Theodor Mommsen - MGH-Bibliothek · 2009. 5. 15. · Theodor Mommsen Rede bei der Begräbnisfeier...

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Theodor Mommsen Rede bei der Begräbnisfeier am 5. November 1903 in der Kaiser Wilhelm GedächtnisKirche gehalten von Adolf von Harnack Leipzig J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung 1903

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    Theodor Mommsen     

    Rede bei der Begräbnisfeier  am 

    5. November 1903  in der 

    Kaiser Wilhelm Gedächtnis‐Kirche        

    gehalten von  

    Adolf von Harnack                    

    Leipzig J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung 

    1903  

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  • Der Friede Gottes sei mit uns allen.

    Herr Gott, Du bist unsre Zuflucht für und für. Ehe denn die Berge worden, und die Erde und die Welt

    geschaffen worden, bist du Gott von Ewigkeit zu Ewig- keit. Der du die Menschen lässest sterben, und sprichst: Kommt wieder, Menschenkinder. Denn tausend Jahre

    sind vor Dir wie der Tag, der gestern vergangen ist,

    und wie eine Nachtwache. Unser Leben währet siebzig Jahre, und wenn es hoch kommt, so sind

    es achtzig Jahre, und wenn es köstlich ge- wesen ist, so ist es Mühe und Arbeit

    gewesen; denn es fähret schnell dahin, als flögen wir davon.

    Amen.

    Andächtig Leidtragende! In tiefer Trauer und voll Schmerz haben wir uns

    um den Sarg THEODOR MOAMRMSENS versammelt. Die- ses Auge ist gebrochen, in welchem sich die Welt und ihre Geschichte so leuchtend spiegelte, und der Geist, der das Geschaute ordnete und bezwang, ist zu seinem Schöpfer zurückgekehrt.

    Weder Krankheit noch Schwachheit, weder Mühsal noch Sorge noch Leid vermochten in die ehernen Speichen dieses Lebens einzugreifen. Das Rad stand erst still, als die Grenze erreicht war, die dem, mensch- lichen Leben gesetzt ist, als das Werk vollendet war, das er ausrichten sollte.

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    Wir trauern um ihn in heißem Schmerz. Mit uns trauert diese ganze Stadt, deren Ehrenbürger er ge- wesen ist, die Universität und die Akademie, deren Stolz und Freude er war. Mit uns trauert der König und das Vaterland, und darüber hinaus die Welt, so- weit sie Geistiges erkennt und schätzt, vor Allem Italien und jene Stadt, die ewige Roma, deren Geschichte die Arbeit seines Lebens gewidmet war.

    Sie alle haben ihn verloren. Hoch und gering, Alt

    und Jung wissen es, daß ein Stern verblichen und eine Krone gefallen ist. Sie trauern, aber sie klagen nicht um ihn; denn sein Lauf war voll- endet, und auch bei denen, die ihm nahe standen, deren Gatte, Vater und Freund er gewesen ist, soll der Dank gegen Gott, daß sie ihn besessen und so lange besessen, das Klagen verschlingen.

    Nicht um ihn klagen wir, wohl aber um uns; denn

    in THEODOR MOM MSEN ist uns nicht nur der an-

    erkannte Meister, nein, es ist uns ein Stück unsres eigenen Lebens und unsrer Geschichte genommen. Wir sind ärmer geworden, und wer kann uns diesen Verlust ersetzen?

    Durch ihn standen wir noch immer in einem leben- digen Zusammenhang mit den Tagen unsrer Väter, mit herrlichen Tagen unsrer äußeren und inneren Geschichte, mit hohen, führenden Geistern. Aber

    nicht bloß wie ein Bote, sondern wie ein Zeuge dieser Zeit stand er unter uns, in sich selbst ein Leben tragend, wie es keiner von uns mehr nach-

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    zuleben und keiner ganz nachzuempfinden vermag. Wie werden wir ihn vermissen!

    Aber in dieser Stunde ziemt es uns, Herr zu werden über die Gefühle der Natur und des Herzens

    und dem großen Toten die letzte Ehre dadurch zu erweisen, daß wir uns sein Bild und seine Arbeit

    vergegenwärtigen, soweit wir es vermögen. Wir

    rücken dieses Bild in das Licht des Ewigen, in das Licht des Herrn der Geschichte, indem wir über dasselbe das biblische Wort schreiben: �Ich habe

    euch erwählt und gesetzt, daß ihr hingeht

    und Frucht bringt und eure Frucht bleibe. " Daß ihr hingeht und Frucht bringt: wo hat

    sich je reicher dieser Spruch erfüllt? Sechzig Jahre hindurch hat dieser Baum Früchte getragen. Das Gesetz von Sommer und Winter schien für ihn nicht zu existieren. Er war wie jene Bäume des Südens,

    an denen die reife Frucht neben der Blüte steht. Und Alles, was er uns geschenkt, trägt von Anfang

    an den Stempel eines und desselben Geistes, oder besser einer ungeheuren Willenskraft, gepaart mit einem Feuergeist, der ihn nicht ruhen ließ.

    Licht wird Alles, was ich fasse, Kohle Alles, was ich lasse, Flamme bin ich sicherlich.

    Und doch war es ein bauender, positiver Geist. Die kannten ihn schlecht, die ihn lediglich nach der Kraft und Strenge beurteilten, mit der er die Hacke in die Hand nahm, das Gestrüpp aus dem Wege räumte und sich die Bahn frei machte. Und

  • -6- auch die verkannten seinen Genius, die in der

    scharfen Kritik, der herben Ironie und dem Sarkas-

    mus, die ihm reichlich zu Gebote standen, sein ganzes Wesen ausgeprägt fanden. Das alles waren nur die stets bereiten Waffen, mit denen seine auf jeden Eindruck doppelt reagierende Natur Fremdes von sich fern hielt und Unwahres oder Widriges niederschlug. Dahinter aber lebte ein großer, fester

    und zugleich leidenschaftlicher Wille, der auf die

    positive Erkenntnis der Dinge gerichtet war. Wir haben keinen Geschichtschreiber besessen,

    der mit solcher Anspannung und solcher Kraft das Große und das Kleine in der Geschichte bezwungen hat, damit es ihm Rede und Antwort stehe, der auch dem unbeachteten härtesten Kiesel Funken entlockt hat, und der nicht ruhte und rastete, bis sich Alles

    zu einem festen Kreise der Anschauung und Er- kenntnis rundete.

    Denn was war das Geheimnis seiner wissenschaft- lichen Eigenart? Daß er die Aufgaben und Ge-

    schäfte der Historie, die sonst verteilt zu sein pflegen, ja die sich auszuschließen scheinen, sämtlich und auf einmal in die Hand nahm und sie nun als der Meister festhielt.

    In solchem universalen Tun hat er in vollem Sinn

    überhaupt keinen Vorgänger gehabt, und hat uns ein Vorbild vorgestellt, aber ein unerreichbares. Denn erstlich - er war von einem heroischen Fleiß in der Aufspürung, Sammlung und intensiven Durcharbeitung des Stoffs: nicht nur unendlich ver-

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    mehrt hat er ihn, sondern er hat auch ganz neue Gebiete ihm zugeführt. Wo er nur ahnte, daß etwas für seinen großen Gegenstand zu finden sei, da drang er ein, da warf er die Zäune und Schlag- bäume nieder und eroberte sich das Land.

    �Kärrner-Arbeit" sagt man wohl; aber die so sprechen, kennen diese Arbeit nicht. Gewiß, es muß hier viel im Staube geschafft werden; es ge- hört viel Unverdrossenheit und Selbstverleugnung

    zu ihr, aber noch viel mehr Scharfsinn, noch viel mehr Umsicht und Besonnenheit und wiederum unerbittlicher Wahrheitssinn und eine gezügelte Phantasie. Wo diese Tugenden aber vorhanden sind, da wird die Kärrner-Arbeit ein königliches Werk; er hat sie dazu gemacht. Sie war die Ge- liebte seiner Jugend, diese heiße Arbeit, und er ist ihr bis zuletzt treu geblieben. Ja als er sich im Alter für die höchsten Aufgaben selbst nicht mehr genügte, da wurde er nur um so fleißiger in jenem Tun, gleich als müßte er jeden Baustein selbst be- hauen. Halbe Arbeit hat er nie getan und nie gedul- det. �Seine

    durchgewachten Nächte haben unsern Tag gehellt! "

    Aber dies Alles war doch nur Vorarbeit. Elf Jahre nachdem er als junger Doktor der Jurisprudenz

    seine Erstlingsschrift veröffentlicht hatte, nachdem er in Italien gewesen, dort das große Inschriften-Werk begonnen und in drei Jahren neunzig Abhandlungen

    verfaßt hatte, erschien seine �Römische Geschichte".

    Mit einem Schlage erhielten wir Deutsche ein

  • -8- Geschichtswerk, wie wir es so noch nicht besessen hatten. Derselbe Mann, der sich in peinlichster Akribie nicht genug tun konnte, hatte ein Werk hervorgebracht, das ganz der gestaltenden An- schauung entsprungen ist, eine aus den Quellen nachgeschaffene Geschichte, wiedergeboren im Geiste ihres Schöpfers, voll Farbe und Leben, weil überall nacherlebt, ja miterlebt. Neben die ruhigen, inner- lich bewegten Darstellungen RANKES trat diese sprühende, leidenschaftlich erfaßte und leidenschaft- lich urteilende �Römische Geschichte". Die beiden allein möglichen Arten geschichtlicher Darstellung

    - die, welche uns zum Stoffe führt, RANKE, und die,

    welche den Stoff zu uns führt, MOAIAISEN - waren nun in höchsten Leistungen der Nation geschenkt. Wie das eingewirkt hat auf unsre Geschichts- schreibung, auf unsre Kultur diese fünfzig Jahre hindurch - wer kann das aussagen! Was NIESUHR begonnen, war zu herrlicher Entfaltung gekommen!

    Alles, was in THEODOR MOMMSEN neben dem Historiker lebte, war an diesem Werke beteiligt - der Philologe, der Jurist, der Politiker und nicht zum mindesten der Poet. Hier hatte ein Künstler

    einen großen Stoff erfaßt und ihm Maß und Ord-

    nung, Schwungkraft und Schönheit verliehen. Ein

    klassisches, und darum ein dauerndes Werk ist

    diese �Römische Geschichte", weil sie

    den Stempel des Künstlers trägt, und weil ihr Autor nichts von dem zurückgehalten hat, was in seinem Innern lebte.

    Ein Künstler, ein Dichter ist er gewesen und ge-

  • -9- blieben bis in das Alter. Darum ist ihm die Jugend nie entflohen. Exakte Wissenschaft und poetischer Geist und Anmut haben hier den seltensten Bund geschlossen, und man kann wohl sagen, dieser Bund war das Eigentümlichste seiner Erscheinung.

    Noch eine ganze Reihe gewaltiger, zusammen- fassender Darstellungen hat uns THEODOR MoMMMMSEN geschenkt, unter ihnen das wissenschaftliche Haupt-

    werk, das �Römische Staatsrecht". Die Energie kühner Kombination und organischer Gestaltung ist in ihnen vielleicht noch größer als in der �Römischen Geschichte"; aber dem Künstler ließen die Stoffe

    weniger Spielraum. Doch im Einzelnen - wieviel Intuition auch hier, und wieviel unnachahmliche Kraft und Graziel

    Von dem schaffenden Gelehrten führt der Blick

    hinüber zum Lehrer. Wer heute Alte Geschichte

    studiert oder lehrt, der ist sein Schüler. Darüber

    bedarf es keiner Worte. Aber wie er gelehrt hat,

    das bezeugen uns am besten die, welche zu seinen Füßen gesessen haben. �Was wir

    in seinem Semi-

    nar", schreibt Einer im Namen Aller, �nicht nur an Wissen und Methodik, was wir an Charakter und Ehrfurcht vor Wahrheit und Wahrhaftigkeit ge- wonnen haben, das werden wir lebenden Schüler MOMMSENS dankbar im Herzen bewahren bis zu unsrem letzten Hauche. "

    Aber noch in einem anderen Sinne ist THEODOR MOMMMSEN ein Lehrer geworden. Als er seine Lauf- bahn begann, war auf dem Gebiete der Geistes-

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    wissenschaften kaum erst ein Anfang zu gemein- schaftlicher Arbeit und zu solchen Unternehmungen

    gemacht, die die Kräfte der Einzelnen übersteigen. Er ist der Organisator der großen wissenschaftlichen Arbeiten in unserem Vaterlande geworden, und er hat in der Preußischen Unterrichts-Verwaltung, die ihm mit nie versagendem Verständnis entgegenkam, die Stütze gefunden, die solche Arbeit bedarf. Durch

    sie hat er die Unternehmungen der Akademie der Wissenschaften auf eine neue Stufe gehoben, nach LEIBNIZ und den Brüdern HUMBOLDT unstreitig ihr tätigstes und einflußreichstes Mitglied, auch darin ihnen ähnlich, daß er die einzelnen Wissenschaften

    zusammengeführt und zu einem Austausch ge- zwungen und, daß er die Gelehrten Europas, ja darüber hinaus, zu einem Bunde vereinigt hat. Seine Erfahrung, Rat und Energie hat er, mit seiner Zeit niemals geizend, in den Dienst jedes tüchtigen Unternehmens gestellt.

    Und nicht anders war es an der Universität. Seit Jahrzehnten ist keine Frage von Wichtigkeit in ihrer Mitte aufgetaucht, in der man nicht vor Allem ihn

    anging und sein Urteil befragte. Daran änderte sich auch nichts, als er seine Vorlesungen eingestellt hatte. Er stand noch immer mitten unter uns, und je schwieriger eine Frage war, desto sicherer konnte man auf ihn zählen. Er war seit langer Zeit unstreitig der Führer der Universität, nicht

    nur um des Glanzes seines Namens, sondern um dessen willen, was er ihr leistete. Für sich selbst

  • - 11 - hat er nie etwas begehrt; aber keine Mühe scheute er für Andre und für die Sache. Und welch' ein sprechendes, predigendes Vorbild ist dieser eiserne Arbeiter im weißen Haar für jeden Kollegen ge- wesen! Ich habe euch gesetzt, daß ihr hingeht und Frucht bringt und eure Frucht bleibe. Wahrlich, Er hat geleistet, wozu er berufen war. Einen Kranz nie verwelkenden Dankes legen wir an seinem Sarge nieder.

    Die Universität ist in sich geschlossen, aber sie ist doch mit dem öffentlichen Leben verknüpft, und auch in ihm hat THEODOR MOMMSEN eine weithin sichtbare Stellung eingenommen. Hier aber trat er auch in heiße Kämpfe, und es erfüllte sich der Spruch an ihm: Viel Feind', viel Ehr'. " Um ihn in diesen Kämpfen, die er mit seinem Herzblut ge- führt hat, zu verstehen, darf man nicht vergessen, daß er im Grunde doch eine weltabgezogene, eine Gelehrtennatur war, welche die Dinge besser kannte als die Menschen, daß er es aber dann immer wieder gleichsam stoßweise als die heiligste Pflicht empfand, seinem Vaterland auch in den öffentlichen Angelegenheiten zu dienen, es zu beraten und zu warnen und in den Gang der Entwicklung einzu- greifen. Von den Jugendtagen her, dem Freiheits- kampf seiner schleswigschen Heimat, lebte dies

    . fordernde Bewußtsein in ihm.

    Feste unerschütterliche Überzeugungen leiteten ihn dabei: die Überzeugung von dem Segen der Monarchie; die Überzeugung, daß die Freiheit

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    die sicherste Grundlage ist für den Bestand und den Fortschritt eines Volkes, und die Überzeugung, daß der Bürger selbst sich aufraffen, Hand anlegen und sich zur Freiheit erziehen müsse, wenn es besser werden soll. Und was er seinem Vater- lande predigte, das wollte er auch in dem Verhält- nis der Völker zu einander verwirklicht sehen. Und so schaute er aus nach friedlicher Gemeinschaft,

    nach einem Völkerbunde auf dem Boden fort- schreitender Gesittung und Kultur - ein Patriot und ein Weltbürger zugleich, dem das Vaterland über Konfession, Partei und Rasse stand, dessen Herz und Sinn aber die Menschheit umspannte.

    Wie viel herrliche Worte hat er auch hier ge- sprochen! Wie hat er aufgerüttelt und geweckt! Wie hat er die Bürger einer zukünftigen Zeit zu erziehen versucht! Aber seine leidenschaftliche Natur hat sich wohl manchmal in den Mitteln ver- griffen, und sein Wort prallte öfters an der harten Wirklichkeit der Dinge ab. Wie sehr er darunter gelitten, das wissen nur seine vertrauten Freunde. Aber das Leiden lag noch tiefer. Es war die Un- ruhe und der Schmerz des Genius, der unter dem Widerspruch von Ideal und Wirklichkeit sich ver- zehrt, und der unter dem Druck der Kontraste seiner eigenen Natur steht. Hier eine feurige Leiden- schaftlichkeit, die jede Nuance überspringt und nur helles Licht oder tiefen Schatten zu sehen vermag, und dort eine unvergleichliche, durch strenge Selbst-

    zucht erzogene, ruhige Intelligenz. Hier die Flamme

  • - 13 - jugendlich drängender Ungeduld, und dort eine zäh und stetig schaffende, jede Schwierigkeit mit Weisheit und Geduld bezwingende Kraft. Hier das herbe Wort und das hart hervorgestoßene Urteil,

    und dort das tiefste Bedürfnis nach Frieden, gepaart mit warmherziger und weitherziger Toleranz, für

    alles Menschliche aufgeschlossen. Das aber darf ich sagen - je genauer man ihn

    kannte, um so sicherer traten die edelsten Züge dieser großen und reichen Natur hervor, und auch manches von dem, was uns heute noch, als herbe Frucht erscheint, wird einst reif und erquickend werden. Lag doch - das ist uns die Gewähr - im Grunde seiner Seele der lauterste Wahrheitssinn, der Abscheu vor allem Hohlen und Unreinen, und

    - ein Bedürfnis nach Liebe und Freundschaft, wie ich es so tief, so weich und so stark niemals ge- schaut habe. Die unter dieser warmen Sonne ge- standen haben, wissen es, mit welcher Kraft und mit welchem Zartsinn er ein Freund war. Hier erst war dieser lebendigste Geist ganz er selbst. Dieser Verkehr von Herz zu Herz und von Mund zu Mund, er war das Element seines Lebens. Die Treue der Freundschaft, sie war das Herrlichste an ihm. Liebe und unauslöschlichen Dank hat er geerntet. Und darf ich das Letzte, Verborgenste sagen: Nie hat er groß von sich gedacht. Hoch standen seine Auf-

    gaben über ihm; er hat sich selbst nie genug ge- tan; er glaubte nicht einmal an wirkliche Früchte, die er geschaffen. Aber gerade in dieser Gesinnung

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    " erfüllt sich das Wort: Ich habe euch gesetzt, daß

    ihr hingeht und Frucht : bringt und eure Frucht bleibe.

    Es kamen . die . letzten Wochen und Tage. Rast- los arbeitete er noch, soweit das dunkler werdende Auge und der müde Körper es erlaubten. Er, hatte das Gefühl, daß der Tag sich neige, und er wünschte nicht länger zu" leben.

    Das Haupt, die Fuß' und Hände Sind froh, daß nun zum Ende Die Arbeit kommen sei.

    Das alte Kirchenlied: �0 Ewigkeit, dui Donner-

    wort", -zog, wie ich' weiß, durch seine Seele. Er

    war bereit. 'Ruhig war sein Tod. Mit sanfter Hand

    und still hat' ihn Gott der Herr aus dem Leben ge- nommen. Er ist ein Gott der Lebendigen und nicht der. Toten, und wir wissen es, daß die .

    Toten vor ihm leben. Wir vertrauen seiner Weisheit, die höher ist als unsre Vernunft, und seiner Güte, die unaus- sprechlich ist. Von diesem Sarge, der unter dem Kreuze Jesu Christi. steht, blicken wir auf uns, und bitten Gott, daß Er unsre Arbeit als die der Nach- fahren : segnen möge. Der Herr unser Gott sei uns freundlich und fördre das Werk unsrer Hände, ja das Werk unsrer Hände wolle er fördern. Amen.

    Druck von W. Drugulin in Leipzig.