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wirtschaft Publikation: tbhb Pagina: 24 Ist-Farben: cmyk0 Ressort: tb-wi Erscheinungstag: 25. 2. 2013 MPS-Planfarben: cmyk MONTAG, 25. FEBRUAR 2013 24 www.tagblatt.ch/wirtschaft DIE ZAHL 308,8 Millionen Flaschen Cham- pagner wurden im letzten Jahr verkauft. Im Vorjahr – dem zweitbesten Verkaufs- jahr der Statistik des Dach- verbandes Comit´ e Inter- professionnel du Vin de Champagne (CIVC) – waren 322,9 Millionen Flaschen verkauft worden. Der 2012 erzielte Umsatz von 4,4 Milliarden Euro entspricht laut CIVC dem vierthöchs- ten Umsatzergebnis in der Geschichte des Champa- gners – trotz den negativen wirtschaftlichen Rahmen- bedingungen in Europa. Vor allem in Frankreich und in der EU mussten die Champagnerhersteller einen deutlichen Rückgang hinnehmen. Insgesamt fiel der Umsatz dort um 4,4 Prozent. Dafür legte der Absatz in Länder ausserhalb der EU leicht um 3,2 Pro- zent zu. (du) Das Netz als Quelle des Wissens Im Internet ist es ein leichtes, die ganze Welt zu erreichen. Warum dies nicht nutzen und das Wissen der weltweiten Internetgemeinde anzapfen? Zahlreiche Unternehmen machen das bereits – Crowdsourcing heisst es dann. SABRINA DÜNNENBERGER ST.GALLEN. Was haben die Chips-Sorten «Sunny Forest» und «Malaknesa» der Migros-Tochter Bischofszell Nahrungsmittel AG (Bina) und der Gleitverschluss für Sportjacken von Mammut ge- meinsam? Beides wurde von der Crowd entwickelt. Die Crowd, das ist eine Vielzahl von Internet- nutzern. Crowdsourcing heisst das Schlagwort, und es bedeutet so viel, wie auf die Weisheit vieler zurückzugreifen. Getrieben ist dieser Innovationsprozess durch das Internet. «Das Internet hat zu einem Strukturwandel geführt. Crowdsourcing ist eine Möglich- keit, wie Firmen mit Hilfe der Internet-Gemeinschaft ihre Inno- vationskraft stärken können», sagt Hans-Dieter Zimmermann, Do- zent für Wirtschaftsinformatik an der FHS St. Gallen. Die Migros macht’s vor Im Fall der Bina hat der Lebens- mittelproduzent auf der Suche nach neuen Chips-Geschmacks- richtungen den Internetnutzern über 100 Zutaten zur Verfügung gestellt, die sie kombinieren konnten. Nach einer Abstimmung im Netz wurden die 50 beliebtes- ten Geschmacksrichtungen produziert und von einer Jury be- wertet. Bei den verbliebenen 5 Ge- schmäcken waren denn die Kun- den am Zug, ihre zwei Favoriten zu küren. Die von der Bina produ- zierten zwei neuen Chips-Sorten – Essiggurken und Dill sowie Zwie- bel, Pilz und Speck – stehen heute in den Migros-Regalen. Die Ent- wicklerinnen der Geschmacks- richtungen werden mit 1% Um- satzbeteiligung honoriert. Die Migros hat Crowdsourcing mit der Internet-Plattform Migi- pedia institutionalisiert. Dort werden Produktevorschläge etwa Marshmallows mit Schoko- ladenhülle – geprüft, Kampagnen für neue Produkte und die Wie- dereinführung von aus dem Sorti- ment gefallenen Waren gefahren. Von McDonald’s bis zur Nasa Auch andere Unternehmen nutzen die Weisheit des interakti- ven Schwarms. So sucht McDo- nald’s mit der Kampagne «Mein Burger» drei Hamburger-Kreatio- nen, die im Frühling in den Res- taurants in der Schweiz und in Liechtenstein ins Angebot kom- men. Es sind aber nicht nur Nah- rungsmittel- und Konsumgüter- unternehmen, welche die Crowd für sich arbeiten lassen. Crowdsourcing hat auch die Wis- senschaft erreicht. Ein Beispiel dafür ist die Plattform Innocenti- ve. Dort sucht etwa die Nasa Lösungen, um den Druck im Inneren des menschlichen Kopfes messen zu können. Ein anderes Unternehmen sucht nach der Re- zeptur für ein Guezli, das für Dia- betiker geeignet ist, aber schmeckt wie ein «echtes Guezli». Innocentive rühmt sich damit, über 12 Millionen Problemlöser zu erreichen, deren 270 000 sind bei der Plattform registriert. Wer einem Unternehmen entschei- dend weiterhilft, kann auf dieser Plattform bis zu 1 Mio. $ verdie- nen. Geld ist jedoch nicht der ein- zige Motivationsfaktor, springt nicht überall gar so viel heraus. Anerkennung kann ein Motiv sein, aber auch Selbstmarketing. «Wir leben in einer Gesellschaft, in der die Selbstdarstellung im Internet dazugehört», sagt Zimmermann. Kunden als Marktforscher «Es sind nicht zwingend die Angestellten, welche die besten Lösungen für Fragestellungen ei- ner Firma haben», begründet Christoph Meili den Sinn von Crowdsourcing. Er ist Geschäfts- führer der Innovationsgesell- schaft St.Gallen, die Unterneh- men unter anderem im Umgang mit neuen Technologien berät. Crowdsourcing kann zur Lösung eines Problems beitragen. Vergli- chen mit herkömmlicher For- schung und Entwicklung erreicht Crowdsourcing eine Vielzahl möglicher Problemlöser.«Kunden werden zu Marktforschern, Ent- wicklern und Testpersonen in ei- nem», sagt Meili. Zudem können Crowdsourcing-Projekte schnel- ler realisiert werden und günstiger sein als Labor-Projekte. So hat etwa die Innovations- gesellschaft selbst das Logo für eine Studie (www.openinnovati- onmonitor.ch) durch die Crowd entwickeln lassen. Die Kosten la- gen dabei um ein Vielfaches tiefer, als wenn eine Agentur involviert gewesen wäre, «und die Anzahl der Teilnehmer und der kreativen Vorschläge war überwältigend», sagt Robert Rekece, der das Pro- jekt betreut hatte. Mehr als billige Arbeitskräfte Die Crowd allerdings nur als billige Arbeitskraft zu sehen, greift zu kurz. «Crowdsourcing ist in der Regel nur ein einzelner Schritt im gesamten Innovationsprozess», sagt Rekece. Zudem: Eine befrie- digende Lösung sei nicht garan- tiert. Darum sei ein klares Briefing ebenso wichtig wie die Kommuni- kation mit den Teilnehmern, was sehr zeitaufwendig sein könne. Zimmermann hält denn auch fest: «Crowdsourcing ist nicht die eier- legende Wollmilchsau.» Sinnvoll eingesetzt, könne es Unterneh- men jeder Grösse aber helfen, ihre Innovationskraft zu stärken. Bild: Michel Canonica Von Kunden gewünscht: Christoph Meili, Robert Rekece und Hans-Dieter Zimmermann (von links) mit Produkten, hinter denen die Crowd steckt. Noch in den Kinderschuhen In Europa und der Schweiz steckt Crowdsourcing noch in den Kinderschuhen. Von welt- weit 2000 gelisteten Plattfor- men stammen knapp 50 aus Deutschland und neun aus der Schweiz, wohingegen die Zahl der US-Plattformen bei über 500 liegt. Die Innovationsge- sellschaft St.Gallen hält aller- dings fest, dass das Konzept des Crowdsourcing schwer fassbar sei, da es sich ständig weiter- entwickle und immer neue For- men entständen. Eine Befragung der Innova- tionsgesellschaft und der FHS St. Gallen bei über 200 Füh- rungskräften hat ergeben, dass gerade einmal jeder Dritte den Begriff Crowdsourcing erklären kann. Dabei birgt das Konzept laut den Studienautoren ge- rade für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) grosses Potenzial. Innovationen zu ge- nerieren sei für Firmen über- lebensnotwendig. Angesichts sinkender Budgets für For- schung und Entwicklung, schnelleren Produktlebenszy- klen oder steigenden Kunden- ansprüchen sei der Einbezug der Crowd durchaus sinnvoll. Um den KMU in der Region das Thema näherzubringen, organisiert die Innovationsge- sellschaft gemeinsam mit der FHS St.Gallen am 6. März an der Empa ein Praxisseminar. Informationen unter: www.in- novationsgesellschaft.ch. (du) BÖRSENSPIEGEL Europäische Zentralbank unter Druck Nach den USA und Grossbritan- nien betreibt nun auch Japan eine ultraexpansive Geldpolitik. Im Wettbewerb um die «lockerste» Geldpolitik gerät die Europäische Zentralbank (EZB) unter Druck. Der Euro-Stoxx-Aktienindex hinkt seit Wochen den nordameri- kanischen und asiatischen Märk- ten hinterher. Der bescheidene Kursgewinn stützt sich auf die an- haltende Stärke der riskanteren Peripheriemärkte. Die vier gröss- ten Euromärkte sind 2013 kaum vom Fleck gekommen. Diese rela- tive Schwäche scheint logisch: Die deflationären Tendenzen breiten sich trotz Stützungsmassnahmen der EZB zunehmend von Süden nach Norden aus. Auch die nörd- lichen Kernländer haben teils mit hausgemachten Problemen zu kämpfen. Hinzu kommt, dass der Euro in einem ungünstigen Mo- ment die Exporte verteuert und so die Gesamtkonjunktur belastet. Die Sorgen des Mario Draghi Nachdem Japan und Grossbri- tannien der expansiven Geldpoli- tik erneut den politischen Vorzug gegeben haben (Wahlsieg von Shinzo Abe, Ernennung des «infla- tionsfreundlichen» Mark Carney zum künftigen Gouverneur der Bank of England), erscheint die lockere Geldpolitik der EZB weni- ger grosszügig, das stärkt den Euro weiter. EZB-Präsident Mario Dra- ghi äusserte sich daher jüngst be- sorgt über die Eurostärke, worauf sich die Einheitswährung gegen- über dem US-Dollar um rund 3% abwertete, allerdings notiert er immer noch 11% höher als im Juli. Gleichzeitig bleibt die Kon- junktur in Europa trüb. Das Brut- toinlandprodukt der Eurozone ist im 4. Quartal stärker gesunken als erwartet, vor allem der Einbruch in Deutschland suggeriert Schwä- che. In den nördlichen Kernlän- dern belastete nicht nur der (vola- tile) Lagerzyklus das Wachstum, sondern auch der Aussenhandel und die Firmeninvestitionen. Ge- rade dann macht eine starke Wäh- rung keinen Sinn. Italien-Wahlen mit Zündstoff Dennoch, das technische Bild für Euroaktien weist darauf hin, dass diese demnächst wieder zu den Gewinnern zählen können. Investoren warten wohl noch auf einen positiven Impuls, etwa wei- tere Stimulierungsmassnahmen der EZB, was eher unwahrschein- lich ist. Der Ausgang der italieni- schen Parlamentswahlen könnte im Falle einer Wiederwahl Berlus- conis zur Aktivierung des OMT- Programms (Outright Monetary Transactions) führen und für Tur- bulenzen (nicht nur) an den italie- nischen und spanischen Anlei- henmärkten sorgen. Ein zu starker Zinsanstieg würde Rom letztlich keine andere Wahl lassen, als den unbeliebten Eurorettungsfonds doch um Hilfe zu bitten – und da- mit den Weg für Anleihenkäufe durch die EZB zu ebnen. Mikio Kumada, Executive Director, LGT Capital Partners Apple-Aktionär erringt Etappensieg NEW YORK. Es steht 1:0 für einen rebellischen Apple-Aktionär: Der kalifornische Konzern muss auf Geheiss eines Richters den Vor- schlag für eine Satzungsänderung zurückziehen, mit der die Aus- gabe von Vorzugsaktien erschwert worden wäre. Der Hintergrund für das Scharmützel vor Gericht: Hedgefonds-Manager David Ein- horn will an den Milliardenschatz des iPhone-Herstellers heran. Erstmals wieder Dividende Die Apple-Reserven hatten zum Jahreswechsel die Marke von 137 Milliarden Dollar überschrit- ten. Das weckte bei vielen An- teilseignern Begehrlichkeiten. Sie wollen, dass Apple einen grösse- ren Anteil des Geldes an sie aus- schüttet. Mit dem aktuellen Chef Tim Cook gibt es zwar erstmals seit rund 17 Jahren wieder eine Dividende und einen Aktienrück- kauf im Gesamtvolumen von 45 Mrd. Dollar. Doch das reicht eini- gen Investoren nicht. Einhorn ver- langt konkret, dass Apple Vorzugs- aktien im Wert von 50 Mrd. Dollar ausgibt und diese dann auch noch mit einer Dividende von 4 Prozent jährlich ausstattet. Um die für sei- nen Plan hinderliche Satzungs- änderung zu stoppen, reichte er die Klage in New York ein. Cook verurteilt Klage scharf Apple zeigte sich enttäuscht über die Entscheidung des Rich- ters. Sie sei nicht im Interesse der Anteilseigner. Konzernchef Cook hatte die Klage bereits zuvor scharf verurteilt. Nach aktueller Satzung muss sich der Verwal- tungsrat direkt mit den Forderun- gen Einhorns auseinandersetzen. Das bedeutet jedoch noch lange nicht, dass Einhorn mit seiner Forderung nach Vorzugsaktien durchkommt. (sda)

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wirtschaft

Publikation: tbhb Pagina: 24 Ist-Farben: cmyk0Ressort: tb-wi Erscheinungstag: 25. 2. 2013 MPS-Planfarben: cmyk

DONNERSTAG, 8. JANUAR 2009 TAGBLATT 7MONTAG, 25. FEBRUAR 2013 24

www.tagblatt.ch/wirtschaft

DIE ZAHL

308,8Millionen Flaschen Cham-pagner wurden im letztenJahr verkauft. Im Vorjahr –dem zweitbesten Verkaufs-jahr der Statistik des Dach-verbandes Comite Inter-professionnel du Vin deChampagne (CIVC) – waren322,9 Millionen Flaschenverkauft worden. Der 2012erzielte Umsatz von 4,4Milliarden Euro entsprichtlaut CIVC dem vierthöchs-ten Umsatzergebnis in derGeschichte des Champa-gners – trotz den negativenwirtschaftlichen Rahmen-bedingungen in Europa.Vor allem in Frankreich undin der EU mussten dieChampagnerherstellereinen deutlichen Rückganghinnehmen. Insgesamtfiel der Umsatz dort um4,4 Prozent. Dafür legte derAbsatz in Länder ausserhalbder EU leicht um 3,2 Pro-zent zu. (du)

Das Netz als Quelle des WissensIm Internet ist es ein leichtes, die ganze Welt zu erreichen. Warum dies nicht nutzen und das Wissen der weltweitenInternetgemeinde anzapfen? Zahlreiche Unternehmen machen das bereits – Crowdsourcing heisst es dann.

SABRINA DÜNNENBERGER

ST.GALLEN. Was haben dieChips-Sorten «Sunny Forest» und«Malaknesa» der Migros-TochterBischofszell Nahrungsmittel AG(Bina) und der Gleitverschluss fürSportjacken von Mammut ge-meinsam? Beides wurde von derCrowd entwickelt. Die Crowd, dasist eine Vielzahl von Internet-nutzern. Crowdsourcing heisstdas Schlagwort, und es bedeutetso viel, wie auf die Weisheit vielerzurückzugreifen. Getrieben istdieser Innovationsprozess durchdas Internet. «Das Internet hat zueinem Strukturwandel geführt.Crowdsourcing ist eine Möglich-keit, wie Firmen mit Hilfe derInternet-Gemeinschaft ihre Inno-vationskraft stärken können», sagtHans-Dieter Zimmermann, Do-zent für Wirtschaftsinformatik ander FHS St.Gallen.

Die Migros macht’s vor

Im Fall der Bina hat der Lebens-mittelproduzent auf der Suchenach neuen Chips-Geschmacks-richtungen den Internetnutzernüber 100 Zutaten zur Verfügunggestellt, die sie kombinierenkonnten. Nach einer Abstimmungim Netz wurden die 50 beliebtes-ten Geschmacksrichtungenproduziert und von einer Jury be-wertet. Bei den verbliebenen 5 Ge-schmäcken waren denn die Kun-den am Zug, ihre zwei Favoritenzu küren. Die von der Bina produ-zierten zwei neuen Chips-Sorten –Essiggurken und Dill sowie Zwie-bel, Pilz und Speck – stehen heutein den Migros-Regalen. Die Ent-wicklerinnen der Geschmacks-richtungen werden mit 1% Um-satzbeteiligung honoriert.

Die Migros hat Crowdsourcingmit der Internet-Plattform Migi-pedia institutionalisiert. Dortwerden Produktevorschläge –etwa Marshmallows mit Schoko-ladenhülle – geprüft, Kampagnenfür neue Produkte und die Wie-dereinführung von aus dem Sorti-ment gefallenen Waren gefahren.

Von McDonald’s bis zur Nasa

Auch andere Unternehmennutzen die Weisheit des interakti-ven Schwarms. So sucht McDo-nald’s mit der Kampagne «MeinBurger» drei Hamburger-Kreatio-nen, die im Frühling in den Res-taurants in der Schweiz und inLiechtenstein ins Angebot kom-men. Es sind aber nicht nur Nah-rungsmittel- und Konsumgüter-unternehmen, welche die Crowd

für sich arbeiten lassen.Crowdsourcing hat auch die Wis-senschaft erreicht. Ein Beispieldafür ist die Plattform Innocenti-ve. Dort sucht etwa die NasaLösungen, um den Druck imInneren des menschlichen Kopfesmessen zu können. Ein anderesUnternehmen sucht nach der Re-zeptur für ein Guezli, das für Dia-betiker geeignet ist, aberschmeckt wie ein «echtes Guezli».

Innocentive rühmt sich damit,über 12 Millionen Problemlöserzu erreichen, deren 270000 sindbei der Plattform registriert. Wereinem Unternehmen entschei-dend weiterhilft, kann auf dieserPlattform bis zu 1 Mio. $ verdie-nen. Geld ist jedoch nicht der ein-zige Motivationsfaktor, springtnicht überall gar so viel heraus.Anerkennung kann ein Motiv sein,aber auch Selbstmarketing. «Wirleben in einer Gesellschaft, in derdie Selbstdarstellung im Internetdazugehört», sagt Zimmermann.

Kunden als Marktforscher

«Es sind nicht zwingend dieAngestellten, welche die bestenLösungen für Fragestellungen ei-ner Firma haben», begründetChristoph Meili den Sinn von

Crowdsourcing. Er ist Geschäfts-führer der Innovationsgesell-schaft St.Gallen, die Unterneh-men unter anderem im Umgangmit neuen Technologien berät.Crowdsourcing kann zur Lösungeines Problems beitragen. Vergli-

chen mit herkömmlicher For-schung und Entwicklung erreichtCrowdsourcing eine Vielzahlmöglicher Problemlöser. «Kundenwerden zu Marktforschern, Ent-wicklern und Testpersonen in ei-nem», sagt Meili. Zudem können

Crowdsourcing-Projekte schnel-ler realisiert werden und günstigersein als Labor-Projekte.

So hat etwa die Innovations-gesellschaft selbst das Logo füreine Studie (www.openinnovati-onmonitor.ch) durch die Crowdentwickeln lassen. Die Kosten la-gen dabei um ein Vielfaches tiefer,als wenn eine Agentur involviertgewesen wäre, «und die Anzahlder Teilnehmer und der kreativenVorschläge war überwältigend»,sagt Robert Rekece, der das Pro-jekt betreut hatte.

Mehr als billige Arbeitskräfte

Die Crowd allerdings nur alsbillige Arbeitskraft zu sehen, greiftzu kurz. «Crowdsourcing ist in derRegel nur ein einzelner Schritt imgesamten Innovationsprozess»,sagt Rekece. Zudem: Eine befrie-digende Lösung sei nicht garan-tiert. Darum sei ein klares Briefingebenso wichtig wie die Kommuni-kation mit den Teilnehmern, wassehr zeitaufwendig sein könne.Zimmermann hält denn auch fest:«Crowdsourcing ist nicht die eier-legende Wollmilchsau.» Sinnvolleingesetzt, könne es Unterneh-men jeder Grösse aber helfen, ihreInnovationskraft zu stärken.

Bild: Michel Canonica

Von Kunden gewünscht: Christoph Meili, Robert Rekece und Hans-Dieter Zimmermann (von links) mit Produkten, hinter denen die Crowd steckt.

Noch in den Kinderschuhen

In Europa und der Schweizsteckt Crowdsourcing noch inden Kinderschuhen. Von welt-weit 2000 gelisteten Plattfor-men stammen knapp 50 ausDeutschland und neun aus derSchweiz, wohingegen die Zahlder US-Plattformen bei über500 liegt. Die Innovationsge-sellschaft St.Gallen hält aller-dings fest, dass das Konzept desCrowdsourcing schwer fassbarsei, da es sich ständig weiter-entwickle und immer neue For-men entständen.

Eine Befragung der Innova-tionsgesellschaft und der FHSSt.Gallen bei über 200 Füh-rungskräften hat ergeben, dassgerade einmal jeder Dritte denBegriff Crowdsourcing erklären

kann. Dabei birgt das Konzeptlaut den Studienautoren ge-rade für kleine und mittlereUnternehmen (KMU) grossesPotenzial. Innovationen zu ge-nerieren sei für Firmen über-lebensnotwendig. Angesichtssinkender Budgets für For-schung und Entwicklung,schnelleren Produktlebenszy-klen oder steigenden Kunden-ansprüchen sei der Einbezugder Crowd durchaus sinnvoll.

Um den KMU in der Regiondas Thema näherzubringen,organisiert die Innovationsge-sellschaft gemeinsam mit derFHS St.Gallen am 6. März ander Empa ein Praxisseminar.Informationen unter: www.in-novationsgesellschaft.ch. (du)

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BÖRSENSPIEGEL

Europäische Zentralbank unter Druck

Nach den USA und Grossbritan-nien betreibt nun auch Japan eineultraexpansive Geldpolitik. ImWettbewerb um die «lockerste»Geldpolitik gerät die EuropäischeZentralbank (EZB) unter Druck.

Der Euro-Stoxx-Aktienindexhinkt seit Wochen den nordameri-kanischen und asiatischen Märk-ten hinterher. Der bescheideneKursgewinn stützt sich auf die an-haltende Stärke der riskanterenPeripheriemärkte. Die vier gröss-ten Euromärkte sind 2013 kaumvom Fleck gekommen. Diese rela-tive Schwäche scheint logisch: Diedeflationären Tendenzen breiten

sich trotz Stützungsmassnahmender EZB zunehmend von Südennach Norden aus. Auch die nörd-lichen Kernländer haben teils mithausgemachten Problemen zukämpfen. Hinzu kommt, dass derEuro in einem ungünstigen Mo-ment die Exporte verteuert und sodie Gesamtkonjunktur belastet.

Die Sorgen des Mario Draghi

Nachdem Japan und Grossbri-tannien der expansiven Geldpoli-tik erneut den politischen Vorzuggegeben haben (Wahlsieg vonShinzo Abe, Ernennung des «infla-tionsfreundlichen» Mark Carney

zum künftigen Gouverneur derBank of England), erscheint dielockere Geldpolitik der EZB weni-ger grosszügig, das stärkt den Euroweiter. EZB-Präsident Mario Dra-ghi äusserte sich daher jüngst be-sorgt über die Eurostärke, woraufsich die Einheitswährung gegen-über dem US-Dollar um rund 3%abwertete, allerdings notiert erimmer noch 11% höher als im Juli.

Gleichzeitig bleibt die Kon-junktur in Europa trüb. Das Brut-toinlandprodukt der Eurozone istim 4. Quartal stärker gesunken alserwartet, vor allem der Einbruchin Deutschland suggeriert Schwä-

che. In den nördlichen Kernlän-dern belastete nicht nur der (vola-tile) Lagerzyklus das Wachstum,sondern auch der Aussenhandelund die Firmeninvestitionen. Ge-rade dann macht eine starke Wäh-rung keinen Sinn.

Italien-Wahlen mit Zündstoff

Dennoch, das technische Bildfür Euroaktien weist darauf hin,dass diese demnächst wieder zuden Gewinnern zählen können.Investoren warten wohl noch aufeinen positiven Impuls, etwa wei-tere Stimulierungsmassnahmender EZB, was eher unwahrschein-

lich ist. Der Ausgang der italieni-schen Parlamentswahlen könnteim Falle einer Wiederwahl Berlus-conis zur Aktivierung des OMT-Programms (Outright MonetaryTransactions) führen und für Tur-bulenzen (nicht nur) an den italie-nischen und spanischen Anlei-henmärkten sorgen. Ein zu starkerZinsanstieg würde Rom letztlichkeine andere Wahl lassen, als denunbeliebten Eurorettungsfondsdoch um Hilfe zu bitten – und da-mit den Weg für Anleihenkäufedurch die EZB zu ebnen.Mikio Kumada, Executive Director,

LGT Capital Partners

Apple-AktionärerringtEtappensiegNEW YORK. Es steht 1:0 für einenrebellischen Apple-Aktionär: Derkalifornische Konzern muss aufGeheiss eines Richters den Vor-schlag für eine Satzungsänderungzurückziehen, mit der die Aus-gabe von Vorzugsaktien erschwertworden wäre. Der Hintergrund fürdas Scharmützel vor Gericht:Hedgefonds-Manager David Ein-horn will an den Milliardenschatzdes iPhone-Herstellers heran.

Erstmals wieder Dividende

Die Apple-Reserven hattenzum Jahreswechsel die Marke von137 Milliarden Dollar überschrit-ten. Das weckte bei vielen An-teilseignern Begehrlichkeiten. Siewollen, dass Apple einen grösse-ren Anteil des Geldes an sie aus-schüttet. Mit dem aktuellen ChefTim Cook gibt es zwar erstmalsseit rund 17 Jahren wieder eineDividende und einen Aktienrück-kauf im Gesamtvolumen von 45Mrd. Dollar. Doch das reicht eini-gen Investoren nicht. Einhorn ver-langt konkret, dass Apple Vorzugs-aktien im Wert von 50 Mrd. Dollarausgibt und diese dann auch nochmit einer Dividende von 4 Prozentjährlich ausstattet. Um die für sei-nen Plan hinderliche Satzungs-änderung zu stoppen, reichte erdie Klage in New York ein.

Cook verurteilt Klage scharf

Apple zeigte sich enttäuschtüber die Entscheidung des Rich-ters. Sie sei nicht im Interesse derAnteilseigner. Konzernchef Cookhatte die Klage bereits zuvorscharf verurteilt. Nach aktuellerSatzung muss sich der Verwal-tungsrat direkt mit den Forderun-gen Einhorns auseinandersetzen.Das bedeutet jedoch noch langenicht, dass Einhorn mit seinerForderung nach Vorzugsaktiendurchkommt. (sda)