TECHNIK Motormäher schlägt Traktor - josephinum.at · Doppelmesser- Mähbalken mit 6 m...

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Zugegeben, es ist ein ungewöhnlicher Ver- gleich: Traktor gegen Motormäher!? Egal mit wem wir im Vorfeld diskutiert haben, nahezu alle waren skeptisch und stellten viele Fragen: Wie soll sich ein sechs Meter breiter Balken dem Boden anpassen? Wie komme ich damit auf die Wiese? Wer schleift die Messer? Was kostet dieser Megamäher? Mit unserem Pra- xisvergleich wollen wir nicht nur Fragen be- 68 LANDWIRT 9 / 2015 TECHNIK Der Brielmaier Duo 6 ist ein Motormäher mit gigantischen sechs Me- tern Arbeitsbreite. Wir haben ihn mit einem am Traktor angebauten Scheibenmähwerk verglichen. Der niedrige Spritverbrauch, die hohe Schlagkraft, die Bodenschonung und das praktische Handling haben un- sere anfänglichen Zweifel schnell beseitigt. Von Josef WIPPL und Johannes PAAR Motormäher schlägt Traktor Brielmaier Duo 6: Zwei Trägerfahrzeuge mit 29 PS und 18 PS, Doppelmesser-Mähbalken mit 6 m Arbeitsbreite, 820 kg Gesamtgewicht Flächenleistung: 2,4 ha/h Benzinverbrauch: 2,8 l/ha Der Duo 6 legt das Futter gleichmäßig breit ab. Der Zettvor- gang kann eingespart werden.

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Zugegeben, es ist ein ungewöhnlicher Ver-gleich: Traktor gegen Motormäher!? Egal mitwem wir im Vorfeld diskutiert haben, nahezualle waren skeptisch und stellten viele Fragen:Wie soll sich ein sechs Meter breiter Balkendem Boden anpassen? Wie komme ich damitauf die Wiese? Wer schleift die Messer? Waskostet dieser Megamäher? Mit unserem Pra-xisvergleich wollen wir nicht nur Fragen be-

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Der Brielmaier Duo 6 ist ein Motormäher mit gigantischen sechs Me-tern Arbeitsbreite. Wir haben ihn mit einem am Traktor angebautenScheibenmähwerk verglichen. Der niedrige Spritverbrauch, die hoheSchlagkraft, die Bodenschonung und das praktische Handling haben un-sere anfänglichen Zweifel schnell beseitigt.

Von Josef WIPPL und Johannes PAAR

Motormäher schlägt Traktor

Brielmaier Duo 6:Zwei Trägerfahrzeuge mit 29 PS und 18 PS,Doppelmesser- Mähbalken mit 6 m Arbeitsbreite,820 kg Gesamtgewicht

Flächenleistung: 2,4 ha/hBenzinverbrauch: 2,8 l/ha

Der Duo 6 legt das Futter gleichmäßigbreit ab. Der Zettvor-gang kann eingespartwerden.

antworten und die Vor- und Nachteile dieserneuen Technik aufzeigen, sondern in erster Li-nie auch zum Nachdenken anregen. Der Briel-maier Duo 6 setzt neue Maßstäbe hinsichtlichEnergieeffizienz, Schlagkraft, Sicherheit amSteilhang, Bodenschonung und Futterqualität.

Die ungleichen Testkandidaten

Um Flächenleistung und Spritverbrauch zubeurteilen, haben wir auf unserem Testbetriebin der Nähe von Mautern in der Steiermarkeine etwa drei Hektar große Fläche zweimalgemäht: Beim ersten Schnitt mit dem Traktorund beim zweiten Schnitt mit dem Motormä-her. Die Versuchsfläche ist bis zu 50 % steilund mit einem Traktor mit Zwillingsräderngerade noch befahrbar.

Das Traktorgespann mit dem Steyr 4105Multi und dem Pöttinger Novacat 265 H istdie übliche vom Betrieb eingesetzte Mähtech-nik. „Mit dem Heckmähwerk bin ich beimAusmähen von Spitzen wendiger als mit einemFrontmähwerk und hab das Gewicht nahe anden großen Hinterrädern. Das ist am Hang

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ein großer Vorteil. Eine Front-/Heckkombina-tion wäre zu schwer und kräfteraubend. Zu-dem entsteht durch den Seitenzug am Hangein großer Überschnitt. Somit würde sich dieFlächenleistung kaum erhöhen“, begründetder Landwirt die Wahl seiner Technik.

Der Brielmaier Duo 6 fährt auf siebenreihi-gen Stachelrädern mit Gumminoppen. Gelenktwurde der Megamäher vom Chef Martin Briel-maier persönlich, da er die meiste praktischeErfahrung damit hat. So wie der Landwirt mitdem Traktor, musste auch Brielmaier zuerstdie gesamte Fläche ausmähen.

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Steyr 4105 Multi + Pöttinger Novacat 265 H:107 PS Nennleistung,Scheibenmähwerk mit 2,62 m Arbeitsbreite,6.020 kg Gesamtgewicht

Flächenleistung: 1,3 ha/hDieselverbrauch: 7,5 l/ha

Das schwere Traktor -gespann beschädigtdie Grasnarbe und verschmutzt das Futter.

Beim ersten Schnitt haben wir gute 11 tGrünmasse geerntet, beim zweiten Schnitt wa-ren es 8,7 t. Die Grasnarbe auf dem schwarzen,schiefrigen Lehmboden ist dünn. Zudem warder Boden bei beiden Schnitten sehr feucht.

Kantersieg für Motormäher

Bei beiden Durchgängen ermittelte die BLTWieselburg den Kraftstoffverbrauch und dieFlächenleistung. Der Spritverbrauch wurdedurch Auslitern mit einem Messbecher fest-gestellt. Der Landwirt mähte mit seinem Trak-torgespann 1,3 ha in der Stunde und benötigte7,5 Liter Diesel pro Hektar. Brielmaier schaffte2,4 ha in der Stunde und verbrauchte 2,8 LiterBenzin pro Hektar. Ein klarer Sieg für den Mo-tormäher: Er hat bei nahezu doppelter Flä-chenleistung um fast zwei Drittel wenigerKraftstoff verbraucht (siehe Abb. 1 und 2).

Große Unterschiede gibt es auch bei derFutterverschmutzung: Während die Stachel-walzen die Grasnarbe quasi nicht verletzten,rasierten die Traktorräder diese an den steilenStellen förmlich ab. Das führte zu großen Fut-terverschmutzungen. „Sogar im Fahrsilo wardie mit dem Duo 6 gemähte Silageschicht er-kennbar. Sie war deutlich heller als der mitErde verschmutzte andere Teil, der auf ver-gleichbaren Flächen siliert wurde“, erzählt derBetriebsleiter.

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Auch die Futterablage beider Systeme wirktsich auf die Zeit- und Kraftstoffersparnis sowieauf die Futterqualität aus: Das vom Doppel-messerbalken sehr gleichmäßig breit abgelegteGras muss nicht gezettet werden. Das spartbei der Heu- und Silageernte mindestens einenArbeitsgang ein. „Beim Wenden und Schwa -den fährt man bei der Motormäher-Mahd niedirekt auf der Grasnarbe. Auch das reduziertden Schmutzeintrag und schont den Boden“,merkt der Landwirt positiv an.

Fit mach mit

Eine klimatisierte Kabine hat der Motormä-her nicht. Ob das ein Vor- oder Nachteil ist,hängt von der Fitness des Landwirts und des-sen Einstellung ab. Wer dem Motormäher hin-terherläuft, muss gut bei Fuß sein, wird aberauch länger fit bleiben. Erfinderische Landwirtehaben sich auch schon Sitzgelegenheiten aufMotormähern gebaut. Aus sicherheitstechni-schen Gründen ist vom Hersteller dahingehendauch für die Zukunft nichts geplant. Wenigerlaufen muss man mit der optionalen Funk-fernsteuerung: Je nach Geländeform undSchlaglängen lässt sich damit mindestens dieHälfte der Wegstrecke einsparen. Leichter läuftman dem Mäher hinterher, wenn man sich amLenkholm festhält. „Ein gehbehinderter Kundehat sich die Fernsteuerung auf ein Quadgebaut. Damit fährt er dem Mäher hinterher“,erzählt Brielmaier.

Abb. 1: Kraftstoffverbrauch

Abb. 2: Flächenleistung

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Top Bodenanpassung

Die Versuchsfläche in Mautern stellte keinegroßen Ansprüche an die Bodenanpassung.Um uns auch von diesem Kriterium ein Bildmachen zu können, übersiedelten wir mit demBrielmaier Duo 6 auf unseren Testbetrieb nachSaalbach. Dort mähten wir eine Schipiste mitallen möglichen Schikanen: UnterschiedlicheSteigungen bis 100 %, kurz kupierte Hügelund Mulden, Sammelschächten für die Be-schneiungsanlagen, Feuchtstellen etc. – Einebesondere Herausforderung für die Bodenan-passung und den Bodenschutz. Mit seinen sie-benreihigen groß dimensionierten Stachelwal-zen hinterließ der Duo 6 kaum Spuren. Sogarim extrem kurz kupierten Gelände mäht der6 m breite Balken sauber. Je breiter der Mäh-balken, desto biegsamer ist er. Die beiden Mo-tormäher arbeiten auch im verschränkten Zu-stand einwandfrei. Niemand von uns konntesich diese hervorragende Bodenanpassung vor-stellen – Man muss es gesehen haben, um eszu glauben! Unser Tipp: Schauen Sie sich dasVideo zum Test auf landwirt.com an. Sie wer-den staunen!

Auch unser Testlandwirt, der diese Schipistenormalerweise mit Zweiachs- und Motormäherbearbeitet, kam aus dem Staunen nicht mehrheraus: „Wenn ich meine beiden Mähgerätemit dem Duo 6 ersetze, bin ich beim Mähendoppelt so schnell und hab noch dazu saubers -tes Futter.“

Der breite Mähbalken ist nicht nur flexibel,er fährt auch am Steilhang stabil gerade aus.Seitenzugkräfte treten kaum auf. Die beidenMotormäher stabilisieren sich gegenseitig.

So funktioniert die Technik

Der Mähbalken wird von der 29 PS starkenBasismaschine angetrieben. Das zweite Trä-gerfahrzeug dient nur zur Stabilisierung desMähbalkens und kann daher auch schwächermotorisiert sein. Der Fahrer bedient nur eineMaschine. Das zweite Gerät wird synchronmitgesteuert. Die zuerst gestartete Maschinehat Priorität, sie ist die Führungsmaschine.Das gilt auch beim Betrieb mit einer Funkfern-steuerung.

Weitere Bilder undVideos zu diesemVergleichstest finden Sie im Internet: www.landwirt.com/landtechnik

LANDWIRT Tipp

Der Brielmaier Duo 6 lässt sich auch über Funk steuern.

Der 6 m breite Doppelmesserbalken

ist sehr biegsam und passt sich dem Boden sehr gut an.

Transportlösung: Über vier Rampen lässt sich der Megamäher einfach auf- und abladen.

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Die elektronische Steuerung ist modular auf-gebaut und besteht aus mehreren Komponen-ten: Das Basismodul steuert die Lenkung unddie Fahrgeschwindigkeit der beiden Ma -schinen. Es lässt sich über CAN-Bus mit vielenFunktionen erweitern: Funkfernsteuerung,GPS-Navigation für Selbstfahrbetrieb, zusätz-liche Sensoren wie z.B. Infrarotkameras oderUltraschall für erweiterte Sicherheitsfunktionenund GPRS für Fernwartung und Betriebsda-tenerfassung.

Zudem gibt es ein Touch-Panel, mit demsich verschiedene Betriebsarten auswählen las-sen, z.B. der Transportmodus: Dafür müssendie beiden Maschinen zuerst an die kurzenStirnseiten des Mähbalkens gekoppelt werden.So lässt sich das Gespann per Funk oder ma-nuell zum Verladen oder auf schmalen Zu-fahrtswegen in Längsrichtung bewegen. Briel-maier hat die Testmaschine mit einem Pkw-Drehschemelanhänger transportiert. Zum Be-und Entladen werden vier Rampen seitlichheruntergeklappt. So müssen die beiden Mähernicht vom Balken getrennt werden.

Ein Schlüsselfrage bleibt noch: „Wer schleiftdie breiten Messer?“ Auch dafür gibt es mitt-lerweile eine praktikable Lösung: ein neuar -tiger Schleifautomat von BBS aus Vorarlberg,mit dem sich alle Doppel- und Standardmes-serbalken schärfen lassen (siehe LANDWIRT03/2015).

Investitionskosten vs. Einsparungen

Für den Megamäher muss man über 60.000Euro inkl. MwSt. auf den Tisch legen. DieFunk-Steuerung kostet weitere 8.000 Euro.

Diese hohen Investitionskosten müssen demmöglichen Einsparungspotenzial in einer ein-zelbetrieblichen Bewertung gegenübergestelltwerden. Es stellt sich die Frage, wie sich soein neues Konzept in den Betrieb integrierenlässt: Welche Technik ist schon vorhanden undwas kann ersetzt werden. Ein schon vorhan-dener Brielmaier-Mäher könnte z.B. mit dem6-Meter-Balken zum Duo-System ausgebautwerden. Gibt es in der Nachbarschaft noch ei-nen zweiten Mäher, könnte eine gemeinsameAnschaffung des 6-Meter-Balkens die Kosten-belastung senken. Kann mit diesem neuenKonzept auf einen Zweiachs-Geräteträger ver-zichtet werden, so wäre das finanzielle Ein-sparungspotenzial enorm. Beide Mäher lassensich auch solo mit schmäleren Balken und vie-len anderen Anbaugeräten einsetzen.

Neben diesen Kriterien gilt es, die hoheSchlagkraft, die Kraftstoffeinsparung, die Bo-denschonung, die höhere Futterqualität, denrascheren Wiederaufwuchs und die höhere Si-cherheit am Steilhang zu bewerten.

Brielmaier hat in den letzten drei Jahren mitvier Prototypen Erfahrungen gesammelt unddiese laufend verbessert. Für die kommendeSaison sind gerade zehn Vorserienmaschinenin Bau. Wir sind überzeugt, dass dieses Kon-zept Zukunft hat und so manchen Landwirtzum Nachdenken anregen wird. ■

Technische Daten – Brielmaier Motormäher

Typenbezeichnung Duo 6

Basismaschine Kohler Benzin-Einspritzmotor, 29 PSzweite Stabilisierungsmaschine* Kohler Benzin-Einspritzmotor, 19 PSMähbalken hydraulisch angetriebener DoppelmesserbalkenArbeitsbreite 6 mStachelwalzen der Testmaschinen Alu, Ø 630 mm, 7-reihigFunkfernsteuerung bis 150 m Entfernung, mit oder ohne DisplayListenpreise inkl. MwSt.

Grundgerät 29 PS 21.780,– EuroGrundgerät 19 PS 19.920,– EuroAlu-Stachelräder 7-reihig 3.540,– Euro/PaarFunkfernsteuerung ohne Display 8.034,– Euro6-m-Doppelmesserbalken mit Elektronikmodul 15.480,– Euro* Jede Leistungsklasse möglich, Maschine dient nur zur Stabilisierung und Fortbewegung!

Die Stärken der Systeme

Brielmaier Duo 6 Traktor mit Scheibenmähwerk

• hohe Schlagkraft • Standardtraktor: höhere Flexibilität• niedriger Kraftstoffverbrauch und Auslastungsmöglichkeiten• Bodenschonung • klimatisierter, komfortabler• geringer Auflagedruck Arbeitsplatz• hohe Futterqualität durch • geringer Wartungsaufwand

geringste Verschmutzungen• Bodenanpassung• Wiederaufwuchs – sauberer

Schnitt durch Doppelmesser• breite gleichmäßige Futterablage –

kein Zetten notwendig!• Sicherheit und stabiles

Fahrverhalten am Steilhang• einfache Bedienung• Möglichkeit der Funkfernsteuerung

Ing. Josef Wippl ist Prüfingenieur an der BLT Wieselburg,Johannes Paar ist LANDWIRT Redakteur.

Zum Schleifen der Mähmesser gibt es mittlerweile praktikable Vollautomaten am Markt. Alle Fotos: Paar