Tichys Totale – Wohin treibt Europa

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Roland Tichys Totale Wohin treibt Europa? Quell Edition

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In seinen wöchentlichen Kolumnen wirft der Chefredakteur der WirtschaftsWoche regelmäßig ein Schlaglicht auf die aktuellen Ereignisse in Politik und Wirtschaft. Die Kolumnen reflektieren die deutsch-europäische Identitätssuche sowie die konfliktreiche Diskussion um Europas Zukunft. 120 Seiten, Hardcover

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Page 1: Tichys Totale – Wohin treibt Europa

RolandTichys Totale

Wohin treibt Europa?

ISBN 978-3-9812667-3-3

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In seinen wöchentlichen Kolumnen wirft der Chefredakteur der WirtschaftsWoche regelmäßig ein Schlaglicht auf die aktuellen Ereignisse in Politik und Wirtschaft. Roland Tichys Analysen sind pointiert, messerscharf, teilweise provokant und vor allem: immer lesenswert. Denn sie treffen eine Wahrheit, die über den Tag hinaus reicht. Der erste Band von Tichys Totale lässt die Finanzkrise mit ihren Ursachen und Folgen Revue passieren. Die Kolumnen des neuen Buches reflektieren die deutsch-europäische Identitätssuche sowie die konfliktreiche Diskussion um Europas Zukunft.

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Roland

Tichys Totale

Wohin treibt Europa?

Quell Verlag GmbH

Page 4: Tichys Totale – Wohin treibt Europa

Impressum

1. Auflage 2010

© 2010 Quell Verlag GmbH,

Saalgasse 12, 60311 Frankfurt, T 069 21 99 49 40, F 069 21 99 49 42, www.quell-online.de, [email protected]

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Lektorat: Regina Eisele

Gestaltung: Monika Frei-Herrmann, www.frei-herrmann.de

Autorenfoto: © Heike Rost

Druck und Bindung: Printfinder, www.printfinder.lv

Papier: Munken Print cream, FSC zertifiziert

ISBN 978-3-9812667-3-3

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Page 5: Tichys Totale – Wohin treibt Europa

�Inhalt

Vorwort

Geliebtes, lästiges Europa 7

Blasenwirtschaft

99 Luftballons 11

Die Kunst der Blasen 14

Geld für Stromer 17

Viel heiße Luft 20

Vom Winde verweht 23

Am anderen Ende der Wurst

Der Netto-Schock 27

Gut, dass wir darüber geredet haben 30

Die dummen Jungen und Mädchen 33

Neu in Brehms Tierleben 36

Wie aus Wasser Wein wird 39

Leben in der Nanny-Republik 42

„Früher war die Zukunft besser“

Letzte Gründerzeit 45

Aufbruch in blühende Landschaft 48

Wunder gibt es immer wieder 51

Kollateralschäden 54

Mogli kauft Gold 57

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Die Europäische UnSchuld

Die eiserne Kanzlerin 61

Vorbild ohne Zukunft 64

Kopf oder Zahl 67

„Willst du mit mir gehen?“ 70

Pleite, Pech und Portugal 73

Nach der EU ist vor der EU

Der Weuro 77

Von Grillen und Ameisen 80

Deutsche Blähungen 83

Biedermänner und Brandstifter 86

Der wahre Teuro 89

Patient Europa

Die bösartige Vier 93

Wiederbelebungsversuche 93

Sirtaki in Berlin 99

Retten wir die europäische Idee! 102

Epilog

Dauerbaustelle Europa 105

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�Vorwort

Geliebtes, lästiges Europa

Es ist schon seltsam: Da haben wir jahrelang über Euro-

pa gelästert, über die Bürokraten in Brüssel und ihre

Liebe zur Norm für Alles und Nichts bis hin zur (mittler-

weile nach jahrelangem Spott abgeschafften) Gurken-

Krümmung; über die Milliarden für Bauern, die dann

doch in Rumänien versickern; über diese Lästigkeits-

Union mit ihrem Vorschriftenwahn, die Wässrigkeit der

Weißwurst betreffend und die Abschaffung der Glühbir-

ne: Und plötzlich entdecken wir wieder unsere Liebe zu

Europa. Denn mittendrin im Jahre des Herrn 2010

drohte uns das vereinte Europa abhanden zu kommen.

Aus der Finanzkrise wurde eine Verschuldungskrise der

Staaten und aus der Verschuldungskrise Griechenlands,

Portugals, Spaniens und Irlands eine Europa-Krise.

Zunächst wurde monatelang über ein 20-Milliarden-

Hilfspaket für Griechenland gestritten, dann innerhalb

einer Nachtsitzung ein Rettungsschirm für den Euro in

Höhe von 750 Milliarden beschlossen; mit einem deut-

schen Anteil von fast 150 Milliarden. Es sind erneut

Summen, die sich jeder Vorstellung entziehen und die

vorerst auch nur als Bürgschaften im Raum stehen –

aber jeder weiß: Bürgschaften können in Anspruch

genommen werden. Aber es geht um mehr als Geld:

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Der Euro wurde eingeführt, um die europäische Eini-

gung zu vertiefen und letztlich unauflösbar zu machen.

Im Sommer 2010 stand der Ausschluss einzelner Mit-

glieder aus dem gemeinsamen Währungsraum und der

Austritt zur Debatte und die Frage, ob die Auflösung

des Euro quasi automatisch zu einem Ende auch der

politischen Union führen würde. Die von der Politik

behauptete Alternativlosigkeit ist letztlich nur ein Cock-

tail aus Einfallslosigkeit und Intransparenz über tat-

sächliche alternative Möglichkeiten des Handelns und

notwendiger Reformen.

Unverhüllt prallten unterschiedliche Vorstellungen

aufeinander – hier das stabilitäts- und wachstumsorien-

tierte nördliche Europa unter deutscher Führung und

eine Mittelmeerunion mit Frankreich als maßgeblichem

Partner, die wachsenden Ungleichgewichte und das

unterschiedliche Herangehen an Wirtschaft und Politik.

Es war ein Blick in den Abgrund der Unterschiedlichkeit:

während Deutschland die Rente mit 67 debattiert, pen-

sioniert Griechenland schon die rüstigen 50er; Staats-

verschuldung, Statistiken und Zahlen entpuppten sich

als Chimären; hier wie dort wird geschummelt und die

Statistik zum modernen Instrument der Zwecklüge.

Das Zerbrechen des Euros als Vorstufe eines Schei-

terns oder zumindest eines dramatischen Rückschlags

der europäischen Einigung waren realistische Szena-

rien. Das waren die Stunden, in denen viele die Liebe zu

diesem lästigen Europa und seinen schwadronierenden

Bürokraten entdeckten, uns die Selbstverständlichkeit

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�Vorwort

des freien Reisens wieder ins Bewusstsein rückte und

die blaue Fahne mit den Sternen erstmals als Symbol

gemeinsamer Identität wahrgenommen wurde. Der

Euro hat sich wieder stabilisiert, „die Märkte“, jenes

neue Subjekt das über unser Wohl und Wehe bestimmt,

reagierten beruhigt. In Griechenland wurde gelegent-

lich gestreikt und dazwischen gespart, und Europa stol-

pert weiter, aber immerhin vorwärts. Aber klar ist auch:

Die Fragilität Europas wurde offenkundig, die Macht

der Nationalstaaten oder wenigstens der großen Player,

und die damit korrespondierende Ohnmacht der

gemeinsamen Institutionen wurde sichtbar, der papie-

rene Charakter scheinbar ewig gültiger Verträge deut-

lich. Mit den Phantastilliarden des europäischen Ret-

tungsschirms wurde nur Zeit gekauft, in deren zukünf-

tigen Verlauf die inneren Verwerfungen der auseinan-

der trifftenden Wirtschaften zu bearbeiten ist.

Die Krise Europas wurde nur vertagt, das Europa

nach der Krise ist ein anderes als vorher. In diesem

Band sind die Entwicklungen, die Bruchlinien und die

Kontroversen zusammengetragen, die Wirtschaft und

Politik in den kommenden Jahren bestimmen werden.

Es ist auch ein Kompendium der Handlungsnotwendig-

keiten und des sich veränderten Bewusstseins.

Roland Tichy

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11Blasenwirtschaft

99 LuftballonsNichts bleibt wie es war

Die Wirtschaft wächst wieder. Aber aus dem Keller fährt

kein globaler Aufzug ans Licht. Der Export – vor allem

der deutsche – ist die Wachstumslokomotive. Aber die

Lok ist zu schwach, um ganz Europa mitzuziehen. Wirt-

schaft ist eben kein Luftballon, der schrumpft, wenn die

Luft abgelassen wird und sich danach wieder zu alter

Form aufbläht. Jede Krise hinterlässt Sieger, Verlierer

und völlig neue Spieler, der Luftballon verändert seine

Form und bekommt Beulen und Berge.

Größer werden die asiatischen Teile der Wirtschafts-

karte, vor allem Indien und China. Sie wurden von der

Krise weniger stark getroffen und erholen sich schnel-

ler. In Europa und den USA, unseren größten Handels-

partnern, fehlt dieser Schwung – weil wir fast doppelt

so viel in die Niederlande exportieren wie nach China,

bleibt Europa der Schrumpfwelt verhaftet. Die wirt-

schaftliche Kraft der „emerging countries“ verändert

auch die weltpolitischen Gremien. Die Frage ist ent-

schieden, ob globale Wirtschaftsthemen wie bisher zwi-

schen den alten acht Wirtschaftsmächten geregelt wer-

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den können – in der Krise hat sich der Kreis wie selbst-

verständlich auf 20 erhöht. Fast kindlich klingt das

Gerede vom „Globalisierungsgegner“. Spätestens die

Klimadebatte zeigt, dass sich niemand der Globalisie-

rung entziehen kann, indem er die Tür zum Kinderzim-

mer schließt.

Die säkulare Verschiebung der Nachfrage hin zu den

hungrigen Märkten und das Auftrumpfen neuer Indus-

triegiganten aus Fernost verschärft den Wettbewerb. Es

sind auch andere Produkte, die von vier Milliarden kon-

sumfreudiger Menschen dort nachgefragt werden. Sie

sind es, die die neuen Standards des Begehrenswerten

setzen – sie koppeln sich ab von den Trends, die bislang

in New York, Paris oder London kreiert und weltweit

nachgelebt wurden.

Und weil Rohstoff- und Energiepreise sich über Nacht

irrsinnig verteuern und morgen wieder verbilligen, mal

in Griechenland und mal in Dubai Blasen platzen und

Kreditpyramiden zusammenbrechen, wird das Wirt-

schaftsgeschehen noch unberechenbarer, überra-

schender und unkalkulierbarer. Quartalszahlen galten

lange als Beleg für Kurzfristdenken – tatsächlich stehen

heute Jahresplanungen für eine überholte Opa-Ökono-

mie in der Beschleunigungsfalle.

„Überraschung als Norm“ heißt die Maxime der Tech-

no-Wirtschaft. So ist aus den Trümmern der New Econo-

my Google als monströses Superhirn der Infowirtschaft

erwachsen. Soll sich niemand aus der deutschen Auto-

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13Blasenwirtschaft

industrie überrascht zeigen, wenn demnächst erste

Serien-Elektroautos durchs Schwabenland surren und

eherne Überzeugungen und Geschäftsmodelle umstül-

pen. Der Wandel beginnt erst und wird immer neue

Bereiche erfassen.

Und was bleibt dauerhaft? Nachhaltigkeit als Wert,

als Maßstab für Erfolg wird von Vordenkern seit 20 Jah-

ren beschrieben und jetzt breitenwirksam. Wer dies als

Worthülse abtut, wird unter dem Druck von drei Seiten

zerbrechen – Druck von Seiten der Gesetzgebung, mehr

noch von Konsumenten und besonders schmerzhaft:

von den Kapitalgebern, die beginnen, Nachhaltigkeit

als Maßstab zu setzen. Der Aufstieg aus dem Tal ist ein

immer spannendes Unterfangen.

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Roland Tichy studierte in München und New Orleans

Volkswirtschaft, Politik und Kommunikationswissen-

schaften. Nach zwei Jahren im Planungsstab des Bun-

deskanzleramts wechselte er als Bonner Korrespondent

zur WirtschaftsWoche. Nach der Wiedervereinigung war

er als Stellvertreter des Rundfunkbeauftragten der Neu-

en Länder für die Neugestaltung der elektronischen

Medienlandschaft in den Neuen Ländern mitverant-

wortlich.

Er arbeitete für namhafte deutsche Wirtschaftsmaga-

zine und als Medienberater für große Unternehmen.

Für das Handelsblatt leitete er das Berlin Büro. Seit

2006 ist er Chefredakteur der Wirtschafts-Woche. Vielen

Lesern ist er bekannt durch seine Kolumne Tichys Tota-

le, für die er 2008 mit dem Ludwig-Erhard-Preis für Wirt-

schaftspublizistik ausgezeichnet wurde. Seine Kolum-

nen hat er 2009 erstmals in Buchform veröffentlicht.

Weitere Bücher schrieb Roland Tichy zum Thema Ein-

wanderung und Bevölkerungsentwicklung, u.a. „Aus-

länder rein“ und „Die Pyramide steht Kopf“ (zusammen

mit Andrea Tichy).