organisations-

wirklichkeiten.“viii

V E R E I N E U N D I N I T I A T I V E N S I N D

Z E R S T R I T T E N

Diese Fragmentierung trifft im besonderen

Maße auch auf das Lager der Vereine, Ini-

tiativen und NGOs zu. Hier haben sich in

den letzten Jahren mit unterschiedlichem

Erfolg Akteure etabliert, die bestimmten

Einzelinteressen folgen, aber untereinan-

der eben nur geringfügige Übereinstim-

mungen aufweisen. Dabei kann man auch

zunehmend virtuelle Organisationsformen

feststellen, die sich als Gemeinschaften um

Webseiten oder Onlineforen herum entwi-

ckeln.ix

Die Fragmentierung drückt sich vor allem

durch inhaltliche Differenzen aus. Da z.B.

der gesamte Bereich der Islamkritik von

den Massenmedien als rechts diffamiert

wird (siehe unten), sind beispielsweise

viele Kritiker der EU-Bevormundung bzw.

der Euro-Einheitswährung nicht bereit,

mit entsprechenden Akteuren zusammen

zu arbeiten, obwohl letztlich beide Ideolo-

giekritik betreiben. Auch in der Szene, die

sich über die Kritik an der Ideologie des

Islams definiert, herrschen große Unter-

schiede: hier tummeln sich Akteure stark

christlicher, respektive evangelikaler Aus-

richtung, atheistische bis sozialistische

Bewegungen sowie zahlreiche Organisati-

onen, die tatsächlich einem nationalisti-

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schen bis rechtsextremen Milieu zuzuord-

nen sind und die die Kritik am Islam nur

dafür nutzen, ihr Unbehagen gegenüber

Ausländern zu artikulieren. Liberale Ak-

teure sind dabei nicht leicht zu erkennen,

auch deswegen, weil so unterschiedliche

Begriffe wie bürgerlich-liberal, nationalli-

beral, freiheitlich-konservativ, liberal-

konservativ usw. verwendet werden. Wel-

che Werte der andere Akteur vertritt und

welche Motivation er hat, lässt sich aus der

Selbstbezeichnung kaum ablesen.

G E G E N B E I S P I E L E : S T R U K T U R E N

D I E F U N K T I O N I E R E N

Gleichzeitig sind zwei erfolgreiche, vonei-

nander unabhängige Phänomene in der

politischen Landschaft Deutschlands zu

beobachten. Zum Einen weisen die Freien

Wähler in ihren unterschiedlichen Organi-

sationen als Wählergemeinschaft mit mi-

nimalem Konsensx im Verhältnis zu ande-

ren freiheitlichen Parteien gute Erfolge bei

kommunalen Wahlen auf. Ob sie sich bun-

desweit durchsetzen können, wird die erst

Bundestagswahl 2013 zeigen können. Wo-

rauf es aber hier ankommt ist, dass sich

verschiedene Persönlichkeiten für einen

Zweck vereinen, den keiner alleine lösen

kann: den Wahlantritt.xi Ein Modell, von

dem man also durchaus etwas lernen

kann.

Zum Anderen erfreut sich die Piratenpar-

tei spätestens seit ihrem Einzug in das

Berliner Abgeordnetenhaus im Herbst

2011 deutschlandweit großen Zuspruchs.

In aktuellen Umfragen schwanken sie zwi-

schen vier und acht Prozent und bewegen

sich damit auf dem gleichen Niveau wie

Die Linke sowie einige Prozentpunkte über

der FDP.

Der Erfolg kann politikwissenschaftlich

allerdings nicht mit dem Programm der

Piraten erklärt werden, dieses gleicht in

vielen Punkten zu sehr dem anderer linker

Parteien und ist von einem nicht unbe-

trächtlichen Teil durch Staatsgläubigkeit

geprägt (Stichwort Mindestlohn etc.). Die

ausgelöste Begeisterung kann also nur auf

die Form bzw. die Struktur der Piraten-

partei zurückzuführen sein. Die (zumin-

dest öffentlich proklamierte) innerparteili-

che Basisdemokratie und hohe Transpa-

renz scheint in Zeiten großer Parteienver-

drossenheit Anklang in der Bevölkerung zu

finden. Trotz großer politisch-inhaltlicher

Differenz der Piratenpartei zum Libera-

lismus, gibt es hier also Mechanismen, die

vorbildhaft auch für freiheitliche Politikak-

teure sein können.

F A Z I T

Es sind also insgesamt folgende Feststel-

lungen zur politischen Landschaft

Deutschlands hervorzuheben:

Freiheitliche Werte haben in der

öffentlichen Diskussion keinen be-

sonders hohen Stellenwert, Begriffe

wie Liberalismus werden nur mit

Wirtschaftsfreundlichkeit assozi-

iert und verlieren zunehmend ihre

eigentlich politische Bedeutung.

Akteure des im weitesten Sinne

freiheitlichen Politiklagers (Partei-

en, NGOs) weisen eine hohe Frag-

mentierung auf und sind in Kern-

punkten zerstritten.

Das Beispiel der Freien Wähler

zeigt hingegen, dass Kooperationen

verschiedener Einzelakteure mit

einem geringen Mindestmaß an in-

haltlicher Übereinstimmung zu

entscheidenden Zeitpunkten bzw.

bei entscheidenden Aktivitäten

funktionieren können, ohne alle in

einen ideologisches und organisa-

torisches Korsett zwängen zu müs-

sen.

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Die Piratenpartei beweist, dass

Transparenz und Partizipation in

der Politik tatsächlich Wähler mo-

bilisieren können.

Aus dieser Erkenntnis haben wir den we-

sentlichen Auftrag der Stresemann Stif-

tung abgeleitet: Sie soll in erster Linie eine

Lobby für die Freiheit sein. Sie soll also

inhaltlich die Werte der Freiheit in der

Gesellschaft fördern und politisch den Ak-

teuren des freiheitlichen Lagers als

Vernetzer und Unterstützer dienen. Mit

ihrer Expertise soll die Stiftung Vereine,

Initiativen und letztlich auch Parteien be-

ratend und vermittelnd begleiten und an

den entscheidenden Punkten zusammen-

bringen. Gleichzeitig wird sie durch eigene

Dokumentationsprojekte und Veröffentli-

chungen relevante gesellschaftliche Debat-

ten analysieren und verdeutlichen.

A U F B A U & S T R U K T U R D E R S T R E S E M A N N S T I F T U N G

Die Stresemann Stiftung wurde nach dem

Vorbild großer politischer Stiftungen ge-

gründet. Als Rechtsform wurde der einge-

tragene Verein (e.V.) gewählt, so wie etwa

die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung

(KAS). Dadurch ist die Mitgliederver-

sammlung das höchste Gremium der Stif-

tung, sie wählt insbesondere den Vorstand

und beschließt über die Aufnahme von

neuen Mitgliedern. Der Kreis dieser Mit-

glieder soll – wie das Kuratorium einer

Stiftung bürgerlichen Rechts – überschau-

bar gehalten werden, damit die bürokrati-

schen Aufwendungen möglichst gering

bleiben und eine klare inhaltliche Ausrich-

tung gewährleistet wird.

Um die Menschen, die die Stiftung unter-

stützen wollen, zusammen zu bringen, gibt

es einen Förderkreis, die Stresemann

Freunde. Diese Fördermitglieder unter-

stützen die Arbeit der Stresemann Stiftung

vor allem finanziell und erhalten dafür

beispielsweise die politischen Analysen der

Stiftung kostenlos. Einen Aufnahmeantrag

finden Sie am Ende diese Stresemann

Briefes.

S T A N D A N F A N G 2 0 1 2 : W A S W U R D E

B I S H E R E R R E I C H T

Als Vorsitzender wurde auf der Grün-

dungsversammlung im Juli 2011 RA Phi-

lipp Wolfgang Beyer gewählt, sein Stellver-

treter ist RA Sascha Giller. Der ordentliche

Vorstand setzte im November 2011 den

Berliner Politikberater und Journalisten

Felix Strüning als Geschäftsführer für den

Aufbau der Stiftung ein.

Die Eintragung in das Vereinsregister

beim Amtsgericht Jena ist derzeit bean-

tragt, nach Abschluss des Verfahrens wird

gleiches für die Gemeinnützigkeit getan.

Da die Stresemann Stiftung bisher über

keinerlei Strukturen verfügt und personell

sehr dünn besetzt ist, wird das Jahr 2012

vorwiegend der Eigenentwicklung dienen.

Hierbei gilt es vor allem, Kontakte zu Wis-

senschaftlern zu machen, um die ange-

dachten Projekte der Stiftung entwickeln

zu können. Als Aushängeschild wird in

dieser Zeit des Aufbaus das bereits existie-

rende Politikmagazin Citizen Times die-

nen.

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A K T I V I T Ä T E N

Die Stresemann Stiftung wird ihre eigenen

Aktivitäten zukünftig vor allem in drei

Bereichen ausüben, über die wir Ihnen

heute schon einen Überblick verschaffen

wollen:

In der Stresemann Akademie sind

Dokumentationsprojekte zu den

Themenkomplexen bürgerlich-

liberale Wertevermittlung und Ide-

ologiekritik (insbesondere Linksex-

tremismus und Islam) angesiedelt.

Unter dem Label Stresemann Pub-

likum veröffentlicht die Stiftung

zukünftig Print- und Online-

Publikationen.

Ab Herbst dieses Jahres soll

schließlich das Stresemann Forum

starten, eine Veranstaltungsreihe

mit Vorträgen, Tagungen und

Symposien.

Darüber hinaus wird die Stresemann Stif-

tung gemäß der eingangs angeführten Er-

läuterungen ihre Expertise zu den ver-

schiedenen Akteuren des bürgerlich-

liberalen Lagers ausbauen und in Deutsch-

land sowie internationale beratend tätig

sein. Unter anderem ist die Stresemann

Stiftung als Menschenrechtsorganisation

bei der Organisation für Sicherheit und

Zusammenarbeit in Europa (OSZE) regis-

triert, damit wir bei entsprechenden Kon-

ferenzen beratend teilnehmen.

Derzeit stehen wir mit zahlreichen Initiati-

ven in Deutschland, Österreich, der

Schweiz und Dänemark in Kontakt und

initiieren entsprechende Netzwerkarbeit.

Denn die bürgerlich-liberale Politikszene

ist im Umbruch und hoffentlich bald auch

wieder im Aufbruch.

K O N T A K T & M I T A R B E I T

Wenn Sie Fragen zur politischen Ausrichtung oder zum Aufbau der Stiftung haben, wenden

Sie sich bitte an den Geschäftsführer Felix Strüning. Sie erreichen ihn persönlich unter

[email protected].

Auch wenn Sie sich aktiv in die Aufbauarbeit der Stiftung mit einbringen wollen, freuen wir

uns über Ihre Nachricht. Wir suchen derzeit vor allem freiwillige Helfer für:

Recherche-Aufgaben;

Redaktionelle Tätigkeiten für das Magazin Citizen Times;

Übersetzer, für Englisch und/oder andere Sprachen sowie

Forscher, die sich gerne für die Werte der Freiheit einsetzen wollen.

L E K T Ü R E E M P F E H L U N G E N

Heute legen wir Ihnen den schon ein we-

nig älteren Essay Eros der Freiheit von

Ulrike Ackermann ans Herz. Die Autorin

hat den einzigen deutschen Lehrstuhl für

Freiheitsforschung an der Hochschule

Heidelberg inne und gibt unter anderem

einen jährlichen Freiheitsindex Deutsch-

land heraus. Ihr Buch Eros der Freiheit

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bietet nicht nur einen ideengeschichtli-

chen Abriss des europäischen und ameri-

kanischen Sonderweges. Es besticht vor

allem durch die klare Verteidigung der

Freiheit gegen jegliche Ideologie. Acker-

mann hat als eine der wenigen Liberalen

verstanden, dass der Liberalismus und die

freie Gesellschaft sich gegen totalitäre Ein-

flüsse schützen und dafür so etwas wie

eine Leitkultur vorgeben muss. Freiheit

kann eben nur für jene gewährt werden,

die sie auch wollen und selbst leben.

Ulrike Ackermann (2008): Eros der Frei-

heit. Plädoyer für eine radikale Aufklä-

rung. Stuttgart: Klett-Cotta, 167 Seiten,

19,95 Euro.

i Felix Strüning (24.11.2011): Freiheitsindex Deutschland 2011. In: Citizen Times, online verfügbar: http://www.citizentimes.eu/2011/11/24/freiheitsindex-deutschland-2011/ (05.02.2012). ii Thomas Peterson (25.01.2012): Allensbach

Umfrage: Der geteilte Liberalismus. In: FAZ, online verfügbar: http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/allensbach-umfrage-der-geteilte-liberalismus-11622356.html (05.02.2012). Zur Diskussion der Ergebnisse dieser Umfrage siehe: Felix Strüning (26.01.2012): Freiheit, Liberalismus, FDP? In: Citizen Times, online verfügbar: http://www.citizentimes.eu/2012/01/26/freiheit-liberalismus-fdp/ (05.02.2012). iii Ulrike Ackermann (2008): Eros der Freiheit.

Plädoyer für eine radikale Aufklärung. Stutt-gart. iv Friedrich August von Hayek (1983): Die Ver-

fassung der Freiheit. Tübingen. v So findet sich die Friedrich Naumann Stiftung

für die Freiheit nicht unter den ersten zehn Plätzen im Bekanntheitsranking des Bundes-verband Deutscher Stiftungen von 2009, hin-gegen belegt die CDU-nahe Konrad Adenauer Stiftung den 2. Platz und die SPD-nahe Fried-rich Ebert Stiftung den 4. Vgl.: KAS belegt 2. Platz beim Bekanntheitsranking für Stiftungen, online verfügbar: http://www.kas.de/wf/de/71.7170 (05.02.2012). vi André Freudenberg (2009): Freiheitlich-

konservative Kleinparteien im wiedervereinig-ten Deutschland. Leipzig.

vii

Felix Strüning (15.12.2011): Der (An)Führer als Person oder Funktion. In Citizen Times, online verfügbar: http://www.citizentimes.eu/2011/12/15/der-anfuhrer-als-person-oder-funktion/ (05.02.2012). viii

Uwe Jun, Benjamin Höhne (Hg.) (2010): Parteien als fragmentierte Organisationen. Erfolgsbedingungen und Veränderungsprozes-se (Parteien in Theorie und Empirie, Band 1). Opladen. ix Für die im weitesten Sinne islamkritische

Szene wurde dies ausführlich vorgeführt in: Felix Strüning (22.11.2010): Bürgerliche Islam-kritik in Deutschland. Grundlegung eines For-schungsprogramms. In: Citizen Times, online verfügbar: http://www.citizentimes.eu/2010/11/22/burgerliche-islamkritik-in-deutschland-grundlegung-eines-forschungsprgramms/ (05.02.2012). x Das Grundsatzprogramm ist lediglich eine

zweiseitige Stichwortliste. Vgl.: Politische Ziele der Bundesvereinigung, online verfügbar: http://www.freie-waehler-deutsch-land.de/uploads/media/Politische_Ziele_der_FW-Bundesvereinigung_01.pdf (05.02.2012). xi Vgl.: Felix Strüning (23.12.2011): Freie Wäh-

ler als Vorbild? In: Citizen Times, online verfügbar: http://www.citizentimes.eu/2011/12/23/freie-wahler-als-vorbild/ (05.02.2012).