Surprise Strassenmagazin 218/10

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Nr. 218 | 5. bis 18. Februar 2010 | CHF 6.– inkl. MwSt. Die Hälfte des Verkaufspreises geht an die Verkaufenden. Bitte kaufen Sie nur bei Verkaufenden mit offiziellem Verkaufspass. Von UFOs, Aliens und Dorftrotteln: Weltraumexperte Peter Creola im Gespräch Die Nebel vom Napfgebiet – zu Besuch in der Sagenwelt Winterspiele Schneedreikampf statt Fernsehmarathon

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Surprise Strassenmagazin 218/10

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Nr. 218 | 5. bis 18. Februar 2010 | CHF 6.– inkl. MwSt. Die Hälfte des Verkaufspreises geht an die Verkaufenden. Bitte kaufen Sie nur bei Verkaufenden mit offiziellem Verkaufspass.

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Die Nebel vom Napfgebiet – zu Besuch in der Sagenwelt

WinterspieleSchneedreikampf statt Fernsehmarathon

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*gemäss MACH Basic 2008-2.

Vorname, Name

Strasse

PLZ, Ort

Telefon

E-Mail

Datum, Unterschrift

Seite bitte heraustrennen und schicken oder faxen an: Strassenmagazin Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, [email protected]

Ist gut. Kaufen!Wer etwas verkauft, braucht Geld. Schlichte Wahrheit – gute Sache.Denn 50 Prozent des Verkaufspreises kommt Surprise zugute. Alle Preise exkl. Versandkosten.

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Surprise Zeitungs-Taschen (34 x 36 cm); CHF 37.50

neon-orange schwarz

Surprise City-Taschen (24,5 x 35,5 cm); CHF 40.–

rot blau schwarz

Surprise Rucksäcke(32 x 40 cm); CHF 89.–

schwarz rot

Surprise-T-Shirt Preis CHF 40.–

Zu bestellen auf: www.strassenmagazin.ch/website/streets-hop/produkte.html

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Olivier Mossets (64) letzte Ausstellung nannte sich «Ten Monochromes»und zeigte – wie der Name verspricht – zehn unifarbene Werke desSchweizer Künstlers. Auf 3 à 3 Meter. Die hat Mosset zum Anlass ge-nommen, um für Surprise zehn T-Shirts in denselben Farben zu ent-werfen. Mit Surprise-Aufschrift. Und vom Künstler signiert.

Schöne Shirts! Und erst noch limitiert!

Fuchsia

Mint

Orange

Raspberry

Preisabschlag

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Inhalt04 Editorial

Realitätsfluchten04 Leserbriefe

Qualmende Köpfe05 Basteln für eine bessere Welt

Rasseln für die närrische Zeit06 Aufgelesen

Chic im Rollstuhl06 Zugerichtet

Unsicherheitsfaktor Security07 Mit scharf

Kampfzone Aschenbecher07 Erwin

… und die Ausserirdischen08 Porträt

Mit Wachskreide im Gericht20 Soundesign

Wie die Welt zum Klingen gebracht wird

22 Le mot noirStellvertreter im Schnee

23 GeschichteSchweizer Trinkgeschichten

24 KulturtippsGenossenschaftskost für daheim

26 AusgehtippsDer Dichtersänger

28 Verkäuferporträt«Ich träume von einem Album»

29 Projekt SurplusChance für alle!Starverkäufer

30 Nachruf Beat EgliImpressumINSP

Kleine grüne Männchen in fliegenden Untertassen?Papperlapapp! Weltraumexperte Peter Creola (69)erklärt im Gespräch, warum er für eine gross ange-legte Erforschung des UFO-Phänomens plädiert,was das der Menschheit bringen könnte – und wa-rum die Annahme einer ausserirdischen Intelligenzwissenschaftlich gesehen durchaus konservativ ist.

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Titelbild: Christian Flierl

An den Olympischen Spielen ringen die Athle-ten um Zentimeter, Hundertstelsekunden undStilnoten, während die Fans daheim vor demBildschirm mitbibbern. Dabei bringen eigeneAktivitäten an der frischen Luft viel mehr Le-bensfreude. Das Team Surprise machts vor:Als Ausgleich zum Fernsehmarathon gibtsnichts Besseres als einen zünftigen Gruppen-wettkampf im Schnee.

13 BrauchtumWo Sagenwesen überdie Hügel ziehenGanz hinten im Napf, vergessen von der modernenWelt, leben die Menschen verstreut zwischen stotzi-gen Hängen und schattigen Klüften. Hier heissen Hö-fe und Weiler Himmel und Höll, und wenn es dunkelwird, begegnen den Napfbewohnern manchmal We-sen aus einer anderen Zeit. Zu Besuch in einer Geis -terwelt.

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10 WinterspieleDer grosse Schneeball-Dreikampf

16 UFO-Forschung«Unsere Technik istfürchterlich primitiv»

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Ihre Meinung!Bitte schicken Sie uns Ihre Anregungen oder Kritik: Strassenmagazin Surprise, Redaktion, Spalentorweg 20,

Postfach, 4003 Basel, T +41 61 564 90 70, [email protected]. Es werden nur Leserbriefe abgedruckt,

die mit vollem Namen unterzeichnet sind. Die Redaktion behält sich vor, Briefe zu kürzen.

Surprise ist auf Spenden angewiesen. Auch auf Ihre! Herzlichen Dank. PC-Konto 12-551455-3

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RETO ASCHWANDEN

REDAKTOR

EditorialRaus aus dem Grau

Wirtschaftskrise, UBS-Streit, Naturkatastroph -en – es ist zum Davonlaufen. Klar: Wir möch-ten wissen, was um uns herum geschieht.Aber vielleicht geht es Ihnen ja wie uns: Dieanhaltenden schlechten Nachrichten lösen nurnoch Kopfschütteln aus, und der scheinbarendlose Winter treibt einen ins innere Exil.Deshalb haben wir beschlossen, es sei Zeit fürein wenig Realitätsflucht. In der vorliegendenSurprise-Ausgabe werden Sie keinen Artikelüber soziale Benachteiligung finden. Keine Re-portage aus dem Drogenmilieu. Und auch kei-nen Hintergrundbericht zur Situation von IV-Bezügern oder Asylsuchenden. Diese Themenwerden uns im Lauf des Jahres noch oft be-schäftigen. Doch diesmal nicht.Stattdessen wollen wir Sie mitnehmen an Ortejenseits des tristen Alltags. Redaktorin MenaKost traf den Schweizer Weltraum-ExpertenPeter Creola zu einem Gespräch über UFOsund Ausserirdische. Wieso die Vorstellung vonLeben auf anderen Planeten mehr mit nüch-terner Wissenschaft zu tun hat als mit ScienceFiction, lesen Sie ab Seite 16.Auch unsere Mitarbeiterin Yvonne Kunz mach-te sich auf, Welten jenseits der aufgeklärtenModerne zu erkunden. Wenn im Napf der Ne-bel in die Täler kriecht, geistern Gestalten auslängst vergangenen Zeiten über Wiesen undFelder. So jedenfalls berichtet es Maria Kunz,die in ihrem Heimet zwischen Himmel undHöll seit vielen Jahren Sagen aus der Gegendsammelt, ab Seite 13.Realitätsflucht einer etwas anderen Art betriebein Grüppchen von Surprise-Angestellten. Alsdie Basler Stadtpärke im Schnee versanken,packten wir Mützen und Handschuhe und ver-anstalteten unsere eigenen Winterspiele. Me-daillen gab es dabei keine zu gewinnen. Wirwagen trotzdem die Behauptung, dass wirmindestens soviel Spass hatten, wie die Profi-sportler an den Olympischen Spielen. Zurückim Büro waren die Wangen gerötet, die Fingerklamm – und die Mienen ausgesprochen fröh-lich. Wie auch Sie mit wenig Aufwand ver-gnügliche Stunden an der frischen Luft ver-bringen können, erfahren Sie ab Seite 10.

Brechen Sie aus aus dem Alltag. Es lohnt sich.

Leserbriefe«Solche erfrischend klaren Gedanken zumunseligen Rauchverbot habe ich lange ent-behren müssen.»

Nr. 216: «Die letzte Zigarette – Schriftstel-ler Pedro Lenz über das Rauchverbot»

ÜbelOb Polemik oder nicht – so ein Artikel gehörtnicht ins Surprise, und ich habe mich geärgert.Sehr sogar. Man denke an die Tausenden vonMitmenschen, die vor allem auf Grund desRauchens beziehungsweise Passivrauchens anLungenkrebs leiden. Wenn man vor diesemHintergrund den Artikel liest, kann einem übelwerden. Hans Koch, Aesch

HirnverbranntIch selber bin seit jeher Nichtraucherin (über60 Jahre), aber was da seit mehreren Jahrenmit dem Rauchverbot abläuft, ärgert michschon lange. Auf die Frage, die ich seit demAufkommen dieses Verbotes in mir trug undanderen immer wieder stellte, konnte ich nieeine Antwort finden, die Frage nämlich: «Wembringt das totale Rauchverbot auch im öffent-lichen Raum (hirnverbrannt!!!) Vorteile oderNutzen?» Der Artikel bringt mir endlich einenAnsatz von Antwort: Ablenkung von grösserenProblemen, Untergrabung der Demokratie mitdem Verdrängen der Minderheiten, parteilichesVorpreschen etc. Aber ich meine, den Politi-kern sollte doch bewusst sein, dass die Rau-cher unserer AHV/IV Geld in die Kasse brin-gen, warum also so hart gegen das Rauchenankämpfen? Wie dem auch sei, ich werde michweiterhin über dieses Verbot ärgern müssen.Maria von Däniken, Birsfelden

Vom BestenDer Beitrag zum Rauchverbot in Restaurantsist etwas vom Besten, das ich zu dieser The-matik je gelesen habe. Herzlichen Dank!Katrin Hostettler, Biel

KrankhaftFür den Autor ist das Rauchverbot in öffent-lichen Räumen ein Krebsgeschwür, für michist es eine Wohltat! Für ihn ist das Rauchen ei-ne «Kulturtätigkeit», für mich ein Laster, eineSucht (nach Duden ein krankhaftes Verlan-gen). Von allen Rauchern wird man kaum fünfProzent als «Genussraucher» bezeichnen kön-nen – und darum bin ich froh, dass sich dieses«Geschwür» verbreitet und mithilft, Jugend-liche und Therapiewillige zu stützen und uns Nichtrauchern zusätzliche Lebensqualitätzu bringen. Heinz von Allmen, Spiez

UnverfrorenDanke für den Beitrag zum Rauchverbot. Sol-che erfrischend klaren Gedanken zum unseli-gen Raucherverfolgungswahn habe ich langeentbehren müssen. Endlich entlarvt ein Vertre-ter der schreibenden Zunft den unverfrorenenZynismus der selbsternannten politischenHeilsbringer. Massenwahn und Gruppen-zwang nötigen selbst die unfähigsten Volks-vertreter, aus ihrer Hinterbänklerlethargie zuerwachen und sich einen Leistungsnachweisin Bürgerbevormundung zu erwerben. Martin Häusermann, per E-Mail

EigennützigFalls es stimmen würde, dass viele Nichtrau-cher überzeugte Nichtwirtshausgänger sind,würden rund zwei Drittel der Schweizer nieein Wirtshaus besuchen. Es ist aber wohl eherso, dass die meisten überzeugten Nichtwirts-hausgänger Nichtraucher sind. Und warum?Weil dort geraucht wird! Natürlich kann manversuchen, den Befürwortern des Rauchver-bots eigennützige Interessen zu unterstellen.Aber auch nur ein gutes Argument zu liefern,warum das Rauchen in Wirtshäusern erlaubtbleiben soll, ist nicht gelungen.Kevin Suter, Lyss

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Basteln für eine bessere WeltIn Basel ist sie unter Nicht-Aktiven sehr umstritten, in Luzern machen sowieso alle mit, und auch Bern kommt immer mehr auf den Ge-schmack: Fasnacht bewegt die Gemüter. Unsere Rätsche bietet Einstiegshilfe für Anfänger, schlägt allzu aufdringliche Fasnächtler indie Flucht und sorgt das ganze Jahr hindurch für eine «aufgeweckte» Stimmung.

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Kleben Sie eine Zunge aus Papier an den Drahtbogen. Sie muss so gross sein, dass sie die Röhrli-Streifen berührt. Drehen Sie den Stab nun heftig. Der Drahtbogen mit der Papierzunge dreht sich um die Röhrli-Streifen – was dabei herauskommt, ist Musik in Fasnächtlers Ohren!

Sie brauchen: Ein Röhrli, Korken, Holzstäbchen, Papier, Messer, Basteldraht.

Schneiden Sie aus dem Röhrli Streifen, die etwa 0,5 cm breit und 3 cm lang sind.

Halbieren Sie den Korken und setzen Sie mit dem Messer 5 Ein-schnitte. Stecken Sie Röhrli-Streifen in diese Schlitze. Bohren Sieauf der unteren Seite des Korkens ein Loch, in welches das dickereStäbchen eingesetzt wird. Stecken Sie ein kleines Holzstäbchen andas obere Ende des Korkens.

Biegen Sie an beiden Enden eines ca. 21 cm langen Stücks Basteldrahteinen Ring. Stecken Sie den Draht gebogen auf das Stäbchen.

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AufgelesenNews aus den 90 Strassenmagazinen,die zum internationalen Netzwerk der Strassenzeitungen INSP gehören.

Chic im Rollstuhl

Graz. Erika Wilfings Tochter ist geistig undkörperlich behindert, sitzt im Rollstuhl, istnoch nicht trocken – und würde sich trotzdemgerne modisch kleiden. «Mode für Sechsjähri-ge ist nicht für Windeln oder Rollstuhlbeson-derheiten gefertigt. Meine Tochter muss immerim Jogginganzug herumfahren», sagt die Mut-ter. Also hat sie kurzerhand selbst zu Nadelund Faden gegriffen. Im Frühling kommt ihreKollektion für Kinder mit Behinderung auf denMarkt. So kann sich in Zukunft nicht nur ihreTochter anziehen, wie es sich junge Menschennun mal wünschen: cool und schick.

Gefährlicher Rap

Dublin. Immer wieder wird behauptet, dass«Gangsta Rap» eine stark unterschätzte Ge-fahr für die emotionale und psychologischeGesundheit von Teenagern sei. NegativenEinfluss hätten vor allem die Proklamierungvon Gewalt, Homophobie, Rassismus, Verge-waltigung, Drogenmissbrauch und die Gang-sterkultur. Nun hat eine aktuelle US-Studiegezeigt, dass 25 Prozent der befragten 13- bis17-jährigen Mädchen nach dem Angriff aufSängerin Rihanna durch ihren Freund, denRapper Chris Brown, von ihren Freunden ge-schlagen worden waren.

Problemfall FamilieSalzburg. Eine österreichische Umfragezeigt: Trotz hohen Scheidungsraten undzahlreichen Alleinerziehenden dominiert inden Köpfen der Jugendlichen nach wie vorder Wunsch nach einer unbegrenzten Ehemit Kindern. Weicht die Familie vom Ideal-fall (Mutter, Vater, Kind) ab, wird die Familieals «Problemfall» abgetan. Und dies, obwohles in Fachkreisen längst als erwiesen gilt,dass nicht ein traditionelles Familiengefüge,sondern das Mass an Liebe und Geborgen-heit die ausschlaggebenden Parameter des«Familienglücks» sind.

ZugerichtetDie Türen der Stadt

Die Anklagebank bleibt leer. Doch stichtTimo T.* gerade durch seine Abwesenheithervor. 29-jährig, von Beruf Sicherheitsbe-auftragter, Hobby-Kampfsportler, überdieskonkursiter Unternehmer, arbeitslos und hei-matmüde. Er zog es vor bei dem garstig-kal-ten Wetter – wer will ihm das verdenken –,im sonnenverwöhnten Florida zu bleiben.

Zehn Jahre lang bestimmte Timo T. alsTürsteher, wer rein kam und wer draussenbleiben musste. Türsteher verlangen unein-geschränkten Gehorsam. Und sie bekommenihn. Wenn sie sagen: Du bist raus, gibt es kei-nen Widerstand. Dann ist das Höchste an zu-lässiger Auflehnung die Frage: Warum? Sosind die Regeln. Securitys sind die Seismo-graphen des Nachtlebens, ihr Alarmsystemschlägt an, bevor es brennt. Sie bereinigendie Gefahr im Voraus, durch Entfernen desStörfaktors, der in ihrem Jargon Stressma-cher heisst.

Der Stressmacher im Fall Numero 1 hörtauf den Namen Wesley, er war sichtlich an-getrunken im Club Z. Timo kam zu ihm, hak-te sich in dessen Arm ein und sagte: Du gehstrunter, du gehst raus, für dich ist Schluss.Wesley fragte: Warum? Und fand sich kurzdarauf vor der Tür wieder, am Boden, mitblutendem Kopf und gebrochenem Finger.

Wo Gott hockt, erfuhr auch Melanie,Stressperson Numero 2. Sie begehrte Einlassim Pub C., der ebenfalls die Sicherheitsdien-ste von Timo T. beanspruchte, doch war siedort mit einem Hausverbot belegt. Melaniekratzte, trat und schlug den Türsteher, wor-auf er sie in Handschellen legte, bis die Poli-zei sie abholte.

Punkt 1 der Anklage lautet auf Körperver-letzung und Punkt 2 auf Nötigung. Dazu kom-men Irreführung der Rechtspflege, Sachentzie-hung und Unterlassung der Buchführung.

«Herr T. ist in allen Punkten freizuspre-chen», sagt sein Strafverteidiger, der ihn vorGericht vertritt. Sein Mandant habe in Bars imNiederdorf gearbeitet, wo bekannterweise vielKriminalität und Gewalt herrsche. So sei esnicht schwierig, häufig in solche Situationen zugeraten. Gemäss Zürcher Strafprozessordnungsei jeder Private berechtigt, eine Person zu er-greifen, die in seiner Gegenwart ein Verbrechenverübt hat. Melanie habe den Tatbestand desHausfriedensbruchs begangen und sei zu Rechtfestgehalten worden. Was die Körperverletzungbetreffe, gingen die Sichtweisen von HerrnWesley und Herrn Timo auseinander.

Zu Punkt 3 der Anklageschrift meint derVerteidiger, dass Timo die Buchführung seinerGmbH für «Private Polizeidienste» nicht vor-sätzlich, sondern aus Unwissenheit vernachläs-sigt habe. «Herr T. hat in geschäftlichen Dingenschlichtweg keinen Schimmer von gar nichts.»

Der in Miami weilende Möchtegern-Polizistist kein unbeschriebenes Blatt: Für Diebstahl,Entführung, gewerbsmässigen Betrug undmehrfaches Widerhandeln gegen das Waffen-gesetz hat er bereits eine zweijährige Freiheits-strafe erhalten. Dennoch träumt Timo T. voneiner Green Card und einer Zukunft im Landder unbegrenzten Möglichkeiten. Der Richterwird ihm das noch ausstehende Urteil in eini-gen Wochen nach Florida schicken.

* persönliche Angaben geändert

ISABELLA SEEMANN ([email protected])

ILLUSTRATION: PRISKA WENGER

([email protected])

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ERWIN …und die Ausserirdischen VON THEISS

VON FRED LAUENER, NICHTRAUCHER

Nach der Elegie von Pedro Lenz über die zunehmende Erschwernis,im öffentlichen Raum dem Tabakgenuss frönen zu können (Surprise Nr.216, 8. Januar 2010), hat es in unserer Redaktion Leserbriefe gehagelt,wie sonst kaum. Wie emotional aufgeladen die Diskussion um den blau-en Dunst ist, zeigt nicht nur die Anzahl der Reaktionen, sondern vor al-lem auch der Inhalt der Briefe. Entweder gab es vorbehaltlosen Beifallfür Lenz’ Text, oder aber, und dies überwiegend, vernichtende Kritik.

Ein paar besonders engagierte Rauchgegner werden dieses Magazinin Zukunft nicht mehr kaufen, wie sie uns haben wissen lassen. Sie stra-fen Surprise ab, weil sie eine andere Meinung als die ihre einzig richti-ge nicht lesen möchten. Sie goutieren nicht, dass Surprise sich erlaubte,das todernste Thema Tubak mit Humor anzugehen, es wagte, den Sinnvon Rauchverboten kritisch zu hinterfragen.

Nirgendwo scheinen die Fronten so klar zu sein, sind Freund undFeind besser erkennbar, als in der Tabakwelt. Hier gibt es nur zwei Sor-ten Menschen: Raucher und Nichtraucher. Und die bekämpfen sich bisaufs Hemd; in einem Stellvertreterkrieg, den niemand je wird gewinnenkönnen.

Die Millionen-Boni für Crash-Banker, die Bestrafung der von den selben Bankern produzierten Arbeitslosen, der Impfstoff- und Propa-ganda-Bschiss bei der Schweinegrippe, die ständig steigenden Kranken-kassenprämien, die Misere bei den Pensionskassen – ein stattliches Em-pörungspotenzial kommt da zusammen. Was aber passiert damit? Wieder Chüngel vor der Schlange lassen wir diese Dinge geschehen. Unser Einfluss auf die grossen Debatten und Ungerechtigkeiten ist gering. Siepassieren uns, sie ärgern uns, sie schmerzen uns, sie fressen uns auf.

RauchverbotHilflose Stellvertreterdebatte

Machtlos gegen oben, geben wir den Druck nach unten weiter. Dennoch Schwächeren, den Minderheiten; Ausländer eignen sich gut, odereben: Raucher.

Eine echte Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Anliegenund Bedürfnissen von Rauchern und Nichtrauchern findet kaum statt,zu sehr ist die Angelegenheit zum Ventil für angestaute Frustrationengeworden. Auf der Strecke bleiben dabei die Vernunft, der gesunde Men-schenverstand und die demokratische Toleranz. Als Mehrheit verlangenwir Nichtraucher immer aggressiver die quasi bedingungslose Unter-werfung der rauchenden Minderheit.

Wie paradox und doppelbödig das übrigens ist, vergessen wir gerneund leicht: Das Rauchen verbieten wir zwar möglichst überall, die rund350 Tabakbauern, die in der Schweiz für die verteufelte Zigarettenindu-strie produzieren, sollen aber bitteschön auch weiterhin mit jährlich 18Millionen Franken subventioniert werden. ■

Die Rauchverbote im öffentlichen Raum werden mit einem Eifer diskutiert, der die Bedeutung des Themas völ-lig überhöht. Die Tabakdiskussion verkommt zunehmend zu einer Stellvertreterdebatte in Zeiten politischerÜberforderung und Ohnmacht.

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VON ISABELLA SEEMANN (TEXT) UND SELWYN HOFFMAN (BILD)

Er spitzte die Patrone ins Magazin, lud das Sturmgewehr durch undlegte sich im Tarnanzug hinter der grossen Hinweistafel der ETH amHönggerberg auf die Lauer. Auf der gegenüberliegenden Strassenseitewartete ein 16 Jahre altes Mädchen auf den Bus. Er nahm sie ins Visier,zielte und drückte ab.

«Warum?», fragt der Richter. Der junge Mann grinst verlegen, knetetseine Hände, murmelt: «Das weiss ich bis heute nicht.» Diese Schlüs-selszene im Prozess gegen den «Sniper von Höngg» hat Linda Graedel-Sherman auf Papier gebannt. Sie war als akkreditierte Gerichtszeichne-rin im Saal des Obergerichts Zürich und dokumentierte die Verhandlungfür die «Tagesschau» des Schweizer Fernsehens, den «Tages-Anzeiger»und die Nachrichtenagentur Keystone. Während die Gerichte Bild- undTonaufnahmen aus Persönlichkeitsschutz aller Beteiligten kategorischausschliessen, haben sie gegen das Mitschreiben und Mitzeichnennichts einzuwenden, da letztlich nur wenige den Grad an Ähnlichkeitbeurteilen können und es vor allem auf den Typ Mensch, auf das skiz-zierte Psychogramm ankommt.

Zwei Dutzend Wachsmalkreiden und ein Block im A3-Format sinddie einzigen Hilfsmittel, mit denen Linda Graedel das Geschehen im Ge-richtssaal nach aussen trägt. «Die ersten Minuten beobachte ich nur undspeichere die Eindrücke ab.» Der um zwei Nummern zu grosse Anzug,eine teure Armbanduhr oder die verspannten Kiefermuskeln. Sie versu-che, die Menschen zu begreifen, ihre Mimik, Gestik und Dynamik. Wasdrücken sie aus? Den Blick richtet die Zeichnerin auf Kleinigkeiten, dieeinen Fall aussergewöhnlich machen. Im Prozess gegen den HönggerTodesschützen war es die Leere in seinen Augen. «Seine Miene war aus-druckslos, sein Blick starr auf die Tischplatte vor ihm gerichtet», sagtLinda Graedel. «Nur manchmal zuckte ein Muskel am Kiefer.»

Dann muss es schnell gehen, denn in der Verhandlungspause wartetdas Fernsehteam draussen im Übertragungswagen oft schon auf die er-sten Bilder. Fünf bis acht Bilder zeichnet sie an einer eintägigen Ver-handlung; es sind Szenen, die nicht wiederkommen. Diese Unwiederholbarkeit schlägtsich in ihrem Stil nieder. Üppige Linien, Stri-che, Punkte. Der Zeichnungsvorgang wirdnicht kaschiert, Radiergummi benutzt sie nie.«Ich bin sehr selbstsicher, wenn ich zeichne», sagt die 68-jährige Künst-lerin, «weil ich viel Erfahrung mitbringe.» Diese gewann sie als Zeich-nerin am Schauspielhaus Zürich und am Opernhaus, in der Tonhalleund bei Jazz-Festivals. Ihre künstlerische Ausbildung begann in ihremHeimatland, den Vereinigten Staaten von Amerika, an der Art CenterSchool in Los Angeles, ging weiter in Wien, bis sie sich in Paris anno1961 in einen Berner Medizinstudenten verliebte. Sie folgte ihm in dieSchweiz, gab ihre künstlerische Karriere auf, wurde Mutter zweierTöchter und liess sich in Schaffhausen nieder, wo ihr Mann stellvertre-tender Chefarzt am Kantonsspital wurde.

PorträtMörder stehen ihr ModellWer von ihr porträtiert wird, steht schon mit einem Bein im Gefängnis: Linda Graedel-Sherman ist Gerichts-zeichnerin und hat nahezu alle grossen Prozesse der letzten 25 Jahre live miterlebt.

Doch nach 15 Jahren fidelen Hausfrauen-Daseins packte sie ihre Staf-felei und stellte sie in den Operationssaal ihres Mannes, wo sie Zeich-nung um Zeichnung seine Operationen festhielt. Danach wechselte siein Musiklokale, denn Jazz, den sie auf ihrem Piano auch selber spielt,ist ihre grosse Leidenschaft. Von Irène Schweizer über Herbie Hancockbis Miles Davies standen ihr die grössten Musiker des Jazz Modell. An-fang der Achtzigerjahre wurde Nachrichtensprecher Heiri Müller auf dieKünstlerin aufmerksam und meinte, das Schweizer Fernsehen könntesie als Zeichnerin an Prozessen brauchen.

Seither zeichnet Linda Graedel-Sherman in den Gerichtssälen desLandes. Für Auftraggeber wie die «Weltwoche», den «Bund», die «NeueZürcher Zeitung» sowie «Tele Züri» hat sie nahezu alle «causes célèbres»dokumentiert: Die Hallenbadkatastrophe von Uster, als beim Einsturzder Betondecke zwölf Menschen ums Leben kamen, war ihr erster Fall.Es folgten Günther Tschanun, ehemaliger Chef der Zürcher Baupolizei,der vier seiner Mitarbeiter erschossen hatte, Babyquäler René Osterwal-der, Vitali Kalojew, der den Skyguide-Lotsen erstochen hatte. Dann derSwissair-Prozess und die acht Jungs vom «Jahrhundertpostraub», die imBezirksgericht Zürich mit ihr schäkerten. «Sie beugten sich huldvoll zumir hinüber und wollten wissen, ob ich sie auch schön genug gezeich-net hätte», sagt Linda Graedel und schmunzelt über die eitlen Frau-münster-Posträuber.

Im Gerichtssaal hat die Zeichnerin einen festen Platz, ganz aussen inder ersten Reihe. «Von dort aus kann ich gut überblicken, was im Ge-richtssaal passiert.» Sie sieht die ratlosen Gesichter der Richter frontalund die Angeklagten im Halbprofil, ihr Mienenspiel beim Sich-nicht-Er-innern-Wollen, beim Mauern und Abstreiten. «Manchmal läuft einemschon ein Schauer über den Rücken.» Bei der Parkhausmörderin Caroli-ne H., die zwei Frauen bestialisch umgebracht hatte, sei sie jedenfallsfroh gewesen, dass diese an Händen und Füssen zusammengekettet undvon fünf stämmigen Sicherheitsbeamten bewacht wurde. Die Illustra-tionen zum Prozess zeigen eine kleine, fragile Frau mit raspelkurzenHaaren in Handschellen und Fussfesseln.

Im Atelier ihres Hauses in Schaffhausen hat Linda Graedel die Origi-nale ihrer Zeichnungen der vergangenen Jahrzehnte aufbewahrt. Manch-mal verkauft sie die Zeichnungen an Richter und Anwälte, die sich ihrespektakulärsten Prozesse an die Wand hängen wollen. Ansichten vonschmierigen Kinderporno-Händlern, eiskalten Gattenmörderinnen, Öko-Terroristen und Rotlicht-Milieu-Königen. Typen, deren Vorstrafenregisterman an ihren Narben im Gesicht und der Anzahl ihrer Tätowierungenablesen kann, faszinieren die gebürtige Kalifornierin mit dem sonnigenGemüt genauso wie Mörder mit Unschuldsmiene: «Als Künstlerin inte -ressieren mich die seelischen Abgründe der Menschen.» ■

«Die Posträuber wollten wissen, ob ich sie auchschön genug gezeichnet hätte.»

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Die Olympischen Spiele stehen vor der Tür. Während die Athleten über Pisten brettern, aufdem Eis kurven und von Schanzen springen, sitzt unsereiner vor dem Fernseher, bis die Band-scheiben schmerzen. Da hilft nur eins: Raus aus der Stube und rein in den Schnee. Dafürbrauchts weder teure Ausrüstungen noch lange Anfahrtswege – ein verschneiter Park in derNähe und ein wenig Fantasie genügen vollauf. Wir präsentieren den Surprise-Schneeball-Dreikampf für Gross und Klein.

WinterspieleDreikampf im Schnee

VON RETO ASCHWANDEN (TEXT) UND CHRISTIAN FLIERL (BILDER)

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Schnee-Hornussen

Die Wintervariante unseres Nationalsports. Im Sommerhalbjahr wirdHornussen auf der grünen Wiese, dem «Ries», mit «Träf» und «Nouss»betrieben. Im Winter geht das einfacher. Statt einer Hartgummischeibenehmen wir Schneebälle, geworfen wird mit der Hand und anstelle derSchindeln werfen wir mit Taschen. Die verteidigenden Spieler halten mitVorteil etwas Abstand zueinander. Erstens lässt sich dadurch das Feldoptimal abdecken. Zweitens birgt eine kompakte Aufstellung die Gefahr,dass die herunterfallenden Taschen Mitspieler treffen. Wie das TeamSurprise feststellen musste, kann das die Gruppendynamik zumindesttemporär negativ beeinflussen.

RegelnMarkieren Sie ein Feld von etwa 15 Metern Breite und 30 Metern Länge.Platzieren Sie alle fünf Meter ein Fähnchen, damit Sie abschätzen kön-nen, wie weit die Schneebälle fliegen. Team A verteilt sich mit Taschenim Feld. Die Spieler von Team B werfen nacheinander Schneebälle mög-lichst weit ins Feld. Team A wirft die Taschen hoch, um die Schneebäl-le abzufangen. Ist der Schneeball auf dem Boden, messen Sie die Dis-tanz. Nachdem alle Teammitglieder geworfen haben, addieren Sie dieWeiten, danach ist die andere Gruppe an der Reihe. Vorsicht: Da hoch-geworfene Taschen unweigerlich wieder runterfallen, empfiehlt es sich,Taschen aus weichem Material und möglichst ohne Metallteile einzu-setzen (hervorragend eignen sich Surprise-Taschen) und keine hartenoder schweren Gegenstände als Füllung zu verwenden. Ideal sind hin-gegen Kleider und Zeitungen.

Die Schlacht um die zwei Schneetürme

Eine wunderbare Allegorie auf die menschliche Natur: Die Schlacht umzwei Schneetürme versinnbildlicht die erschaffende, konstruktive Seiteunserer Gattung ebenso wie ihre zerstörerischen Neigungen. Währenddie einen Teammitglieder mit dem Erbauen des eigenen Schneeturmsbeschäftigt sind, versuchen die anderen, das Werk der anderen Gruppevor der Vollendung kaputt zu schiessen. Wie das Team Surprise fest-stellte, erzeugt ein Volltreffer, der den halbfertigen Turm zerbombt, dieintensivsten Glücksgefühle – Schadenfreude ist halt die schönste Freu-de. Deshalb macht es auch nichts, wenn man den Turm verfehlt – so-lange man dafür die Erbauer erwischt. Denn Körpertreffer sind in dieserDisziplin keineswegs untersagt, sondern werden billigend in Kauf ge-nommen.

RegelnJede Mannschaft markiert einen Kreis von etwa acht Metern Durch-messer. Halten Sie zwischen den Kreisen ein paar Meter Abstand. Auflos gehts los: Einige Teammitglieder formen Schneebälle von rund 15Zentimetern Durchmesser und schichten diese in der Kreismitte aufei -nander. Diejenigen Teamangehörigen, die nicht mit dem Turm beschäf-tigt sind, versuchen, die Bauarbeiten des anderen Teams zu sabotieren,indem sie Turm und Erbauer von ausserhalb des Kreises mit Schneebäl-len bewerfen. Sieger ist jene Gruppe, die zuerst acht Schneebälle zu ei-nem Turm errichtet hat.

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Schneeballschlacht

Die dritte Disziplin dient bei Gleichstand als Entscheidungsrunde undbei feststehendem Sieger dem Ausleben von Revanchegelüsten. Erin-nern Sie sich noch, wer Ihren wunderbaren Bogenwurf mit seiner Ta-sche abrupt stoppte? Welcher Tunichtgut Ihren Turm just vor der Voll-endung pulverisierte? Jetzt haben Sie Gelegenheit abzurechnen. An sichsollten bei der Schneeballschlacht die beiden Teams gegeneinander wer-fen, da diese Disziplin aber eine gewisse Disziplinlosigkeit fördert, kannes sein, dass aus Wir-gegen-die-Anderen ein Alle-gegen-Alle wird. Wiedas Team Surprise feststellte, treffen Fehlschüsse schon mal den eigenenMitspieler, was langwierige Privatfehden nach sich ziehen kann. Eineindeutiger Sieger ist im Tohuwabohu manchmal nur mühsam zu be-stimmen. Gewinner sind deshalb am ehesten Spieler, die es durch taug-liche Kleidung vermeiden können, den Schnee am Schluss direkt auf derHaut zu spüren.

RegelnAchten Sie darauf, dass die Schneebälle nicht zu hart sind. Vermeidensie es, Kieselsteine und andere harte Materialen in den Schnee zu pa -cken. Und zielen Sie nicht auf den Kopf. ■

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Weitab von den Städten versinkt das moderne Leben in dämmrigen Schatten. Ganz hinten imNapf zwischen Luzern und Bern geistern sagenhafte Gestalten durch die Gegenwart. Zu Be-such in einer fremden, seltsamen Welt.

BrauchtumIm Sagenreich

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VON YVONNE KUNZ (TEXT UND BILDER)

«E Herrscher, en unkampelete Tyrann hett sini Untertane ploget … Esisch himmutrurig gseh um dä gottlos Chnuuppesager. Es hett en Uuf-stand gäh, ond er hett gmerkt, dass sie em a Chrage wei. Und wieneHambeckisgeischt ischer umegschosse, hett sis Gold ond alle Pronk ran-schima zämto ond isch alewanti gflüchtet gägem Napf zue. Er hett nedganz ue möge, seinem sini Verfolger noche gseh. Sie heine mit Achs ondSchuufle z’Tod gschlage. D Bergmännli hei ned lang zuegluegt, sei hei alldas vele Gold churzerhand toif i Napf iegschleipft ond det bliebts bes hötverborge.»

Gruslige Sagen und blutige Legenden durchziehen die Napfregionwie ihr fein geädertes Gewässernetz. Über die Zeit frassen die grossenBäche tiefe Furchen in das Gestein der steilenHänge, die kleinen verästelten sich in unge-zählte Rinnsale. Die Grosse und die Kleine Em-me umfliessen das Napfbergland, das auf dieKantone Luzern und Bern aufgeteilt ist, in ei-nem fast perfekten Rund. Die Ströme der Zeit, die Wasser der Fontan-nen, der Luthern und der Wigger haben vieles mit sich gerissen: Ge-schichten von Gold und Gier, von Glauben und Glück, von Geistern undGerüchten.

Dass es in der Abgeschiedenheit des Napfs nicht immer mit rechtenDingen zugeht, bleibt trotz dem reissenden Strom der Zeit eine zuver-lässig überlieferte Tatsache. Es mag wohl sein, dass die verschlossenenHinterländer den durchreisenden Unterländern, die so viel zu erzählenwussten aus den Welten jenseits der Emme, ihre Berichte ausschmück-ten, um interessanter zu wirken. Doch wo Rauch ist, ist auch Feuer.

Ausserhalb der grösseren Ortschaften wie Willisau ist das Napfgebietbis heute nur dünn besiedelt. Einzelhöfe sind weit verstreut, thronenhoch oben auf den sanft gerundeten Eggen, Weiler ducken sich in dendämmrigen Schatten der Talsohlen. In Opferbühl und Kreuzberg. InAusserhickeren und Hintersagen. Und in der Höll. Dort fand man beimUmbau des Ronmühlenhofes anno 1930 in einem der Balken einen Zap-fen. Der Bauherr entschied, ihn rauszureissen, obwohl ihn alle warnten,das um Himmelgottswillen sein zu lassen – sonst entweiche der Geist,der dort vor Jahrhunderten eingeschlossen worden sei. So kam es, wiees kommen musste: Der Bauherr zog den Zapfen, wurde nächsten Ta-ges von einem Fieber befallen und war drei Wochen später tot.

Frauen, die nicht folgenSie würde einen solchen Zapfen niemals entfernen, sagt Maria Kunz,

vor solchen Sachen habe sie Respekt. Unmittelbar vor der Höll, rechterHand, zog Maria Kunz ihre fünf Kinder alleine auf. Ihr Mann hatte sichdas Leben genommen, als ihr Jüngstes 13 Monate alt war. Hier holt siemich ab, um zu ihrer heutigen Heimat, höher und näher beim Himmel,einem Hof ganz oben am Grat, zu fahren. «Es ist viel ringer in die Höllzu kommen», weiss Maria. «Bis vor Kurzem gab es überhaupt keine Zu-fahrt zum Himmel.» Heute führt eine lotterige Strasse hoch, mit Vier-radantrieb kommt man gar hinauf zum Himmel.

Der Glauben lehrte Maria Kunz, das Schicksal anzunehmen, half ihr,nicht zu verzweifeln. Sie betet täglich, ist aktiv in der Lithurgiegruppe.«Aber mit Rom, tut mir leid, habe ich gar nichts am Hut.» Bei ihr läuftdie Weihnachtsgeschichte anatomisch korrekt ab, ihre Maria hat bis Hei-lig Abend einen prallen Bauch. Zwei ihrer Grosskinder halfen ihr ver-gangene Weihnachten, die Krippe aufzustellen. Am 24. rief Mariashochschwangere Tochter enerviert an, die Mädchen gäben keine Ruhe –weshalb die Geburt Jesu vorzeitig eingeleitet wurde. Kurz darauf er-blickte auch das Brüderchen von Marias Enkelinnen das Licht der Welt,und klein Jesus geriet ins Hintertreffen. Deshalb liegt der messianische

Wonneproppen an diesem düsteren 13. Januar noch immer selig in sei-ner Krippe. Nur der Esel scheint zu ahnen, dass eine beschwerliche Rei-se nach Ägypten bevorsteht. Denn die Flucht der heiligen Familie, diewerden sie noch nachspielen – Maria und ihre Grosskinder.

Die Hebamme gab Maria auch im Freilufttheater «D Goldsuecher amNapf», das die Feuerwehr Opfersei anlässlich ihres 50-Jahr-Jubiläums1993 auf die Beine stellte – die Überschwemmung, so Augenzeugen ausder ersten Reihe, sei schon fast beängstigend echt gewesen. Die Umset-zung der auf Tatsachen basierenden Mundarterzählung von Dr. JosefZihlmann (aka «Seppi vo de Wiggere») am sagenumwobenen Original-schauplatz, dem Enziloch beim Fluhhüttli, brachte den Napf national indie Schlagzeilen. Das Feuilleton von «Weltwoche» bis «NZZ» feierte dasLaientheater frenetisch. Von da an wusste man weit herum, dass MariaKunz eine gute Stimme hat. Als die ehrenamtliche Tourismusgruppe von

Hergiswil vor sechs Jahren die Idee hatte, einen Sagenabend zu veran-stalten, war der Fall klar.

Ihren Nachkommen erzählte Maria die alten Napfsagen am liebstenan deren Schauplätzen. Eines ihrer Gottikinder konnte nachher nichtmehr schlafen, habe fast eine Therapie gebraucht, erzählt sie schel-misch grinsend. Die Geistergeschichten kennt sie von ihrer Mutter undGrossmutter sowie den alten Menschen im Altersheim, die sie zehn Jah-re lang pflegte. Das Personal ist so gruslig wie ihre Geschichten schau-rig: D Sträggele, ein verhuddeltes Weib, das keine Ruhe findet, nachdemihr Kind verschwindet. Dr Dürscht, der mit seinem grossen schwarzenHund untot über die smaragdgrünen Wälder fegt, rumpelt und chaibet,weil er an einem heiligen Quartembertag jagte. Auf Wunsch eines hol-den Burgfräuleins, das sich zu ihrem Namenstag einen Wildschwein-braten wünschte – auch sie sah man nach jenem Tag nimmer mehr.«Jehrejoh!» rufen die Alten, wenn Maria die Sagen jeweils im Heim liest.«Ob ihrs glaubt oder nicht, die hab ich gehört!»

Des Nachts sitzt die Sagenerzählerin am Schreibtisch und schmiedetauf der Grundlage der Überlieferungen ihre Verse. Und macht sich soallerlei Reime. «Im Kern vieler Geschichten sind Frauen, die nicht folg-ten», sagt Maria Kunz. «Manne und Buebe? Nein, die machten nie etwasfalsch.» In der Rohrmatt steht ein Kreuz, eingeprägt der Name einer ver-schollenen Kindbettnerin. Manche Sage berichtet von Frauen, die kurznach der Niederkunft verschwanden. Nach der Geburt galten Frauen alsunrein, durften das Haus nicht über die Dachstreife hinaus verlassen –denn der Teufel hatte Macht über sie, bis der Pfarrer sie ausgesegnet hat-te. «Wenn dann eine trotzdem ging, da kam es vor, dass sie einfach ver-schwand.» Einige kehrten des Nachts zurück, um ihre Neugeborenen zustillen. Andere sah man wandeln, bis man ihnen ein Helgenstöckli bau-te, dass ihre Seelen endlich Frieden fanden.

Wenn Bergmannli Birnen sammeln«Als ich 1965 mein erstes Kind gebar», erzählt Maria fast vergnügt,

«musste ich auch noch zum Aussegnen, ja, ja!» Sie habe dem Pfarreraber zünftig Bescheid gemacht, was sie davon hält: Gar nichts. DieKindbettnerinnen in den Sagen, nimmt Maria an, litten wohl an Wo-chenbettdepressionen und hätten sich umgebracht. «Und DAS hätteman damals sowieso niemals nach aussen getragen». Selbstmörder wur-den nicht auf dem Friedhof beerdigt, sondern irgendwo verscharrt.

Hinter den Sagen, glaubt Maria, versteckt sich so manch Unsagbares.Greisinnen berichten heute noch von Abtreibungen mit Eibentee undPeterlisamen. Viele der Frauen kamen nicht mehr zwäg, serbelten wäh-rend Jahren. «Solches ist viel passiert. Viel mehr, als wir wissen.» Gross-

Der Bauherr zog den Zapfen aus dem Balken –drei Wochen später war er tot.

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bauern vergingen sich an den Mägden und nicht selten an ihren eigenenKindern, «Ja, ja, Inzucht, ganz sicher!» Deshalb gab es Kleinwüchsige,Deformierte, Ges törte, und die hat man verstossen oder sicher nieman-dem gezeigt. Sie lebten im Versteckten, man bekam sie nie zu Gesicht.Maria erinnert sich selbst an solche Fälle. Weil sie auch etwas Anerken-nung wollten, taten sie im Geheimen Gutes. Und die Bergmännli in denSagen sind bekannt dafür, dass sie Dinge erle-digen. Am Morgen sind vielleicht die Birnenaufgelesen. Der Hof gewischt.

Die Sagen leben weiter. Am Sträggeletag,dem 21. Dezember, lassen viele Mütter ihrekleinen Töchter noch immer ungern aus dem Haus. Einige Zimmer imNapfgebiet werden nie betreten, rund um die Uhr brennt das Licht – dieGeister von zwielichten Vorfahren sollen nicht entkommen. Oder auchdie grossen schwarzen Strassenhunde, von denen Marias Vater schonerzählte: «Ich habe ihm das nie geglaubt.» Aber bei ihren Nachfor-schungen in den Archiven und in den Berichten der Alten entdeckte sie,dass viele Leute an den genau gleichen Stellen im hintersten Teil des Hü-beli denselben Hund gesehen haben. «Heute würd’ ichs ihm glauben.»

Die Geschichten ziehen Zuhörer unverändert ihren den Bann, Mariaspricht von einem wahren Boom. Rund 50 Personen pro Abend hängenim Halbdunkel des Tearoom Thalmann in Hergiswil an den Lippen die-ser kleinen, runden Frau, die so packend, im für Auswärtige strecken-weise unverständlichen Dialekt des Luzerner Hinterlands gar strube Geschichten aufleben lässt. Wochen im Voraus sind ihre Dezember-Le-sungen bis auf den letzten Platz ausgebucht, Monate gar jene in derChrotthütte oben, wo ein begeistertes Publikum eng an eng den schau-erlichen Reimen lauscht.

Von den höchsten Kämmen des Napfs reicht die Rundsicht über dasLuzerner Hinterland und übers Emmental. Nachts kann man die Lich-ter des Jungfraujochs, des Stockhorns und jene des Weissensteins aufder vordersten Jurakette funkeln sehen. Maria ist glücklich hier, einKraftort sei der Napf, sagt sie mit Bestimmtheit auf der Talfahrt. «Ichhabs den Engeln aufgetragen», meint sie in aller Ruhe, die Augen auf die

von Schneegestöber verhüllte, mäandernde Bergstrasse geheftet. Siemeint den fehlenden Gegenverkehr und gluckst leise zufrieden. «Undfür patente Parkplätze haben sie gleich mitgesorgt.» Die zwölffacheGrossmutter hat den Fahrausweis erst seit wenigen Jahren und schätztGegenverkehr und enge Parkplätze nicht besonders. Auch für dieseweltlichen Sorgen haben die Gestalten aus Maria Kunz’ Sagenwelt eineLösung. ■

Hinter den Sagen verbirgt sich Unsagbares:Depressionen, Inzucht und Abtreibungen.

Mittlerin zwischen den Welten: Grossmutter und Sagenerzählerin Maria Kunz in ihrem Haus zwischen Himmel und Höll.

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Als unglücklich verliebter 16-Jähriger träumte sich Peter Creola von der Erde weg. Später doktorierte er überWeltraumrecht und vertrat die Schweiz bei der European Space Agency. Der richtige Mann für ein Gesprächüber ein Stiefkind der Wissenschaft – die UFOs.

UFO-Forschung«Ausserirdisches Leben ist diewahrscheinlichste Hypothese»

MENA KOST (INTERVIEW) UND ANNETTE BOUTELLIER (BILDER)

Herr Creola, wir haben vor, uns ernsthaft über UFOs zu unterhalten.Geht das überhaupt?Ja, das geht schon.

Haben wir uns damit in den Augen einer Mehrheit nicht bereits alsunseriös erwiesen?Kommen Sie mir nicht mit der Mehrheit. Die Mehrheit der Menschen istsehr denkfaul und ausserdem konservativ. Unkonventionelle Themenlehnt sie schnell ab. Gleichzeitig glauben die Leute an Gott oder sogaran ein Leben nach dem Tod. Das ist um einiges unwahrscheinlicher alsdie Existenz von UFOs.

Trotzdem: Was würden Sie tun, wenn Sie morgen früh vor IhremSchlafzimmerfenster ein UFO sehen würden? Würden Sie damit andie Öffentlichkeit gehen und die Blickschlagzeile riskieren: «UFO-Peter: Aliens schauten in mein Schlafzimmer»?Wenn die Sichtung konkret genug wäre, würde ich es sogar als meinePflicht empfinden, das zu melden. Denn einerseits sind UFO-Sichtun-gen, die wissenschaftlich nicht erklärbar sind, sehr zahlreich. Anderer-seits gibt es noch immer zu wenig offizielle Wissenschaftler, die dasUFO-Phänomen im grossen Stil erforschen. Wenn die Wissenschaft dieScheu vor diesem Thema nicht verliert, überlässt sie dieses Feld kampf-los irgendwelchen Scharlatanen. Und gerade auf diesem Gebiet gibt essehr viele Spinner.

Können wir uns darauf einigen, dass ein UFO ein Objekt ist, dasfliegt und ausserdem nicht identifizierbar ist?Ja. Ein UFO zu sehen, bedeutet nicht automatisch, etwas Ausserirdi-sches zu sehen. Sondern etwas, von dem wir nicht wissen, was es istund woher es kommt. Bedeutet: Das Gesehenekann weder mit meteorologischen noch mitirgendwelchen anderen irdischen Phänome-nen – Höhenmessungsballonen, Zeppelinen,Sternschnuppen, abstürzenden Satelliten undso weiter – erklärt werden.

Wann haben Sie begonnen, sich für UFOs zu interessieren?Mit 16 war ich sehr unglücklich verliebt und alles, was eine Flucht vonder Erde war, hat mich interessiert. Damals ging gerade die Raumfahrtlos, mit Sputnik 1 und so, und die Beschäftigung mit der Raumfahrt

wurde mein Hobby. 1967 habe ich dann meine Dissertation über Welt-raumrecht geschrieben. Und ein Jahr später kam ich nach Bern und warab dann, in verschiedensten Funktionen, der Weltraumspezialist derSchweizer Regierung. Das mit den UFOs ist irgendwann ganz von allei-ne dazugekommen.

Sie waren bis 2002 Leiter des Büros für Weltraumangelegenheiten,sind ehemaliger Delegierter der Schweiz bei der europäischen Welt-raumorganisation ESA – und immer wieder plädierten Sie auch öf-fentlich für eine wissenschaftliche Untersuchung des UFO-Phäno-mens. Was für Reaktionen lösten Sie damit aus? Ich wurde nicht verfemt, falls Sie das meinen. Ich bin im Gegenteildurchaus auf Wohlwollen gestossen. Wissenschaftler, die in den klassi-schen Naturwissenschaften oder der Weltraumforschung zu Hause sind,haben zum Glück weniger Berührungsängste mit dem Thema als nochvor ein paar Jahrzehnten.

Allerdings hat die wissenschaftliche Untersuchung des Phänomensin letzter Zeit nicht gerade für Schlagzeilen gesorgt … Weil für die Erforschung dieses Gebiets kein Geld gesprochen wird. Na-türlich kann jede Forscherin oder jeder Forscher sagen: «So, jetzt macheich einen Forschungsantrag an den Nationalfonds zur Aufarbeitung derSchweizer UFO-Dossiers.» Aber ob er genehmigt wird, ist eine andereFrage. In den Entscheidungsgremien sitzen Leute, die finden, wir hättenjetzt wirklich Dringenderes zu tun. Zum Beispiel die Klärung der Frage,wieso der Borkenkäfer schon wieder von Graubünden ins Veltlin abge-wandert ist.

Wie könnte seriöse UFO-Forschung denn aussehen?So, wie sie etwa GEIPAN, eine Untergruppe der französischen Raum-fahrtsbehörde CNES, betreibt. Man baut ein Informationsnetz auf, sam-

melt und überprüft Sichtungsberichte, Radaraufzeichnungen und Lan-despuren und wertet diese aus. So finden sich Gemeinsamkeiten wiezum Beispiel klassische Aspekte einer UFO-Sichtung: Ein UFO machtkeinen oder wenig Lärm, es kann von irgendwo aus starten, Manöverfliegen, die wir mit unseren physikalischen Gesetzen nicht erklären kön-nen und in kürzester Zeit unglaubliche Geschwindigkeiten erreichen,

«Die Ariane 5 funktioniert nach dem gleichen Prinzip wiedie chinesischen Feuerwerksraketen vor 2000 Jahren.»

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Der Stolz des Heimbesitzers: Sven Unold vor seinem Wohnwagen mit selbst gebautem Vorbau.

die es ermöglichen würden, interstellare Distanzen – also zumindest einpaar Lichtjahre – zu überwinden.

Was erhoffen Sie sich von einer offiziellen wissenschaftlichen Erfor-schung des UFO-Phänomens?Ein Antrieb, wie ihn UFOs zu haben scheinen, ist der Traum von jedem,der mit Luft- oder Raumfahrt zu tun hat. Eine solche Technologiebräuchten wir dringend. Wenn davon die Rede ist, dass technologischerFortschritt die Luftfahrt ökologischer werden lässt, ist das nur Ge-schwätz. Es dreht sich dabei um Einsparungen von wenigen Prozent imTreibstoffverbrauch oder im Stickstoffausstoss.Der Luftfahrtbetrieb als Ganzes wird trotzdemweiter wachsen, ist enorm Energie fressendund legt Lärmteppiche über ganze Gebiete. DieRaumfahrt ihrerseits funktioniert immer nochmit Raketen. Die Ariane 5, eine europäische Trägerrakete und eine dermodernsten der Welt, funktioniert immer noch nach dem gleichen Prin-zip wie die chinesischen Feuerwerksraketen vor 2000 Jahren. UnsereTechnik ist fürchterlich primitiv …

Sie haben einmal gesagt, dass etwa 95 Prozent der UFO-Sichtungenmit konventionellen Himmelserscheinungen erklärt werden könn-ten. Wie geht die Wissenschaft mit den unerklärlichen fünf Prozentum?Am Ende eines Berichts über eine unerklärliche Sichtung stehen natür-lich nicht Dinge wie: «Es handelte sich offensichtlich um ein UFO desPlaneten Aldebaran 15 c.» Trotzdem, wenn alle Ursachen terrestrischenUrsprungs ausgeschlossen werden können, dann kann man schon zumSchluss kommen, dass es sich am ehesten um ein extraterrestrischesPhänomen gehandelt haben muss. Zu diesem Ergebnis kommt jeden-

falls eine 1999 vom französischen Militär veröffentlichte Studie namensCometa Report. Diese untersuchte die erstaunlichsten und bestdoku-mentierten UFO-Sichtungen und kam zu dem Schluss, dass die «ausser-irdische» Hypothese die wahrscheinlichste Erklärung darstellt. In derWissenschaft ist das quasi eine konservative Annahme.

Sie gehen davon aus, dass das Vorhandensein von Leben anderswoim Universum wahrscheinlich ist?In den letzten Jahren hat sich die Chance auf extraterrestrisches Lebenlaufend vergrössert. Man weiss, dass es im Weltraum überall komplexe

organische Moleküle gibt. Und Wasser – sogar in unserem Sonnensys -tem. Auf der Erde selber hat sich das Leben ja in extremsten Umgebun-gen entwickelt und gehalten: In der Tiefsee neben 100 Grad warmenVulkanquellen, in der Antarktis oder der Stratosphäre. Es wäre also ge-radezu merkwürdig, wenn das anderswo nicht auch passieren würde.

Bisher hat man aber keine zweite Erde gefunden.Der Schritt von Leben an sich, also beispielsweise einzelligem Leben,bis zum Menschen ist gigantisch. Es können im Lauf einer solchen Ent-wicklung auf einem Planeten sehr viele Sachen passieren, die zu einemEnde dieser Entwicklung führen.

Die Wahrscheinlichkeit, rein zufällig über eine Zivilisation zu stol-pern, die Technologie anwendet, ist demnach nicht besonders gross. Bis zum Beweis des Gegenteils ist die Erde im bekannten Universum dereinzige Ort, wo das Universum über sich selber nachdenkt. Es ist docheine verrückte Sache, dass man mit dem Menschenhirn gedanklich biszum Ursprung des uns bekannten Universums kommt, bis zum Urknall.Und dass man die grossen Fragen anpackt: Wer sind wir? Woher kom-men wir? Wie entstand das Leben? Wie wird es sich weiter entwickeln?All das. Es wäre doch eine ungeheure Beruhigung und Freude, wennman nur einen einzigen Ort kennen würde, wo man sich ähnliche Fra-gen stellt.

Ist es nicht vielleicht dieser starke Wunsch, der der Beschäftigungmit UFOs ihren zweifelhaften Ruf beschert? Die UFO-Forschung ba-siert ja schlussendlich auf Augenzeugenberichten. Ja, aber nicht nur. Auch Bodenproben, Film- und Radaraufnahmen undso weiter fliessen ein. Was das Wunschdenken betrifft: Viele Augenzeu-gen stammen aus dem recht illusionsarmen Militär-, Raumfahrt-, Flie-ger- oder Regierungsumfeld. An einer Pressekonferenz im November2007 im National Press Club in Washington etwa forderten ehemaligehochrangige Militärs und Regierungsleute aus der ganzen Welt die USAdazu auf, die offiziell in den 60er-Jahren eingestellten UFO-Untersu-chungen wieder aufzunehmen. Sie alle haben eine unerklärliche UFO-Sichtung gemacht und beschreiben sie im Detail. Ich möchte wissen,was für Gefährte sie gesehen haben, oder dann, wieso sich derart vieleseriöse Leute in eine solche Geschichte hineinsteigern. Auch die Apol-lo-Astronauten Ed Mitchell und Buzz Aldrin sagen übrigens beide offen,dass sie auf ihren Flügen seltsame Dinge gesehen hätten und angehal-ten worden seien, auf keinen Fall darüber zu sprechen.

Warum berichten viele ehemalige Militärs, Regierungsleute oder Pi-loten erst nach der Pensionierung über ihre Erlebnisse mit uniden-tifizierten Flugobjekten?Wenn ein Pilot beim Briefing für einen Einsatz zur Tür hereinkommtund erzählt, er habe gestern ein UFO gesehen, es sei orange gewesenund im Garten der Grossmutter gelandet, dann kommt das nicht gut an.

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«Vielleicht sind wir für Ausserirdische die Dorf -trottel des Universums.»

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Statt im Vorzelt kocht Peli Fischer diesen Winter im Bauwagen.

Es ist die Angst, für nicht zurechnungsfähig angesehen zu werden. KeinPilot kann sich das leisten. Eine Ausnahme ereignete sich allerdingswährend der UFO-Welle über Belgien. In den Jahren 1989 und 1990wurden dort derart viele dreiecksförmige Flugobjekte von Tausendenvon Zeugen gesehen und mit Radar erfasst, dass die Luftstreitkräfte zumSchluss in Pressekonferenzen bekannt gaben, dass sie keine Erklärungfür diese Sichtungen finden können. Trotzdem, eine besonders spekta-kuläre Zusammenkunft zwischen UFO und Mensch fehlt bisher. Werweiss, vielleicht haben die Ausserirdischen ja den Eindruck, wir seieneine zu gefährliche Art, als dass man sich mit uns abgeben sollte. Oderwir sind die Dorftrottel des Universums …

In den USA will die Obama-Administration nun bei einigen UFO-Ak-ten die Geheimhaltung aufheben. Hat man die Dossiers ausgewertetund für uninteressant befunden?Uninteressant sind diese Akten auf keinen Fall. Aber aus vielen geht tat-sächlich hervor, dass das Militär einen Vorfall mit allen ihm zur Verfü-gung stehenden Mitteln untersuchte, zu keiner Erklärung kam und dieUntersuchung irgendwann einstellte. Fazit: Keine Gefahr für die natio-nale Sicherheit.

Was wissen Sie über UFO-Berichte und -Erforschung in der Schweiz? Unter dem Chef des Nachrichtendiensts Flieger- und Fliegerabwehr RolfLécher wurde von 1971 an ein UFO-Dossier geführt. 1988 wurde es mitder Begründung geschlossen, dass von diesem Phänomen keine Bedro-hung für die nationale Sicherheit ausgehe. Ich habe dafür auch Ver-ständnis, es ist nicht die Aufgabe der Luftwaffe. So richtig bösartig warbisher nun mal kein UFO. Heute ist das Dossier deklassifiziert und mei-nes Wissens gibt es hierzulande keine offizielle UFO-Forschung mehr.

Für das Militär scheint das Thema vor allem eine sicherheitspoliti-sche Dimension zu haben. Was würde der Beweis von UFOs – odergar extraterrestrischer Intelligenz – für Politik und Gesellschaft be-deuten?Noch haben wir keinen Beweis dafür, dass es anderswo gelungen ist, ei-ne Zivilisation auf unserem Niveau zu erreichen. Es wäre sehr ermuti-gend, auf eine zu stossen, die bereits längere Zeit zu überleben ver-mochte. Und demnach nicht zu dumm war, Probleme zu lösen, die siezu schaffen gescheit genug gewesen war. Das würde bedeuten, dass unsdas ebenfalls gelingen könnte. Wenn wir keinen Beweis für eine extra-terrestrische Intelligenz finden, liegt der Schluss nahe, dass eine tech-nisch hoch entwickelte Zivilisation und gleichzeitig längerfristiges Über-leben unvereinbar sind. ■

Zur Person:Peter Creola, geboren 1940, absolvierte sein Studium an der Juristi-schen Fakultät in Zürich und schrieb seine Doktorarbeit über Welt-raumrecht. Ab 1968 war er in verschiedensten Funktionen Weltraum-spezialist der Schweizer Regierung und ab 1971 Chef-Delegierter derSchweiz bei der European Space Agency (ESA). Von 1998 bis zu sei-ner Pensionierung 2002 leitete er das Eidgenössische Büro für Welt-raumangelegenheiten. Peter Creola lebt mit seiner Frau in Bern.

Peter Creola: «Bis zum Beweis das Gegenteils, ist die Erde der einzige Ort, wo das Universum über sich selber nachdenkt.»

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Vom Handy bis zum Automotor, vom Computer bis zur Ansage im Zug: Die Geräuschkulisseunseres Alltags wird zunehmend bewusst und absichtsvoll kreiert. Die gezielt eingesetztenSounds sollen Wohlbefinden und Konsumfreude fördern – und zwar möglichst unbemerkt.

SounddesignSchöne neue Klangwelt

VON TARA HILL

Es ist noch nicht lange her, da kündete ein nervtötendes Piepsen denEmpfang einer SMS an. Tempi passati: Heute flötet das Handy sanft,wenn eine Nachricht eintrifft. Kein Zufall: Denn hinter den ganz nor-malen Alltagsgeräuschen steckt immer öfter eine aufwändige Marke-tingstrategie. Vom Betriebssystem des PCs über die hintergrundberiese-lung im Supermarkt, von der Warteschlaufe der Telefon-Hotline bis hinzur automatischen Begrüssung im Zug: Der Ton-Teppich, der uns täglichbegleitet, wird zunehmend von Agenturen entworfen, die per Soundde-sign direkt auf die Emotionen des Publikums zielen.

Sounddesign oder Audio Branding nennt sich dieser rasch wachsen-de Markt, der Tonfolgen in «Brands» verwandelt. Einige dieser Klang-marken erkennt man sofort wieder: So etwa das allgegenwärtige Nokia-Motiv, dem jeder Schweizer in Büro, Tram oder Restaurant mehrmalstäglich begegnet. Die meisten Designer-Töne arbeiten aber auf einersubtileren unterbewussten Ebene. Ziel des kommerziellen Soundde-signs ist es, beim Hörer angenehme Gefühle auszulösen – und ihn da-mit im Idealfall als Kunden an sich zu binden. «Ein guter Sound trifftuns ins Herz. Er erzeugt Gänsehaut, ruft spezifische Stimmungen undBilder hervor», ist Rainer Hirt überzeugt. Mit seiner Agentur für AudioBranding be ackert er ein weites Feld: «Wir sind zuständig für alle aku-

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stischen Elemente eines Unternehmens und für alle Kanäle, über dieKlänge verbreitet werden.» Mit nur 30 Jahren gilt der Quereinsteiger, einehemaliger Schreinerlehrling aus Konstanz, als Koryphäe auf dem Ge-biet des Corporate Sound, hat zwei Bücher und mehrere Studien zumThema veröffentlicht und spricht an Kongressen auf der ganzen Welt.«Als ich angefangen habe, waren wir eine weitverstreute, kleine Gruppevon Spinnern», bilanziert Hirt schmunzelnd seine steile Karriere: «Inden letzten fünf Jahren hat sich Sounddesign aber rasant zu einer ei-genständigen Branche entwickelt. Ich bin selber erstaunt, auf welchemLevel wir uns mittlerweile befinden.»

Maschinenmusik für FabrikarbeiterIn der Schweiz gehört Lukas Bernays’ Zürcher Firma Audio Relation

zu den Pionieren im Bereich Audio Branding. Der ehemalige Kultur-ma nager und PR-Experte war etwa für denSound von Swisscom zuständig, einer der er-sten Schweizer Konzerne, der das Potenzial derKlanggestaltung entdeckte. Dennoch stehe seinBusiness noch ganz am Anfang, meint Bernays:«Bisher verwende ich noch einen Grossteil meiner Zeit für Überzeu-gungsarbeit. Aber der Markt wächst. Ich glaube, in den nächsten Jahrenwird die Klanggestaltung eine immer grössere Rolle spielen.»

Ursprünglich stammt der Begriff Sounddesign aus der Filmmusik.Gemeint ist damit weniger der Soundtrack, sondern die Nachvertonungeines Films mit spezifischen Geräuschen. Wenn im Kino eine Tür zuge-schlagen wird, ist dabei selten der Originalton zu hören – das eigentli-che Geräusch wäre meistens zu unauffällig. Stattdessen bewirkenSounddesigner mit spezifischen Geräuschen, dass die Tür – passend zurerzählten Geschichte – beruhigend zuschnappt oder unheimlich insSchloss fällt. Früher waren diese Effekte aufwendig und teuer, denn einGrossteil wurde von Studioorchestern live eingespielt. Erst mit dem Sie-geszug von Synthesizer und Computer erwies sich Sounddesign auchfür Fernsehen und Werbung als erschwinglich. Mittlerweile sind die fin-digen Klangtüftler dank der Allgegenwart des Computers überall zu fin-den: «Im Unterschied zu Musikern und Künstlern steht bei uns dieFunktion klar im Vordergrund», bringt der Basler Sounddesigner KnutJensen seine Arbeit auf den Punkt. Jensen vertont nicht nur Filme, sondern kreiert auch Tonspuren für Museen, Ausstellungen – oderUnternehmen. Er berät die SBB und Novartis, für die er in ihren Pro-duktionsstätten neue Warntöne entwarf: Statt die Arbeiter mit Störge-räuschen zu drangsalieren, entwarf er ein Konzept, dass die MaschinenMusik spielen liess.

Im Zuge der digitalen Revolution wächst der Bedarf an künstlich her-gestellten Klängen rasant. Wenig überraschend, übernehmen dabei IT-Konzerne und Telekommunikationsunternehmen eine Pionierrolle:Denn die Schreibmaschinen von früher ratterten noch mechanisch,heutzutage werden alle Klänge der modernen Kommunikationsmittel di-gital kreiert. «Firmen wie Microsoft, Intel oder Nokia erkannten als er-ste, dass man durch gezielte Klänge eine Identifikation des Kunden mitdem Produkt und dem Unternehmen bewirken kann», erklärt Soundde-signer Lukas Bernays von Audio Relation.

Der Klang «meiner» FirmaEs ist dieser ganzheitliche Anspruch, der den Quantensprung im

Sounddesign auslöste und den Boom der noch jungen Branche ermög-lichte: Jeder Klang, so die Erkenntnis, trägt zur Kundenbindung bei. Soetwa bei Apple. Der Konzern, der puncto Design weltweit als führendgilt, legt höchsten Wert auf audiovisuelle Ästhetik: Vom Knacken desiPod-Scrollers bis zur Begleitmusik des Webauftritts sind sämtlicheKomponenten aufeinander abgestimmt. «Bis vor Kurzem war die Cor-porate Identity eines Unternehmens rein visuell ausgerichtet: Man feil-te an Logos und Schriftzügen, auf den Produkt- und Markensound wur-de aber kaum geachtet. Dabei fliesst hier alles zusammen: Denn Klänge

werden zuerst intuitiv wahrgenommen und wirken deshalb viel stärkeraufs Unbewusste», fasst Bernays das Potenzial seines Arbeitsgebiets, dersogenannten «Psychoakustik», zusammen. Diese will für das Unterneh-men einen «psychologischen Mehrwert» auf allen Ebenen schaffen: DerCorporate Sound transportiert dabei Identität, Werte und Unterneh-mensziele, Audiologos sorgen mit kurzen Tonabfolgen für einen hohenWiedererkennungseffekt der Marke, und für die spezifischen Geräuscheeinzelner Produkte wird ein sogenannter Product Sound entworfen.

Wie aber findet man heraus, wie ein Unternehmen klingen soll? Da-für arbeiten Bernays und sein deutscher Berufskollege Hirt mit Pro-duktdesignern und Psychologen, bedienen sich sowohl der Erkenntnisseder Musikwissenschaft als auch der Marktforschung. Dementsprechendaufwendig ist die Erarbeitung des Corporate Sound für ein Unterneh-men: Bis ein umfassender akustischer Auftritt fertig ist, kann es bis zu

zwei Jahre dauern. Frei nach dem Motto «Lass mich hören, wie duklingst, und ich sage dir, wer Du bist» muss die Chefetage zunächst diestrategischen Ziele sowie Werte und Inhalte definieren. «Typischerweisewollen Unternehmen für Innovation und Qualität stehen», erklärt Ber-nays. In Workshops mit Soundparcours werden anschliessend verschie-dene Tonfolgen getestet, Klangfarben und Rhythmen zur Auswahl ge-stellt, die fröhlich oder wagemutig, entspannt oder dynamisch klingensollen. Im Klanglabor entwirft Audio Relation daraufhin eine Palettepassender Töne, woraus die «Sound-DNA» einer Firma destilliert wird.Bevor man den neuen Corporate Sound auf Kunden loslässt, testenMarktforscher die Wirkung: Intuitiv verständlich soll der resultierendeMarkenklang sein, einen Wohlfühleffekt schaffen, der seine Hörer andie Firma bindet.

Eine Art PsychohygieneDass diese schöne neue Klangwelt, eine Art Photoshop für die Ohren,

vor allem auf eine Manipulation des menschlichen Gehirns zielt, weisensowohl Bernays wie Hirt von sich. «Natürlich versuchen wir, die Kun-den positiv zu beeinflussen», gibt Branchenpionier Rainer Hirt zu: «Aberdas versuchen Werbung und Produktdesign seit jeher. Wir gestaltenbloss den akustischen Auftritt. Es ist ähnlich wie bei Schmuck oder Kos-metik. Wir verschönern ein Produkt oder ein Unternehmen akustisch.Doch schlussendlich muss es als Ganzes überzeugen.» Dass Soundde-sign Unbehagen weckt, kann Hirt aber verstehen: «Wir haben eine ge-wisse gesellschaftliche Verantwortung. Geräusche können negative Ge-fühle auslösen, wie das Beispiel Klingeltöne beweist.» Auch Bernays kritisiert selbst den wachsenden Dschungel an digitalen Geräuschen:«Dieser Soundterror aus schrillen und penetranten Tönen ist tatsächlichein Problem.» Zurzeit wachse alledings die Erkenntnis, dass laute, ag-gressive Tonfolgen auf die Kunden oft kontraproduktiv wirken.

Sounddesign ist für Bernays daher nicht das Problem, sondern dieLösung: «Gutes Design wirkt wie eine Art Psychohygiene», ist er über-zeugt. Wo das nervtötende Piepsen in Handys oder Liften durch einsanftes «Pling» ersetzt werde, wo ausgewählte Klangteppiche bei Tele-fon-Hotlines an die Stelle kitschiger Panflöten träten, also überall wo Fir-men in die Qualität ihres Sounds investierten, nehme die Lärmver-schmutzung ab – die Kakophonie verwandelt sich in Wohlklang. «Undwenn die Welt besser tönt, haben wir alle etwas davon», so Bernays’ Fa-zit. Denn optimales Sounddesign, da sind sich Bernays und Hirt, Nee -cke und Jensen einig, könne schliesslich auch die Abwesenheit von Tö-nen bedeuten, also: Stille. ■

Laute, aggressive Tonfolgen wirken auf dieKundschaft kontraproduktiv.

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leicht ist er einfach nicht der Typ?», sinniereich. «Er ist aber der Superromantiker!» «DasLeben ist eben kompliziert», weiche ich aus.

Roger kommt grimmig zurück. «Die Strasseist dicht. Sieht aus, als müsstet ihr bleiben.»«Okay…», linse ich zu Maggie, die mit ihrenGedanken irgendwo anders ist. Die Hitze desFeuers hat sich mittlerweile bleiern im Raumausgebreitet. Ich gehe ans Fenster. Mit derHand wische ich ein Guckloch frei. Draussenist es stockdunkel. «Wir brauchen noch Holz»,murmelt Roger und ist weg.

«Dieser Rochester …», starrt Maggie langeins Feuer, während der Hund friedlich pennt,«… der gibt doch erst vor, eine andere zu wol-len als Jane?» «Ähm, schon möglich?», sage ichmulmig. «Du bist hier die Romantikerin.» Inder Stille des Schnees hören wir Roger Holzhacken. «Lies den verdammten Schmöker»,knurrt Maggie nach einer langen Weile denHund an. «Dann weißt du, wer diese Jane Eyre wirklich ist.»

DELIA LENOIR

([email protected])

ILLUSTRATION: IRENE MEIER

([email protected])

Kürzlich in den Bergen. Seit Stunden fälltdraussen Schnee. Maggie zündet in der Hütteein Kaminfeuer an. «Ist doch romantisch!»,grinst mich Roger an. «Mhm», versuche ich einLächeln und rühre mit klammen Fingern in ei-nem Kessel Punsch. Maggie und ich sind hier,um unseren Kumpel von seinem Liebeskum-mer abzulenken.

«Ich vermisse sie», starrt Roger später insFeuer und meint damit seine Freundin, die ihnverlassen hat, weil er sie nie heiraten wollte.«Ich habe sie mein ganzes Leben lang geliebt.»Maggie und ich sehen uns schweigend an. DerHund liegt vor dem Feuer und starrt ungerührtin die züngelnden Scheite. «Ich kann einfachnie glücklich werden. Wahrscheinlich bin ichwie dieser Mister Rochester, der vor Kummergeplagt durch Thornfield wankt.» «Übertreibstdu da nicht ein bisschen», versuche ich ein

Grinsen. «Aber der kriegt am Schluss doch seine Jane Eyre und alles ist in Butter!», wirftMaggie ein. «Ja, und sonst gibt es andere Frauen.»

Roger sieht mich schweigend an und schüt-telt den Kopf. «Du bist so was von unroman-tisch», rügt er mich. «Stimmt gar nicht! Ich fin-de diese Liebesromane nur übertrieben. Fürmich wäre weniger mehr.» «Weniger Liebe?»«Weniger Drama. Ich mein, da stolpert ständigeiner durch meterhohen Schnee und ruft nachseiner Geliebten. Können die sich nicht ein-fach verabreden? Und was soll das, dass dienie voneinander los kommen? Das ist doch un-gesund. Warum nicht loslassen und sehen,was passiert? Vielleicht sterben die dann garnicht mehr an gebrochenem Herzen?» «Okay,du bist unromantisch», gibt Maggie Rogerrecht. «Welche Frau will denn keinen Mann,der sie auf Händen trägt?» «Welche Frau hatdenn keine Füsse?», kontere ich und muss la-chen. Aber Rogers Laune verschlechtert sich:«Ich ruf mal den Wetterdienst an.»

Draussen liegt mittlerweile ziemlich vielSchnee. Maggie liegt in eine Decke gewickeltauf der Pritsche. Ich schöpfe mir aus dem Kes-sel ein Glas Punsch. «Meinst du, er hängt wirk-lich an dieser Frau?», fragt sie langsam. «Des-wegen sind wir doch hier», überlege ich. «Ichweiss nicht. Irgendwas stimmt da nicht. Wa-rum wollte er sie eigentlich nie heiraten?»,überlegt Maggie weiter. «Keine Ahnung, viel-

Le mot noirEingeschneit

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GeschichteEin einig Volk von Milchtrinkern

VON RETO ASCHWANDEN

Die Schweizer sind ein Volk von Milchtrinkern – in praktisch jedemHaushalt findet sich das weisse Nass. Doch das war nicht immer so. Bisins 19. Jahrhundert hinein betrachteten Mediziner Milch als schwerver-daulich und empfahlen sie nur für Kinder und Kranke. Als Alltagsge-tränk kannte man sie nur dort, wo Viehzucht betrieben wurde, denn inder Epoche vor der Eisenbahn verdarb das Naturprodukt schon wäh-rend des Transports zum Endverbraucher. Doch nicht nur mit der Ver-teilung haperte es – auch reichte die produzierte Menge bei weitemnicht aus, um jedem seine tägliche Milchration zu ermöglichen. Das än-derte sich, als der Getreideanbau in der Schweiz nicht mehr rentierte,weil ab 1850 zunehmend billigeres ausländisches Getreide importiertwurde. Die Anbaufläche ging bis zum Ersten Weltkrieg um zwei Drittelzurück, im Gegenzug erlebte die Milchwirtschaft einen Aufschwung. ZuBeginn des 20. Jahrhunderts lag der Pro-Kopf-Konsum bei einem halbenLiter täglich.

Zwischen Weinfässern, Wirtshausschildern und Werbeplakatentaucht man ein in technik- und wirtschaftshistorische Zusammenhängesowie in die Design- und Werbegeschichte der Schweiz. Mitten im Aus-stellungsraum steht eine Säule, die einzig und allein der Ovomaltine ge-widmet ist. Originaldosen aus über hundert Jahren reihen sich anein-ander, während auf einem Bildschirm Ovomaltine-Werbungen laufen.Hier wird die Beschäftigung mit einem Nahrungsmittel auch zur Kul-turgeschichte: Die erste Reklame, die im Schweizer Fernsehen 1965 zusehen war, warb für – Ovo. Die teilweise etwas frivole Fernsehwerbungbildet einen interessanten Kontrast zur betont sachlichen Gestaltung derDosen. Als «Kraft-Nährmittel» wurde die Ovomaltine auf den Markt ge-bracht. Heute lautet die Produktinformation schlicht: «HochwertigesAufbaugetränk».

Nun wurde und wird in der Schweiz beileibe nicht nur Milch undOvo konsumiert. Ein grosser Teil der Ausstellung widmet sich alkoholi-schen Getränken, insbesondere dem Wein. Unter dem Ancien Régimelag der Verbrauch pro Tag und Person bei gut einem halben Liter. Aller-dings muss man dazu wissen, dass Wein in vorindustrieller Zeit gegen-über dem damals nicht immer sauberen Wasser den Vorteil hatte, dasser haltbarer und nahrhafter war. Und so gehörte er lange auch zur Sol-datenverpflegung, wie das Lehrbuch für die Sanitätsmannschaft derSchweizerischen Armee von 1883 überliefert: «Wein und Bier von guterQualität und in kleiner Menge genossen, beleben und stärken die Ner-ven; diese Getränke sind nützlich und wohltuend, besonders währendermüdenden und anhaltenden Arbeiten.» Passenderweise lautet dieÜberschrift dieses Kapitels «Das Jahrhundert des Alkohols».

Wie der Alkohol im Zuge der fortschreitenden Arbeitsteilung mehrund mehr aus dem Berufsleben zurückgedrängt wurde und schliesslichauch im Privaten zurückhaltender konsumiert wurde, ist in der Ausstel-lung ebenfalls dargestellt. In zwei kompakten Sälen versammelt «Durst-

löscher» eine Vielzahl von Informationen und Artefakten: Originalbildermit Trinkszenen, Brunnensäulen, Glaspokale und Feldflaschen. Schadeist der Verzicht auf interaktive Elemente – gerade bei zeitgenössischenGetränken wie Isostar, Pepita und Alcopops wären Bild- und Tondoku-mente zum Selbststudium bestimmt aufschlussreich.

Zu Interaktion nach althergebrachter Art lädt zum Schluss der Aus-stellung eine nachgebaute Beiz, in der angemeldete Gruppen einenKirsch oder einen Absinth aus der Region kosten können. Das Inventarstammt aus der 2006 geschlossenen Zürcher Quartierkneipe «Seebahn».Und auf einmal wechselt die Perspektive von der Vergangenheit in dieZukunft. Noch sieht es in vielen Quartierspunten genauso aus, schonbald aber werden nikotinverfärbte Fotos und rauchgeschwärzte Bilder-rahmen nur noch in Museen anzutreffen sein. ■

«Durstlöscher», Forum Schweizer Geschichte Schwyz, bis 7. März, Di bis So, 10 bis

17 Uhr. www.forumschwyz.ch

Ein «Kraft-Nährmittel» als nationale Ikone: die Ovo.

Die alten Eidgenossen konsumierten wesentlich mehr Wein als Milch. Wann und wieso sich das änderte, zeigtdie Ausstellung «Durstlöscher» in Schwyz. Hinter Flaschen und Fässern eröffnen sich faszinierende Einblickein die Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Schweiz.

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Kulturtipps

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KinderbuchAussen Stacheln, innen Herz

In den 50er-Jahren eroberte ein pfiffiger Igel die Herzen von Grossund Klein: Mecki, das Maskottchen der deutschen Fernsehzeit-schrift «Hörzu». Jetzt, kurz nach ihrem 60. Geburtstag, feiert diestachlige Kultfigur ein fröhliches Comeback.

VON CHRISTOPHER ZIMMER

1949 hatte Mecki seinen ersten Auftritt auf der Titelseite der TV-Zeit-schrift «Hörzu». Bereits 1951 erschien das erste ganzseitige Abenteuer,ab 1953 wöchentlich und in spannenden Fortsetzungsgeschichten. Dieprägenden Zeichner der 50er und 60er waren Reinhold Escher und Pro-fessor Wilhelm Petersen. Diese gestalteten auch die Bilderbücher, diezwischen 1952 und 1964 dazukamen und inzwischen Kinderbuch-Klas-siker sind. Escher und Petersen waren es auch, die dem Titelhelden undseiner treusorgenden Micki zahlreiche Figuren zur Seite stellten: dencholerischen Charly Pinguin, den Schrat, die ewige Schlafmütze, diedrolligen Goldhamsterchen und viele mehr.Mecki avancierte rasch zu einer der beliebtesten deutschen Comicse-rien. Die gute Laune und der unerschütterliche Optimismus des hemds-ärmeligen Igels passten bestens in das deutsche Wirtschaftswunder.Fantasie, Witz und der Märchencharakter trugen dazu bei, dass Meckimehr war als nur ein Füller zwischen den TV-Programmen. Auch dasMerchandising blühte: Artikel wie die Mecki-Fernseh-Lampe oder dieSteiff-Puppe liessen die Kasse klingeln. Zum 60. Geburtstag von Mecki & Co. erschien der Jahrgang 1959 – dasJahr, in dem die Bilder durchgängig farbig wurde – als Reprint. Der Bandenthält ein aufschlussreiches Vorwort, das in die Mecki-Welt und ihreEntstehungsgeschichte einführt – mit dem Hinweis, dass es sich um einzeithistorisches und zeitbedingtes Produkt handelt. Wie bei Hergés Tin-tin ist auch bei Mecki manches mit kritischen Augen zu sehen.Das aber schmälert nicht das Lesevergnügen. Und so kann man sich ge-trost darauf einlassen, mit Mecki und seinen Gefährten etwa auf dieSüdseeinsel Luki-Luki zu fahren und dort spannende und kunterbunteAbenteuer zu bestehen. Weitere Jahrgänge sollen folgen, und auch dieBilderbücher werden seit 2008 wieder aufgelegt. Ein Glück – nicht nurfür ergraute Mecki-Fans! «Mecki. Gesammelte Abenteuer Jahrgang 1959», mit Bildern von Reinhold Escher

und Wolfgang Petersen. Esslinger 2009. CHF 26.50.

KinoSteinerschüler im SwingerklubBoxen, Melken, Eurythmie: Ein Dokfilm liefert Einblick in Denkenund Handeln von Anthroposophen.

VON MICHÈLE FALLER

Ein weisshaariger Mann, der mit flatternden Gewändern zu Beethovens«Adagio Cantabile» tanzt, ein Glatzkopf, der auf einen Boxsack ein-drischt, eine Lehrerin an der Steinerschule, die mit sanfter Stimme vonder ersten Begegnung mit ihren Schützlingen erzählt, und ein Opern-sänger, der sich mit Kopfschütteln und leisem Schaudern daran erinnert,wie er jahrelang täglich den Morgenspruch «Ich schaue in die Welt» run-terbetete. Sieben Menschen, eine Gemeinsamkeit: die Anthroposophie.Christian Labharts Dokumentarfilm «Zwischen Himmel und Erde» be-ginnt vielversprechend. Der Regisseur spart sich in seinem klar aufge-bauten Film jeden expliziten Kommentar und zeichnet sehr persönliche,aber nie voyeuristische Porträts seiner Protagonisten. Dass Anthropo-soph nicht gleich Anthroposoph ist, zeigt sich etwa im Gegensatz zwi-schen dem zuweilen etwas fanatisch wirkenden Hobby-Boxer, Swinger-klub-Gänger und selbsternannten Missionar Sebastian Gronbach unddem völlig gelassenen Biobauer Martin Ott, der das morgendliche Mel-ken als Tempeldienst betrachtet.Der Film bietet Einblicke in den anthroposophischen WirtschaftsbetriebSekem in Ägypten sowie in die Gedankenwelt des Goetheanum-Vorste-hers Bodo von Plato, der sich kritisch über die Gefahr des Sektiereri-schen äussert, das allem Anthroposophischen anhafte. Und man erfährt,dass niemand Rudolf Steiner als Guru gelten lassen will, ihn jedoch aus-nahmslos alle zitieren und nicht wenige ein Foto von ihm besitzen.Stimmungsvolle Bilder kommentieren das Gesagte: Dunkle Wolken zie-hen über dem mächtigen Goetheanum – die Zentrale der anthroposo-phischen Wissenschaft in Dornach – auf, wenn der Sänger ChristophHomberger vom Druck auf seiner Brust berichtet, der sich jedes Mal ein-stellt, wenn er sich dem Bau nähert.Trotzdem wird «Zwischen Himmel und Erde» seinem Versprechen nachObjektivität nicht ganz gerecht: Zu spärlich sind die unterschiedlichenund vor allem selbstreflektierenden Meinungen, ist doch den sechsüberzeugten Anthroposophen bloss ein einziger Abtrünniger gegen-übergestellt. Dennoch ist der Film dank seiner charismatischen Figurensehenswert. Und er regt nicht zuletzt zur eigenen Steinerlektüre an.«Zwischen Himmel und Erde», Regie: Christian Labhart, 82 Min., Schweiz/Deusch-

land/Ägypten 2009, derzeit in den Deutschschweizer Kinos.

Erhebend oder erdrückend: das Goetheanum.

Maskottchen-Geburtstag:

Mecki wird 60.

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KochenAnrühren und auftischenCD rein, Lautstärke rauf, ein Glas Wein zur Stärkung, Töpfe auf denHerd – zu Hause kochen macht Freude. Das Kochbuch «Zu Hauseessen» auch.

VON MENA KOST

Wo gibt es den besten Sonntagsbrunch in Basel? Genau. Wo bekommtman zum Essen auf Wunsch karaffenweise Hahnenwasser serviert, oh-ne böse Blicke zu kassieren? Genau. Wo riskiert der besoffene Macho-Arsch nach dem ersten blöden Spruch von der jungen Frau im Servicevor die Tür gebrüllt zu werden? Genau. Wo sind Angebote auf der Spei-sekarte manchmal so exotisch, dass man sich für Spaghetti Napoli ent-scheidet? Genau. Und wo wird der Gaumen dennoch immer belohnt,wenn man sich mutig fürs ungewöhnlichste Menü entscheidet? Jawohl,richtig, im Basler Restaurant Hirscheneck, für Kenner: im Hirschi.Zum 30-jährigen Jubiläum hat das selbstverwaltete Beizenkollektiv diebesten Rezepte aus seiner turbulenten Geschichte aufgeschrieben undein Kochbuch herausgebracht. «Zu Hause essen» heisst das schöne ge-bundene Buch, das Rezepte für Vorspeisen, Hauptspeisen (vegan, vege-tarisch, mit Fleisch) und Desserts enthält, alle mit Zeitangabe, Schwie-rigkeitsgrad und Saisonangaben versehen. Die Sauerkraut-Steinpilz-Suppe etwa ist in einer knappen Stunde parat,Schwierigkeitsgrad: Nur ein Totenkopf, also einfach. Die Kürbisraviolimit Räuchertofu auf Lauchgemüse werden vegan zubereitet, sollen imHerbst oder Winter gekocht werden, und drei Totenköpfe zeigen: Mankann die Ravioli nicht einfach aus dem Handgelenk schütteln. Das Ha-genbuttenmousse auf Quittensauce seinerseits ist wieder einfacher zubewerkstelligen. Allerdings, das Hirschi-Kochbuch ist mehr als eine gelungene Rezept-sammlung: Jedes Gericht ist mit einer Illustration versehen, zwischenden Rezepten finden sich Kurzgeschichten und Anekdoten – verfasstvon Gästen, ehemaligen Mitarbeitern, Schriftstellern und Künstlern.Und weil die Hirschi-Crew weiss, wie es sich am besten kocht, ist demBuch eine Mix-CD beigelegt. So kann man sich während des Geköcheseinige Bands, die in den letzten 20 Jahren im Hirschi-Keller aufgetretensind, zu Gemüte führen. Eine wilde Kombination aus Koch-, Bilder- und Lesebuch plus Tonträgerhaben wir dem Hirschi also zu verdanken. Das Kollektiv am Lindenberghat damit einmal mehr bewiesen, dass viele Köche den Brei nicht ver-derben müssen, im Gegenteil: Sie machen ihn erst richtig schmackhaft. «Hirscheneck – Zu Hause kochen», 255 Seiten, CHF 38.–, Friedrich Reinhardt Ver -

lag, Basel. Im Buchhandel oder direkt unter www.reinhardt.ch/hirscheneck

erhältlich.

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Die 25 positiven FirmenDiese Rubrik ruft Firmen und Institutionenauf, soziale Verantwortung zu übernehmen.Einige haben dies schon getan, in dem siedem Strassenmagazin Surprise mindestens500 Franken gespendet haben. Damit helfensie, Menschen in pre kären Lebensumstän-den eine Arbeitsmöglichkeit zu geben undsie auf ihrem Weg zur Eigenständigkeit zube g leiten. Gehört Ihr Betrieb auch dazu? DieSpielregeln sind einfach: 25 Firmen werdenjeweils aufgelistet, sind es mehr, fällt jenerBetrieb heraus, der am längsten dabei ist.

Möchten Sie bei den positiven Firmen aufgelistet

werden?

Mit einer Spende von mindestens 500 Franken

sind Sie dabei! PC-Konto: 12-551455-3,

Verein Strassenmagazin Surprise, 4051 Basel

Zahlungszweck:

Positive Firma + Ihr gewünschter Eintrag!

Wir schicken Ihnen eine Bestätigung.

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fast4meter, storytelling, Bern

Brother (Schweiz) AG, Baden

Druckerei Hürzeler AG, Regensdorf

IBZ Industrie AG, Adliswil

Zeix AG, Zürich

Zürcher Kantonalbank, Zürich

Axpo Holding AG, Zürich

Experfina AG, Basel

AnyWeb AG, Zürich

muttutgut.ch, Lenzburg

Mobilesalad AG, Bern

Proitera GmbH, Basel

Coop Genossenschaft, Basel

Alfacel AG, Cham

Kaiser Software GmbH, Bern

chefs on fire GmbH, Basel

Statistik Georg Ferber GmbH, Riehen

Locher Schwittay Gebäudetechnik GmbH, Basel

Schützen Rheinfelden AG, Rheinfelden

Responsability Social Investments AG, Zürich

SV Group AG, Dübendorf

Baumberger Hochfrequenzelektronik, Aarau

Scherrer & Partner GmbH, Basel

VXL AG, Binningen

Thommen ASIC-Design, Zürich

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Zum Hirschi-Jubiläum gibts Genossenschaftsrezepte für daheim.

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BernSchöne graue Bürowelt

Der öde Büroalltag wird für drei bizarre Figuren im Stück «Schatten-spiel» zur Kulisse humorvoller und skurriler Szenen. Das TanzkollektivT 4 2 - DANCE PROJECTS, das sich aus Félix Duméril und Inoue Misatozusammensetzt, hat diese Produktion erarbeitet, die am Heimspiel-Fe-stival aufgeführt wird. Während das erste Stück die Kampfzonen desAlltags zum Thema hat, setzt sich Cynthia Gonzalez in ihrer Kurzper-formance mit dem Schicksal von zentral- und südamerikanischen Frau-en auseinander, die mit dem Krieg in ihrer Heimat leben müssen. «Wo-man of War» vermischt Realität mit Fiktion – dabei entsteht eine neue,getanzte Wirklichkeit. (juk)Festival: Heimspiel 2010, T 4 2 - DANCE PROJECTS (Félix Duméril und Misato Inoue):

«Schattenspiel»/Cynthia Gonzalez: «Woman of War», 12. und 13. Februar, 20 Uhr,

Dampfzentrale, Bern.

Überraschung im Büro: Szene aus «Schattenwelt».

Ausgehtipps

BernAbtauchen in Abgründe

Meist fängt es ganz harmlos an. Die Vögel zwitschern im gepflegtenGarten, doch dann liegt ein Ohr im Gras. In den Filmen von David Lynchentpuppt sich die heile Welt als Kulisse für Albträume aus Gewalt undPerversionen. Seit seinem Debüt «Eraserhead» taucht der Regisseur im-mer tiefer in die Abgründe der menschlichen Psyche ein. Zwar schuf ermit «Wild At Heart» und «The Straight Story» auch hollywoodtauglicheStreifen. Doch bilden diese Ausnahmen in einem Werk, das immer wei-ter vordringt in ein Labyrinth aus Urängsten, Mysterien und blankemHorror, in dem sich beim letzten Film «Inland Empire» selbst Lynch-Ken-ner hoffnungslos verirrten. Die Cinématte in Bern zeigt die Entwicklungdes Filmemachers in einer grossen Retrospektive. Einblicke in die Ge-dankenwelt des Ausnahme-Cineasten liefert der selten gezeigte Dokfilm«Lynch». (ash)«Lust auf Lynch», Cinematte Bern, bis Ende Februar. Programm: www.cinematte.ch

Ins Dunkel der Psyche mit David Lynch.

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— www.theater-basel.ch, Tel. +41/(0)61-295 11 33 —

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Rollenspiel: Distelmeyer als freundlicher Spiesser.

Ob dieser Fisch mit geschlossenen Augen besser schmeckt?

Auf TourDer Dichtersänger

Jochen Distelmeyer ist ein Meister des Rollenwechsels. In den 90ern ge-hörte seine Band Blumfeld zu den Begründern der so genannten Ham-burger Schule, deren Diskurspop mit anspielungsreichen Texten dem al-ternativen Studentenmilieu Stoff für endlose Diskussionen lieferte.Irgendwann sang Distelmeyer lieber von Äpfeln und Schmetterlingenals von Descartes und Foucault, bis verprellte Fans verächtlich von«Schlager» sprachen. Mittlerweile ist die Band Geschichte. Nun steigtder Dichter unter den deutschen Sängern solo auf die Bühnen – etwasrockiger als zuletzt mit Blumfeld, aber gewohnt gut gelaunt. Die bishe-rigen Solo-Singles bringen das Programm auf den Punkt: «Wohin mitdem Hass?» hiess die erste, «Lass uns Liebe sein» die zweite. Ob Gesell-schaftskritik oder Poesie der Zärtlichkeit – Distelmeyer bleibt ein Mei-ster des Rollenwechsels. (ash)8. Februar, 19.30, Mascotte, Zürich; 9. Februar, 21.30, Bad Bonn, Düdingen/FR

10. Februar, 21.30, Palace, St. Gallen.

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ZürichAuf den Geschmack kommenEine Ausstellung bei der es nichts zu sehen gibt – das ist auch was fürMuseumsmuffel! Um Geschmack und Geruch geht es in der Ausstellung«Geschmack». Ausgerüstet mit Augenmasken, tasten sich die Besucherdurch die Räume, um sich ungestört auf das Geschmackserlebnis zukonzentrieren. Die Ausstellung soll aber nicht nur die Sinne anregen,sondern auch das Denken: Ethische und gesellschaftliche Fragen wer-den via iPod vermittelt. Da Sehende die Ausstellung «blind» erleben, sollauch eine Sensibilisierung für die Themen Blindheit und Sehbehinde-rungen erfolgen. Dafür wurden die Ausstellungsmacher von der ZürcherSehhilfe fachlich unterstützt. (juk) Geschmack – eine Ausstellung für Mund, Nase, Ohr und Hand, bis zum 31. Oktober,

Mühlerama, Zürich. Begleitveranstaltungen an ausgewählten Sonntagen:

www.muehlerama.ch

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BaselHallenflohmarkt

Nach dem sonntäglichen Promenieren am Kleinbasler Rheinufer über-kommt einen erfahrungsgemäss die Lust auf einen Snack. Deshalb emp-fehlen wir, oberhalb der Wettsteinbrücke scharf links abzubiegen. Nachwenigen hundert Metern erreicht man das Sudhaus, wo man sich nacheiner kleinen Stärkung an der Bar einer weiteren wunderbaren Sonn-tagsattraktion widmen kann: Dem Hallenflohmarkt. Ob Bücher, Vasen,Hüte, Schallplatten, Uhren, Schmuck oder Kleidung – zwischen zweiKaffees und einem Sandwich am Tresen kann ausgiebig gestöbert, ge-feilscht und eingekauft werden. (mek)Hallenflohmarkt mit Barbetrieb, Sonntag, 14. Februar, 10 bis 16 Uhr,

Sudhaus Warteck pp, Burgweg 7 – 15, Basel. www.sudhaus.ch

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Stöbern und Feilschen – Hallenflohmarkt im Sudhaus.

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Verkäuferporträt«Singen ist meine grosse Leidenschaft»

AUFGEZEICHNET VON ELISABETH WIEDERKEHR

«Eigentlich bin ich ein Einzelkind. Ich hatte zwar einen Bruder, docher starb, als er kaum zwei Jahre alt war. Ich kann mich nicht an ihn er-innern. Mein Vater starb auch sehr früh. Ich war damals noch ein klei-nes Kind. So bin ich mit meiner Mutter aufgewachsen. Vor zwei Jahrenverlor ich auch sie. Das war sehr hart. Danach lebte ich eine Weile beider Familie meiner Tante. Doch leider verschlimmerte sich die Lage inSomalia immer mehr. Ich geriet in Schwierigkeiten und irgendwannwurde es für mich zu gefährlich. Ich verkaufte das Haus meiner Mut-ter und ging.

In Somalia besuchte ich zwar noch die Schule, lernte auch ganz gutmit dem Computer umzugehen, doch ich hatte kaum Aussicht auf einegute Ausbildung. Eine Weile arbeitete ich noch – bewachte das Büro ei-ner Firma und kündigte meinem Chef Besucher an. Ich weiss nicht, wieman diese Arbeit hier nennt. Wahrscheinlich gibt es nichts wirklich Ver-gleichbares. Deutsch kann ich leider noch nicht gut sprechen, es ist ei-ne sehr schwere Sprache. Manchmal läuft die Verständigung besser aufFranzösisch. Auch Englisch kann ich ein bisschen, was ab und zu eben-falls hilfreich ist. Deutsch lernen ist mir deshalb momentan das Wich-tigste. Einen ersten Kurs habe ich bereits absolviert, demnächst fängt einneuer an. Dreimal in der Woche gehe ich zum Unterricht, lerne aberauch zu Hause für mich weiter. Die Sprache ist Grundlage für alles –auch auf meine Aufenthaltsbewilligung hat das einen Einfluss. Ich war-te nun schon lange auf einen Bescheid von den Behörden. Ich hoffe sosehr, dass ich in der Schweiz bleiben darf. Das Land gefällt mir und ichkann mir gut vorstellen, hier ein neues, eigenes Leben aufzubauen.Mein grosser Traum ist eine Karriere als Sänger. Aber mal sehen. Wennich bleiben darf, stellt sich natürlich auch noch die Frage nach der Formder Bewilligung. Davon hängt alles ab.

Doch ich wollte ja erzählen, wie ich hierher gekommen bin. Ich flognach Frankreich und kam von da in die Schweiz. Das war vor elf Mo-naten. Gekannt habe ich damals noch niemanden. Unterdessen habe ichaber schon viele Freunde. Auch dank Surprise. Gleich nach meiner An-kunft habe ich mich im Vertriebsbüro gemeldet. Ich verkaufe das Heftsehr gerne – jeweils am Freitag und Samstag trifft man mich vor demCoop an der Hardstrasse in Basel. Über Surprise habe ich Landsleute ausSomalia getroffen, auch Menschen aus Eritrea und der Türkei gehörenmittlerweile zu meinem Freundeskreis. Mit meinen Mitbewohnern habeich ebenfalls ein sehr gutes Verhältnis. Wir wohnen zu viert in einerWohnung. Das klappt wunderbar.

Wenn ich ein bisschen reden will, komme ich gerne zu Surprise. Ichspiele auch im Fussballteam – da ist momentan aber grad Winterpause.Im Frühling geht das Training wieder los. Darauf freue ich mich sehr,denn ich bin ein ziemlich guter Spieler. Zudem singe ich im Surprise-Chor. Immer am Dienstagabend haben wir Probe, das macht richtig

Samatar Hassan, 20, aus Somalia ist nach dem Tod seiner Mutter in die Schweiz geflohen. In Basel will er sichsein eigenes Leben aufbauen und eine Karriere als Sänger starten.

Spass. Zu Hause habe ich früher zwar schon gesungen, doch nie öf-fentlich. Jetzt krame ich die Lieder gerne wieder aus meinem Gedächt-nis hervor und präsentiere das eine oder andere vor der Gruppe.

Wirklich schön ist, wenn ich Post aus Somalia bekomme. Ein ältererMann schickt mir öfter eine E-Mail mit einem Songtext. Ich lerne dieWorte dann auswendig und mache eine Melodie dazu. Ein Kollege ar-rangiert das Ganze und unterlegt es mit Beats, so mixen wir viel zu-sammen. Oft einfach übers Handy. Das ist zwar qualitativ nicht immereinwandfrei. Für den Anfang reicht es aber. Mein grosses Ziel ist ein ei-genes Album. Elf Lieder habe ich dafür schon einstudiert. Zwei davonfinden sich auf der Internetplattform «youtube». Vielleicht wird meinTraum, in einem richtigen Tonstudio Aufnahmen zu machen, ja irgend-wann wahr. Das wäre genial.» ■

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Surprise kümmert sich um Menschen, die we-niger Glück im Leben hatten als andere. Men-schen, die sich aber wieder aufgerappelt habenund ihr Leben in die eigenen Hände nehmenwollen. Mit dem Verkauf des Strassenmaga-zins Surprise überwinden sie ihre soziale Iso-lation. Ihr Alltag bekommt Struktur und wie-der einen Sinn. Sie gewinnen neue Selbstach-tung und erarbeiten sich aus eigener Kraft ei-nen kleinen Verdienst. Die Surprise-Strassen-verkäuferinnen und -verkäufer helfen sich sel-

ber. Das verdient Respekt und Unterstützung.Regelmässige Verkaufende werden von Sur -prise-Sozialarbeiterinnen be treut, individuell begleitet und gezielt gefördert. Dazu gehörtauch, dass sie von Surprise nach bestandenerProbezeit einen ordentlichen Arbeits vertrag er-halten. Mit der festen Anstellung übernehmendie Surprise-Verkaufenden mehr Verantwor-tung; eine wesentliche Voraussetzung dafür,wieder fit für die Welt und den Arbeitsmarktzu werden.

Vorname, Name

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1 Jahr: 8000 Franken 1/2 Jahr: 4000 Franken 1/4 Jahr: 2000 Franken 1 Monat: 700 Franken

Ja, ich werde Götti/Gotte von:

Talon bitte senden oder faxen an: Strassenmagazin Surprise, Administration, Spalentorweg 20, Postfach, 4003 Basel, F +41 61 564 90 99, [email protected], PC-Konto 12-551455-3

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Anna Streckeisen und Merit Meier aus Baselnominieren Bob Ekoevi Koulekpato als Star-verkäufer: «Kürzlich kamen wir am Markt-platz an einem total netten Surprise-Verkäu-fer vorbei. Er hat uns angelacht und Anna gesagt, sie hätte eine schöne Kappe. Das fan-den wir total sympathisch, also haben wir einHeft gekauft. Er hatte eine riesige Freude.Dieses Erlebnis hat uns glücklich gemacht,und wir finden, so ein Mensch hat es ver-dient, Starverkäufer zu werden!»

Nominieren Sie Ihren Starverkäufer!Schreiben Sie uns mit einer kurzen Begründung, wel-

chen Verkäufer Sie an dieser Stelle sehen möchten:

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Bob Ekoevi Koulekpato, BaselMarika Jonuzi, BaselMarlise Haas, BaselFatima Keranovic, BasellandAnja Uehlinger, Baden

Als Götti oder Gotte ermöglichen Sie einer Strassenverkäuferin oder einem -verkäufer eine betreute Anstellung bei Surprise und damit dieChance zur Rückkehr in ein selbstbestimmtes Leben.

Tatjana GeorgievskaBasel

René SennZürich

Kurt BrüggerBaselland

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Impressum

HerausgeberStrassenmagazin Surprise GmbH, Postfach, 4003 Baselwww.strassenmagazin.chGeschäftsführungFred LauenerÖffnungszeiten SekretariatMo–Do 9–12/14–16.30 Uhr, Fr 9–12 UhrT +41 61 564 90 90, F +41 61 564 90 99 [email protected] Lauener (Leitung), Reto Aschwanden, Julia Konstantinidis, Mena Kost, Agnes Weidkuhn (Koordina-tion), T +41 61 564 90 70, [email protected] MitarbeitAnnette Boutellier, Michèle Faller, Christian Flierl, TaraHill, Selwyn Hoffman, Yvonne Kunz, Delia Lenoir, IreneMeier, Isabella Seemann, Udo Theiss, Priska Wenger, Elisabeth Wiederkehr, Christopher ZimmerKorrektorat: Alexander JungoGestaltungWOMM Werbeagentur AG, BaselDruckAVD GoldachAuflage29 400, Abonnemente CHF 189.–, 24 Ex./JahrAnzeigenverkaufTherese Kramarz, T +41 61 564 90 90 [email protected]

MarketingTheres BurgdorferVertriebSmadah LévyBaselMatteo Serpi ZürichReto Bommer, Engelstrasse 64, 8004 ZürichT +41 44 242 72 11, Mobile +41 79 636 46 12 [email protected] Maurer, Pappelweg 21, 3013 Bern T +41 31 332 53 93, Mobile +41 79 389 78 [email protected] und FörderungRita Erni, T +41 61 564 90 51 Chor/KulturPaloma Selma, T +41 61 564 90 40StrassensportLavinia Biert, T +41 61 564 90 10www.strassensport.chTrägerverein Strassen magazin Surprise Präsident: Carlo Knöpfel

Wiedergabe von Artikeln und Bildern, auch auszugs -weise oder in Ausschnitten, nur mit aus-drücklicher Genehmigung der Redaktion. Für unverlangte Zusendungen wird von der Redak-tion und dem Verlag jede Haftung abgelehnt.

Surprise ist:

Hilfe zur Selbsthilfe Surprise fördert seit 1997 die Selbsthilfe von Menschen in sozialen Schwierigkeiten. Mit beglei-teten Angeboten in den Bereichen Arbeit, Sport und Kultur fördert Surprise die soziale Selb-ständigkeit und berufliche Eingliederung, das Verantwortungsbewusstsein, die Gesundheit undeine positive Lebenseinstellung. Surprise gibt es in der deutschsprachigen Schweiz.

Eine Stimme für Benachteiligte Surprise verleiht von Armut und sozialer Benachteiligung betroffenen Menschen eine Stimmeund sensibilisiert die Öffentlichkeit für ihre Anliegen. Surprise beteiligt sich am Wandel der Ge-sellschaft und bezieht Stellung für soziale Gerechtigkeit.

Strassenmagazin und Strassenverkauf Surprise gibt das vierzehntäglich erscheinende unabhängige Strassenmagazin Surprise heraus.Neben einer professionellen Redaktion verfügt das Strassenmagazin über ein breites Netz vonfreien Berufsjournalistinnen, Fotografen und Illustratorinnen. Der überwiegende Teil der Aufla-ge wird von Menschen ohne oder mit beschränktem Zugang zum regulären Arbeitsmarkt aufStrassen, Plätzen und in Bahnhöfen angeboten. Die regelmässige Arbeit gibt ihnen eine Tages-struktur, neues Selbstvertrauen und einen bescheidenden aber eigenständig erwirtschaftetenVerdienst. Für viele Surprise-Verkaufende ist das Strassenmagazin der erste Schritt zurück in eineigenständiges Leben.

Strassensport Der zweite Schwerpunkt von Surprise ist die Integration von sozial benachteiligten Menschenin der Schweiz über den Sport. Mit einer eigenen Strassenfussball-Liga, regelmässigem Trai-nings- und Turnierbetrieb, der Schweizermeisterschaft sowie der Teilnahme des offiziellenSchweizer Nationalteams am jährlichen «Homeless Worldcup» vernetzt Surprise soziale Institu-tionen mit Sportangeboten in der ganzen Schweiz.

Organisation und Internationale VernetzungSurprise ist eine nicht gewinnorientierte soziale Institution. Die Geschäfte werden von der Stras-senmagazin Surprise GmbH geführt, die von dem gemeinnützigen Verein Strassenmagazin Sur-prise kontrolliert wird. Surprise ist führendes Mitglied des Internationalen Netzwerks der Stras-senzeitungen (INSP) mit Sitz in Glasgow, Schottland. Derzeit gehören dem Verband gegen 100Strassenzeitungen in über 40 Ländern an.

Beat Egli 1948-2010

Am Rennweg in Zürich brannte letzte Wocheeine Kerze. Dahinter stand der Verkäuferaus-weis von Beat Egli, der an diesem Platz dasStrassenmagazin Surprise unter die Leute ge-bracht hatte. Über die Jahre schuf sich dergebürtige Luzerner eine grosse Stammkund-schaft, die seine unaufdringliche, freundli-che Art schätzte. Wer sich mit Beat Egli unterhielt, merkteschnell, dass sich hinter seiner Zurückhal-tung ein feiner Humor und ein grosses Ver-langen nach Selbständigkeit verbarg. Er gingseinen eigenen Weg, auch wenn er schonfrüh um seinen Platz in der Gesellschaftkämpfen musste. Nach der Schule in Surseebegann Beat Egli eine Lehre als Bäck -er/Konditor, doch als Asthmatiker vertrug erden Mehlstaub nicht. Mitte der 70er-Jahrezog er von Luzern nach Zürich, wo er alsMagaziner, Kurier und Zeitungsverträger ar-beitete. Zu Surprise kam er 2007. «Ich fandschnell Freude daran, denn es ist ein ab-wechslungsreicher Job», erzählte er, als ervor zwei Jahren in diesem Magazin porträ-tiert wurde. Für die Abwechslung sorgte erselber, denn Beat Egli verkaufte nicht nur inZürich, sondern gehörte auch zu den Ersten,die Surprise in Zug und Chur anboten. Be-sonders ins Bündnerland fuhr er gerne: «VonChur ist es nicht weit nach Davos, wo meinLieblingsteam, der HCD, spielt.» Eishockeyund Fussball (besonders der FCZ) waren Beat Eglis grosses Hobby. Wann immer erkonnte, verfolgte er die Wettkämpfe im Sta-dion oder am Fern sehen.An seinem 60. Geburtstag im Herbst vor ei-nem Jahr besuchte er das Suprise-Büro in Ba-sel. «In Pension gehe ich nicht so schnell»,versprach er uns lächelnd. «Ich habe vor,noch ein paar Jahre Surprise zu verkaufen.»Es sollte anders kommen. Am 19. Januar 2010verlor Beat Egli den Kampf gegen den Krebs.Wir werden ihn vermissen.

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Die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung SGE informiert die Bevölkerung und die Fachwelt über einegesunde Ernährung. Sie ist eine gemeinnützige Organisation mit über 7000 Mitgliedern und Abonnenten. Interessieren Sie sich für Ernährung? Umfangreiche Informationen finden Sie auf: www.sge-ssn.ch

Schweizerische Gesellschaft für Ernährung SGESchwarztorstrasse 87, Postfach 8333, 3001 Bern

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