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Thema des Monats
Paralyrnpics, Deaflyrnpics, Special Olyrnpics
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Behindertensport und seine Spuren in der Philatelie
Die Geschichte des breiter organisierten Behindertensports beginnt - nach offizieller Lesart -nach dem Zweiten Weltkrieg. Ludwig Guttmann war ein deutscher Neurologe und Neurochirurg, der in der Zeit des Nationalsozialismus nach England emigrierte, wo er die Grundlagen für die Behandlung querschnittsgelähmter Kriegsveteranen und Zivilisten an einem Krankenhaus in Stoke Mandeville schuf. Die O lympischen Spiele von London 1948 inspirierten ihn, in den Rehabilitationssport auch den Wettkampfgedanken zur zusätzlichen Motivation hineinzutragen. Und so kam es am 29. Juli 1948, dem Tag der Eröffnung der Londoner Spiele, zur ersten, noch bescheidenen Ausgabe der Stoke Mandeville Games, bei denen 16 Rollstuhlfahrer zum Wettbewerb im Bogenschießen antraten. Vier Jahre später kamen Teilnehmer aus den Niederlanden dazu - und die International Stoke Mandeville Games waren geboren.
Noch sollte es acht weitere Jahre dauern, ehe aus dieser zarten Pflanze die ersten Paralympischen Spiele 1960 in Rom wurden, an denen sich 400 Teilnehmer aus 23 Ländern beteiligten. Papst J ohannes XXIII. würdigte damals Ludwig Guttmann als den "Coubertin der Gelähmten". Weitere 16 Jahre vergingen, ehe in Örnsköldsvik in Schweden die ersten Winter Paralympics ausgetragen wurden.
Die Geschichte des Behindertensports verlief für Außenstehende teilweise unübersichtlich. Grund war das Nebeneinander verschiedener internationaler Organisationen des Behindertensports, die zu unterschiedlichen Zeiten als Interessenvertreter einer bestimmten Behindertengruppe gegründet wurden. Erst im September 1989 erfolgte in Düsseldorf die Etablierung des International Paralympic Committee (IPC) als globale Dachorganisation.
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XXI. WElTSPIElE DER GELAHMTEN HEIDELB 1972 t;; 0
Die Marke der Deutschen Bundespost zu den "Weltspielen der Gelähmten" 1972 in Heidelberg (Bund MiNr. 733) zählt die XXI. Weltspiele - in der Chronik der Paralympics sind es d ie 4. Paralympischen Spiele.
Der vierjährige Austragungsrhythmus der Paralympischen Spiele war mit den Olympischen Spielen synchronisiert, auch wenn die Austragungsorte - mit Ausnahme von Rom 1960 und Tokio 1964 -nicht die gleichen waren und auch in den genannten Ausnahmefällen die Paralympics erst Wochen später stattfanden.
1988 wurde in Calgary den Behindertensportlern eine kleine Pforte bei den Olympischen Winterspielen geöffnet. Als sogenannte "Vorführungen" bezeichnet gab es für sie vier Wettbewerbe, bei denen es um Olympiamedaillen (!)ging- die 5-km-Langläufe für Blinde mit Begleitläufer und den Riesenslalom für Oberschenkelamputierte, jeweils für Männer und Frauen.
MICHEL ®-Rundschau
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Im Sonderstempel zu den Olympischen W interspielen in Calgary 1988 findet sich ein Hinweis auf die Wettbewerbe für behinderte Sportler.
D ie O rganisatoren der Olympischen Sommerspiele von Seoul 1988 hatten - im Gegensatz zu jenen von Los Angeles vier Jahre zuvor, die durch die Austragung der Paralympics unmittelbar nach den O lympischen Sp ielen das Image ihres Produ kts "LA 84(( beschädigt sahen - kein Problem mit der Austragung beider Weltsportspidc kurz hintereinander in den gleichen Wettkampf stätten und sorgten damit für einen D ammbruch.
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Im Juni 1991 einigten sich Sl hl il· l ~ l i ch das IPC als D achorganisation des ßehind l'n ensports und das Internationale Olympische Komitee darauf, künftig die Paralympischen Spiele kurz nach den O lympischen Spielen im Sommer und im Winter an den gleichen Orten auszutragen. D as IPC musste schon vorher auf die bis dahin genutzten
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Olympischen Ringe verzichten und führte 1988 ein neues Symbol, die fünf "Tränen", ein. D ieses Logo wurde auch noch 1994 in Liliehammer verwendet, doch war dem IOC die Nähe zu seinen Ringen immer noch zu groß, so dass eine Modifikation notwendig wurde - aus fünf wurden drei "Tränen". Ohne Druck von außen führte
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das IPC 2004 schließlich jenes bis heute aktuelle Logo ein.
Seitdem die Paralympics nur kurz nach den Olympischen Spielen ausgetragen werden, lassen sie sich mit philatelistischen Mitteln gut belegen, sowohl mit Marken als auch mit Belegen
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Wertbrief vom Sonderpostamt aus dem Paralympischen Dorf in Athen vom Ersttag der Markenausgabe G riechenland MiNr. 2256-2262
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Ersttagsbrief mit der Postwertzeichenausgabe für das britische Goldmedaillen-Team im Reitsport (Großbritannien MiNr. 335 1 ), abgesandt im Paralympischen Dorf von London, wie der postalische Zusatzstempel ausweist. Die Über-Nacht-Ausgaben zu Ehren der brit ischen O lympiasieger schon am nächsten Tag, die auf große Popularität stießen, zwangen die Royal Mai I letztendlich auch dazu, Gleiches in etwas abgewandelter Form fü r die Sieger der Paralympics zu tun.
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Die Blockausgabe zu den Winterspielen in Vancouver (Kanada BI. I 09) - hier auf eingeschriebener Sendung und mit Aufdruck auf dem Blockrand - ist sowohl den Olympischen als auch den Paralympischen Spielen gewidmet.
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www.royolmoil.com/ sporlscollection
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von Sonderpostämtern, da viele O bjekte der olympischen Infrastruktur weiter genutzt wurden. So wurde zum Beispiel aus dem "Olympischen Dorf" im Anschluss das ,,Paralympische Dorf".
U nd noch eine andere Entwicklung lässt die Philatelie deutlich werden: die zunehmende Akzeptanz der Paraly mpischen Spiele. Dies zeigt
Die Royal Mail ehrte die Olympischen und Paralympischen Spiele erstmals in einer gemeinsamen Dauerserie (MiNr. 3180-3 183). Dazu gab es am 5. Januar 20 12 auch ein Markenheft, dessen Werte hier auf Beleg dokument iert sind; hinzu kommt die Zusatzfrankatur für "special delivery/next day". Der Beleg wurde versandt aus Stoke Mandeville, wo die Wurzeln der Paralympischen Spiele liegen. Der Tagesstempel war noch nicht umgestellt und trägt noch das Vortagsdatum 4. 1. 12, der Postaufkleber dagegen das richtige.
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sich speziell bei den Ausgaben von Kanada und Großbritannien anlässlich der Spiele in Vancouver 2010 und London 2012. Beide Postverwaltungen emittierten Olympiamarken und Marken für die Paralympics nicht in zwei getrennten, sondern in einer Ausgabe, quasi auf gleicher Augenhöhe.
Der Behindertensport ist - sowohl von seiner Geschichte her betrachtet als auch in seiner Vielfalt durch die paralympischen Sportarten nicht hinreichend beschrieben. Schon im Jahr 1900 wurde der "Berliner Taubstummen Schwimm-Verein" gegründet. International sind Gehörlosen-Sportorganisationen im ICSD, dem International Committee of Sports for the Deaf, organisiert, das eigenständige Weltspiele, die Deaflympics austrägt, die unter diesem Namen auch 1924 in Paris erstmalig - und damit lange vor den Paralympics - durchgeführt wurden. Damals nahmen immerhin 148 Sportler aus 9 Nationen an den Wettbewerben teil.
Eine Sonderstellung nehmen die Sportler mit geistiger Behinderung ein. Ihnen wurde gelegentlich Startrecht bei den Paralympics eingeräumt, doch nach einem Betrugsfall in Sydney 2000 - für den die spanische Basketballmann-
Sonderstempel für die Eröffnung und den Abschluss der Weltspiele der Gehörlosen 2009 in Taiwan, die von Sonderausgaben und -stempeln für alle Disziplinen begleitet wurden.
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OLIMPIADAS ESPECIALES SHANGHA I 2007
Gar nicht so selbstverständlich ist die Abbildung geistig behinderter Sportler im Markenbild: Costa Rica ehrte seine Sieger bei den Special Olympics 2007 in Shanghai (MiNr. 1680 bis 1682); Irland zeigte die Siegerehrung 2003 in Dublin (MiN r. 1502).
schaft sorgte, indem sie mehr als die H älfte Spieler aufstellte, die ihre geistige Behinderung nicht nachweisen konnten - waren die Türen für Athen 2004 und Beijing 2008 verschlossen. Erst für London 2012 gab das IPC wieder grünes Licht für die Sportarten Leichtathletik, Tischtennis und Schwimmen.
Doch gibt es seit 1968 auch eigene Wettbewerbe für Menschen mit geistiger Behinderung, die Special Olympics. Diese wurden von John F. Kennedys Schwester Eunice Shriver gegründet und sind vom Internationalen Olympischen Ko-
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mitee offiziell anerkannt. Schon 1968 nahmen in Chicago mehr als 1000 geistig behinderte Sportler aus den USA und Kanada teil. Erst die 10. Special Olympics in den Sommersportarten wurden außerhalb der USA ausgetragen (2003 in Dublin/ Irland), dann aber schon mit 7000 Teilnehmern - Sportlern und Betreuern- aus 150 Ländern.
Für den 7. Mai 2015 hat die D eutsche Post eine Sondermarken-Ausgabe in der Serie "Sporthilfe" fü r den Behindertensport angekündigt. Für den vorliegenden Beitrag war dies der Anlass, einen kleinen Einblick in die Vielfalt des Behindertensports und seine Organisation auf internationaler Ebene zu geben. Er soll Appetit machen, sich-angesichts des reichhaltigen philatelistischen Materials, das hier nur angedeutet werden kann - diesem Thema als Sammler zu stellen.
Themas Lippert
Auch auf nationaler Ebene werden unter dem Namen "Special Olympics" Sportspiele ausgetragen - hier belegt durch die Briefmarke Schweiz MiNr. 2344 für die "Special Olympic National Games" in der Schweiz 20 14.
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