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STRUKTUR & MATERIAL BETON THESE 2: STRUKTUR OLIVER VON KAENEL «Räumlich ansprechende Öffnungen können leich- ter in eine Rippendecke eingebracht werden als bei konventionellen Flachdecken.» Einleitung Hintergrund Abb.1 Strukturmodell der neuen Entwurfsidee Hochschule Luzern Technik & Architektur | Stru+Mat FS 14 Dozent: Angela Deuber | Student: Oliver von Kaenel Haupthese Nach der letzten Besprechung ist herausgekommen, dass meine favorisierte Gebäudeform keine Regel aufweist. Schräge Dach und Wandflächen entsprechen nicht der Natur und dem Charakter des Betons und sind in meinem momentanen Entwurf nur ästhetisch be- gründet. Deshalb musste ich meinen Entwurf nochmals überdenken und diesem eine Regel geben. Der Grundgedanke der Raumanordnung meines Ent- wurfs wollte ich jedoch beibehalten. Auf der Suche nach neuen Entwurfsideen bin ich der Frage nachgegangen, wie ich meinen Raum 1. besser gliedern und 2. inte- ressanter ausgestalten kann. Da der Stahlbeton ein so vielseitiger Baustoff ist, mit welchem man dank seinen Eigenschaften eine extreme Vielfalt an mögli- chen Bauweisen und Bausystemen hat, ist es umso wichtiger, eine starke entwerferische Stimmigkeit in Beziehung auf das Bausystem und das Tragwerk zu schaffen. Da ich mit Wandscheiben arbeiten möch- te, bin ich auf einen neuen Entwurf mit Rippendecken gekommen, wobei diese die Grundregel meines Entwur- fes bestimmen soll und den Charakter meines Gebäu- des prägt. Ein weiterer Grund weshalb ich mich für die Deckenart entschieden habe hat mit der Stimmung des Raumes zu tun. Mit den Rippen und deren Auflager kann ich Räume so ausrichten, dass diese nur diffuses, na- türliches Licht oder nur direktes Licht einer bestimmten Tageszeit erhalten. Warum Rippen- decke?

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STRUKTUR & MATERIAL

BETONTHESE 2: STRUKTUROLIVER VON KAENEL

«Räumlich ansprechende Öffnungen können leich-ter in eine Rippendecke eingebracht werden als bei konventionellen Flachdecken.»

EinleitungHintergrund

Abb.1 Strukturmodell der neuen Entwurfsidee

Hochschule Luzern Technik & Architektur | Stru+Mat FS 14 Dozent: Angela Deuber | Student: Oliver von Kaenel

Haupthese

Nach der letzten Besprechung ist herausgekommen, dass meine favorisierte Gebäudeform keine Regel aufweist. Schräge Dach und Wandflächen entsprechen nicht der Natur und dem Charakter des Betons und sind in meinem momentanen Entwurf nur ästhetisch be-gründet. Deshalb musste ich meinen Entwurf nochmals überdenken und diesem eine Regel geben. Der Grundgedanke der Raumanordnung meines Ent-wurfs wollte ich jedoch beibehalten. Auf der Suche nach neuen Entwurfsideen bin ich der Frage nachgegangen, wie ich meinen Raum 1. besser gliedern und 2. inte-ressanter ausgestalten kann. Da der Stahlbeton ein so vielseitiger Baustoff ist, mit welchem man dank seinen Eigenschaften eine extreme Vielfalt an mögli-chen Bauweisen und Bausystemen hat, ist es umso wichtiger, eine starke entwerferische Stimmigkeit in Beziehung auf das Bausystem und das Tragwerk zu schaffen. Da ich mit Wandscheiben arbeiten möch-te, bin ich auf einen neuen Entwurf mit Rippendecken gekommen, wobei diese die Grundregel meines Entwur-fes bestimmen soll und den Charakter meines Gebäu-des prägt. Ein weiterer Grund weshalb ich mich für die Deckenart entschieden habe hat mit der Stimmung des Raumes zu tun. Mit den Rippen und deren Auflager kann ich Räume so ausrichten, dass diese nur diffuses, na-türliches Licht oder nur direktes Licht einer bestimmten Tageszeit erhalten.

Warum Rippen-decke?

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Ich habe mich beim Entwerfen meines Künstlerhaus-es ausschliesslich auf Rippen fokusiert, da ich vor allem ein filigran wirkendes Gebäude erstellen möchte. Diese bilden vom Hauptdach als Über-/Un-terzugsdecke über die raumteilenden Rippendecken bis hin zu den Auflagern den Grundcharakter des Gebäudes.

«Die architektonisch besten Bauwerke im Betonbau entstehen, wenn der Entwurf mit dem gesamten Bausystem und Tragwerk so verbunden werden kann, dass ein Element das andere bekräftigt und verstärkt sowie umgekehrt.»

Mein Ziel in meinem Entwurf ist es durch die Rippen-decke ein möglichst filigranes Gebäude zu entwerfen. Dabei ist mir die Frage aufgekommen, ob man zu Gunsten des filigranen Ausdrucks die Rippendecken beliebig aufgelöst werden können und somit Öffnun-gen generieren kann.Dabei ist ein wichtiger Aspekt auch die mögliche Lichtführung, auf die ich vertiefter analysierte.

Einleitung

GrundsatzLichtführung

Abb.5 Eine «natürliche» strukturelle Öffnung einer Rippendecke

Eine normal, auf einer Wandscheibe aufliegende Rippendecke weisst an ihrer Stirnseite automatisch strukturelle Öffnungen auf. Dabei bilden die Rippen die Leibungen, die Decke den Sturz und die Wand-scheibe die Brüstung. Solche strukturelle Öffnungen zu nutzen nicht nur ökonomisch sind, sondern spre-chen auch von gestalterischer Qualität. Das Problem hier liegt jedoch an der kleinen Öffnung. So kann ein weit überspannter Raum nicht genügend aus-geleuchtet werden. Um diesen Problem entgegenzu-wirken müssen deshalb andere Öffnungen gestaltet werden. Ich wante mich dabei von den strukturellen Öffnungen weg und habe weitere Lösungen gesucht. Von den strukturellen Öffnungen ging ich über zu den Oblichter bis hin zur Auflösung der Auflagerwände in Stützen oder unterbrochenen Wandscheiben. Dabei stellte ich mir die Frage, wie weit sich die Rippen-decke generell auflösen lässt.

Fragen welche ich mir im Zusammenhang zwischen Rippendecke und Öffnungen stelle, sind:

- Wird das Tragverhalten der Rippendecke durch Öffnungen nur unnötig geschwächt?

- Ist die Rippendecke schon komplett statisch op-timiert und bietet somit kein Platz für Öffnungen?

- Sind Öffnungen in der Rippendecke überhaupt ästhetisch?

Fragestellungen

Tragverhalten Um Öffnungen in einer Rippendecke zu erhalten, muss zu allererst das Tragverhalten genauer betra-chtet werden. Die Rippendecke besteht aus zwei Elementen, welche zusammen als Ganzes ein neues Tragelement bilden. Das eine Element wäre die darüberliegende Platte und das andere die “Balken” (detailiertere Angaben sind in meinen Blogeintrag Nr. 5 zu entneh-men). Weiter ist zu sagen, dass ich mich hier mit der einfach gerichteten Struktur der einzelnen Elemente sowie der Rippendecke befasse, da ich diese auch

Abb.2Modell aus erster Entwurfs idee

Abb.3Leicht veränder-tes Modell als Grundlage

Abb.4Strukturmodell

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so in meinem Entwurf anwende.Bei einer einfach gerichteten Struktur, hängt die Decke infolge ihres grossen Eigengewichts in der Mitte am meisten druch. Um dies zu vermeiden, wird ein Teil des Gewichtes weggenommen und es entstehen die Rippen. Durch die Gewichtsabnahme verringert sich nun auch die Durchbiegungkraft. Die statischen Eigenschaften sind jedoch nahezu die gleichen, denn die Balken erhalten ihre Tragfähigkeit durch ihre Höhe (statische Höhe), welche nicht bee-inträchtigt ist. Das Zusammenwirken der Platten und Balken bei der Rippendecke, ermöglicht grössere Spannweiten zu überbrücken, bei einem kleineren Gewicht der Konstruktion. Die Rippen nehmen dabei die Zugkraft auf, welche im unteren Bereich der Decke entstehen. Die Platte nimmt Druckkräfte auf und dient zur horizontalen Aussteifung des Gebäudekörpers.

Auflösen der Rippendecke

Abb.6 Durchbiegung der Platte durch Eigengewicht

Rippendecke. Durch entfernen des überflüssigen Materials ent- stehen geringere Durchbieg- ungskräfte.

Aufgrund der statischen Begebenheiten der Rippen-decke, lassen sich somit Perforationen nur dort an-bringen, wo keine Rippen durchlaufen. Da dort nur die Platte wirkt, sind dort nur Druckkräfte zu erwarten. Weiter muss beachtet werden, dass die Druck- sow-ie Zugkräfte in der Mitte des zu überspannenden Raumes am grössten sind. Somit wäre es besser Öffnungen an den Randzonen anzubringen, da hier die horizontalen Kräfte viel geringer sind. Nun stellt sich die Frage, können auch grössere Öffnungen erzielt werden, sodass sich die Rippendecke noch weiter auflöst? Hier muss der Aspekt der horizon-talen Aussteifung noch im Detail näher mit dem Statiker betrachtet werden. Eine mögliche Auflösung könnte an den Auflagern erzielt werden. Hier wäre die statische Einbusse gering und es müssten keine aufwendigen Massnahmen ausgeführt werden. Eine weitere Möglichkeit wäre, ein «Öffnungsschlitz» über die ganze Spannweite. Dabei sind in der Mitte zusät-zliche Massnahmen zu ergreifen, mittels tragender Innenwand oder Stütze/Unterzug.

Abb.7 Lage der grössten Kräfte in der Rippendecke

Ästhetik Diese Vorschläge und weitere gilt es nun auf die ästhetische Präsenz zu prüfen. Dabei lasse ich hier mal nur Bilder sprechen, da Ästhetik sehr subjektiv zu beurteilen ist.

Abb.8 Öffnungen an der Randzone der Decke. Ecknischen werden ausgeleuchtet und es scheint, als ob sich die stirnseitge Wand auflöst.

Abb.9 Variante zu Abb.6.

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Abschliessend bin ich der Meinung, dass eine Rippen-decke genau so aufgelöst werden kann wie eine konven-tionelle Orbetondecke. Wichtig dabei ist zu beachten, dass die Rippen nicht verletzt werden dürfen und an diesen Stellen somit keine Öffnungen platziert werden können. Weiter gilt es noch mit dem Statiker abzuklären, inwieweit die horizontale Aussteifung, also die Boden-platte verletzt werden darf. Was würde aus statischer Sicht passieren, wenn die Bodenplatte komplett fehlt? Aus optischer Sicht ist eine solche Variante sicher reizvoll. Die Frage, wie weit man Öffnungen ansetzten und dimensionieren kann, ohne Einbuse auf die Statik, ist hier ein zentraler Punkt!Fakt ist, dass die Kombination von Balken und Rippen-decke interessante und spannende Räume generierenen lassen.

Fazit & Ausblick

Abb.11 Deckenplatte der Rippendecke zwischen zwei Rippen komplett aufgelöst. Die Auflösung zwischen zwei ganzen Rippen verstärkt die vorhandene Richtungsgebung zusätzlich.

Abb.10 Perforation durch vier Deckenplatten werden zu einem gesammtbildnerischen Ganzem – einem Oblicht.

Abb.12 Rippen sind über die ganze Decke komplett aufgelöst. Rippendecke als solches nicht mehr gänzlich erkennbar und werden eher zu Unterzügen.