SV Gerichtssachverständige
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GERICHTSSACHVE
RSTÄTÄTNDIGEGERICHTSSACH
VERS
TÄNDIGE
40 Jahre JubiläumseditionLandesverband Steiermark & Kärnten
IHRE ZUKUNFT.
Die Versicherung auf Ihrer Seite.
Die Werte der GRAWE sind zeitlos und modern zugleich.Als internationales Unternehmen mit starker geografischer und historischer Verwurze-lung verbindet die GRAWE Internationalität mit Regionalität, Tradition mit Innovation.Wir stehen seit über 180 Jahren für Sicherheit und Stabilität, Serviceorientierung undKundennähe. Kurzum: Wir sichern die Zukunft unserer KundInnen.
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&7 | STEIERMARK KÄRNTEN
Mag. Johann Klemenjak (links) Ing. Peter
Pleschberger(V. l. n. r.) DI Petronella Johs-Krasser, Mag. Dieter Johs, Dr. Peter Kolar
(V. l. n. r.) DI Georg Topf (Gemeinderat) mit KR Heinz Musker
(V. l. n. r.) Mag. Irene Kreschischnig, Prof.DI Dr. Matthias Rant (im Vordergrund)
& |
Oberbaurat DI Heribert Teuschel
(V. l. n. r.) Renate Gobiet und Helga Schiller
Blitzlichter der Mitgliederversammlung
07 fotos•.indd 7 09.12.2010 22:10:05 Uhr
&STEIERMARK KÄRNTEN | 8
InhaltFO
TOS:
KK
Blitzlichter der Mitgliederversammlung Seite 7
Präsidium und Vorstand Seiten 10 und 11
VORWORT
Präsident HR i.R. DI Dr. Wolfgang Gobiet Seiten 12 und 13
GELEITWORTE
Prof.DI Dr. Matthias Rant Seiten 14 und 15
BR h.c. DI Franz Josef Kollitsch Seiten 16 bis 21
Präs.Dr. Manfred Scaria Seite 21
HISTORIE HAUPTVERBAND
Mag. Gertraud König Seiten 22 bis 29
GESCHICHTE LANDESVERBAND
Mag. Eva Baumgartner Seiten 30 bis 35 FOTO
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&9 | STEIERMARK KÄRNTEN
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LER
LIEGENSCHAFTSBEWERTUNGSAKADEMIE GRAZ
GF Prof.Dr. Jürgen Schiller Seiten 36 bis 38
Nutzungsdauerkatalog Seite 39
FESTAKT IN DER ALTEN UNIVERSTITÄT GRAZ
Ehrengäste Seiten 40 bis 43
FESTVORTRAG
Univ.Prof.Dr. Bernd Schilcher Seiten 44 bis 61
VERANSTALTUNGSKALENDER Seiten 62 und 63
SACHVERSTÄNDIGE UND RICHTER Seiten 64 bis 69
IMPRESSUM:Medieninhaber und Herausgeber: Hauptverband der allgemein beeideten und gerichtlich zertifi zierten Sachverständigen Österreichs, Landesverband Steiermark und Kärnten, Griesgasse 10, 8020 Graz. Tel. +43 (0)316 711018-0. offi [email protected], www.sv.co.at. Präsident: HR i.R. DI Dr. Wolfgang Gobiet. Projektleitung: Mag. Eva Baumgartner, Mag. Michaela Petulnig.Magazinmanagement und Verleger: CONUNICATION GmbH, Mag. Helmut Schoaß, Friaulweg 4, 8042 Graz, offi [email protected], www.conunication.com. Druck: Styria Printshop Druck GmbH, Am Hartboden 33, 8101 Gratkorn. Vertrieb: Österreichische Post AG.Fotos: Robert Frankl, falls nicht anders angegeben.
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&STEIERMARK KÄRNTEN | 10
Präsidum
VorstandPräsidium
Vorstand & Fachgruppen
PräsidentHR i.R. DI Dr. Wolfgang Gobiet
1. VizePräsidentDI Gerhard Hirm
2. VizePräsidentHR DI Friedrich Bauer
Präsidiumsmitglieder Kommerzialrat Alois Edelsbrunner
Mag. Dr. Peter Hadl
Dipl.-HTL-Ing. Andreas Krassnig-Plass
Dr. Enrik Mandl
APothekerFachgruppenobmann: Mag. Dr. Gerhard Kobinger
Stellvertreter: Mag. Dr. Antonius Dominik Schantl
BAuwesenFachgruppenobmann: BM Ing. Josef Greiner
Stellvertreter: DI Heinrich Oberressl
BrAndschutzFachgruppenobmann: OBR Franz Karl Planinsic
Stellvertreter: Alfred Janesch
edVFachgruppenobmann: DI Dr. Franz Fotr
Stellvertreter: Dr. Markus Pistauer
10-11 prasidiums-vorstsliste•.indd 10 09.12.2010 22:08:22 Uhr
&11 | STEIERMARK KÄRNTEN
Präsidum
VorstandElEktrotEchnik Fachgruppenobmann: Dipl.-HTL-Ing. Karl Tiran
Stellvertreter: Dipl.-HTL-Ing. Andreas Krassnig-Plass
FahrzEugtEchnik unDMAScHInenbAu Fachgruppenobmann: Prof. DI Peter Holl
Stellvertreter: Justin Köck
haustEchnikFachgruppenobmann: DI Michael Skreiner
Stellvertreter: Ing. Heinz Karl uhr
holz und holzvErarbEitung Fachgruppenobmann: Friedrich Hössl
Stellvertreter: Johannes Pauer
immobiliEn Fachgruppenobmann: Mag. Harald Ganster
Stellvertreter: Ing. Peter Pleschberger
land unD ForSTwIrTScHAFtFachgruppenobmann: Dr. Alois bernhart
Stellvertreter: DI werner Schratt
mEdizinFachgruppenobmann: Dr. engelbert wallenböck
Stellvertreter: ao. univ. Prof. Dr. wolfgang Grechenig
raumplanungFachgruppenobmann: DI richard Germ
Stellvertreter: univ.Prof. DI Dr. Franz Heigl
rEchnungswEsEnFachgruppenobmann: Mag. Dr. Franziska Aigner
Stellvertreter: Mag. Dr. Sabine barbara Kanduth-Kristen
tEppichE unD orIenTTePPIcHeFachgruppenobmann: Helmut reinisch
Stellvertreter: Hermann Ploc
tiErE unD TIerIScHe ProDuKTeFachgruppenobmann: Ing. Karl Fraißler
Stellvertreter: univ.Doz. Dr. Armin Deutz
vErsichErungEnFachgruppenobmann: egon oppelt
Stellvertreter: Akad. Vers. Kfm. egon ratheiser
hauptvErband Der ALLGeMeIn beeIDeTen unD GerIcHTLIcH ZerTIFIZIerTen sachvErstÄndigEn ÖstErrEichs
Landesverband Steiermark und Kärnten
Griesgasse 10, 8020 Graz, Tel.: +43 (0) 316 / 71 10 18
Fax: +43 (0) 316 / 71 10 18 / 20
e-Mail: [email protected],
Homepage: http://www.sv.co.at, ZVr-Zahl: 013329758
10-11 prasidiums-vorstsliste•.indd 11 09.12.2010 22:08:37 Uhr
&STEIERMARK KÄRNTEN | 12
Vorwort
D er „Hauptverband der ständig beeide-
ten gerichtlichen Sachverständigen
und Schätzmeister Österreichs“, der
im Jahr 2012 sein 100-jähriges Beste-
hen feiern kann, war es, der die Anre-
gung gab, eine Landesstelle für Steiermark und Kärnten
zu gründen. Wir freuen uns über die ersten 40 Jahre, die
wir am 8. Mai 2010 in der Aula der Alten Universität auch
festlich begangen und an jene erinnerten, die unseren
Landesverband von kleinen Anfängen zur heutigen Be-
deutung und Stellung in der Gesellschaft gebracht ha-
ben.
Ein paar Dankesworte seien mir daher auch an dieser
Stelle gestattet: Allen voran etwa an DI Josef Satzinger,
der die damaligen Verhandlungen maßgeblich geführt
und auch zur ersten Generalversammlung am 15. April
1972 eingeladen hatte. Er leitete als erster Präsident und
Gründer die Geschicke des Landesverbandes mit viel
Engagement und Umsicht bis zu seinem Tode im Jahr
1995. Ihm folgten Ehrenpräsident Technischer Rat BM Ing.
Anton Voit von 1995 bis 2002 und DI Gerald Moskon von
2002 bis 2004. Ihnen gilt unser Dank und unsere Anerken-
nung für ihr verdienstvolles Wirken, aber auch allen Mit-
gliedern, Funktionären und Angestellten, welche in den
vergangenen 40 Jahren mit viel Sorgfalt und Einsatz zur
Entwicklung des Landesverbandes Steiermark und Kärn-
ten beigetragen haben. Unser Dank gilt auch Prof. Dr.
Jürgen Schiller, der über mehr als 3 Jahrzehnte, so auch
in der Zeit als damals listenführender Präsident des Lan-
desgerichts für Zivilrechtssachen Graz, die Entwicklung
unseres Landesverbandes stets gefördert hat, und der
heute noch, neben seiner Tätigkeit als Geschäftsführer
der Liegenschaftsbewertungsakademie, an welcher der
Landesverband beteiligt ist, dem Verband für rechtliche
Angelegenheiten zur Verfügung steht.
Hervorheben möchte ich auch noch die gute Zusam-
menarbeit mit dem Hauptverband, den anderen Landes-
verbänden und den Landesgerichten in Graz, Klagenfurt
und Leoben sowie den Staatsanwaltschaften.
Über 2600 freiwillige Mitglieder in 16 Fachgruppen zählt
unser Landesverband derzeit, die Anzahl blieb trotz der
Rezertifi zierungswelle in den vergangenen Jahren nahe-
zu gleich. Ein starker Verband ist angesichts der Heraus-
forderungen der Zukunft auch wichtig. Denn nur gemein-
sam können wir uns rüsten, um den hohen Ansprüchen
an uns und unsere Tätigkeiten in unserer schnelllebigen
Zeit gerecht zu werden.
Ein Schwerpunkt in den Aufgaben des Verbandes liegt
in der Fortbildung, die auch von den Fachgruppen in Rah-
men ihrer Treffen im fachlichen Dialog gepfl egt wird. Die
Sachverhalte werden immer komplexer, die rechtlichen
Gegebenheiten ebenfalls, die Qualität unserer Gutach-
VORWORT
HR i. R. DI Dr. Wolfgang GobietPräsident
12-13 vorw gobiet•.indd 12 09.12.2010 22:13:04 Uhr
&13 | STEIERMARK KÄRNTEN
Vorwortten ist also für die Qualität der Rechtsprechung von im-
menser Bedeutung – zum Wohle der Rechtsuchenden.
Ich möchte dieses Vorwort nicht schließen, ohne dem
Präsidium und dem Vorstand für die Zusammenarbeit
seit dem Jahr 2004 und den Mitarbeiterinnen in der Ad-
ministration, Frau Mag. Eva Baumgartner und Frau Mag.
Michaela Petulnig, für ihr großes Engagement, auch bei
der Arbeit für diese besondere Edition zu danken. Diese
Edition soll allen Interessierten einen kleinen Einblick in
die Entwicklung unseres Landesverbandes und unsere
Tätigkeiten geben.
So wünsche ich dem Landesverband Steiermark und
Kärnten für die Zukunft viel Erfolg. Erfolg, der nur mit zufrie-
denen Mitgliedern gelingen kann.Bestens gelaunt: DI Georg Topf, HR DI Friedrich Bauer, KR Alois Edelsbrunner, Mag. Eva Baumgartner
Faszinierender Schauplatz des Jubiläums – Alte Universität Graz
12-13 vorw gobiet•.indd 13 09.12.2010 22:13:23 Uhr
&STEIERMARK KÄRNTEN | 14
VorwortMatthias Rant bedankt sich für die hervorragende Zusammenarbeit der Landesverbände.
14-15 vorwort rant•.indd 14 09.12.2010 22:11:57 Uhr
&15 | STEIERMARK KÄRNTEN
Vorwort
M it großer Freude darf ich dem
Landesverband Steiermark und
Kärnten, der nun bereits seit annä-
hernd 40 Jahren gemeinsam mit
den drei weiteren Landesverbän-
den und dem Hauptverband als Dachorganisation den
Bestand und die Fortentwicklung des Sachverständigen-
wesens in Österreich sichert, zu seinem Jubiläum gratu-
lieren.
Gemeinsam mit dem Hauptverband ist es den vier
Landesverbänden in den letzten Jahrzehnten gelungen,
das Sachverständigenwesen in Österreich auf ein im In-
und Ausland als Vorbild geltendes Niveau zu bringen
(das Sachverständigenwesen in Österreich auf ein der-
art hohes Niveau zu bringen, so dass es im In- und im
Ausland als Vorbild dient). Solches kann selbstredend nur
gelingen, wenn die Zusammenarbeit auf allen Ebenen
– Mitglieder, Präsidien, Vorstände und Sekretariate – funk-
tioniert, alle Beteiligten ein gemeinsames Ziel vor Augen
haben und an einem Strang ziehen. Dies ist in einer fö-
deralistisch gegliederten Organisation keine Selbstver-
ständlichkeit. Ich möchte daher die Gelegenheit nützen,
an dieser Stelle die über die Jahre gewachsene, hervor-
ragende und konstruktive Zusammenarbeit mit allen Lan-
desverbänden hervorzuheben und dafür meinen aufrich-
tigen Dank aussprechen. Von den vielen verdienstvollen
Aktivitäten des Jubilars sei nur beispielhaft unterstrichen,
dass im Landesverband Steiermark und Kärnten, der
stetigen Verbesserung der Qualität der Arbeit der Sach-
verständigen besonderes Augenmerk geschenkt wird.
Die Liegenschaftsbewertungsakademie, die sich der
Aus- und Weiterbildung von Sachverständigen auf allen
Gebieten der Liegenschaftsbewertung widmet, hat hier
ihren Ursprung.
Das gemeinsam Geschaffene birgt natürlich ein großes
Maß an Verantwortung für die Zukunft. In Zeiten steigen-
der Prozessfreudigkeit und schwindender Bereitschaft zur
Akzeptanz von gerichtlichen Entscheidungen und damit
auch von Sachverständigengutachten, sind die Landes-
verbände und ihre Mitglieder stärker denn je gefordert.
Ich bin mir aber sicher, dass es uns gemeinsam gelin-
gen wird, die Herausforderungen der Zukunft sowohl im
Bereich der Koordinierung der Verbände untereinander,
als auch in der Zusammenarbeit mit den einzelnen Sach-
verständigen und vor allem in unserem Kernbereich –
der Zusammenarbeit mit den Gerichten – erfolgreich zu
meistern.
Ich darf dem Landesverband Steiermark und Kärnten
namens des Hauptverbandes der Gerichtssachverständi-
gen die besten Glückwünsche zu seinem Jubiläum aus-
sprechen und freue mich auf eine weitere fruchtbringen-
de und erfolgreiche Zusammenarbeit.
GELEITWORT„Gemeinsam Geschaffenes bringt großes Maß an zukünftiger Verantwortung.“
Prof. DI Dr. Matthias RantPräsident des Hauptverbandes der Gerichtssachverständigen
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&STEIERMARK KÄRNTEN | 16
Geleit
Jubiläen bilden einen geeigneten Anlass, um
Rückschau zu halten. Denn um zu wissen,
wohin wir gehen, müssen wir wissen, woher
wir kommen. Und so bin ich dem Wunsche
gerne nachgekommen, meine persönlichen
Erinnerungen, die mich mit dem Landesverband als
Mitglied und Funktionsträger verbinden, niederzu-
schreiben.
Als Bauingenieur war ich schon von meiner frühes-
ten Jugend an beseelt von dem Wunsch, Sachver-
ständiger zu werden. Ich wollte als „technischer No-
tar“ Problemfälle lösen helfen und erachtete daher
die Sachverständigentätigkeit als eine dazu geeig-
nete Grundlage. Im Jahre 1969 war es dann so weit,
dass ich beim Landesgericht Klagenfurt mit Bescheid
zum „ständig beeideten Sachverständigen für das
Bauwesen und für Schätzungen“ bestellt wurde.
Als Neuling und im Kollegenkreis noch unbekannt,
hat wohl jeder, wie auch ich, eine „Durststrecke“
durchzustehen. Ich interessierte mich, neben meiner
berufl ichen Tätigkeit als Bauunternehmer, für Fachli-
teratur, entsprechende Veranstaltungen und so kam
es, dass ich im Jahre 1975 auf den Sachverständigen-
verband aufmerksam wurde und gleich einen Auf-
nahmeantrag gestellt habe. Diesen Antrag hat der
„Hauptverband der ständig beeideten Sachverstän-
digen und Schätzmeister Österreichs, Landesstelle
Steiermark und Kärnten“ binnen Wochenfrist ange-
nommen. Durch die Mitgliedschaft im Verband und
den Besuch der vom Verband ausgeschriebenen
Veranstaltungen kam ich auch mit SV-Kollegen in
Kontakt, an die ich mich noch gerne zurückerinnere.
Denn als Junger ist man immer dankbar, wenn Er-
fahrene in kollegialer Freundschaft einem hilfreich zur
Seite stehen. Ich denke gerne noch an die Zeit zurück,
wo ein p.t. Sepp Satzinger, Fritz Schöck, Erich Tsche-
ließnig, Franz Kainz, um nur einige dieser „Urgesteine
der frühen Stunde“ zu nennen, mit mir gefachsimpelt
haben.
So blieb es nicht aus, dass man mich auch zur Mit-
arbeit im Verband bat: zuerst Rechnungsprüfer, dann
stellvertretender Fachgruppenobmann für das Bau-
wesen und letztlich auch Vizepräsident des Landes-
verbandes.
Wiederum zurückblickend ist mir noch gut in Erin-
nerung, wie wir unsere Sitzungen im SV-Büro in Graz in
der Hanuschgasse 6 abhielten. Wer unsere schönen
derzeitigen Büroräumlichkeiten kennt, wird es nicht
für möglich halten, aus welchen Anfängen unser Lan-
desverband gekommen ist. Aber so ist es eben
GELEITWORT„Ich wollte schon immer Sachverständiger werden.“
BR h.c. DI Franz Josef KollitschBaumeister, Zivilingenieur für Bauwesen
16-21 vorw skaria und kollitsch•.indd 16 09.12.2010 22:17:11 Uhr
&17 | STEIERMARK KÄRNTEN
Geleit Sitz des Landesverbands Steiermark und Kärnten: Griesgasse 10, Graz.
16-21 vorw skaria und kollitsch•.indd 17 09.12.2010 22:17:21 Uhr
&STEIERMARK KÄRNTEN | 18
bei jedem aufstrebenden Unternehmen: spar-
sam wirtschaften und mit sinnvollem Konzept sich
entwickeln und investieren. Und so war es auch bei
uns.
Als ich die Funktion des Fachgruppenobmannes in
Kärnten von meinem Vorgänger Hermann Schmidho-
fer übernommen habe, gab es Regionalzusammen-
künfte der Sachverständigen in Klagenfurt, Villach
und Spittal an der Drau. Bei meinen Besuchen habe
ich feststellen müssen, dass diese Treffen oft nur von
zwei Kollegen (manchmal sogar nur vom Regional-
beauftragten alleine) besucht waren. Ich habe daher
vorgeschlagen und mit Zustimmung des Landesver-
bandes es auch umgesetzt, dass wir in Kärnten nur
einen Treffpunkt, nämlich in Klagenfurt, anbieten und
dazu nicht nur die Bau-Sachverständigen, sondern
alle Sachverständigen zusammen einladen.
Dieser SV-Stammtisch entwickelte sich seit seiner 1.
Zusammenkunft am 28.10.1986 sehr gut, die Frequenz
stieg auf durchschnittlich 15 bis 20 Kollegen, wobei
– wenn es interessante Vorträge gab – manchmal
bis zu 40 Kollegen anwesend waren. Wenn es keinen
Vortrag gab, dann gab es einen kollegialen Erfah-
rungsaustausch. Je nach Wunsch wurde entweder im
ganzen Kollegenkreis offen ein Problem erörtert oder
man konnte auch privatim – sozusagen im Beicht-
stuhl – unter vier Augen eine Sache besprechen.
OLG-Präsident Dr. Heinz Wietrzyk und LG-Präsident Dr. Manfred Scaria beim Fachsimpeln.
16-21 vorw skaria und kollitsch•.indd 18 09.12.2010 22:17:35 Uhr
&19 | STEIERMARK KÄRNTEN
Kellers unseres Nachbarlandes. So besuchten wir un-
ter anderem die ehemalige Titoresidenz in Brdo, das
Quecksilberbergwerk in Idrija, das Kriegsmuseum
in Boveč, das erste Draukraftwerk der Monarchie in
Fala bei Marburg, die Škocianska jame (St. Kanzianer
Grotten), Celje (Cilli) mit Burg und Museumsbesichti-
gung, die Dreifaltigkeitskirche in Hrastovlje. Über alle
diese Reisen wurde eine mit Lichtbildern ausgestatte-
te Dokumentation verfasst, die den Reiseteilnehmern
zugegangen ist.
Ein weiteres Anliegen war mir, die Berufsgruppen
der Richter und Rechtsanwälte mit uns Sachverstän-
digen zusammen zu führen, um Probleme, die
Es begab sich Ende der 80er Jahre, dass Pavel
Okorn, ein Sachverständiger aus Škofja Loka (Bischofs-
lack) in Slowenien, sich bei mir gemeldet hat und um
Angaben und Hinweise für Sachverständigenliteratur
angefragt hat. Aus dieser ersten Begegnung ist eine
kollegiale Freundschaft entstanden, die zu weiteren
Kontakten mit slowenischen SV-Kollegen geführt hat.
Im Laufe dieser amikalen Entwicklung kam es dann
zum ersten Kontakttreffen mit slowenischen SV-Kol-
legen und seit 1997 veranstalten wir einmal jährlich
einen Tagesausflug nach Slowenien und neben dem
Aufsuchen technischer, kulturhistorischer und land-
schaftlicher Schönheiten informierten wir uns auch
über ausgesuchte Spezialitäten der Küche und des
16-21 vorw skaria und kollitsch•.indd 19 09.12.2010 22:17:45 Uhr
&STEIERMARK KÄRNTEN | 20
uns alle berühren, darzulegen und nach Lösun-
gen zu suchen. Ich habe bei den Präsidenten des LG
Klagenfurt und der Rechtsanwaltskammer, Dr. Her-
bert Pfanzelt und Dr. Anton Gradischnig, ein offenes
Ohr gefunden und am 28. Feber 1997 fand in den
Räumlichkeiten der Rechtsanwaltskammer für Kärn-
ten dieses erste interdisziplinäre Treffen statt, dem
ich den Arbeitstitel „Wo der Schuh drückt“ gab. Diese
Veranstaltung fand allgemeinen Anklang und wird
seither jährlich wiederholt. Auch aus Ungarn hat sich
ein Sachverständigenkollege, Dr. Ing. Zoltán Lovász,
für die Organisation unseres Verbandes interessiert.
Wir haben ihm die entsprechenden Informationen
bei einem Kontakttreffen am 11. April 2002 im LG Graz
gegeben und auch angeboten, wie mit den sloweni-
schen Kollegen, ein engeres Kontaktverhältnis aufzu-
bauen. Dies ist aber bis heute nicht gelungen. Wenn
auch wir unsere Bereitschaft offeriert haben, bedarf
es doch Zweier, mit gleicher Interessenslage, für eine
Partnerschaft.
Durch die in meinem persönlichen Umfeld einge-
tretenen Änderungen war es aus zeitlichen Gründen
vorhersehbar, dass ich meine Funktionen im Landes-
verband nicht mehr mit der erforderlichen Sorgfalt
werde wahrnehmen können. Ich habe daher ersucht,
16-21 vorw skaria und kollitsch•.indd 20 09.12.2010 22:17:51 Uhr
&21 | STEIERMARK KÄRNTEN
mich von meinen Funktionen als 1. Vizepräsident, Ob-
mann der Fachgruppe Bauwesen sowie Mitglied der
Liegenschaftsbewertungsakademie bei der Mitglie-
derversammlung 2004 zu entbinden.
Wenn ich diesem Rückblick noch eine Vorschau
für die Zukunft anhängen darf, so möchte ich sagen,
dass mein Nachfolger Vizepräsident DI Gerhard Hirm
die Kontakte über unsere Landesgrenzen hinaus wei-
ter pfl egt und auch die Zusammenkünfte mit Richtern,
Rechtsanwälten und Sachverständigen mit viel Enga-
gement fortsetzt. Zu diesem Bericht möchte ich aber
ausdrücklich darauf verweisen, dass alle anderen
Kollegen, die sich in den Dienst des Landesverban-
des gestellt haben, ebenfalls ihr Bestes eingebracht
haben. Über diese Tätigkeiten wird aber an anderer
Stelle berichtet.
In einer Gesellschaft, die in allen Bereichen des
Lebens zunehmend verfeinerter, geregelter, vernetz-
ter, komplizierter und letztlich für den Einzelnen in der
Gesamtheit immer unübersichtlicher wird und damit
auch unverständlicher, ist die Heranbildung und das
„Zur-Verfügung-Stellen“ von Experten eine gesell-
schaftliche Aufgabe. Unser Landesverband, dessen
Mitgliedschaft auf freiwilliger Basis beruht und der
trotzdem eine fast unglaubliche Mitgliedsdichte (eine
immens hohe Mitglieder-Anzahl) aufweist, hat sich
diese Aufgabe zum Ziele gesetzt und kommt durch
seine sach- und fachbezogenen Aktivitäten dieser
Anforderung nach.
Der Landesverband hat dadurch eine Akzeptanz
bei Richtern und Rechtsanwälten, bei Notaren und öf-
fentlichen Dienststellen und somit letztlich in unserer
Gesellschaft erhalten, die den Weg für eine erfolgrei-
che Zukunft freigibt.
Wenn wir nun in das 5. Jahrzehnt eintreten, so
möchte ich zu diesem Festtag des Landesverbandes
für Steiermark und Kärnten als Gratulant den Wunsch
aussprechen.
D ie Erforschung und Beurteilung äu-
ßerst komplexer Sachverhalte aus
allen Lebensbereichen stellen Ge-
richte und Staatsanwaltschaften
täglich vor neue Herausforderun-
gen. Dieser Aufgabe können die Organe der Recht-
sprechung vielfach nur durch Einholung von Sachver-
ständigengutachten gerecht werden. Die Einrichtung
der allgemein beeideten und gerichtlich zertifi zierten
Sachverständigen stellt sicher, dass besonders versier-
te, unabhängige und persönlich integre Expertinnen
und Experten aus den unterschiedlichsten Fachge-
bieten ihre Sachkunde in den Dienst der Wahrheitsfi n-
dung stellen. Durch sein stetes Bemühen um Schaffung
und Ausbau von Qualitätsstandards und (sowie) um
Sicherstellung eines breiten Weiterbildungsangebots,
ist der Hauptverband der Gerichtssachverständigen
Garant einer (steten) anhaltenden Fortentwicklung.
Dem Landesverband Steiermark und Kärnten und sei-
nem Präsidium gratuliere ich sehr herzlich zu seinem
Jubiläum. Er ist der Justizverwaltung seit nunmehr vier
Jahrzehnten ein überaus kompetenter Partner in allen
Belangen der Zertifi zierung und Rezertifi zierung von
Sachverständigen. Ich bedanke mich für diese exzel-
lente Zusammenarbeit im Interesse der rechtsuchen-
den Bevölkerung.
GELEITWORT„Danke.“
Dr. Manfred ScariaPräsident
16-21 vorw skaria und kollitsch•.indd 21 09.12.2010 22:17:56 Uhr
&STEIERMARK KÄRNTEN | 22
HistorieA m 30. März 1912 teilte die „Vereinigung
der ständig beeideten Sachverstän-
digen und Schätzmeister in Wien“ mit
dem Sitz in Wien I, Eschenbachgasse
111 der löblichen k.k. Polizeidirektion
Wien pfl ichtgemäß mit, dass in der Generalversammlung
vom 20. März 1912 satzungsgemäß der Vorstand gewählt
und am 27. März 1912 die Konstituierung vorgenommen
worden wäre. Gründungsurkunde Hauptverband – siehe
rechte Seite.
Bereits am 7. Jänner 1912 hatte ein Proponentenkomi-
tee die Satzung der Vereinigung beschlossen, deren Ziele
in § 1 wie folgt festgehalten wurden: „Zweck dieser unpo-
litischen Vereinigung ist die Wahrung und Förderung der
Interessen der ständig beeideten gerichtlichen Sachver-
ständigen und Schätzmeister mit allen hierzu irgendwie
geeigneten gesetzlich zulässigen Mitteln.“ Als Präsident
zeichnete August Ritter von Löhr, k.k. Hofrat, behördlich
autorisierter Maschinenbau-Ingenieur, als erster Vize-
Präsident Arthur Ehrenfest-Egger, k.k. Kommerzialrat und
behördlich autorisierter Zivilingenieur sowie als zweiter Vi-
zepräsident Rudolf Stummer Ritter von Traunfels, k.k. Bau-
rat und behördlich autorisierter Zivilingenieur. Ihnen zur
Seite standen statutengemäß zwanzig Vorstandsmitglie-
der inklusive zweier Schriftführer und eines Kassiers. Die
Funktionsperiode des Vorstandes erstreckte sich auf zwei
Jahre. Er wurde von der Generalversammlung mit abso-
luter Mehrheit gewählt, wobei eine Wiederwahl zulässig
war. Im Oktober jeden Jahres war eine ordentliche Gene-
ralversammlung abzuhalten, bei der jeweils ein Vizepräsi-
dent, ein Schriftführer und zehn Vorstandsmitglieder neu
zu wählen waren. Die Wahl des Präsidenten war jedes
zweite Jahr durchzuführen. Aus dem Protokoll der Gene-
ralversammlung vom 7. Dezember 1912 geht hervor,
Die frühen Jahre des Hauptverbandes in Wien
HISTORIENach Kriegsende entstand die Idee zur
Gründung von Landesverbänden
Mag. Gertraud KönigKulturwissenschaftlerin
22-29 historie•.indd 22 09.12.2010 22:14:28 Uhr
&23 | STEIERMARK KÄRNTEN
Historie Gründungsurkunde des Hauptverbands aus dem Jahre 1912
22-29 historie•.indd 23 09.12.2010 22:14:38 Uhr
&STEIERMARK KÄRNTEN | 24
dass insgesamt 68 Sachverständige unterschied-
lichster Profession daran teilnahmen: Firmeninhaber und
Direktoren, Architekten und Zivilingenieure, Kommerzi-
al- und Regierungsräte, honorige Vertreter unterschied-
lichster Gewerbe-, Handels und Dienstleistungsbetriebe,
darunter Bau- und Zimmermeister, Optiker, Weber, Pfer-
dehändler und Fleischselcher, Buch- und Steindrucker,
Spediteure, Versicherer, Chemiker, Weinhändler sowie ein
Automobil- und ein Schreibmaschinenhändler.
Alle drei Präsidenten entstammten der Wiener Ober-
schicht und konnten in ihren Fachgebieten auf beachtli-
che Leistungen verweisen. Der Präsident August Carl Ritter
von Löhr2 (1847 – 1917) hatte sich als Maschinenbau-Inge-
nieur und Leiter der Direktionsabteilung der Kaiser-Ferdi-
nands-Nordbahn für Rechnungs- und Kontrollwesen einen
Namen gemacht. Neben seiner berufl ichen Tätigkeit galt
er als Experte in Edelsteinfragen und Förderer der Wiener
Medailleurkunst, engagierte sich in wissenschaftlichen
Vereinigungen und legte eine umfangreiche Sammlung
von Eisenbahnmedaillen und Eisenbahngeld an.
Als anerkannter Sammler und Fachmann war er 1901
Proponent der Wiener Mineralogischen Gesellschaft, de-
ren Vorstand er bis zu seinem Tod im Jahr 1917 angehörte
und welche er als Präsident von 1903 bis 1904 führte. Be-
reits sein Vater Moritz von Löhr war von Kaiser Franz Jo-
seph 1865 wegen seiner Verdienste um den Bau der k.k.
Kaiserin-Elisabeth-Westbahn zwischen Wien und Seitens-
tetten in den Adelsstand erhoben worden.
Der erste Vizepräsident, Ing. Arthur Ehrenfest-Egger,
behördlich autorisierter Zivilingenieur, wurde vom Kaiser-
haus mit dem Titel „k.k. Kommerzialrat“ ausgezeichnet
und saß im Vorstand der 1891 von den Brüdern Mendel
gegründeten Wiener Brot- und Gebäckfabrik, der spä-
teren Anker-Brot AG. Rudolf Stummer Ritter von Traunfels,
ebenfalls behördlich autorisierter Zivilingenieur, profi lier-
te sich als Eisenbahn-Techniker, unter anderem mit dem
Bau der heute noch bestehenden Pinzgauer Lokalbahn
von Zell am See nach Krimml (1897 – 1898), der Planung
der Alt-Tiroler Lokalbahn Rovereto-Mori-Arco-Riva und der
im Jahr 1896 eröffneten Valsugana-Bahn von Trient nach
Venedig.
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Dipl.-Ing. Elmar GUGELMag. Regina HALBWIDL, MSc Ing. Mag. Georg HILLINGER, MRICSMag. Dietmar HOFBAUER, MScMag. (FH) Doris KASTL, MRICS Dipl.-Ing. Richard KLARWerner KOGLERProf. Dr. Katharina KOHLMAIER Dipl.-Ing. Margit KÖSTLER, MBADipl.-Ing. Jürgen LUHN Fritz MACHER
Dipl.-Ing. Gerhard Josef MAIER Siegfried MAIER Mag. Barbara PREGLEJ Mag. Markus REITHOFER, MSc, MRICS, CIPSSabine RICHTERMag. Ulrike SCHMIRLProkurist Walter SEIERL Mag. Romana STEINBERGER Ing. Franz STEINER Mag. Franz STRAFELLA Dipl.-Ing. (FH) Manuela TAPPLER
Mag. (FH) Günther THALER, MBAMag. (FH) Sonja TRIMMEL Dipl.-Ing. Dr. Christoph TRUKSAMag. Andrea VRABLICOVABM Ing. Mag.(FH) Markus WANDERER Mag. Robert WEGERER, MRICSDipl.BW (FH) Jean-Marc WOCHEIng. Andreas WOLLEIN Mag. Ute ZIEGELMEYER
Auswirkungen des 1. WeltkriegsBald schon wirkten sich die ereignisse des 1. weltkriegs
auf die Tätigkeiten des Vereins aus: in einem schreiben
vom 3. dezember 1914 an die k.k. niederösterreichische
statthalterei wien wird mit „rücksicht auf die gegenwär-
tigen Verhältnisse“ – viele Mitglieder standen im Feld
und konnten ihre stimmrechte nicht ausüben - um eine
Verlängerung der Mandatsdauer des Vorstandes „auf
längstens ein Jahr“ angesucht. Zu den Aktivitäten des
Verbandes während des krieges bis Anfang der 1930er
Jahre finden sich keine unterlagen. Am 15. dezember
1933 erfolgte die umbenennung in „Hauptverband der
ständig beeideten gerichtlichen sachverständigen und
schätzmeister in Österreich“. dieser Hauptverband wur-
de am 6. Juli 1938 auf Anordnung des gauleiters sowie
des reichsamtsleiters nach der „wiedervereinigung Ös-
terreichs mit dem deutschen reich“ gelöscht und das
Vereinsvermögen in den ns-rechtswahrerbund (nsrB),
reichsfachschaft für das sachverständigenwesen in Ber-
lin, eingewiesen. diese Vereinigung stand bis 1942 unter
der Leitung von Hans Frank, bis 1945 von Otto Thierack,
und umfasste seit 1936 als Organisation „alle im recht
verwurzelten, berufstätigen deutschen Menschen“ (rich-
ter, rechtsanwälte, notare, wirtschafts- und Verwaltungs-
rechtler), wozu auch die sachverständigen gezählt wur-
den.
nAcH deM 2. WeltkriegAus Punkt 1 des Protokolls der ersten Hauptversammlung
nach Beendigung des 2. weltkrieges vom 13. Oktober
22-29 historie•.indd 25 09.12.2010 22:14:52 Uhr
&STEIERMARK KÄRNTEN | 26
1947, welche in den Räumen des Österreichischen
Ingenieur- und Architektenvereins in Wien I, Eschenbach-
gasse 9, abgehalten wurde, geht hervor, unter welchen
Bedingungen der Hauptverband seine Tätigkeiten wie-
der aufnahm: Die Geschäftsräume des Hauptverbandes
in der Rotenturmstraße im 1. Wiener Gemeindebezirk wa-
ren durch Bombentreffer so schwer beschädigt, dass der
Verband als Untermieter in die Doblhoffgasse 3 übersie-
delte und dort seine Tätigkeit wieder aufnahm. Das Büro
des Landesverbandes Wien, Niederösterreich und Bur-
genland sowie das des Hauptverbandes befi nden sich
noch heute an dieser Adresse in unmittelbarer Nähe zum
Parlament.
Als erste große Aufgabe mussten alle 1.800 Angehöri-
gen der Reichsfachschaft für das Sachverständigenwe-
sen aus der „Ostmark“ gemäß dem Nationalsozialisten-
gesetz einer Überprüfung unterzogen werden. Trotz der
Kriegswirren hatten sich die Dokumente der Bestellungen
während der NS-Zeit erhalten. Nach zahlreichen Erhe-
bungen und einem ausgedehnten Schriftverkehr wurden
1.327 Personen teils suspendiert und teils gänzlich ausge-
schlossen.
Mit den verbliebenen 473 Sachverständigen und 373
neu bestellten Experten betrug der Mitgliederstand im
Oktober 1947 nunmehr 846 Personen.
GRÜNES LICHT VOM BUNDESMINISTERIUMDas Bundesministerium für Inneres und öffentliche Sicher-
heit genehmigte dem Hauptverband in einem Bescheid
vom 15. Februar 1946 die Tätigkeit in derselben Weise, wie
sie vor dem „Anschluss“ betrieben wurde, und gestatte-
te die Bestellung eines provisorischen Vorstands nach §
11 des wieder geltenden Vereinsgesetzes vom 15.11.1867.
Diesem provisorischen Vorstand gehörten Kommerzial-
rat Carl Brunner (Juwelier), Architekt Emil Dietrich (Tech-
nischer Rat, Zivilingenieur für Hochbau und Baumeister),
Dr. August Röttinger (Chemiker), sowie Rudolf Hartl (Tech-
nischer Rat, Zivilingenieur für Hochbau und Baumeister)
an. Architekt Dietrich wurde mit der Geschäftsführung
und Baumeister Hartl mit der Kassenverwaltung betraut.
Seit Kriegsende hatte vorerst ein Proponentenkomitee
von 18 Sachverständigen aus verschiedenen Berufsgrup-
pen die Geschäfte des Hauptverbandes besorgt. Nach
Punkt 2 (Genehmigung der geänderten Satzung) und
Punkt 3 (Vermögensbericht, Stellungnahme des Kassen-
prüfers und Entlastung des Kassiers) wurde das Präsidium
einstimmig gewählt: zum Präsidenten Architekt Dietrich,
zum ersten Vizepräsidenten Dr. Röttinger, zum zweiten Vi-
zepräsidenten Kommerzialrat Brunner, zum Kassaverwal-
ter Baumeister Hartl, sowie zwei Schriftführer, zwei Rech-
nungsprüfer, fünf Ehrenräte und drei Ersatzleute.
Bereits zu jenem Zeitpunkt befasste sich der Vorstand
mit dem Ausbau des Verbandes und setzte sich die Er-
richtung von Zweigstellen in allen Bundesländern am Sitz
eines Landesgerichtes zum Ziel. Dieses Vorhaben stieß
bei den ständig beeideten gerichtlichen Sachverständi-
gen in den Bundesländern auf breite Resonanz und sollte
Baurat h.c. Dipl.-Ing. Leo SplettPräsident des Hauptverbandes
von 1969 bis 1981
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ehest umgesetzt werden. Es dauerte jedoch noch 23 Jah-
re, bis dieses Ziel annähernd verwirklicht war. Ein weite-
res Anliegen bestand in der dringlichen Anfrage bei der
Justizbehörde, die reichsdeutsche Gebührenordnung für
Sachverständige aufzuheben und eine zeitgemäße so-
wie den Berufen entsprechende Gebührenordnung für
Sachverständige und Schätzmeister zu erlassen.
Auch sollten alle ständig beeideten gerichtlichen
Sachverständigen und Schätzmeister Österreichs in ge-
druckten Verzeichnissen erfasst werden. Zudem sollte die
Gliederung der Sachverständigen in Berufsgruppen wei-
ter vorangetrieben werden; zu den bereits bestehenden
Fachgruppen der Bau- sowie Lebensmittelsachverständi-
gen war die Errichtung von Berufsgruppen für Elektro- und
Maschinenwesen, Medizin, Buchwesen, Textilwesen und
Automobilwesen vorgesehen.
Einblick in die Ernährungslage des Jahres 1947 erlaubt
der Vorschlag eines Mitgliedes, der Präsident möge beim
Wirtschaftsamt beantragen, dass die Sachverständigen
in den Genuss der „Zusatzkarte für Schwerstarbeiter“ kom-
men, da sie neben ihrer beruflichen Arbeit oft bis zu 60
Wochenstunden für Gutachten aufzuwenden hätten und
daher geistige und körperliche Schwerstarbeit leisteten.
Dieser Vorschlag fand breite Unterstützung.
Der Vorsitzende erklärte sich bereit, diesbezügliche
Schritte zu unternehmen.3
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&STEIERMARK KÄRNTEN | 28
DER HAUPTVERBAND IN WIEN UM 1970 UND DANACH
Anlässlich des 75-jährigen Bestehens des Hauptver-
bandes in Wien blickte sein langjähriger Präsident (1969
– 1981) Baurat h.c. Dipl.-Ing. Leo Splett († 1993) in der Ver-
bandszeitschrift „Der Sachverständige“ auf die Neuord-
nung des Verbandes seit 1970 zurück:4 Dieser umfasste
im Jahr 1970 ungefähr 1.500 Mitglieder hauptsächlich
aus dem Raum Wien, Niederösterreich und Burgenland,
neun davon stammten aus dem Bundesland Tirol, zwei
aus Vorarlberg.
In Oberösterreich und Salzburg bestand seit 1961 eine
lose Vereinigung von Sachverständigen aus dem Bereich
des Kraftfahrzeugwesens. Die erfolgreichen Seminare am
Tulbinger Kogel gaben seit Beginn der 1960er-Jahre dem
Verband neue Impulse und wirkten sich positiv auf die
Anzahl der Mitglieder aus den Bundesländern aus. Da-
her wurde die bereits nach Kriegsende entstandene Idee
zur Gründung von Landesverbänden am Sitz der Landes-
gerichte unter einem Wiener Dachverband modifi ziert
wieder aufgegriffen und mit dieser Aufgabe bewährte
Kollegen betraut. Letztlich beschränkte man sich auf vier
Landesverbände am jeweiligen Sitz der Oberlandesge-
richte. Für Salzburg und Oberösterreich konnte Ing. Josef
Hudisch gewonnen werden, für Steiermark und Kärnten
übernahm Dipl.-Ing. Josef Satzinger diese Aufgabe, und
im Bereich Tirol und Vorarlberg führte Ing. Wolfgang
Czerweny diesen Auftrag durch. Der Landesverband
Wien, Niederösterreich und Burgenland unter der Leitung
von Dipl.-Ing. Leo Splett – dieser bekleidete zugleich die
Funktion des Präsidenten des Hauptverbandes - musste
ebenfalls erst gegründet werden. Erst mit der Gründung
der vier Landesverbände war die Bezeichnung „Haupt-
verband“ für den Dachverband endgültig gerechtfertigt.
Dipl.-Ing. Splett stand dem Verband zwölf Jahre von
1969 bis 1981 vor. Ihm folgte Dipl.-Ing. Friedrich Rollwagen
wiederum zwölf Jahre lang, von 1981 bis 1993. Sein Nach-
folger Dipl.-Ing. Dr. Matthias Rant übt diese Funktion bis
heute aus.
Architekt Baurat h.c. Dipl.-Ing. Friedrich Rollwagen
(† 2005) leitete den Hauptverband umsichtig und souve-
rän. Für ihn hatten die Gesamtinteressen des Dachver-
bandes Vorrang vor Einzel- und Gruppeninteressen.
Seinem Engagement und seiner Beharrlichkeit ist es zu-
zuschreiben, dass das Liegenschaftsbewertungsgesetz
Ende 1991 das Stadium parlamentarischer Beratung er-
reichte. Dieses Gesetz ist ohne Novellierung noch heute
gültig. Aber auch die Kollegialität der Sachverständigen
zu fördern und das Ansehen dieses Berufsstandes im In-
und Ausland zu mehren, waren für Rollwagen echte An-
liegen. Seit 1985 war er Vizepräsident der internationalen
Dachorganisation CIDADEC. Er engagierte sich mit gro-
ßem Elan für die Integrierung der Sachverständigen in
Architekt Baurat h.c. Dipl.-Ing. Friedrich Rollwagen
Präsident des Hauptverbandes von 1981 bis 1993
22-29 historie•.indd 28 09.12.2010 22:15:16 Uhr
&29 | STEIERMARK KÄRNTEN
die Wirtschaftsstruktur der Europäischen Gemeinschaft.
Als Repräsentant des Hauptverbandes hielt Rollwagen
nützliche Kontakte zu maßgeblichen Regierungsstellen
und einschlägigen Interessenvertretungen. Unter Rollwa-
gens Präsidentschaft wuchs der Hauptverband auf mehr
als 5.000 Mitglieder an.5
Zu Rollwagens Nachfolger wurde im Jahr 1993 Pro-
fessor Dipl.-Ing. Dr. Matthias Rant gewählt, welcher den
Hauptverband bis heute mit besten Kontakten zum Jus-
tizministerium auf souveräne Art leitet. In ausgewogener
Weise bündelt er die Einzelinteressen der vier Landesver-
bände, die dadurch gemeinsam an Gewicht gewinnen.
Ein wichtiges Anliegen Rants ist die stetige Verbesserung
der Qualität aller Sachverständigen. Seinen unentwegten
Einsatz zur Erreichung dieses Zieles kann Rant mit Erfolg
krönen. Im Jahr 1998 wird die Novelle des Sachverständi-
gen- und Dolmetschergesetzes beschlossen, in welcher
die gerichtliche Zertifi zierung6 als Personenzertifi zierung
der Gerichtssachverständigen eingeführt wird. Dadurch
ändert sich ab 1. Januar 1999 auch die Bezeichnung der
Gerichtssachverständigen. Sie heißen fortan „allgemein
beeidete und gerichtlich zertifzierte Sachverständige“.
Von jedem Sachverständigen wird gesetzlich der
Nachweis einer Haftpfl ichtversicherung gefordert, und
alle Gerichtssachverständigen sind verpfl ichtet, bei der
Unterfertigung schriftlicher Gutachten - unabhängig, ob
es sich um ein von einem Gericht in Auftrag gegebenes
Gutachten oder um ein Privatgutachten handelt - das
Rundsiegel zu verwenden.
Rant gelingt es, im März 1999 für diese gesetzlich gefor-
derte Haftpfl ichtversicherung einen Rahmenvertrag mit
günstigen Prämien für alle Mitglieder auszuhandeln. Der
Rahmenvertrag wird zwischen dem Hauptverband der
Gerichtssachverständigen und der Bundesländerversi-
cherung AG (heute UNIQA) sowie der Grazer Wechselsei-
tigen Versicherung Aktiengesellschaft abgeschlossen.
QUELLEN
1 Das Palais Eschenbach beherbergte damals wie heute
den Österreichischen Ingenieur- und Architektenverein,
der bis heute Eigentümer dieser Liegenschaft ist.
2 Auf seinen Dienstreisen im Ausland und in seinen privaten
Veröffentlichungen zu Edelsteinfragen, Eisenbahnmedail-
len und Eisenbahngeld schrieb er sich stets „Loehr“.
3 Aus: 80 Jahre – und immer weise. Begebenheiten im Lau-
fe der Verbandsgeschichte. Beitrag von Dipl.-Ing. Rudolf
Schlauer, Zivilingenieur für Gas- und Feuerungstechnik.
In: Der Sachverständige, Heft 1/1992, 6 – 10.
4 Baurat h.c., Zivilingenieur für Hochbau, Ehrenpräsident
der CIDADEC und des Hauptverbandes Dipl.-Ing. Leo Splett:
Wohin gehen wir?
In: Der Sachverständige, 4/1986, Seite 2 ff. Mit Ergänzungen
der Autorin.
5 Aus: Baurat h.c. Architekt Dipl.-Ing. Friedrich Rollwagen
wird 70! Wir gratulieren! Beitrag von Dr. Walter Melnizky, Syn-
dikus des Hauptverbandes. In: Der Sachverständige, Heft
1/1992, 3.
6 Siehe Zertifi zierung auf Seite 72 und Rezertifi zierung auf
Seite 67.
7 Siehe EuroExpert auf Seite 51.
Im Juni 1999 trat der Hauptverband der im Mai 1998
gegründeten, EU-weit tätigen Vereinigung EuroExpert7 als
Vollmitglied bei. Rant war als Präsident der EuroExpert
von September 2006 bis August 2008 mit großem Einsatz
tätig und förderte das Ansehen der österreichischen Ge-
richtssachverständigen europaweit.
Zuletzt konnte in seiner Ära eine tiefgreifende Novel-
lierung des Gebührenanspruchsgesetzes im Sinne der
Sachverständigen erreicht werden.
22-29 historie•.indd 29 09.12.2010 22:15:21 Uhr
&STEIERMARK KÄRNTEN | 30
Historie
D ie Intentionen zur
Gründung eines Lan-
desverbandes Stei-
ermark und Kärnten
gehen bereits auf
das Jahr 1970 zurück. In einem ersten
Gespräch zwischen dem Präsident des
Hauptverbandes, DI Leo Splett, und DI
Josef Satzinger, Ziviltechniker für Bau-
wesen, wurde der Gründungswille am
„Tulbingerkogel“ in Niederösterreich be-
kundet.
Die Gründung der Landesverbände
Tirol/Vorarlberg und Oberösterreich/
Salzburg war bereits vollzogen, es fehlte jedoch noch
eine entsprechende Interessensvertretung in den Bun-
desländern Steiermark und Kärnten.
Im November 1970 erfolgte die Kontaktierung der zu-
ständigen Sicherheitsdirektion in Graz für die Zulassung
der Landesstelle Steiermark und Kärnten. Für die Anmel-
dung bei der Sicherheitsdirektion in Graz wurden die
Satzungen des „Hauptverbandes der ständig beeideten
gerichtlichen Sachverständigen und Schätzmeister Öster-
reichs“, sowie ein Nachweis über den rechtlichen Bestand
des Hauptverbandes durch das Bundesministerium für
Inneres eingereicht. Von der Einreichung der Unterlagen
bis hin zur Vereinsgründung des Landesverbandes Steier-
mark und Kärnten dauerte es allerdings
noch bis ins Jahr 1972.
Am 02.03.1972 wurde DI Josef Satzin-
ger gebeten, die Landesstelle Steier-
mark und Kärnten zu leiten. Er hat seine
Aufgabe als Obmann bis zu seinem Tod
1995 wahrgenommen.
Ursprünglich befand sich der Bürositz
des Landesverbandes in der Hugo-Wolf-
Gasse in Graz. 1982 übersiedelte der
Landesverband in die Kepplerstraße
und anschließend 1986 in die Hanusch-
gasse. Mit dem Kauf der Büroräumlich-
keiten in der Hanuschgasse konnte der
Landesverband erstmals Eigentum erwerben. Seit 2003
hat der Landesverband Steiermark und Kärnten seinen
Bürositz in der Griesgasse 10. Die alte Bausubstanz wurde
nach modernsten Gesichtspunkten umgebaut. Die insge-
samt 240 m² Bürofl äche teilt sich der Landesverband mit
der Liegenschaftsbewertungsakademie. Die feierliche
Eröffnung des neuen Büros erfolgte im Oktober 2003 mit
einer Ausstellung der Exponate des Künstlers Bernhard
Eisendle.
Die erste Generalversammlung der Landesstelle Stei-
ermark und Kärnten wurde am 15.04.1972 im Restaurant
„Wilder Mann“, Jakoministraße in Graz einberufen, mit
dem Ziel des gemeinsamen Gedankenaustausches. Die
Gründung und Entwicklung des Landesverbandes
Steiermark und Kärnten
DI Josef SatzingerPräsident des Lan-desverbandes von 1972 bis 1995
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&31 | STEIERMARK KÄRNTEN
Historie
Tagesordnungspunkte wurden kurz und
bündig gehalten. Neben dem Tätig-
keitsbericht des Obmanns DI Satzinger,
erfolgte die Wahl des Vorstandes und
der Funktionäre. Anwesend waren die
Sachverständigen der ersten Stunde wie
die Herren Althaller, Gilli, Müller, Schöck,
Satzinger, um nur einige zu nennen. Als
Gäste vermerkte man im Protokoll den
Präsidenten des Hauptverbandes, DI
Splett.
Die Mitgliederversammlung wurde
mit dem Referat des Präsidenten DI
Leo Splett eröffnet und mit einleitenden
Worten über die Sachverständigentätigkeit, die nicht
nur laut ABGB den Sachverständigen hinsichtlich seiner
Kunstkenntnisse oder seines nicht gewöhnlichen Fleißes
defi niere, sondern weit über diese Vorstellung hinaus-
gehe, eröffnet. Spezialwissen und Verantwortungsgefühl
des Sachverständigen bei Gericht seien für die Urteilsfi n-
dung ausschlaggebend. Der Sachverständige hätte in
den sogenannten „Sachverständigenprozessen“ (wie es
wörtlich im Protokoll hieß) eine Verantwortung zu tragen,
die nur völlig „unparteiischen, fachlich und charakterlich
nur hochstehenden Menschen zuzumuten sei“, führte DI
Splett in seinem Vortrag aus. Splett sah die Aufgabe des
„Hauptverbandes der ständig beeideten gerichtlichen
„Jeder hat ein Recht darauf, täglich gescheiter zu werden!“ (Günther Nenning)
Mag. Eva BaumgartnerAdministration
Sachverständigen und Schätzmeister
Österreichs“ in der Funktion des gegen-
seitigen Gedanken- und Erfahrungs-
austausches, um das Fachwissen aller
Mitglieder zu fördern. Mit dieser bereits
damals bemerkenswerten Einstellung
zur Weiterbildung und damit zur Unter-
mauerung der Funktion des Sachver-
ständigenverbandes, wurden gedank-
lich die ersten Weichen im Bereich der
Qualitätssicherung von Experten ge-
stellt.
Aus heutiger Sichte könnte man seine
Betrachtungen auch als Vorreiterrolle
für die entsprechende Richtlinie zum Fortbildungspass für
Sachverständige einstufen.
1972 befand sich DI Splett in intensiven Verhandlungen
mit der Regierung hinsichtlich des „Sachverständigenge-
setzes“ und vor allem des „Gebührenanspruchsgesetzes“.
Die schwierigen Verhandlungen und die Widerstände
der Regierung in Bezug auf eine einheitliche Gebühren-
regelung sind evident. Während ehemals die Sachver-
ständigentätigkeit als ehrenamtlich und nebenberufl ich
gesehen wurde, gab es schon zu dieser Zeit Diskussionen
über eine vernünftige Entlohnung des Sachverständigen
für seine außerordentlich verantwortliche Tätigkeit.
DI Leo SplettPräsident des Hauptverbandes von 1969 bis 1981
30-35 geschichte•.indd 31 09.12.2010 22:08:59 Uhr
&STEIERMARK KÄRNTEN | 32
So wurde damals die Sichtweise vertreten, dass je-
mand nur ausnahmsweise als Sachverständiger, also
nebenberufl ich tätig werde und es daher eine Ehre sei,
überhaupt bestellt zu werden. Eine entsprechende Ent-
lohnung wurde der ehrenhaften Tätigkeit nachgereiht.
Viele Sachverständige haben auch schon 1972 ihre Tätig-
keit hauptberufl ich ausgeübt und es musste daher eine
entsprechende gesetzliche Basis geschaffen werden,
um eine vernünftige Entgeltregelung von Sachverständi-
genleistungen zu garantieren. Einmal mehr waren die
deutschen Kollegen an einer für die ganze EWG gültigen
Lösung interessiert, der sich auch Österreich anzuschlie-
ßen gedachte. Besonderes Interesse in dieser Gene-
ralversammlung galt der Wahl der Funktionäre und des
Vorstandes. Da die gewählten Herren die Geschicke des
Verbandes über Jahrzehnte geprägt haben, werden sie
namentlich und in ihrer Funktion angeführt.
Zusätzlich gab es zum Vorstand auch noch einen „ehren-
rätlichen Ausschuss“ bestehend aus den Herren:
FUNKTIONÄRE
Obmann: DI Josef Satzinger
Vizeobmann: Ing. Fritz Schöck
Vizeobmann: Prof. DI Dr. Ernst Heinrich
Kassaverwalter: Dr. Wolfgang Müller
Schriftführer: Prof.DI Dr. Ernst Heinrich
Schriftführer: Prof.DI Helmut Gilli
Rechnungsprüfer: Prof.DI Helmut Gilli
Rechnungspürfer: Ing. Max Cerncic
(V. l. n. r.) Dr. Peter Hadl, KR Alois Edelsbrunner, Dr. Enrik Mandl, DI-HTL Andreas Krassnig-Plass, DI Gerhard Hirm, Mag. Eva Baumgartner, Mag. Michaela Petulnig, Ehrenpräsident TR Bmst. Ing. Anton Voit,HR i. R. DI Dr. Wolfgang Gobiet, HR DI Friedrich Bauer
30-35 geschichte•.indd 32 09.12.2010 22:09:07 Uhr
&33 | STEIERMARK KÄRNTEN
Insgesamt hatte die Lan-
desstelle Steiermark und
Kärnten nur 3 Fachgrup-
pen, die durch fachkun-
dige Vertreter besetzt
waren. Heute hat der
Landesverband 16 Fach-
gruppen, die die Wei-
terbildung von Sachver-
ständigen sichern.
Im Laufe der Jahre
wurden 2 Fachgruppen,
nämlich „Allgemein“
und „Automaten“ auf-
gelöst, weil einerseits für die Fachgruppe „Allgemein“
als sogenannter „Sammeltopf“ für all jene Sachverstän-
dige, die keiner spezifi schen Fachgruppe zugeord-
EHRENRÄTLICHER AUSSCHUSS:
Ing. Johann Gastegger
Forstverwalter Carl Klotz
Ing. Adolf Enzi
Ing. Karl Martinz
Ing. Josef Schwinger
Ing. Josef Stangl
Ing. Heinz Reimitz und Ing. Wilhelm Althaller
FACHGRUPPENOBMÄNNER:
Bauwesen: DI Josef Satzinger
Kraftfahrwesen und Maschinen: Prof.DI Helmut Gilli
Allgemeine Fachgruppe: Dr. Wolfgang Müller
Dr. Wolfgang Müller
30-35 geschichte•.indd 33 09.12.2010 22:09:15 Uhr
&STEIERMARK KÄRNTEN | 34
net werden konnten, kein Bedarf
mehr bestand und andererseits die
Fachgruppe „Automaten“ zu klein war,
um wirkungsvoll arbeiten zu können.
Außerdem hat der Gesetzgeber durch
die Feststellung, dass Spielautomaten
bevorzugt von Sachverständigen, die
auch im Fachgebiet EDV eingetragen
sein sollten, den übrigen Experten ihre
Existenz genommen. In den letzten
Jahre kam zu den bisher etablierten
Fachgruppen wie Bauwesen, KFZ, Im-
mobilien, Land- und Forstwirtschaft,
Brandschutz, Elektrotechnik, Medizin,
Holz, um nur einige zu nennen, eine
Fachgruppe für Apotheker dazu.
Die Landesstelle Steiermark und Kärnten hatte zu
Gründungsbeginn nur 51 Mitglieder. Verglichen mit der
heutigen Mitgliederzahl, die sich auf ca. 2600 Personen
erweitert hat, war der Verband in seinen Anfängen wirk-
lich überschaubar.
Nach dem Tod von DI Satzinger hat Herr TR Ing. Fritz
Schöck interimistisch den Landesverband Steiermark und
Kärnten geführt, bis TR Bmst.Ing. Anton Voit den Verband
Ende 1995 als Vorsitzender übernommen und geleitet
hat. Als Ehrenpräsident des Landesver-
bandes Steiermark und Kärnten ist Ing.
Voit nach wie vor in das Verbandsleben
eingebunden. In seiner Amtsperiode
wurden zahlreiche Arbeitskreise gebil-
det, wie „Nutzungsdauerkatalog“, „Her-
stellungskosten“ und „Liegenschaftsbe-
wertung“. 2002 hat TR Ing. Voit sein Amt
als Präsident des Landesverbandes
zurückgelegt und als Nachfolger wur-
de DI Gerald Moskon in der Mitglieder-
versammlung gewählt. Nach nur 2 jäh-
riger Funktionsperiode folgte HR i.R.DI
Dr. Wolfgang Gobiet, der als Präsident
für die Außenwirkung des Verbandes
bis zum heutigen Tag verantwortlich
zeichnet. Durch seine behutsame
und verbindende Führung lässt er viel
Raum für neue Gestaltungsmöglich-
keiten im Verband.
Besonderes Augenmerk hat der
Landesverband Steiermark und Kärn-
ten auf die Weiterbildung von Sach-
verständigen gelegt. Seit 1977 gibt es
die Grundlagenseminare im Schloss
Seggau, mit den Themenschwerpunk-
ten Gerichts- und Privatgutachten,
Haftung des Sachverständigen, Ge-
bührenanspruch etc. Einer der Vortragenden der ersten
Stunde war und ist Prof.Dr. Jürgen Schiller. Ihm ist es zu
verdanken, dass aus einem vormals eineinhalbtägigen
Liegenschaftsbewertungsseminar seit 1999 eine Liegen-
schaftsbewertungsakademie geworden ist, die sich öster-
reichweit etabliert hat und als Basisausbildung mit ho-
hem Praxisbezug wertgeschätzt wird.
Aus einem kleinen Verband mit einer überschaubaren
Mitgliederzahl hat sich mittlerweile eine Organisation
entwickelt, die die Interessen der Sachverständigen auch
entsprechend wahrnehmen und mit dem Hauptverband
der Gerichtssachverständigen ge-
meinsam die Weiterentwicklung des
Sachverständigenwesens verfolgen
kann.
Wesentlichen Anteil am Erfolg und
an der Umsetzung des Gesamtkon-
zeptes des Landesverbandes tragen
die Fachgruppen. So kann letztend-
lich eine äußerst positive Bilanz zum
40jährigen Bestehen des Verbandes
gezogen werden. Alle jenen, die un-
ermüdlich das gemeinsame Interesse
verfolgen, sei an dieser Stelle beson-
derer Dank ausgesprochen.
TR Ing. Fritz Schöck
TR Bmst. Ing. Anton VoitEhrenpräsident
30-35 geschichte•.indd 34 09.12.2010 22:09:22 Uhr
&35 | STEIERMARK KÄRNTEN
QUELLEN
1 Das Palais Eschenbach beherbergte damals wie heute den Österreichischen Ingenieur- und Architektenverein, der bis heute Eigentümer dieser
Liegenschaft ist.
2 Auf seinen Dienstreisen im Ausland und in seinen privaten Veröffentlichungen zu Edelsteinfragen, Eisenbahnmedaillen und Eisenbahngeld schrieb
er sich stets „Loehr“.
3 Aus: 80 Jahre – und immer weise. Begebenheiten im Laufe der Verbandsgeschichte. Beitrag von Dipl.-Ing. Rudolf Schlauer, Zivilingenieur für Gas- und
Feuerungstechnik. In: Der Sachverständige, Heft 1/1992, 6 – 10.
4 Baurat h.c., Zivilingenieur für Hochbau, Ehrenpräsident der CIDADEC und des Hauptverbandes Dipl.-Ing. Leo Splett: Wohin gehen wir?
In: Der Sachverständige, 4/1986, Seite 2 ff. Mit Ergänzungen der Autorin.
5 Aus: Baurat h.c. Architekt Dipl.-Ing. Friedrich Rollwagen wird 70! Wir gratulieren! Beitrag von Dr. Walter Melnizky, Syndikus des Hauptverbandes.
In: Der Sachverständige, Heft 1/1992, 3.
6 Siehe Zertifi zierung auf Seite 72 und Rezertifi zierung auf Seite 67.
7 Siehe EuroExpert auf Seite 51.
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Kultur�&�Begegnung�mit�Weitblick
30-35 geschichte•.indd 35 09.12.2010 22:09:27 Uhr
&STEIERMARK KÄRNTEN | 36
Liegenschaft
E ines der vorrangigsten Ziele des Haupt-
verbandes der Gerichtssachverstän-
digen Österreichs und seiner vier Lan-
desverbände ist seit Gründung dieser
freiwilligen Interessenvertretung die
Förderung seiner Mitglieder in den verschiedensten Be-
langen. Die Aus- und Fortbildung von Sachverständigen
für ihre verantwortungsvolle Tätigkeit und die laufende
Unterstützung in ihrem Bemühen um qualitativ hochste-
hende Leistungen zählen dabei zu den wichtigsten An-
liegen der Verbände. Deshalb werden nicht nur laufend
Seminare zur Festigung forensischer Kenntnisse angebo-
ten, sondern auch die verschiedensten fachspezifischen
Themen bearbeitet.
So wie in anderen Landesverbänden fanden deshalb
auch im Landesverband Steiermark und Kärnten schon
seit den 70er-Jahren regelmäßig Seminare zur Ausbil-
dung auf dem Gebiet der Immobilienbewertung statt. Als
im Jahr 1992 das Liegenschaftsbewertungsgesetz (LBG)
die bereits in die Jahre gekommene Realschätzungsord-
nung aus dem Jahr 1896 ablöste, stieg der Bedarf nach
einer Wissensvermittlung auf diesem Gebiet sprunghaft
an. Das für die Bewertung von Immobilienvermögen im
gerichtlichen Verfahren geschaffene Gesetz erlangte in
kürzester Zeit große Bedeutung auch im außergericht-
lichen Bereich, ging es doch – in Anlehnung an die in
der Bundesrepublik Deutschland schon längere Zeit gel-
tenden Bewertungsnormen – völlig neue Wege. Da das
Gesetz den Sachverständigen in weiten Bereichen bisher
nicht gekannte Freiheiten einräumte, entstand teilwei-
se geradezu ein „Wissensvakuum“. Deshalb galt es ver-
stärkt, eine Wissensvermittlung, nicht nur für bereits in den
Gerichtslisten eingetragene Sachverständige, sondern
auch für Interessenten an dieser Tätigkeit und Auftragge-
ber für Gutachten dieser Art anzubieten. Dazu kam, dass
auf Grund des ständig steigenden Interesses des Kapital-
marktes an Immobilien auch ein ständig steigendes Inte-
resse an der Tätigkeit eines Sachverständigen für die Be-
wertung von Immobilien im außergerichtlichen Bereich
zu verzeichnen war, wobei die Interessenten aus den ver-
schiedensten Berufszweigen kamen und nicht nur auf die
klassischen „Grundberufe“ etwa des Baubereiches und
der Immobilienvermittlung beschränkt blieben.
Diesem gestiegenen Bedarf an Ausbildung stand auf
der anderen Seite kein adäquates Aus- und Fortbildungs-
angebot gegenüber, zumal es auch kein spezielles aka-
demisches Studium oder zumindest einen schulischen
Abschluss an einer höheren technischen Lehranstalt oder
einer Fachhochschule gab.
Im Landesverband Steiermark und Kärnten reifte daher
der Gedanke einer Strukturierung und Ausweitung der
bisher angebotenen ein- bis zweitägigen Seminare für
Die Liegenschaftsbewer-tungsakademie Graz – eine
Erfolgsgeschichte
36-39 liegenschaft-mitgliederversammlung•.indd 36 09.12.2010 22:15:59 Uhr
&37 | STEIERMARK KÄRNTEN
Liegenschaft
Liegenschaftsbewertung. Initiiert von den Herren Techni-
scher Rat Ing. Franz Kainz, Baurat h.c. Dipl.Ing. Franz Josef
Seiser und Ehrenpräsident TR Bmst. Ing. Anton Voit wurde
der Gedanke der Gründung einer „Liegenschaftsbewer-
tungsakademie“ geboren.
Im Herbst 1999 startete der erste Lehrgang. Diese zu-
nächst im Schoß des Landesverbandes operierende
Akademie mit einem 120-stündigen Vortragsprogramm
trug schon die Grundstruktur der heutigen LBA. Als Vor-
tragende konnten neben den beiden genannten Herren
mehrere namhafte Sachverständige gewonnen werden,
wie etwa die Herren Hofrat Dipl.-Ing. Friedrich Bauer, Bau-
rat h.c. Dipl.-Ing. Franz Josef Kollitsch, Dipl.-Ing. Rudolf
Kulterer, Prof. Techn. Rat Ing. Herbert Majcenovic, Direktor
Dagobert Pantschier, Dr. Hermann Pucher, Arch. Dipl.-Ing.
Wilfried Stummer, Mag. Karl Steinberger.
Schon dieser erste Lehrgang war ein voller Erfolg und
stieß auf ein äußerst positives Echo. Es folgten drei weite-
re Lehrgänge, die die Anfangserfolge eindrucksvoll be-
stätigten.
Dadurch ermutigt folgte als nächster Schritt die Grün-
dung eines Arbeitskreises im Sinne der Satzungen des
Landesverbandes, der die Grundlagen für eine „Liegen-
schaftsbewertungsakademie - Neu“ schaffen sollte. Unter
der Leitung des Präsidenten des Landesverbandes Dipl.-
AKADEMIELBA – das Kompetenzzentrum für Liegenschaftsbewertung
Prof.Dr. Jürgen SchillerGeschäftsführer LBA Graz
Ing. Gerald Moskon gehörten ihm die Herren Hofrat Dipl.-
Ing. Friedrich Bauer, Techn. Rat Ing. Franz Kainz, Dr. Her-
mann Pucher, Baurat h.c. Dipl.-Ing. Franz Josef Seiser und
Prof. Dr. Jürgen Schiller an. Dieser Arbeitskreis bereitete in
mehreren Sitzungen die Gründung einer GesmbH vor.
Die Grundsatzentscheidung dazu fi el bei einem Treffen
mit dem Präsidenten des Hauptverbandes vis Prof. Dipl.-
Ing. Dr. Matthias Rant am 23.7.2002. Danach sollte der
Landesverband für Steiermark und Kärnten die Gründung
der Gesellschaft zunächst als alleiniger Gesellschafter
vornehmen, der Hauptverband und die anderen Landes-
verbände sollten in der Folge als weitere Gesellschafter
hinzukommen. Außerdem sollten im Umfang von 46%
weitere Gesellschafter aus interessierten Kreisen gewon-
nen werden, um dem Gedanken von Präs. Rant, die LBA
als „Kompetenzzentrum“ für Liegenschaftsbewertung auf-
zubauen, Rechnung zu tragen. Damals war auch noch
daran gedacht, die LBA als Zertifi zierungsstelle gemäß
der EN 45013 (heute ISO 17024) akkreditieren zu lassen,
ein Gedanke, der später auf Grund des Widerstandes in
einigen Gremien der Sachverständigenverbände fallen
gelassen wurde.
Nach einem diskussions- und arbeitsintensiven Jahr
konnte schließlich Ende 2002 ein von Herrn Dr. Hermann
Pucher maßgeblich gestalteter Gesellschaftsvertrag
36-39 liegenschaft-mitgliederversammlung•.indd 37 09.12.2010 22:16:05 Uhr
&STEIERMARK KÄRNTEN | 38
unterfertigt und die Eintragung der „Liegenschaftbe-
wertungsakademie - Center of Valuation and Certifica-
tion GmbH“ Graz ( kurz „LBA Graz“) im Firmenbuch des
Landesgerichtes für ZRS Graz vorgenommen werden. Zu
ihrem ersten Geschäftsführer wurde Dr. Hermann Pucher
bestellt, der diese Funktion bis 30.11.2006 ausübte. Seit
1.12.2006 ist Prof. Dr. Jürgen Schiller Geschäftsführer. In
der Folge konnten neben dem Hauptverband noch als
Gesellschafter gewonnen werden: Die Landesverbände
Wien, Niederösterreich und Burgenland, sowie Tirol und
Vorarlberg (die Bemühungen, den Landesverband Ober-
österreich und Salzburg zu gewinnen, sind bedauerlicher
Weise bisher fehlgeschlagen), die Raiffeisenlandesbank
Steiermark, die HYPO-Wohnbaubank, die Immobilienra-
ting GmbH Wien, der Fachverband der Immobilien- und
Vermögenstreuhänder in der WKÖ, sowie die HYPZert Ber-
lin (welche später nach der Entscheidung, keine Zertifizie-
rungsstelle zu etablieren, ihre Anteile wieder dem Landes-
verband Steiermark und Kärnten abgetreten hat).
Nach Auflösung des Arbeitskreises „LBA-Neu“ konsti-
tuierte sich unter der Leitung von Dr. Schiller ein wissen-
schaftlicher Beirat, der die fachliche Weiterentwicklung
der LBA forcierte. Ihm gehörten neben den oben ge-
nannten Mitgliedern des Arbeitskreises in wechselnder
Zusammensetzung auch die Herren Dipl.-Ing. Werner
Böhm, Baurat h.c. Arch. Dipl.-Ing. Rainer König, und nicht
zuletzt Dipl.-Ing. Martin Roth an.
Seit dem Jahr 2003 finden auch laufend Lehrgänge
in Wien statt, die sich regen Zuspruchs erfreuen, weiters
wurden auch Lehrgänge in Kufstein und Salzburg abge-
halten.
Im Jahr 2009 konnte ein Kooperationsabkommen mit
der Donau-Universität Krems abgeschlossen werden. Die-
se bekannte Ausbildungsstätte bietet ein berufsbeglei-
tendes Studium zur Erlangung der akademischen Grade
„Akademischer Experte für Immobilienbewertung“ und
„Master of Science in International Real Estate Valua-
tion“ an, das in Österreich in dieser Form einzigartig ist.
Im Rahmen der Kooperation bestreitet die LBA Graz mit
ihren bewährten Lehrgängen das erste Semester dieses
viersemestrigen Studiums. Daneben laufen die bewähr-
ten Lehrgänge wie bisher weiter. Ein am jeweiligen Bedarf
orientiertes Vortrags- und Schulungsprogramm ergänzt
das Angebot.
Seit ihrer Gründung ist die LBA Graz stets bemüht, ihr
Lehrprogramm den Wünschen der Interessenten anzu-
passen und zu verfeinern sowie für ihre anspruchsvollen
Inhalte auch die entsprechenden Vortragenden zu ge-
winnen. So verfügt sie heute über einen hochqualifizier-
ten Lehrkörper und genießt auch deshalb Österreichweit
einen ausgezeichneten Ruf.
Mehr Infos finden Sie unter www.lba-cvc.at
Sehr zufrieden mit der Entwick-lung der LBA
Graz: Wolfgang
Gobiet (li.) und Jürgen
Schiller
Nutzung36-39 liegenschaft-mitgliederversammlung•.indd 38 09.12.2010 22:16:18 Uhr
&39 | STEIERMARK KÄRNTEN
Nutzung
D ie von einem Arbeitskreis des Haupt-
verbandes der allgemein beeideten
und gerichtlich zertifizierten Sachver-
ständigen Österreichs, Landesver-
band Steiermark und Kärnten heraus-
gegebenen Auflagen eines Nutzungsdauerkataloges
baulicher Anlagegüter konnten sich eines großen Zu-
spruchs erfreuen und waren jeweils in relativ kurzer Zeit
vergriffen. Mit der nun vorliegenden 3. Auflage wurde der
Nutzungsdauerkatalog neuerlich überarbeitet und we-
sentlich erweitert.
Neu eingefügt wurden neben dem Teil II Holzbau, im
Teil IV der Abschnitt 5 Personen- und Güterbeförderung
und der Abschnitt 6 Brandschutz sowie der Teil V Gesamt-
nutzungsdauer baulicher Anlagen (Gebäude).
NutzungsdauerkatalogDer Katalog will als Sammlung von Erfahrungswerten ver-
standen werden und soll helfen, in Fragen der Bewertung
baulicher Anlagen eine nachvollziehbare und schlüssige
Einschätzung der voraussehbaren Zeitspanne wirtschaft-
lich vertretbarer Nutzung von Anlagegütern sowie der
Gesamtnutzungsdauer von baulichen Anlagen zu er-
möglichen.
Mehrfarbendruck, Preis:
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36-39 liegenschaft-mitgliederversammlung•.indd 39 09.12.2010 22:16:37 Uhr
&STEIERMARK KÄRNTEN | 40
EhrengästeD er Landesverband Steiermark und
Kärnten konnte am 08. Mai 2010
in den Räumlichkeiten der „Alten
Universität Graz“, Hofgasse 14, sein
40-jähriges Jubiläum im festlichen
Rahmen begehen. 40 Jahre sind ein ausgezeichneter
Anlass um in diesen historischen Gebäuden zu feiern.
Die spätbarocke Aula stellt den Atem der Geschichte in
eindrucksvollerweise dar. Das 400 Jahre alte Gebäude
bildet als Ensemble die Stadtkrone von Graz, gemein-
sam mit dem Freiheitsplatz und dem Dom der Stadt.
Gegründet als Jesuitenuniversität, später als Universi-
tätsbibliothek und Landesarchiv genutzt, dient es heu-
te als revitalisiertes Veranstaltungs- und Kommunika-
tionszentrum des Landes Steiermark und ist somit als
„Blütezeit“, eingebettet zwischen dem Heute und dem
Morgen zu verstehen.
EHRENGÄSTE
Zahlreiche Ehrengäste haben der Einladung des Lan-
desverbandes Steiermark und Kärnten Folge geleistet
und wurden vom neu, zuvor in der Mitgliederversamm-
lung, gewählten Präsidenten, HR i.R.DI Dr. Wolfgang
Gobiet, recht herzlich begrüßt.
Unter den zahlreichen Ehrengästen konnten der Prä-
sident des Oberlandesgerichtes Graz, Dr. Heinz Wie-
trzyk , der Präsident des Landesgerichtes für Zivilrechts-
sachen Graz, Dr. Manfred Scaria, der Präsident des
Hauptverbandes der Gerichtssachverständigen,
Prof.DI Dr. Matthias Rant, weiters die Präsidenten der
Landesverbände, Prof.Dr. Kurt Judmann (Landesver-
band Wien/Niederösterreich/Burgenland), BR h.c.DI
Rainer König (Landesverband Tirol/Vorarlberg), TR Bmst.
Ing. Anton Voit, (Ehrenpräsident des Landesverbandes
DAS JUBILÄUM40 Jahre Landesverband Steiermark und Kärnten
DI Ing Georg TopfGemeinderat Stadt Graz
Der Festakt in der Alten Universität Graz
40-43 ehrengaste protokoll•.indd 40 09.12.2010 22:07:09 Uhr
&41 | STEIERMARK KÄRNTEN
Ehrengäste
Networking über die Grenzen: Wolfgang Gobiet (links) und Dipl. Ing. Albrecht Mast (Bayern)
Zu Gast in Graz: Hausherr Wolfgang Gobiet emp-fängt Prof. Dr. Kurt Judmann mit Gattin aus Wien
Internationale Tischgespräche: Dipl. Ing. Gerhard Hirm und Dr. Dejan Zlajpa (Slowenien)
OLG-Präsident Dr. Heinz Wietrzyk
überbringt die Grüße der Justiz
Steiermark und Kärnten), in weiterer Folge, DI Albrecht
Mast, in Vertretung des Präsidenten des Verbandes öf-
fentlich bestellter und vereidigter sowie qualifizierter
Sachverständiger Bayerns, Dr. Dejan Zlajpa, als Ehren-
gast aus Slowenien,
Prof. Dr. Jürgen Schiller (Präsident des Landesgerich-
tes für Zivilrechtssachen i.R, nunmehrigen Geschäfts-
führer der Liegenschaftsbewertungsakademie in
Graz), KR Dr. Wolfgang Müller (Gründungsmitglied des
Landesverbandes Steiermark und Kärnten) sowie die
Präsidenten der Kammern, DI Gerald Fuxjäger (Kam-
mer der Architekten und Ingenieurkonsulenten), Dr.
Walter Kobinger (Kammer der Apotheker, nunmehriger
Fachgruppenobmann der Fachgruppe Apotheker im
Landesverband Steiermark und Kärnten) und Susanne
Grilz (Geschäftsführerin der Bauinnung) durch den Prä-
sidenten des Landesverbandes Steiermark und Kärn-
ten begrüßt werden.
40-43 ehrengaste protokoll•.indd 41 09.12.2010 22:07:39 Uhr
&STEIERMARK KÄRNTEN | 42
Festlicher Teil der 40. Mitgliederversammlung
„Alte Universität Graz“, Hofgasse 14, 8010 Graz
Eröffnung durch das Streichquartett“Oswald/Beier“
W. A. Mozart, Divertimento KV 136,
1. Satz Allegro
Begrüßungen der Gäste durch den Präsidenten des Landesver-
bandes Steiermark und Kärnten
Historische Darstellung der Alten Universität Graz in Form
eines Kurzfilmes
Musikdarbietung
W. A. Mozart, Divertimento KV 136, 2. Satz Andante
Grußworte der Ehrengäste
Festvortrag des Herrn Univ.Prof.Dr. Bernd Schilcher
Musikdarbietung
Scott Joplin, The Entertainer;
Antonin Dvorak, Humoreske
Gemeinsames Mittagessen in den Räumlichkeiten
der Alten Universität bereitet vom Haubenkoch Edler mit musi-
kalischer Begleitung
Graz, 8. Mai 2010
Sehr zufrieden mit der Entwicklung der LBA Graz: Wolfgang Gobiet (li.) und Jürgen Schiller.
40-43 ehrengaste protokoll•.indd 42 09.12.2010 22:08:00 Uhr
&43 | STEIERMARK KÄRNTEN
Musikalische und kulinarische ErgüsseEine Abrundung des festlichen Rah-
mens konnte durch die musikalische
Vielfalt des Streichquartetts Oswald/
Beier erreicht werden. So hat nicht nur
die Eröffnung mit einem „Divertimen-
to“ begonnen, sondern diese Stim-
mung konnte die gesamte Festver-
anstaltung begleiten. Zum Abschluss
gab es noch Kuliniarisches des Hau-
benkochs Wolfgang Edler und damit
einen vollendeten Genuss für unsere
Mitglieder.
ALTE UNIVERSITÄT GRAZ
Hofgasse 14, 8010 GrazKontakt: Wolfgang Otter
T +43/664/822 70 50F +43/316/822 689offi [email protected]
DAS JUWEL IM HERZEN DER ALTSTADT
Der 400 Jahre alte vollkommen restaurierte spätbarocke Saal (die Aula) bietet Platz
für externe Veranstaltungen und Repräsentationszwecke des Landes. Sowohl die
technische Infrastruktur einschließlich Klimatisierung und neuester Lichttechnik als
auch die aufwändige Medienausstattung sind auf dem letzten Stand der Technik
und für den Gast beinahe unsichtbar in der wertvollen Freskenmalerei integriert.
Zusätzlich zur Aula kann auch die Bar im Erdgeschoß für kleinere oder unkonventio-
nelle Veranstaltungen gebucht werden.
40-43 ehrengaste protokoll•.indd 43 09.12.2010 22:08:15 Uhr
&STEIERMARK KÄRNTEN | 44
Vorbemerkung
D as ist ein wunderbarer Ort mit einem
erstaunlichen genius loci. Hier war
das geistliche und geistige Zentrum
von Innerösterreich. Karl II hat hier das
Jesuitenkollegium eingerichtet, das
erste katholische Gymnasium und kurz danach die erst
steirische Universität. Und zwar durch eine persönliche,
landesfürstliche Stiftung aus dem Jahr 1572, also etliche
Zeit vor der Stiftung des heutigen Landeshauptmanns.
Offenbar gibt es mit landesfürstlichen Stiftungen im-
mer gewisse Probleme. Karl II hatte sie nicht so sehr mit
der Presse und er Opposition – aber mit den Klöstern,
die zahlen sollten. Nur aus Millstatt kamen zu Georgi und
Martini die versprochenen landwirtschaftlichen Leistun-
gen für das Kollegium und das Gymnasium. Auch die
versprochenen 40 Fuder Salz aus Aussee trafen meist
pünktlich ein – aber das war kein Wunder, weil der Salz-
abbau ein landesfürstliches Privileg war. Und was sollten
die Jesuiten, die Schüler und Studenten mit so viel Salz?
(Ca. 70.000 Liter ; 1 Fuder = 1.700 l)
Damals wurden auch die ideologischen Graben-
kämpfe um das Schulwesen begonnen. Die Lehrer an
der protestantischen Stiftsschule im heutigen Paradeishof
und die Jesuiten in der Bürgergasse lieferten sich sogar
Faustkämpfe zu Fragen der richtigen Lehre und der Unter-
weisung der Schüler und Studenten. Tatsächlich war die
protestantische Schule schon damals eine Art Gesamt-
schule: Sie verband Hauptschule, Oberstufengymnasium
und Teile des Bacchalaureats der Universität. Das späte-
re akademische Gymnasium hingegen war Gymnasium
und nur Gymnasium. Ein wichtiges Ziel beider Schulen
war die Heranbildung von Predikanten gegen die Katho-
lische Lehre bzw. von Predigern gegen den Protestantis-
mus. Bildung als ideologische Waffe – auch heute noch
nicht ganz aus der Mode.
Georg Scherer, ein Absolvent eines Jesuitengymnasi-
ums brachte es zum Hofprediger in Graz, Wien und Linz. Er
war ein rhetorischer Bihänder gegen alles Evangelische
und – sein zweites Fachgebiet, in dem er anerkannter Ex-
perte und Sachverständiger war - gegen Hexen. Im Ver-
hältnis zu seinem späteren Nachfolger , dem eleganten
und ironischen Abraham a Santa Clara war er grob und
fundamentalistisch.
Sein Name ziert daher auch keine Grazer Gasse. Der
Überlieferung nach ist Scherer 1605 mitten in einer hasser-
füllten Predigt gegen Hexen im Allgemeinen und gegen
Linzer Hexen im Besonderen einem Herzschlag in der
oberösterreichischen Landeshauptstadt erlegen. Was
natürlich kein typisches Schicksal für Sachverständige
darstellt. Womit wir beim Thema wären.
Univ.Prof. Dr. Bernd Schilcher
FESTVORTRAG„Ohne Sachverständige und Experten
geht heute gar nichts mehr.“
44-61 schilcher vorbem u text•.indd 44 09.12.2010 22:18:16 Uhr
&45 | STEIERMARK KÄRNTEN
Vorbemerkung
E s ist ein ganz normaler Wochentag. Ich
lese zum Frühstück meine zwei Tageszei-
tungen. Gleich zu Beginn meldet das
steirische Blatt, dass sich einer der be-
kanntesten österreichischen Wirtschafts-
experten eine Budgetsanierung ohne jede Steuererhö-
hung vorstellen kann. Na, bitte, denk ich mir, da wird es
nicht nur Zustimmung geben. Nächste Seite: Bericht aus
New York: ein Sprengstoffsachverständiger hat eine pri-
mitive Autobombe am Times Square entschärft.
„Jetzt sind die Gutachter am Wort“, lautet die Über-
schrift auf der gegenüber liegenden Seite. Ein Toxikologe
soll den Gesundheitszustand des 84-jährigen Opfers ei-
nes Polizisten feststellen, der ihn erschossen hat. Ein Waf-
fensachverständiger wird die Pistolenattrappe des Pensi-
onisten auf ihre Schrecktauglichkeit untersuchen, dazu
kommen noch ballistische Gutachten.
Nach dem tödlichen Unfall eines 18-jährigen Lenkers
auf der Autobahn müssen auch gleich mehrere SV den
Unfallhergang überprüfen. War es ein Sekundenschlaf,
war Alkohol im Spiel? Wie stand es um die Fahrkünste des
jungen Mannes, wie schnell war er unterwegs? Was hat
der Beifahrer gemacht?
„Dem Fritz Kleiner entgeht keiner“, reimt ein Hobby-
Dichter in der Überschrift darunter. Der Anwalt der Ex-Ma-
nager der HYPO-Leasing ärgert sich öffentlich: „Ob Ba-
Sachverständige und andere Experten
wag, ob Hypo Alpe Adria oder Hypo Leasing, überall
gutachtet der Herr Kleiner.“ Man wird ihn nicht los. Jetzt
hat er auch noch den Inhaber der Auer von Welsbach-
Gruppe hinter Schloss und Riegel gebracht.
Eine Seite weiter: Ein 18-jähriger Gymnasiast stürzt beim
Clubbing im Dom im Berg 5 Meter in die Tiefe und bleibt
schwer verletzt liegen. Den Unfallhergang müssen gleich
mehrere SV untersuchen.
Im „Unternehmer –Portrait“ geht es um eine europaweit
bekannte Firma, die schon eines der besten Straßen-
Mautsysteme entwickelt hat. Jetzt will sie dem täglichen
Verkehrschaos mit Mikro-Wellen-Spezialisten, Infrarot- und
Satelliten-Experten zu Leibe rücken. Ein großer Bericht
über ein ambitioniertes Spezialunternehmen, das viel
Geld in die Forschung und in Experten steckt.
Danach plädiert der bekannte Medien- und Kommuni-
kationsexperte Filzmaier für Optimismus und positives
Denken anstelle der üblichen österreichischen Raunzerei
auf hohem Niveau. Vermutlich ein vergebliches Unter-
nehmen.
Dann kommen die zahlreichen Sport-SV. Für Fußball,
Golf, Eishockey, Motorsport und Handball. Am Eis, am Ra-
sen und in der Zeitung – ja, und zuletzt die Kulturexperten:
Neuinszenierungen von Lulu und Schwanensee, eine ge-
lungene Aufführung im Rahmen der „Philharmonischen
Klänge“ in der Steiermark und die letzte Vorentschei-
44-61 schilcher vorbem u text•.indd 45 09.12.2010 22:18:20 Uhr
&STEIERMARK KÄRNTEN | 46
Festvortrag
dung im großen steirischen Band-Wettbewerb. Eine
großformatige Qualitätszeitung aus Wien, meine zweite
Informations- und Meinungsquelle am Morgen, legt noch
nach. Behinderten-Experten schlagen Alarm: An der Wie-
ner Uni studieren gerade einmal 530 Behinderte – von
86.000, also 6 Promille. An den amerikanischen oder nor-
dischen Unis sind es über 15%, also mehr als das Zwan-
zigfache.
Unübersehbar ist die Anzahl wie auch die Art der Exper-
ten, die an der Rettungsaktion von IWF, Europäischer Zen-
tralbank und griechischer Regierung teilnehmen. Nicht
zu reden von den Legionen von weiteren Experten in den
restlichen Mitgliedsländern der EU, die da im Vorfeld ge-
werkt haben. Beide Zeitungen räumen dem Milliarden-
deal breiten Raum ein.
In diesen Zusammenhang gehört auch die Meldung,
dass ein Innsbrucker Experte für Europarecht die Ansicht
vertritt, dass die Art der Hilfeleistung für Griechenland ge-
rade noch als EU-rechtskonform bezeichnet werden kann.
Schon eine echte Garantie der 26 Geber-Staaten würde
die Grenze zur Rechtswidrigkeit überschreiten. Mindes-
tens so unübersehbar dürfte bald auch die Heerschar
der Experten für die Ölpest-Katastrophe vor den Küsten
der US-amerikanischen Staaten Luisiana, Alabama und
Mississippi werden. Zuerst die Naturwissenschafter und
Techniker, dann die Juristen.
Im Rechtspanorama plädiert ein Konkursexperte für
die Entwicklung eines internationalen Insolvenzverfah-
rens, das den deutlichen Globalisierungstendenzen in
Wirtschaft und Recht Rechnung tragen könnte. Kurz da-
nach geraten sich zwei Strafrechtsexperten über die Fra-
ge in die Haare, ob eine künftige Teilung des Strafverfah-
rens in eine Untersuchung der Strafbarkeit an sich und
erst dann über die Höhe der Strafe im konkreten Fall sinn-
voll wäre.
Ein bekannter Finanzrechtsexperte der Uni muss sich
eine Seite später von einem nicht minder bekannten Wirt-
schaftstreuhänder die Leviten lesen lassen, weil er eine
Woche zuvor gegen die angeblichen Steuerprivilegien
der österreichischen Stiftungen gewettert hatte. Und
schließlich stellt eine Bildungsexpertin des Wiener Stadt-
schulrates den mehr als 150 Schulversuchen im Bereich
der Pflichtschulen ein überwiegend positives Zeugnis
aus. Ergebnis dieser völlig zufälligen Blattlese an einem
einzigen Wochentag in lediglich zwei Zeitungen: Ohne
Sachverständige und Experten geht gar nix mehr. Sie
sind es, die heute auf nahezu allen Gebieten des Lebens
sicherstellen, dass der technische, wirtschaftliche, aber
auch soziale und politische Betrieb der modernen Staa-
ten funktioniert.
EIN WORT ZU dEN unterschiedlichen Bezeichnungenden waschechten Sachverständigen wird aufgefallen
sein, dass die beiden Zeitungen nicht zwischen Experten,
Gutachtern und Sachverständigen unterschieden haben.
diese dreiteilung gibt es auch nur in Österreich und
deutschland. Vielleicht noch in der Ostschweiz und in
den Niederlanden. dort heißen die SV „deskundige“. Alle
anderen Länder begnügen sich mit den Bezeichnungen
„Experte“ und „Gutachter“. Letztere heißen weltweit Asse-
soren – assessor, assesseur, asssesore. das kommt aus
dem Lateinischen „Assidere“ – beisitzen, beistehen, hel-
fen. die ersten Gutachten im heutigen Sinne kamen
schon von den römischen Respondierjuristen. Ihr respon-
sum war eine Auslegung des geltenden Rechts im Einzel-
fall. Mit der Rezeption des römischen Rechts in den deut-
schen Landen und in Österreich zwischen dem 13. und
17. Jhdt. kamen die berühmten Fakultätsgutachten auf.
Jedenfalls in den größeren Prozessen.
Nicht selten hatten sie zunächst einmal die Frage zu
klären, welches Recht überhaupt anzuwenden sei - das
neue römische = gemeine, oder das Volksrecht. Nach
diesem Vorbild der Juristen-Gutachten kamen am Ende
des 18. Jahrhunderts und des ganzen 19. die übrigen
Sachverständigen. Sie wurden ausdrücklich in die öster-
reichischen und deutschen Prozessgesetze als besonders
wichtige Beweismittel aufgenommen. Natürlich gibt es
44-61 schilcher vorbem u text•.indd 46 09.12.2010 22:18:24 Uhr
&47 | STEIERMARK KÄRNTEN
Festvortrag
sie auch im angloamerikanischen Prozess. Sie heißen
dort „Expert Witnesses“. Wie überhaupt der „Experte“ au-
ßerhalb von Österreich und Deutschland der dominieren-
de Begriff ist. Er kommt aus dem Lateinischen, nämlich
von perire und experire, etwas versuchen, unternehmen.
Wer immer wieder etwas unternimmt, bekommt mit der
Zeit Erfahrung. Darum ist der expertus oder der peritus
auch der Erfahrene, der Erprobte. Mit seiner Erfahrung
macht er auch Experimente, die mit periculum (perire)
zu tun haben, mit Gefahr. Der Experte ist daher auch der,
der mit gefährlichen Versuchen umgehen kann, d. h.
auch, dass er mit seinen Kenntnissen und mit seiner Erfah-
rung andere vor Gefahren beschützt.
Miles expertus belli – Der Soldat ist ein Experte für den
Krieg. Damit schützt der die Zivilbevölkerung. Femina ex-
perta fecunditatis, die Frau ist die Expertin für alle Fragen
der Fruchtbarkeit – und schützt damit das Volk vor dem
Aussterben. Es ist daher falsch, wenn immer wieder be-
hauptet wird, dass es den sachverständigen Experten
erst seit dem 19. Jhdt. gibt – also seit der Zeit der Anwen-
dung der Naturwissenschaft und der Technik im tägli-
chen Leben. Einige meinen sogar, er würde seine Existenz
der zunehmenden Vielfalt und Komplexität der Lebens-
verhältnisse im 20. Jhdt. verdanken, die nur noch von
hochspezialisierten Fachleuten durchschaut werden kön-
nen.
An dieser Ansicht stimmt natürlich, dass die soziale, kul-
turelle und religiöse Pluralität besonders in den letzten
Jahrzehnten ganz erheblich zugenommen hat. Gleich-
zeitig haben die alten Stände, Klassen und Ideologien
massiv an Bedeutung verloren und sind auch in Öster-
reich einer demokratischen Struktur gewichen. Dazu
kommt die Internationalisierung und Globalisierung aller
gesellschaftlichen Verhältnisse, die eine weitere Explosi-
on an Wissenszuwachs und Komplexität zur Folge hatte.
Das alles hat die Notwendigkeit von Expertenwissen und
speziellem Sachverstand drastisch erhöht. (Bei Ausschrei-
bung des KAGes-Vorstands 2003 gab es 3 Gutachten da-
rüber, nach welchem Recht überhaupt auszuschreiben
ist). Nichtsdestoweniger kannte jedoch schon das späte-
re Altertum eine ganze Reihe von Experten. So z. B. den
expertus insulae, den Fachmann für den Bau mehrge-
schoßiger Häuser im alten Rom, der dann auch bei Haus-
einstürzen zu Rate gezogen wurde; oder den expertus
quadrigae, der sich bei Unfällen mit den berühmten Vier-
gespannen auskannte und Prozessgutachten abgab.
Besonders wichtig war das Gutachten oder „Responsum“
der so genannten Respondier-Juristen in konkreten Fäl-
len, ohne die weder das römische, noch das jüdische
Recht arbeitsfähig gewesen wären. (Siehe auch die Fat-
wa, das islamische Gutachten).
Fachleute und Experten tummelten sich damals auch
und vor allem auf dem wichtigen Feld der Wahrsagerei.
Da war der expertus augurii, der aus dem Vogelflug die
Zukunft vorhersagen konnte. Oder der expertus haruspi-
cinae, der sich bei den Eingeweiden der Tiere auskannte
und aus ihrer Konsistenz und Lage auf die Zukunft schlie-
ßen konnte.
Bei den zahllosen apodiktischen Behauptungen rund
um die griechische Krise, nach denen wir Euro-Länder
demnächst wahlweise in die größte Rezession oder die
schlimmste Inflation hineinschlittern werden, habe ich
den Eindruck einer massiven Rückkehr der Auguren und
der Eingeweide-Experten. Denn viel mehr als Kaffeesud-
Deuterei ist es wohl nicht. Bekanntlich hat die Zukunft für
alle Voraussagen einen eindeutigen Nachteil: Man er-
kennt sie erst richtig, wenn sie schon vorbei ist.
Aber auch das Mittelalter war voller Experten. Das be-
gann wieder bei Gericht. Da im mittelalterlichen Prozess
das Geständnis der wichtigste Beweis für die Schuld des
Angeklagten war, spielte damals auch die Folter eine
große Rolle. Der expertus tormenti, der Folterexperte, hat-
te daher in bestimmten Zeiten nicht nur sehr viel zu tun, er
war auch wegen seines gesicherten Einkommens durch-
aus angesehen. (Inquisition, Hexenprozesse).
Daneben entwickelten sich zahlreiche Experten für die
verschiedenen Gottesurteile. Der eine organisierte
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&STEIERMARK KÄRNTEN | 48
das Gehen über glühende Pflugscharen, der ande-
re das Eintauchen einer Hand in siedendes Wasser, der
dritte die Kaltwasserprobe oder das Tragen glühender Ei-
sen. Auch ich bin vor drei Jahren in den Genuss der Er-
nennung zu einem Experten gekommen: Schul – und Bil-
dungsexperte der Frau Ministerin Schmied. Als ich für die
Ganztagsschule eingetreten bin: 112 E-mails. 2 Vorwürfe:
Ich hätte nicht Erziehungswissenschaften studiert, könnte
daher kein Experte für Schulfragen sein. Er kam von Erzie-
hungswissenschaftern, die nicht in die Kommission beru-
fen worden waren.
Meine Antwort, ein Experte ist kein wissenschaftlicher
Theoretiker, sondern nach „experire“ einer, der in der Fra-
ge der Bildungspolitik schon viel unternommen hat und
daher Erfahrung gewonnen hat. 1962 an ersten Bildungs-
programmen in der Steiermark teilgenommen. 1975 am
Plan 4 zur Lebensqualität, zuvor am Salzburger Programm
und am Modell Steiermark. Dazu 7 Jahre LSR-Präsident,
42 Jahre akademische Lehre an der Uni.
Daraufhin von Lehrern: Wer nicht selber viele Jahre in
Schulklassen unterrichtet, kann nicht bei einer Reform
mitreden. Nur wer selber erlebt hat, ist in der Lage, darü-
ber vernünftig zu reden und vernünftige Vorschläge zur
Veränderung zu machen. Das hieße, dass nur Lehrer
neue Schulgesetze vorbereiten dürfen, nur Ärzte Gesund-
heitsreformen und nur Beamte Verwaltungsreformen. Tat-
sächlich sehen viele Gesetze in der Republik so aus: Von
Interessenvertretern für ihre Klientel gemacht und nicht
etwa für ihre Kunden, also die Schüler, die Patienten und
die Bürger und schon gar nicht für das Gemeinwohl. Da-
mit lässt sich für Österreich und Deutschland festhalten:
Experte scheint in Österreich und Deutschland der Ober-
Bernd Schilcher und Wolfgang Gobiet diskutieren über Experten, Gutachter und Sachverständige
44-61 schilcher vorbem u text•.indd 48 09.12.2010 22:18:44 Uhr
&49 | STEIERMARK KÄRNTEN
begriff zu sein. Er/Sie ist jemand mit überdurchschnittli-
chem Wissen auf bestimmten Gebieten, speziellen Fähig-
keiten und Fertigkeiten, so wie einer ausgeprägten
Problemlösungskapazität. Dazu kommt, dass er/sie Wis-
sen in Handeln umsetzen kann. Zu diesem Zweck müs-
sen er/sie keinen speziellen Beruf ausüben, können,
aber müssen keine besondere Ausbildung genossen ha-
ben. Ausgewiesen ist der Experte meist durch seine mög-
lichst lange, erfolgreiche Tätigkeit in seinem Metier. Das
ist eine sehr pragmatische, fast schon angloamerikani-
sche Sicht.
Anders der bzw. die Sachverständige. Wie das SDG vor-
sieht , muss er die Verfahrensvorschriften und das Sach-
verständigenwesen kennen sowie den Aufbau eines
schlüssigen Gutachtens beherrschen.
Dazu kommen eine mindestens 10-jährige einschlägige,
möglichst berufliche Tätigkeit, die sich nach einem Hoch-
schulstudium auf 5 Jahre verringern kann. Entscheidend
sind weiters persönliche Vertrauenswürdigkeit, geordne-
te wirtschaftliche Verhältnisse, die für die Befunderhe-
bung notwendige Ausrüstung, so wie der Abschluss einer
entsprechend hohen Haftpflichtversicherung. Das klingt
schon sehr viel österreichischer. Man hört im Hintergrund
deutlich den Amtsschimmel wiehern.
LicHT unD SchattenDie zentrale Rolle, die Experten und Sachverständige für
den reibungslosen Betrieb der Republik und insbesonde-
re der Gerichte und Behörden spielt, führt natürlich auch
zu Problemen. Helmut Schelsky hat sie im Begriff der
Zweifelsohne Top-Experten: RA Dr. Günther Fohrenbacher (links) mit Festredner Bernd Schilcher
44-61 schilcher vorbem u text•.indd 49 09.12.2010 22:18:59 Uhr
&STEIERMARK KÄRNTEN | 50
Expertokratie zusammengefasst. Immer wieder ge-
fragte, in der Regel eloquente Fachleute erlangen bald
so etwas wie eine regionale bis österreichweite Deutungs-
hoheit auf ihrem Gebiet. Daran haben vor allem die Me-
dien großen Anteil. Denen fallen nämlich immer wieder
dieselben ein. Die haben sie sozusagen dauereingespei-
chert in ihren Handys. Geht es um Verfassungsprobleme,
taucht Dekan Mayer auf. Selten gesellt sich noch Herr
Funk dazu. Der teilt sich die Auftritte für Menschenrechts-
fragen mit Herrn Novak.
Bei EU-Rechtsproblemen wird Herr Humer in Innsbruck
angerufen, geht es um finanz- und steuerrechtliche Fra-
gen, bittet man Herrn Kleiner vor den Vorhang, braucht
man einen Politikwissenschafter, erscheint Toni Pelinka
auf der Bühne, in Medienfragen ist Herr Filzmaier die
wichtigste Adresse und für Meinungsforschung teilen sich
immerhin Bachmaier, Plasser und die Familie Karmasin
den Markt. Andere Meinungen haben so gut wie keine
Chance. Das konzentriert und verzerrt das Meinungsspek-
trum. Die Expertise wird zum Selbstläufer, zur self fulfilling
profecy eines kleinen Kreises von Auserwählten. Das
spricht, wie gesagt, nicht gegen die Auserwählten, wohl
aber gegen die Einfallslosigkeit der auswählenden Jour-
nalisten. Denn dadurch entwickelt sich eine „herrschen-
de Meinung“, die immer die Meinung der Herrschenden
war. (In der Wissenschaft entsteht eine solche h. M. weni-
ger durch Handyspeicherung als vielmehr durch Zitier -
Kartelle: Zitierst du mich, zitier ich dich). Eine ähnliche Situ-
ation findet sich bei den gerichtlichen Sachverständigen.
Hier gibt es zunächst einmal Richter, die regelmäßig auf
ihre Lieblinge zurückgreifen. Das ist aber harmlos, weil es
Bernd Schilcher kritisch: „Die Expertise wird zum Selbstläufer eines kleinen Kreises von Auserwählten.“
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&51 | STEIERMARK KÄRNTEN
meist schon dadurch zu einem Ausgleich kommt, weil es
doch eine stattliche Zahl von Richtern und Richterinnen
gibt, mit jeweils immer anderen Lieblingen.
Ein weiteres Problem sind die Fragestellungen der Jour-
nalisten: Sie verlangen in der Regel „die“ Antwort, näm-
lich die einzig richtige. Das verführt auch gute Experten
nicht selten zu Hüftschüssen. Sie geben Antworten, die so
apodiktisch sind wie die Fragen – und damit höchst pro-
blematisch. Nicht minder schlimm ist auch ein gewisser
Hang zur Bequemlichkeit. Ich habe Baumeistergutachten
gesehen, die mit den Worten geendet haben: „Dem Zah-
lungsbegehren des NN soll man daher nicht entspre-
chen.“ Oder bei einem SV für das Verkehrswesen: „Der
Beklagte war zweifellos zu schnell unterwegs.“ Manche
ärztlichen Gutachter stellen nicht nur die Dauer und die
Intensität der Schmerzen eines Unfallopfers fest, sondern
führen gleich auch die Multiplikation mit dem tabellari-
schen Schmerzengeldwert durch. Das sieht alles zunächst
einmal nach durchaus lässlichen Sünden aus. Nur: Las-
sen die Richter derartiges aus Bequemlichkeit oder sons-
tigen Gründen durchgehen, fragt sich nicht nur, wer jetzt
eigentlich das Urteil macht, sondern auch, wie sich sol-
che Sünden auf das Gemüt und die Haltung des Sach-
verständigen auswirken.
Sie werden vermutlich zunehmend zu „Richtern ohne
Robe.“ Ein weiteres Problem sind jene Gutachten, die eine
expertenhafte Exaktheit signalisieren, die den Richter den
letzten Nipf an Selbstbewußtsein kosten kann. Ich habe
da meine Erfahrungen vor allem bei Unfällen gemacht.
Da heißt es dann: Der Beklagte fuhr anstelle der erlaub-
ten 50 km/h, 57 km/h (ZVR 1987/22). Wie, wann, wodurch
war das feststellbar? Oder: Ein LKW-Halter beruft sich auf
ein „unabwendbares Ereignis“, als er das sechsjährige
Mädchen überfuhr, weil ihm nur eine Reaktionsverzöge-
rung von 0,09 Sekunden angelastet werden konnte (ZVR
1981/195).
Das alles vermittelt die Vorstellung von einem exakten
und sicheren Wissen, das es in dieser Form nicht gibt. Hüt-
ter und Perger aus Innsbruck haben in einer vom FWF ge-
förderten Studie den Vorschlag gemacht, SV-Wissen zu-
mindest auch in Form von Mediationen einzubringen,
weil dadurch wenigstens Dialogsituationen entstehen.
Wir haben an der Juridischen Fakultät zu Beginn des neu-
en Jahrtausends angefangen „Team-Gutachten“ zu er-
stellen. Weil rechtliche Probleme immer eine Reihe von
Aspekten – strafrechtliche, zivilrechtliche, arbeitsrechtli-
che, verfassungsrechtliche, EU-rechtliche usw. – aufwei-
sen. Mit einem einzigen Aspekt, z. B. dem zivilrechtlichen,
ist in der Regel niemandem gedient.
Das geht freilich nur, wenn die Gutachter „miteinander
können“. Das heißt, auch hier kommt es zunehmend auf
„soziale Kompetenzen“ an. Dazu kommt, dass alle die Tu-
gend der Pünktlichkeit beherrschen. Weil es sonst zu ge-
waltigen Verzögerungen kommt. Insgesamt haben wir
heute (und schon längst) ein grundsätzliches Problem,
das der Altmeister des österreichischen Prozessrechts,
Hans Fasching, so umschreibt: „Das Gericht wird im zu-
nehmenden Maße auf den Sachverständigen angewie-
sen und ihm ausgeliefert. Es ist immer weniger in der
Lage, den Sachverständigen wirkungsvoll überprüfen zu
können, es sei denn mittelbar durch mehrere weitere
Sachverständige, was den Prozess aber außerordentlich
verzögert und verteuert.“ (Klingt allerdings nach dem
Chor in der griechischen Tragödie – ich meine nicht die
jetzige, sondern die von Euripides, Sophokles und Aischy-
los). Dazu kommt, dass auch die Instanz häufig noch
mehr Gutachten verlangt, nicht selten auch zu solchen
Fragen, deren Antworten man früher als gerichtsnoto-
risch angesehen hat (z. B. ob bei einer regennassen Stra-
ße der Bremsweg länger wird; oder ob im Jänner mit Eis-
bildung beim Ausstieg aus einer Gondel in 18oo m
Seehöhe gerechnet werden muss). Dadurch pas-
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&STEIERMARK KÄRNTEN | 52
siert es immer häufiger, dass die Prozesskosten ein
Vielfaches der Streitsumme ausmachen und nur noch
Leute mit entsprechendem finanziellen Hintergrund und/
oder ausreichender Rechtsschutzversicherung das Risiko
eines Gerichtsverfahrens auf sich nehmen können. Der
noch in den Sechzigerjahren des vergangenen Jahrhun-
derts besonders problematisierte „Zugang zum Recht“
feiert damit neuerlich Urständ. Allerdings keine fröhlichen.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich noch auf ein weiteres,
allgemeines Problem der grassierenden Expertokratie
hinweisen. Die Landesregierung der Steiermark hat 10.000
Beamte zur Verfügung. Dennoch gibt sie über 14 Mio.
Euro für Expertengutachten pro Jahr aus (Das Unterrichts-
ministerium hat 988 Beamte – alle größeren Verände-
rungsvorschläge kommen durch Experten von außen.
Eben so Sozialministerium, Wirtschaftsministerium, Ge-
sundheitsministerium usw.)
ES GiBt nAtüRLicH GRünDE für diese entwicklungDa ist einmal das Misstrauen der Minister gegenüber ih-
ren Beamten, denen sie als Experten gleichfalls ausgelie-
fert sind; dann das Misstrauen der öffentlichen Meinung
gegenüber Ressortgutachten von weisungsgebundenen
Beamten; und schließlich ein allgemeines Misstrauen,
was die Fähigkeiten von Beamten betrifft. Frage, wozu
man dann rund 330.000 öffentlich Bedienstete braucht,
noch dazu mit einem Anteil an Maturanten und Akade-
mikern von über 50%, wenn sie im entscheidenden Mo-
ment regelmäßig durch Experten von außen ersetzt wer-
den?
ExPERtEn UnD DAS BildungssystemSobald solche Experten vorwiegend bei Gericht auftra-
ten und ab dem Beginn des 19. Jhdts. vor allem das feh-
lende Sachwissen des Richters in schwierigeren Fällen
ersetzten, sprach man vom speziellen Sachverstand die-
ser Leute und nannte sie daher Sachverständige. Das
entsprach nicht zuletzt dem Zug der Zeit, also dem da-
mals vorherrschenden klassizistischen ideal der Hum-
boldtschen Schulreform. Die war in erster Linie auf die
Vermittlung von Wissen ausgerichtet, also auf die Anrei-
cherung der intellektuell kognitiven Fähigkeiten der Schü-
ler. Zunächst im geisteswissenschaftlichen Sinne, also
durch das Erlernen alter Sprachen, vor allem der griechi-
schen, durch die Geschichte vorwiegend des klassischen
Altertums, durch Kunstgeschichte, Archäologie und Philo-
sophie. Erst später kamen die naturwissenschaften dazu:
Physik, chemie, Biologie – aber auch Mathematik, Geo-
metrisches Zeichnen und technische Konstruktion: Anla-
gen- und Maschinenbau, Antriebstechnik und Motoren,
Architektur und Raumgestaltung.
Auf allen diesen Gebieten gab es schon bald ein breit
entwickeltes Sachverständigenwesen. Dazu kamen noch
die handwerklich-gewerblichen Fachgebiete und ihre
Vertreter.
Dagegen fehlten Sachverständige lange Zeit im Kunst-
und Kulturbereich. Für Musik, tanz, Poetik und Literatur, für
Malerei und Plastik existierten keine entsprechenden
schulischen Ausbildungen; ebenso wenig wie für alle
Sport- und Spielarten. natürlich gab es Sportler – aber
keine Sportwissenschaften, es gab Geiger und trompe-
ter, aber keine Musiktheorie; Maler und Literaten, aber
keine Literaturwissenschaft.
Völlig unterbelichtet war und ist die Wirtschaft in der
schulischen Ausbildung. Betriebswirte, Volkswirte, Mana-
ger, Steuerberater und Wirtschaftstreuhänder oder gar
Banker und Finanzmarktexperten gibt es erst seit der
zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. in den Sekundar-
schulen und Gymnasien finden sich auch heute noch
nicht einmal Ansätze zu einer solchen Ausbildung oder
auch nur zur Ausbildungsvorbereitung.
Dasselbe gilt für das Recht und die Gerechtigkeit. Auch
darüber erfährt man in Österreich – mit Ausnahme an
den Handelsakademien und den Lehranstalten für wirt-
schaftliche Berufe – bis zum Studium nichts.
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44-61 schilcher vorbem u text•.indd 53 09.12.2010 22:19:20 Uhr
&STEIERMARK KÄRNTEN | 54
gen übernommen hat, war die Schule nur eine Er-
gänzung zur primären Familienerziehung. Kunst, Kultur
und alles das, was man „adelige Exerzitien“ nannte, war
in privater Verantwortung. (Reiten, Fechten, Schwimmen,
Sport, Musik, Literatur bis hin zum chemischen und physi-
kalischen Experimentieren: Am Nachmittag zu Hause).
Daher auch der „Deal“ mit Otto Glöckel 1919. (Ende der
Ganztagsschulen nach 145 Jahren). Wirtschaft und Recht
gehörten nach der Humboldtschen Vorstellung nicht zur
Bildung, sondern „nur“ zur Ausbildung. Die war tief ange-
siedelt: in den Berufschulen. (Das folgt dem ständischen
Denken: Standesordnung 1671!) Nur Österreich und
Deutschland kennen die Trennung von Bildung und Aus-
bildung.
Alles, was man heute unter „sozialer Kompetenz“ versteht,
wurde den Kindern der Bürgerlichen gleichfalls von zu
Hause mitgegeben: Vernetzung, Benehmen, sekundäre
Tugenden, wie Disziplin, Pünktlichkeit, Höflichkeit und Em-
pathie. Daher hat bei uns die höhere Berufsbildung bis in
die 90er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts ge-
braucht, bis sie die Führung übernommen hat. Daher
wurden auch Schule und Leben nach Humboldt total
getrennt.
DER zweite GrundDer bürgerliche Rassismus des 18. Jhdts, nationale Strö-
mungen und der Kult der Reinrassigkeit. Kant’s Physische
Geografie: „Die Menschheit ist in ihrer höchsten Vollen-
dung ausschließlich in der Rasse der Weißen. Schon die
gelben Indianer haben ein viel geringeres Talent, noch
tiefer stehen die Neger, aber am tiefsten manche ameri-
kanischen Völker.“
Nationale Kämpfe und die Vorherrschaft zwischen Frank-
reich, England, Russland und Deutschland. Vor allem
Kaiser Wilhelm wollte die Welt am deutschen Wesen ge-
nesen lassen. Dazu der Kult der Reinrassigkeit. „Jagdhund
mit Stammbaum“; die Vorstellung, Reinrassige leben
doppelt so lange wie Mulatten, Mestizen oder Zambos.
Heterozygoten, Homozygoten.
Idee der homogenen Gruppen. Sonderschulen für die
Schwachen und Sonderschulen für Schwerstbegabte.
Seit dem Beginn der zweiten Völkerwanderung 1960 (200
Millionen Menschen wandern jährlich von arm zu reich),
kulturell-religiöse Vielfalt zu sozialen und Leistungsmäßi-
gen dazu. Wo bleibt die soziale Kohäsion. (Über bürgerli-
che Familie, Stände, Klassen, Ideologien) Daher: Ge-
meinsame Schulen, um gemeinsam leben und arbeiten
lernen, solidarisch durch peer-Lernen zu werden. Das ist
staatspolitisch, wirtschaftlich, sozial und kulturell notwen-
dig. Und für die Chancen des Einzelnen. Integration und
Inklusion.
DER dritte GrundDie jederzeitige Erreichbarkeit von Verfügungswissen
macht das Schulziel Wissensvermittlung unbedeutender.
In den Vordergrund tritt das Pobleme lösen. (Popper) „Wir
haben jetzt 8 Jahre lang Antworten auf Fragen bekom-
men, die keiner von uns gestellt hat.“ Dazu kommt das
Bildungsziel des Erfahrungslernens. Erfahrung spielt heute
kaum mehr eine Rolle.
Schließlich muss es zu einer radikalen Individualsie-
rung des Unterrichts kommen. „Jedes Kind kann irgendet-
was besonders gut – fördern bis zur Leistungsgrenze. Kein
Kind zurücklassen.“
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&55 | STEIERMARK KÄRNTEN
Weil das alles nicht eingehalten wird: 25% der15-Jährigen
kann nicht lesen, 10.000 Kinder ohne Abschluss, zweite
Generation der Migranten schlechter als erste, jeder Drit-
te wechselt ab 15 mindesten einmal die Schule (180 Mio.),
40.000 Sitzenbleiber (280 Mio.), 140 Mio. für Nachhilfe. Seit
5 Jahren findet ein Kreativitäts- und Innovationsranking
im Rahmen der OECD statt. Wir sind von 17 Industrie-
nationen am 14. Platz. Hauptgrund dafür: Unser schlech-
tes Schulsystem, das zu früh trennt, daher seine Bega-
bungsreserven nicht ausnützt, keine Individuelle
Förderung von Talenten kennt und viel Geld verbrennt
(Siehe oben).
WElCHE BEDEUTUNG HAT DIESER PARADIGMENWECHSEl in der Schule für die AuSbildung von SAchverStändigen?• Talente-Suche und Talenteförderung möglichst
früh und bei jedem einzelnen Kind
• Zusammenhänge erkennbar machen
• Probleme lösen lernen (Induktion)
• Teamarbeit
• Erfahrungsprojekte
• Weit mehr Angebote Werkstätten, Musik, Sport, Kultur,
Naturwissenschaftliche Experimente , Sprachen.
• Soziale Kompetenzen, sekundäre Tugenden.
DAS PROBlEM DER WAhrheit im gerichtSverfAhrenGerichtliche Entscheidungen müssen nicht wahr oder
richtig sein. Es genügt, dass sie vertretbar sind. Das heißt,
dass sie hic et nunc gesellschaftlich akzeptiert werden
können u n d lege artis zustande gekommen sind. Es
muss vom heutigen Standpunkt aus eine offenkundige
Chance auf Bewährung der Entscheidung geben. Mehr
nicht, aber auch nicht weniger. Die drei Bedeutungen
der Wahrheit im Gerichtsleben. (Wahrheit ist entweder
ideologisch, banal oder problematisch).
Die erste Bedeutung ist ideologisch. Im Namen dieser
Wahrheit sind Millionen von Menschen umgebracht wor-
den. Auch der Volksgerichtshof des Herrn Freisler hat im
Namen einer solchen ideologischen Wahrheit geurteilt.
Die zweite Bedeutung ist banal.
„Zweimal zwei gleich vier ist Wahrheit.Schade, dass sie leicht und leer ist,
denn ich wollte lieber Klarheitüber das, was voll und schwer ist.“
Wilhelm Busch (Schein und Sein 1909)
Beispiele von banalen Wahrheiten: Zeuge, sagen sie mir
die volle Wahrheit: Hat es zur Tatzeit geregnet? Oder: Trug
der Täter einen Hut? War das Opfer sofort bewusstlos?
Tarskis einfache Korrespondenztheorie der Wahrheit: not-
wendig – aber höchst banal.
Die dritte Bedeutung schließlich, die „voll und schwer
ist“, bleibt immer problematisch. Das heißt, sie ist mit ein-
fachen Mitteln nicht zu bewältigen. Sie stellt selbst ein
Problem dar, das gelöst werden muss. Beispiel der Asphy-
xie-Geburt mit schwersten Folgen. Gutachten: Der Sauer-
stoffmangel ist zu 50% die Folge einer um den Hals
44-61 schilcher vorbem u text•.indd 55 09.12.2010 22:19:28 Uhr
&STEIERMARK KÄRNTEN | 56
Bernd Schilcher: „Recht ist das Ergebnis einer Abwägung von vernünftigen Gründen.“
44-61 schilcher vorbem u text•.indd 56 09.12.2010 22:19:37 Uhr
&57 | STEIERMARK KÄRNTEN
geschlungenen Nabelschnur, zu 50% die Folge ei-
ner von den Ärzten übersehenen Plazenta- Insuffizienz.
Ergebnis: Schadensteilung, weil das entweder Alles oder
Nichts unangemessen und wegen der Verletzung des
Übermaßgebotes auch verfassungsrechtlich bedenklich
ist. Dieses Ergebnis ist bei Lehre und Rechtsprechung al-
lerdings noch nicht voll angekommen.
EIN WoRt zum VERhÄLtNIS von GerechtiGkeit und rechtssicherheitGerechtigkeit und Rechtssicherheit hängen zusammen.
Einmal negativ: So gibt es totale Rechtssicherheit, wenn
die Gerechtigkeit Null ist. z.B. Österreich zahlt niemandem
mehr eine Sozialleistung. oder in Österreich bleibt jeder
auf seinem Schaden sitzen. Die umkehrung dieses Satzes
gilt dagegen nicht. Was auch nur einigermaßen gerecht
erscheint, ist in der Regel wiederholbar und somit einiger-
maßen rechtssicher.
Der Grund dafür liegt in der Überlegung, dass Entschei-
dungen, die möglichst vielen einleuchten, zumindest ei-
nigermaßen gerecht und damit auch einigermaßen
rechtssicher sein müssen. Diese Gleichsetzung ist die Fol-
ge einer doppelten Sichtveränderung. Nicht die Sicht der
Produzenten der Entscheidung, also des Gesetzgebers,
des Richter und der Lehre gilt primär, sondern die Sicht
der Konsumenten – der unmittelbar Betroffenen wie auch
aller potenziell zukünftigen Klienten. Sie sind es ja, welche
die Entscheidung in erster Linie akzeptieren müssen.
Daher müssen die Argumente einfach und verständ-
lich sein. „Letztlich muss alles ein Volkslied werden.“ (Wil-
burg). Die zweite Änderung betrifft die Vorstellung von
Recht und Rechtssicherheit selbst. Recht ist nicht das Er-
gebnis einer simplen Subsumtion, sondern das Ergebnis
einer Abwägung von vernünftigen Gründen.
Bisher: Wenn das Gesetz eine Geschwindigkeit von 50
km/h erlaubt, dann handelt rechtswidrig, wer mit 51 km/h
fährt. Nur: So einfach ist es nicht. Schon derjenige, der
das Leben seines oder eines anderen Kindes nur retten
kann, wenn er in wenigen minuten ein Krankenhaus er-
reicht, darf schneller fahren. Auch viel schneller. Wobei es
um eine Reihe von Abwägungen geht. Wie bedrohlich
erschien die Verletzung im Augenblick der Fahrt, wie sah
die Verkehrslage aus, welche Witterungs- und Sichtver-
hältnisse haben geherrscht, wie gut fährt der Retter, wie
war sein Fahrzeug beschaffen, wie gefährlich wurde sei-
ne Fahrt für Dritte? Alles das sind keine freien Erfindungen
– das steht ausdrücklich im Gesetz, nämlich in § 20 der
Straßenverkehrsordnung.
und es gilt dort auch für den umgekehrten Fall, näm-
lich dass der Kfz-Lenker zu langsam fährt und damit Staus
auslöst. Die berühmte Subsumtionsgewissheit des „Entwe-
der-oder“, also rechtswidrig oder nicht, ist in den meisten
Fällen eine Chimäre. Auch in der Praxis, nicht nur in der
theorie. So wägt der oGh bei der Bemessung eines ver-
tretbaren Seitenabstandes beim Überholen eines motor-
rades durch einen PKW gleichfalls eine Reihe von Kriteri-
en ab. Er sagt ausdrücklich:
„Je höher die Fahrgeschwindigkeit des überholenden
Fahrzeugs und je labiler das zu überholende Fahrzeug ist,
umso größer muss der seitliche Abstand sein. Bei nasser,
durch Schneewände verengter Fahrbahn ist für das Über-
holen eines einspurigen Fahrzeugs mit einer Geschwin-
digkeit von etwa 70km/h ein Seitenabstand von mindes-
tens 1,50 m zu fordern, da dieses Fahrzeug leicht
44-61 schilcher vorbem u text•.indd 57 09.12.2010 22:19:44 Uhr
&STEIERMARK KÄRNTEN | 58
größeren Schwankungen ausgesetzt und in der
Möglichkeit des Ausweichens nach der Seite behindert
ist.“ (OGH ZVR 1965/99) Diese Überlegungen scheinen
vernünftig und vertretbar zu sein. Das ist aber auch das
Geheimnis der Rechtssicherheit: Das Gericht weicht in
seiner Argumentation nicht von der Alltagsvernunft ab. So
wie der OGH würden ganz „normale“ Menschen auch
entscheiden. Und zwar vermutlich immer wieder. Wichtig
für die Rechtssicherheit ist nur, dass man bei den Kriterien
und ihrer Bewertung bleibt: Es dürfen nicht immer andere
oder zusätzliche Kriterien gewählt werden. Dann ist es na-
türlich aus mit der Vorhersehbarkeit der Entscheidung
und somit auch mit der Rechtssicherheit.
BlEiBt nOcH Ein WORt ZUR Haftung der SacHverStändigenAlle machen Fehler, auch Sachverständige. So kommt es
immer wieder vor, dass sich Schätzgutachten als unrea-
listisch erweisen, oder sogar schon beim Befund auf fal-
schen Maßen aufbauen (SZ 16/143; OGH 13.6.2000, 1Ob
79/00z). im Fall „lichtreklame“, mit dem die heutige Haf-
tungsstruktur für Sachverständige begründet wurde, hat-
te der Gutachter schwere Mängel einer solchen Anlage
übersehen (SZ 11/225); im „Edelsteinefall“ vergaß er bei
der Schätzung zweier Weißgoldschrauben, den ermittel-
ten Wert zu verdoppeln (JBl 1993,518).
Relativ häufig erweisen sich psychiatrische Gutachten
als falsch. in der bekannten „Wiegand-Affäre“ wurde der
Kläger durch ein solches Gutachten monatelang fälsch-
licherweise in einer psychiatrischen Klinik festgehalten.
(JZ 1974,548). Umgekehrt hat der EGMR erst unlängst den
italienischen Staat für mehrere fehlerhafte psychiatrische
Gutachten über eine Resozialisierungsprognose des
Herrn Angelo izzo haften lassen, die einen Doppelmord
im Zuge eines Freigangs izzos zur Folge hatten (EGMR
Maiorano gegen italien, 15.12.2009, Kammer ii, 28.634/06).
Auch familiensoziologische und psychiatrische Gutach-
ten in Obsorge-Streitigkeiten gehen bisweilen empfind-
lich daneben.
Zahlreiche Prozesse gibt es auch wegen fehlerhafter
Gutachten am Bau (von der Statik bis zur Estrich-Verle-
gung) und im Zuge von nationalen und internationalen
Ausschreibungen.
Seit der „lichtreklame-Entscheidung“ lässt der OGH in
solchen Fällen den Sachverständigen selbst und alleine
haften. Der Gerichtshof begründet das damit, dass er kei-
ne „Hilfsperson des Richters“ sei, sondern nur ein Beweis-
mittel. Das ist natürlich nicht richtig. So sieht schon die
ZPO vor, dass der Sachverständige Einsicht in die Unterla-
gen haben muss, weiters Parteien und Dritte befragen
und Augenscheinsgegenstände besichtigen darf. Zu-
dem kann er wie ein Richter abgelehnt werden.
Darüberhinaus bezeichnet ihn der OGH selbst in meh-
reren Entscheidungen ausdrücklich als Hilfsperson des
Richters, an dessen tätigkeit „ein erhebliches öffentliches
interesse“ bestehe. Denn nicht zuletzt sei das „sachge-
rechte Funktionieren der Rechtspflege“ von der tätigkeit
gerichtlicher Sachverständiger abhängig (SZ 56/44; JBl
1993,518). nicht richtig ist auch die Behauptung des OGH
in seiner Judikatur zur direkten Haftung des Sachverstän-
digen, dass ihm mit der Verpflichtung zur Begutachtung
„keine hoheitlichen Aufgaben“ übertragen seien. Also
könne es niemals zu einer Amtshaftung kommen.
Diese Behauptung widerspricht eindeutig der langjäh-
rigen Rechtsprechung des OGH zur Beleihung privater
„Alle machen Fehler, auch Sachverständige.“
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&59 | STEIERMARK KÄRNTEN
Personen mit öffentlichen Aufgaben. So übernehmen pri-
vate Automobilclubs wie der ARBÖ oder der ÖAMTC au-
tomatisch hoheitliche Funktionen, wenn sie das bekann-
te „Pickerl“-Prüfungsverfahren durchführen.
Dasselbe gilt für den Rauchfangkehrer, wenn er ein
Gutachten über die Rauchgasemissionen von Heizanla-
gen abgibt. Wer als Privater Strafgefangene im „gelo-
ckerten Strafvollzug“ beschäftigt, wird genauso zum ho-
heitlichen Organ wie eine private Kesselprüfstelle oder
ein Schuldirektor, der eine schadhafte Waschmuschel im
Duschraum liegen lässt, an der sich ein Schüler verletzt. In
allen diesen Fällen haften nicht die unmittelbaren Täter,
sondern der Bund im Wege der Amtshaftung.
Die Ablehnung einer Bundeshaftung für gerichtliche
Sachverständige widerspricht aber vor allem auch allen
internationalen und europäischen Tendenzen. So stehen
in den meisten Rechtsordnungen Unternehmen und Be-
triebe primär für schädigende Handlungen ihrer Ange-
stellten und Gehilfen ein. Und wie die jüngste Staatshaf-
tungsentscheidung des EGMR zeigt, lässt dieser Staaten
für falsche psychiatrische Gutachten (und weitere ein-
schlägige Behördenfehler) ohne weiteres haften. Der
alte Vorrang der individuellen Haftung vor der kollektiven
nach den §§ 1299,1300 ABGB ist heute überholt. Der Haf-
tende muss auch eine gute Adresse für eine effiziente
Haftung sein. Eine, die etwas hergibt. Das ist internationa-
ler Standard.
44-61 schilcher vorbem u text•.indd 59 09.12.2010 22:19:58 Uhr
&STEIERMARK KÄRNTEN | 60
Zum 40jährigenBestehen
wünscht dieKunst Galerie
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Abschliessende BemerkungenWir haben – angeregt durch diesen schönen saal – mit
Geschichte angefangen und enden jetzt mit hinweisen,
dass wir uns in vielen Fällen von den lasten der Geschich-
te befreien müssen. Also, was gilt da, die gute Geschich-
te, oder die böse?
beides – so wie meistens.
historia docet: Geschichte ist nützlich, um zu erfahren,
wie und warum sich etwas so und nicht anders entwickelt
hat. dann kann man auch den Wert dieser Angelegen-
heit hier und heute leichter bestimmen.
das gilt von stiftungen, ideologischen schuldebatten,
der bildung als Waffe, der entwicklung des heutigen
sachverständigen vom Respondierjuristen der Römer an-
gefangen über die sachverständigen im Mittelalter bis
zur heutigen Form. das gilt auch für die Wandlung des
begriffes der Wahrheit und der Richtigkeit eines Urteils
und der Rechtssicherheit. Wandlungen bedeuten häufig,
dass einiges heute nicht mehr zutrifft – auch wenn wir uns
daran gewöhnt haben. so empfinden wir absolute ideo-
logien als belastungen, ebenso unverrückbare stand-
punkte oder Wahrheiten, in deren namen Millionen von
Menschen getötet wurden. Auch sollten wir Abschied
nehmen vom herkömmlichen „entweder – Oder“ und der
immerwährenden „binären codierung“ von richtig –
falsch, wahr – unwahr, gut – böse. das meiste im leben
ereignet sich nämlich dazwischen.
das ist kein Abschied von Werten und Prinzipien. im Ge-
genteil. die brauchen wir dringend. Freilich nicht theore-
tisch gekünstelte, sondern einfache, für jedermann ver-
44-61 schilcher vorbem u text•.indd 60 09.12.2010 22:20:36 Uhr
&61 | STEIERMARK KÄRNTEN
Wir gratulieren zum 40jährigen Bestehen der Sektion Steiermark, desHauptverbandes der gerichtlich beeideten und zertifizierten Sach-verständigen- wir feiern mit!
Sachverständigen-Netzwerk = 21 gerichtlich beeidete und zertifi-zierte Gutachter, die auch Mitglieder des Hauptverbandes dergerichtlich beeideten und zertifizierten Sachverständigen Steiermarksind. Ihr SV-Netzwerk -
Ihr Partner für Alles zwischen Dach und Kunst!
Wir geben Sicherheit durch eine zuverlässige,fächerübergreifende undeffiziente Gutachtenabwicklung.
ständliche. Verständliche Urteile sind nachvollziehbar
und daher zugleich als sachlich vertretbar und rechtssi-
cher anzusehen.
Wir haben auch gesehen, dass reine Wissensvermitt-
lung heute nirgendwo mehr genügt. Auch nicht für Exper-
ten und SV. Soziale Empathie ist nötig, die Fähigkeit auf
einander zuzugehen, miteinander zu können. Dazu kom-
men Pünktlichkeit, Genauigkeit und Disziplin. Das lernt
man heute nicht mehr in der Familie – das gehört in die
Schule. So wie auch die Erziehung zur Solidarität anstelle
des Konkurrenzverhaltens. Daher muss auch die Ganz-
tagsschule die Normalform werden.
Frank Schirrmacher, der Mitherausgeber der FAZ und
Autor vieler Bücher, sagte gestern bei einer Diskussion:
„Wir entwickeln uns durch immer mehr Bildung zu Ver-
standesriesen mit Zwergen-Emotionen. Da müssen wir
wieder zu einer besseren Verteilung kommen.“ Vor lauter
Geldverdienen ist uns da und dort tatsächlich die emoti-
onale Intelligenz abhanden gekommen. Es ist Zeit, sie
wieder zu finden.
VErEhrtE Damen unD HerrenIch gratuliere ihnen am Ende meiner Ausführungen ganz
herzlich zu 40 Jahren Verbandsjubiläum. Mit ihrem heuti-
gen Fest sind Sie in bester Gesellschaft. Wir feiern in die-
sem Jahr immerhin den 840. Geburtstag von Walther von
der Vogelweide; den 240. Geburtstag von hölderlin und
das 40. Jubiläum der ZDF-hitparade. Da liegen sie mit ih-
rer Feier gerade richtig.
Dankeschön.
44-61 schilcher vorbem u text•.indd 61 09.12.2010 22:21:12 Uhr
&STEIERMARK KÄRNTEN | 62
Termine
Dienstag, den 25. Januar 2011 um 09:00 Uhr
Bautechnik – Basis der Befundaufnahme bei der
Immobilienbewertung
Seminar der LiegenschaftsBewertungsAkademie GmbH
Fachgruppe: Veranstaltungen anderer Institutionen
Dienstag, den 25. Januar 2011 um 9:00 Uhr
Bautechnik – Basis der Befundaufnahme bei der
Immobilienbewertung
Seminar der LiegenschaftsBewertungsAkademie GmbH
Fachgruppe: Immobilien
Dienstag, den 25. Januar 2011 um 19:00 Uhr
Leckageortung an Dichtsystemen
Fachgruppentreffen
Fachgruppe: Bauwesen
Donnerstag, den 27. Januar 2011 um 8:00 Uhr
Sichtbeton
2-Tages-Intensivseminar
Diese Veranstaltung kann nicht online gebucht werden.
Fachgruppe: Veranstaltungen anderer Institutionen
Samstag, den 12. Februar 2011 um 9:00 Uhr
Grundlagenseminar für Sachverständige 2011
Seminar
Fachgruppe: Allgemeine Fortbildungen
Dienstag, den 15. Februar 2011 um 19:00 Uhr
Bauschäden – Abdichtungen
Fachgruppentreffen
Fachgruppe: Bauwesen
Samstag, den 19. März 2011 um 9:00 Uhr
Grundlagenseminar für Sachverständige 2011
Seminar
Fachgruppe: Allgemeine Fortbildungen
Dienstag, den 22. März 2011 um 19:00 Uhr
Standardisierte Ausschreibungen (LB-H)
Fachgruppentreffen
Fachgruppe: Bauwesen
Dienstag, den 12. April 2011 um 19:00 Uhr
Bauschäden in Folge mangelhafter Luftdichtheit
Fachgruppentreffen
Fachgruppe: Bauwesen
Samstag, den 7. Mai 2011 um 9:00 Uhr
Grundlagenseminar für Sachverständige 2011
Termine & Veranstaltungen
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Termine
Seminar
Fachgruppe: Allgemeine Fortbildungen
Dienstag, den 24. Mai 2011 um 19:00 Uhr
Änderung Stmk. Bauvorschriften 2011
Fachgruppentreffen
Fachgruppe: Bauwesen
Dienstag, den 21. Juni 2011 um 19:00 Uhr
Weiterentwicklung des Passiv- bzw. Klimaaktivhauses
„Das Reo-Domizil“
Fachgruppentreffen
Fachgruppe: Bauwesen
Samstag, den 17. September 2011 um 9:00 Uhr
Grundlagenseminar für Sachverständige 2011
Seminar
Fachgruppe: Allgemeine Fortbildungen
Samstag, den 22. Oktober 2011 um 9:00 Uhr
Grundlagenseminar für Sachverständige 2011
Seminar
Fachgruppe: Allgemeine Fortbildungen
www.sv.co.at/kalender
VERANSTALTUNGEN
Zeitraum: 16. Jänner 2011 bis 21. Jänner 2011
33. Fachseminar „Bauwesen“
für Sachverständige und Juristen
16. bis 21. Jänner 2011
Ort: Kongresszentrum Bad Hofgastein
Tauernplatz 1
5630 Bad Hofgastein
Zeitraum: 16. Jänner 2011 bis 20. Jänner 2011
8. Fachseminar „Spezielles aus Recht und Praxis im
Sachverständigenwesen“
für Sachverständige und Juristen
16. bis 20. Jänner 2011
Ort: Kongresszentrum Bad Hofgastein
Tauernplatz 1 , 5630 Bad Hofgastein
Zeitraum: 23. Jänner 2011 bis 28. Jänner 2011
34. Fachseminar „Straßenverkehrsunfall
und Fahrzeugschaden“
für Sachverständige und Juristen
23. bis 28. Jänner 2011
Ort: Kursaal Bad Hofgastein
Hamplplatz 1, 5630 Bad Hofgastein FOTO
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&STEIERMARK KÄRNTEN | 64
Entscheidungen
Der Einfluss des Sachverständigen auf
gerichtliche Entscheidungen
S owohl in der juristischen Lehre, als auch in
der Öffentlichkeit , in der Richterschaft und
auch bei den Sachverständigen werden
immer häufiger Bedenken geäußert, dass
in vielen Prozessen mit Beteiligung von
Sachverständigen nicht mehr viel Raum für eine Beweis-
würdigung durch den Richter sei, da das Gericht in der
Praxis nicht in der Lage sei, die Darlegungen des SV zu
überprüfen. Der Richter lasse sich die Entscheidung vom
Sachverständigen abnehmen, er werde zum Erfüllungs-
gehilfen des Sachverständigen. Die Sachverständigen
ihrerseits haben das Gefühl, ihnen werde die Verantwor-
tung für die Entscheidung übertragen. Mediale Kritik ver-
steigt sich bis zur Feststellung, bei der Sachverständigen-
tätigkeit handle es sich um „unkontrollierbare Parajustiz“
(profil vom 18.09.1989). Betrachtet man all diese Stand-
punkte zusammenfassend, beschleicht den „normun-
terworfenen“ Betroffenen ein gewisses Unbehagen. Es
soll daher versucht werden einige sachliche Gedanken
darzustellen, welche von der Aufgabenteilung zwischen
Richtern als Experten für das Rechtliche und Sachverstän-
dige als Experten für das Tatsächliche ausgehen.
TATSAchEn, ERFAhRUnGS- UnD rechtssätzeZum Inhalt der dem Richter und dem Sachverständigen
von den Prozessgesetzen zugeschriebenen Rollen ist
dazu festzuhalten: Der Prozessstoff, den das Gericht zur
Entscheidung über einen Sachantrag benötigt, setzt sich
aus Tatsachen, Erfahrungssätzen und Rechtssätzen zu-
sammen.
Tatsachen sind „konkrete, nach Raum und Zeit be-
stimmte vergangene oder gegenwärtige Ereignisse oder
Zustände“. Erfahrungssätze beruhen entweder auf all-
gemeinen Lebenserfahrungen (z. B .ein Zeuge, der sich FOTO
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&65 | STEIERMARK KÄRNTEN
Entscheidungen
Prof.Dr. Jürgen Schiller über das Verhältnis Richter und Sachverständige in der Praxis
häufig widerspricht, ist unglaubwürdig) oder sind Erkennt-
nisse aus sachkundiger Tätigkeit in Wissenschaft, Kunst,
Handel, Gewerbe etc. Die Ermittlung von Tatsachen und
– im eingeschränkten Maß von Erfahrungssätzen – kann
nach dem Gesagten nur die Aufgabe des Sachverstän-
digen sein: So sehen dies schließlich auch die Verfah-
rensgesetze vor.
Für die Rechtssätze gilt – von Ausnahmen abgese-
hen – der Grundsatz „iura novit curia“, sie können daher
nicht Gegenstand eines Beweises welcher Art immer sein.
Wenn nun diese Rollenverteilung in der Theorie so klar er-
scheint, worin liegt dann in der Praxis das Problem?
Einfach ist es zunächst für den Sachverständigen, sich
rechtlicher Wertungen zu enthalten. Gar nicht so einfach
ist es hingegen für den Richter: Das Sachverständigen-
gutachten ist schließlich ein Beweismittel wie andere
auch und ist daher vom Richter zu werten, zu würdigen.
Um dies dem Richter zu ermöglichen, muss der Sach-
verständige die Tatsachen, die seine gutachtliche Über-
zeugung begründbar machen und die von ihm dazu
verwendeten Erfahrungssätze so angeben, dass die Ver-
fahrensbeteiligten, aber auch der Richter, die Vollstän-
digkeit, Richtigkeit und Überzeugungskraft des Gutach-
tens nachprüfen können.
Erkennt man dabei aber, dass der Sachverständige
notgedrungen kraft seines Fachwissens dem Richter
fachlich überlegen ist (ja sein muss, sonst wäre seine Tä-
tigkeit im Prozess wohl überflüssig), so wird ein gewisses
Unbehagen aufkommen, wenn es darum geht darzule-
gen, warum sich der Richter vom Gutachten überzeugt
fühlt.
Vielleicht meldet sich hier das Gefühl des Richters, dass
er sich deshalb dem Ergebnis des Sachverständigen an-
schließt, weil es keinen zwingenden Anhaltspunkt FOTO
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&STEIERMARK KÄRNTEN | 66
gibt, es nicht zu tun., ohne dass rational nachvollzo-
gen werden könnte, ob das Gutachten in der Sache zum
richtigen Ergebnis geführt hat !
„ERFÜLLUNGSGEHILFE“ RICHTER?Im günstigsten Fall (wohl ein Idealfall!) kann dem Richter
durch das Gutachten die vorher fehlende Beurteilungs-
und Begründungsfähigkeit vermittelt werden, sodass er,
eventuell durch ergänzende Erfahrung mit gleichgela-
gerten Prozessen das Gutachten nachvollziehen und
würdigen kann. In den meisten Fällen wird dies aber we-
gen der Komplexität und Kompliziertheit der Materie
nicht möglich sein. Der Richter wird daher auf die Über-
prüfung der Einhaltung formaler Kriterien beschränkt sein
und auf die fachliche Autorität des Sachverständigen
vertrauen. Es tritt also an die Stelle der „Souveränität des
bewertenden Urteils“ die „Souveränität des Fachwissens“.
Beschränkt sich die Beweiswürdigung aber darauf, fällt
der Aspekt der inhaltlichen Überprüfung des Gutachtens
weg und es erhöht sich die Bindung des Richters an das
Gutachten.
SÄKULARISIERTER GOTTESBEWEISWie kann das Gericht einer „Abdankung des Richters zu
Gunsten des Sachverständigen“ und dem Vorwurf, das
Sachverständigengutachten sei eine Art „säkularisierter
Gottesbeweis“ oder eine „Expertokratie“, entgehen?
Ist die Vorstellung einer sauberen Arbeitsteilung zwischen
Gericht und Sachverständigem nur ein frommer Selbst-
betrug auf Seiten der Richter?
Realistischerweise müssen wir erkennen, dass sich so-
wohl das Gericht, als auch die Parteien und deren Ver-
treter in letzter Konsequenz bewusst sein müssen,
Richter vertrauen auf die fachliche Qualität der Sachverständigen
CONunication GmbH | Friaulweg 4 | 8042 Graz | T: +43 316 91 31 45 | [email protected] | www.conunication.com
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Mag. Helmut Schoaß
64-69 schiller-story•.indd 67 09.12.2010 22:11:03 Uhr
&STEIERMARK KÄRNTEN | 68
Aus dem Inhalt:DI Michael A. Plank, MEngGeschwindigkeitsrückrechnung bei ABS-geregelter Kurvenbremsung
Mag. Franz Strafella, CIS ImmoZertMietzinsbildung im Rahmen des Wohnhauswiederaufbaugesetzesund der Wohnbauförderungsgesetze
Dipl.-Ing. Heinz LukaschekLichttechnik (LED, Xenon) im Straßenverkehr
EurIng Dipl.-Ing. Franz ZankelDie „Elektrotechnikverordnung 2010“ vom 12. Juli 2010
Komm.-Rat Franz R. SteinbacherBeurteilung und Bewertung von historischen Fahrzeugen (Oldtimerbewertung)
SACHVERSTÄNDIGE
Heft 4 2010
Offizielles Organ des Hauptverbandes der allgemein beeidetenund gerichtlich zertifizierten Sachverständigen Österreichs
Sachverständiger2010_04_OK:PVInfo_1-06.qxd 09.12.2010 15:28 Seite 1
dass an die Stelle unmittelbarer persönlicher Über-
zeugung von der Richtigkeit eines Gutachtens nur die Er-
kenntnis und die Überzeugung davon treten kann, dass
der Sachverständige richtig gehandelt hat.
Wie kann man sich aber dessen sicher sein?
Dazu ist von allen an der Rechtsprechung Beteiligten die
Mitwirkung in folgenden Bereichen gefordert:
> Bei der Auswahl der Sachverständigen
> Bei der Auftragserteilung
> Durch eine Mitwirkung aller „vom Geschehen
Betroffenen“
> Durch wirksame Inhaltskontrolle
AuSWAhl DES sachverständigen
Zunächst sollte der Auswahl der Person des Sachverstän-
digen sowohl bei der Eintragung in die liste der allgemein
beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen
als auch bei der Bestellung im einzelnen Verfahren hohe
Aufmerksamkeit und große Sorgfalt gewidmet werden.
Die regelmäßige Rezertifizierung bewährt sich als weitere
Qualität sichernde Maßnahme.
Die Auswahl des richtigen Sachverständigen hat aber
eine weitere Facette: Es muss mit Nachdruck auch von
den Sachverständigen gefordert werden, sich ihrer fach-
lichen Grenzen bewusst zu sein und im Zweifelsfall auch
einen Auftrag abzulehnen. sonst besteht die ernste Ge-
fahr, eine fachlich falsche Entscheidung zu treffen, die im
schlimmsten Fall gar nicht auffällt. Das gilt sowohl für die
Fälle, in denen der Sachverständige seine Kompetenz un-
bewusst überschätzt, als auch für die, in denen er sich be-
wusst über die Grenzen seiner Fähigkeiten hinwegsetzt.
Eines der wesentlichsten Instrumente zur Kontrolle des
Sachverständigen im gerichtlichen Verfahren ist eine
inhaltliche Kontrolle des Gutachtens durch dessen Erör-
terung mit den Parteien, erforderlichenfalls unter Zuhil-
fenahme eines Privatgutachtens. letzteres zwingt den
Sachverständigen zur Stellungnahme auf fachlicher Ebe-
ne und trägt so am besten zu einer sachbezogenen Erör-
terung des Gerichtsgutachtens bei.
Ein Zusammenwirken all dieser Maßnahmen garantiert
letztlich, dass das Gericht nicht etwas feststellt, ohne dass
etwas bewiesen wäre.
Prof. Schiller: „Der Auswahl der Person müssen wir hohe Aufmerksamkeit und große Sorgfalt widmen.“
64-69 schiller-story•.indd 68 09.12.2010 22:11:11 Uhr
Aus dem Inhalt:DI Michael A. Plank, MEngGeschwindigkeitsrückrechnung bei ABS-geregelter Kurvenbremsung
Mag. Franz Strafella, CIS ImmoZertMietzinsbildung im Rahmen des Wohnhauswiederaufbaugesetzesund der Wohnbauförderungsgesetze
Dipl.-Ing. Heinz LukaschekLichttechnik (LED, Xenon) im Straßenverkehr
EurIng Dipl.-Ing. Franz ZankelDie „Elektrotechnikverordnung 2010“ vom 12. Juli 2010
Komm.-Rat Franz R. SteinbacherBeurteilung und Bewertung von historischen Fahrzeugen (Oldtimerbewertung)
SACHVERSTÄNDIGE
Heft 4 2010
Offizielles Organ des Hauptverbandes der allgemein beeidetenund gerichtlich zertifizierten Sachverständigen Österreichs
Sachverständiger2010_04_OK:PVInfo_1-06.qxd 09.12.2010 15:28 Seite 1
64-69 schiller-story•.indd 69 09.12.2010 22:11:19 Uhr
Hauptverband der allgemein beeideten und gericHtlicH zertifizierten SacHverStändigen ÖSterreicHSlandesverband Steiermark und Kärnten, griesgasse 10, 8020 graz, tel. +43 (0)316 711018-0www.sv.co.at