Tagungsband: Anlagenbau der Zukunft 2006 · Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im...

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Tagung Anlagenbau der Zukunft Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren – Zukunftsszenarien und Erfahrungsberichte 02. - 03. März 2006, Magdeburg IFF Fraunhofer Institut Fabrikbetrieb und -automatisierung

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Tagung

Anlagenbau der ZukunftWettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren – Zukunftsszenarien und Erfahrungsberichte

02. - 03. März 2006, Magdeburg

IFF

FraunhoferInstitutFabrikbetriebund -automatisierung

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IFF

FraunhoferInstitutFabrikbetriebund -automatisierung

Tagung

Anlagenbau der ZukunftWettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren – Zukunftsszenarien und Erfahrungsberichte

02. - 03. März 2006, Magdeburg

In Kooperation mit:

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile realisieren

Inhaltsverzeichnis

Begrüßung und Einleitung

Prof. Dr.-Ing.habil Michael Schenk Institutsleiter des Fraunhofer-Instituts für Fabrikbetrieb und -automatisierung, Vorstandsvorsitzender des FASA e.V.

Prof. Dr.-Ing. Klaus Hoppe Präsident der Ingenieurkammer Sachsen-Anhalt, Vizepräsident der Bundesingenieurkammer, VDI-Landesvertreter Sachsen-Anhalt

Impulsvoträge: Anlagenbau der Zukunft

»Bilanz und Perspektiven des deutschen Industrieanlagenbaus«Volker Stroh, Arbeitsgemeinschaft Großanlagenbau im VDMA

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»Anforderungen an den Anlagenbau aus der Sicht der BASF«Dr. Stefan Robert Deibel, BASF AG

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»Osteuropa – Chancen für die chemische Industrie, Optionen für Infrastrukturdienstleister«Andreas Hiltermann, InfraLeuna Infrastruktur und Service GmbH

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»Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau – Anlagenbau der Zukunft: Chemieanlagenbau Chemnitz GmbH« Joachim Engelmann, Chemieanlagenbau Chemnitz GmbH

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Fachvorträge: EU-Osterweiterung - Chancen, Risiken, Innovationen»Internationale Standorte erfolgreich managen – bedeutet im Vorfeld genau Chancen und Risiken auszuloten«Dr. Anja Schulz, Universität Dortmund, Lehrstuhl für Unternehmensführung

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»Bedeutung der EU-Erweiterungsländer für die Hersteller verfahrenstechnischer Maschinen und Apparate« Dr. Alexander Koldau, VDMA

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»Aufgaben für einen modernen Anlagenbau in Rumänien und Chancen für eine Kooperation« Dr. Petru Lificiu, Umweltministerium Rumänien

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»Herausforderungen im Pharmaanlagenbau«Dr. Tobias Lücke, LSMW

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile realisieren

»Innovationsfelder für den Apparatebau« Prof. Dr.-Ing. Eckart Weiss, Universität Dortmund, Fachbereich Chemietechnik

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»Ingenieursausbildung vor dem Hintergrund der industriellen und gesellschaftlichen Veränderungen«

Prof. Dr-Ing. Eberhard Schlücker, Universität Erlangen-Nürnberg

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»Standardisierungs- und Klassifizierungstrends in der Automatisierungstechnik«Dr. Reinhard Hüppe, ZVEI e.V.

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Impulsvorträge: Virtual Engineering – Anlagen effizienter planen und errichten

»Virtuelle Realität - Trends und Anwendungen für die Zukunft« Prof. Dr.-Ing. Michael Schenk

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»Virtuelle Realität – ein neuer Standard zur Modellvisualisierung im chemischen Anlagenbau« Matthias Reiche, Degussa AG und Oliver Schwarz, esZett GbR

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Fachvorträge: VR Trends, Anwendungsgebiete, Nutzen

»Modularisierung und Kostenschätzung«Prof. Dr.-Ing. Günter Wozny, Uwe Strauch, TU Berlin undDr.-Ing. H. Thielert, Uhde GmbH Dortmund

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»Unterstützung durch ein VR-Portal im Anlagenbau«Christian Plociennik, SMS Demag AG, Oliver Hofmann, RWTH Aachen und Philipp Cerfontaine, RWTH Aachen

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»After Market – Servicelösungen für den Maschinen- und Anlagenbau«Hendrik Zwart, ENIGMA und Dr. Martin Endig Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und –automatisierung

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»Prozessvisualisierung im Ex-Bereich«Jörg Kolodziejczyk, Bartec Benke GmbH

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»Virtuelle webbasierte Planungswerkzeuge als Hilfsmittel für integrierte Systemlandschaften im Anlagenplanungsprozess«Tobias Götting, Concept and Solutions AG

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Wir sagen Danke!

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02. März 2006

Begrüßung und Einleitung

Prof. Dr.-Ing.habil. Michael Schenk,Institutsleiter Fraunhofer IFF, Vorstandsvorstitzender des FASA e.V.

Prof. Dr.-Ing. Klaus Hoppe,Präsident der Ingenieurkammer Sachsen-Anhalt,Vizepräsident der Bundesingenieurkammer,VDI-Landesvertreter Sachsen-Anhalt

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

Sehr geehrte Tagungsteilnehmerinnen,

sehr geehrter Tagungsteilnehmer,

das Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und –automatisierung - heißt Sie zur Tagung

»Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile realisieren« - recht herzlich

willkommen!

Das Fraunhofer IFF, der Zweckverband zur Förderung des Maschinen- und Anlagen-

baus Sachsen-Anhalt e.V. (FASA e.V.) sowie der VDMA und der VCI haben Sie als

Fachexperten und Wissenschaftler aus der Branche eingeladen, um gemeinsam aktu-

elle Themen rund um den verfahrenstechnischen Anlagenbau, wie z.B. die Chancen

und Risiken der EU-Osterweiterung für den deutschen Anlagenbau, neue innovative

Lösungsansätze für die Branche und den Nutzen und die Anwendungsfelder von vir-

tuellen Demonstrations- und Trainingsszenarien für Anlagenbauer zu diskutieren.

Das Fraunhofer IFF am Standort Magdeburg hat in den 13 Jahren seines Wirkens eine

Vielzahl von innovativen, anwendungsorientierten Projekten realisiert. Anliegen des

Fraunhofer IFF Magdeburg ist es, ganzheitliche Lösungen unter Berücksichtigung von

neusten IuK-Technologien, integriertes Produktions- und Anlagenmanagement sowie

Automatisierungsansätze für Produkte und Prozesse, insbesondere im Maschinen-

und Anlagenbau, effizient zu entwickeln und mit Ihnen zu diskutieren.

Den Herausforderungen – Globalisierung, Kostensenkung, Rationalisierung und Au-

tomatisierung – gilt es, gerecht zu werden. Besonders im Anlagenbau, der durch

komplexe Produkte und weltweiten Wettbewerb gekennzeichnet ist, sind innovative

Organisationsformen und Technologien erforderlich.

Der deutsche Maschinen- und Anlagenbau gehört mit seinen ca. 6000 Unternehmen

zu den fünf wichtigsten Branchen in Deutschland. Wachsende Kundenbedürfnisse

und die dynamische Entwicklung der Märkte sowie schwankende politische Rahmen-

bedingungen sind für die Unternehmen der Maschinen- und Anlagenbaubranche die

Herausforderungen der Zukunft.

Die Fähigkeit, sich in unternehmens- und länderübergreifende Prozesse zu integrie-

ren, zählt heute zu den Grundvoraussetzungen für Unternehmen im Anlagenbau.

Wer Know-how, Technologieführerschaft und Innovationskraft besitzt, hat die Nase

vorn und ist zukunftsfähig.

Diese Leitgedanken werden die Tagung »Anlagenbau der Zukunft« am 2./3. März

2006 durch Fachbeiträge und Diskussionen begleiten.

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

Ziel der 4. Tagung »Anlagenbau der Zukunft« ist es daher, einem breiten Fachpubli-

kum aus Wirtschaft und Wissenschaft ein Forum zu bieten, auf dem Trends, Strate-

gien und Zukunftsszenarien sowie anwendungsbereite Lösungen vorgestellt und neue

Anwendungsfelder aufgezeigt werden.

Ein besonderes Bonbon unserer Veranstaltung ist die Fachausstellung. Die Koopera-

tionsbörse, die erstmalig für Sie in diesem Rahmen vorbereitet wurde, soll Sie ermun-

tern und unterstützen, direkt mit den Tagungsteilnehmern ins Gespräch zu kommen.

Sie sind herzlich zur Happy Hour eingeladen. Nutzen Sie die Gelegenheit zum Gedan-

kenaustausch, zum Besuch der Ausstellung und der Kooperationsbörse.

Ich lade Sie sehr herzlich ein, mit uns gemeinsam zu diskutieren und wünsche der

Veranstaltung einen guten Verlauf.

Prof. Dr.-Ing.habil. Michael Schenk

Institutsleiter des Fraunhofer-Instituts für Fabrikbetrieb und -automatisierung

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

Anlagenbau der Zukunft - Ist der Anlagenbau eine Zukunftsbranche der deut-schen Wirtschaft?

Grußwort von Prof. Dr.-Ing. Klaus Hoppe, Präsident der Ingenieurkammer Sach-sen-Anhalt, Vizepräsident der Bundesingenieurkammer, VDI-Landesvertreter Sachsen-Anhalt

Meine Damen und Herren,

ich freue mich, dass unter dem Leitmotiv "Anlagenbau der Zukunft" zum 4. Mal in Magdeburg, vom Fraunhofer-Institut in Zusammenarbeit mit dem VCI und dem VDMA eingeladen, diese Tagung stattfindet. Um die „Tagung Anlagenbau der Zu-kunft“ hat sich als Mitveranstalter auch der Zweckverband zur Förderung des Ma-schinen- und Anlagenbaus in Sachsen-Anhalt – Fasa – verdient gemacht, der in diesen Tagen das Jubiläum seines zehnjährigen Bestehens begeht und in dieser Zeit viel für den Erhalt und die Wiederbelebung des Maschinen-und Anlagenbaues in unserem Bundesland getan hat. Gern habe ich den Vorsitz des Programmkomi-tees übernommen, und ich sehe auch für Sachsen-Anhalt, dass wieder mit dem Dreieck Leuna, Schkopau, Bitterfeld ein Chemiestandort ist und mit der Total Mit-teldeutschen Raffinerie, eine der modernsten Großanlagen überhaupt hat, einen konkreten Bezug zum Thema.

Schaut man sich den Lagebericht der VDMA-Arbeitsgemeinschaft Großanlagen-bau unter der Überschrift "Rekord im Ausland - Investitionsschwäche im Inland" an, dann zeigt sich, dass mit einem Auftragseingang von 17,4 Mrd. € 2004, dass höchste Bestellvolumen seit 1993 erzielt wurde. Getragen hat diese Entwicklung die außerordentlich hohe Auslandnachfrage, deren Anteil am Gesamtauftragsein-gang auf über 80 % gestiegen ist. Dieser Trend hat sich auch 2005 nicht grund-sätzlich verändert. Zieht man bei allen bestehenden Problemen eine Bilanz des Großanlagenbaus, so kann man doch feststellen, dass der Anlagenbau eine Zu-kunft hat. Als Präsident der Ingenieurkammer Sachsen-Anhalt kann ich mit Freude feststellen, dass der Anlagenbau ein Wirtschaftszweig ist, der stark von Ingenieu-ren dominiert wird. Immerhin waren bei der ACHEMA 2003 von den mehr als 192 000 Besuchern rund 40 % Ingenieure. Auch für die ACHEMA 2006 zeichnet sich diese Tendenz ab.

Wissensmanagement wird heute zum entscheidenden Erfolgsfaktor im Großanla-genbau. Das für den Großanlagenbau charakteristische international vernetzte Projektmanagement wird durch hocheffiziente IT-Systeme mit allen denkbaren Op-tionen für optimalen Datenaustausch unterstützt.

In allen Bereichen ist ein kontinuierliches Ansteigen der kundenseitigen Ansprüche an Größe und Komplexität der Anlagen zu bemerken. So beträgt die durchschnitt-liche Anlagenkapazität für viele Produkte der organischen und anorganischen Che-mie das Doppelte oder gar Dreifache dessen, was vor 10 Jahren noch als "groß" galt. Ein anschauliches Beispiel hierfür liefert die Entwicklung bei Methanolanla-gen. Galt in diesem Segment eine Tagesproduktion von 2.000 t vor einigen Jahren noch als Spitzenleistung, so erreichen Neuanlagen heutzutage maximale Ausbrin-gungsmengen von 6.000 t/d. Dessen ungeachtet, ist mit einem weiteren Zusam-menrücken im deutschen Chemieanlagenbau mittelfristig nicht zu rechnen. Auf Grund ihrer Beweglichkeit bei der Bildung von auf Großprojekte zugeschnittenen Partnerschaften sind die weltweit operierenden deutschen Anlagenbauer mit ihrer aktuellen Betriebsgröße in der Lage, alle derzeit nachgefragten Projektvolumina zu bewältigen.

Der Blick in die nahe Zukunft der Branche fällt relativ optimistisch aus, wobei diese Einschätzung weitgehend vom Auslandsgeschäft getragen wird.

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

Im Gegensatz zum Auslandsgeschäft scheint mit einer nachhaltigen Belebung der inländischen Bestelltätigkeit mittelfristig nicht zu rechnen sein. Die grundlegende Stärke deutscher Chemieanlagenbauer ist die methodische Excellenz in den Be-reichen Projekt- und Risikomanagement. Darüber hinaus haben die Unternehmen umfassende Kenntnisse im Bereich des weltweiten Einkaufs erworben, die sie un-ter Wahrung der Qualität der zugekauften Produkte und der Transportkosten wei-ter ausbauen. Außerdem ist Beibehaltung eines hohen Innovationstempos, mit dem sich die Unternehmen in der Vergangenheit immer wieder einen Wettbe-werbsvorsprung verschafft haben, Voraussetzung für die Verteidigung der Spit-zenposition im internationalen Wettbewerb.

Aus aktuellem Anlass richten wir mit unserer Tagung bewusst den Blick nach Ost-europa. Wir sind überzeugt, dass mittel- und langfristig die osteuropäischen Bei-trittsländer und Osteuropa überhaupt ein interessantes Betätigungsfeld für den An-lagen- und Apparatebau werden.

Lassen Sie mich mit der Antwort auf meine eingangs gestellte Frage schließen. Der modernisierte und reformierte Anlagenbau sollte mit Sicherheit eine Zukunfts-branche der deutschen Wirtschaft sein. Ich hoffe, dass die Vorträge der nächsten 1 ½ Tage uns darin bestärken werden.

Magdeburg, den 16. 01.2006 Prof. Dr.-Ing. Klaus Hoppe

Präsident derIngenieurkammer Sachsen-Anhalt

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02. März 2006

ImpulsvortragAnlagenbau der Zukunft

»Bilanz und Perspektiven des deutschen Industriean-lagenbaus«

Volker Stroh,VDMA

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Angaben zur Person

Dipl.-Volkswirt Volker Stroh

derzeitige Funktion Referentin Firma Arbeitsgemeinschaft Großanlagenbau im VDMA weitere Funktionen VDMA-Themenverantwortlicher Claimsmanagement

kurzer Werdegang Wirtschaftswissenschaftliches Studium und Abschluss in Mainz. Seit sechs Jahren tätig als Referent der Arbeitsgemein-schaft Großanlagenbau im VDMA, dort verantwortlich für Themen der Unternehmensführung, insbesondere Projekt-, Claims- sowie Qualitäts- und Prozessmana-gement, sowie Mitglieder- und Vorstandsbetreuung. Diverse Veröffentlichungen, Tagungsbeiträge sowie Seminare zum Großanlagenbau und zum Claimsmana-gement im Maschinen- und Anlagenbau.

Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

Bilanz und Perpektiven des deutschen Industriean-lagenbausVolker Stroh Arbeitsgemeinschaft Großanlagenbau im VDMA (AGAB) Lyoner Str. 18, 60528 Frankfurt am Main Tel.: 069 6603 1275, Fax.: 069 6603 2275, E-Mail:[email protected]

Der deutsche Großanlagenbau – Portrait einer erfolgreichen Branche

Merkmale des Großanlagenbaus Großanlagenbauer im Sinne der Arbeitsgemeinschaft sind Unternehmen mit der Fähigkeit, auf Basis umfassender Kenntnis des verfahrenstechnischen Prozessab-laufs ein- oder mehrmals jährlich industrielle Produktions- und Energieerzeu-gungsanlagen im Wert von mindestens 15 Mio. € zu planen, zu konstruieren, die Ausrüstung für sie herzustellen oder weltweit einzukaufen, sie zu liefern, zu mon-tieren, in Betrieb zu setzen und die notwendige Finanzierung bereitzustellen. Dementsprechend zählen beispielsweise die Hersteller von Kraftwerken, Stahlfab-riken und Chemieanlagen zum Großanlagenbau. Insgesamt liefert die Branche An-lagen an über zwanzig unterschiedliche Industriebereiche. Die durchschnittliche Projektlaufzeit liegt zwischen zwei und drei Jahren, das Projektvolumen nicht sel-ten über 100, in Spitzenfällen sogar über 1 Mrd. €.

Volkswirtschaftliche Bedeutung des Großanlagenbaus Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Großanlagenbau im VDMA (AGAB) akqui-rieren jährlich einen Auftragseingang von über 16 Mrd. € (Durchschnitt 2002-2004) und haben einen Weltmarktanteil von 15 bis 20%. Sie beschäftigen in Deutschland rund 53.000 hochqualifizierte Mitarbeiter und üben mit einer Zulieferquote von 75% einen beträchtlichen Mitnahmeeffekt auf den mittelständischen Maschinen- und Anlagenbau aus. Von den Projekten hängen etwa 150.000 weitere Arbeitsplätze in zuliefernden Unternehmen ab. Die deutschen Großanlagenbauer pflegen Kontakte zu Kunden aus über 100 Ländern und lieferten in den letzten Jahren über drei Viertel ihrer Erzeugnisse ins Ausland. Die bedeutendsten Abnehmerregionen sind der Mittlere Osten, die Industrieländer, in erster Linie die EU und Nordamerika, sowie Ostasien mit China als stärkstem Einzelmarkt weltweit. Mit der Erschließung neuer und der Pflege entwickelter Märkte leistet die Branche einen erheblichen Beitrag zur Anbahnung und Erhaltung deutscher Wirtschaftsbeziehungen im Aus-land. Häufig ist sie Pionier der industriellen Entwicklung aufstrebender Regionen und Wegbereiter für die nachfolgende Exportwirtschaft.

Wegbereiter für Wohlstand Mit der Errichtung von Anlagen zur Produktion von Nahrungsmitteln, Textilien oder Baustoffen sowie zur Wasser- und Abwasserbehandlung und Energieerzeugung ist der Großanlagenbau maßgeblich an Aufbau und Aufrechterhaltung der mensch-lichen Grundversorgung beteiligt. Anlagen zur Gewinnung und Aufbereitung von Bodenschätzen ermöglichen die industrielle Nutzung des natürlichen Reichtums von Regionen, der Auf- und Ausbau leistungsfähiger Infrastrukturen sowie indus-trieller Produktionseinrichtungen schafft Voraussetzungen für wirtschaftlichen Fort-schritt und Wohlstand. Schließlich legt der Großanlagenbau auch die Grundlage für hochentwickelte Industrieproduktionen, z.B. von pharmazeutischen Erzeugnis-sen, regenerativen Energieträgern oder Halbleitern. In allen Sektoren setzen die deutschen Unternehmen Maßstäbe in der Energieeffizienz der Anlagen sowie im integrierten und nachsorgenden Umweltschutz.

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

Tragpfeiler der WettbewerbsfähigkeitNeben der weltweiten Präsenz zählen Technologieführerschaft und Innovations-kraft sowie die Fähigkeit, dem Kunden maßgeschneiderte Gesamtlösungen anzu-bieten, zu den Tragpfeilern der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der AGAB-Mitglieder. Eine weitere Säule ist ihr exzellentes methodisches Wissen in der Lo-gistik sowie im Projekt- und Risikomanagement. Die Unternehmen gehören zu den Weltmarktführern in der Herstellung industrieller Produktions- und Energieerzeu-gungsanlagen und bewegen sich auf Märkten mit langfristig beständiger aber auch mit wachsender Nachfrage. Wenig beeinflusst von Schwankungen und teils kurz-lebigen Trends der Konsumgüterindustrien ist der Großanlagenbau eine auf lange Sicht wertstabile und wertschaffende Branche.

Aktuelle Marktentwicklung

Historisches RekordniveauDas Bestellvolumen der Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Großanlagenbau hat 2005 das schon hervorragende Vorjahresergebnis von 17,4 Mrd. € nochmals weit überschritten und damit ein historisches Rekordniveau erreicht. Wesentliche Trieb-federn sind die Schaffung einer breiteren Wirtschaftsbasis vor allem in rohstoffrei-chen Ländern sowie umfangreiche Investitionsvorhaben in Regionen mit einer wachsenden Grundstoffnachfrage, wie etwa in China und Indien. Die wichtigste Kundenregion ist derzeit der Nahe und Mittlere Osten mit den Zentren Saudi Ara-bien und dem Iran. Gefragt sind dort vor allem Kraftwerke und Großanlagen für die chemische Industrie. Der bedeutendste Einzelmarkt ist nach wie vor China mit ei-ner breit gestreuten Anlagennachfrage.

Investitionsschwäche im Inland Das Inlandsgeschäft hat sich zwar infolge einer anziehenden Nachfrage nach Kraftwerken spürbar verbessert, insgesamt kann jedoch noch nicht von einer Trendwende gesprochen werden. Nach wie vor leidet der deutsche Markt für die meisten Anlagentypen unter einer hartnäckigen Investitionsschwäche. Die Gründe liegen allerdings nur teilweise in einer Sättigung des Marktes für große Industrie-vorhaben in Deutschland. Ursachen für ausbleibende oder ins Ausland verlagerte Investitionen sind auch die Betriebskosten inländischer Produktionseinrichtungen sowie das regulatorische Umfeld.

Anhaltender Druck der Nachfrageseite Trotz Rekordnachfrage hält der Druck der Abnehmer auf Preise und Konditionen an. Neben Niedrigpreisen fordern die Kunden weitgehende Verfügbarkeitszusa-gen, kurze Abwicklungszeiten sowie die einseitige Übernahme hoher Risiken durch den Lieferanten. Die in den letzten Jahren regelmäßig verlangte Verkürzung der Projektlaufzeiten ist mittlerweile jedoch der Grenze des technisch und organi-satorisch Machbaren nahegekommen. Einer weiteren zeitlichen Optimierung der Projektabwicklung sind durch den kostenseitig erforderlichen globalen Einkauf von Ausrüstungsteilen und Engineeringleistungen enge Schranken gesetzt. Zwar hono-rieren Kunden eine nochmalige Verringerung der Abwicklungszeiten, der diesbe-zügliche Druck hat jedoch etwas nachgelassen.

Positive Auswirkungen der hohen Energie- und Rohstoffpreise Die aktuell hohen Preise für Energie und Rohstoffe wirken sich insgesamt günstig auf das Geschäft des Anlagenbaus aus. Zwar treiben sie auch die Einkaufspreise der Anlagenbauer in die Höhe und schränken dadurch die finanzielle Machbarkeit einiger Projekte aus Kundensicht ein, insgesamt überwiegt als positiver Effekt je-doch die steigende Finanzkraft der Rohstoffeigner bzw. Grundstoffhersteller. Wei-terhin verbessert das hohe Preisniveau auch die Wirtschaftlichkeit von Explorati-ons- oder Produktionsvorhaben, die bislang okönomisch nicht sinnvoll waren.

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

Beispiele sind der Abbau von Ölsandvorkommen und die Vergasung oder Verflüs-sigung von Kohle. Wachsende Anlagenkapazitäten Der Trend zu wachsenden Kapazitäten der Anlagen wird sich noch einige Zeit fort-setzen. Der Großanlagenbau geht davon aus, dass die technische Realisierung mittelfristig noch über eine entsprechende Optimierung der eingesetzten Prozesse sowie größenmäßige Anpassung der Komponenten und Anlagen möglich sein wird. Allerdings sind in der Handhabung immer größerer und schwererer Ausrüs-tungsgegenstände zunehmende Probleme, insbesondere beim Transport, zu er-warten. Langfristig werden weitere Steigerungen der Anlagenproduktivität und der Ausbringungsmengen jedoch weniger über die Anpassung der Größen als über prozesstechnische Fortschritte im Kleinen zu erreichen sein. In diesem Zusam-menhang investiert der Großanlagenbau in die Weiterentwicklung der Nano-, Mik-roverfahrens- und Mikrosystemtechnik. Gegenwärtig stehen diese Technologien jedoch noch am Anfang und werden erst auf lange Sicht in der breiten Anwendung wirtschaftlich sinnvoll sein.

Positive Entwicklung des ServicegeschäftesDie Nachfrage nach Serviceleistungen wie etwa der Anlageninstandhaltung entwi-ckelt sich nach wie vor positiv, wenn auch im Moment klar das Neuanlagenge-schäft dominiert. Mit einem Umsatzanteil von ca. 15 Prozent hat sich dieser Ge-schäftszweig zu einem bedeutsamen Standbein des Großanlagenbaus entwickelt. Von besonderem Interesse sind dabei nicht nur die Ergebnisstärke, sondern auch die Verstetigung der Zahlungseingänge, was die Abhängigkeit von dem zyklischen Neuanlagengeschäft reduziert. Mit einem Anteil von durchschnittlich 30 Prozent und wachsender Tendenz hat der Kraftwerksbau das Servicegeschäft am weites-ten entwickelt. Dort werden mittlerweile kaum noch Verträge ohne mehrjährige Servicevereinbarungen geschlossen.

Stärken der Branche Das Erfolgsmodell der Unternehmen der Arbeitsgemeinschaft liegt im Angebot technologisch führender, kundenspezifischer Gesamtlösungen mit niedrigen Le-benswegkosten. Diese beinhalten die Gesamtheit der einer Anlage aus Kunden-sicht zuzurechnenden Kosten, von der ersten Zahlung nach Auftragserteilung über die Betriebs- und Instandhaltungskosten bis zu den Aufwendungen für Außerbe-triebnahme, Entsorgung und Restverwertung. Weitere Erfolgsfaktoren sind die Qualitäts- und Termintreue sowie die verbindliche Preispolitik der Anbieter, die un-seriöse Nachverhandlungspraktiken ausschließt. Nicht nur Kunden in Industrielän-dern schätzen dies. Die Betrachtung der Lebenswegkosten rückt auch stärker ins Bewusstsein von Abnehmern, die schlechte Erfahrungen mit Niedrigpreisanbietern gemacht haben. Allerdings gehen diese Kunden auch weiterhin mit harten Forde-rungen in die Preisverhandlungen. Schlechte Chancen haben die AGAB-Anbieter dagegen bei Nachfragern, die ihre Entscheidungen ohne vollständige ökonomi-sche Bewertung alleine auf Basis der Anschaffungspreise und der kurzfristig ab-sehbaren Betriebskosten fällen.

AussichtenFür das laufende Jahr erwartet die Branche auch weiterhin eine hohe Nachfrage, wenn auch die Rekordmarke von 2005 wahrscheinlich nicht erneut erreicht wird. Mit einer deutlicheren Abkühlung rechnen die Unternehmen nicht vor 2007. Auch langfristig sind die Wachstumsperspektiven des Großanlagenbaus positiv. Globale Verschiebungen der ausländischen Direktinvestitionen in Länder mit güns-tigen Rahmenbedingungen, steigende Weltbevölkerung und steigendes Welt-Bruttosozialprodukt, eine weltweit steigende Nachfrage nach Energie und nach Produkten mit höherer Qualität bei zugleich steigender Produktvielfalt und schließ-lich die fortschreitende Globalisierung und Zunahme des weltweiten Handelsvolu-mens werden auch auf lange Sicht für eine stabile Geschäftsentwicklung sorgen.

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

Entwicklungen und Trends in den Unternehmen

Neubewertung der Standortpolitik Der anhaltende Preis- und Konditionendruck zwingt die Anlagenbauer zu konse-quenten Maßnahmen der Kostensenkung und Produktivitätssteigerung. Entschei-dend ist dabei ihre Fähigkeit, die in unterschiedlichen Währungsräumen erbrach-ten Wertschöpfungsanteile innerhalb der jeweiligen projektspezifischen Rahmenbedingungen an Preis- bzw. Wechselkursrelationen anzupassen. Die ständige Suche der Unternehmen nach der optimalen Kombination von Auslage-rung und Selbsterbringung der Leistungen im Rahmen der globalen Projektabwick-lung gewinnt derzeit allerdings eine neue Qualität. Stand die Beibehaltung beson-ders wissensintensiver Wertschöpfungsanteile wie etwa des Basic-Engineering im Inland bislang nicht in Frage, fällt der projektspezifische „Split of Work“ mittlerweile wegen vergleichsweise hoher Arbeitskosten in Deutschland und „Local Content“-Forderungen der Kunden zunehmend auch zu Lasten inländischer Standorte aus – trotz der dadurch wachsenden Schnittstellenprobleme. Eine wichtige Rolle in der Standortpolitik der Unternehmen spielen auch die Möglichkeiten der Arbeitszeitfle-xibilisierung in Deutschland. Viele Anlagenbauer streben derzeit Arbeitszeitverlän-gerungen ohne Lohnausgleich an oder haben diese bereits eingeführt.

Bedeutung des Projekt-, Risiko- und Claimsmanagements Projekt- und Risikomanagement gehören zu den wichtigsten Methodenkompeten-zen der Branche. Ersteres ist Voraussetzung für die weltweit erfolgreiche Abwick-lung maßgeschneiderter Großaufträge mit langen Laufzeiten, hoher Komplexität, starker Risiken und der Koordination vieler Partner. Zur Begrenzung und Kontrolle der Risiken beginnen die Firmen bereits in der Vergabephase mit einer gründli-chen Risikoanalyse und setzen diese auch projektbegleitend fort. Bei der Siche-rung der angestrebten Ergebnisse und der Risikobegrenzung spielt auch das Claimsmanagement eine nicht zu unterschätzende Rolle. Folgerichtig hat der Großanlagenbau seine Fähigkeiten im Projekt-, Risiko- und Claimsmanagement in der Vergangenheit ausgebaut und wird auch in Zukunft in die Weiterentwicklung dieser Disziplinen investieren.

Steigernder Aufwand zur Qualitätssicherung im Einkauf Die Sicherung der Qualität im Einkauf entwickelt sich mehr und mehr zum erfolgs-kritischen Faktor, nicht nur für aus- sondern auch für inländische Zukäufe. Als Ge-neralunternehmer trägt der Anlagenbauer in der Regel das volle, mit der termin- und qualitätsgerechten Lieferung der Anlage verbundene Risiko. Die Verkürzung der Abwicklungszeiten an die Grenze des Möglichen sowie die verschärfte Pönali-sierung vertraglich vereinbarter Leistungen und Termine haben dieses Risiko in den letzten Jahren stark anschwellen lassen, ohne dass der Anlagenbauer es pro-portional an Zulieferer hätte weitergeben können. Erschwert wird die Situation durch eine nachlassende Qualitäts- und Termintreue selbst zertifizierter Lieferan-ten im Inland. Das Vertrauen des Großanlagenbaus in die Qualitätszertifizierung seiner Zulieferer hat mithin merklich nachgelassen. Um ihre Qualitäts- und Abwick-lungsstandards dennoch zu halten, haben die Anlagenbauer mit dem Ausbau ei-gener Inspektions- und Terminverfolgungsmaßnahmen bei Zulieferern reagiert. Die Gründe für die gesunkene Qualitäts- und Termintreue liegen in dem generell auf dem Weltmarkt gestiegenen Termin- und Kostendruck sowie der Häufung von Änderungen nach Abschluss der Spezifikationsphase, in zunehmenden, insbeson-dere auch ausländischen Untervergaben der Zulieferer ohne entsprechendes Pro-jektmanagement und nicht zuletzt in dem mit dem Personalabbau im Inland ein-hergehenden Wissensverlust.

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

Modularisierung und Standardisierung Ein weiterer Hebel zur Kostensenkung und Produktivitätssteigerung liegt in der Modularisierung und Standardisierung der Anlagen, ihrer Teile und der Leistungendes Anlagenbauers. Zwar sind diesen Bestrebungen durch die Individualität des Geschäftes Grenzen gesetzt, jedoch hat die Branche hier in der Vergangenheit deutliche Erfolge erzielt und wird auch in Zukunft noch Potenziale nutzen.

Wettbewerbssituation und Weltmarktposition des deutschen Großan-lagenbaus

AbgrenzungDie in der Weltmarktanalyse der Arbeitsgemeinschaft Großanlagenbau berücksich-tigten Anlagentypen sind großindustrielle Produktionsanlagen zur Herstellung von Grundstoffen und Energie. Wichtige Produkte sind u.a. Kraftwerke, Chemieanla-gen, Hütten- und Walzwerke, Zementanlagen, Zellstoff- und Papieranlagen, Luft- und Gasverflüssigungsanlagen sowie Anlagen zur Herstellung von Halbleitern. Nicht berücksichtigt sind die Bauindustrie (Hoch- und Tiefbau), der Schiff- und Werftenbau, die Rüstungsindustrie sowie sogenannte Upstream-Anlagen zur För-derung von Öl und Gas.

Weltmarktanteile des deutschen Großanlagenbaus Das Weltmarktvolumen für Neuanlagen und Kapazitätserweiterungen entspre-chend dieser Gliederung liegt nach Umsatzzahlen im Durchschnitt der letzten fünf Jahre zwischen 150 und 175 Milliarden Euro jährlich. Der Anteil deutscher Anbie-ter, inklusive ihrer ausländischen Tochtergesellschaften, bewegt sich in einer Spanne von 15 bis 20 %. Die Weltmarktanteile der einzelnen Teilbranchen sind dabei sehr unterschiedlich. So liegen die Quoten beispielsweise im Zement- und Papieranlagenbau, im Hütten- und Walzwerksbau sowie im Bau von Wasserkraft-werken darüber, im Kraftwerks- und Petrochemieanlagenbau innerhalb dieser Bandbreite und im Bau von Anlagen für die Pharmaindustrie, für die Erdölverarbei-tung und für die Nahrungsmittelindustrie deutlich darunter. Im Rekordjahr 2005 hat die überwiegende Zahl der Mitglieder der Arbeitsgemein-schaft ihre Weltmarktposition gehalten. Etwa ein Drittel der Anlagenbauer haben ihren Weltmarktanteil sogar ausgebaut, insbesondere im verfahrenstechnischen Bereich.

HauptwettbewerberDie Hauptwettbewerber des deutschen Anlagenbaus kommen aus den Industrie-ländern USA, Japan und Westeuropa. In Westeuropa spielen vor allem französi-sche sowie italienische Anbieter, ferner skandinavische und schweizerische eine bedeutende Rolle. Weitere nennenswerte Wettbewerber sind in Südkorea und mittlerweile auch in China zu finden.

Technologietransfer und Verletzung geistiger Eigentumsrechte in China Der immense, in der Volksrepublik geforderte Technologietransfer durch Doku-mentation, Schulung oder Partnerschaften hat dazu beigetragen, dass chinesische Anbieter sich zu ernst zu nehmenden Wettbewerbern auch außerhalb ihres Hei-matmarktes entwickeln. Betroffen sind insbesondere der Chemie- und der Ze-mentanlagenbau in den Märkten Süd- und Südostasien aber auch im Nahen und Mittleren Osten und sogar in der EU. Nach wie vor spielen in diesem Zusammenhang massive Verletzungen geistiger Eigentumsrechte eine tragende Rolle. Die Bekämpfung der Produkt- und Marken-piraterie in China hat auch nach dem WTO-Beitritt bei weitem noch nicht den poli-tischen Stellenwert erreicht, der ihr zusteht. Die Unternehmen der Arbeitsgemein-schaft sind daher zu einer Verschärfung ihres Innovationstempos oder gar zu

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

Marktverzicht gezwungen, wenn sie ihren technologischen und technischen Vor-sprung halten wollen. Verzicht ist für die meisten Anbieter auf Grund der Potenzia-le Chinas jedoch keine sinnvolle Option. Daher führt an einer Verstärkung des poli-tischen Drucks auf die chinesische Regierung kein Weg vorbei.

Weltmarktanteile nach Regionen Eine grobe Schätzung der Anteile einzelner Länder und Regionen am Weltmarkt für Großanlagen zeigt folgende Abbildung:

Weltmarkt für GroßanlagenAngaben in Prozent

Fläche für Grafik Fläche für Grafik

Quelle: Arbeitsgemeinschaft Großanlagenbau

USA25%

Westeuropa (ohne D)

22%Deutschland

18%

Japan15%

Übrige Welt20%

Weltmarktvolumen 2003:ca. 150 Mrd. Euro

Exkurs: Chancen des Anlagenbaus in Osteuropa

Ost-Engagement zur Behauptung der WettbewerbsfähigkeitDas Engagement in Osteuropa ist für die deutschen Maschinen- und Anlagenbau-er ein strategischer Faktor bei der Behauptung ihrer Wettbewerbsfähigkeit gewor-den. Räumliche Nähe und attraktive Fertigungsmöglichkeiten sind die wesentli-chen Gründe für die zunehmende Nutzung der Standortvorteile der Region. Die Palette reicht hierbei vom Aufbau einer Zulieferbeziehung bis zur eigenen Produk-tionsstätte. Weiterhin nutzen die Unternehmen verstärkt das vorhandene Potenzial an gut ausgebildeten Ingenieuren zu vergleichsweise niedrigen Löhnen für Anpas-sungskonstruktionen oder im Bereich Forschung und Entwicklung.

Import: Teile und Komponenten überwiegenDer Schwerpunkt der deutschen Importe aus den neuen EU-Mitgliedsländern liegt bei Teilen und Komponenten. Sie machten 2003 zusammengenommen rund 75 % des Importvolumens von insgesamt 4,7 Mrd. € aus. Auf Komplettmaschinen entfie-len lediglich 25 %. Die seit Jahren steigenden Zulieferungen stammen vorrangig aus Tschechien, Ungarn und Polen. Der Wegfall von Handelshemmnissen und Grenzkontrollen im Warenverkehr nach dem EU-Beitritt hat die Einfuhr deutlich vereinfacht und die Planbarkeit von Lieferzeiten erhöht.

Gründliche Vorbereitung erforderlich Beim Aufbau einer Zulieferbeziehung dürfen die attraktiven Lohnkosten nicht iso-liert betrachtet werden. Bei den Kalkulationen sind die niedrigere Produktivität, An-laufkosten, zusätzlicher Kontrollaufwand, erhöhte Lohnkosten für entsandte Mitar-beiter, zusätzliche Reise- und Transportkosten sowie Schulungskosten, vor allem im Managementbereich, zu berücksichtigen.

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

Jedes Engagement sollte gründlich durch eine sorgfältige Überprüfung des Ge-schäftspartners und einen persönlichen Besuch seines Unternehmens vorbereitet werden. Nur so lässt sich ein umfassender Einblick in Fertigungsmöglichkeiten und Produktqualität gewinnen. Dieser erste Eindruck muss im zweiten Schritt mit Pro-beaufträgen geprüft werden.

Beachtliches Exportpotenzial Osteuropa bietet über Einkaufvorteile hinaus auch interessante Absatzmärkte mit beachtlichem Wachstum. Wirtschaftsexperten prognostizieren einen deutlichen Anstieg der Kaufkraft in den neuen EU-Mitgliedstaaten, und auch die russische Wirtschaft wächst auf anhaltend hohem Niveau. Mit 52 % an der gesamten Branchenausfuhr von 7,4 Mrd. € (2003) dominieren Komplettmaschinen und –anlagen die deutschen Maschinenbauexporte in die neu-en osteuropäischen EU-Länder. Vornehmlich sind dies Maschinen und Anlagen zur Herstellung von Zulieferprodukten, die wiederum für Kunden in den alten Mit-gliedstaaten bestimmt sind.

Kostenmotiv entscheidend für DirektinvestitionenBereits heute sind viele deutsche Maschinen- und Anlagenbauer mit Produktionen in Osteuropa vertreten. Bis Ende 2002 betrug der Direktinvestitionsbestand der Branche fast 800 Mio. € allein in Polen, Tschechien und Ungarn, wovon ein we-sentlicher Teil auf Produktionsanlagen entfällt. Die Investoren sind nicht nur Groß-unternehmen. Gerade auch mittelständische Betriebe nutzen die räumliche Nähe zum Markt, die sowohl kurze Lieferwege als auch eine enge Kontrolle des lokalen Managements gewährleistet. Generell können deutsche Unternehmen ihre Hei-matstandorte häufig nur durch weitere Investitionen im kostengünstigeren Ausland sichern. Neben das Marktmotiv tritt deutlich das Kostenmotiv.

Russland mit attraktive PerspektivenNeben den EU-Beitrittsländern pflegt der deutsche Maschinen- und Anlagenbau in Osteuropa seit langem auch intensive Beziehungen zu Russland, das mit einem anhaltend starken, vornehmlich durch die hohen Weltmarktpreise für Rohstoffe ge-triebenen Wirtschaftswachstum zunehmend interessante Kooperationsmöglichkei-ten bietet. Über den Rohstoffsektor hinaus haben inzwischen auch der Konsum und vor allem die Investitionen an Fahrt gewonnen. Abgesehen von diesen welt-marktbedingten Exporterfolgen sollte auch nicht übersehen werden, dass Präsi-dent Putin seit seinem Amtsantritt enorme Strukturreformen in die Wege geleitet hat.Deutschland ist nach wie vor der wichtigste Maschinen- und Anlagenlieferant Russlands. Die deutschen Branchenexporte stiegen 2003 auf über 2,3 Mrd. €. Ne-ben dem Absatzaspekt denken zahlreiche Unternehmen inzwischen auch über die Erschließung von Kostensenkungspotenzialen durch Gründung einer lokalen Fer-tigung oder Montage nach. Erste Betriebe sind bereits in der konkreten Umset-zungsphase.

Ausarbeitung einer Osteuropa-Strategie nötig Die Bedeutung Osteuropas für Absatz, Beschaffung, Kooperationen und Investitio-nen wird auch zukünftig weiter zunehmen. Um die Möglichkeiten optimal zu nut-zen, ist eine auf das individuelle Unternehmen ausgerichtete Strategie auszuarbei-ten und deren Umsetzung sorgfältig zu planen.

Fazit

Der deutsche Großanlagenbau hat 2005 ein Rekordergebnis eingefahren und blickt optimistisch in die Zukunft. Mit seinen traditionellen Stärken, wie dem Ange-bot technologisch führender, kundenspezifischer Gesamtlösungen mit niedrigen Lebenswegkosten, Qualitäts- und Termintreue sowie verbindlicher Preispolitik, mit dem weiteren Ausbau seiner methodischen Kompetenzen in der Logistik sowie im

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

Projekt- und Risikomanagement und mit der fortlaufenden, flexiblen Optimierung der international verteilten Wertschöpfung wird er auch weiterhin seine führende Weltmarktposition behaupten.

Daten und Fakten zum Großanlagenbau

Auftragseingang im Großanlagenbau 1970 bis 2004

Auftragseingang im Großanlagenbau 1970 bis 2004in Mrd. Euro

Fläche für Grafik Fläche für Grafik

Quelle: Arbeitsgemeinschaft Großanlagenbau

0

2

4

6

8

10

12

14

16

18

20

1970 1972 1974 1976 1978 1980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004

Insgesamt

Ausland

Inland

Gesamt-Auftragseingang 4/2004 bis 3/2005 in Mio. €

Quartal Ausland Inland Insgesamt Auslandsanteil (in %)

4/2004 3.640 651 4.291 85

1/2005 4.212 917 5.129 82

2/2005 4.287 1.252 5.540 77

3/2005 4.835 1.026 5.861 82

Gesamt 16.974 3.846 20.821 82

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

Gesamt-Auftragseingang 1/2004 – 3/2005

Gesamt-Auftragseingang 1/2004 bis 3/2005in Milliarden Euro

Fläche für Grafik Fläche für Grafik

Quelle: Arbeitsgemeinschaft Großanlagenbau im VDMA

1,10,7 0,7 0,7 0,9

1,3 1,0

3,8

3,4 3,4 3,6

4,2

4,3 4,8

0,0

1,0

2,0

3,0

4,0

5,0

6,0

1/2004 2/2004 3/2004 4/2004 1/2005 2/2005 3/2005

AuslandInland

Gesamt-Auftragseingang nach Anlagenarten

2003 2004

Anlagenarten in Mio. € Anteil in % in Mio. € Anteil in %

Kraftwerke 5.522 33,7 5.281 30,3

Hütten- und Walzwerke 1.637 10,0 2.582 14,8

Chemieanlagen 2.082 12,7 1.246 7,1

Elektrotechnische Ausrüstungen 928 5,7 1.132 6,5

Papier- und Zellstoffanlagen 562 3,4 804 4,6

Bau- und Baustoffanlagen 285 1,7 646 3,7

Rohstoffgewinnung und –aufbereitung 239 1,7 602 3,5

Luft- und Gasverflüssigungsanlagen 718 4,4 576 3,3

Gaserzeugungsanlagen 537 3,3 569 3,3

Holzbe- und -verarbeitung 98 0,6 221 1,3

Sonstige Anlagen 1.112 6,8 1.036 5,9

Ersatzteil- und Kleinaufträge 2.474 15,1 2.746 15,7

Insgesamt16.372 100 17.441 100

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

Gesamt-Auftragseingang

Gesamt-Auftragseingang nach Anlagenarten 2004

Fläche für Grafik Fläche für Grafik

Quelle: Arbeitsgemeinschaft Großanlagenbau im VDMA

Kraftwerke30%

Ersatzteil- undKleinaufträge

16%

Chemieanlagen7%

Elektrotechnik6%

Anlagen zurPapierherstellung

5%

Hütten- undWalzwerke

15%

Sonstige Anlagen17%

Baustoffanlagen4%

Danksagung

Der Autor dankt Frau Yvonne Blässer, VDMA Außenwirtschaft, und Herrn Klaus Gottwald, VDMA Arbeitsgemeinschaft Großanlagenbau, für ihre freundliche Unter-stützung der Kapitel „Chancen des Anlagenbaus in Osteuropa“ bzw. „Weltmarkt Großanlagenbau“ sowie „Daten und Fakten zum Großanlagenbau.

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02. März 2006

ImpulsvortragAnlagenbau der Zukunft

»Anforderungen an denAnlagenbau aus Sicht derBASF«

Dr. Stefan Robert Deibel,BASF AG

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Angaben zur Person

Dr.-Ing. Stefan Robert Deibel

derzeitige Funktion President, Competence Center Corporate Engineeringin Firma BASF Aktiengesellschaftweitere Funktionen

kurzer Werdegang 1979-1982 Studium Verfahrenstechnik an der RWTHAachen (Dipl.-Ing.TU) 1983-1988 Tätigkeit bei Procter & Gamble GmbH Dtl. Parallel zur beruflichen Tätigkeit promovierte er 1988 zum Dr. Ing. als Externer an der RWTH Aachen. 01/1989 Eintritt in den Zentralbereich Ingenieurtechnikder BASF AG; 07/1996 Leiter der Unterabteilung Inge-nieurbüro P der Betriebswerkstätten; 08/1998 Leiter des Projektes „Umsetzung von Großinvestitionen am Standort Geismar“ in der Einheit Technical Engineering Services, BASF Corporation; 07/2001 Senior Vice Pre-sident der Projektabteilung A in der Globalen Ingenieur-technik 04/2003 President, Competence Center Corpo-rate Engineering

Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

Anforderungen an den Anlagenbau aus Sicht der BASF

Dr. Stefan Robert Deibel BASF Aktiengesellschaft Corporate Engineering GI – Q 920 67056 Ludwigshafen Tel.+49-621-60-73001, Fax+49-621-60-73005 E-Mail: [email protected]

Die globale Ingenieurtechnik GI der BASF plant und baut Anlagen für die opera-tiven Unternehmensbereiche, Tochtergesellschaften und respektiven Joint Ven-tures der BASF Gruppe. Dabei werden je nach Konjunkturzyklus zwischen 1 und 1.5 Milliarden € pro Jahr umgesetzt. GI nimmt im Wesentlichen die Rolle des soge-nannten Owners Engineer wahr, dass heißt die Konzeptplanung (Requirement En-gineering) und die Überwachung des Detailed Engineering sowie die Steuerung der globalen Beschaffung und die Überwachung der Montage werden mit eigenen Mitarbeitern ausgeführt. Das Detailed Engineering, die Ausführung der Beschaf-fung, die Beauftragung der Montage-Subunternehmen erfolgt häufig über die soge-nannten EPC (Engineering, Procurement, Construction) Kontraktoren, die bei den größeren Projekten mit unterschiedlichen den Projekterfordernissen angepassten Vertragsmodellen kontrahiert werden. Somit kommt GI auf einen Outsourcing Grad von ca. 60 % aller Ingenieursleistungen.

Technologie- und Kostenführerschaft sind die wesentlichen Zielrichtungen bei der Planung und Abwicklung der GI-Projekte, wobei die Qualitätssicherung ein wich-tiger Baustein ist.

In der Konzeptionsplanung werden das Verfahren, der Standort, die anzuwenden-den Standards und das Prozessführungskonzept kritisch aus Sicht der Lebens-zyklusgesamtkosten hinterfragt. Dazu wird ein bei GI entwickeltes Value Improving Practice Programm mit 13 Meilensteinen abgefahren.

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

Corporate Engineering CompetitiveEngineering

Value Improving Best Practices bei GIfür Großprojekte - VIP@GI™

ExecutionStrategy

&Risk

Assessment Construction,Commissioning

& Start-up

TechnicalStandards

Function,Cost

&Risk

AnalysisUnit

Concept&

Maintenance Strategy

Process Control& Oper. Mgmt

3 41Project

ObjectivesProject

Definition ECP Deliverables

Optimierung„Total Cost of Ownership“

Reduktion Investitionskosten

Wer

tsch

öpfu

ngs-

Hebe

l

2Process

Definition

ProcessOptimization

Energy& Wastes

Logistics& Site

Project & Site Classification

Proje

ct Ca

tcher

3D Model

P&ID

Das ebenfalls bei uns entwickelte i-TCN@GITM (Intelligent Total Cost Minimization Programm) beschleunigt die Konzeptfindung im Hinblick der Kostenführerschaft. Basis sind nicht massen- und energiestrombezogene Verfahrensfließbilder, son-dern monitär bewertete flow charts.

Corporate Engineering CompetitiveEngineering

i-TCM@GI™ (Intelligent Total Cost Minimization)Value Based Conceptual Process Design

ProzessSimulationBetriebsdaten/Erfahrung

Equipment Design Kostendatenbanken

EffektiveOptimierungs-algorithmen

Ziel: Minimierung der Gesamtkosten

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

Corporate Engineering CompetitiveEngineering

Feeds [€/a]

i-TCM@GI™ - Umsetzung

Utilities [€/a]

Abgas [€/a] Abfälle [€/a] Nebenkomponenten [€/a]

Produkte (fixiert)ISBL

Investitionskosten simultanermittelt- Equipmentgrößen- Equipmentkosten [€]

(KOSDIASplus)

Rigorose Minimierung der Gesamtkosten= Summe fixe Kosten/Abschreibungsdauer + variable Kosten

Die Nahtstelle zur Forschung ist damit natürlich sehr fließend konzipiert. Generell planen wir fast immer Unikat-Anlagen, weil auch bei schon vorhandenen Prozes-sen Betriebserfahrungen und der neueste Stand der Technik einfließen. Dadurch erreichen wir auch die Technologieführerschaft. Bei der Abwicklung des Projektes konzentrieren wir uns auf die Qualitätssicherung und Einhaltung von Terminen so-wie Kosten. Bei dem Einsatz eines EPC-Kontraktors wählen wir aus einem modu-lar aufgebauten Basisvertrag die Bausteine aus, die am besten zu den Bedürfnis-sen des Projektes passen.

Corporate Engineering CompetitiveEngineering

“GESETZLICH”(„was ist zu machen")

“TECHNISCH”(„das Projekt")

Vertrags-form “DAS VERTRAG”

Vertrags-bedingungen

Aufteilung der ArbeitenSchnittstellendefinition

Vertrags-anhänge

“PROJEKT MANAGEMENT”(”wie ist es zu machen")

Festlegung der Beschaffungsstrategie

Modular aufgebauter Vertragstext

Legt fest, welche Anteile durch Owner beschafft werden

Varianten :Lump Sum, Reimbursable, TargetPerformance Arrangement

GRT

GI

Struktur eines EPC-Vertrages

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

Daraus ergibt sich eine Abwicklungsstrategie, die die unterschiedlichsten Ver-tragsmodelle, angefangen von Reimbursable bis hin zu Lump Sum Turn Key, er-lauben. Bevorzugt wird das Target Performance Arrangement mit Incentive Sche-me, welches am besten die Ziele eines Kontraktors und des Owners vereint.

Corporate Engineering CompetitiveEngineering

Strategie für die Projektausführung

Basic EngineeringHauptsächlich Ausführung durch

Partnerfirmen +Owner’s Management durch die BASF

Produkt- undProzess-

entwicklungInbetrieb-

nahme

Konzeptions-planung

ErweiterteKonzeptions-

planung

Detailplanungund

Einkauf Montage

Pote

nzia

l zur

Ver

bess

erun

g

Aus

gabe

n fü

rSc

ope-

Änd

erun

gen

Kreative Planung & Optimierung Ausführung & Management

Projektdauer

Vertragsstrategie &EPC-Verträge

EPC-Vertrag

Den Beschaffungskosten und dem damit mit einem Projekt gebundenen Kapital wird besondere Aufmerksamkeit gezollt. Grundsätzlich beschaffen wir Dienst-leistungen und Ausrüstungsgegenstände global. Wir pflegen dazu mit dem Market Intelligence Programm eine strukturierte Datenbank über die verschiedenen An-bieter in den diversen Regionen. Sie wird permanent mit den Projekterfahrungen aktualisiert. Die Erfahrung zeigt, dass die osteuropäischen Dienstleister gute Chancen haben.

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

Corporate Engineering CompetitiveEngineering

BASF

AG

als Kontraktor als Subkontraktor

nein • Montage

• Montagezusatzgewerke

Leistungen in der BASF

Leistungen außer der BASF

• Detailplanung

• Vorfertigung

In Deutschland In Ost-Europa

Erfahrung mit OsteuropErfahrung mit Osteuropääischen ischenLieferanten von den neuen EULieferanten von den neuen EU--LLäändernndern

Beschaffung von Dienstleistungen in Billigpreisländern (fokussiert auf Ost-Europa)

• BASF AG hatte schon vor 2004 positive Erfahrungen bei der Beschaffung von Dienst-leistungen in Ost-Europa (der osteuropäische Dienstleister war immer ein Subkontraktor).

• Unsere Erfahrungen sind gute Qualifikation, Motivation und Leistung.

• Außerhalb von Deutschland und Österreich gibt es für osteuropäische Dienstleister seit 2004 überall in Europa Dienstleistungsfreiheit (auch für Montagedienstleistungen).

• Für die Montage ist, aufgrund der noch immer geltenden Staatsverträge, die Anzahl der osteuropäischen Arbeiter in Deutschland und Österreich an Quoten gebunden. Bisher stellte dies für unsere Partnerfirmen keine Schwierigkeiten dar.

• Für Subsegmente, wie Wärmeschutz und Gerüstbau, haben viele Kontraktoren schon eine Vorfertigung in Ost-Europa.

Corporate Engineering CompetitiveEngineering

Erfahrung mit dem osteuropäischen Belieferungsmarkt

Niedrige Arbeitskosten

Hohes Ausbildungsniveau

Lieferanten mit guter Produktqualität

Massenproduktion und hohe Kapazitäten

ASME- und DIN-normen teilweise gut bekannt

Teilweise sehr gute Transportverbindungen mit den Seehäfen

Kontraktoren benutzen bereits diesen Belieferungsmarkt

+

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

Corporate Engineering CompetitiveEngineering

Erfahrung mit dem osteuropäischen Belieferungsmarkt

Niedrigere Produktivität

Entfernung zwischen BASF und Dienstleister

Geringe Kenntnis von Fremdsprachen (Englisch, Deutsch)

Teilweise intensive Unterstützung bei der Qualitätssicherung erforderlich

Die meisten Lieferanten von Apparaten verwenden vor allem unlegierten Stahl

Niedriges Einsparpotential für Edelstahlmaterialien

Die Unternehmen sind teilweise staatseigen

-

Um gerade die noch nicht so bekannten und renommierten Hersteller, die dann noch besonders wettbewerbsfähig sind, direkt nutzen zu können, haben wir mit dem Einkauf Zertifizierungsteams gebildet, die dann vor Ort auf Basis unserer ei-gens entwickelten risikobasierten Qualitätssicherung die notwendigen Über-wachungen sicherstellen und auch Hilfeleistungen gewähren. Somit haben wir eine ganze Reihe indischer Hersteller der 2. Garde zu exzellenten Anbietern entwickelt.

Die Qualitäts-Surveillance, wie wir sie nennen, spielt eine wesentliche Rolle bei der Abwicklung.

Corporate Engineering CompetitiveEngineering

Qualitätssicherung für GI-Projekte

Auditierung der eigenen Basic Engineering Unterlagen

Review Check (RC) Vollständigkeit der erforderlichen Dokumentationen

Plausibility Check (PC) Größe der Prozessdaten

Consistency Check (CC) Übereinstimmung von den korrespondierenden Daten in den unterschiedlichen Dokumenten

Revision Check (RC) Konsistente Nutzung von Revisionstechniken

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

Corporate Engineering CompetitiveEngineering

Qualitätssicherung für EPC-Projekte (1)

Anforderungen an den EPC-Vertrag

Zugriff zu allen Dokumenten und Informationen verbunden mit Detailplanung, Herstellung und Konstruktion

Zugriff auf alle Informationen der Herstellungs- und Montage-terminpläne

Zur Verfügungstellung aller Informationen auf spezielle Anforderung

Vereinbarte Regelungen für Abhilfemaßnahmen bzw. Reparaturenbei Mängeln

Qualitätsincentive / -malus System für EPC-Kontraktoren

Corporate Engineering CompetitiveEngineering

Risikobasiertes Qualitätssicherungssystem (RisQ) während der Abwicklung

Der Auftrag ist :Die Qualitätssicherungssysteme des EPC-Kontraktors auf einer flexiblen Basis zu bewerten und zu überwachen:

Fokussierung der Aktivitäten des BASF-Personals auf die kritischen Themen

Prüfungen mit einem Stichprobenverfahren

Bewertung der Effektivität der Arbeit des Kontraktors

Qualitätssicherung der Detailplanung und der Montage des Kontraktors

Qualitätssicherung für EPC-Projekte (2)

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

Corporate Engineering CompetitiveEngineering

Herstellerauswahl

Herstellerauditierung

Apparatespezifikation

Entwurfsprüfung

Fertigungskontrollen

Eingangskontrollen

Lieferantenbeurteilungssystem

QS-Beschaffung Maschinen und ApparateGrundkonzept

Corporate Engineering CompetitiveEngineering

Reifegrad Techniketabliert, Betriebserfahrung vorhandenNeuentwicklung, Auslegung im Grenzbereich

VerfügbarkeitAusfall tragbar?

FertigungstechnikStandarderhöhte Anforderung (z.B. Sonderwerkstoffe)

Sicherheit/Umweltgesetzliche Vorgaben erhöhte Arbeitssicherheit (gefährliche Medien)Auflagen aus Sicherheitsbetrachtungen

QS-Beschaffung Maschinen und Apparate Risikobasierte Qualitätssicherung

Lieferantenauswahl und QS-Maßnahmen angepasst an Kritikalitätseinstufung auf Basis objektiver Beurteilungskriterien:

Wir garantieren damit unseren Auftraggebern, dass die Qualität und damit Funk-tionalität aller Komponenten einer Anlage sichergestellt werden. Diese Aufgabe wird um so wichtiger, da viele Kontraktoren, aber auch viele Mittelständler, qualifi-ziertes technisches Personal nicht mehr richtig pflegen und vermehrt durch Juris-ten und MBA`s ablösen, so dass wir bei einfachsten Ausrüstungsgegenständen auch bei renommierten westlichen Firmen Bauchlandungen erleben. Es ist hier anzumerken, dass die Arbeitshaltung zu Qualität und Funktionalität bei asiatischen

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

Firmen und Herstellern wesentlich ausgeprägter ist als bei den meisten westlichen Anbietern. Die Asiaten wollen ein Verhältnis, eine Partnerschaft aufbauen und pfle-gen, während es vielen westlichen Unternehmungen mehr um den „Deal“ geht.

Wie wichtig ein gutes Owners Engineering ist, zeigt der Erfolg unseres 2.9 Milliar-den $ petrochemischen Komplexes in Nanjing, der mit unserem chinesischen Part-ner exzellent abgewickelt wurde.

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02. März 2006

ImpulsvortragAnlagenbau der Zukunft

»Osteuropa – Chancen fürdie chemische Industrie,Optionen für Infrastruktur-dienstleister«

Andreas Hiltermann,InfraLeuna Infrastruktur und Service GmbH

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Angaben zur Person

Dipl.-Kfm. Andreas Hiltermann

derzeitige Funktion Geschäftsführerin Firma InfraLeuna Infrastruktur und Service GmbH weitere Funktionen Vorstandsmitglied Arbeitgeberverband Nordostchemie

Vorstandsmitglied VCI Vorstandsmitglied Fachvereinigung Chemieparks

kurzer Werdegang 1975 - 77 Kernforschungsanlage GmbH Jülich Stab Vorstand 1977 - 81 Unternehmensgruppe Streif Organisation und Datenverarbeitung 1981 - 96 VAW AG-Gruppe verschiedene Funktionen zuletzt Kaufmännischer Geschäftsführer seit Mai 1997 Geschäftsführer der InfraLeuna

Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

Osteuropa – Chancen für die chemische Industrie Optionen für Infrastrukturdienstleister

Andreas Hiltermann InfraLeuna Infrastruktur und Service GmbH Am Haupttor 06237 Leuna Tel. 03461-433001, Fax: 03461-434290

Einführung

Die Entwicklung der osteuropäischen Chemiestandorte ist nicht erst seit deren EU-Beitritt und den damit einhergehenden Fördermöglichkeiten für diese Länder im Mittelpunkt des Interesses. Die Bevölkerungszahlen einerseits sowie die Ressour-cen insbesondere in Russland andererseits machen Osteuropa zu einem interes-santen Markt für chemische Produkte.Die folgenden Betrachtungen reflektieren hauptsächlich die Entwicklung am Stand-ort Leuna in den vergangenen zehn Jahren, wobei aufgrund der Größe und der Spezifik des Standortes von einer Allgemeingültigkeit der Folgerungen in Bezug auf die Chemieindustrie in Ostdeutschland ausgegangen werden kann.

Zieht man den Anlagenbau als Indikator heran, muss für die jüngere Vergangen-heit ein erheblicher Bedeutungsverlust Osteuropas für die chemische Industrie konstatiert werden. Da China und die arabische Region derzeit erhebliche Mittel binden, finden sich für Osteuropa trotz guter Entwicklungschancen kaum Investo-ren. Die Investitionsaktivitäten der chemischen Industrie in den Ländern Osteuro-pas ist sogar noch geringer als in den Industriestaaten selbst. Der notwendige Aufholprozess dürfte sich damit weiter verzögern.1

Leuna und die InfraLeuna

Leuna ist heute wieder der größte ostdeutsche Chemiestandort und einer der am modernsten ausgebauten Verbundstandorte in Westeuropa. Nachdem Anfang der neunziger Jahre die generelle Entscheidung zum Erhalt der ostdeutschen Chemie-industrie getroffen worden war, fand in Leuna ein tief greifender Prozess der Um-gestaltung statt. Neben der Überführung in eine Aktiengesellschaft wurden schritt-weise kleine und unrentable Anlagen abgestellt. Nach der Ausgliederung von nicht zur Chemie gehörenden Bereichen (Wohnungswirtschaft, Betriebsferienheime, di-verse soziale Einrichtungen) suchte man Partner für die Privatisierung des gesam-ten Standortes. Aufgrund der Produktvielfalt (über 700 Produkte) und der durch die Abschaltungen ausbleibenden Verbundeffekte sowie nicht zuletzt aufgrund des schlechten Zustandes der meisten Anlagen gelang es nicht, den Standort als Gan-zes an einen Partner zu verkaufen. Als gangbar erwies sich dann die Lösung, Teil-bereiche und einzelne Produktionsanlagen herauszulösen und separat zu verkau-fen. Über MBO, MBI sowie direkte Verkäufe gelang dann die Privatisierung des Standortes. Im Zuge der Modernisierung und des Rückbaus von Anlagen musste auch die Infrastruktur den laufenden und zukünftigen Anforderungen angepasst werden. Hierzu gründete man die InfraLeuna, deren Aufgabe es ab 1996 war, die-sen Prozess zu führen. Die wohl größte Herausforderung dabei war und ist es, sowohl in Zeiten des Rückbaus wie auch für die beginnende Expansion des Standortes eine jederzeit bedarfsgerechte und effiziente Struktur zur Verfügung zu stellen, die im Wettbewerb mit vollständig besiedelten Standorten in Westeuropa konkurrieren kann. Neben der Versorgung mit den typischen Medien gehört es da- 1 ChemManager 22/2005, S. 10

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

her zu den Kernaufgaben der InfraLeuna, die strategische Entwicklung des Stand-ortes voranzutreiben und gemeinsam mit den Unternehmen vor Ort die Zukunfts-fähigkeit chemischer Produktion in Leuna zu sichern.

Entwicklung der Standorte in Ostdeutschland

Die Transformation der ostdeutschen Chemieindustrie lässt sich nur in Teilberei-chen mit Leuna vergleichen. Nach einer Analyse der gesamten Branche wurden eine Reihe kleinerer und erwartungsgemäß unrentabler Standorte vollständig ge-schlossen. Für die größeren Standorte (bspw. Schkopau, Bitterfeld-Wolfen, Schwedt, Schwarze Pumpe) lassen sich etwa drei Strategien der Privatisierung er-kennen, die jede für sich bis heute erfolgreiche Geschäftsmodelle darstellen:

1. gesamte Privatisierung des Standortes an ein Unternehmen; Geschlosse-ner Chemiepark; Betreiber des Standortes ist dessen größter Nutzer (Va-lue-Park-Konzept, Schkopau, Dow Chemicals; Schwarze Pumpe, BASF)

2. Teilprivatisierung des Standortes an mehrere Nutzer; Einbindung der Kommunen in die Versorgung; Offener Chemiepark; Betreiber des Stand-ortes hält Kernfunktionen und koordiniert die Versorgung (PD-Chemiepark Bitterfeld-Wolfen, Preiss-Daimler-Gruppe)

3. Teilprivatisierung des Standortes an mehrere Unternehmen, Geschlosse-ner Chemiepark, unabhängige Betreibergesellschaft (Leuna, InfraLeuna)

Alle Konzepte setzen unterschiedliche Schwerpunkte in ihrer Entwicklung und las-sen so eine singuläre Vorteilhaftigkeit nicht erkennen. Während im Fall des Value-Park-Konzeptes ausschließlich Nachverarbeiter des größten Einzelnutzers und Hauptproduzenten angesiedelt werden, stehen Parks wie in Bitterfeld-Wolfen auch für Unternehmen offen, die nicht unmittelbar chemische Infrastrukturen benötigen. Im Fall von Leuna fokussiert man auf den Ausbau der Verbundeffekte und die Effi-zienzsteigerung über gut ausgebaute Wertschöpfungsketten.Anzeichen für eine unterschiedliche Wettbewerbsfähigkeit eines oder mehrerer dieser Modelle lassen sich im Moment nicht erkennen.

Situation in Osteuropa

Die Privatisierung der Standorte in Osteuropa ist bisher unterschiedlich vorange-schritten. Speziell in Polen und der Tschechischen Republik, zwei Ländern mit ho-her Affinität zu Westeuropa, stockt die Privatisierung. Als Hindernisse kann man eine noch unklare strategische Linie der staatlichen Eigentümer sowie die partiku-laren Interessen von Investoren ausmachen. Vor allem in Polen gibt es derzeit kei-ne klare Strategie zur Standortprivatisierung, an der sich westliche Investoren ori-entieren können. Neben der Überlegung, die Standorte mit oder ohne die Raffinerien zu privatisieren behindert die Indifferenz zwischen Privatisierung, Schutz der Arbeitsplätze und der Einflusssphären des Staates den zügigen Über-gang. Neben einer schnellen Konsolidierung der Standorte wäre hier der Rückzug des Staates ein deutliches Signal hin zu einer marktgerechten Profilierung der verbleibenden Zentren.Das Ziel der polnischen Regierung, über staatliche Beteiligungen in der Grund-stoffchemie einen signifikanten Einfluss zu erhalten, lässt ausländischen Investo-ren oft nur den Weg in die Petrochemie offen. Angesichts der Marktchancen und der in Osteuropa relativ guten Situation der polnischen Kunststoffindustrie ist dies sicher nicht uninteressant, eine abschreckende Wirkung der staatlichen Interventi-on kann jedoch nicht ignoriert werden. Die Investitionsneigung hat in den letzten fünf Jahren wieder deutlich abgenommen und unterschreitet aktuell den Bedarf, der allein für Modernisierung und Restrukturierung der Chemieanlagen notwendig ist. Angesichts des immensen Nachholbedarfes bei der Modernisierung der Infra-struktur und des Kapazitätsausbaus muss man ausbleibende Investitionen als er-

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

heblich bremsenden Faktor für die Entwicklung der chemischen Industrie betrach-ten.Einen deutlichen Rückschritt im Prozess der Privatisierung kann man in der jüngs-ten Vergangenheit vor allem in Russland konstatieren. Obgleich die zahlenmäßige Mehrheit (90%) der chemischen Betriebe mittlerweile privatisiert sind, hat der Staat mit der Herrschaft über die Rohstoffanbieter (Ölförder- und Versorgungsunterneh-men) das Wohl und Wehe der chemischen Industrie unter seiner Kontrolle. Gerade die zweifelhafte Rücknahme der Privatisierung von Yukos beweist, dass die russi-sche Regierung auf potentielle – auch wirtschaftliche – Bedrohungen schnell und wenig demokratisch reagieren kann. Die Wirkung der zahlreichen Rechtsunsicher-heiten und die gelegentlich statuierten Exempel sorgen dafür, dass die Investiti-onstätigkeit ausländischer Unternehmen trotz der zweifellos vorhandenen Chan-cen weit unter den Erwartungen liegt.Ein weiterer Grund für den bisher ausbleibenden Aufholprozess dürfte darin zu su-chen sein, dass der wesentliche Vorteil der osteuropäischen Staaten, das geringe Lohnniveau, in der Chemie kaum zum Tragen kommt. Einerseits ist der Anteil der Personalkosten an den Gesamtkosten einer modernen Anlage verschwindend ge-ring, andererseits verlangen gerade neue Technologien gut ausgebildetes und ent-sprechend entlohntes Personal. Der alleinige Blick auf die Lohnkosten bildet gera-de in der Chemieindustrie keine Basis für eine auskömmliche Produktion.

Restrukturierung und Investitionsbedarf

Hauptproblem der inländischen chemischen Industrie in den osteuropäischen Staaten ist der enorme Investitionsbedarf. Die Anlagen sind im Durchschnitt 20-30 Jahre alt und insbesondere in den letzten 10-15 Jahren nur unzureichend gewar-tet. Ähnlich wie in Ostdeutschland gibt es zudem eine Reihe zu kleiner und unwirt-schaftlicher Anlagen und Standorte, die auf dem Weltmarkt keinerlei Überlebens-chance haben. Im Gegensatz zu Ostdeutschland hat man sich bisher noch nicht in größerem Maße zu Standortkonsolidierungen entschließen können. Sofern die Standorte selbst privatisiert sind, bezeichnen es die Betreiber als ihre größte Herausforderung, die notwendige Infrastruktur schnell und in vergleichbarer Qualität zur Verfügung stellen zu können. Dabei ist oftmals anzumerken, dass die Anzahl der vorhandenen Abnehmer unzureichend für den Bau effizienter Anlagen einerseits sowie für deren effektiven Betrieb ist.Die Ansichten über den notwendigen Investitionsbedarf der polnischen Regierung selbst und ausländischen Institutionen differieren erheblich. Während polnische Experten rund 125 Mio. US$ als notwendig erachten, geht die OECD von mindes-tens 12 Mrd. Euro aus, die Polen für die Erneuerung seiner Chemieindustrie benö-tigt. Angesichts der in Ostdeutschland investierten Mittel sollte die von der OECD genannte Zahl deutlich näher an der Realität liegen. Hinzu kommt, dass sich Polen im Zuge des EU-Beitritts verpflichtet hat, bis zum 31.10.2007 (!) alle Umweltaufla-gen der Europäischen Union zu erfüllen. Zusammen mit der dann auch für die Bei-trittsländer geltenden REACH-Verordnungen sollte der Bedarf an Sanierungsmit-teln noch einmal steigen. Die Investitionstätigkeit beispielsweise deutscher Unternehmen der Chemieindustrie in Polen hat sich in den vergangenen sechs Jahren zwar verneunfacht (49 auf 429 Mio. Euro), beträgt aber trotzdem nicht ein-mal ein Prozent der gesamten Auslandsinvestitionen.2 Die Zahl ausländischer Di-rektinvestitionen in Europa ist zwischen 1997 und 2002 von 12% auf 5% der ge-samten Investitionen zurückgegangen. Auch die Anzahl der Projekte sank.3 Für die Standorte bedeutet dies, dass der Wettbewerb um Neuinvestitionen in Westeuropa härter wird. Gleichzeitig steigen die Bedeutung des standortinternen Wachstums und der Druck zur Konsolidierung, um so mit Kostenvorteilen beim Wettbewerb um Ansiedlungen präsent sein zu können.

2 Quelle; VCI 3 Quelle: Cap Gemini Ernst & Young

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

Vergleichbar mit Ostdeutschland ist die Problematik der fehlenden Forschung und Entwicklung. Um von den Basischemikalien weg zu ertragsstarken Bereichen der Feinchemie und Spezialitäten zu gelangen, sind umfangreiche Forschungsnetz-werke und entsprechende Investitionen unumgänglich. Vergleicht man den Ent-wicklungsstand der osteuropäischen Chemieindustrie mit Ostdeutschland, ist an-gesichts der noch zu bewältigenden Restrukturierungsaufgaben in den nächsten 20 Jahren mit einer leistungsstarken Forschung wohl eher in Ostdeutschland denn in Osteuropa zu rechnen. Die Chance osteuropäischer Standorte dürfte kurz- und mittelfristig in der Ausnutzung Ihrer Rohstoffsituation und der effektiven Bereitstel-lung von Basischemikalien liegen.

Fazit

Die aktuellen Herausforderungen der osteuropäischen Chemieindustrie lassen sich gut mit denen in Ostdeutschland Anfang der neunziger Jahre vergleichen. Neben Standortschließungen und einer klaren Privatisierungsstrategie wird es darauf ankommen, Investitionsmittel zu konzentrieren und vor allem die Infrastruk-tur schnell an die veränderten Bedingungen anzupassen. Osteuropa hat gegen-über Ostdeutschland einen Nachholbedarf von mindestens zehn Jahren. Ein er-folgreicher Aufholprozess wird nur über die Konzentration auf lokale Stärken und die Nutzung des Binnenmarktes funktionieren. Dabei sind die meisten osteuropäi-schen Unternehmen auf technologische Unterstützung und Hilfe beim Manage-ment dieser Veränderungsprozesse angewiesen. Die Chance westlicher Unter-nehmen wird darin liegen, sich osteuropäische Märkte durch lokale Partnerschaften zu erschließen und so vom Wachstum der Region zu profitieren. Für Standortbetreiber wie die InfraLeuna sind neben der Kooperation mit dem Ziel der Rohstoff- und Produktsicherung auch standortexternes Wachstum über Koope-rationen in Osteuropa eine interessante Möglichkeit der Existenzsicherung.

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02. März 2006

ImpulsvortragAnlagenbau der Zukunft

»Wettbewerbsvorteile imAnlagenbau – Anlagenbauder Zukunft: Chemieanlagen-bau Chemnitz GmbH«

Joachim Engelmann,Chemieanlagenbau Chemnitz GmbH

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Angaben zur Person

Dipl.-Ing. Joachim Engelmann

derzeitige Funktion Geschäftsführerin Firma Chemieanlagenbau Chemnitz GmbH weitere Funktionen

kurzer Werdegang 1964 Studium an der TU Chemnitz (Dipl.-Ing.) 1965/69 Projektleiter1969 Leitung Chemieanlagenbau Chemnitz1970 Anlagenbau auch in Russland (Erdölaufbereitung im Kaspischen Meer und Sibirien) tätig 1990 Übernahme durch Lurgi AG; Geschäftsführer. Nach der Ausgliederung von der Lurgi AG ist die Che-mieanlagenbau Chemnitz GmbH gegenwärtig ein pri-vates Unternehmen und – neben diversen Aufträgen in Deutschland, Österreich und Mitteleuropa – in Osteu-ropa, im Iran und Mittleren Osten tätig. 2004 Chemieanlagenbau Chemnitz feiert erfolgreiches 40-jähriges Bestehen

Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau Anlagenbau der Zukunft: Chemieanlagenbau Chemnitz GmbH

Joachim Engelmann Chemieanlagenbau Chemnitz GmbH GeschäftsführerAugustusburger Str. 34, 09111 Chemnitz Tel.+49 371 6899 256, Fax:+49 371 6899 253 E-mail: [email protected]

Zusammenfassung:

Der Anlagenbau ist eine interessante Mischung der Bündelung von Eigenleistun-gen und Fremdleistungen. Als Zentrum von vielen Aktivitäten gegenüber Kunden und Kooperationspartnern hat der Anlagenbau die Aufgabe, effektiv die notwendi-gen Aktivitäten zur Errichtung kompletter Anlagen zu koordinieren. Der Wettbewerb im Inland und im Ausland ist sehr groß, so dass ständig nach neuen Wegen der Effektivitätssteigerung gesucht werden muss. Die unterschiedlichen Geschäftsfelder und „Nieschen“ zu besetzen, ist das Eine, Anlagen für die Firmengröße eines Mittelständlers zugeschnitten, ist das Andere.Gut ausgebildete Ingenieurkapazitäten sind das Fundament für die Zukunft. Eine Überlebensphilosophie kann in erster Linie nicht mit neuen Niederlassungen im Ausland verfolgt werden. Höchste Ingenieurkompetenz gepaart mit vertretbaren Ingenieurstundensätzen sind die Firmenphilosophie, „Technologie-Kompetenz“ ist das Zauberwort.

Anlagenbau der Zukunft

Der Chemieanlagenbau Chemnitz GmbH hat in seiner über 40-jährigen Tradition Großkombinate, Großkonzerne erlebt und ist jetzt ein privat geführtes Unterneh-men.Mit ca. 200 Mitarbeitern hat sich der Chemieanlagenbau Chemnitz (CAC) in den Mittelstand eingereiht und bemüht sich, wie alle anderen Unternehmen des Anla-genbaues, um Aufträge mit dem Ziel, diese Aufträge zur Zufriedenheit der Kunden abzuwickeln.Die Marktarbeit erfolgt nach zwei Richtungen:

- die Anlagen müssen in das Technologie-Profil eingeordnet werden- die territoriale Orientierung muss mit den fachlichen und besonders mit

den sprachlichen Anforderungen an die Firma übereinstimmen.

Der Großanlagenbau und der mittelständische Anlagenbau unterscheiden sich nicht nur im Stundensatz. Die finanziellen Voraussetzungen für eine Großanlage (z.B. 100 Mio. Euro) sind aufgrund geringer Möglichkeiten für Avallinien und einzu-reichenden Garantien beschränkt. Andererseits muss ein Unternehmen wie CAC auf dem Weltmarkt agieren. Die In-vestitionen im Inland sind einfach nicht ausreichend, zumal die kleineren Investiti-onen und Rekonstruktionen kleinere Firmen aufgrund des niedrigeren Stundensat-zes überlassen werden müssen. Bekanntermaßen ist das globale Auftreten mit einem funktionierenden Vertriebs-netz vorhanden. Dabei sind die Möglichkeiten und Chancen auf den einzelnen Märkten genau zu analysieren. Sowohl in Rumänien, Ungarn, Polen und Tschechien gibt es gut funktionierende Ingenieurfirmen, die auf unserem Gebiet arbeiten.

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

Der Eintritt in den Markt kann nur über Technologie-Vorsprung mit Technologie-Kompetenz erfolgen. Die Zusammenarbeit mit ansässigen Ingenieurfirmen im Ausland kann die örtli-chen Probleme besser lösen, aber als Zielfunktion die Marktposition zu verbes-sern, darf man dies nicht tun.Die Beitrittsländer werden in kürzester Frist den Lebensstandard verändern, so dass auch die angedachten besseren Stundensätze schnell vergeben sind. Wir sollten uns zusammenfassend darauf konzentrieren, dass wir besser sind. Wir sollten nicht die schon vorhandene Konkurrenz aufbauen, um unsere Ingenieurka-pazitäten abzubauen. Deutschland ist ein High-Tech-Land. Das muss auch für den Anlagenbau gelten. Leider ist die deutsche Chemie nicht bereit, moderne Verfahren für den Anlagen-bau zur Verfügung zu stellen. „Neutrale Institute“ aus Amerika und Russland sind im Augenblick die Verfahrensgeber und nur wenigen stehen Fremdverfahren zur Verfügung. Hier erwächst für die Branche „Anlagenbau“ eine Verantwortung für die Zukunft. Man muss größere Gewinne erzielen, um Geld für die Forschung einzu-setzen.Wer fragt heute den Apotheker, warum die Medikamente so teuer sind. Die Phar-maindustrie forscht für neue Produkte. Möglicherweise müssen das die For-schungsinstitute, Universitäten gemeinsam mit dem Anlagenbau auch tun, um neue Verfahren auf den Markt zu bringen. Weiterhin stellt das größte Kapital für eine Ingenieurfirma die Mitarbeiter dar. Die technische Ausbildung in Deutschland war in den letzten 10 Jahren stark rückläu-fig. Wir leben aber von technischem Personal. Aus diesem Grund ist die Ausbil-dung von der Anzahl und von den Qualitäten auf den Prüfstand zu nehmen, um geeigneten Nachwuchs auszubilden. Wir müssen die Qualität des Ingenieurperso-nals der Vergangenheit wieder anstreben.

Zusammenfassend kann man feststellen, für den Anlagenbau gibt es heute und in der Zukunft genug Arbeit. Moderne Technologien verbunden mit gut geschultem Personal sind der Garant für unsere Zukunft.

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02. März 2006

FachvortragEU-Osterweiterung – Chancen und Risiken,Innovationen im Anlagenbau

»Internationale Standorteerfolgreich managen –bedeutet im Vorfeld genauChancen und Risiken auszuloten«

Dr. Anja Schulz,Universität Dortmund

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Angaben zur Person

Dr. Anja Schulz

derzeitige Funktion wissenschaftliche Assistentin am BWL-Lehrstuhl für Un-ternehmensführung und Internationales Management

in Firma Universität Dortmund, Wirtschafts- und Sozialwissen-schaftliche Fakultät, Lehrstuhl für Unternehmensführung

weitere Funktionen

kurzer Werdegang Studium der Volkswirtschaftslehre Universität Dort-mund; 1990 - 2002 freie Journalistin Westdeutschen Rundfunk, 1997 Assistentenstelle an WISO-Fakultät der Universität Dortmund 2002 Promovation zum Thema „Das Phänomen der Rückverlagerung – Internationale Standortentscheidun-gen von kleinen und mittleren Unternehmen“ 2004 Auszeichnung Forschungspreis der Stiftung für Industrieforschung Köln

Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

Internationale Standorte erfolgreich managen –bedeutet im Vorfeld genau Chancen und Risiken aus-zuloten

Dr. Anja Schulz Universität Dortmund Lehrstuhl für Unternehmensführung E-Mail: [email protected]

Die Internationalisierungserfahrung der besonderen Art: „Rückverla-gerung“

Der Elektrokonzern ABB, der Werkzeughersteller Metabo, der Elektronikhersteller Sennheiser wie auch die Firma Varta - sie alle haben eines gemeinsam. Sie haben Auslandsstandorte wieder aufgelöst, sie sind „Rückverlagerer“. Dass sich dies he-rumgesprochen hat, ist eher die Ausnahme. Unternehmen, die - meist nach uner-freulichen und kostspieligen Erfahrungen - wieder an den Heimatstandort zurück verlagern, reden nicht gern über ihre Erfahrungen. Offizielle Statistiken gibt es nicht. Experten schätzen die Dunkelziffer der Unternehmen, die ihre Auslandspro-duktion beenden auf 10 bis 30 Prozent. Naturgemäß können große Unternehmen Rückverlagerungen besser kompensieren als kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die sich vorschnell in Insolvenzgefahr begeben.

Rückverlagerungen basieren auf Standortentscheidungen von Unternehmen. Sie setzen sich aus einer Verkettung von zwei aufeinander folgenden Verlagerungen zusammen: Zunächst trifft ein Unternehmen eine Verlagerungsentscheidung aus Deutschland hinaus, nimmt dann diese bestimmte Standortentscheidung nach ei-ner Weile der Auslandsproduktion ganz oder teilweise wieder zurück und konzent-riert sich damit zumindest zeitweise erneut am heimischen Standort. Es handelt sich dabei um einen besonderen Verlauf von Internationalisierungsprozessen, die kleine und mittlere Unternehmen (kurz KMU) durchlaufen können. Bislang verbar-gen viele Unternehmen ihre Rückverlagerungserfahrungen. Die Rückkehr an den Heimatstandort fand mehr oder weniger im Verborgenen statt, weder Presse noch Wissenschaft schenkten diesem „Phänomen“ besondere Beachtung. Im Rahmen des BMBF-Projektes „Leitfaden: Erfolgreich globalisieren“ (1999-2001) war es möglich, Rückverlagerer im deutschen KMU-Sektor zu identifizieren und 10 Unter-nehmensleitungen von einem Gespräch zu überzeugen (Schulte 2002, Lay u.a. 2001). So konnten deren Motivationen und Entscheidungsprozesse zum ersten Mal umfassend qualitativ betrachtet werden. Kern der Untersuchung war, Rückver-lagerungstypische Problemlagen und Handlungsmuster von KMU herauszuarbei-ten, die internationale Standortentscheidungen und das Standortmanagement ei-nes grenzüberschreitenden Unternehmensverbundes mit sich bringen. Beleuchtet wurden die treibenden Momente aus dem deutschen Standort hinaus sowie die Anziehungspunkte wieder zurückzukehren. Problem- und Krisensituationen, Ge-gensteuerungsversuche und Strategie-Neudefinitionen von KMU konnten zusam-mengefasst werden (Schulte 2002, Schulz 2005).

Eine der wesentlichen Erkenntnisse dieser empirischen Arbeit war, dass Rückver-lagerungen von KMU nach Deutschland beobachtbar sind. Nach Aussagen von Experten ist es in den letzten 10 Jahren sogar zu einer Vielzahl von Rückverlage-rungsaktionen in diesem Sektor gekommen (Kinkel/Lay 2004, Lay u.a. 2001).1Rückverlagerungen gehören damit zu den möglichen und offenbar auch wesentli-

1 Bei der Präsentation und Diskussion des Rückverlagerungs-Phänomens ist es zudem der Normalfall, dass Praktiker wie Forscher häufig weitere Fälle namentlich benennen können oder sogar selbst beo-bachtet haben. So lässt sich vermuten, dass die reale Zahl der Rückverlagerungen hoch ist.

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chen Erfahrungen im Internationalisierungsprozess von KMU. Typisch ist aber ein sehr defensiver Umgang mit dieser Entscheidung. Rückverlagerungen werden i.d.R. nicht publik gemacht, dringen nur in seltenen Fällen an die Öffentlichkeit. Wenn doch, werden sie meist im Rahmen von Image-Strategien „made in Germa-ny“ als Marketingargument instrumentalisiert. Für die große Mehrheit der Rückver-lagerer scheint die Modifikation oder das Revidieren einer internationalen Stand-ortentscheidung automatisch mit einem „Scheitern an Internationalisierung“ in Verbindung gebracht zu werden. Zurückzukehren an den Heimatstandort hat heute noch den negativen Beigeschmack des „reumütigen Rückkehrens“ und „blauäugi-gen Internationalisierens“. Eine (zumindest zeitweise) Rekonzentration der Produk-tion im Heimatland wird verbunden mit gravierenden Managementfehlern, die es besser zu vertuschen als öffentlich zu machen gilt.

Bei der Auswertung der Aussagen der Unternehmer wurde schnell deutlich, dass Rückverlagerungen differenziert betrachtet werden müssen. Sie zeigten, dass in-ternationale Standortentscheidungen von KMU nur teilweise auf Managementfeh-ler zurückzuführen sind. Die Auslegung des Untersuchungsmaterials brachte Hin-weise dafür, dass Rückverlagerungen eine neue Mobilität beschreiben können. Denn Verlagerungsentscheidungen verlaufen nicht nur „entlang einer Einbahn-straße“ aus dem deutschen Standort hinaus ins Ausland. Standortentscheidungen unterliegen ebenfalls der Dynamik turbulenter ökonomischer Umfeldbedingungen, die ein Anpassen an neue Entwicklungen einfordern.

Die Problemfelder von KMU im Ausland

Die Hauptmotivation von KMU ins Ausland zu verlagern, ist und bleibt, Kosten zu senken. Lohn- und Lohnnebenkosten stehen für die Unternehmer im Vordergrund der Standortvergleiche. Vor allem Osteuropa scheint im Lohnkostenvergleich hier besonders attraktiv. Nur wenige Geschäftsleitungen können dabei im Vorfeld ab-schätzen, welche Konsequenzen der Aufbau eines neuen Standortes mit oder oh-ne Partner nach sich zieht. Für Internationalisierungseinsteiger ist es das erste Mal, Produktionszusammenhänge über mehr als einen Standort zu steuern. Stol-persteine und Hürden legen sich ihnen in den Weg, acht haben wir unterschieden. Die Problemlagen umfassen z.B. mangelnde Kostenwahrnehmung, Personalma-nagement, interkulturelle Differenzen.

Zu den bekanntesten Problemen gehören (Schulz 2005, S.29ff.): Versteckte Kosten (Oft werden nur wenige Kostenfaktoren im Zuge eines Internationalisierungsprojektes betrachtet. Meist sind es nur Lohnkosten, Boden- und Materialpreise. Überrascht werden die KMU-Spitzen dann von der Summe der nach der Verlagerung anfallenden laufenden Kosten. Ver-steckte direkte Kosten sind dabei Folgeinvestitionen in Maschinen und An-lagen, Reisekosten, Transportkosten, Folgekosten durch Lieferfristüber-schreitungen, Kosten für Dolmetscher, Schmiergeldzahlungen, Lohnzulagen, Beratungskosten. Versteckte indirekte Kosten werden von den KMU meist nicht dem Auslandsprojekt zugeschrieben. Indirekte Kos-ten sind: Personalkosten in Form von kurzfristiger deutscher Hilfe zur Op-timierung von Produktionsprozessen, zur Behebung von Produktionsprob-lemen oder zur Neuausrichtung von Marktstrategien. Weiter entstehen indirekte Kosten durch niedrige Produktivität, Nachbesserungen oder La-gerkosten Daheim, um Lieferschwierigkeiten aus dem Ausland aufzufan-gen.)Qualitätsprobleme (Als Phänomen gilt, dass Maschinen und Anlagen, die in Deutschland einen hohen Qualitätsstandard produziert haben, dann abmontiert und an einem neuen Standort jenseits der deutschen Grenze wieder aufgebaut werden, nicht das deutsche Qualitätsniveau mehr errei-

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

chen. Dies kann in der Handhabung der Maschinen liegen, der mangeln-den Wartung, der Materialzufuhr oder schlicht an einer fehlenden Quali-tätsbewusstsein oder Qualitätskontrolle.) Hoher Managementaufwand (Der zusätzliche Managementaufwand durch Internationalisierung wird von den meisten KMU vorab falsch eingeschätzt. Er trifft die Betriebe dann unvorbereitet und äußert sich in hohen Abwe-senheitszeiten wichtiger Schlüsselfiguren im heimischen Unternehmen. Diese müssen den Heimatstandort regelmäßig verlassen für: Produktions-planungen, akute Problemlösungen, aktuelle Fertigungsabstimmungen, Schulungen/Weiterbildungsmaßnahmen, Interessensvertretung vor Ort.)

Personalprobleme (Personalprobleme können auf drei Ebenen auf deut-sche KMU zukommen: Es kann schwierig werden, deutsche Mitarbeiter zu finden, die auch nur zeitweise im Ausland tätig werden ohne finanzielle An-reize. Es kann problematisch sein, passende Führungskräfte im Ausland zu rekrutieren, da hier die großen Unternehmen bereits die gut ausgebilde-ten Fachkräfte anziehen und die kleinen Unternehmen in harter Konkur-renz zueinander stehen. Es kann Personalkonflikte auf einfacher Mitarbei-terebene geben, da andere Ausbildungsniveaus, unterschiedliche Arbeitstraditionen und unbekannte Routinen dem deutschen Mitarbeiter-bild nicht entsprechen.) Wissens- oder Vertrauensverlust (Deutsche KMU transferieren eine be-deutende Menge an Wissen ins Ausland. Dieses Wissen kann sich bezie-hen auf Produktwissen, Prozesswissen, Managementwissen oder Wissen über Hauptkunden und Märkte. Nicht nur wenn hochsensibles Patentwis-sen im Spiel ist, das vor Geschäftspartnern offen gelegt wird, ist jede Form des unfreiwilligen Abzugs von deutschen KMU-Know Hows ein äußerst kri-tisches Moment im Auslandsgeschäft.) Kulturprobleme (Vielfach sind die spezifisch kulturellen und politischen Gegebenheiten im Ausland in ihrer Bedeutung und Wirkung für die Unter-nehmensaktivitäten von KMU nur schwer ein- und abzuschätzen. Sie ver-ursachen daher nicht selten Unsicherheiten oder sogar bedeutende Fehl-entscheidungen auf Seiten der deutschen Unternehmer. Zwei Sphären von Kulturproblemen sind dabei zu unterscheiden: Kulturprobleme, die das Unternehmen direkt intern bzw. deren Geschäftspartner betreffen und Kul-turprobleme wie Sprach- und Kommunikationsschwierigkeiten oder Kultur-probleme, die eher der allgemein wirtschaftspolitischen Situation des Gast-landes zuzuordnen sind.) Negative Absatzmarktentwicklung (KMU internationalisieren mit dem Motiv neue Märkte zu erschließen oder großen Kunden zu folgen, finden dann aber im Ausland die erhofften Marktkonditionen und Absatzmöglichkeiten nicht vor. Dies führt unmittelbar zu einer Geschäfts- oder Produktionskrise im Ausland. Ursachen können in einer fehlenden oder falschen Marktana-lyse liegen, in einer spontanen Nachfrageverschiebung oder dem Auftre-ten von neuen Mitbewerbern vor Ort. Möglich ist, dass der Hauptkunde, dem das KMU ins Ausland folgen sollte, seine Strategie ändert und den Standort wieder verlässt bzw. nicht wie geplant ausbaut.).

Wer diese Hürden bewältigt, gewinnt zweifellos an Internationalisierungserfahrung. Die Unternehmen bezahlen aber oftmals mit ohnehin knappen Finanzmitteln und mit dem Wissen, dass sie ins Ausland transferiert haben. Für Betriebe unter Wett-bewerbsdruck mit einer schmalen Ressourcenausstattung eine alarmierende Situ-ation. Die Rückverlagerung zieht gleichwohl nicht automatisch eine 100prozentige Konzentration und Ablehnung von Internationalisierungsprojekten per se nach sich. Vielmehr ist davon auszugehen: KMU, die ein gescheitertes Internationalisie-rungsprojekt „überlebt“ haben, zwar kurzfristig geschwächt sind. In Zukunft dürften sie sich aber aufgrund der neuen Erfahrungen gestärkt dem Wettbewerb und unter Umständen neuen Auslandsprojekten stellen können.

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

Die Bewältigung von Internationalisierungsproblemen

Ein praktisch orientierter Ansatzpunkt zur Bewältigung von Internationalisierungs-hindernissen ist fraglos eine Verbesserung der Prozesse von internationalen Standortentscheidungen und des Standortmanagements kleiner und mittlerer Un-ternehmen. Die beschriebenen Problemsituationen der Kosten-, Koordinations- und Komplexitätsbewältigung von Rückverlagerern legen die Vermutung nahe, dass KMU besondere Kompetenzen entwickeln müssen, um im internationalen Geschäft dauerhaft bestehen zu können. Während die „Fallen“ also Krisenmomen-te beschreiben, bedeuten „Internationalisierungsfähigkeiten“, dass die KMU auf diese richtig und prompt reagieren und damit umgehen können. V. Behr (2000) beschreibt in diesem Zusammenhang „Globalisierungsfähigkeit“ als die Summe von strukturellen Gegebenheiten und personellen Fähigkeiten, über die ein Unter-nehmen verfügen muss, wenn es „global“ erfolgreich agieren will. Unterstellt wird hierbei, dass es ein Bündel von Faktoren und Fähigkeiten geben muss, die den „Globalisierungserfolg“ dauerhaft begründen und die dementsprechend identifiziert werden können. „Auf einzelbetrieblicher Ebene betrachtet, sind kleine und mittlere Unternehmen globalisierungsfähig, wenn sie sich in der veränderten globalisierten Wirtschaft behaupten können. Auf diesem hohen Abstraktionsniveau sind dem-nach alle diejenigen Einzelunternehmen als globalisierungsfähig zu bezeichnen, denen es gelingt, die international sich bietenden Chancen aufzugreifen und im in-ternationalen Konkurrenzkampf zu bestehen“ (v. Behr 2000, S. 4). Als Merkmale der „Globalisierungsfähigkeit“ werden von v. Behr (2000, S. 5) die Kompetenz zur Steuerung der länder- und kontinentübergreifenden Organisation sowie von der Kompetenz zur interkulturellen Kommunikation genannt.

Im Falle der Rückverlagerer ging es, zugespitzt auf ihre Problemlagen, spezifisch darum, folgende Fähigkeiten zu entwickeln:

Die Kosten einer Auslandsproduktion im Vorfeld der Standortentscheidung richtig wahrzunehmen, internationale und interkulturelle Management- und Personalkonzepte im Un-ternehmensverbund zu entwickeln, die auf Umweltbedingungen im Ausland abgestimmt sind, soziale Nähe zwischen den Standorten aufzubauen trotz geographischer Dis-tanz,

strategische Langfristperspektiven zu entwickeln,Märkte richtig zu beobachten und Nachfrageentwicklungen abschätzen zu können.

Insbesondere müssten, weit konsequenter als in den untersuchten Betrieben ge-schehen, alle relevanten quantitativen und qualitativen Standortfaktoren erfasst, ihr Zusammenspiel einer Analyse zugänglich gemacht und vor allem auch deren Dy-namik berücksichtigt werden, um darauf aufbauend fundierte Verlagerungsent-scheidungen treffen zu können. Zudem lässt sich die Rationalität von Standortent-scheidungen durch ein systematischeres Vorgehen und die Nutzung von entscheidungsunterstützenden Instrumenten, die besonders auf die Belange der hier in Frage stehenden Unternehmen zugeschnitten sind, deutlich verbessern. Es dürften dadurch eine ganze Reihe der vom Management im Entscheidungs- und späteren Verlagerungsprozess nicht hinreichend antizipierten Einflussfaktoren und damit verbundenen Herausforderungen für die entscheidenden Akteure klar und kalkulierbar werden.

Doch steht zu bezweifeln, dass dieses vollständig gelingt und Risiken weitgehend ausgeschlossen werden können. Selbst bei der Verwendung deutlich verbesserter, systematischer und langfristig ausgerichteter Methoden der Standortentscheidung

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

dürfte es kaum möglich sein, die Vielzahl der sehr unterschiedlichen Einflussfakto-ren, ihre möglichen Konsequenzen sowie ihr Zusammenspiel hinreichend zu anti-zipieren. Des Weiteren sind die Standortentscheidungen und Verlagerungen von KMU weitgehend utilitaristisch und kurzsichtig auf eine schnelle Realisierung der Ziele ausgerichtet und übersehen langfristige Effekte und die Erfordernisse eines schrittweisen Anpassungs- und Integrationsprozesses der verschiedenen Standor-te. Das dominierende Entscheidungskriterium der Kostenminimierung führt dazu, dass qualitative Einflussgrößen und die dynamische Entwicklung der Gesamtsitua-tion eines neuen Standortes vernachlässigt werden. Schließlich werden durch die Verlagerung und die Integration fremder Standorte Aversionen und Gegenreaktio-nen der beteiligten Akteure ausgelöst, die weder als solche noch in ihren konflikto-rischen Folgen wirklich antizipierbar sind. Es handelt sich dabei um Interessendi-vergenzen zwischen verschiedenen Standorten, die im Zuge des Verlagerungsprozesses auftreten und die Kommunikation und Kooperation er-schweren.

Kurz: Internationalisierung für KMU erfolgreich und langfristig zu managen, bedeu-tet in erster Linie, im Vorfeld richtig auszuloten, ob die anvisierte Standortentschei-dung die erhofften Chancen überhaupt einbringen kann. Unerlässlich scheint dabei die Wahrnehmung von möglichen Risiken. Der Austausch von Informationen und eine fundierte Vorbereitung sind dabei zwar keine Garantie, aber ein Annähern an die hohe Dynamik und Anforderungen von Auslandsprojekten.

Der Ausblick

Internationalisierung ist längst nicht mehr nur eine Domäne von Großunternehmen. Viele KMU sehen den Gang ins Ausland als eine zunehmend attraktive bzw. not-wendige Strategie an. Dabei stehen nicht nur Anbieter international marktgängiger Produkte unter dem steigenden Anpassungsdruck des internationalen Wettbe-werbs. Auch Betriebe, die bislang nur lokale oder regionale Märkte bedient haben, müssen verstärkt gegen neue Anbieter konkurrieren. Gegenüber Großbetrieben weisen KMU allerdings zahlreiche Nachteile im Internationalisierungsprozess auf, die sich im Wesentlichen auf eine mangelhafte Ressourcenausstattung in den Be-reichen Management, Wissen und Kapital zurückführen lassen.

KMU in Deutschland haben jedoch viele Optionen, ihre Wettbewerbssituation zu verbessern. Ihre einzige Chance muss dabei nicht immer im Ausland liegen. Trotz der sehr negativ geführten Standortdebatte, der zahlreichen Umfragen und einer unterschwelligen Stimmungsmache gegen den deutschen Standort, ist dieser bes-ser als sein Ruf. Gerade kleinere Unternehmen ziehen ihren Nutzen aus einer gu-ten und stabilen Region, die ihnen hervorragend ausgebildetes, problemlösungs-fähiges Personal stellt und in der sie die Unternehmensstruktur weitgehend kennen sowie die Spielregeln beherrschen. Das Potenzial von heimischen Koope-rationen und anderen Formen der Zusammenarbeit ist bei weitem noch nicht aus-geschöpft. Doch vorschnell lösen viele Betriebe ihre Wurzeln hier auf und werden dann im Ausland von den an sie herangetragenen Anforderungen zeitlicher, finan-zieller, personeller und wissenstechnischer Art überfordert. So entstehen bedrohli-che Situationen, denn statt dass das Auslandsgeschäft die KMU stärker und wett-bewerbsfähiger macht, können sie leicht in die Insolvenz geraten.

Kleine und mittlere Unternehmen müssen deshalb Internationalisierungsentschei-dungen sehr sorgfältig und unter Abwägung ihrer globalen wie lokalen Kompeten-zen treffen. Dazu gehört, heimische wie internationale Standorte miteinander kon-sequent zu vergleichen, Kosten richtig abzuschätzen, den Aufwand für ein Internationalisierungsprojekt richtig „berechnen“ zu können, die eigenen kritischen Größen zu betrachten. Leider fehlt den verantwortlichen Unternehmensleitungen oft das Bewusstsein, dass solch ein ganzheitlicher Ansatz nötig ist. Auch fehlt es

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an den passenden Unterstützungsmöglichkeiten und Instrumenten, die allein auf KMU abgestimmt sind.

Weiterführende Literatur

Kinkel, S. (2004): Erfolgsfaktor Standortplanung - In- und ausländische Standorte richtig bewerten, Heidelberg. Kinkel, S./Lay, G. (2004): Produktionsverlagerungen unter der Lupe, Mitteilungen aus der Produktionsinnovationserhebung Nr. 34, Oktober, Fraunhofer ISI, Karlsru-he.Lay (u.a.) (2001): Leitfaden: Globalisierung erfolgreich meistern, Frankfurt/M. Schulte, A (2002): Das Phänomen der Rückverlagerung – internationale Standort-entscheidungen von kleinen und mittleren Unternehmen, Wiesbaden, Gabler. Schulz, A. (2005): Internationalisierung von kleinen und mittleren Unternehmen – Spezielle Risiken erkennen, Chancen im Ausland richtig einschätzen“, Eschborn, RKW-Verlag im Druck. Von Behr, M. (Hrsg.) (2000): Produktion international – Beispiele aus der mittel-ständischen Industrie von der Standortwahl bis zum integrierten Netzwerk, Esch-born.

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02. März 2006

FachvortragEU-Osterweiterung – Chancen und Risiken,Innovationen im Anlagenbau

»Bedeutung der EU-Erweite-rungsländer für die HerstellerverfahrenstechnischerMaschinen und Apparate«

Dr. Alexander Koldau,VDMA

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Angaben zur Person

Dr. rer. pol. Dipl. Wirt.-Ing Alexander Koldau

derzeitige Funktion Referent in Firma VDMA, Fachverband Verfahrenstechnische Maschinen

und Apparate weitere Funktionen

kurzer Werdegang 1991-1997 Studium Wirtschaftsingenieurwesen an der TU Darmstadt 1997-2003 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachge-biet Unternehmensführung und Logistik der TU Darm-stadt (Prof. Pfohl) seit 2003 Referent beim Fachverband Verfahrenstech-nische Maschinen und Apparate im VDMA

Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

Bedeutung der EU-Erweiterungsländer für die Hersteller verfahrenstechnischer Maschinen und Apparate

Dr. Alexander Koldau VDMA – Fachverband Verfahrenstechnische Maschinen und Apparate Lyoner Str. 18 60528 Frankfurt am Main Tel. +49 69 66 03-13 93, Fax +49 69 66 03-23 93 E-mail: [email protected]

Ergebnisse der Studie Trends in der Verfahrenstechnik

Der Fachverband Verfahrenstechnische Maschinen und Apparate im VDMA hat eine Studie zu Trends in der Verfahrenstechnik durchgeführt. Dabei wurden neben verschiedenen technischen und wirtschaftlichen Branchentrends insbesondere die unterschiedlichen Absatz-, Produktions- und Beschaffungsmärkte für verfahrens-technische Maschinen und Apparate untersucht und die EU-Erweiterungsländer besonders betrachtet. Nachfolgend werden die diesbezüglichen Ergebnisse der Studie dargestellt, den tatsächlichen Entwicklungen gegenübergestellt und disku-tiert.Für die Studie haben 35 Hersteller verfahrenstechnischer Maschinen und Apparate und 19 Professoren der Verfahrenstechnik Fragebögen ausgefüllt. Zwölf Anwender verfahrenstechnischer Maschinen und Apparate – vorwiegend Chemie- und Phar-maunternehmen – wurden interviewt. Die Fragebogenerhebung fand in der ersten Jahreshälfte 2004, die Interviews in der Zeit von November 2004 bis Februar 2005 statt.Hinsichtlich der EU-Erweiterungsländer ist von Interesse, wie diese von den Her-stellern verfahrenstechnischer Maschinen und Apparate als Absatzmarkt, Produk-tionsstandort und für die Beschaffung von Teilen eingeschätzt werden.Die Hersteller (vgl. Abb 1.) – und noch viel mehr die Hochschullehrer – messen den EU-Erweiterungsländern eine zunehmende Bedeutung als Absatzmarkt zu. Bis 2008 erwarten sie, dass dieser Markt eine ähnliche Bedeutung gewinnt, wie derasiatische Markt in 2004. Allerdings liegt die Bedeutung der osteuropäischen Märk-te auch in Zukunft noch deutlich hinter der des deutschen, westeuropäischen und asiatischen Marktes.Angesichts der Tatsache, dass 2004 der chinesische Markt der stärkste Export-markt für verfahrenstechnische Maschinen und Apparate war, wird jedoch deutlich, dass Bedeutung hier nicht mit Umsatz oder Umsatzerwartungen gleichzusetzen ist.Interessant ist, dass die Anwender in den Interviews bei der Frage nach möglichen neuen Produktionsstandorten ihrer Unternehmen die EU-Erweiterungsländer nicht erwähnten. Die befragten Chemie- und Pharmahersteller konzentrieren sich viel-mehr auf asiatische Standorte und fassen für petrochemische Produkte die rohöl-reichen Regionen in Nah- und Mittelost ins Auge. Einzig Anbieter von Konsumgü-tern oder sehr verbrauchernah herzustellenden Produkten (z. B. Waschmittel, Druckfarben) könnten gemäß ihrer Äußerungen als Investoren in diesen Ländern in Frage kommen, haben diese aber trotzdem nicht erwähnt.

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2004 2006 2008

Abb. 1: Einschätzung der Bedeutung von Absatzmärkten für verfahrenstechnische Ma-schinen und Apparate durch die Hersteller

Die Exporte verfahrenstechnischer Maschinen und Apparate in die EU-Erweiterungsländer verhalten sich entsprechend: Nach Polen exportieren deutsche Hersteller verfahrenstechnische Maschinen und Apparate im Wert von ca. EUR 55 Mio. pro Jahr. Seit Ende der 90er Jahre, als der Wert noch fast doppelt so hoch lag, ist der Export kontinuierlich zurückgegangen. Derzeit zeichnet sich ein Trendwechsel ab, es wird sich aber noch zeigen müssen, ob dieser nachhaltig sein wird (vgl. Abb.2). Nach Tschechien werden jährlich verfahrenstechnische Maschinen und Apparate im Wert von ca. EUR 43 Mio. exportiert. Seit Anfang der Dekade ist der Export von deutlich niedrigerem Niveau konstant gewachsen und erreichte in 2004 sogar das Nivau Polens, brach zuletzt jedoch wieder ein (vgl. Abb. 3).

Abb. 2: Exporte verfahrenstechnischer Maschinen und Apparate von Deutschland nach Polen (Quelle: Statistisches Bundesamt)

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

Abb. 3: Exporte verfahrenstechnischer Maschinen und Apparate von Deutschland nach Tschechien (Quelle: Statistisches Bundesamt)

Auf erheblich niedrigerem Niveau liegen die übrigen EU-Erweiterungsländer:

Land Jährliche Exporte von Deutschland (Mio. EUR)Ungarn 27Slowakei 12Slowenien 8

Tab. 1: Exporte verfahrenstechnischer Maschinen und Apparate von Deutschland in aus-gewählte EU-Beitrittsländer (Quelle: Statistisches Bundesamt)

Zum Vergleich die Werte für die wichtigsten Exportmärkte deutscher verfahrens-technischer Maschinen und Apparate:

Land Jährliche Exporte von Deutschland (Mio. EUR)USA 264China 224Frankreich 207

Tab. 2: Exporte verfahrenstechnischer Maschinen und Apparate von Deutschland in die wichtigsten Exportmärkte (Quelle: Statistisches Bundesamt)

Selbst nach Dänemark werden mit EUR 35 Mio. pro Jahr mehr verfahrenstechni-sche Maschinen und Apparate exportiert als in die meisten EU-Erweiterungsländer.Der Export von deutschen verfahrenstechnischen Maschinen und Apparate in die EU-Erweiterungsländer wächst– wenn überhaupt – nur langsam und zwar ausge-hend von einem verhältnismäßig geringen Niveau. Die hohen Erwartungen, die die deutschen Hersteller mit diesem Markt verbunden haben, dürften demzufolge ent-täuscht worden sein.

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

Produktion verfahrenstechnischer Maschinen und Apparate in den EU-Erweiterungsländern

Für die Produktion verfahrenstechnischer Maschinen und Apparate gilt, dass diese zwar relativ hohe Zuwachsraten verzeichnen, aber ebenfalls von einem verhält-nismäßig geringen Niveau starten:

Land Produktion 2004 (Mio. EUR) Veränderung zu 2003

Polen 139,6 +36,0%Tschechien 139,6 +7,5%Slowakei 30,0 -26,9%Ungarn 138,1 +7,0%Slowenien 29,0 +43,8%

Tab. 3: Produktion verfahrenstechnischer Maschinen und Apparate in ausgewählten EU-Beitrittsländern (Quelle: eigene Berechnungen basierend auf PRODCOM-Daten von EUROSTAT)

Zum Vergleich: Die Produktion in Deutschland lag bei 3,0 und Frankreichs bei 1,5 Mrd. EUR. Selbst die Produktion Dänemarks war mit mehr als EUR 335 Mio. noch zweieinhalb mal so hoch wie die Polens oder Tschechiens.1

Die Produktion der chemischen Industrie in den EU-Erweiterungs-staaten

Die chemische Industrie wird hier als wichtigste Kundenbranche der deutschen Hersteller von verfahrenstechnischen Maschinen und Apparate betrachtet. Nach VDMA-Erhebungen werden ca. 20 % der deutschen Produktion in der chemischen Industrie eingesetzt. Auch hier zeigt sich, dass die chemischen Industrien in den EU-Erweiterungs-ländern von einem vergleichsweise niedrigem Niveau aus kommen und nur ver-hältnismäßig langsam wachsen – wenn auch etwas schneller als die chemische Industrie in Deutschland.

Land Produktion 2004 (Mio. EUR) Veränderung zu 2003

Polen 2.800,0 +4,3%Tschechien 147,5 +24,4%Slowakei 56,6 -29,3%Ungarn 1400,0 +7,9%Slowenien 73,0 -23,5%

Tab. 3: Produktion der chemischen Industrie in ausgewählten EU-Beitrittsländern (Quelle: eigene Berechnungen basierend auf PRODCOM-Daten von EUROSTAT)

Die Produktion der chemischen Industrie in Deutschland übertrifft die in den EU-Erweiterungsländern um ein Vielfaches. Sie lag in 2004 bei EUR 46 Mrd. und in Frankreich sogar bei EUR 53 Mrd.Es wird deutlich, dass der Absatz von verfahrenstechnischen Maschinen und Ap-parate von den schwachen Abnehmerindustrien in den EU-Erweiterungsländern kaum nachhaltig in die Höhe getrieben werden kann. Die relativ geringen Zuwäch-se deuten darauf hin, dass keine nennenswerten Neuinvestitionen getätigt werden. Das insgesamt niedrige Niveau wird auch nur geringen Modernisierungsbedarf mit sich bringen.

1 Die Produktionsdaten resultieren aus eigenen Berechnungen basierend auf PRODCOM-Daten von EUROSTAT, abgerufen am 28.12.2005.

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

Dies spiegelt auch die bereits erwähnte geringe Investitionsneigung von internatio-nalen Chemiekonzernen in den EU-Erweiterungsländern wider, die im Rahmen der Trendstudie festgestellt wurde.

Bedeutung der EU-Erweiterungsländer für die deutschen Hersteller verfahrenstechnischer Maschinen und Apparate

In der Produktion spielen die EU-Erweiterungsländer für die deutschen Hersteller verfahrenstechnischer Maschinen und Apparate bei der Verlagerung von Produkti-on oder bei der Beschaffung von Teilen eine Rolle. Im Rahmen der Studie deutete sich an, dass die Unternehmen die niedrigen Lohnkosten bei vergleichsweise ho-her Qualifikation und gleichzeitiger Nähe zu und guter (infrastruktureller) Anbin-dung der wichtigsten Kundenmärkte in Westeuropa nutzen. Sie bemängeln dabei aber vereinzelt sprachliche Probleme und häufig die hohen Kosten für die Quali-tätssicherung. Außerdem rechnen die deutschen Hersteller mit einer Zunahme von Zulieferungen von einzelnen Bauteilen aus den EU-Erweiterungsländern. Diese Aussagen aus der Studie scheinen sich in der täglichen Verbandsarbeit durch ent-sprechende Anfragen von Mitgliedsunternehmen zu bestätigen. Die Konkurrenz durch die lokalen Hersteller ist annähernd zu vernachlässigen, weil die deutschen Hersteller sich inzwischen auf andere Märkte und höherwertige Pro-dukte konzentrieren (müssen) und die lokalen Konkurrenten selbst auch nur lang-sam wachsen.Auch für den Absatz von verfahrenstechnischen Maschinen und Apparate spielen die EU-Erweiterungsländer eine untergeordnete Rolle. Die Exporte liegen auf nied-rigem Niveau und wachsen nur langsam. Dies könnte allerdings daran liegen, dass sich die deutschen Hersteller auf vermeintlich attraktivere Märkte konzentrieren,z. B. China, Indien, Nah- und Mittelost. Mit der gleichzeitigen Erschließung mehre-rer Märkte sind die mittelständischen Hersteller verfahrenstechnischer Maschinen und Apparate zumeist überfordert. Die relativ langsame Entwicklung der Kunden-branchen scheint diese Einstellung allerdings zu rechtfertigen, wobei jedoch auch erwähnt werden muss, dass einzelne Unternehmen in den EU-Beitrittsländern sehr erfolgreich sind.

Trendstudie 2006-2010

Der Fachverband Verfahrenstechnische Maschinen und Apparate im VDMA führt im ersten Halbjahr 2006 erneut eine Studie zu Trends in der Verfahrenstechnik durch. Ausführlich wird auf technische und wirtschaftliche Trends in der Branche eingegangen. Hersteller und Anwender verfahrenstechnischer Maschinen und Ap-parate sowie Hochschullehrer der Verfahrenstechnik sind herzlich eingeladen, sich an der Studie aktiv zu beteiligen und so kostenfreien Zugang zu den Ergebnissen zu bekommen. Interessenten setzen sich bitte mit dem Autor in Verbindung.

Literatur:

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Koldau, A. (2004): Trends in der Verfahrenstechnik 2004-2008 Teil I + II, VDMA-Verlag, Frankfurt, ISBN 3-8163-0486-9.

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02. März 2006

FachvortragEU-Osterweiterung – Chancen und Risiken,Innovationen im Anlagenbau

»Aufgaben für einen moder-nen Anlagenbau in Rumänienund Chancen für eineKooperation«

Dr. Petru Lificiu,Umweltministerium Rumänien

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Angaben zur Person

Dr. Petru Lificiu

derzeitige Funktion President of The Romanian Ecologist Party. in Firma Enigma Information Retrieval Systems GmbH weitere Funktionen associate professor at The Faculty of Engineering

taught in Modern Languages - University Politehnica of Bucharest

kurzer Werdegang 1986 - Industrial automation engineer; 1977 - 1989 - Engineer IMGB. 1990 - 2000 - General Manager Hit Rom GMBH - Ro-mania;2001 - Secretary of State – Ministery of Waters Man-agement and Environmental Protection 2002 - 2003 - Minister of Waters Management and Envi-ronmental Protection 2004 - Doctoral degree in energetics 2004 – Secretary of State – Ministery of Agriculture, Waters Management and Environmental Protection 2005 – Independent deputy, constituency number 18 Galati County

Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

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02. März 2006

FachvortragEU-Osterweiterung – Chancen und Risiken,Innovationen im Anlagenbau

»Herausforderungen imPharmaanlagenbau«

Dr. Tobias Lücke,LSMW GmbH

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Angaben zur Person

Dr. Tobias Lücke

derzeitige Funktion Geschäftsführerin Firma LSMW GmbH Total Life Science Solutions weitere Funktionen keine

kurzer Werdegang Studium der Verfahrenstechnik, Assistent an der TU Dresden, Promotion über Hochleistungs-schwebstofffilter, Post-DOC an der Universität Duis-burg. Seit 1994 im Anlagenbau für die pharmazeutische und biotechnologische Industrie tätig. Projektingenieur, Leitender Ingenieur, Abteilungsleiter, Geschäftsbe-reichsleiter, seit 2004 Geschäftsführer

Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

Herausforderungen im Pharmaanlagenbau

Dr. Tobias Lücke LSMW GmbH Lotterbergstrasse 30 70499 Stuttgart

1. Einleitung

Der Anlagenbau in der Pharmaindustrie umfasst Anlagen für: die Wirkstoffherstellung (über chemische Synthese oder über biotechno-logische Verfahren) die Herstellung der Arzneiform

Folgenden Herausforderungen muss sich der Pharmaanlagenbau stellen: (1) Mit der Neufassung der Pharmabetriebsverordnung (PharmBetrV) werden auch die Hersteller von Wirk- und Hilfsstoffen den GMP-Regularien unterworfen. Dies erfordert umfangreiche Upgrades der Anlagen auf GMP-Niveau. (2) Die Time to Market-Perioden werden kürzer. Der Zeitraum zum Bau einer An-lage ist im Vergleich zum Entwicklungs- und Zulassungsprozess eines neuen Prä-paratsvergleichsweise gering. Trotzdem spielen kürzere Bauzeiten aus folgenden Grün-den mittlerweile eine entscheidende Rolle:

Nicht selten werden in biotechno-logischen Anlagen pro Tag Produkte von mehreren Millionen Euro produziert steigender Bedarf für ein zugelassenes patentgeschütztes Präparat muss kurzfristig befriedigt werden, um den Wirkstoff während der Patentlaufzeit maximal zu vermarkten. Durch Einsatz von Biogenerika sinken die Erträge nach Ablauf des Patentschutzes dramatisch.

Insbesondere die Überlegungen zu Pkt. (2) erfordern Reaktionen des Anlagenbaus zur deutlichen Verkürzungen von Realisierungs-zeiten. Der Vortrag wird sich mit den entsprechenden projektmethodischen Ansätzen beschäftigen.

2. Fast–Track-Projekte – Benchmarks

Eine der Branchen, die schon immer unter enormen Zeitdruck stand, war die Halb-leiterindustrie. Es ist üblich, eine grössere Halbleiterfabrik (Investsumme 1,5 Mrd. €) in folgender Terminschiene zu erstellen:

Machbarkeitsstudien (Monat -3) Investentscheidung (Monat 0) Baubeginn (Monat +3) Mechanische Fertigstellung (bis Monat +12) Installation Prozessequipment und Anfahren der Anlage (bis Monat + 16) Start Routineproduktion (Monat +18)

Für solche extrem kurze Realisierungszeiten ist auch der Begriff Fast-Track-Projekt-realisierung üblich. Die Erfahrungen aus der Halbleiterindustrie können, mit Modi-fikationen, auch im Pharmabereich angewendet werden.

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

3. Fast-Track-Projekte - Charakteristika Pharma

Projekte im Pharmaumfeld sind u.a. aus folgenden Gründen hochkomplex: Prozessanlagen sind in der Regel in Gebäuden installiert Zusätzliche Anforderungen an reine Umgebung (Reinraumtechnik) Geltungsbereich der GMP-Regelwerke, daher zusätzliche Anforderungen an Planung, Realisierung, Inbetriebsetzung und entsprechender Dokumentation (Qualifizierung)

Folgende Elemente kennzeichnen Fast- Track-Projekte:Klare Analyse des kritischen Pfades notwendig, konsequente Ausrichtung des Projektablaufes auf den kritischen Pfad Vollständige Integration des Genehmigungsverfahrens (z.B. nach BImSchG) in den Projektablauf Klare Sourcing-Strategie mit Risikoverteilung; rechtzeitige Beschaffung von Ausrüstungen mit langer Lieferzeit (LLI)1

Wo immer möglich koordinierte Parallelität der AktivitätenVertrauensvolle Zusammenarbeit CONTRACTOR und USER, die sich u.a. in fairen Verträgen widerspiegelt Rechtzeitige und stabile Entscheidungen des USERS.

4. Der kritische Pfad in einem Pharmaprojekt

Typischerweise trifft man auf folgende Projektphasen:Front End Design (Machbarkeitsstudien, Konzeptstudien) Planungsphase (bis Extended Basic Design) Realisierungsphase (incl. Detailplanung, Bau und Montage, Inbetriebsetzung und Qualifizierung)

Die Erfahrung aus vielen Projekten zeigt, dass der kritische Pfad im Pharmabe-reich in der Regel aus folgenden Elementen besteht:

Planungsphase bis zum Extended Basic Design Lieferzeit für die LLI Montage, Inbetriebsetzung und Qualifizierung der Prozesssysteme u.U. kann auch die Dauer des Genehmigungsverfahrens zeitkritisch sein, häu-fig ist aber ein vorzeitiger Baubeginn im Rahmen einer Teilbaugenehmigung möglich.

Falls LLI’s mit einer Lieferzeit von 12 Monaten eingesetzt werden müssen, liegen erfahrungsgemäss die Terminabläufe bei der Errichtung der Gebäude sowie der Gebäude- und Reinraumtechnik nicht auf dem kritischen Pfad. Vor diesem Hinter-grund ist zu prüfen, ob einige der in der Branche diskutierten Möglichkeiten, die Zeit zur Erstellung des Gebäudes zu verkürzen (z.B. Raumzellenbauweise, [1] ), im konkreten Projekt tatsächlich zu einer Verkürzung der Gesamtprojektlaufzeit führen.

5. Planungsphase

Innerhalb der Planungsphase müssen folgende Meilensteine beachtet und akzep-tiert werden:

Meilenstein (1): Design Freeze Meilenstein (2): Genehmigungs-unterlagen fertig gestellt.

Zum Meilenstein (1) sollten folgende grundsätzliche Entscheidungen getroffen sein (die in den nachfolgenden Phasen detailliert werden):

1 LLI … Long Lead Item

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

Fixierung des Prozesses in verbindlichen Prozessfliessbildern Erarbeitung der Flächenbilanz (einschliesslich Technik und Neben-flächen) und der Gebäudekonzeption (Space Management) Entwicklung Funktionallayout mit Hauptausrüstungen und Darstellung von Hygienezonen, Druckstufen Personal-, Material- und Abfallflüssen Definition Hauptausrüstungsliste mit Hauptparametern Festlegung der grundsätzlichen Ausführung von Lüftung, Medien-systemen und Elektrosystemen (Blockfliessbilder).

Änderung an den auf diese Weise definierten Grundsätzen verursachen zusätzli-che Kosten und Verzögerungen.Zum Meilenstein (2) liegt die Genehmigungsdokumentation, die sehr umfangreich sein kann (wie z.B. im Falle eines BImSchG-Antrages), vor. Weitere Änderungen nach Einreichung dieser Unterlagen führen nicht nur zu Verzögerungen im Pro-jektablauf, gegebenenfalls kann sich auch das Genehmigungsverfahren deutlich verlängern. Meilenstein (2) markiert den „Point of no return“.

6. Behördenengineeing

Die Genehmigungszeiträume können für das Gesamtprojekt kritisch sein. Es ist deshalb frühzeitig zu klären, welche Art Genehmigungsverfahren für das Projekt gelten. So unterscheidet sich in Deutschland die Genehmigung nach BImSchG mit zusätzlicher UVP ganz erheblich vom einfachen Bauantrag bezüglich der Verant-wortlichkeiten der Zeitabläufe und der Detaillierung der einzureichenden Unterla-gen. Behörden werden von Amts wegen erst nach Einrichtung der Antragsunter-lagen aktiv, es empfiehlt sich jedoch, die beteiligten Behörden vorab zu konsultieren und, soweit möglich, in die Planung einzubeziehen. Besonders wichtig ist die Klärung der regulativen Situation bei Auslandsprojekten. Abläufe in Asien unterscheiden sich sehr deutlich von den uns aus Europa geläufigen Abläufen.

7. Prozessausrüstungen und Long Lead Items

Ausrüstungen mit kritischer Lieferzeit sind frühzeitig zu identifizieren und rechtzei-tig zu bestellen. Dies beeinflusst den kritischen Pfad. Grundsätzlich gibt es zwei Realisie-rungsstrategien für prozesstechnische Installationen.Strategie 1: klassisch; kostenoptimiert

Einzeleinkauf von Apparaten und Package UnitsEinzeleinkauf von Bulkmaterial (Feldgeräte, Rohrleitungen, Armaturen, Kabel, Sekundärstahl) Einzeleinkauf der Steuerung Installation durch Montagefirma und Automationsfirma,

IBS2 und Qualifizierung durch USER/CONTRACTOR. Strategie 2: Liefereinheiten; zeitoptimiert

Analyse Prozessausrüstungen Definition von „Liefereinheiten“Einzeleinkauf von Package Units Vergabe kompletter Liefereinheiten (inkl. Apparate, Bulkmaterial und Au-tomatisierung) an einzelne Lieferanten CONTRACTOR als Systemintegrator IBS und Qualifizierung unter Nutzung von Ressourcen des LieferantenProzessnahe Infrastruktur (Medien-systeme, Abwassersysteme) eventuell in klassischer Strategie.

Die Erfahrung zeigt, dass im Fast Track-Umfeld lediglich Strategie 2 sinnvoll an-wendbar ist, da in erheblichem Umfang vorgefertigt werden kann und die Verant-wortung auf mehrere Schultern verteilt ist. Strategie 2 setzt umfangreiche Erfah-

2 IBS … Inbetriebsetzung

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

rungen bei der Integration der verschiedensten einzelnen Einheiten und Systeme voraus. Dies erfordert Erfahrung im Handling komplexer Schnittstellen.Diese Strategie ist auch für relativ grosse Prozesseinheiten (z.B. komplette Fer-mentationseinheit 22.000 l ) erfolgreich implementiert worden (sog. SuperSkid Ap-proach, s. auch [2] ).

8. Bau- und Montageabläufe

Von besonderer Bedeutung sind die Integration der Prozessinstallationen in die Bauabläufe. Dies erforderte eine detaillierte Baustellenlogistik. Insbesondere die Abtrennung von Schwer- und Feinmontage-aktivitäten und die Abtrennung von all-gemeinen Stahlarbeiten von Edelstahlarbeiten sind wichtig. Für einige Installatio-nen sind ggf. Reine Umgebungs-bedingungen sicherzustellen. Eine ausführliche Darstellung findet sich in [3].

9. Integration der Qualifizierung

Pharmaprojekte sind durch umfangreiche Qualifizierungsaktivitäten gekennzeich-net. In Fast-Track-Projekten ist es besonders wichtig, wo immer möglich, Ergeb-nisse des „normalen“ Engineerings auch zu Qualifizierungszwecken zu benutzen.

Hierbei gelten folgende Grundsätze: Frühzeitige Durchführung von Risikoanalysen zur Identifikation von GMP-kritischen Systemen Klare Definition der Qualifizierungsleistungen von USER, CONTRACTOR und LIEFERANTVor Bestellung der Einheit sollten die Umfänge der Qualifizierungsdoku-mentation und der Qualifizierungs-aktivitäten des LIEFERANTEN verbindlich definierte werden. Detailrisikoanalysen nach Vergabe liefern wesentliche Elemente des IQ3- und OQ4-Testprogramms sowie eine Übersicht der zu erstellender SOP. IQ und OQ-Protokolle sollten vor den FAT5 zumindest im Entwurf vorliegen; der FAT sollte, wo immer möglich, als Dry-Run für die OQ dienen. Wenn möglich, sollten IQ-Punkte beim FAT abgearbeitet werden.

Die Erarbeitung der SOP6 und die Schulung der Operatoren sollte vor Beginn der OQ durchgeführt werden.

Dies eröffnet die Möglichkeit, die OQ durch geschultes Personal des USERS durchzuführen. Damit wird sicher-gestellt, dass das Personal im Detail mit der Anlage vertraut ist.

10. Projektmanagement-methodik

Professionelles Projektmanagement ist entscheidend für die erfolgreiche Abwick-lung eines Fast–Track-Projektes.Folgende Punkte sind wichtig:

Alle Regeln der Good Project Management Practices (GPMP) sind selbst-verständlich genau einzuhalten. Terminplan muss auf einem in der Praxis verifizierten Projektablaufmodell beruhen.

3IQ …..Installations Qualifizierung

4OQ … Operations Qualifizierung

5 FAT … Factory Acceptance Test6

SOP … Standard Operation Procedures

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

Die in der Regel örtliche Verteilung der Projektbeteiligten erfordert die Imp-lementierung eines (möglichst) web- basierten Collaboration Tools.

11. Ausführungsbeispiel 1

Beim ersten Beispiel handelt es sich um einen Neubau eines Fertigungsbetriebes: Produkte: aseptisch formulierte Lyophilisate Bruttogeschossfläche 5.500 m²,Fläche klassifizierter Reinraum:

1.000 m², Klasse A,B,C,D Die Anlage wurde in folgender Terminschiene errichtet:

Planungsbeginn 11/02Stopp, Neudefinition Planungs-grundlagen aufgrund geänderter Geschäftsmodelle 12/02Konzeptüberarbeitung 05/03

Bestellung LLI 07/03Baubeginn 09/03Gebäude dicht 01/04

Mechanische Fertigstellung 01/04-08/04

Ende OQ 10/05

Sieht man von der „unnötigen“ Planungs-schleife zu Beginn ab, kann eine Anlage dieser Grössenordnung problemlos in22 Monaten geplant und gebaut werden. Terminkritisch waren hier die Lieferzeiten der LLI (hier Abfülllinie und Gefriertrockner).

12. Ausführungsbeispiel 2

Hier handelt es sich um ein Projekt zur Herstellung von Grippeimpfstoffen. Diese Produkte werden in Kampagnen hergestellt. Ein Überschreiten des Fertigstel-lungstermins kann zum Verlust einer ganzen Jahres-produktion führen. Entspre-chend kritisch ist der Terminplan zu überwachen.

Bruttogeschossfläche 15.000 m² Reinraumfläche: 3850 m² (D und C)

Biosicherheitsstufe 3

Es gelten folgende Abläufe:

Konzept und Extended Basic 5 Monate Optimierung undValue Engineering 4 Monate Realisierung (Detailplanung, Bau/Montage, IBS und Qua-lifizierung)

19 Monate

Die sich ergebende Gesamtdauer von 28 Monaten kann bei Vermeidung von zeit-aufwendigen Optimierungen auf 24 Monate verkürzt werden. In dieser Zeit ist es möglich, komplexe mittelgrosse Produk-tionsanlagen im Investmentbereich zwi-schen 50 und 100 Mio. € zu planen und zu errichten.

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

Literatur:

[1] Rydall, J. R., Modular Construction: Innovation, Flexibility by Design; BioPharm International, October 2004, S. 38-44

[2] Leichter, G. / Turstam, L., An Alternative Approach to the Modular Design and Construction of Large-Scale Bulk Biopharmaceutical Manufacturing Facilities; Pharmaceutical Engineering May / June 2004, S. 1-9

[3] Dr. Lücke, T., Fast Track Project Realization of Biopharmaceutical Fill and Fin-ish Facilities; Proceedings of APV-Course No 262 - Biopharmaceutical Manufactur-ing Excellence: Fill, Finish and Quality Control of Biopharmaceuticals, 22nd-23rd

September 2004

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02. März 2006

FachvortragEU-Osterweiterung – Chancen und Risiken,Innovationen im Anlagenbau

»Innovationsfelder für denApparatebau«

Prof. Dr.-Ing. Eckart Weiss,Universität Dortmund

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Angaben zur Person

Prof. Dr.-Ing. habil. Eckart Weiß

derzeitige Funktion i.R. in Firma Universität Dortmund weitere Funktionen

kurzer Werdegang Studiert, promoviert und habilitiert an der Technischen Universität Otto von Guericke Magdeburg; seit 1991 Professur Chemieapparatebau an der Uni-versität Dortmund; seit 01.04.2005 i.R.

Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

Innovationsfelder für den Apparatebau

Prof. Dr.-Ing. habil. Eckart Weiß Universität Dortmund FB Bio- und Chemieingenieurwesen 44221 Dortmund Tel. 0231/755 2523, Fax 0231/7556195E-Mail: [email protected]

EinleitungDer Apparate- und Anlagenbau für energie- und stoffwandelnde Prozesse hat sich im internationalen Wettbewerb zu einer hart umkämpften Domäne entwickelt. Auf-grund der Kostenentwicklung haben deutsche Hersteller einen schweren Stand. Die Situation in der Industrielandschaft ist auffällig: ein zunehmend international agierender und sich organisatorisch erneuernder Anlagenbau und andererseits ein sich ständig reduzierender Apparatebau in unserem Land. Auf reiner Kostenbasis sind sicher in der Anlagenrealisierung Augenblickserfolge zu verzeichnen. Eine durchschlagende Trendwende wird so nicht erreichbar sein. - Der deutsche Appa-ratebau ehemals als Zulieferer von Ausrüstungen für prozesstechnisch optimale Anlagenkonzepte hat in einem beispielslosen Schrumpfungsprozess die Grenzen der innovativen Erneuerungsfähigkeit unterschritten.

Bei einer Analyse dieser Art muss sicherlich in einen konventionellen und innovati-ven Apparatebau unterschieden werden. Nur der Letztere ist in der Lage, Konzep-te, die auf dem Stand des Wissens basieren, zu realisieren. Für die Bedürfnisse des erst genannten Weges ist sicher das Stichwort „Globalisierung“ ein profitables, allerdings zeitlich befristetes Rezept. Es steht aber die Frage im Raum, ob moder-nes Prozessdesign, in dem wissenschaftliches Grundwissen, was ja in unserem Land reichlich generiert wird, mit Anlagenkomponenten „alten Stils“ ohne Effektivi-tätsverlust realisiert werden kann. Die Erfahrungen tendieren zu der Aussage, dass es nicht bzw. nur bedingt möglich sein wird. Aus dieser Konstellation heraus ergibt sich eine Motivation für die Entwicklung einer modernisierten Apparatetech-nik. Auf diese Herausforderung sollte schnell reagiert werden, um in unserem Lan-de nicht den Anschluss zu verlieren.

Das Tagungsmotto sollte deshalb so interpretiert werden: Der Anlagenbau der Zu-kunft schließt die Entwicklung der Apparatetechnik mit ein, weil Wettbewerbsvortei-le nur dann auf Dauer erreichbar sind. Der Beitrag möchte dazu einige Hinweise geben.

StandortbestimmungInnovation ist in der gegenwärtigen Entwicklungsetappe ein „Zauber“-wort, das in aller Munde ist, womit sehr schnell eine inhaltliche Entwertung einhergeht. Hier ist der Begriff in seinem ursprünglichen Sinn gemeint: eine rein wirtschaftliche Kate-gorie bzw. im Dienste wirtschaftlicher und sozialer Unternehmensziele, die letzt-lich auf dem Markt eine abschließende Bewertung in Form von Marktanteilen, Ge-winnen, Produktivität oder Attraktivität erfahren.

Die historische Entwicklung in unserer Branche hat bereits eine beachtliche Wegstrecke zurückgelegt. Sie vermittelt uns schon einige Erfahrungswerte. Allge-meine Trends sind: Entwicklung verläuft widersprüchlich, es gibt „Aufs“ und „Abs“ mit integrierenden und differenzierenden Entwicklungsstufen. Sofern derartige Schritte innovativ (im ausgeführten Sinne) sind, sind sie unaufhaltsam. Das gilt auch für die Globalisierung. Rückblickend schauen wir auf eine relativ unabhängi-ge Entwicklung von Chemie und Apparatebau. Die Blütezeit des sich herausbil-

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

denden Großanlagenbaus erwuchs aus der Symbiose von Chemie und Apparate-bau. Das tragende Prinzip war schnell erkannt: Einheit von Prozess und Apparat (K.Kirschbaum, C.J.Heckmann u.a.). Dieses Prinzip sagt nicht mehr aber auch nicht weniger aus, als dass ein optimaler Prozess nur mit optimalen verfahrens-technischen Prozessstufen und mit weitgehend angepassten Anlagenkomponen-ten zu erreichen ist. Ein Schwachpunkt in der Kette beeinträchtigt das Betriebser-gebnis nachhaltig. Blütezeiten stellen in der menschlichen Entwicklung meist riskante Zeiten dar, weil sie nicht konservierbar sind und zu Fehlentwicklungen einladen. Die Finanzmittel entziehen sich der Kontrolle, der Weitblick geht verloren, es werden kurzfristige, meist gewinnabschöpfende Entscheidungen gefällt. Die ingenieurbasierte Kompe-tenz scheint in solchen Phasen eine Talsohle zu durchschreiten. Entscheidungen sind meist rein betriebswirtschaftlich dominiert. Einige Argumente, die in diesem Milieu gedeihen, mögen das verdeutlichen:

Den Apparat kauft man sich auf dem Markt. Der Apparat hat zu halten. Die Apparateentwicklung ist praktisch abgeschlossen. Er ist nicht mehr als

Blech, Rohr und Profil. (Der Apparatebau wird dem Maschinenbau als Fer-tigungsprodukt zugeschlagen.)

Es wird der Universalapparat aus korrosionsbeständigem Material gefor-dert!!!

Mit solchen Vorstellungen kann man auf Dauer nicht im Wettbewerb bestehen. Wer so Prozessentwicklung und Anlagenbau betreibt, wird bald selbst ein Opfer der Globalisierung werden. Um den Anforderungen der heutigen Zeit gerecht zu werden, muss man das oben genannte Prinzip in sofern anpassen, dass man die am Prozess beteiligten Spezi-algebiete (Biologie, Chemie, Physik, Werkstofftechnik, Fertigungstechnik, Verfah-renstechnik, Apparatetechnik u.a.) zu einem Netzwerk vereinigt und zu einer opti-malen Arbeitsorganisation findet. Eine innovationsfreundliche Unternehmenskultur (Abb.1) ist dabei eine grundsätzliche Voraussetzung /2/. Trenduntersuchungen und Abfragen durch Verbände (VDMA /1/, FDBR)sind sicher für den Augenblick hilfreich. Wenn man die Resultate kritisch untersucht, kann man sich des Eindrucks nicht erwähren, ob man in Anbetracht der allgemeinen Mi-sere überhaupt in der Lage ist, Trends zuformulieren (Abb.2, 3). Der Informations-stand gegenüber dem allgemeinen Know how erscheint nicht sehr hoch, weil In-formationsmöglickeiten nur in sehr begrenztem Maße wahrgenommen werden können.

Zu Innovationsfeldern der Apparatetechnik Ohne den Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben, sollen nachfolgend einige Be-reiche (Abb.4) abgesteckt werden, auf denen in den nächsten Jahren innovative Entwicklungen zu erwarten sind. Es handelt sich dabei einerseits um neuartiges Apparatedesign, das aus der innovativen Verfahrens- und Prozessgestaltung re-sultiert, und andererseits um die Fortschreibung traditioneller Aufgabenstellungen, deren Lösung aufgrund des allgemeinen Fortschritts innovatives Apparatedesign ermöglicht. Weiterhin soll auf die Entwicklungen der Informationstechnik hingewie-sen werden, die zu erheblichen Rationalisierungseffekten in der Arbeitsorganisati-on führen. Ein Fakt, der auf die arbeitsteilige Entwicklungsarbeit in Netzwerken zu-geschnitten ist. Diese qualifizierte Arbeitsweise kann als direkte Antwort auf hohe Arbeitskosten angesehen werden und würde diese auch rechtfertigen. Anhand der folgenden Beispiele sollen diese Gedanken weiter vertieft werden.

Beispiel: Mikroreaktor Es bestand die Aufgabe im Rahmen eines BMBF-geförderten Demonstrationspro-jektes /3/ die positiven Effekte der Synthese mit Mikrostrukturen, die im Labormaß-stab nachgewiesen waren, auf einen industriellen Maßstab direkt zu übertragen.

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

Zur Aufrechterhaltung der inhärenten Sicherheit war die Struktur durch einen Spalt der Größenordnung 0,9±0,1mm gekennzeichnet. Der Reaktion gingen Verdamp-fung und Mischung von hochreaktiven Komponenten voraus. Eine verwendungs-fähige apparative Lösung lag nicht vor. Die Lösung war folglich grundlegend zu er-arbeiten. Dazu gehörten die Katalysatorentwicklung – präparativ und Testung – das Reaktordesign, Anlagenprojekt. Vom ersten Tag an waren Chemiker, Verfah-renstechniker, Apparatekonstrukeure, Berechnungsingenieure und Anlagenpro-jektanten an der Bearbeitung beteiligt. Mit der simultanen Bearbeitung bei unter-schiedlicher Intensität war ein zeitraffender Ablauf gesichert. Die komplexen Anforderungen führten zu einer Lösung, die in Abb.5 schematisiert dargestellt ist. Der als Containment fungierende Behälter (Sicherheit, druckstoß-fest) inkludiert alle für die Reaktion erforderlichen Prozessstufen, Im Prinzip stellt er ein komplettes Anlagenmodul dar. Apparatetechnisch waren hierbei zahlreiche Sonderprobleme, wie Planparallelität der Spalten, Wärmetransport, Abdichtungen, flexible Zu- und Ableitung von Stoffströmen, Werkstoff- und Fertigungsprobleme, zu lösen. Die komplexen Zusammenhänge machten es erforderlich, dass maß-gebliche Ingenieurtools (CAD-3D, FEM, CFD u.a) sinnvoll miteinander kommuni-zieren können (Abb. 6), um effektiv auf ein Optimum hinzuarbeiten.

Beispiel: Strategische Planung des Prüfgeschehen /4/ Druckbehälter sind überwachungsbedürftige Komponenten, die in vorgegebenen zeitlichen Abständen einer Wiederholungsprüfung zu unterziehen sind. Eine wie-derkehrende Prüfung bedeutet im Allgemeinen eine Anlagenabstellung, die mit er-heblichen Verlusten verbunden ist. Die Situation kann prekär werden, wenn sich bei zyklischer Betriebsweise sehr unterschiedliche Prüffristen ergeben. Das De-monstrationsmodell in Abb. 7, 8 macht dies eklatant deutlich. Die triviale Lösung „Erhöhung der Wanddicke“ ist kostspielig und nur bedingt tauglich. Das gegenwärtige verfügbare Instrumentarium zur Führung eines Betriebsfestig-keitsnachweises erlaubt es, hohe Lastwechselzahlen generell anzustreben bzw. eine auf einen vereinbarten Prüfrhythmus (z.B. auf eine Generalabstellung hin ori-entiert) zu entwickeln. Das vorliegende Beispiel zeigt, dass auch in der genauen Analyse (Abb. 9,10,11), hier die Aufdachung, durchaus Reserven vorhanden sind und weiterhin, dass be-reits zu Beginn eines Anlagenprojektes auf ein kostengünstiges Prüfkonzept hin-gearbeitet werden kann, was sich auch als wertsteigernde Maßnahme vermarkten lassen wird.

Beispiel: Gewölbter Deckel Der Druckbehälterbau profitiert im hohen Maße von einfach und doppelt gekrümm-ten Konturen. Deckelausführungen, auch Blindflansche, sind in der Regel eben ausgeführt. Der Deckel als flach gewölbte Schale im Mittenbereich hat gegenüber der Platte vom Materialeinsatz her erhebliche Vorteile. Bekannte Ausführungen (Abb.12) bei lösbaren Verbindungen bringen im Zusammenhang mit der Schweiß-konstruktion und der Abdichtung Probleme mit sich, die dem möglichen Leichtbau entgegenstehen. Aus dieser Betrachtung heraus wird der monolithische, flach ge-wölbte Deckel als Klemmverbindung mit einem Losring und einer O-Ring-Abdichtung empfohlen (Abb.13). Es konnten Bedingungen für die Herstellung und die festigkeitsmäßige Auslegung dieser Konstruktion abgeleitet werden /5,6/. Eine Finite-Element-Analyse (Abb.14) bestätigt die Aussagen.

Das Ergebnis kann wie folgt zusammengefasst werden: • Gewölbte Konturen haben günstiges Tragverhalten.

(ca. 5-fach höhere Tragfähigkeit als ebene Formen). • Monolithisch u. gewölbt ist unproblematisch in der Herstellung • Keine Schweißeinwirkung (vorteilh. Ermüdungsbewertung) • Verbundkonstruktion: hochwertiger Deckelwerkstoff, Losflansch aus unle-

giertem Stahl

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

• Effektives Dichtungsprinzip (quasi selbstdichtend)

(z.B.: DN 500 - Blindflansch; p= 20 MPa Platte: h = 30 mm; gewölbt: 3 mm (freie Wölbung 68mm) Masse: 150kg / 50kg; Schwenkkonstruktion kann entfallen)

Beispiel: Rohrbündelwärmeübertrager In der Anlagentechnik für energie- und stoffwandelnde Prozesse spielen wärmeübertragende Aggregate eine überaus wichtige Rolle. Die zur Verfügung stehende Apparatetechnik für diesen Vorgang ist vielgestaltig. Da die Fluidräume in der Regel hermetisch voneinander getrennt sind, stellen Temperaturdifferenzen und –gradienten nicht zu vernachlässigende Lastgrößen dar. Häufig beeinflussen sie die konstruktive Gestaltung. Standardapparatetyp ist der Rohrbündelwärmeübertrager (RWÜ). Grundlegende Ausführungsformen sind in Abb.15 dargestellt. Übliche Rohrbefestigungen zeigt Abb.16. Diese Besonderheit und weitere Lastzustände mit zyklischer Einwirkung beanspruchen diese Apparate komplex.

Dies war der Grund dafür, dass dieser Apparatetyp in den vergangenen Jahrzehnten eine stark frequentierte Domäne der wissenschaftlichen Auseinandersetzung darstellte. In den letzten Jahrzehnten schien sich aus Sicht der Regelwerke eine Art Beharrungszustand eingestellt zu haben, der sich einerseits in Bestandsbewahrung und andererseits in weitgehender Annäherung an den wissenschaftlichen Kenntnisstand der 70iger Jahre äußerte. Da sich die Berechnungsgrundlagen an den Grenzen extrem vereinfacht und extrem komplex bewegen, ist eine Polarisierung der Nutzer zu verzeichnen, wobei bei objektiver Einschätzung der Lage Zufriedenheit nicht aufkommt, zumal bei keiner der Methoden eine versagensauffällige bzw. besonders vorteilhafte Auslegung nachgewiesen werden kann.

Die Situation wird im europäischen Bereich besonders für deutsche Hersteller brisant, weil bisher relativ einfache Auslegungsgrundsätze (AD-Merkblatt /8/) den Anforderungen genügten und die europäische Norm DIN EN 13445, Teil 3, Abschn. 13 /9/ nunmehr die analytisch geprägte Methode prädestiniert, eine alternative Methode auf der Grundlage der Traglasttheorie (im Anhang J von /9/ ) zwar durchaus vertrauenswürdig erscheint, aber keine wesentliche Erleichterung schafft.

In der vorliegenden Beitrag /7/ wurde der Versuch unternommen, für einen RWÜ mit festem Rohrbündel mit und ohne Kompensator für die Berechnungsmethoden nach AD-Merkblatt 2000, DIN EN 13445, T. 3, Abschnitt 13 und Anhang J unter Einbeziehung einer Finite-Elemente-Analyse (FEA) die auf einer 3D-CAD/Workbench (ANSYS) – Kopplung beruht, eine Bestandsaufnahme vorzunehmen. Die FEA ist nur in diesem Zusammenhang rationell anwendbar.

Die Abbildungen 17 bis 23 geben einen Überblick über die Ergebnisse der Untersuchung im Einzelnen. Abb.24 liefert das Fazit der Analyse.

AusblickInnovative Impulse sind für den Apparatebau als integrierter Bestandteil des Anlagenbaus im Verbund mit Neuerungen in der Verfahrens- und

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

Prozesstechnik und weiteren beteiligten Spezialgebieten zu erwarten. Simultane, vernetzte Zusammenarbeit verspricht Qualität und Zeitgewinn. In dieser Sphäre sind die nachhaltigsten Effekte für den internationalen Wettbewerb zu erwarten.

Darüber hinaus weist die Apparatetechnik noch genügend Potenzial auf, um auch auf eigenem Terrain zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit beizutragen, zumal sich in unserem Land zahlreiche grundlagenorientierte Forschungsergebnisse für die praktische Umsetzung anbieten.

Literatur/1/ Koldau, A.: Trends der Verfahrenstechnik 2004-2008;

VDMA; Frankfurt a. Main Mai 2005

/2/Thom, N.: Unternehmen: Innovation gefordert;

BioWorld 02-2005

/3/ Weiß,E. u.a.: Reaktorentwicklung und Rationalisierung des Konstruktionprozesses für verfahrenstechnische Komponenten;

Bericht zum BMBF-Projekt 2004, Projektträger FZ Jülich GmbH

/4/ Weiß, E., Rudolph, J.: Wirtschaftliche Aspekte der Betriebsfestigkeitsanalyse im Druckbehälterbau;

Technische Überwachung (im Druck)

/5/ Weiß, E., Rudolph, J.: Flach gewölbt und materialsparend;

Technische Überwachung Bd.46 (2005) Nr.6, S.42-44; Teil 1

Technische Überwachung Bd.46 (2005) Nr.7/8, S.31-37; Teil 2

/6/ Weiß, E., Rudolph, J.: Experimentelle Untersuchungen zu flach gewölbten Deckeln;

Technische Überwachung Bd.11/12, S.33-38

/7/ Weiß, E., Rudolph, J.: Zum Festigkeitsnachweis von Rohrbündelwärmeübertragern;

Technische Überwachung (im Druck)

/8/ AD-2000-Regelwerk; Hrsg.:VaTÜV. Köln: Carl Heymanns Verlag 2002

/9/ DIN EN 13445-3; Unbefeuerte Druckbehälter-Konstruktion;

Berlin: Beuth Verlag, 2005

In den Zeitschriftenartikeln ist weitere Primär- und Sekundärliteratur angegeben.

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02. März 2006

FachvortragEU-Osterweiterung – Chancen und Risiken,Innovationen im Anlagenbau

»Ingenieurausbildung vordem Hintergrund der indus-triellen und gesellschaft-lichen Veränderungen«

Prof. Dr.-Ing. Eberhard Schlücker,Universität Erlangen

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Angaben zur Person

Prof. Dr.-Ing. Eberhard Schlücker

derzeitige Funktion Ordinarius in Firma Lehrstuhl Prozessmaschinen und Anlagentechnik weitere Funktionen Gerichtlicher Gutachter, Stiftungsrat, Techn. Berater

von Firmen, Mitherausgeber einer Zeitschrift

kurzer Werdegang 1974 Facharbeiterabschluss Maschinenschlosser 1974 Fachhochschulreife1978 Ing. grad. Maschinenbau, FH Heilbronn1978 - 1984 Konstruktions- u. Forschungsingenieur 1989 Dipl.-Ing. Chemieingenieurwesen, Univ. Erlangen 1993 Promotion, dann Post-Doc.1995 - 1997 Abteilungsleiter F&E, 3 Monate USAbis 2000 Prokurist, Leiter des Bereiches Technik seit 4/2000 Professor und Lehrstuhlinhaber

Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

Ingenieursausbildung vor dem Hintergrund der industriellen und gesellschaftlichen Veränderungen

Prof. Dr-Ing. Eberhard Schlücker Lehrstuhl Prozessmaschinen und Anlagentechnik, Universität Erlangen-NürnbergCauerstraße 4, 91058 Erlangen Tel. 09131/8529450, Fax 09131/852449, E-Mail: [email protected]

Das verklärte Bild des Ingenieurs als Erfinder oder Entwickler, als Denker in der Pose der Versunkenheit, allein über einen Zettel gebeugt, frei allen Zweifels und scheinbar ausgestattet mit aller Zeit der Welt. Gibt es dieses noch? Ja natürlich, aber selbstverständlich nicht in dieser poetischen Form und eher unter Zeitdruck arbeitend. Noch immer purzeln aus dem Gehirn einzelner verblüffende neue Ein-fälle, und noch immer werden große Ideen mit wenigen oder einem Namen ver-bunden.Studiert man jedoch neuere Patente oder blickt man in die Forschungsabteilungen oder Entwicklungsbüros moderner Industrieunternehmen, so muss man feststellen, dass es wohl immer schwerer wird, neue richtungweisende Ideen oder Konzepte alleine zu entwickeln. Reichte es bis vor wenigen Jahren noch aus, Anstoß durch eine Fragestellung zu erhalten, damit in Gedanken mit seinem Fachgebiet zu spie-len und daraus eine Idee hervor zu zaubern, so wird es zunehmend wichtiger, über den berühmten „Tellerrand“ zu schauen. Dies bedeutet, andere Wissensgebiete mit in die Überlegungen einzubeziehen, im Team zu arbeiten und mit Hilfe von Kreativitätsmethoden, motivierenden Ansätzen und klaren Zielformulierungen die-ses Team zu Höchstleistungen zu treiben.Es gilt also, die Ideen- oder Konzeptfindung zu organisieren, mehrere Personen zu beteiligen und Produkte aus mehreren Wissensgebieten heraus entstehen zu las-sen. Überzeugende Beispiele dafür gibt es bereits genug. Produkte oder For-schungsergebnisse hergestellt aus oder mit Hilfe der Kombinationen von Photonik und Maschinenbau, Biologie und Anlagentechnik, Werkstoffen und Biologie, Elekt-rotechnik, Informatik und Chemie sowie Prozessmaschinentechnik und Medizin sind in Vorbereitung oder bereits veröffentlicht.

Aber nicht genug, denn gleichzeitig zwingt der Weltmarkt zu immer kürzeren Ent-wicklungszeiten, schnelleren Entwicklungszyklen und zu kompromisslosem Wirt-schaftlichkeitstreben. Neue Produkte sind dadurch zunehmend mit Risiken behaf-tet und müssen gleichzeitig technologische Punktlandungen sein. Rückrufaktionen wirken Ruf schädigender denn je, zumal die Nachentwicklung beim Kunden, eine im Investitionsgütersektor - beispielsweise in der Prozesstechnik - nicht selten praktizierte Methode kaum mehr toleriert wird. Eine Entspannung versprechen da nur neue Ideen und Innovationen, die konsequent neue technische Ausführungen und in höchstem Maße wirtschaftliche und nachhaltige Produkte hervorbringen.

Die Ingenieure sehen sich also steigenden Anforderungen gegenüber, zumal der Ruf nach einer zukunftsgerechten Ausbildung bereits aus den Chefetagen der In-dustrie erklingt. Wie aber muss eine solche Ausbildung aussehen? Selbstverständ-lich sind auch in einer modernen Ausbildung die klassischen Grundlagen nötig. Gleichzeitig müssen die neusten Entwicklungen einfließen, muss an neusten Werkzeugen geübt werden und müssen Methodiken gelehrt werden, um für die Zukunftstechnologien gewappnet zu sein. Nicht vergessen werden sollte dabei, dass die Synergie aus verschiedenen Fachgebieten neue Chancen bietet. Daher sollte der Einblick in andere, scheinbar auch weit entfernte Fachgebiete, zu einem festen Ausbildungsbestandteil werden.

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

Aber auch das reicht noch nicht! Aufgrund der Internationalisierung, der oft nur im Team effizient möglichen Ideensuche, Produktentwicklung oder Produktoptimie-rung, sowie nötiger Kundenorientierung müssen Ingenieure immer häufiger auch ein hohes Maß an Sozialkompetenz besitzen. Sie müssen mindestens eine Fremd-sprache beherrschen, über ein gewisses Kostendenken verfügen und gleichzeitig auf einen „Werkzeugkasten“ gefüllt mit Kreativitätstechniken, Teammanagement-, Innovationsmanagement- und Wissensmanagementmethoden zurückgreifen kön-nen.Ist der einzelne Ingenieur also eine „Multifunktionswaffe“? Selbstverständlich nein, denn die Teamleistung wird künftig eine immer größere Rolle spielen. Aber je mehr von diesem Fähigkeitscocktail verfügbar ist, desto größer sind die persönlichen und die industriellen Chancen für Innovationen. Ein ehrgeiziger junger Mensch wird sich daher fragen, wo und wie man zu einer solchen Befähigung gelangt, mit der man technische Probleme und Aufgaben kompetent, schnell und konkurrenz-fähig lösen, neue Ideen entwickeln und mit Hartnäckigkeit und Weitsicht Projekte zum Ziel führen kann. Die Antwort klingt fast langweilig: Zweifellos nur durch Per-sönlichkeitsbildung und Lernen! Aber dieses Lernen sollte effizient sein und stark an Methodiken. Die Persönlichkeit sollte dabei nicht verbogen werden, sondern einzigartig bleiben, um damit als Teammitglied ein kreatives Wechselspiel mit An-dersdenkenden entfachen zu können. Um dies zu ermöglichen, müssen Freiräume in der Ausbildung ein immerwährendes gesellschaftliches Ziel sein.

Wie aber steht es mit der Bildung? Sie wird in unserer Gesellschaft hoch geachtet und auch – Pisa lässt grüßen – für verbesserungswürdig erachtet. Ob sie so schlecht ist, wie die Pisa-Studie glauben machen will, sei dahingestellt. Die Politik reagierte jedoch schnell, führte das G-8 ein und steigerte damit die Wochenstun-denzahl und teilweise sogar den Stoffinhalt.In den meisten Einrichtungen wurden die staatlich verordneten Veränderungen eingeführt, ohne nachhaltig die Methoden für das Lehren zu überdenken und aus der Veränderung des gesellschaftlichen Umfeldes und der Situation der Schüler und Studenten Konsequenzen zu ziehen. Eine Steigerung der Lehrstundenzahl, selbstverständlich mit Frontalunterricht, und höhere Stoffkonzentrationen sind da-her vielfach die einzigen Maßnahmen. Die Folgen sind gravierend. Aus Angst vor zu hoher Belastung scheuen viele Kinder und Eltern den Wechsel in die Leis-tungskurse oder das G8, und die es doch wagen, brauchen vermehrt psychologi-sche Betreuung und haben nachweislich zu wenig Freizeit. Freizeit bedeutet je-doch auch Zeit, um andere Fähigkeiten zu entwickeln oder Gelerntes zu verarbeiten. Auch viele Studenten klagen über zu hohe Belastung und meiden da-her wertvolle ergänzende Fächer oder gewinnbringende Leistungskurse. Daraus wird deutlich, dass eine Erhöhung des Leistungsdruckes allein nicht die Lerneffi-zienz steigert.Einige Schulen entdeckten, dass mit anderen Methoden und durch Spaß, Aktionen und Gruppeneffekte bessere Lernerfolge erreicht werden können, und praktizieren dies nun. Auch die Universitäten dürfen neuerdings wieder Studiengänge mit hö-heren Semesterwochenstunden entwickeln, und mancherorts verwirklicht man er-freulicherweise neue Ansätze und Methoden.

Um zu verstehen, was helfen könnte, muss man verstehen, wie das Lernen funk-tioniert und was Lernen eigentlich ist. Jeder kann sich vermutlich erinnern, dass man am besten lernte, wenn man die Konsequenzen des eigenen Tuns schmerz-haft oder angenehm, das heißt am eigenen Körper spürte, also viele Sinne einge-schaltet waren und damit die Emotionen angesprochen wurden. Spitzer [1] nennt als Beispiel für einen Lernerfolg die Erinnerung an den 11. September 2001: Jeder kann sich vermutlich erinnern wer zum Zeitpunkt bei ihm/ihr war als die Schre-ckensnachricht hereinplatzte. Also wieder Emotionen! Aber so dramatisch muss es nicht immer sein. Wir lernen auch wenn wir das Fertigstellen einer verhassten Pflichtaufgabe als Erfolg empfinden oder wenn wir an der Lösung einer Aufgabe Spaß haben. „Das Schönste, was wir entdecken können ist das Geheimnisvolle“,

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

sagt Einstein. Das Staunen über eine Sache ist also auch Lernen und wir sind gut, wenn eine Belohnung zu erwarten ist, die eine Sinneswahrnehmung verspricht. Letztendlich ist aber alles was hier aufgezählt ist Belohnung. Das heißt, das Be-lohnungsprinzip ist die beste Motivation für das Lernen. Was aber ist der Lohn des Lernens für einen Schüler oder Studenten? Neben dem großen Ziel des Abschlus-ses ist es nichts anderes als zumindest das mit dem Verstehen verbundene, durch was auch immer erzeugte, gute Gefühl. Effizientes Lernen funktioniert daher am besten auf dem Plateau zwischen „kapier ich nicht“ und „langweilig, kenn ich schon“, also auf dem Plateau „Oh, das ist ja interessant!“. Dieses Plateau ist in ei-ner ausschließlich schulischen Lehrumgebung nur so breit, wie der Lehrende in der Lage ist dieses zu schaffen und die Lernenden bei Laune – wach – halten kann. Je öfter Lernende begeistert mit „Aha, und was jetzt“ antworten würden, des-to erfolgreicher ist der Lehrende dabei. Bei der heutigen Stofffülle und der gleich-zeitig geforderten Effizienz ist dies eine schwere Aufgabe, bei deren Erfüllung Frontalunterricht nur wenig hilft. Wären die Lehrinstitutionen die einzigen Lernwel-ten, so könnte trotz Exzellenz nur das vermittelt werden, was direkt aus dem Un-terricht heraus einsichtig ist oder auf vorher Gelerntem aufbaut. Die Möglichkeiten für eine Steigerung der Lerneffizienz sind daher im uniformen und bevorzugt fron-talen Ausbildungsstil der Schulen und Hochschulen nur gering. Außerdem entsteht dort durch Uniformität wenig individuelle Kompetenz. Schulen und Hochschulen in klassischer Ausprägung fördern daher bevorzugt nur die logisch-analytische Intel-ligenz, das Verständnis für abstrakte Zusammenhänge. Der Grund für den Erfolg des Belohnungsprinzips ist aber nicht die analytische Fähigkeit. Es ist die Emotion, die Erfahrung, dass belohnt wird. Es ist also das Wechselspiel zwischen Logik und „Bauch“. Das „Bauchgefühl“ oder nennen wir es die „emotionale Intelligenz“ [2] wird aber in Schulen nur wenig gefördert. Dies muss aus der Gesellschaft kom-men.

Was aber ist die emotionale Intelligenz? Sie resultiert aus dem mit allen Sinnen während des ganzen Lebens erfahrenen und verinnerlichten Wissen. Entstanden durch Begegnungen und Erlebnisse, Erfolge und Misserfolge, monotone oder her-ausfordernde Aktivitäten. Jede Sinneswahrnehmung, ob Staunen oder Schmerz, Duft oder Lärm, Farben oder Schmutz ist emotionales Lernen. Es ist Lernen, Holz zu hacken oder mit öligen Fingern, die als Student billig ergatterte alte Karre zu re-parieren. Es ist Lernen, beim Ausbau der Lichtmaschine am alten Kadett sich Fin-ger mit vier Gelenken zu wünschen oder der ersten Liebe seines Lebens ein Ge-dicht zu schreiben. Einfach alles! Je mehr und vielfältiger, je aufrüttelnder und komplexer, je mehr Sinne beteiligt sind, desto besser.Aber was hat das mit der Ingenieursausbildung zu tun? Wenn alles Lernen ist, dann bedeutet das emotionale Lernen beispielsweise eine Verinnerlichung von mechanischen Vorgängen oder von Reaktionen der Natur die dann quasi als „Fil-me“ innerlich abrufbar sind. Es ist die Verinnerlichung beispielsweise der Effekte beim Holzhacken (Kraftbedarf, Duft, Bruchverlauf, Feuchteeinfluss, …), beim im Sand spielen, beim Musizieren. Möglicherweise gelingt es erst nach tausendfacher Wiederholung, einen Ton zu denken, aber am Ende hat man die innere Gewiss-heit, wie beispielsweise eine A-Saite klingt, wenn man sie im dritten Bund gedrückt anschlägt. Fortan verbindet man mit dem Notenbild einen Ton.Übertragen auf die Ingenieurswissenschaft bedeutet dies beispielsweise die Fä-higkeit beim Klang eines Motors auf die Beanspruchung an den Zylinderlaufflächen schließen zu können, sich in eine Maschine, einen Prozess hineindenken zu kön-nen, ein Rechenergebnis vom PC gefühlsmäßig bewerten zu können oder beim Betrachten einer Brücke das sichere Gefühl zu bekommen, dass sie richtig ausge-legt ist. Mit entsprechender emotionaler Erfahrung ahnen wir, wie die physikali-schen Zusammenhänge bei beliebigen Vorgängen sind, ohne gleich die passen-den Formeln im Kopf zu haben, ob eine Befestigung hält oder ein chemischer Prozess stabil bleibt. Es ist die schier unglaubliche Kompetenz des alten Meisters, der ohne technische Zeichnung in Windeseile aus Schrottstücken eine kleine per-fekte Versuchseinrichtung baut, oder die des Linsenschleifers, der ohne zu mes-

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sen eine Spherizität erreicht, die als perfekt gewertet werden muss. Es ist aber auch die Frau, die taubstumm mehrere Sprachen spricht und über die Fähigkeit verfügt, Ballett nach Musik zu tanzen, oder der Schüler, der den Hauptschulab-schluss nicht geschafft hat, jedoch einen Bestseller schreibt.Emotionale Intelligenz ist aber trotzdem etwas Normales. Jeder kennt die aus sol-cher Intelligenz resultierende Macht, wenn die Logik in einem Entscheidungspro-zess versagt. Ja, jeder weiß sogar, dass die emotionale Intelligenz oft stärker ist als die logisch-analytische, denn wie oft liefert das „Bauchgefühl“ eine Lösung, gibt die Sicherheit für eine Entscheidung oder die Idee für Innovatives. Haben Einstein, Schrödinger und Fermat ihre physikalischen oder mathematischen Geniestreiche zuerst gedacht oder gefühlt? Letzteres scheint aufgrund der historischen Überliefe-rungen wahrscheinlicher. Genies sind vor allem emotional stark. In dieser Art von Intelligenz steckt also eine große Kraft. Diese Intelligenz darf unserer industriellen Zukunft wegen nicht vernachlässigt werden. Sie ist eine Kernkompetenz guter In-genieure!

Dies führt zu der Frage, wie die Wechselwirkung dieser beiden Lernebenen, der emotionalen und der logisch-analytischen, ist? Stellen wir uns vor, zwei Studenten bekommen die Sedimentation von Partikeln erklärt. Student 1 hat als Kind viel im Sand gespielt und gelernt, dass wenn man den Sand hoch wirft, der Wind den feinsten Staub (die kleinsten Partikel) in die Augen bläst. Er hat damit verinnerlicht, dass kleine Partikel langsamer sedimentieren und kann damit die Sinkgeschwin-digkeitsformel direkt einordnen. Student 2 hingegen hatte nie mit Sand gespielt. Für ihn bleibt die gleiche Formel abstrakt.Dies mag ein konstruiertes Beispiel sein, trotzdem zeigt es, dass ein theoretischer Aspekt leichter nachhaltig gelernt werden kann, wenn er in die emotionale Erfah-rungswelt eingeordnet werden kann oder Erfahrungen an einer Stelle direkt er-gänzt werden. Die newtonschen Gesetze sind einfach leichter zu verstehen, wenn man sie vorher in ihrer Wirkung erlebt hat, ohne an Physiker zu denken. Es ist von Vorteil, wenn ein Bruchmechaniker die Bruchmechanik beim Holzhacken studieren konnte, und es ist sehr nützlich, die Einflüsse von Wetter und Umgebung auf Pflan-zen lang und ausgiebig zu erleben, wenn man den Stoffwechsel erforschen will. Die Kenntnis über Sensibilität der Pflanzen in ihrer Umgebung kann aber auch immer wichtiger für einen Ingenieur werden, wenn es einmal um die Nutzung die-ser biologischen Effekte für die Ingenieurstechnik geht. Je besser die emotionale Seite ausgebildet ist, desto häufiger ist eine Einordnung möglich und desto effi-zienter ist damit das Lernen.

Die beiden Lernebenen gleichen also einer DNA, einer „Bildungs-Leiter oder Bildungs-DNA“ mit einem emotio-nalen und einem logisch-analytischen Strang. Ist die emotionale Seite bestimmender für den Lernerfolg, so kann erst, wenn der emotionale Strang eine entspre-chende Kontaktstelle ausgebildet hat, der theoretische Aspekt vom logisch-analytischen Strang „andocken“. Ist ein Andocken nicht möglich, so bleibt der logisch-analytische Aspekt abstrakt und möglicherweise nutzlos (daher kann man sich Solches schwerer merken). Wis-sen kann also bevorzugt wachsen wenn solche „An-dockstellen“ entstehen. Erst dann kann „Etwas wachsen“

und es kommt häufiger die Schülerbemerkung „Aha, und was jetzt“. Je breiter die emotionale Basis desto breiter ist auch der Grat zwischen „kapier ich nicht“ und „kenn ich schon“. Ohne dieses „Andocken“ bleiben theoretische Aspekte eher abs-trakt und sind daher schwerer zu lernen. Eine theoretische Ausbildung ist somit ef-fizienter, wenn die emotionale Intelligenz unterstützend wirkt und das Bauchgefühl das erleichternde „Aha“ erst möglich macht. Eine effektive Ingenieursausbildung fängt also weit vor der Hochschule an und ist umso effektiver, je mehr „emotionale Intelligenz“ die theoretische Flut ordnen, zu-ordnen und verarbeiten kann. Je mehr Erfahrungswelten das Leben und die Aus-

www.ceul.umfg.br

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bildung bietet, umso effizienter sind die Lernprozesse und umso größer und indivi-dueller die spätere Kompetenz. Es kann aber als sicher gelten, dass diese Form der Intelligenz nur in geringem Umfang von Schule oder Universität kommt. Sie muss sich vielmehr im Leben und Arbeiten entwickeln. Je mehr wir davon haben, umso besser. Wie aber steht es mit der Ausbildung, dieser wichtigen Seite des In-genieurwesens? Leider nicht zum Besten!

Die Gesellschaft, und hier im Besonderen die Jugend und damit auch der Ingeni-eursnachwuchs, ist heute einem Medieneinfluss ausgesetzt der zunehmend Idole und Ideale, Zeitvertreib, Lebensziele, Meinungsmotive und Stimmungen bestimmt.Außerdem sind die in diesen Medien benutzten Werkzeuge, meist aufgrund der wirtschaftlichen Ziele der Medienmacher, so gewählt, dass von ihrer Darstellung ein Reiz ausgeht, der immer wieder übertroffen werden muss und so zwangsläufig immer gravierendere „Regelbrüche“ erfordert, um immer neue Reize zu erzeugen. Das Ergebnis ist ein Werteverlust oder zumindest eine Werteverschiebung bei gleichzeitigem Verlust von Kritikfähigkeit und dadurch möglicher Uniformierung des Verhaltens und der Ansprüche im täglichen Leben. Parallel dazu werden Lebens-welten vorgegaukelt, die irreal sind, trotzdem als real angenommen werden und unsere Jugendlichen besonders dort treffen, wo sie am empfindlichsten sind: in der Kindheit und Pubertät. Die Konsequenzen sind noch nicht abzuschätzen. „You are what you watch“ sagt der englische Musiker Peter Gabriel.

Hinzu kommt, dass die Wahrnehmung der meisten Medien mit Inaktivität und Sprachlosigkeit, also unter Nutzung nur weniger Sinne und Armut an Erfahrungsgewinn verbunden ist. Die Kinder und Jugendlichen bleiben aber trotz Zeit-mangel - heute bereits ein Jugendphänomen - täglich meh-rere Stunden davor sitzen, weil es so einfach und bequem ist und ein Sog davon ausgeht. Für die wenigen, die sich trotzdem aufraffen würden fehlt es aber vielfach an Alterna-tiven und Eigeninitiativen werden immer seltener ergriffen. So kommt es beispielsweise vor, dass der Spielplatz nur zwischen 15 und 17 Uhr betreten werden darf, der Sport-

platz verschlossen ist und auf Parkbäume klettern verboten ist. Gleichzeitig ver-schließen sich auch immer mehr andere Erfahrungswelten: Die Berufe der Eltern sind nicht mehr erlebbar und daher abstrakt, kleine Abenteuer oder bestimmte Er-fahrungswelten sind aus Mangel an Begleitpersonen, aus finanziellen Gründen oder zu großen Entfernungen nicht erreichbar und die Dörfer und Vorstädte ver-kommen zu Schlafstädten ohne erlebenswerte Infrastruktur. Ein Übriges dazu be-wirken viele Eltern, die ihre Kontrolle via Handy - selbst auf dem Schul- oder Kin-dergartenausflug – ausüben und das Wetter zum Feind einer auf Dauersonne eingeschworenen Gesellschaft erklären. Vieles ist angeblich gefährlich oder macht schmutzig. Durch diese und vergleichbare Verhaltensweisen verzögern sich die Entwicklung der Eigenverantwortlichkeit und die intensive Übung im Umgang mit dem eigenen Körper. Stattdessen wächst die Ängstlichkeit, die Kinder selbst Erfah-rungswelten verschließen lässt. Eine fatale Kettenreaktion die noch schlimmeres für die nächste Generation befürchten lässt. Und „last but not least“ sind die heuti-gen Idole, mangels anderer, die künstlichen „Sternchen“ der Fernsehshows, die mit nur wenig eigener Kraft nach oben gekommen sind und kaum eine Eigenschaft besitzen, die vorbildhaft ist. Das drohende Ergebnis ist eine gesellschaftliche Ent-wicklung mit Verlusten in allen Ebenen des Lebens, Verhaltens und der essentiel-len Fähigkeiten.Mit diesen Verlusten verbunden ist selbstverständlich auch eine durchschnittlich abnehmende Ingenieurskompetenz in den meisten technisch und naturwissen-schaftlich agierenden Bereichen, sowie eindeutige Verluste in den emotionalen und sozialen Kompetenzen mit nachhaltigen Wirkungen auch in anderen Berufs-gruppen. Eine Aussage eines Leitenden Konzernangestellten unterstreicht dies. Er stellte fest, dass die nach einem Auswahlverfahren ausgewählten Jugendlichen, die in seinem Unternehmen eine Lehre antreten, von Jahr zu Jahr stiller, folgsamer

www.csiro.au

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und uniformer werden und dass aus vielen Gesichtern die Lebensfreude und aus den Charakteren eine starke Individualität verschwunden ist. Ähnliches stellt der Autor auch an der Universität fest. Als weitere Beispiele für die Tragweite seien hier die Juristen genannt, die gegebenenfalls dadurch leicht die menschliche Ur-teilskraft verlieren und nur noch den Buchstaben folgen, oder die Mediziner, die leicht den Blick für die menschliche Ganzheit verlieren könnten. Diese Liste kann beliebig verlängert werden, nur um immer deutlicher zu machen, dass der Verlust der emotionalen Intelligenz in ein nachhaltiges Gesellschaftsproblem resultiert. Wir haben also mehr als nur ein Pisa-Problem. Die gesellschaftliche Entwicklung ist damit kontraproduktiv zu der von der Industrie gewünschten und benötigten Leis-tungsfähigkeit und sozialen Kompetenz.War das früher besser? Ja natürlich, in einer bestimmten Hinsicht schon, aber nicht überall. Das Lehrkonzept mit Humboldtscher Prägung war deswegen so lan-ge erfolgreich, weil es, vermutlich unbewusst, die emotionale Ausbildung voraus-setzte. Die emotionale Ausbildung passierte quasi nebenbei! Die Effizienz der Ausbildung war also auch ein Ergebnis der Komplementarität zwischen der lo-gisch-analytischen und der emotionalen Seite. Letztere ist ein Sammeln, wächst aber vermutlich mehr integrativ als ihr Gegenstück. Je früher man also anfängt emotional zu lernen und je intensiver man es betreibt, desto wirkungsvoller. Dies gilt besonders für das erste Lebensdrittel. Dieses emotionale Lernen war früher mehr gegeben.Und noch etwas kann aus dieser Erkenntnis abgeleitet werden. Wenn die „Bil-dungs-DNA“ als Modell akzeptiert wird, so ist eine Ausbildung auf der Basis kom-plementärer Inhalte, von Denken und Handeln, von Fühlen und Rechnen usw. …, die wirksamste Methode für eine effiziente Ausbildung.Die Konsequenz für die Industrie aus der derzeitigen defizitären gesellschaftlichen Entwicklung ist, dass immer mehr Nachwuchsingenieure mit nicht ausreichender Kompetenz in die Industrie eintreten, beziehungsweise ein bestimmter Kompetenz-level erst später und im sozialen Bereich möglicherweise gar nicht mehr erreicht wird. Die Ausbildung wird dadurch teurer und kann trotzdem manche Mängel nicht ausräumen. Eine sichtbare und schmerzhafte Folge davon ist, dass das sprich-wörtliche „Rad“ immer öfter wieder neu erfunden wird und alte Fehler wiederkeh-ren. Ein treffendes Beispiel ist der Versuch zweier Ingenieure durch Befestigungen usw. ein Gebläse-System von hässlichen Vibrationen zu befreien, bis ein nicht ge-achteter Arbeiter den Tipp gab, dass das Laufrad wohl falsch eingebaut wäre. Un-terstützt wird diese Problematik dieses Kompetenzmangels auch durch den Unsinn des „Brain-Drain“ durch Frühverrentung.

Soll dieser bedauerliche Veränderungsprozess gestoppt werden, so müssen die Ausbildungsstätten, die Industrie, die Politik und die Eltern, somit also die ganze Gesellschaft für mehr Nachhaltigkeit sorgen. Die Möglichkeiten dafür sind vorhan-den. Noch nie waren die zur Verfügung stehenden Mittel so umfangreich und hochwertig. Damit könnten Erfahrungswelten geschaffen werden, die ein Zusam-menspiel der Generationen und eine fruchtbare Synergie zwischen den Medien, der Computertechnik, der realen Welt und der theoretischen Bildung erzeugen. Sie geben so der Nachhaltigkeit in Politik und Wirtschaft eine Chance und bringen langsam auch wieder echte Idole hervor. Um emotionale Intelligenz zu fördern, müssen wir einfach die Lernenden intensiv leben und arbeiten lassen. Wir müssen sie frühzeitig Herausforderungen und vielen verschiedenen Erfahrungswelten aus-setzen. Die Latte der Anforderungen muss pädagogisch geschickt auf die dem In-dividuum angepasste Höhe gelegt werden, die nur mit Mühe und gegebenenfalls unter Mithilfe von Lehrern überwunden und als Erfolg empfunden werden kann. Wir müssen ein soziales Umfeld schaffen, das Erfolge anerkennt, Teamarbeit for-dert und fördert und die neuen Medien so nutzt, dass ihre Vorteile, ihre positiven Eigenschaften zum Tragen kommen. Und schließlich brauchen wir Lehrende, die nicht die Notengebung sondern den Lernerfolg als Ziel haben. Die alles klingt sehr pauschal und ist es auch. Das Projekt, das angestoßen werden sollte, ist groß, sehr groß, und leider werden manche negativen Entwicklungen noch durch die Po-

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litik forciert. Jüngstes Beispiel sind die Bestrebungen einer EU-Kommissarin, die subtilere und aggressivere Werbung in den Medien zulassen will. Anderseits gibt es mittlerweile auch schon viele ermutigende Ansätze.Zum Beispiel zeigen die eigenen Untersuchungen in einem Waldkindergarten, in dem die Kinder das ganze Jahr im Freien sind - ein Schrecken für Eltern -, dass die Kleinen, durch bloßes Spiel mit dem, was der Wald hergibt, Singen, Tanzen und Erzählen, Ausgeglichenheit und Sozialkompetenz zeigen. Sie hüpfen und la-chen und strahlen übers ganze Gesicht, so dass man sicher ist, dass diese Le-bensfreude auch noch in das Erwachsenenleben hinein vorhalten wird. Die kom-plementäre Lebensweise im normal technisierten Haushalt, am Nachmittag, sorgt für das nötige Spannungsfeld und für die gleiche Kompetenz in den Aspekten der technisierten Moderne. Man darf getrost von kleinen Persönlichkeiten sprechen. Selbstverständlich hängt ein solch positives Ergebnis auch von den Betreuern ab. Es macht aber auch Freude zu sehen, wie begierig eine Schulklasse ein Baupro-jekt anpackt oder eine andere ein komplettes Auto zusammenbaut. Das ist Team-arbeit pur und macht sichtbar Spaß! Der Physikunterricht zeigt hinterher, warum das Haus stabil ist oder warum das Auto funktioniert. Die Atmosphäre in solche Klassen ist besser und die Noten sind es auch.Man darf sich auch fragen, warum Kinder, die musikalisch ausgebildet werden, bessere Noten haben. Es geht immer wieder um das Eröffnen von Erfahrungswel-ten und das „Wir machen was!“. Die Schulen müssten also in diesem Sinne einen Lehrplan erarbeiten, in dessen Folge mit Sicherheit viel weniger Klassenprobleme auftreten würden.Im universitären Bereich, also in der direkten Ingenieursausbildung selbst, sollten Leitsätze wie „Lernen durch Forschen“, „Begreifen durch Handeln“ oder „Wachsen durch Verantwortung“ als vorbildliche Ziele in einen Veränderungsprozess einflie-ßen. Die Realisierung dessen bedeutet, die Studierenden schon von Studienbe-ginn an, an herausfordernden und Spaß bereitenden Projekten wachsen zu las-sen, soziale und Management-Kompetenzen zu trainieren und Teamfähigkeit als einen zentralen Arbeitsaspekt einzuführen.

Es gibt mittlerweile viele „kleine“ Beispiele, die einen Einsatz für die nötige Verän-derung zeigen. Aber solange nicht eine Mehrheit der Gesellschaft versteht, was derzeit verloren geht, wird sich nur punktuell etwas ändern. Die Medien werden weiterhin durch wirtschaftliches Interesse verwaltet und gestaltet, und Appelle an die Moral und die Verantwortung dürften nur wenig fruchten. Es ist schon etwas entmutigend, wenn selbst der Kindersender KIKA, angeblich für Kinder gemacht, mit schlechtem und nicht kindgerechtem Material arbeitet. Daher braucht es eine starke Opposition, die das Ideal einer guten Bildung verfolgt.Oppositionell agieren könnte die Industrie, indem Sie ihren Einfluss geltend macht und sich an ihre soziale Verantwortung erinnert. Dann wäre beispielsweise denk-bar, dass Jugendliche/Kinder Patenkinder eines Unternehmens werden, um dort schon frühe Einblicke und Anreize zu erfahren oder dauerhafte Interaktionen mit Schulen oder Schulklassen zustande kommen, um Projekte zu initiieren und zu fördern und bei entsprechender Qualität auszuzeichnen. Eine kleine Geldspritze für den Physikunterricht unter engagierten Lehrern für Schülerprojekte (wenige hundert Euro sind oft schon viel) könnte schon viel bewegen. Außerdem könnten moderne Arbeitszeitmodelle helfen den Kindern mehr Zeit mit ihren Eltern zu er-lauben.Wenn ein Bildungsproblem besteht, könnte man auch die Frage aufwerfen, warum ausgerechnet der Personenkreis der die Grundausbildung betreibt, die meisten Fe-rien hat. Eine klare Urlaubsregelung, verbunden mit der Verpflichtung zur Fortbil-dung und der Kontaktaufnahme z.B. mit der Industrie, Ämtern oder Hochschulen zur Entwicklung von Interaktionen mit der Klasse könnte viel helfen. Ebenfalls oppositionell könnte die Gesellschaft reagieren indem der Generationen-vertrag nicht nur als Einbahnstraße „Alt profitiert von Jung“ aufgefasst wird, son-dern „Alt“ - beispielsweise mit seinem Wissen und seinen Fähigkeiten - auch für „Jung“ aktiv wird und unterstützt, wo ein Mangel an Betreuung, Beratung, Ideen-

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gebung und Gesprächspartnern besteht. Nebeneffekte dabei wären ein größere Anerkennung der „Alten“, mehr Spaß am Leben, eine größere Befriedigung und insgesamt eine positivere Gesellschaftsstimmung.

Dies sind nur einige wenige Beispiele. Darüber hinaus könnte man noch viele Vor-schläge machen, die aber alle in die Forderung nach Aktivierung der jungen aber auch älteren Menschen, der Interaktion aller Gesellschaftsschichten, der Eröffnung von Erfahrungswelten für die Kinder und Jugendlichen, einer Zusammenarbeit von Jung und Alt oder der richtigen nachhaltigen Nutzung der Medien münden wür-den. Es dürfte dadurch aber auch klar werden, dass jeder betroffen ist. Jeder klei-ne Schritt in die richtige Richtung ist wichtig. Eine Richtung die schon vor langer Zeit von einem Mann Namens Konfuzius (551-479 v Chr.) vorgegeben wurde und die heute aktueller den je ist: „Sage es mir und ich vergesse es, zeige es mir und ich werde mich erinnern, lass mich tun und ich lerne“.

Schlussbemerkung: Die in diesem Aufsatz enthaltenen Gedanken sind Ergebnisse aus einer langen Beobachtungszeit an Schulen und der Universität. Aus Platz-gründen konnte nur ein Teil der Überlegungen dargestellt werden.

Literatur[1] Spitzer, Manfred, Lernen, Spektrum Akademischer Verlag ISBN3-8274-1396-6 [2] Goleman, David; Emotionale Intelligenz, dtv, ISBN 3-423-36020-8

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02. März 2006

FachvortragEU-Osterweiterung – Chancen und Risiken,Innovationen im Anlagenbau

»Standisierungs- und Klassifizierungstrends in derAutomatisierungstechnik«

Dr. Reinhard Hüppe,ZVEI e.V.

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Angaben zur Person

Dr.-Ing. Reinhard Hüppe

derzeitige Funktion Geschäftsführer FV Automation in Firma Zentralverband der Elektrotechnik- und Elektronikin-

dustrie e. V. (ZVEI)weitere Funktionen

kurzer Werdegang 1972 Ing. grad. Kunststofftechnik, FH Rosenheim 1972 – 1974 Ausbildungsingenieur, SKZ Würzburg 1974 – 1976 Dipl.-Ing. Werkstoffwissenschaften, TU Berlin1976 – 1980 Betriebsleiter, AEG Sachsenwerk Regens-burg1981 – 1985 Promotion zum Dr.-Ing., TU Berlin, „Pro-duktadaptive Regelungen“ 1985 – 1991 Leiter Marketing, Philips, UB Elektronik für Wissenschaft und Industrie, Kassel 1992 – 1996 Leiter Vertrieb, Philips Industrial Electro-nics, Kassel 1996 – 2003 Geschäftsführer Assembleon Deutschland GmbH, Kassel seit 2003 Geschäftsführer FV Automation im ZVEI

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Standardisierungs- und Klassifizierungstrends in der Automatisierungstechnik

Dr.-Ing. Reinhard Hüppe ZVEI, Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e. V. Geschäftsführer des Fachverbandes Automation Stresemannallee 19 60596 Frankfurt am Main Tel. (069) 6302-318, Fax (069) 6302-386, E-mail: [email protected]

Zusammenfassung

Die Bedeutung der Standardisierung, ohne dabei den für den Geschäftserfolg not-wendigen individuellen Freiraum der Produktgestaltung und Selbstdarstellung ein-zuschränken, ist in der elektrotechnischen und Elektronikindustrie unbestreitbar hoch. Standardisierung und Klassifizierung bei Produkten und deren Beschreibung sowie auch von einzelnen Abschnitten bis hin zu ganzen Geschäftsprozessen sind dabei unabdingbare Voraussetzungen. Der Beitrag schildert die Entwicklung im Bereich des e-Business – vom Design bis zum Service -, die Aktivitäten bei der Klassifizierung von Services in der Automation und das Vorgehen zur Standardi-sierung von Security-Maßnahmen in industriellen Automatisierung- und Kommuni-kationssystemen.

Einleitung

Der Produkt- und Systemlebenszyklus von der Entwicklung bis zur Entsorgung er-fährt zur Zeit einen Strukturwandel. Die hardware-geprägte Komponenten und Pro-duktorientierung geht mehr und mehr über in eine software-geprägte Lösungsori-entierung mit durchgängigen Systemen und entsprechenden Servicefunktionen. Damit ergibt sich auch der Trend zur Begleitung dieses Product Life Cycles durch e-Business, die steigende Bedeutung von Service-Dienstleistungen und als neues-te Komponente der Schutz der Anlagen, um deren Verfügbarkeit sicherzustellen. Die oben genannten Trends unterstützen letztendlich das Ziel die Verfügbarkeit von Anlagen sicherzustellen und weiterhin noch zu erhöhen.

e-Business im Product Life Cycle

Seit dem Aufkommen der IT-Technologien und den hartnäckigen Versuchen, Ge-schäftsprozesse mit Werkzeugen und Techniken des Internets zu automatisieren, wurden Unmengen von Konzepten und Ressourcen entwickelt und investiert. Aus der Retrospektive war die erste Welle sicherlich durch die schier endlos anmu-tenden technischen Möglichkeiten geprägt, und viele Konzepte scheiterten in die-ser frühen Phase ganz banal an der technischen Machbarkeit. Mit dem Nachweis der Machbarkeit rückte in der zweiten Welle eine andere Prob-lemstellung in den Mittelpunkt. Machen die neuen E-Business-Geschäftsmodelle Sinn, führen sie langfristig zu mehr Umsatz und Ertrag? Die Bemühungen ver-schoben sich hin zur evolutionären Weiterentwicklung der heute existierenden Ge-schäftsmodelle.Die Euphorie der Marktplätze kann deshalb als dritte Welle bezeichnet werden. Ein veränderter Geschäftsprozess zwischen bestehenden Lieferanten und Kunden und existierenden Produkten war nunmehr das Ziel. Das Scheitern vieler Marktplätze war nicht durch technologische Probleme oder gänzlich falsche Geschäftsprozes-se geprägt – die Problematik liegt in der mangelhaften Geschwindigkeit, mit der die

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Kunden und Lieferanten die rationalisierten Geschäftsprozesse in Ihren Unterneh-menseinheiten organisatorisch umsetzen können.Die drei notwendigen Voraussetzungen für erfolgreiche E-Business-Implementie-rungen lauten deshalb Ist es im wirtschaftlichen Rahmen technisch machbar? Führt der E-Business-Geschäftsprozess zum Erfolg bzgl. Wachstum und/oder Er-trag?Können die beteiligten Unternehmen die notwendigen Veränderungen schnell ge-nug organisatorisch umsetzen? Für die große Masse der E-Business-Anwendungen lässt sich auch heute noch immer mindestens eine der drei Fragen mit einem klaren Nein beantworten. Aber im Gegensatz zu früheren Jahren gibt es schon eine ganze Reihe von erfolgrei-chen E-Business-Projekten, die erkennen lassen, welche Prozessverein-fachungen, Kundenanbindungen, Rationalisierungspotenziale und Qualitätsstei-gerungspotenziale mittels E-Business erschlossen werden können.

Service-Dienstleistungen

Die Automation wird zu einem immer wichtiger werdenden Faktor, um eine hohe Produktivität zu sichern. Die kontinuierliche Weiterentwicklung von Produkten, Sys-temen und Lösungen erfordert zunehmend fachmännische Beratung und Dienst-leistungen über den gesamten Lebenszyklus hinweg.Die Anwender von Automatisierungslösungen konzentrieren sich zunehmend auf ihre Kernkompetenzen. Sie erwarten deshalb von den Lieferanten von Produkten, Systemen und Lösungen ein kompetentes Dienstleistungsangebot.Im ZVEI sahen wir hier einen firmenübergreifenden Handlungsbedarf und haben eine alle Fachbereiche umfassende Strategiegruppe ins Leben gerufen. Ziel ist,das Bewusstsein für Dienstleistungen zu erhöhen bei Kunden und Lieferanten, für eine differenzierte Nutzenabschätzung; Dienstleistung als Produkt zu etablieren; Vertrauen zu schaffen und Klärung von Begriffen und Inhalten. Damit wird eine gemeinsame Sprache im Markt geschaffen, die Transparenz und Vertrauen zwischen den Vertragspartnern schaffen soll. Zur Vertrauensbildung und Qualitätsabsicherung sollen sich die Teilnehmer einem einfachen Registrierungsverfahren unterwerfen. Dazu gehört eine Verpflichtungs-erklärung (Code of Conduct) zur Einhaltung der erarbeiteten Regeln und zur Erfül-lung bestimmter Qualitätsanforderungen. Das Ergebnis sind dann Dienstleistungen nach Maß um für den Kunden die Wirt-schaftlichkeit und Verfügbarkeit seiner Anlagen weiter zu steigern.

Anlagenschutz: Security-Klassen in der Automation

Eine der Entwicklungen, die die Evolution der Automatisierung treiben ist der Ein-zug von Office- und Internettechnologien in die Welt der industriellen Automatisie-rung. Mit Microsoft-Technologien haben wir uns aber auch deren Probleme in die Prozeß- und Fabrikwelt geholt. Ein Problem ist das weite Feld der Sicherheit, ein Sammelbegriff, der die treffenderen Begriffe aus dem anglo-amerikanischen Sprachraum Safety und Security beinhaltet.Safety, also die Vermeidung von Personen- und Sachschäden, stand zu Beginn dieser Entwicklung im Vordergrund und ist bei der Produktentwicklung schon lange eingeführt. Nun rückt Security, die Sicherheit einer Anlage vor unbefugten und un-gewollten Zugriffen bzw. Datenmanipulationen, in den Fokus. Würmer, Viren, In-dustriespionage, Sabotage sind hierbei die Killerargumente für Ferndiagnose und –wartung., Remote-control und Fernbedienung. Daher ist es dringend geboten, Struktur in die Diskussion, und damit auch in die Entwicklung zu bringen.Der größte Teil der Entwicklung spielt hierbei im Software-Bereich. Durch die bei-nahe unbegrenzte Kreativität von Entwicklern sind mittlerweile vielfältige „Produk-

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te“ mit entsprechend großen Unterschieden in der Innovationstiefe entstanden. Die fast babylonische Vielfalt von Begriffen, Meinungen und Diskussionen ist dem ge-botenen konstruktiven Angang der Thematik nicht förderlich. Der Einsatz von Kom-ponenten aus der Informationstechnologie bietet jetzt Angriffsmöglichkeiten, wie sie bei den proprietären Systemen nicht bekannt waren. Die Folge sind Anstren-gungen der Anwender und Anbieter von Automatisierungstechnologien auf natio-naler und internationaler Ebene, Sicherheitsstandards zu definieren und in der In-dustrie zu etablieren.Umso mehr zu begrüßen ist daher eine gemeinsame, übergreifende Initiative von Anwendern und Anbietern wie NAMUR, PNO, VDI/VDE (GMA), VDMA und ZVEI mit demZiel, die umfangreichen Aktivitäten im Themenfeld „Security in der Automation“ zu koordinieren.Dahinter steht die Absicht, durch koordinierte Maßnahmen der Anwender und An-bieter von Automation in strukturierten Schritten die internationale Normung maß-geblich mitzugestalten. Voraussetzung dafür ist eine einheitliche deutsche Position initiiert und formuliert werden soll. Dies ist ein hervorragender Ansatz, wenn nicht sogar eine Notwendigkeit, um die Spitzenposition deutscher Automatisierungs-technik zu unterstützen und zu sichern.

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03. März 2006

ImpulsvortragVirtual Engineering – Anlagen effizienter planen und errichten

»Virtuelle Realität – Trendsund Anwendungen für dieZukunft«

Prof. Dr.-Ing. habil. Michael Schenk,Fraunhofer IFF

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Angaben zur Person

Prof. Dr.-Ing. habil. Michael Schenk

derzeitige Funktion Institutsleiter Fraunhofer IFF; Inhaber des Lehr-stuhls »Logistische Systeme«

in Firma Fraunhofe-Institut für Fabrikbetrieb und –automatisierung IFF; Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg

weitere Funktionen

kurzer Werdegang Studium der Mathematik; 1983 Promotion zum Dr.-Ing. auf dem Gebiet der Fabrikplanung, fünf Jahre später Habilitation zum Themenfeld der Produktionsplanung und –steuerung.Leitung des Bereiches Logistik und Produktionspro-zesssteuerung am 1992 gegründeten Fraunhofer IFF in Magdeburg. Berufung durch den Senat der Fraunhofer-Gesellschaft zum Institutsleiter 1994 und Ernennung zum Honorarprofessor für Fabrikplanung und Logistik. 2003 Berufung zum Universitätsprofessor auf den Lehr-stuhl »Logistische Systeme« an der Fakultät Maschi-nenbau der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg.

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

Virtuelle Realität – Trends und Anwendungen für die Zukunft

Prof. Dr.-Ing. habil. Michael Schenk Institutsleiter Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF Lehrstuhl für Logistische Systeme, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg Fraunhofer IFF, Sandtorstrasse 22, 39106 Magdeburg

Zusammenfassung

Kürzerer Entwicklungs- und Inbetriebnahmezeiten von komplexen technischen An-lagen erfordern den Einsatz innovativer IT-Technologien. Dies trifft auf Anlagen zu, deren Komponenten eine hohe Komplexität und einen hohen Innovationsgrad auf-weisen. Ferner werden diese häufig an unterschiedlichen Standorten entwickelt und produziert. Dies erfordert heute insbesondere in den frühesten Phasen der Produktentwicklung, Anlagenkomponenten aufeinander abzustimmen und im Zu-sammenspiel mit anderen Anlagenbestandteilen zu testen. Ein Test der realen An-lage während der Entwicklungsphase ist oft nicht möglich oder mit sehr hohen Kosten und Zeitverlusten verbunden. Mit Hilfe von virtuellen Technologien wie der Virtual Reality ist es möglich, komplexe Anlagen und ihre Funktionalitäten reali-tätsnah zu visualisieren und mit ihnen im Modell zu experimentieren. Diese Model-le können jedoch nicht nur zur Erstellung digitaler Prototypen benutzt werden, sondern bilden u.a. die Grundlage für weitere Dienstleistungen wie die Entwicklung von virtuellen Trainingsszenarien, die sowohl in der Entwicklungs- als auch in der Betreiberphase einer Anlage zur Ausbildung von Bedien- oder Wartungspersonal genutzt werden können. Ziel dieses Beitrages ist das Aufzeigen von Trends und Anwendungen der Virtual Reality um den Herausforderungen der Branche »Anla-genbau« heute begegnen zu können.

Einführung

Virtuelle Technologien nutzen rechnerinterne Modelle komplexer Systeme – wie beispielsweise Anlagen - mit den Eigenschaften interaktiv, dreidimensional und funktional. Sie gestatten dem Nutzer die Interaktion mit komplexen technischen Systemen in einer virtuellen Welt auf Basis von Virtual Reality und bilden heute ei-ne neue Form von High-End-Mensch-Maschine-Schnittstellen. Die Virtuelle Reali-tät (VR) ist eine grundlegende Technologie, mit der virtuelle 3-D-Welten berechnet werden. Sie ermöglicht es, komplexe Systeme und Vorgänge effektiver, fehlerfrei, schneller zu entwickeln und zu testen. Das gefahrlose Testen, Erlernen und Üben komplexer realer Prozesse und Vorgänge ist somit ausführbar. Auch das Ver-ständnis für komplexe technische Informationen lässt sich mit dieser neuen Form der Visualisierung erhöhen. Damit kann der Umgang mit den Systemen erleichtert bzw. schneller erlernt werden. Im Ergebnis wird ein Transfer von komplexem tech-nischem Wissen auf eine effiziente Art und Weise möglich.

In der virtuellen Welt sind die Benutzer in der Lage, frei zu navigieren und Gegen-stände zu manipulieren, d.h. Gegenstände durch den virtuellen Raum zu bewegen. Ausgeführte Aktionen, wie das Betätigen von Tasten, ermöglichen die Ausführung von Reaktionen beispielsweise entsprechend einem hinterlegten funktionalen Mo-dell von Anlagen. Neben diesem charakteristischen Merkmal der »Interaktion« zeichnet sich die virtuelle Welt durch ein weiteres Merkmal aus – die »Immersion«. Mit der Immersion wird die Möglichkeit des direkten Eintauchens von Benutzern in

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die virtuelle Welt beschrieben. Dabei werden mehrere Sinne der Benutzer einbe-zogen. So lassen sich optische, akustische und haptische Sinne gleichzeitig ansprechen, um technisches Wissen zu vermitteln. Dazu ist aber auch der Einsatz neuer Interaktionswerkzeuge wie spezielle Datenhandschuhe oder auch Head-Mounted-Displays erforderlich. In der Abbildung 1 sind typische Beispiele für Visu-alisierungs- und Interaktionswerkzeuge der VR zusammengefasst.

Abbildung 1: Visualisierungs- und Interaktionswerkzeuge der VR

Herausforderungen

Virtuelle Technologien lassen sich heute in unterschiedlichen Branchen zum Ent-wickeln, Testen und Trainieren einsetzen und sind ein Weg, den gegenwärtigen Herausforderungen zu begegnen. So kommen beispielsweise jährlich ca. ¾ des Auftragseingangs im Maschinen- und Anlagenbau aus dem Ausland [VDMA03]. Gesetzliche Vorschriften in den Auftragsländern besagen u.a., dass mit dem Ziel der Förderung der heimischen Industrie lokale Lieferanten und in die Auftragsbe-arbeitung mit einzubeziehen sind. Ferner sinkt der Anteil der deutschen Wert-schöpfung bei der Realisierung neuer Anlagen. So lag entsprechend einer Unter-suchung vom VDMA [VDMA03] in den 80er Jahren die Quote der deutschen Wertschöpfung bei 80 Prozent, in den 90er Jahren nur noch bei 72 Prozent. Im Er-gebnis sind heute internationale Partner sowohl in der Produktentwicklung, als auch beim Aufbau und Betrieb neuer Anlagen mit einzubeziehen. Hier können ins-besondere die Produktentwicklungsprozesse durch virtuelle »Produkte« und digita-le Prototypen entsprechende Unterstützung leisten. Auf dieser Basis lassen sich nach einer Untersuchung der FFT Flexible Fertigungstechnik GmbH & Co. KG, ei-ner Tochterfirma der EDAG Engineering + Design AG [Schw02] dadurch 25 Pro-zent der Projektkosten insbesondere in der Produktentwicklung senken (vgl. Abbil-dung 2), welches der generellen Forderung nach einer Senkung von Entwicklungskosten nachkommt.

Um die Wirtschaftlichkeit von Unternehmen zu erhöhen, steht heute die Heraus-forderung die Overall Equipment Effectiveness (OEE) von Anlagen um 10 – 15 Prozent zu erhöhen [Ba03]. So kann beispielsweise durch den Einsatz neuer Stra-tegien zur zustandsbasierten Instandhaltung von komplexen technischen Syste-men eine Kostensenkung von 15 bis 20 Prozent erreicht werden. Auch die Redu-zierung von Suchzeit um 50 Prozent ist durch Bereitstellung von digitalisiertem

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Expertenwissen über Anlagen möglich. Diese Beispiele zeigen, wie heute die OEE erhöht werden kann.

Abbildung 2: Senkung von Entwicklungskosten durch den Einsatz digitaler Werkzeuge

Anwendungsfelder

Wie diese ausgewählten Beispiele zeigen, steht der Maschinen- und Anlagenbau heute vor neuen Herausforderungen, die sich u.a. durch den gezielten Einsatz von virtuellen Technologien lösen lassen. Abbildung 3 gibt einen Überblick, in welchen Anwendungsfeldern sich entsprechende Technologien einsetzen lassen.

Abbildung 3: Anwendungsfelder virtueller Technologien im Anlagenbau

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Projektbeispiele

Das Fraunhofer IFF hat gemeinsam mit einer Vielzahl von Industriepartnern Pro-jekte durchgeführt, in denen virtuelle Technologien in verschiedenen Unternehmensaufgaben und in allen Phasen des Produktlebenszyklus eingesetzt wurden. So ermöglichen VR-basierte Produkt- und Verfahrensvisualisierungen im Bereich des Marketings frühzeitig, Produkte bei Kunden zu präsentieren, um Kaufentscheidungen zu unterstützen.

Abbildung 4: Einsatz von VR im Bereich des Marketings

Der Einsatz digitaler Prototypen im Bereich der Produktentwicklung ermöglicht De-sign Reviews und Funktionstests mit allen beteiligten Entwicklungspartnern und –abteilungen, um so unter anderem Fehler bereits in der Entwicklung rechtzeitig zu identifizieren.

Abbildung 5: Einsatz von VR im Bereich der Produktentwicklung

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Sind in der Produktentwicklung alle Produkt beschreibenden Daten und Funktio-nen erfasst, lassen sich darauf aufbauend weitere Dienstleistungen anbieten. Hier-zu gehört beispielsweise das interaktive Training, mit dem Bediener frühzeitig die Handhabung von komplexen technischen Systemen erlernen und trainieren kön-nen.

Abbildung 6: Einsatz von VR im Bereich des interaktiven Trainings

Klassische Formen der Dokumentation mit Text und Bildern lassen sich durch den Einsatz von VR in visuell-interaktive Dokumentationen verwandeln, um technische Inhalte besser vermitteln zu können. Im Ergebnis stehen dann zum Beispiel inter-aktive Anleitungen oder Handbücher für komplexe Montageabläufe.

Abbildung 7: Einsatz von VR im Bereich der technischen Produktdokumentation

Wie diese ausgewählten Projektbeispiele zeigen, trägt heute der Einsatz von virtu-eller Technologie wesentlich dazu bei, den Herausforderungen des Marktes zu be-gegnen. Es wird aber zukünftig darauf ankommen, entsprechende Technologien

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den Markanforderungen anzupassen und insbesondere kleinen und mittleren Un-ternehmen anwendungsreif bereitzustellen. Dies erfordert zum einen die Bünde-lung von Entwicklungstätigkeiten zur virtuellen und erweiterten Realität und zum anderen entsprechende Zentren, in denen virtuelle Technologien für eine Vielzahl von Nutzern bedarfsgerecht bereitgestellt werden.

ViVERA: Virtuelles Kompetenznetzwerk zur virtuellen und erweiterten Reali-tät

Die Bündelung der Entwicklungstätigkeiten auf dem Gebiet der virtuellen und er-weiterten Realität verspricht das vom Bundesministerium für Bildung und For-schung (BMBF) geförderte Virtuelle Kompetenznetzwerk zur Virtuellen und Erwei-terten Realität »ViVERA«. Enger wissenschaftlicher Austausch und intensive Vernetzung von Kompetenzen ermöglichen die effiziente Nutzung von For-schungsergebnissen in der unternehmerischen Praxis. Unter diesem Leitgedanken haben sich sechs Fraunhofer-Institute und die ihnen verbundenen Universitäten zusammengeschlossen. »ViVERA« konzentriert sich auf die Themenfelder Ent-wicklung, Test, Produktion und Qualifizierung. Im Blickfeld stehen dabei die An-wendungsgebiete Automobilbau, Anlagenbau, Maschinenbau, Schiffbau und die Medizintechnik. Mit diesem Netzwerk sollen insbesondere kleine und mittlere Un-ternehmen von herausragender Forschungskompetenz im Bereich virtueller und erweiterter Realität profitieren. Um das zu erreichen, hat sich »ViVERA« zum Ziel gesetzt, auf diesem Gebiet weiteren Entwicklungsbedarf zu identifizieren, Erfah-rungen von Entwicklern und Anwendern zusammenzuführen und auf andere An-wendungsbereiche zu übertragen. Durch begleitende Forschung sollen die Funkti-onalitäten virtueller Technologien erweitert und je nach Bedarf für die jeweiligen Anwendungsgebiete angepasst werden. Damit finden innovative Entwicklungen den Weg in die Unternehmen und werden einem möglichst breiten Kreis von po-tenziellen Nutzern zugänglich gemacht. [Sch05a], [Sch05b], [ViV04]

Virtual Development and Training Centre VDTC

Die Federführung des Transfernetzwerks »ViVERA« liegt in den Händen des Vir-tual Development and Training Centres VDTC. Der Neubau für das VDTC entsteht zurzeit im Magdeburger Wissenschaftshafen direkt an der Elbe. Das hochmoderne Forschungs- und Trainingszentrum für virtuelle Technologie ist eine Erweiterung des Fraunhofer IFF. Das VDTC dient als Ansprechpartner für den Technologie-transfer und stellt den Kontakt zu den kooperierenden Forschungspartnern her. Es stellt die Infrastruktur und das Know-how seiner Spezialisten zur Nutzung von vir-tueller Technologie bereit. So lassen sich beispielsweise mit modernsten Metho-den im VDTC maßgeschneiderte technische Lösungen bereits vor ihrer realen Entstehung visualisieren. Direkt an die Bedürfnisse des Auftraggebers orientiert, werden individuelle interaktive Simulationen und Visualisierungen beispielsweise für die virtuelle Produkt- und Prozessentwicklung erarbeitet. Komplexe Funktionen von technischen Produkten können getestet und auf diese Weise optimiert werden, bevor der erste Prototyp überhaupt gebaut ist. Ohne jedes Risiko kann im virtuel-len Raum experimentiert werden. Darüber hinaus werden innovative Qualifizie-rungs- und Beratungsangebote sowohl für die regionale Wirtschaft als auch für global agierende Unternehmen entwickelt und implementiert. Im Focus stehen da-bei die Planung, Realisierung und Evaluierung technologiebasierter Trainingspro-gramme sowie Beratungsangebote im gesamten Spektrum der Organisations- und Personalentwicklung.

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Literatur

[ViV04] Projektantrag ViVERA (Virtuelles Kompetenznetzwerk zur virtuellen und erweiterten Realität) BMBF, Bonn, 2004

[Ba03] Baldauf, F.: Predictive Maintenance für Anlagen in der Prozessindust-rie. In: FhG-Tagung »Mehrwertdienste für den Kunden schaf-fen/Produktbegleitende Dienstleistungen im Zeitalter der Globalisie-rung. Stuttgart 2003.

[Schw02] Schwab, J.: Die Digitale Fabrik im Produktentstehungsprozess. In: Schenk, M. (Hrsg.): 5. Gastvortragsreihe Logistik: Logistik als Arbeits-feld der Zukunft – Potentiale, Umsetzungsstrategien und Visionen. Magdeburg, 2002, ISBN 3-8167-6157-7, Vortrag 5

[VDMA03] VDMA Arbeitsgemeinschaft Großanlagenbau (Hrsg.): Großanlagen-bau durch weltweite Präsenz erfolgreich. Beiträge zum Industrieanla-genbau. Frankfurt am Main 2003.

[Sch05a] Schenk, M.; Blümel, E.; Schumann, M:. ViVERA – Virtuelles Kompe-tenznetzwerk zur virtuellen und erweiterten Realität. In: Schulze, T., Schlechtweg, S.; Hinz, V. (Hrsg.): Simulation und Visualisierung 2005. Erlangen/San Diego: SCS Publishing House, 2005, ISBN 3-936150-40-0, S.377-381.

[Sch05b] Schenk, M.; Schumann, M.; Kißner, H.: Effektive Nutzung von For-schungsergebnissen. In: Zeitschrift für den wirtschaftlichen Fabrikbe-trieb ZWF Jg. 100 (2005) 4, S.208-211.

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03. März 2006

ImpulsvortragVirtual Engineering – Anlagen effizienter planen und errichten

»Virtual Reality – ein neuerStandard zur Modellvisuali-sierung im chemischenAnlagenbau«

Matthias Reiche,Degussa AG

Oliver Schwarz,esZett GbR

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Angaben zur Person

Dipl.-Ing. (FH) Matthias Reiche

derzeitige Funktion Senior-Projektingenieurin Firma Degussa AG weitere Funktionen stellv. Fachgruppensprecher 3D-Planung Cegug e. V.

kurzer Werdegang Nach dem Abschluss als Chemieingenieur an der Fachhochschule Fresenius in Wiesbaden (1992) zu-nächst tätig als Planungsingenieur für den Anlagenbau in zwei Ingenieurbüros. 1999 Eintritt in das Engineering der Degussa AG. Seit 1992 Anwender und Administra-tor von 3D-CAD-Tools (PDS). Heute zuständig für den wirtschaftlichen und termingerechten Einsatz dieser Planungstools und die Visualisierung der 3D-Modelle in weltweiten Anlagenbauprojekten

Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

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Angaben zur Person

Dipl.-Ing. Oliver Schwarz

derzeitige Funktion Geschäftsführerin Firma eSZett GbR weitere Funktionen

kurzer Werdegang 1985 – 1990 TH Leuna - Merseburg, Studium der Ver-fahrenstechnik, Spezialisierung Systemverfahrenstech-nik – Abschluß: Diplomingenieur 1990 –1991 Forschungs- und Entwicklungsingenieur, Elektrokohle AG – Berlin, anschließend Wissenschaftli-cher Mitarbeiter Fraunhofer Institut für Produktionsanla-gen und Kostruktionstechnik in Berlin 1991 – 1999 Projektingenieur im Bereich CAD- / Rohr-leitungskonstruktion, stellvertretender Gruppenleiter Aufstellungsplanung, CAD – Anwendungen, Rohrlei-tungsplanung - Aufstellungsplanung (CAD/CAE),2000 – 2003 Abteilungsleiter Anlagen- und Rohrlei-tungsplanungseit 10. 2003 Geschäftsführer der eSZett GbR in Duis-burg / Köln

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

Virutal Reality – ein neuer Standard zur Modellvisualisierung im chemischen Anlagenbau Matthias Reiche Degussa AG, Engineering Rodenbacher Chaussee 4, 63457 Hanau-Wolfgang Tel. +49–6181–59-4534 Fax +49-6181+59-4817,E-Mail: [email protected]

ZusammenfassungDer Beitrag zeigt den Stand der VR-Anwendung bei Degussa auf. Der Entwick-lungsstand des verwendeten Systems wird beschrieben. Ferner werden Verbesse-rungsmöglichkeiten identifiziert.

Warum wird Virtual Reality bei Degussa eingesetzt? Das Engineering der Degussa AG plant und baut international Produktionsanlagen für den Degussa-Konzern. Die Bearbeitungszeit von Investitionsprojekten wurde in der Vergangenheit deutlich reduziert. Trotzdem soll die Planungsqualität weiter er-höht werden, um insbesondere Änderungs- u. Montagekosten auf der Baustelle einzusparen.

Organisatorisches Umfeld und AnwendungsparameterInvestitionsprojekte werden in der Phase der Durchführungsplanung (Detail-Engineering) verteilt, und zunehmend international bearbeitet. Das Planungsteam hat in dieser Phase jederzeit Zugriff auf die herkömmliche Visualisierung des aktu-ellen Planungsmodelles.

Sie liefert eine zwar schattierte, aber keine räumliche oder maßstäbliche Darstel-lung des Modelles. Von VR-Systemen werden diese Einschränkungen aufgeho-ben. Durch die frühe Einbindung von Betriebspersonal in die Modellabnahmen,können sowohl die Begehbarkeit als auch die Bedienbarkeit der Anlage realistisch beurteilt werden. Dadurch können Änderungskosten auf der Baustelle reduziert werden.

AnwendungserfahrungInnerhalb eines Jahres wurden in drei Teilprojekten eines Großprojektes (Investi-tonssumme über € 100 Mio.) die Milestone-Reviews (d. h. 33%, 66% und 99% Fer-tigstellungsgrad) mit einem VR-System durchgeführt. Es handelte sich dabei um eine Ergänzung zu den herkömmlichen Reviews.

Wesentlich Forderung war der Zugriff in VR auf alle im Planungsmodell enthalte-nen Objektattribute. Die Konvertierung der Grafik und insbesondere der Metadaten aller Objekte vom Planungsmodell (Intergraph PDS) in die VRML-Umgebung dau-erte anfangs 3-5 Tage. Die Akzeptanz war bei allen Teilnehmern hoch. Die Bet-rachter fühlten sich in die reale Anlage hineinversetzt und konnten die räumlichen Gegebenheiten gut erkennen. Erstmals in einer 3D-Modellvisualisierung waren Abmessungen realistisch abschätzbar.

Trotz intensiver Vorbereitung mittels herkömmlicher Reviewsoftware konnten in den VR-Sitzungen viele kritische Punkte festgestellt werden, wie z. B. Mängel in der Bedienbarkeit von Armaturen und Instrumenten, ungenügende Zugänglichkeit von Apparaten oder Maschinen oder Kollisionen, die im Planungssystem unent-deckt geblieben sind.

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Diese positiven Effekte setzen einige Randbedingungen voraus. Die VR-Sitzungen müssen gut vorbereitet werden. Das gesamte Projektteam sollte im Vorfeld über ein herkömmliches Review des 3D-Modelles verfügen. Die VR-Sitzungen sollten in möglichst kleinen Gruppen und mit regelmäßigen Pausen organisiert sein.

SchlußfolgerungDurch den Einsatz der VR-Technologie kann die Planungsqualität nochmals erhöht werden. Damit wird vor allem eine weitergehende Reduzierung der Änderungs- u. Montagekosten erreicht. VR wird auch von zunächst skeptischen Benutzern gut akzeptiert, ist aber kein Ersatz für herkömmliche Review-Software.

Der Einsatz bei allen Projektgrößen erscheint langfristig sinnvoll. Durch die nochrelativ hohen Kosten ist der Einsatz von VR derzeit auf größere Projekte begrenzt. Der VR-Einsatz für die Schulung von Betriebspersonal ist in der Zukunft ebenfalls denkbar.Die Nachbetrachtung mit den Teilnehmern aus dem ersten Projekt zeigt ein positi-ves und homogenes Meinungsbild.

Wünsche an die EntwicklerAus den bisherigen Erfahrungen mit der Anwendung der VR-Technologie werdenWünsche an die System-Entwickler für eine praxisnahere Gestaltung abgeleitet und kurz erläutert.

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Virtual Reality - ein neuer Standard zur Modellvisualisierung im chemischen Anlagenbau

02. - 03. März 2006, Magdeburg

Matthias ReicheDegussa AG Engineering

Fraunhofer IFFMärz 2006Anlagenbau der Zukunft

Dipl.-Ing. (FH) Matthias Reiche 2Verfahrenstechnik & Engineering

Virtual Reality - ein neuer Standard zur Modellvisualisierung im chemischen AnlagenbauInhalt

Warum wird VR bei Degussa eingesetzt?

Projektabwicklung und Anwendungsparameter

Technologie

Anwendungserfahrung (Schnittstellen, Bedienung und Ergonomie)

Kommentare der Teilnehmer

Wünsche an die Entwickler

Weitere Einsatzmöglichkeiten

Fazit

Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

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Fraunhofer IFFMärz 2006Anlagenbau der Zukunft

Dipl.-Ing. (FH) Matthias Reiche 3Verfahrenstechnik & Engineering

Warum wird VR bei Degussa eingesetzt?

Neu- und Umbauplanung mit 3D-CAE-Toolvirtuelles Anlagenmodell

Bau und Montage ohne physisches Anlagenmodell

Modellbesprechung / Modellabnahme mit 3D-Visualisierungstool

Akzeptanzprobleme der herkömmlichen Visualisierungstools bei Gelegenheitsanwendern

Häufigster Wunsch: Plastikmodell oder bessereVisualisierung

Lösungsansatzbessere Visualisierung

Virtual Reality - ein neuer Standard zur Modellvisualisierung im chemischen Anlagenbau

Fraunhofer IFFMärz 2006Anlagenbau der Zukunft

Dipl.-Ing. (FH) Matthias Reiche 4Verfahrenstechnik & Engineering

Projektabwicklung und AnwendungsparameterVor- und Basisplanung

Durchführungs-planung (Detail-Engineering)

Bau und Inbetriebnahme

Visualisierung des aktuellen Planungsstandes -konventionells Review-Tools

3D-Modellierung

Mile

ston

e

Mile

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Mile

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jede

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Visualisierung zu z. B. 1/3, 2/3 und 3/3-Milestones mit VR-Tool

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

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Dipl.-Ing. (FH) Matthias Reiche 5Verfahrenstechnik & Engineering

Projektorganisation und Anwendungsparameter - mögliche Standorte am Projekt Beteiligter

ProjektstandortKunde (BU Standort B)

Detail-Engineering-Standort

Engineering-Standort A

Home-Office Projektverant-wortlicher

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Dipl.-Ing. (FH) Matthias Reiche 6Verfahrenstechnik & Engineering

Projektorganisation und Anwendungsparameter

International verteilte ArbeitsweiseDatenaustausch hilft Reisekosten zu senken

Das Projektteam soll jederzeit den aktuellen Planungsstand mit herkömmlicher Review-Software einsehen können

Herkömmliche Visualisierungstools liefern eine schattierte, aberkeine räumliche oder maßstäbliche Darstellung

Realistische Einschätzung der örtlichen Gegebenheiten ist nur sehr schwer möglich

Mobiles VR-System ermöglicht den Einsatz auch direkt beim Kunden

Virtual Reality - ein neuer Standard zur Modellvisualisierung im chemischen Anlagenbau

Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

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Dipl.-Ing. (FH) Matthias Reiche 7Verfahrenstechnik & Engineering

Technologie

PC-Cluster

• Cluster-Rechner

• Tracking-Rechner

• 2 Grafik-Rechner

2 Beamer

• Stereo-Rückprojektion

Projektionswand

• 2 x 1,5 m; 3 x 2 m

Optisches Trackingsystem

• 2 Kameras

• Polarisationsbrille

• Interaktionsgerät

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Dipl.-Ing. (FH) Matthias Reiche 8Verfahrenstechnik & Engineering

Anwendungserfahrung

Einsatz in einem Großprojekt (Investitionssumme über € 100 Mio.)

Modellkomplexität: Sehr hoch, drei Teilprojekte in voneinander entfernten Baufeldern, ca. 1200 Apparate u. Maschinen, ca. 3800 Rohrleitungen

Milestone-Reviews (Stand: 1/3, 2/3, 3/3 des Detail-Engineerings) an ingesamt 16 Tagen

Im Vordergrund steht die Prüfung der Bedienbarkeit und Zugänglichkeit in der Anlage (Prüfung auf Vollständigkeit gem. R&I-Fließbild vor den VR-Sitzungen mit herkömmlichem Review)

Virtual Reality - ein neuer Standard zur Modellvisualisierung im chemischen Anlagenbau

Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

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Dipl.-Ing. (FH) Matthias Reiche 9Verfahrenstechnik & Engineering

Anwendungserfahrung

Kosten sind derzeit noch sehr hoch

Sitzungen müßten öfter in kleineren Gruppen durchgeführt werden

Große Disziplin und Konzentration aller Teilnehmer erforderlich

Regelmäßige Pausen sind zwingend notwendigOptimaler Ablauf Normaler Ablauf

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Dipl.-Ing. (FH) Matthias Reiche 10Verfahrenstechnik & Engineering

Anwendungserfahrung - Schnittstellen zum Planungssystem

Signifikanz

Importierbare Grafikformate

herkömmlicheVisualisierung

Virtual RealityVisualisierung

Objektattribute aus 3D-Modell

Hardwarean-forderungen

25% 50% 75% 100%

Bewertung

25%

50%

75%

100%

Virtual Reality - ein neuer Standard zur Modellvisualisierung im chemischen Anlagenbau

Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

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Dipl.-Ing. (FH) Matthias Reiche 11Verfahrenstechnik & Engineering

VR-System

Herkömmlich

ImportierbareGrafikformate

Objektdaten aus3D-Modell

Hardware-anforderungen

- Benötigte Formate werden unterstützt- Keine Konvertierung nötig

- Benötigte Formate werden unterstützt- Konvertierung nötig und anfangs aufwendig

- In das Planungs-system integrierte Software- Objektdaten werden automatisch in das Review übertragen

- Schnittstelle für Objektdaten mußte geschaffen werden

- Standard PC- erweiterter RAM- OpenGL fähige Grafik

- Komponenten am oberen Ende des Leistungsspektrums, aber ...- marktüblich

Anwendungserfahrung - Schnittstellen zum Planungssystem

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Fraunhofer IFFMärz 2006Anlagenbau der Zukunft

Dipl.-Ing. (FH) Matthias Reiche 12Verfahrenstechnik & Engineering

Anwendungserfahrung - Vorbereitung, Bedienung und Ergonomie

Signifikanz

Benutzer-führung

herkömmlicheVisualisierung

Virtual RealityVisualisierung

Verständlich-keit derDarstellung

Funktions-umfang

25% 50% 75% 100%

Bewertung

25%

50%

75%

100%

Interaktion der Teilneh-mer m. dem Modell

Konver-tierungs-zeit

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Dipl.-Ing. (FH) Matthias Reiche 13Verfahrenstechnik & Engineering

VR-System

Herkömmlich

Konver-tierungs-zeit

Funktions-umfang

Benutzer-führung

Verständlich-keit derDarstellung

Interaktion m. dem Modell

- entfällt, in Planungs-system integriert

- Vorlauf-zeit ca. 1 Woche

Anwendungserfahrung - Vorbereitung, Bedienung und Ergonomie

- Sehr hoch- Mehr als in den meisten Situationen benötigt

- MS -Windows Bedien-konzept

- Neues Bedienkon-zept- Gute Funktions-gruppierung

- Nur gut bei geübten An-wendern - Fehlender Raumein-druck

- Anwender lassen sich manchmal „berieseln“- Häufige Wechsel der Perspektive- Die Anwen-der arbeiten „im“ Modell- Lebhafte Diskussionen

- Realistischer Raumeindruck- Zusammen-hänge werden besser er-kannt

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Dipl.-Ing. (FH) Matthias Reiche 14Verfahrenstechnik & Engineering

Kommentare von Anwendern

„... Mit VR erhält der Betrachter einen besseren Überblick. Der Einsatz ist für zukünftige Projekte in der Kostenschätzung zu berücksichtigen.“

„... Mit VR wurde trotzdem noch eine Vielzahl von Fehlern gefunden, die mit dem herkömmlichen Review nicht erkannt wurden. Die eingesparten Änderungskosten auf der Baustelle sind größer, als die Kosten der VR-Modellbesprechungen.“

„... Mit VR hat man die Gesamtübersicht zurückgewonnen, die man früher an einem Plastikmodell hatte.“

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Dipl.-Ing. (FH) Matthias Reiche 15Verfahrenstechnik & Engineering

Wünsche an die Entwickler

Lichtstärkere Projektion, Anwendbarkeit in nicht verdunkelten Räumen.

Modifiziertes Tracking, Nachführung der Perspektive und Interaktion mit dem System auch außerhalb der Bildmitte.

Schnelleres Finden und Ein- o. Ausblenden gesuchter Objekte (z. B. einzelne Apparate o. Rohrleitungen), eventuell über sprachgesteuerte Suchbefehle.

Schnittstelle zur Übertragung angelegter Festansichten und eingefügter Kommentare zu herkömmlichen Review-Programmen (z. B. NavisWorks oder SmartPlant Review).

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Dipl.-Ing. (FH) Matthias Reiche 16Verfahrenstechnik & Engineering

Weitere Einsatzmöglichkeiten

Schulung des zukünftigen Betriebspersonales

Abgleich zwischen As-Built-Aufnahmen (Laserscans) mit vorhandenem 3D-Modell

Simulationen vor Umbauten

Ein- und Ausbaustudien

Training von Gefahrenabwehrmaßnahmen

Training von Wartungsprozeduren als Vorbereitung der Unterstützung im Feld mit Augmented Reality

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

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Fraunhofer IFFMärz 2006Anlagenbau der Zukunft

Dipl.-Ing. (FH) Matthias Reiche 17Verfahrenstechnik & Engineering

Fazit

Durch den Einsatz der VR-Technik kann die Planungsqualität nochmals erhöht werden.

VR wird auch von Skeptikern nach der ersten Anwendung akzeptiert, ist aber kein Ersatz für herkömmliche Reviews.

Der Einsatz ist in allen Projektgrößen sinnvoll. Aufgrund der noch hohen Kosten erscheint vielen potentiellen Nutzern eine Mindest-Projektgröße notwendig.

Virtual Reality - ein neuer Standard zur Modellvisualisierung im chemischen Anlagenbau

Fraunhofer IFFMärz 2006Anlagenbau der Zukunft

Dipl.-Ing. (FH) Matthias Reiche 18Verfahrenstechnik & Engineering

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Virtual Reality - ein neuer Standard zur Modellvisualisierung im chemischen Anlagenbau

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

Virtual Reality im industriellen Anlagenbau Oliver Schwarz GeschäftsführeresZett GbR Bismarckstraße 142 47057 Duisburg Tel.: 0203 306 1380/81, Fax.: 0203 306 1385 E-Mail: [email protected]

Duisburg – KölneSZett – FH Köln

von der Idee in die virtuellen Welten02. – 03. März 2006Magdeburg, Duisburg

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Virtual Reality im industriellen Anlagenbau

Video

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Dienstleistungsspektrum

Branchenlösung eSZett

Partner Pilotanwender

1. Metadatentransfer

2. Laserscanning

3. 360° Fotografie

4. Toolkit

5. Ein -und Ausbaustudien

Durchführung virtuellerinteraktiver Präsentationen

- Aufbereitung der 3D Daten- Durchführung von Präsentationen- Nachbereitung/Dokumentation

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Laserscanning: iQsun 880 –der einzige modulare 3D-Laserscanner

Basis-Einheit

Distanzsensor

Steuerung

Spiegel

Video

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360° Fotographie und VR

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Einsatzgebiete Laserscanning, 360° Fotografie

Architektur & Bau Automobil Bahn &Straße

Bergbau

Lebensmittelchemie Denkmal Forensik & Unfall GroßeProdukte

Kraftwerke Petrochemie Prozessautomatisierung Tunnel

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Laserscanning, 360° Fotographie und VR

Video

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Laserscanning, 360° Fotographie und VR

Ergebnis:

VirtuellerDurchgang in einer gescanntenAnlage imMaßstab 1:1

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Einsatzgebiete für VR im Anlagenbau

• Engineering (Basic / Detail)

• Behördenplanung

• Stillstandsplanung

• Montage / Demontage

• Variantenkonstruktion

• Ein- und Ausbaustudien

• Mischdatenbearbeitung

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360 ° - Fotos

360° - 3D – Scan

+

3D – CAD – Daten

VR – Darstellung 1:1

Produktbeschreibung & NutzenHigh – End Digitalisierung

von Industrieanlagen

KostenersparnisKostenersparnis

Marketing

Qualitätssicherheit

Schulung

Planung

Dokumentation

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

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Vorteile einer virtuellen Projektabnahme

• schnelle Entscheidungsfindung für Änderung

• Kostenreduktion

• Verkürzung von Stillstandszeiten

• Optimierte Transport– und Fluchtwegeplanung

• Montage- und Demontageoptimierung

• Imagegewinn, da Einsatz modernster Technik

• Einbeziehung aller Fachdisziplinen

• schnelle und einfache Dokumentation

• Einsatz für Schulung und Ausbildung

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Kontaktdaten:eSZett GbR

Bismarckstraße 142

47057 Duisburg

Tel.: 0203 – 306 1380/81

Fax: 0203 – 306 1385

Ansprechpartner:

Herr Oliver Schwarz

Herr Olaf Zupke

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03. März 2006

FachvortragVR-Trends, Anwendungsgebiete, Nutzen

»Modularisierung undKostenschätzung«

Prof. Dr.-Ing. Günter Wozny,TU Berlin

Uwe Strauch,TU Berlin

Dr.-Ing. H. Thielert,Uhde GmbH Dortmund

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Angaben zur Person

Prof. Dr.-Ing. habil. Prof. h.c. Günter Wozny

derzeitige Funktion Universitätsprofessorin Firma TU Berlin, Fachgebiet für Dynamik und Betrieb techni-

scher Anlagen weitere Funktionen Visiting Prof. University of Surrey, Guildford/Great Brit-

ain;Visiting Prof. Zhejiang University, Hangzhou/China

kurzer Werdegang Studium Maschinenbau an der RWTH Aachen,Dissertation (1979) „Phasengleichgewichte starker E-lektrolyte“,Habilitation (1983) „Energie- und Verfahrenstechnik“, 1983-1993 Hauptabteilungsleiter Prozess- und Auto-matisierungstechnik bei der Fa. Henkel KGaA, 1989-1993 apl. Professor an der Universität-GH Sie-gen,seit 1993 Professor an der TU Berlin, Inst. für Prozess- und Anlagentechnik, Hauptarbeitsgebiete: Prozess-modellierung, -simulation und –optimierung, Prozess-führung, Thermodynamik

Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

Modularisierung und Kostenschätzung

Prof. Dr.-Ing. Günter Wozny TU Berlin, FG DBTA Sekr. KWT 9, Straße des 17. Juni 135, 10623 Berlin Tel. 030/314 26900, Fax 030/31426915, E-Mail Guenter.Wozny@TU-Berlin

Dr.-Ing. Holger Thielert Uhde GmbH, Abteilung Kokereitechnik Friedrich-Uhde-Straße 15, 44141 Dortmund

Dipl.-Ing. Uwe Strauch TU Berlin, FG DBTA Sekr. KWT 9, Straße des 17. Juni 135, 10623 Berlin Tel. 030/314 26904, Fax 030/31426915, E-Mail Uwe.Strauch@TU-Berlin

AbstractDie Abschätzung des Kapitalbedarfes und die Angebotserstellung sind im Anla-genbau von großer Bedeutung und haben einen großen Einfluss auf den wirt-schaftlichen Erfolg der Projekte und Unternehmen. Moderne Softwarewerkzeuge in Verbindung mit Methoden der modularen Planung bieten eine Möglichkeit die Ge-nauigkeit und Effizienz zu erhöhen. Ein solcher Ansatz wird in einem industriell ge-förderten Forschungsprojekt an der TU Berlin verfolgt.

EinleitungWährend der Planungsprozess von chemischen und pharmazeutischen Anlagen in den letzten Jahren umfassend analysiert und verbessert wurde, ist die Angebots-erstellung nicht ihrer Bedeutung entsprechend betrachtet worden [1], [2], [3], [4]. Dabei hat die Qualität der Angebote einen großen Einfluss auf den wirtschaftlichen Erfolg der jeweiligen Projekte und Unternehmen.Die besonderen Merkmale in dieser Phase eines Projektes sind:

Notwendigkeit schneller Entscheidungsfindung auf Basis wirtschaftlicher Kriterien,

Notwendigkeit schneller Generierung verlässlicher Kostendaten auf Basis der Daten der Basisplanung,

Notwendigkeit schneller Variantengenerierung und Ermittlung eines opti-malen Anlagendesigns.

Ausgangsbasis für das vorliegende System ist ein in Zusammenarbeit mit der In-dustrie entwickeltes integrales Planungssystem auf der Basis eines kommerziellen CAE-Systems. Dabei wurden die Konzepte der modularen Anlagenplanung inner-halb der Funktions- und Aufstellungsplanung aufgegriffen, für eine Beispielanlage umgesetzt und implementiert. Ziel ist die Generierung zuverlässiger und belastba-rer Kosten zu einem frühen Zeitpunkt innerhalb des Projektes.

AusgangssituationDie Angebotserstellung bzw. die Abschätzung der Kosten ist Grundlage für jede Investition. Dabei bindet dieser Aufgabenbereich erhebliche Ressourcen, die für den eigentlichen Planungsprozess nicht zur Verfügung stehen. In der Zukunft ge-winnt die Angebotserstellung eine noch größere Bedeutung. Dabei hat die Qualität der meist unter starkem Zeitdruck erstellten Angebote starken Einfluss auf den Er-folg eines Planungsprojektes. Die Kapitalbedarfsschätzung bzw. Angebotskalkula-

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

tion (Pfad A in Abb. 1) wurde in der Vergangenheit, im Gegensatz zum eigentli-chen Anlagenplanungsprozess (Pfad B in Abb. 1), bislang nicht ihrer Bedeutung entsprechend betrachtet.

Abb. 1: Übersicht Angebots- (Pfad A) und Planungsprozess (Pfad B)

In der Vergangenheit wurden verschiedene Methoden für die Schätzung des Kapi-talbedarfes und die Erstellung von Angeboten entwickelt. Die Fehler liegen je nach Planungsstand zwischen 10 und 40%. Dabei werden üblicherweise die Gesamtin-vestitions-, die Betriebs- und die übrigen permanent anfallenden Kosten auf Basis der Hauptausrüstung, teilweise unter Zuhilfenahme von Faktoren, bestimmt. Die am weitesten verbreiteten Schätzmethoden sind dabei die Kapazitäts-, die Struk-turmethoden, die Methoden mit spezifischen Daten sowie quasi-exakte Methoden auf Basis der Materialauszüge des Detail Engineerings. [5] Die hauptsächlichen Probleme bei der Abschätzung des Kapitalbedarfes für Auf-tragnehmer und –geber liegen in der ungenügenden Detailkenntnis, besonders in frühen Phasen der Planung. Belastbare Schätzungen und Angebote sind so schwer zu erstellen. Neue Methoden und modernen Werkzeuge bieten die Möglichkeit, diesen Schritt erheblich zu vereinfachen bzw. Ressourcen für den eigentlichen Planungsvorgang freizusetzen.

Modulare Planung und IES1

Dabei wurden Ansätze der modularen Planung auf die Anlagen (hier Koksofengas-reinigungsanlagen) angewandt. [6]. In Zusammenarbeit mit den Planungsingenieu-ren wurden auf Grundlage existierender Dokumentationen Planungsmodule so-wohl für die Funktions- als auch für die Aufstellungs- und Rohrleitungsplanung erstellt (siehe Abb. 2). Dabei umfassen die Module neben den Hauptausrüstungen auch die Nahverrohrung inklusive der Armaturen und Instrumentierung. Dieses Konzept wurde für die verschiedenen Ausrüstungen der Anlagen, wie Kolonnen, Pumpen, und Wärmeübertrager, durchgeführt. Der Planungsmodule sind über eine Schnittstelle mit Simulationsobjekten der Prozesssimulation verbunden und in das kommerzielle Planungswerkzeug Comos®PT, welches die Grundlage für das IES bildet, implementiert worden (siehe Abb. 3). Das Konzept der Modularisierung innerhalb der Planung erlaubt die schnellere und standardisierte Erstellung von Fließbildern. Dadurch wird der Prozess wesentlich effizienter gestaltet und die Fehlerwahrscheinlich erheblich reduziert. Grundlage des Projektes ist ein Integrated Engineering System, welches in Zu-sammenarbeit mit der Uhde GmbH auf Basis des objektorientierten CAE-Werkzeuges Comos®PT der Firma innotec GmbH entwickelt wurde. Bestandteile 1 IES – Integrated Engineering System

Aufgaben-stellung

Pre-BasicEngineering

Angebots-erstellung

BasicEngineering

DetailEngineering

Beschaffung,Realisierung

RapidPrototyping

Pfad B

Pfad A

Aufgaben-stellung

Pre-BasicEngineering

Angebots-erstellung

BasicEngineering

DetailEngineering

Beschaffung,Realisierung

RapidPrototyping

Pfad B

Pfad A

Aufgaben-stellung

Pre-BasicEngineering

Angebots-erstellung

BasicEngineering

DetailEngineering

Beschaffung,Realisierung

RapidPrototyping

Pfad B

Pfad A

Aufgaben-stellung

Pre-BasicEngineering

Angebots-erstellung

BasicEngineering

DetailEngineering

Beschaffung,Realisierung

RapidPrototyping

Pfad B

Pfad A

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

des Systems sind neben Comos®PT eine Prozesssimulation mit Prozessoptimie-rung (ChemCad®) und ein 3D-Werkzeug für die Aufstellungs- und Rohrleitungs-planung (Comos®FEED, PDMS®, CAPD®).

Abb. 2: Prinzip der modularen Planung am Beispiel einer Pumpengruppe (dreifach, Prozesswasserpumpe mit Entleerung)

Durch die vorhandene Standardisierung ist es auf Basis der vorhandenen Struktur möglich, innerhalb kürzester Zeit ein modulbasiertes, objektorieniertes R&I-Fließbild zu erzeugen, das die nötigen Informationen wie Medien, Rohrklassen, Spezifikationen enthält. Grundlage dafür sind das Flowsheet und die Daten der Prozesssimulation.

Abb. 3: Implementierung der Module in Comos (Bsp. zweifache Pumpen-gruppe)

MOKIES2

Die integrierte Planungsumgebung wurde für die Kapitalbedarfsschätzung um eini-ge Komponenten erweiert. So wurde neben der Modularisierung auch eine Kos-

2 MOKIES – Modulbasierte Kostenschätzung für ein Integrated Engineering Sys-tem

Eingang

Ausgang Ausgang

Eingang

M M M

Eingang

Ausgang Ausgang

Eingang

M M M

Eingang

Ausgang Ausgang

Eingang

M M M

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tenmodellierung für die einzelnen Module und die restlichen Gewerke eingeführt (siehe Abb. 4).

Abb: 4: Konzept der Kostenschätzumgebung (MOKIES)

Für die vorhandenen Planungsmodule wurden auf Grundlage von Altdaten und Angeboten spezifizierbare Kostenmodelle verschiedener Detaillierungsgrade ermit-telt. So gibt es z. B. für die Pumpengruppen ganzheitliche Kostenmodelle auf Basis der Leistungsdaten der Pumpen als auch detaillierte Kostenmodelle mit hinterleg-ten Daten für die einzelnen durch die Standardisierung bekannten Komponenten der Pumpengruppe. Dadurch ist es in frühen Phasen der Planung möglich, erste Abschätzungen des Kapitalbedarfes auf Grundlage von ersten Materialauszügen zu treffen. Bei der Entwicklung der Kostenmodelle wurden aufgrund der notwendi-gen Belastbarkeit statistische Methoden eingesetzt. Natürlich ist es für den An-wender möglich, auf einfache Weise eigene Kostenmodelle und Module in die Umgebung einzupflegen. Die Kostenmodelle für die Planungsmodule umfassen neben den Hardwarekosten (Ausrüstung, Rohrleitungen, usw.) auch die Planungs- und Montagekosten. Mit Kenntnis der spezifischen Kosten für die Utilities ist es möglich, die Betriebskosten auf Basis der Simulationsdaten und Schätzung des Kapitalbedarfes zu bestimmen. Dadurch ist es für den Anwender möglich, aufgrund der vorhandenen Daten (Kapi-talbedarf und Betriebskosten) Entscheidungen bezüglich der besten Verfahrensva-riante zu treffen.

SimulationProzessopt.

Modularisierung

Aufstellung,Rohrleitungen,Stahlbau

P&ID

Comos®PT

Verfahrensvarianten

ChemCad®

PFD

Betriebskosten KapitalbedarfBetriebskosten Kapitalbedarf

Kostenmodelle(Module, Stahlbau, Rohrleitungen)MOKIES

CAPD

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

Abb. 5: Kostenfunktion einer 2-fachen Pumpengruppe ( Chemienormpumpe, doppelte Gleitringdichtung)

Die Kostenmodellierung bzw. die Ermittlung der Kosten erfolgt auf Basis von spezi-fischen Parametern. So teilt sich eine Pumpengruppe in die Pumpen, die Motoren mit Elektrotechnik und ggf. Frequenzsteuerung, Rohrleitungen, Armaturen, Instru-mentierung, Fundamente und Grundplatte. Die durch Untersuchungen ermittelten spezifischen Parameter für die Kostenschätzung einer Pumpe sind die Leistung als Funktion der Förderhöhe und des Förderstroms, der Typ, der Werkstoff in Abhän-gigkeit des geförderten Mediums und die Ausführung der Dichtung. Für die Pum-pengruppe kommen neben Werkstoffen und Durchmesser als Funktion der Fließ-geschwindigkeit für die Rohrleitungen auch die Notwendigkeit einer Isolierung und die Ausführung der Entleerung hinzu (siehe Abb. 5). Dies muß in einem globalen Kostenmodell berücksichtigt werden. Durch eine Standardisierung ist es möglich einige dieser Faktoren in einem gewissen Rahmen konstant zu lassen bzw. diskret zu behandeln. Für die Ermittlung der Kosten für die verbindenden Rohrleitungen und den Stahl-bau wird das universitäre 3D-Werkzeug CAPD (Computer Aided Plant Design) eingesetzt. Es bietet neben einem für die Modularisierung einsetzbaren Equipment Modeller die Möglichkeit die Ausrüstung auf Grund einer Wissensbasis automa-tisch zu platzieren und mittels Autorouter die Rohrleitungen automatisch zu verle-gen. Untersuchungen haben gezeigt, dass die Abschätzung der Rohrleitungskos-ten mittels Autorouter ausreichend genau erfolgt (siehe Abb. 6). [7]

Abb. 6: Vergleich Autorouting (CAPD) und realisierte Anlage (Gasreinigung)

Zusammenhang Kosten und Leistung

Log Leistung [KW]

Log

Kos

ten

[Eur

o]

0 20000 40000 60000 80000 100000 120000 140000

Autorouting

Realisiert

0 20000 40000 60000 80000 100000 120000 140000

Autorouting

Realisiert

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

Die Betriebskosten werden auf Grundlage der ermittelten Investitionskosten (In-standhaltung, Abschreibung, Personal) bzw. der Daten der Simulation (Utilities, Energie) abgeschätzt.Die nicht in den Modulen enthaltenen Gewerke bzw. Teile der anderen Gewerke werden in einem ersten Schritt mittels Zuschlagfaktoren ermittelt. Dabei sind einige Gewerke (z. B. Prozessleitsystem) für einen Anlagentyp unabhängig von den Ka-pazitäten.

Vor- und Nachteile Mit der vorhandenen Umgebung ist es für den Planer möglich, auf Grundlage der Prozesssimulation, der Modularisierung und der belastbaren Kostenmodelle Vari-antenvergleiche durchzuführen und den Kapitalbedarf abzuschätzen und optimale Anlagendesigns sowohl in Hinsicht auf Investitions- als auch Betriebskosten zu ermitteln. Im weiteren Verlauf können nach Erweiterung des Systems belastbare detaillierte Angebote erstellt werden. Das System sorgt für eine erhebliche Effi-zienzsteigerung innerhalb des Angebots- und Planungsprozesses, da die erstellten Daten und Zeichnungen bei erfolgreicher Auftragsvergabe für den weiteren Pla-nungsablauf genutzt werden können.

Abb. 7: Vergleich Strukturmethode (links) und modulbasierter Ansatz (rechts)

Bei den bisherigen Kostenschätzmethoden (z. B. Strukturmethode) wurde der ge-samte Kapitalbedarf auf Basis der Equipmentkosten (ca. 20% des Gesamtkapital-bedarfes) mittels Zuschlagfaktoren für die einzelnen Gewerke bestimmt. Durch die Modularisierung und die Einbeziehung von 3D-Werkzeugen in die frühen Phasen der Kostenschätzung ist es für den Anwender möglich, deutlich größere Bestand-teile einer Anlage direkt ohne die Verwendung von Zuschlagfaktoren abzuschätzen (ca. 50% des Gesamtkapitalbedarfes) (siehe Abb. 7). Durch die Modularisierung, die nicht alle Gewerke einer Anlage in vollem Umfang berücksichtigt, ist es erforderlich, die vorhandenen Zuschlagsfaktoren zu ändern,

Berechnet Geschätzt über Zuschlagfaktoren

Bisher Modulbasiert

Berechnet Geschätzt über ZuschlagfaktorenBerechnet Geschätzt über Zuschlagfaktoren

Bisher Modulbasiert

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

da sich sowohl der Umfang der Gewerke (Teile sind in den Modulen enthalten) als auch die Basis (früher Kosten der Hauptausrüstung) geändert hat. Auch die Ab-schätzung von speziellen Ausrüstungen, wie z. B. Reaktoren, ist auf Grundlage dieses Ansatzes nur bedingt möglich. Für solche Ausrüstungen müssen globale Kostenmodelle entwickelt und verwendet werden.

ZusammenfassungMit Hilfe des vorgestellten Systems ist es möglich, in frühen Projektphasen auf Ba-sis von Simulationsdaten erste belastbare und genaue Aussagen über den Kapi-talbedarf und die Betriebskosten, die Grundlage für jede Wirtschaftlichkeitsanalyse und Investitionsentscheidung sind, zu treffen. Durch das System wird die Kosten-schätzung wesentlich effizienter gestaltet. Der Planer erhält zu einem frühen Zeit-punkt erste Varianten sowohl in der Funktions- als auch in der Aufstellungsplanung als Diskussionsgrundlage. Das System der Modularisierung erlaubt die schnelle Generierung von Fließbildern auf Grundlage der Simulation. Dadurch wird der Pla-nungsprozess effizienter und die Fehlerwahrscheinlichkeit geringer. Durch die kon-sequente Standardisierung und die Verwendung von modernen Werkzeugen ist es dem Ingenieur möglich, zu einem frühen Zeitpunkt Aussagen bezüglich der Mas-sen und Materialauszüge zu treffen und die Basis für die Abschätzung der Kosten deutich zu vergrößern. So wird die Kostenschätzung erheblich genauer und die spätere Angebotserstellung wesentlich einfacher.

Literatur:

[1] RÖVER, H.: Ein Beitrag zur Kopplung von Flow-Sheeting Programmen mit CAD-Systemen bei der Anlagenplanung"., Aachen (Verlag Shaker) 1994

[2] SONNENSCHEIN, R.: Ein wissensbasiertes System zur Instrumentierung von Chemieanlagen., Düsseldorf (VDI-Verlag) 1995

[3] RICHERT, H.: Ein numerisch-heuristisches System zur Rohrleitungsplanung verfahrenstechnischer Anlagen., Düsseldorf (VDI-Verlag) 2001

[4] BURDORF, A.: Extended Equipment-Modelling für die rechnergestützte Auf-stellungsplanung von Chemieanlagen. Diss. Universität Dortmund, 2004

[5] KÖLBEL, H., SCHULZE, J.: Projektierung und Vorkalkulation in der chemi-schen Indusrie. Heidelberg (springer-Verlag), 1982

[6] STRAUCH, U.; BRETTSCHNEIDER, O.; THIELE, R.; THIELERT, H.; WOZNY, G.From process optimization to design optimization. A new approach to find an optimal plant design. Inz. Chem. Proc., Vol. 25, Issue 3, pp. 2011-2028, 2004

[7] STRAUCH, U., ENGELHARDT, D., WOZNY, G., THIELERT, H.: Autorouting – Ermittlung der Rohrleitungsmasse für die Angebotserstellung, Vortrag 4. Ber-liner Symposium „Computergestützte Anlagenplanung“, Berlin, 2003

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03. März 2006

FachvortragVR-Trends, Anwendungsgebiete, Nutzen

»Unterstützung durch einVR-Portal im Anlagenbau«

Christian Plociennik,SMS Demag AG

Oliver Hofmann,RWTH Aachen

Philipp Cerfontaine,RWTH Aachen

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Angaben zur Person

Dipl.-Ing. Oliver Hofmann

derzeitige Funktion Gruppenleiter Simulation in Firma Institut für Bildsame Formgebung, RWTH Aachen weitere Funktionen

kurzer Werdegang bis 1999 Studium Maschinenbau, Fachrichtung Ferti-gungstechnik, an der RWTH Aachen 1999 - 2001 Lehr- und Forschungsgebiet Betriebsmittel für die Gewinnung mineralischer Rohstoffe (BGMR) der RWTH Aachen Januar 2002 am Institut für Bildsame Formgebung (IBF) der RWTH Aachen

Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

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Angaben zur Person

Dipl.-Inf. Philippe A. Cerfontaine

derzeitige Funktion Leiter der Prototyping- und Maschinenbau Abteilung in Firma VR Gruppe des Rechen- und Kommunikationszentrums

der RWTH Aachen weitere Funktionen

kurzer Werdegang Dipl.-Inform. Philippe A. Cerfontaine studierte bis 2004 Informatik mit dem Vertiefungsgebiet Computer Gra-phik, an der RWTH Aachen.

Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

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Unterstützung durch ein VR-Portal im AnlagenbauDipl.-Ing. Christian Plociennik SMS Demag AG, Düsseldorf, DeutschlandEduard-Schloemann-Straße 4, D-40237 Düsseldorf

Dipl.-Ing. Oliver Hofmann Institut für Bildsame Formgebung, RWTH Aachen Intzestr. 10, 52056 Aachen

Dipl.-Inform. Philippe Cerfontaine Rechen- und Kommunikationszentrum, RWTH Aachen Seffenter Weg 23, D-52075 Aachen

Zusammenfassung

Mit Unterstützung der Virtuellen Realität (VR) wird die Visualisierung einer Com-pact Strip Production - Gießwalzanlage (CSP) durchgeführt. Dieses Portal zeigt neben der reinen Präsentation der Anlage sowie der Anlagenkomponenten Neue-rungen und technische Weiterentwicklungen. Für die wirtschaftliche Auslegung und Dimensionierung einer Gesamtanlage sind eine große Anzahl von verschie-densten Simulationen notwendig. Ergebnisse dieser Simulationen können eben-falls in dem Portal betrachtet und analysiert werden. Dieses Portal ermöglicht es durch die kombinierte Darstellung von Modell, Information und Simulation auch komplexe Sachverhalte einfach und verständlich zu erklären.

1 Einleitung

Im metallurgischen Anlagenbau treffen eine Vielzahl von Fachgebieten wie Verfah-renstechnik, Umformtechnik, Maschinenbau, Elektro- und Automatisierungstech-nik, aber auch Bauingenieurwesen und andere aufeinander. Jede dieser Diszipli-nen bringt eigene Modelle, Darstellungen und Pläne mit, die einen Gesamtüberblick in allen Bereichen sehr erschweren. Aus diesem -und weiteren- Gründen wurde ein Kooperationsprojekt zwischen der SMS Demag AG, dem Re-chen- und Kommunikationszentrum der RWTH Aachen und dem Institut für Bild-same Formgebung gestartet, um ein geeignetes Werkzeug zur Verfügung zu stel-len. Ansatz war dabei die VR, die heute ein selbstverständlicher Teil industrieller Produktentstehungsprozesse ist. Die VR stellt eine Ergänzung zu digitalen Pro-duktentwicklungswerkzeugen dar, auch in Verbindung mit modernen Informations- und Kommunikationstechnologien. Insbesondere die Automobilindustrie sowie die Luft- und Raumfahrtindustrie nutzen diese Technologie produktiv in ihren Entwick-lungsprozessen. Ziel dieser Kooperation ist die Entwicklung eines Software-Portals zur gesamttechnologischen Visualisierung und Simulation einer CSP-Gießwalzanlage in der virtuellen Realität.

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

2 Projektbeschreibung

Im Bereich der Hütten- und Walzwerkstechnik wurden in einem bereits abge-schlossenen Projekt erste Voruntersuchungen zur Nutzung der VR-Technik durch-geführt [1], [2]. Ergebnis dieses Projektes ist ein 3-dimensionales funktionales Mo-dell einer CSP-Gießwalzanlage zu Präsentations- und Marketingzwecken. In der Weiterführung der Kooperation wird unter Nutzung unterschiedlicher Medien eine Visualisierung sowie Simulation der CSP-Gießwalzanlage in einer virtuellen Um-gebung ermöglicht [Abb. 1].

Abbildung 1: Blick über das VR Modell

Erste Schritte dieser Entwicklung ist ein Visualisierungsportal, das dem Betrachter das „Eintauchen“ in einzelne Anlagenbereiche bzw. –komponenten ermöglicht. Ausgehend von der Anlage sowie der gesamten Produktionshalle [3] können ne-ben der reinen Visualisierung Zusatzinformationen bereitgestellt werden. Darunter fallen nicht nur Photographien, Bilder und Filme sondern auch Simulationsergeb-nisse und Online-Simulationen, deren Ergebnisse direkt in der VR dargestellt wer-den.Das Portal ermöglicht Einblicke in Anlagenbereiche, die bei einem Besuch im Stahlwerk aufgrund von Maschinenverkleidungen oder zu großer Hitze nicht zu-gänglich sind. Des Weiteren erlaubt es den Planungsingenieuren besser als mit herkömmlicher Simulationstechnik ihre Anlagenplanung zu überprüfen. Die Einsatzgebiete dieses Portals im Hause der SMS Demag AG erstrecken sich von Marketing, technischem Vertrieb, Ausbildung und Training von Kunden und Mitar-beitern, Verbesserung der Kommunikation zwischen Kunden, den beteiligten Be-reichen des Unternehmens sowie Lieferanten, bis hin zur Planung neuer Anlagen.

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

3 Visualisierung

In dem beschriebenen Visualisierungsportal werden vorhandene 3D-CAD-Modelle der Konstruktionsabteilungen der SMS Demag AG zu einer virtuellen CSP-Gießwalzanlage zusammengesetzt. Dabei erstreckt sich die Anlage vom Stahlwerk bis zum Bundlager. Bisher wurden die Modelle von Hand überarbeitet. Es laufen jedoch Arbeiten auf dem Gebiet der automatischen Verfahren, deren Ziel es ist, die CAD-Modelle möglichst automatisch zu konvertieren und zu optimieren [4]. Zur Umsetzung der Arbeiten wird die VR-Software ViSTA (Virtual Reality for Scientific and Technical Applications) der RWTH Aachen eingesetzt.Unter dem Gesichtspunkt der eingangs erwähnten Technologievermittlung sind verschiedene Visualisie-rungsebenen eingerichtet. Ihre Struktur ist in Abb. 2 zu sehen. Beginnend auf der Ebene der Gesamtan-lage (Ebene 1) besteht die Möglichkeit einzelne Objekte anzuwählen. Nach Anwahl wird der Benutzer automatisch an den Bereich herangeführt und gelangt auf die zweite Ebene. Ab dieser zweiten Ebene erscheint in der Applikation ein 3D-Menü, in dem Zusatzinformationen, detailliertere Modelle oder Be-rechnungsergebnisse angewählt werden können.

Abbildung 2: Hierarchie des Visualisierungsportals

Beliebige Informationen wie Photographien, Bilder, dynamische 3D-Graphen, Vi-deos, Animationen, Tabellen, Panorama Bilder und Simulationsergebnisse (z.B. FEM) können mit dieser Struktur eingebunden werden. Dies erlaubt die Breite der Informationsarten darzustellen und durch Kombination der Information auch kom-plizierte Sachverhalte verständlich zu erklären, sowie einen Überblick über ver-schiedene Bereiche zu geben. Eine Erweiterung des Portals sowohl in die Model-lierungstiefe (weitere Ebenen/vertikal) als auch in die Modellierungsbreite (Anbindung von vorherigen oder nachfolgenden Prozessstufen/horizontal) ist be-liebig möglich.

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

3.1 Autorentool

Vor dem Hintergrund dieses Portals für unterschiedliche Zielgruppen wie z.B. Kun-den oder technisches Personal einsetzen zu können, muss man in der Lage sein Modelle und Zusatzinformationen beliebig einzubauen. Diese Integration von In-formation ist während der Laufzeit möglich. Dabei erfolgt der Austausch über eine Benutzerschnittstelle, deren Aufbau in Abb. 3 gezeigt wird.

Abbildung 3: Autorentool zum Zusammenstellen des Portals

Auf der rechten Seite ist die Darstellung in der VR-Umgebung gezeigt. Im Fenster links oben ist die Hierarchie des Modells zu sehen. Der Benutzer baut die virtuelle Anlage in einer hierarchischen Struktur auf. Er wählt die Position, Orientierung und Skalierung der Modelle. Er erhält somit die Möglichkeit beliebige Anlagenlayouts zusammenzustellen. Durch Austausch der Modelle ist er in der Lage die aktuellen Daten aus den Konstruktionsabteilungen einzupflegen. Im unteren Fenster sind die aktuell vorhandenen Zusatzinformationen und ihr hierarchischer Aufbau darge-stellt. Auch hier hat der Benutzer die Möglichkeit die Hierarchie zu beeinflussen und die Punkte im Modell zu definieren, an denen die Information erscheint.

4 Simulation

FEM-Berechnungen und deren Ergebnisse können in das Portal nur als Zusatzin-formationen eingebunden werden. Im Rahmen eines Post-Processings ist es mög-lich, die Ergebnisdaten zu analysieren. Zusätzlich soll das erstellte Portal jedoch auch die Möglichkeit bieten, interaktiv mit Simulationen und deren Ergebnissen umzugehen. Dabei soll der Benutzer in die Lage versetzt werden, Simulationen sowohl über die gesamte Anlage als auch nur für bestimmte Bereiche durchführen zu können. Wie auch bei den Visualisierungsebenen erfolgt die Einordnung der Simulationen in einem hierarchischen Aufbau (Abb. 4).

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

Abbildung 4: Hierarchie im Bereich der Simulation [5]

Bei beiden Visualisierungslevels zeigt die Matrix in ihrer horizontalen Ausdehnung einzelne Bereiche der Anlage von der Gießmaschine bis zum Haspel. Vertikal ist die Betrachtungsebene dargestellt. Diese geht von einer globalen Auflösung über die Gesamtanlage bis zur atomistischen Auflösung. Eingegliedert in diese Matrix sind die bisher vorhandenen Simulationen.

4.1 Logistiksimulation

Die oberste Ebene bildet eine Simulation über den Gesamtprozess zur Bestim-mung der Produktposition innerhalb der Gesamtanlage. Diese Simulationen basie-ren auf Berechnungen zur Volumenkonstanz oder auf Logistiksimulationen. Hier können mittels Parametervariation z.B. der Materialfluss, die Anlagenkapazität etc. optimiert werden. Mittels der Logistiksoftware Enterprise Dynamics (ED) der Firma InControl [7] können Submodelle, auch Bausteine genannt, von den einzelnen An-lagenkomponenten zu einem Simulationsmodell der Anlage zusammengesetzt werden. Diese Bausteine können vordefiniert aus einer Bausteinbibliothek ent-nommen oder selbst programmiert werden. Im Hause SMS Demag eingesetzte, speziell programmierte Simulationsbausteine ermöglichen die Untersuchung ver-schiedener Anlagenlayouts der CSP- Anlage. Bei diesem parametrierbaren Modell der CSP-Anlage wird durch Änderungen der Parameter der Anlage (Layout, Ge-schwindigkeiten, etc.) das Modell der CSP-Anlage automatisch geändert. Die Transportvorgänge in der Produktionsanlage können mit Hilfe von 2D- oder 3D-Animationen dargestellt werden oder mittels einer Schnittstelle zu der VR-Software VISTA in der virtuellen Anlage simuliert werden [7]. In einem weiteren Schritt wur-de eine Temperatursimulation für den Ofenbereich der CSP-Anlage an das ED Modell angeschlossen. Ein bei SMS Demag vorhandenes Tool zur Simulation der Temperaturentwicklung der Bramme für den Bereich des Ofens erhält die Ergeb-nisdaten der Logistiksoftware (Positionsdaten der Brammen, Geschwindigkeiten). Es berechnet Online die lokal aufgelösten Temperaturen in der Bramme und sen-det sie zurück zur Logistiksoftware. Dort werden sie in der Gesamtanlage darge-stellt (s. Abb.5) [8]. Der nächste Schritt ist die Übertragung der Daten aus der nächst tiefer gelegenen Simulationsebene an die VR.

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

Abbildung 5: Darstellung der Temperatur der Brammen im 3D-Modell und als 2D-Querschnitt

Eine solche Übertragung ist in einem anderen Bereich bereits realisiert. ED bietet per Drag&Drop den Zusammenbau beliebiger Anlagen aus bereitgestellten Anla-genkomponenten. Position, Größe und weitere Parameter werden in ED festgelegt und entsprechen dann automatisch einer Repräsentation in der Virtuellen Realität.

4.2 Simulation von Mehrfeldproblemen

Detaillierte Betrachtungen wie z.B. die gekoppelte Berechnung von mehrdimensio-nalen Problemen über die gesamte Anlage durchzuführen ist nicht sinnvoll. Sowohl bei den Rechenzeiten als auch bei den Datenmengen geht dieser Ansatz weit über das derzeit Machbare hinaus. Daher wird an bestimmten Stellen die Option gebo-ten, detailliertere Simulationen für Teilbereiche der Anlage durchzuführen (z.B. Stichplanberechnung für die Walzstraße, FEM-Simulationen für ein Walzgerüst). Die Berechnungen erfolgen in den jeweiligen Simulationsprogrammen, die Ergeb-nisse werden dann an die VR-Software übermittelt. Die im folgenden beschriebe-nen zwei Beispielsimulationen werden derzeit noch offline an die VR gekoppelt. Beispiel 1: Untersuchung von Strömungseffekten im Stranggußbereich Das Interesse an strömungstechnischen Optimierungen beim Stranggießen wächst mit steigenden An-forderungen an Produktivität und Qualität des Gießproduktes. So kann z.B. durch die Einflussnahme auf die Strömung im Stranggießverteiler die Innen- und Oberflächenqualität der Gießprodukte verbessert werden. Das Ziel solcher Untersuchungen besteht u.a. darin, die Strömungsführung im Verteiler so aus-zulegen, dass sich vor allem während der instationären Betriebsphasen (Füllen, Pfannenwechsel, Ent-leeren) keine Strömungszustände einstellen, die die Produktqualität, z. B. durch eine erhöhte Anzahl nicht-metallischer Partikel in der Bramme, negativ beeinträchtigen [9]. Bei der Darstellung in der VR wird durch das Zusammenspiel Anlage-Ergebnisse auch fachfremden Betrachtern direkt klar, für welche Stelle der Anlage die Simulationen durchgeführt wurden. Durch Änderungen, die am Modell veran-

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

schaulicht werden können (z.B. andere Geißgeschwindigkeit), können dann durch Visualisierung der neuen Ergebnisse die Auswirkungen auf das Produkt sichtbar gemacht werden.

Beispiel 2: FEM-Untersuchung im Walzgerüst Ebenso steigt das Interesse an FEM-Berechnungen zum besseren Verständnis der ablaufenden Prozesse stetig an. Auch in Bereichen der CSP-Gießwalzanlage (Ofen, Walzgerüstbereich, Kühlstrecke) werden mit dieser Methode wichtige Er-kenntnisse erzielt. Für den Gerüstbereich wurden bereits erste Ergebnisse be-rechnet und per Ergebnisvisualisierung eingebunden. Auch hier kann ein Ändern der Parameter im virtuellen Modell gezeigt werden (z.B. Walzenzustellung) und die daraus resultierenden Veränderungen im Produkt visualisiert werden. Die hier gezeigten Simulationen sind bereits in das Portal integriert und können über das Autorentool eingebunden werden. Die Implementierung weiterer Berech-nungen ist vorgesehen.

5 Zusammenfassung

Im vorliegenden Beitrag wurde der Einsatz eines VR-Portals im Anlagenbau vor-gestellt. Einsatzgebiete eines solchen Portals im Hause der SMS Demag AG sind Marketing, technischer Vertrieb, Ausbildung und Training von Kunden und Mitar-beitern, Verbesserung der Kommunikation zwischen Kunden, Unternehmen sowie Lieferanten, bis hin zur Planung neuer Anlagen. Der Aufbau des Portals wurde sowohl auf der Visualisierungs- sowie der Simulati-onsseite gezeigt. Die Integration von Zusatzinformationen wurde dargestellt und das dafür benötigte Autorentool präsentiert. Die derzeit verwendeten Funktionalitä-ten der Logistiksimulation wurden erläutert. Weiterhin wurden Beispiele für detail-liertere Simulation vorgestellt. Dabei wurde verdeutlicht, dass die verwendete Hie-rarchie es erlaubt beliebige Erweiterungen sowohl in die Tiefe (weitere Ebenen) als auch in die Breite (weitere Anlagenteile) zu integrieren.

Literatur[1] R. Kopp: Vom innovativen Halbzeug zum Hochleistungsprodukt, in: Ta-

gungsband 16. Aachener Stahlkolloquium, 22.-23.03.01, Verlag Mainz, Aa-chen 2001

[2] Ch. Plociennik, O. Hofmann, V. Honnet: Die virtuelle Gießwalzanlage, 3. VRCA Workshop, 9. July 2002, Aachen

[3] Persönliche Mitteilung, Firma MP, J. Möhling, 2002

[4] M. Brüggemann, Ch. Plociennik: Datenreduzierung in ProE, interner Bericht, SMS-Demag AG, Düsseldorf, April 2004

[5] T. Kuhlen, O. Hofmann, R. Kopp, G. Kneppe, Ch. Plociennik, V. Honnet: Portal „Virtuelle CSP-Anlage“ in der CAVE der RWTH Aachen, Tagungs-band des 19. Aachener Stahlkolloquiums, Aachen, 25./26. März 2004

[6] Best of both worlds, EDition Enterprise Dynamics simulation news, Nov./Dez. 2004, S.3

[7] Ch. Plociennik, interner Bericht, SMS-Demag AG, Düsseldorf, März 2005

[8] T. Heimann, Ch. Plociennik, interner Bericht, SMS-Demag AG, Düsseldorf, März 2005

[9] N. Vogl: Abscheidung von nichtmetallischen Einschlüssen, interner Bericht, SMS-Demag AG, Düsseldorf, März 2004

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03. März 2006

FachvortragVR-Trends, Anwendungsgebiete, Nutzen

»After Market – Service-lösungen für den Maschinen-und Anlagenbau«

Hendrik Zwart,Enigma Information Retrival GmbH

Dr. Martin Endig,Fraunhofer IFF

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Angaben zur Person

Hendrik Zwart

derzeitige Funktion Vertriebsleiter Zentraleuropa (DACH + BENELUX) in Firma Enigma Information Retrieval Systems GmbH weitere Funktionen

kurzer Werdegang Hendrik Zwart ist als Sales Manager Central Europe für die vertrieblichen Aktivitäten der Enigma GmbH in Deutschland, Österreich, Schweiz und den Benelux-Staaten verantwortlich. Hendrik Zwart verfügt über mehr als 17 Jahre Erfahrung in der IT-Branche. Er arbeitete in verschiedenen Ver-triebs- und Führungspositionen bei führenden amerika-nischen Technologieunternehmen mit Schwerpunkt En-terprise-Software.Hendrik Zwart studierte Maschinenbau. Er ist gebürtiger Holländer und lebt seit 8 Jahren in Deutschland.

Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

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Angaben zur Person

Dr.-Ing. Martin Endig

derzeitige Funktion Abteilungsleiter in Firma Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und –

automatisierungAbteilung »Daten- und Informationsmanagement«

weitere Funktionen

kurzer Werdegang 1996 Diplom im Fach »Informatik« an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg 1996–2001 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Fakul-tät für Informatik der Universität Magdeburg 2001 Promotion zum Thema »Prozessintegration in in-tegrierten Entwurfsumgebungen«Seit August 2001 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung in der Hauptabteilung »Virtuelle Ent-wicklung und Training« seit Januar 2005 Leiter der Abteilung »Daten- und In-formationsmanagement«

Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

After Market – Servicelösungen für den Ma-schinen- und Anlagenbau

Hendrik Zwart Enigma Information Retrieval GmbH Sales Manager Central Europe Steinheilstrasse 10, 85737 Ismaning E-mail: [email protected]

Dr. Martin Endig Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und –automatisierungInstitutsleiter Prof. Dr.-Ing. habil. Michael Schenk Abteilungsleiter »Daten- und Informationsmanagement« Sandtorstrasse 22, 39106 Magdeburg E-mail: [email protected]

Zusammenfassung

Gerade im Aftersales-Bereich des Maschinen- und Anlagenbau schlummert gro-ßes Optimierungspotential in Hinblick auf Zeit und Kosten. Dieses lässt sich jedoch nur durch die effektive und konsequente Nutzung aller Informationsquellenerrei-chen, indem die vorhandenen Maschinen- und Anlageninformationen in einem einheitlichen Rahmen bereitgestellt werden. Fraunhofer-Forscher vom Virtual De-velopment and Training Centre VDTC in Magdeburg haben dafür gemeinsam mit ihrem Partner Enigma Information Retrieval GmbH eine neuartige Servicedienst-leistung entwickelt, welche unter anderem Virtual Reality zur Informationsvisuali-sierung nutzt. PMO Services steht für »Plant Maintenance and Operation Servi-ces« und hat erste Praxistests im Bereich der technischen Dokumentation erfolgreich bestanden.

Problemstellung

Jeder Hersteller oder Lieferant von Maschinen und Anlagen ist heute gesetzlich dazu verpflichtet, die entsprechende Dokumentationen zu liefern. Diese müssen nicht nur vollständig und gesetzeskonform sein, sondern sollten auch praktikabel und in anwenderfreundlicher Form dargeboten werden. Die Realität sieht jedoch anders aus: Käufer erhalten vom Anlagenhersteller und seinen Zulieferern Doku-mentationen in Papierform. Die kaum zu bewältigenden Informationsmengen wer-den in der Regel meist in unüberschaubarer Form zusammengestellt.

Die tägliche Praxis der Instandhaltung ist häufig von Feuerwehreinsätzen zur Be-seitigung von Störungen geprägt. Vorbeugende Maßnahmen werden, wenn über-haupt, nach Herstellerempfehlungen oder in starr festgelegten Zeit- oder Nutzerin-tervallen durchgeführt. Diese Vorgehensweise gefährdet einen sicheren und wirtschaftlichen Anlagenbetrieb. Neue Ansätze wie zustandsbasierte Instandhal-tung stecken noch in den Kinderschuhen.

Die Beispiele betrachten ausgewählte Problembereiche, die heute einen effizien-ten Betrieb von Maschinen und Anlagen behindern. Die Folge: Reduzierbare Kos-ten, die beispielsweise aus überhöhtem Personalaufwand oder redundanter Ver-waltung von Dokumentationsinhalten entstehen. Gängige IT-Technologien und -

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

Systeme lösen diese Probleme, jedoch kommt es darauf an, individuelle Lösungen für klein- und mittelständische Unternehmen auf Basis vorhandener Systeme und vorgeschriebener Standards in einem integrierten Rahmen anzubieten.

Die Lösung von morgen – virtuell-interaktive Szenarios

Als Lösung für die Probleme, die heute jeden Anlagenhersteller, Betreiber und Ser-vicedienstleister betreffen, bieten sich virtuell-interaktive 3-D-Szenarien an. Die virtuelle Realität erlaubt die maßgeschneiderte Visualisierung komplizierter techni-scher Anlagen und Abläufe in anschaulicher, realitätsnaher Art und Weise. Auf Ba-sis dieser zukunftsweisenden Technologie wurde PMO Services entwickelt. PMO Services bedeutet »Plant Maintenance and Operation Services« und beinhaltet un-terschiedlichste Dienstleistungen für Aftersales-Lösungen zur Erstellung, Vertei-lung, Organisation und Bereitstellung von Serviceinformationen in einem integrier-ten Anlageninformationssystem für den Betrieb von Anlagen. Dieses beinhaltet Leistungen wie kundenspezifische Analysen und Strukturierungen von Servicein-formationen. PMO Services begleitet die Definition von Unternehmenszielen und trägt insbesondere dazu bei, das notwendige Bewusstsein für einen ganzheitli-chen Lösungsansatz zu entwickeln. Im Ergebnis stehen u.a. die Spezifikation un-ternehmensspezifischer Pflichtenhefte und unterschiedliche praxisrelevante Pilot-lösungen. Die Fraunhofer-Spezialisten konzipierten die Anwendung und nutzen für die Realisierung die Technologie der Enigma 3 C Softwareplattform. Die Konzipie-rung und Realisierung kundenindividueller Aftersales-Lösungen als unterstützen-des Softwarewerkzeug ist Gegenstand von InService PMO, wobei unterschiedliche Arbeitsbereiche der Unterstützung des Betriebes von Maschinen und Anlagen in-tegriert werden. Dazu gehören die Bereiche:

- Anwendung von technischen Dokumentationen - Instandhaltung - Ersatzteilkataloge - Qualifizierung - Erfahrungsaustausch - Anlagenkonfiguration (Virtuelle Anlage)

Enigma ist das einzige Softwareunternehmen, das mit Enigma 3C für den gesam-ten Aftersales-Bereich eine integrierte Plattform anbietet, die zu mehr Effizienz bei Installation, Betrieb und Wartung komplexer Anlagen und Produkte führt. Enigma ist ein Privatunternehmen mit Hauptsitz in Burlington (Massachusetts/USA) und Niederlassungen in San Francisco, London, Paris, München, Toronto, Tokio and Tel Aviv.

InSercvice PMO beinhaltet in allen 6 Modulen Funktionen, die direkt auf die Be-dürfnisse kleiner und mittelständischer Unternehmen zugeschnitten sind. Bei-spielsweise ermöglicht InService PMO in allen Modulen eine Volltextsuche sowie die Suche über individuelle Parameter auf allen Ebenen. Filterfunktionen, die Ge-samt- oder Detailansichten auf Basis unterschiedlicher Merkmale liefern, stellen nur die Informationen bereit, die auf die nutzerspezifische Anfrage passen. Das bringt Ordnung in die Unübersichtlichkeit der Produktdokumentation, denn jetzt lie-gen die Informationen in strukturierter Form vor. Und das ganz unabhängig davon, um welche Art von Dokumentation es sich handelt – sei es ein Bild, ein Video, eine Zeichnung oder ein Text. Die Dokumentation kann endlich in der Praxis angewandt werden. Interessant ist dabei die Individualität, die sich aus dem Basissystem her-aus entwickelt:Maßgeschneiderte kundenindividuelle Softwaresysteme, mit denen Anlagenher-steller , Betreibern von Anlagen modernste Dokumentationsformen als zusätzliche Dienstleistung anbieten können.

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

Von schriftlicher Datenbereitstellung zur virtuellen Präsentation

Bei der Entwicklung von PMO Services stand die Frage im Vordergrund, wie sich vorhandene Informationen und Dokumentationen effektiver nutzen lassen, um ei-nen Mehrwert für den Betrieb von Anlagen zu erhalten. Die Vorteile liegen auf der Hand: PMO Services ermöglicht durch die intensivere Nutzung der Anlage eine Steigerung der Arbeitseffizienz (höhere Verfügbarkeit) steigern lässt. Wartungs- und Montagevorgänge werden deutlich erleichtert, da die Produktdokumentation jetzt in sehr nutzerfreundlicher Form vorliegt. Beispielsweise wird nach einer Zu-standsanalyse der Anlage ihr Instandhaltungsbedarf automatisch angezeigt. Die daraus resultierenden Maßnahmen werden dann durch die vorher eingepflegten Wartungsvorschriften von den PMO Serviceinformationen unterstützt. PMO Servi-ces verwendet Standart-PC-Technologien, so dass der Instandhaltungsmonteur die Anlagendokumentation beispielsweise auf einem Tablet PC direkt in die Werk-halle zur Maschine mitnehmen und vor Ort nutzen kann. Die Dokumentation arbei-tet mit allen industrierelevanten Dokumententypen und kann daher auf den unter-schiedlichsten Ausgabegeräten wie PC, Laptop oder PDA eingesetzt werden. Mit der virtuell-interaktiven Produktdokumentation sind die Möglichkeiten virtueller 3-D-Modelle bei weitem nicht ausgeschöpft. So ergeben sich beispielsweise innovative Möglichkeiten für die Schulung und das Training von Fachpersonal. Auf diese Wei-se könnte die Bedienung einer Maschine erlernt werden, ohne den Produktionsab-lauf zu unterbrechen. Selbst wenn eine neue Maschine noch nicht im Werk aufge-stellt wurde, können sich Mitarbeiter bereits den Umgang mit ihr aneignen. Ganz nebenbei lassen sich die virtuellen Modelle aus der interaktiven Produktdokumen-tation bestens im Verkaufsgespräch, beispielsweise auf Fachmessen einsetzen. Auf die Dokumentation lässt sich in eindeutiger, konsistenter und übersichtlicher Weise, z. B. über das Internet weltweit zugreifen – ein Zusammenhang, der be-sonders dann eine wichtige Rolle spielt, wenn es um den Export geht.

IFF

© Prof. Dr.-Ing. habil. Michael SchenkFraunhofer IFFMagdeburg, 2006

Problemstellung im Service

In circa 75% der Unternehmen arbeiteten die Bereiche Fertigung undService bestenfalls sporadisch zusammen.

Quelle: Aberdeen Group Inc. “The emergence of the ‘Chief Service Officer’”, September 2005

FertigungKonstruktion Service / SupportMarketing/Sales

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

IFF

© Prof. Dr.-Ing. habil. Michael SchenkFraunhofer IFFMagdeburg, 2006

Modul Virtuelle Anlage

Ersatzteilkatalog

Qualifizierung

Instandhaltung

Dokumentation

Erfahrungsaustausch

Virtuelle Anlage

Struktur

Datenblatt

Betriebsdaten

3-D-Modelle

Abbildung realer Produkte in dervirtuellen Welt als Basis für InServicePMO

IFF

© Prof. Dr.-Ing. habil. Michael SchenkFraunhofer IFFMagdeburg, 2006

Modul Dokumentation

Ersatzteilkatalog

Qualifizierung

Instandhaltung

Dokumentation

Erfahrungsaustausch

Virtuelle AnlageVerwaltung der Inhalte von Dokumentenin einer strukturierten Form inklusiveeiner Volltextsuche und Vernetzung

Struktur3-D-Modelle

Ersatzteile

Verlinkung

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

IFF

© Prof. Dr.-Ing. habil. Michael SchenkFraunhofer IFFMagdeburg, 2006

Modul Instandhaltung

Ersatzteilkatalog

Qualifizierung

Instandhaltung

Dokumentation

Erfahrungsaustausch

Virtuelle Anlage

Betriebsdaten

Struktur

Verwaltung und Bereitstellung vonInformationen zur zustandbasiertenInstandhaltung

IFF

© Prof. Dr.-Ing. habil. Michael SchenkFraunhofer IFFMagdeburg, 2006

Modul Ersatzteilkatalog

Ersatzteilkatalog

Qualifizierung

Instandhaltung

Dokumentation

Erfahrungsaustausch

Virtuelle AnlageVerwaltung und Bereitstellung vonInformationen zu Ersatzteilen inklusiveeines Shopping Centers

Struktur3-D-ModelleDokumente

Katalog

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

IFF

© Prof. Dr.-Ing. habil. Michael SchenkFraunhofer IFFMagdeburg, 2006

Modul Qualifizierung

Ersatzteilkatalog

Qualifizierung

Instandhaltung

Dokumentation

Erfahrungsaustausch

Virtuelle AnlageVerwaltung und Bereitstellung voninteraktiven Qualifizierungsinhalteninklusive Schulungsdokumentationen

IFF

© Prof. Dr.-Ing. habil. Michael SchenkFraunhofer IFFMagdeburg, 2006

Modul Erfahrungsaustausch

Ersatzteilkatalog

Qualifizierung

Instandhaltung

Dokumentation

Erfahrungsaustausch

Virtuelle Anlage

Notiz

Kommentierung von verwalteten Infor-mationen inklusive der Bereitstellungeines Forums

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

IFF

© Prof. Dr.-Ing. habil. Michael SchenkFraunhofer IFFMagdeburg, 2006

Informationsvernetzung

Informationsvernetzung

Vernetzung der Informationen aus deneinzelnen Modulen

Informationsvernetzung

Content-Filterung

Integration

Auslieferungsmedien

Content Chunking

Einziger Zugangspunkt

Informationsvisualisierung

IFF

© Prof. Dr.-Ing. habil. Michael SchenkFraunhofer IFFMagdeburg, 2006

Content-Filterung

Komplexe Informationsstrukturen

Informationrelevant fürBaugruppe XErsatzteil YY

Bereitstellung der Informationen, die nurfür eine Baugruppe oder ein Einzelteilrelevant sind

Informationsvernetzung

Content-Filterung

Integration

Auslieferungsmedien

Content Chunking

Einziger Zugangspunkt

Informationsvisualisierung

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

IFF

© Prof. Dr.-Ing. habil. Michael SchenkFraunhofer IFFMagdeburg, 2006

Content Chunking

InServicePMO

Bereitstellung der Informationen, die nurfür eine Baugruppe oder ein Einzelteilrelevant sind

Informationsvernetzung

Content-Filterung

Integration

Auslieferungsmedien

Content Chunking

Einziger Zugangspunkt

Informationsvisualisierung

IFF

© Prof. Dr.-Ing. habil. Michael SchenkFraunhofer IFFMagdeburg, 2006

Informationsvisualisierung

Heutige Dokumentationsformen (Anwendungvon 2D-Schemata, Bildern, Text) sind nichtmehr ausreichend, um komplexe Sachverhaltein einer verständlichen Form darzustellen

Informationsvernetzung

Content-Filterung

Integration

Auslieferungsmedien

Content Chunking

Einziger Zugangspunkt

Informationsvisualisierung

VS.

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03. März 2006

FachvortragVR-Trends, Anwendungsgebiete, Nutzen

»Prozessvisualisierung im Ex-Bereich«

Jörg Kolodziejczyk,Bartec Benke GmbH

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Angaben zur Person

Dipl.-Ing. Jörg Kolodziejczyk

derzeitige Funktionin Firma Bartec GmbH, Standort Leipzig weitere Funktionen

kurzer Werdegang Facharbeiter für Nachrichtenelektronik incl. Abitur Studium Grundlagen Elektrotechnik TU Dresden Automatisierungstechnik TH Leipzig –Abschluss Dipl.-Ing. Automatisierungstechnik derzeitig tätig bei Bartec Benke, Region Ost

Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

Prozessvisualisierung im Ex-Bereich

Dipl.-Ing. Jörg KolodziejczykBartec GmbH Bartec GmbH Opalstraße 56c04319 LeipzigTel. (0341) 5686535, Fax (0341) 6586536 E-mail: [email protected]

BARTEC Sicherheitstechnik im Überblick

Die BARTEC Gruppe ist ein international agierendes Unternehmen im Bereich der Sicherheitstechnik. Der Schutz von Menschen und Umwelt durch Sicherheit von Komponenten, Systemen und Anlagen ist für das Unternehmen als Leitsatz rich-tungsweisend.Mit innovativen und nach europäischen und inter-nationalen Standards hergestellten und geprüf-ten Komponenten und Systemen hat sichBARTEC einen Spitzen-platz unter den Anbietern in diesem Bereich er-obert.

BARTEC ist in der Sicherheitstechnik die Nr. 1 in Europa.

Das 1975 gegründete Unternehmen erwirtschaftet heute mit ca. 1.200 Mitarbeiternweltweit einen Umsatz von rund 160 Mio. EURO. Mit jährlich über 70 Auszubilden-den und Studenten bildet BARTEC überdurchschnittlich viel aus.

Mit seinen Unternehmensstandorten in Deutschland (Bad Mergentheim, Gottes-zell, Reinbek/Hamburg, Menden), der Schweiz (Sainte-Croix) und Slowenien (Za-gorje) sowie eigenen Vertriebsgesellschaften in über 25 Ländern und mehr als 50 Handelspartnern ist BARTEC weltweit aktiv. Aktuell gründete BARTEC ein Joint Venture in China, um in einem gemeinsamen Werk in Changzi/Provinz Shanxi neue Produkte für die Sicherheit im chinesischenBergbau zu entwickeln und zu produzieren.

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

BARTEC Produkte und Dienstleistungen werden vorwiegend im Maschinen- undApparatebau, im Anlagenbau, in der Chemie, Pet-rochemie, in den Bereichen Öl und Gas, Phar-mazie und Bio-chemie sowie im Bergbau und im Umweltschutzeingesetzt. Angefangen von der Gewinnung und Förderung von Rohstoffen über deren Verarbeitung und Veredelung bis hin zum Transport und der Verteilung der Endprodukte sorgt Sicherheitstechnik von BARTEC für sichere Arbeitsplätze und Anlagen.

BARTEC Produktspektrum:

- Ex Analysengeräte und -systeme - Ex Bus- und Interfacetechnik - Ex Visualisierungs- und Kommunikationstechnik - Ex Schalt- und Steuertechnik, EEx p-Steuergeräte - Ex Installationstechnik- StaubExplosionsschutz- Ex Motoren - Elektrotechnik für den Bergbau - Heizungskomponenten und -systeme für die Industrie, Leckage-

Erkennungssysteme- Mess- und Datenerfassungssysteme zum Lagern, Verteilen und Transpor-

tieren von gefährlichen Flüssigkeiten - Erschütterungs-, Feuchte- und Temperaturmesstechnik - Engineering, Construction, Service (BARTEC ATEX Services) - BARTEC Safe.t Seminare

Explosionsschutz – einige wesentliche Grundlagen

Als Explosion bezeichnet man eine plötzliche, d. h. mit großer Reaktionsgeschwin-digkeit ablaufende, Oxidations- oder Zerfallsreaktion, die eine Temperatur- oder Druckerhöhung oder beides gleichzeitig erzeugt. Am bekanntesten sind Reaktio-nen brennbarer Gase, Dämpfe oder Stäube mit dem Sauerstoff der Luft.

Damit Explosionen in atmosphärischer Luft stattfinden, müssen in der Regel drei Faktoren zusammenkommen:

- brennbarer Stoff - Sauerstoff (Luft) - Zündquelle

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

In Produktions- und Arbeitsstätten können sich Gefahrenbereiche für Explosionen ausbilden, wenn die ersten zwei Voraussetzungen für eine Explosion erfüllt sind. Typische Gefahrenbereiche entstehen in chemischen Fabriken, Raffinerien, Lack-fabriken, Lackierereien, Reinigungsanlagen, Mühlen und Lagern für Mahlprodukte und andere brennbare Stäube, in Tank- und Verladeanlagen für brennbare Gase, Flüssigkeiten und Feststoffe. [1]

Sicherheitstechnische Maßnahmen im Explosionsschutz werden in primären Explosionsschutz (Vermeidung des Auftretens explosionsfähiger A-thmosphäre),sekundären Explosionsschutz (Vermeidung des Auftretens von Zündquellen)und tertiären Explosionsschutz (Begrenzung der Auswirkung einer auftretenden Explosion) unterteilt.

Explosionsschutz – Rahmenbedingungen in Europa.

In der Geschichte der technischen Entwicklungen kommt es seit ca. 1875 zu einer Verflechtung zwischen Recht und Technik hinsichtlich technischer und regulatori-scher Anforderungen an die Industrieanlagen. Bemerkenswert ist, dass die menschliche Verantwortung an den sicheren Betrieb einer Industrieanlage in denletzten 100 Jahren exponentiell gewachsen ist. Während sich der technische Aus-stattungsteil der Anlagen ständig vergrößert, wird der menschliche Arbeitsanteil durch zunehmende Automatisierung immer geringer. Um diesem Zusammenspielin einem einheitlichen Europa Rechnung zu tragen, sind für den Explosionsschutz 2 wesentliche Richtlinien von Bedeutung: Die Richtlinie 94/9EG des europäischenParlaments und des Rates vom 23.03.1994 zur Angleichung der Rechtsvorschrif-ten der Mitgliedsstaaten für Geräte und Schutzsysteme zur bestimmungsgemäßen Verwendung in explosionsgefährdeten Bereichen und die Richtlinie 1992/92/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.1999 über Mindestvor-schriften zur Verbesserung des Gesundheitsschutzes und der Sicherheit der Ar-beitnehmer, die durch explosionsfähige Atmosphären gefährdet werden können.

Im Zuge der europäischen Harmonisierung kommt es zu einem einheitlichen Sicherheitsniveau sowohl in bezugauf das Herstellen und Inverkehrbringen von Be-triebsmitteln, als auch in bezug auf das Planen, Errichten und Betreiben von Industrieanlagen in denenabhängig beschäftigte Arbeitnehmer tätig sind.

Auf die Hersteller und Inverkehrbringer von Betriebsmitteln zum Einsatz in explosionsgefährdeten Bereichen wirken neben der erwähnten Richtlinie 94/9/EG auch alle anderen Richtlinien wie z.B. EMV- (89/336/EWG), Maschinen- (98/37/EG) Niederspannungs- (73/23/EWG) oder Druckgeräterichtline (97/23/EG) ein. Um darzustellen, dass das Betriebsmitteldem Stand der geltenden Richtlinien entspricht, wird das Betriebsmittel eindeutig gekennzeichnet.

Prozessvisualisierung im Ex-Bereich

Für die Prozessvisualisierung im Ex-Bereich kommen je nach Anwendungsfall 3 grundlegende Konzepte zum Einsatz:

- Visualisierung mit Personalcomputern - Visualisierung mit Terminals

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

- Remote-Konzepte

Beim Einsatz modernster Visualisierungskonzepte im Ex-Bereich kommt es zu her-vorragenden Möglichkeiten für die Betreiber der Industrieanlagen. Technologien, die im sicheren Bereich Stand der Technik sind, werden auch im Ex-Bereich sicher verfügbar. Das verschafft nicht nur Investitionssicherheit, sonder gilt auch hinsicht-lich totaler Integration der Prozessvisualisierung in unternehmensweite Prozesse, so dass der Anwender nicht auf die im sicheren Bereich verfügbaren Technologien (LAN / WLAN, ERP) verzichten muss.

Um den wachsenden Anforderungen hinsichtlich der weiteren Entwicklungen im Explosionsschutz im harmonisierten Europa gerecht zu werden, bietet die Bartec Safe t Academy nicht nur Grundlagen- und Vertiefungsseminare sondern auch Technologie und Methodenseminare an.

Literatur:[1] Bartec Broschüre „Grundlagen Explosionsschutz“ – Bartec GmbH 2005 [2] http://www.bartec.de/homepage/deu/20_produkte/170_service/s_20_170_30.

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03. März 2006

FachvortragVR-Trends, Anwendungsgebiete, Nutzen

»Virtuelle webbasiertePlanungswerkzeuge alsHilfsmittel integrierteSystemlandschaften imAnlagenplanungsprozess«

Tobias Götting,Concept and Solutions AG

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Angaben zur Person

Dipl.-Ing. oec Tobias Götting

derzeitige Funktion Enterprise Application Integration Berater in Firma Concepts and Solutions AG weitere Funktionen

kurzer Werdegang Studium an TU Hamburg-Harburg (Dipl.-ing. oec.). 1997 – 2001 CADCENTRE (heute: AVEVA) einem weltweiten Anbieter von Anlagenplanungssoftware , zu-letzt mit Schwerpunkt Schnittstellenentwicklung.2001 Technical Consultant, Conceptware AG. Seit 2002 als Integrationsberater bei der Concepts and Solutions AG im EAI Bereich tätig. Seit 2002 Forschungsarbeit an der TU Berlin (Dynamik und Betrieb technischer Anlagen) zum Thema virtuelle Planungswerkzeuge im Anlagenbau

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Virtuelle webbasierte Planungswerkzeuge als Hilfsmittel integrierte Systemlandschaften im Anlagenplanungsprozess

Tobias Götting Concepts and Solutions AG EAI-BeraterRöntgenstraße 86, 64291 Darmstadt Tel.: 0163 – 5389774, Fax: 06151 - 397389404 E-mail: [email protected]

Wissenschaftliche Betreuung:Professor Günter Wozny,Technische Universität Berlin,Dynamik und Betrieb technischer Anlagen

Zusammenfassung:

Die zunehmende Verteilung der Arbeiten im Anlagenplanungsprozeß erhöht dieAnforderungen an die Integration- und Koordinationsfähigkeit der jeweiligenUnternehmens-IT.Werden die beteiligten inhomogenen Systemlandschaften im Sinne von EAI integriert, können Planungsinformationen unterschiedlicher Herkunft gemeinsamvisualisiert und manipuliert werden.Auf Basis von X3D - einer XML Spezifikation zur Visualisierung von Geometriedaten - kann ein virtuelles systemübergreifendes und webbasiertesPlanungswerkzeug generiert werden.

Ausführliche Beschreibung des Referates:

Anlagenplanung ist ein stark arbeitsteiliger Prozeß bei dem eine Vielzahl von verschiedenen Disziplinen beteiligt sind. Zur Verbesserung der Arbeitsqualität und–produktivität werden seit dem Einzug der elektronischen Datenverarbeitung (EDV)diese Planungsprozesse durch den Einsatz von Softwarewerkzeugen unterstützt.Die hohe Komplexität der Planungsprozesse erfordert ein hohes Maß an Abstimmung der einzelnen Tätigkeiten. Unterschiedliche Anforderungen resultierenin unterschiedlichen Planungsmethoden und –werkzeugen für die jeweiligenGewerke. Die Konsolidierung der Planungsdaten über alle eingesetztenWerkzeuge ist Grundlage eines koordinierten Vorgehens im Planungsprozeß.Die zunehmende Durchführung von Planungsaufgaben durch externe, weltweitoperierende Partner, führt dabei i. d. R. zu einer Steigerung der eingesetztenPlanungswerkzeuge. Damit steigen auch die Anforderungen an die Integration unddie Koordination zur Verteilung der Daten.Dabei müssen grundsätzlich bei jeder Integration eines Planungswerkzeuges drei Problemfelder gelöst werden:

- Die Anbindung kann z. T. nur mit nativen Methoden erfolgen. Die einzelnenPlanungswerkzeuge müssen jeweils auf speziellem Wege und unabhängigvoneinander angesprochen werden. Eine automatisierte, ereignisabhängigeAusgangskommunikation ist nicht vorhanden.

- Aufgrund der unterschiedlichen Anforderungen unterscheidet sich dieInformationsbasis. Die zu übermittelnden Informationen müssen für den jeweiligen Empfänger konvertiert werden.

Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

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- Die zeitliche Reihenfolge der Übermittlung der Informationen kann großeBedeutung für das Verständnis derselben haben. Der Informationsaustauschbedarf daher der Steuerung.

Enterprise Application Integration (EAI) umfaßt Strategien und Werkzeuge, um die oben beschriebenen inhomogenen Systemlandschaften und Datenströme zu integrieren und zu koordinieren. Ein Integrationsbroker als zentrale Komponenteordnet und vereinfacht die Integrationsinfrastruktur. Die Aufgaben können in die drei Bereiche Applikationsverbindungen (Konnektivität), Konvertierungsfunktionenund Steuerungs- u. Überwachungsaufgaben unterteilt werden.Durch den Einsatz von Integrationsbrokern kann die Integration von neuenWerkzeugen auf die Bereiche Konnektivität und Konvertierung beschränkt werden.Die Kommunikation jedes Werkzeuges mit dem Integrationsbroker wird durch einKommunikationsinterface bereitgestellt. Diese Komponente kennt die Syntax und Semantik der Informationen des Werkzeuges und ermöglicht den Zugriff.Ein zentraler Datenbus stellt die Versorgung der relevanten Werkzeuge sicher.Dabei bietet sich als gemeinsames Datenaustauschformat XML aufgrund seinerFlexibilität und Skalierbarkeit an.

Basierend auf dem gemeinsamen Datenaustauschformat XML kann X3D zurVisualisierung und Manipulation von Geometrieinformationen genutzt werden. X3Dist eine XML basierende Spezifikation zur Visualisierung von Geometriedatenbereitgestellt vom w3c. X3D bietet dabei folgende Möglichkeiten:

- Jedes Objekt wird durch genau einen Knoten beschrieben. Dabei besteht die Möglichkeit, komplexe Geometrieinformationen auf Basis von einfachenKörpern darzustellen und so bei Bedarf die Informationsstruktur des jeweiligenPlanungswerkzeuges abzubilden. Die so erstellten Bauteildefinitionen könnenparametrisiert als zentrale Komponenten (Katalogbauteile) abgelegt und verwendet werden.

- X3D unterstützt ein Interaktionsmodell, um für jedes Objekt definierteManipulation zuzulassen. Über ein API können die erstellten Informationen abgefragt und weiterverarbeitet werden.

- Um die anfallenden Datenmengen verarbeiten zu können, können einzelneElemente zur Laufzeit geladen bzw. gelöscht werden.

- Zur Anzeige von X3D wird zusätzlich zu einem Webbrowser ein X3D Plugin benötigt, das von verschiedenen kommerziellen und nichtkommerziellenAnbietern bezogen werden kann.

Damit bieten sich folgende Möglichkeiten:Ein gemeinsamer Planungsstand kann an einem beliebigen Ort bezogen undkonsolidiert werden. Die resultierende Visualisierung ist systemübergreifend undermöglicht eine Manipulation der Planungsinformationen unabhängig ihrerHerkunft. Damit unterscheidet sich die vorgeschlagene Verwendung von den bisherigen Werkzeugen, die i. d. R. nur eine Visualisierung ermöglichen und nurInformationen einer Quelle anzeigen können.

Als Resultat einer systemübergreifenden Integration im Anlagenplanungsprozeß im Sinne von EAI kann mit Hilfe von X3D zur Visualisierung und Manipulation derGeometrieinformationen ein virtuelles webbasiertes Planungswerkzeug alsHilfsmittel generiert werden.

Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile im Anlagenbau realisieren

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02. März 2006

Wir sagen Danke

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IFF

Fraunhofer InstitutFabrikbetriebund -automatisierung

9. IFF-Wissenschaftstage 21.- 23. Juni 2006

»Virtual Reality und Augmented Reality zum Planen, Testen und Betreiben technischer Systeme«

3. Fachtagung zu Virtual Reality

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Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile realisieren

Impressum

Tagungsband

Anlagenbau der Zukunft – Wettbewerbsvorteile reali-sieren, 02./03. März 2006, Magdeburg, Germany

Veranstalter:

Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung

FASA e.V. (Zweckverband zur Förderung des Maschinen- und Anlagenbaus Sachsen-Anhalt)

VDMA-Landesverbände Nordost/Sachsen-Thüringen (Verband deutscher Maschinen- und Anlagenbauer)

VCI-Verband der Chemischen Industrie e.V. (Landes-verband Nordost)

Herausgeber:

Prof. Dr.-Ing. habil. Michael Schenk

Insitutsleiter

Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung

ISBN: 3-8167-7026-6

Redaktion:

Andrea Urbansky

Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung

Layout:

Bettina Rohrschneider

Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung

© 2006 Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung

Für den Inhalt der Vorträge zeichnen die Autoren ver-antwortlich.

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheber-rechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustim-mung des Herausgebers unzulässig. Das gilt insbe-sondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verar-beitung in elektronischen Systemen.

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