|transkript 07/2011 - Spezial "Industrielle Zelltechnik"

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Industrielle Zelltechnik Juli 2011

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Das Life Sciences-Magazin |transkript berichtet monatlich aktuell über die Bio-Economy in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Informationen aus Wirtschaft, Forschung und Politik - angereichert durch Fachbeiträge aus Finanzwelt, Wissenschaft und Gesellschaft – geben Ihnen einen Überblick über neue Trends und aktuelles Geschehen in der Biotechnologie.

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Industrielle Zelltechnik

J u l i 20 11

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Industrielle Zelltechnik

BIOLOGISCHE PRODUKTIONSSYSTEME

Zukunft Zelle Am 2. September findet in Lübeck der 2. Kongress Industrielle Zelltechnik statt. Unter wissenschaftli-

cher Leitung der Fraunhofer-Einrichtung für Marine Biotechnologie (EMB) werden die Vertreter unter-

schiedlichster Fachdisziplinen zusammengeführt. Von Joachim Welding und Dr. Jörn Radtke

stellen. In diesem Jahr werden auf dem Kon-gress bereits mehr als 200 Experten erwartet, die sich hier über die neuesten Entwicklun-gen und Forschungserfolge informieren und austauschen werden (siehe Infokasten). Auch das EMB hat Forschungserfolge vorzuweisen. Kommt doch den Lübeckern bei der Entwick-lung der Industriellen Biotechnologie eine zentrale Bedeutung zu. Am EMB entwickeln die Wissenschaftler in diversen Projekten die Grundlagen für eine anwendungsorientier-te Industrielle Zelltechnik. Mit dem „Zelltra-cking“ steht beispielsweise ein Verfahren im Fokus der Arbeitsgruppe unter Leitung von Daniel Rapoport, das die technischen Vor-aussetzungen für einen industriellen Einsatz schafft. Mit diesem Verfahren lässt sich das Wachstumsverhalten von Zellpopulationen im Labor mit bisher unerreichter Präzision doku-mentieren. Ein automatisiertes Mikroskop fo-tografiert den Teilungsprozess, so dass sich ganze Teilungsstammbäume der Zellen erstel-len lassen – in Echtzeit und ohne die Zellkul-tur zu beschädigen. „Mit der neuen Methode können wir erstmals die eindeutige Identifi-kation und Qualitätskontrolle von Zellpopu-lationen sicherstellen“, ordnet Rapoport die Bedeutung des Projektes ein, das in Koope-ration mit Thomas Martinetz vom Institut für Neuro- und Bioinformatik in Lübeck läuft. So

vielfältig wie die Industrielle Zelltechnik selbst ist auch das Spektrum der Arbeiten am EMB: Ganz neue Wege gehen die Forscher bei der Entwicklung neuer Bioreaktor-Konzepte.

„Völlig neue Möglichkeiten“

„Das zentrale Problem beim Vermehren ad-härenter Zellen – also solcher Zellen, die sich an feste Oberflächen binden – besteht in der steten Vergrößerung der Wachstumsoberflä-che, auf der sich die Zellen vermehren sollen“, erklärt EMB-Leiter Kruse. Um dies zu ermög-lichen, entwickeln die Lübecker sowohl neue Trägersubstanzen, auf denen die Zellen wach-sen, als auch neue Technologien zur Handha-bung dieser Trägerstrukturen.„Die Lösung dieses Problems würde der Zell-

technologie völlig neue Möglichkeiten eröff-nen, die von der Produktion von Biomolekülen über die Prothetik bis hin zur hochwertigen Biomasseproduktion reichen“, betont Kruse. Bereits zum Patent angemeldet hat das EMB einen Zellinkubator für den Transport leben-der Zellen. Bisher werden die Zellkulturen im eingefrorenen Zustand an wissenschaftliche Einrichtungen, Industrie partner oder Kunden versandt – mit dem Nachteil, dass Zellen beim erneuten Auftauen absterben können, er-

Biologische Zellen finden immer öfter eine in-dustrielle Anwendung. In Lübeck hat man sich daher der Weiterentwicklung der Industriel-len Zelltechnik verschrieben. Denn oft schei-tern die vielversprechendsten Projekte an simplen Dingen wie etwa dem Transport der sensiblen biologischen Arbeitstiere. „Es sind viel mehr Dinge denkbar als sich heute um-setzen lassen“, sagt Charli Kruse, Leiter der Fraunhofer-Einrichtung für Marine Biotechno-logie (EMB) in Lübeck fast ein wenig frustriert. Um neue Lösungen für altbekannte Probleme zu finden, hat sich das EMB als wissenschaft-licher Berater mit der norddeutschen Netz-werkagentur Norgenta und der IHK Lübeck zusammengetan. Am 2. September findet be-reits der 2. Kongress zur Industriellen Zelltech-nik statt.

Anwendungsorientiertes Netzwerk

„Schon unsere erste Veranstaltung 2010 hat gezeigt, wie groß das Interesse bei For-schung und Industrie an der Industriellen Zell-technik ist“, berichtet Kruse. 120 Teilnehmer aus ganz Deutschland waren in die Lübecker Musik- und Kongresshalle gekommen. Aus-steller von Unternehmen nutzten die Präsenz des Fachpublikums, um ihre Produkte vorzu-

Zelluläre Systeme etablieren sich in immer mehr Industriebereichen – in Lübeck nimmt man sich der Sache mit einem Kongress an.

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neut kultiviert und für ein bis zwei Wochen an-wachsen müssen, bevor sie für Experimente zur Verfügung stehen. Weil normale Inkubato-ren für die Zellkultur mit Kubikmeter-Ausma-ßen sperrig und schwer sind, haben die EMB-Techniker eine Zelltransportbox konstruiert. Sie ist nicht nur klein und leicht, sie garan-tiert zudem die Standardkulturbedingungen von 37 Grad Celsius und fünf Prozent CO2 über 48 Stunden. Darüber hinaus liefert die Fraunhofer-Einrichtung wichtige Forschungs-ergebnisse für die zukünftige medizinische Anwendung. So hat die Arbeitsgruppe „Zell-differenzierung“ unter der Leitung von Sandra Danner gemeinsam mit Forschern der Lübe-cker Uniklinik Stammzellen aus Schweißdrü-sen gewonnen. Diese werden eingesetzt, um Verletzungen und Entzündungen der Haut zu heilen. Erste Ergebnisse zeigen einen deut-lich beschleunigten Heilungsverlauf. Später sollen Patienten mit Verbrennungen oder an-deren schweren Hautverletzungen von diesen Erkenntnissen profitieren: Um ihre Stammzel-len zu gewinnen, reicht eine Biopsie der Ach-selhaut.

Klassische Querschnittstechnologie

Es zeigt sich, dass sich die Methoden und Technologien rund um die Gewebe- und Zell-kultur immer mehr als klassische Querschnitt-technologien erweisen. Sie lassen sich in den unterschiedlichsten Disziplinen einsetzen – in der regenerativen Medizin und der Arzneimit-telforschung ebenso wie in der Kosmetikin-dustrie und der Lebensmittelbranche. Sie ste-hen für eine Industrielle Zelltechnik. Um diese

noch junge Disziplin weiterzuentwickeln, wird in diesem Jahr der Interessenverband „Indus-trielle Zelltechnik“ unter Federführung der Norgenta und des EMB gegründet. In diesem auf Wachstum ausgelegten „Zell-Verband“ schließen sich Forschungseinrichtungen und Unternehmen zu einem Netzwerk zusammen, unter anderem um den fachlichen Austausch und die Forschungsförderung in der Industri-ellen Zelltechnik voranzutreiben.

Interdisziplinärer Ansatz ...

Koordiniert wird der Verband vom Norgenta-Büro an der Fraunhofer-Einrichtung in Lübeck.

„Wir haben uns zum Ziel gesetzt, sehr unter-schiedliche Fachbereiche zusammenzuführen,

Die Fraunhofer EMB in LübeckDie 2008 in Lübeck gegründete Fraunhofer-Einrichtung für Marine Biotechnologie (EMB) gehört dem Life Sciences-Verbund der Fraunhofer-Gesellschaft an und konzentriert sich auf die Entwicklung der Bereiche Zelltechnologie, aquatische Biotechnologie und zellbasierte Medizintechnik. Die EMB etabliert sich als Partner der Wirtschaft und der Medizin in den Feldern: Regenerative Medizin, Entwicklung neuer Kultursysteme für Zellen höherer Orga-nismen, Nutzung zellulärer Eigenschaften für medizinische, industrielle und landwirtschaftli-che Anwendungen, Entwicklung neuartiger Testsysteme für pharmazeutische, kosmetische und Umweltparameter, die Entwicklung bildgebender Verfahren und die Etablierung von Aquakulturverfahren und Gewässerüberprüfung. Die Forschung basiert auf der Kompe-tenz in der Isolierung, Vermehrung und Nutzung von Zellen – meist Stammzellen aus allen Wirbeltieren bis hin zum Menschen. Die EMB hat mit anderen Kooperationspartnern, darunter dem Tierpark Hagenbeck Hamburg sowie den Zoos in Neunkirchen und Rostock, die Deutsche Zellbank für Wildtiere »Alfred Brehm«, kurz »CRYOBREHM«, gegründet. Die Einrichtung präpariert von unterschiedlichsten Tierarten stabile Zellkulturen, die in einer Sammlung abgelegt und so für die nächsten Generationen bewahrt werden.

die mit der Industriellen Zelltechnik in Berüh-rung kommen“, beschreibt Anja Rasch, Pro-jektkoordinatorin des Verbands, die Idee des Zusammenschlusses. „Ingenieur- und Materi-alwissenschaften liefern grundlegende Analy-se-Technologien sowie innovative Materialien, von denen unterschiedlichste Anwender pro-fitieren“, so Rasch weiter. Vor allem die Me-dizintechnik, die biomedizinische Forschung, die Lebensmitteltechnologie und die Mari-ne Biotechnologie wollen die Ergebnisse in der Praxis nutzen. Dementsprechend werden auch sie auf dem 2. Kongress Industrielle Zell-technik in Lübeck vertreten sein.

... für Mitarbeiter aus F&E

Die Tagung richtet sich hauptsächlich an Mit-arbeiter aus Forschung und Entwicklung in Unternehmen, aber auch an Wissenschaft-ler und Vertriebsmitarbeiter aus der Industrie. Die Schirmherrschaft hat Jost de Jager, Minis-ter für Wirtschaft, Wissenschaft und Verkehr Schleswig-Holstein, übernommen. Drei The-menblöcke stehen im Mittelpunkt: Technolo-gie-Entwicklung rund um die Zelle, Industri-elle Anwendung von Zellen und Zellbasierte Diagnose und Therapie. Zu den Referenten gehören Prof. Carsten Clausen (European ScreeningPort), Dr. Hubert Bauch (Carl Zeiss MicroImaging), Dr. Daniel Rapoport (Fraun-hofer-EMB), Dr. Oliver Klotzsche (Cell Culture Service), Dr. Marina Gebert (Fraunhofer-EMB), Dr. Thomas Kolzau (Stellacure), Dr. Winfried Stöcker (Euroimmun) und Professor Hans-Günther Machens (TU München). Zwischen den Themenblöcken werden moderierte Dis-kussionsforen angeboten. Hier können Unter-nehmen ihre Produkte anbieten und mit dem Fachpublikum ins Gespräch kommen. Weite-re Informationen, den genauen Programmab-lauf sowie Anmeldung im Internet: www.zell-technik-kongress.de.

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BIOBANKEN

Biomarker-Begeisterung treibt Biobanking an Noch sind die meisten Sammlungen von Geweben und Zellen mit entsprechenden klinischen Daten im

akademischen Bereich verankert. Doch verbunden mit der Zukunftshoffnung einer besseren Patienten-

stratifizierung mittels Biomarkern wächst das ökonomische Interesse an den Biobanken.

Kryotechnologie-Firmen wie das Spin-off des Potsdamer Fraunhofer-IBMT BioKryo GmbH oder Sysmex Bioscience sowie Anbieter von Pharma und Biobanking-Dienstleistungen wie die Berliner in.vent Diagnostica GmbH oder die Hamburger Indivumed GmbH spü-ren bereits Wachstumsimpulse.

Zielmarkt: Personalisierte Medizin

„Die standardisierte Identifizierung und Vali-dierung krankheitsrelevanter und insbesonde-re therapierelevanter Biomarker wie etwa prä-diktive Biomarker oder Stratifizierungsmarker ist derzeit eindeutig der Wachstumsmotor für das Biobanking“, so Dr. Heinz Joachim List, VP Business Development der Indivumed GmbH in Hamburg, gegenüber |transkript. Zwar

gibt es derzeit nur etwa zwei Dutzend Firmen, die im Kern Gewebe oder biobankgestützte Dienstleistungen für Arzneimittelentwickler an-bieten wie etwa die börsennotierte US-Firma Asterand plc oder sogenannte Tissue Broker. Doch ihre Umsätze von etwa 100 Mio. US-$ pro Jahr könnten rasch hochschnellen. „Die Nachfrage aus der Pharmaindustrie nach Bio-bank-Expertise groß“, sagt List.

Allein die Marktprognosen für Krebsbio-marker und daraus entwickelte Companion Diagnostics erscheinen beeindruckend. Laut DATAMONITOR sollen die Umsätze mit mole-kularen Krebsdiagnostika bis 2015 von aktu-ell gut 350 Mio. US-$ auf rund 950 Mio. US-$ wachsen. Doch braucht die Biomarker- und Targetidentifizierung geeignete Patienten-proben.

Die vor neun Jahren vom Chirurgen Prof. Dr. Hartmut Juhl gegründete Indivumed hat den Trend früh erkannt. In Kooperation mit Klini-ken bauen Juhls Mitarbeiter eine breit nutzba-re, hochqualitative Biobank auf, die hinsichtlich der klinischen Daten und Probenbehandlung selbst höchsten Ansprüchen von Pharmapart-nern genügt. Indivumeds ISO-zertifizierte Bio-bank, die derzeit je 300 Datensätze von rund 14.000 Krebspatienten enthält, sowie die en-ge Kooperation der Firma mit Kliniken in Ham-burg und Washington bilden die Basis für ge-meinsame Projekte mit Pharmaunternehmen, die auf die Entwicklung personalisierter Krebs-wirkstoffe, die Targetvalidierung etc. abzielen.

Marktchancen durch den Trend zur Biomar-kerentwicklung sieht Christiane Ewel, Mar-ketingchefin der Berliner in.vent Diagnostica GmbH vor allem im zeitnahen Aufbau vollstän-dig standardisierter und dokumentierter Bio-banken mittels Enhanced Biobanking® sowie dem „indikations-, parameter- und therapiebe-zogenen Screening nach Biomarkern“ für Phar-mapartner. „Neben einem ISO-zertifizierten, voll dokumentierten und standardisierten Bio-banking bieten wir Firmen etwas, das für die spätere IP-Generierung und Biomarkerkom-

Biomaterialbanken sind bislang selten kom-merziell. Einzig Eigen- und Fremdblutbanken erzielen derzeit signifikante Jahresumsätze mit Blut- und Plasmaprodukten von rund 500 bis 700 Mio. US-$. Doch das könnte sich bald ändern. Denn neben dem „jährlich um 10% wachsenden Markt“ für die private Einlage-rung von autologem Nabelschnurblut, den vita34-Geschäftsführer Dr. Eberhard Lam-peter „auf 24 Mio. Euro allein in Deutsch-land“ beziffert, lässt insbesondere die Bio-markersuche neue Marktchancen rund um die Sammlungen von Geweben, Körperflüs-sigkeiten und damit verbundenen klinischen Daten entstehen. Von der Begeisterung rund um die „personalisierte Medizin“ könnten insbesondere auf die Probenstabilisierung und Biomarkeridentifizierung spezialisierte Laboranbieter wie Qiagen profitieren. Auch

Kalter Schatz: Bei -42° C lagern gut 3 Millionen Blutrückstellproben beim Bayerischen Roten Kreuz.

© Bayerisches Rotes Kreuz

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merzialisierung ganz essentiell ist: klare Eigentumsverhältnisse.“ Diese sind bei den vielen, mit öffentlichen Mitteln geförderten Biobanken oft völlig unklar. „Unklare IP-Verhältnisse hinsichtlich der Probennutzung las-sen viele Unternehmen vor Biomarker-Entwicklungsartnerschaften zu-rückschrecken“, bestätigt auch List.

Großforschungsprojekte befeuern Labormarkt

Gleichwohl fördern die Bundesregierung und die Europäische Kommissi-on im großen Stil die virtuelle Vernetzung akademischer Biobanken. Ziel dabei: Probenzahlen zu erzielen, die statistisch signifikante Biomarker-analysen ermöglichen. Zirka 17 Mio. Euro steckt das Bundesforschungs-ministerium in die Vernetzung und Standardisierung krankheitsorien-tierter Biobanken an fünf Modellstandorten (vgl. |transkript 5/2011), die als Ressource für die Biomarkersuche dienen sollen. Mündlich ist auch grünes Licht für die Nationale Kohorte gegeben, laut deren Koordinator Prof. Dr. Erich Wichmann ein 200 Mio. Euro-Projekt, in dem mit Hilfe von 200.000 freiwilligen Probanden kausale Biomarker für Volkskrankheiten aufgespürt werden sollen und das in das noch größere EU-Biobankpro-jekt BBMRI eingebunden ist. Zudem fördert sie innerhalb des Münchener Exzellenzclusters m4 die virtuelle Vernetzung der Münchener Biobanken, deren eine Million Proben die Basis für die Entwicklung kommerzieller Biomarker bilden sollen. Zudem werden unter dem Dach von Initiativen wie CRIP oder der TMF Biobank-Daten zusammengeführt und vernetzt.

Die Marktchancen solcher Großforschungsprojekte und Vernetzungs-ansätze haben Unternehmen wie die Hildener Qiagen früh erkannt. Ge-meinsam mit anderen Laboranbietern und BBMRI-Mitinitiator Kurt Zat-loukal, dem ehemaligen CEO der Grazer Oridis Biomarkers GmbH, entwickelt das umsatzstärkste deutsche Biotech-Unternehmen innerhalb des EU-Projektes SPIDIA derzeit neue Verfahren zur standardisierten Pro-benvorbereitung und Probenanalyse. Diese sind wichtig, denn die Vor-behandlung der in Biobanken gelagerten Zellen und Geweben bestimmt ganz maßgeblich ihre Eignung für die Biomarkerentwicklung. Schnell verändert sich etwa die Konzentration von RNA und anderer empfindli-cher Biomoleküle, abhängig davon, wie schnell die Zellen fixiert und wie sie gelagert werden.

Probenlagerung: FFPE versus Kryo-Technologie

Auch die Probenlagerung in Biobanken – oder Zellarchiven wie etwa dem Cryo-Brehm – ist ein vielversprechender Markt, wie Forscher am Fraunhofer-IBMT erkannt haben. Denn Untersuchungen der Forscher um Günter Fuhr und Heiko Zimmermann haben ergeben, dass die Pro-ben ihre Zusammensetzung verändern, wenn oberhalb von –78°C gela-gert. Das Instituts-Spin-off BioKryo GmbH bietet die volldokumentierte Kryolagerung von Probenmaterialien und elektronische Probenerken-nung für die Biomarkerentwicklung mittels der eigens entwickelten Per-ma Cryo-Technologie an. Die Diagnostik-Firma Sysmex hat in diesem Jahr sogar eine eigene Geschäftseinheit Sysmex Biosciences geschaf-fen, um den wachsenden Markt für Kryotechnologie zu bedienen. Denn längst ist klar, dass das Tieffrieren – obgleich teurer – eine bessere Pro-benintegrität gewährleistet als die an Universitätskliniken meist ge-nutzte Formalinfixierung von Gewebe mit anschließendem Paraffinein-schluss.

Schon lange auf Kryotechnologie setzt der in Deutschland größte Be-treiber kommerzieller Blut- und Plasmabanken, der jetzt auch in das Bio-bank- und Biomarkergeschäft einsteigt: das Rote Kreuz. Laut der Ge-schäftsführerin der „Biobank der Blutspender“ des Bayerischen Roten Kreuzes, Dr. Silke Martin, stehen rund 100.000 der über drei Millionen Plasma-Rückstellproben für die Biomarkerforschung mit akademischen und Pharmapartnern zur Verfügung.

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INTERVIEW

„Trend zu kleineren Volumen“Christel Fenge über neue Entwicklungen in der rekombinanten Säugerzellproduktion

transkriptWelche Entwicklung hat die Biopharma-Produktion, besonders die Fer men tation, in den vergangenen Jah ren beeinflusst?

FengeDie Einwegbioreaktoren waren meiner Ansicht nach die größte Veränderung in der Fer-mentationstechnik. Den Auftakt machten die ersten Wave-Schüttelreaktoren, auf die wenig später auch die ersten gerührten Bioreaktoren folgten. Diese neuen Bioreaktorsysteme hat unsere Art zu arbeiten wirklich revolutioniert. Mitte des vergangenen Jahrzehnts habe ich die Einwegfermenter während meiner Zeit bei AstraZeneca selbst dort etabliert. Wir waren unter starkem Zeitdruck und mussten sehr schnell Kapazitäten für die präklinische Produktion schaffen. Die Einwegreaktoren ließen sich am schnellsten etablieren und haben die wenigsten Ressourcen gebunden. So ist es noch heute. Die Systeme sind eine Antwort auf das Bedürfnis der Pharmaindustrie nach flexibleren und günstigen Produktionsbedingungen.

transkriptIst die Entwicklung jetzt abgeschlossen?

FengeAuf keinen Fall! Ich bin mir sicher, dass sich hier in den kommenden zehn Jahren noch einiges tun wird. Das Augenmerk von Sartorius Stedim Biotech liegt vor allem in der Verbesserung der Sensorik – also der Einweg-Messung von Sauerstoff, pH, Biomasse oder von wichtigen Nährstoffen oder Stoffwechselendprodukten. Diese Einweg-Sensoren gibt es schon auf dem Markt. Wir arbeiten jetzt daran, sie noch robuster und zuverlässiger zu machen, damit sie von einer breiten Anwenderschicht in der Industrie erfolgreich genutzt werden können. Denn nicht immer sind es die eigentlichen Experten für Prozesstechnik, die unsere Fermenter bedienen. Je breitere Anwendung diese Technik findet, desto robuster und leichter zu bedienen muss sie sein.

transkriptBisher galt, dass vor allem kleine Prozesse in Einmalreaktoren durchgeführt werden.

FengeDas ist aus historischer Sicht so sicher richtig, speziell wenn man an Schüttelflaschen oder Wave-Schüttelreaktoren denkt. Wir sind aber dabei, jetzt den nächsten Schritt zu größeren Volumina für die Pilot- oder sogar kommerzielle Produktion zu vollziehen. Gleichzeitig gibt es gibt eine große Nachfrage nach multiparallelen Minibioreaktoren, mit denen etwa im Medienscreening oder der Zelllinienentwicklung optimale Bedingungen ausgetestet werden können. Ein Beispiel dafür ist unser UniVessel SU mit einem Arbeitsvolumen von zwei Litern. Das ist ein System, das den großen gerührten Bioreaktoren nachempfunden und selbst auch regelbar ist. Es können zudem Überstände abgenommen und aufgereinigt werden, um sich ein Bild von der erzielbaren Produktqualität zu machen.

transkriptBei welchem Volumen endet denn der Einsatzbereich von Einwegreaktoren?

FengeVor allem im präklinischen Bereich und der Produktion für die frühe klinische Testung sind Einwegbioreaktoren bereits sehr stark etabliert. Es gibt aber immer mehr Firmen, die damit befasst sind, diese Reaktoren für die Phase III-Produktion einzusetzen. Auch die kommerzielle Produktion für den Markt wird für Disposables immer interessanter. Das kommt für Produkte in Frage, die in geringeren Dosen zum Einsatz kommen. Bei Antikörpern betreten wir ein anderes Spielfeld.

transkriptInwiefern?

FengeAntikörper werden in Gramm-Mengen gegeben, traditionell sind die Pro duktions vo-lumina hier also größer als etwa bei EPOs oder Vakzinen. In den vergangenen Jah ren haben sich aber hoch expri mierende Pro duktions-zelllinien und kon zentrierte Per fu sions pro-zesse etabliert, die eine Aus beute von fünf bis zehn Gramm Protein pro Liter ermöglichen. Bei diesen Pro dukt kon zentrationen wird

Dr. Christel Fenge ist seit rund einem Jahr als Vice President bei Sartorius Ste-dim Biotech für die Vermarktung von Fer-mentationstechnologien zuständig. Zu-vor war sie bei Recipharm, AstraZeneca, Pharmacia oder B. Braun in diesem Be-reich beschäftigt. Fenge promovierte in Biochemie an der Universität Hannover.

eine kommerzielle Produktion in 1.000 oder 2.000 Liter Einweg-Fer mentern interessant. Der große Vorteil für viele Unternehmen ist, dass sie so an verschiedenen Teilen der Welt für den jeweiligen Markt produzieren können. Der Trend geht ganz klar dahin, die Größe des Produktionsreaktors zu verringern.

transkriptTechnisch bringen diese Hochzelldichte-Prozesse jedoch neue Probleme mit sich.

FengeDas ist richtig, ein Problem ist etwa die Akkumulierung von Kohlendioxid, das von Zellen als Stoffwechselendprodukt erzeugt wird. Sartorius Stedim bietet hier Sparger an, die den Austrag des Koh len dioxids po-sitiv beeinflussen. Der Mikro sparger mit de fi nier ten 150µm Löchern erhöht den Sauer stoffeintrag bei gleichzeitig gutem Kohlen dioxidaustrag. Au ßerdem haben wir noch einen sogenannten Kombisparger im Pro gramm, der sowohl große Löcher für die schonende Begasung mit einem Trägergas auf weist, als auch kleine Löcher für den Ein-trag von Sauerstoff. Als bisher ein zige Firma haben wir zudem einen Einweg-Ab luft kühler im Programm, um bei den hohen Gas flüssen, die für Hoch zell dichte kulturen nötig sind, die Aerosol-Mengen kondensieren zu können.

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NIKON/HPI

Mikroskopie: Sturm auf die Auflösungsgrenzen Mit N-STORM rücken Licht- und Elektronenmikroskopie enger zusammen – das Mikroskop erlaubt neue,

spektakuläre Einblicke in feinste Zellstrukturen. Von Dr. Katrin Schmidt

mension möglich, allerdings wiederum nur von fluoreszenzmarkierten Strukturelemen-ten. Aber allein diese Auflösungsverbesse-rung generiert nach Einschätzung der Wissen-schaftler entscheidende Zusatzinformationen für viele Fragestellungen in der biomedizini-schen Forschung: „Es gibt zahlreiche konkre-te Anwendungsmöglichkeiten für N-STORM“, so Hohenberg. „Denkbar wäre unter ande-rem eine exaktere strukturelle Analyse der In-teraktion von HIV- und Influenza-Viren mit den zelleigenen Proteinen der infizierten Zellen, um so neue Therapieansätze zu entwickeln.“ Entwickelt wurde die wegweisende Technik an der Harvard Medical School von Xiaowei Zhuang, Nikon erwarb die Patentrechte. Das Akronym STORM steht für Stochastic Opti-cal Reconstruction Microscopy und gibt Aus-kunft über die grundlegende Funktionsweise dieses neuen Mikroskoptyps: „Einfach aus-gedrückt beruht das Prinzip auf dem An- und Ausschalten von leuchtenden Marker-Mole-külen“, erläutert Reimer. Während markier-te, leuchtende Strukturen unterhalb von 300 nm bislang zu einem nicht weiter zu differen-zierenden „diffusen Lichtnebel“ verschmol-zen, regt N-STORM nach einem Zufallsprinzip nacheinander nur einzelne Marker an, so dass

nicht mehr wie bisher alle gleichzeitig auf-leuchten. Das Mikroskop nimmt währenddes-sen in schneller Folge tausende von Einzelbil-dern auf, bestimmt aus der Gauß-Verteilung der Lichtsignale die genaue Position jedes einzelnen Markers und setzt anschließend ein hochauflösendes, dreidimensionales Gesamt-bild der markierten Struktur zusammen.

Dynamische Prozesse beobachten

„Das ist ein unglaublicher Fortschritt“, so Ho-henberg. „Im Elektronenmikroskop konnten mit ähnlicher Detailschärfe bisher nur dünne Schnitte von Zellen abgebildet werden. Mit STORM können wir nun in der Lichtmikrosko-pie ganze Zellverbände in zehnfach höherer Auflösung als bisher strukturell analysieren.“ Ziel ist es, zukünftig auch dynamische zelluläre Prozesse indirekt beobachten zu können. Da-zu sollen Präparationsmethoden, die am HPI in den letzten Jahren für die Elektronenmik-roskopie entwickelt wurden, auf die STORM-Technologie übertragen werden. „Das könn-te uns spektakuläre neue Einblicke im Bereich der Strukturbiologie und Virologie ermögli-chen“, so Hohenberg.

Licht- und Elektronenmikroskopie unterschei-den sich vor allem im Hinblick auf ihre Auflö-sungsgrenzen und damit auf die zu erzielende Darstellbarkeit von zellulären Strukturdetails.

„Die beiden Abbildungstechniken bilden klas-sischerweise zwei Lager, doch jetzt nähern sie sich einander an“, sagt Dr. Rudolph Reimer vom Heinrich-Pette-Institut (HPI) in Hamburg. An dem 2009 in Kooperation mit der Nikon GmbH gegründeten norddeutschen Imaging-Applikationszentrum am HPI soll das Mikro-skop N-STORM den ersehnten Brückenschlag zwischen Licht- und Elektronenmikroskopie ermöglichen und den Wissenschaftlern ein sehr viel realistischeres Bild der untersuchten zellulären Systeme liefern.

Details unterhalb 300 nm

„Moderne Lichtmikroskope bieten den im-mensen Vorteil, dass mit ihnen durch Fluo-reszenzmarker einzelne Zellelemente, wie et-wa Proteine, spezifisch sichtbar gemacht und mit Hilfe des Live Cell Imagings auch dynami-sche Verläufe und Wechselwirkungen inner-halb der Zelle dokumentiert werden können“, so Dr. Heinrich Hohenberg, Leiter der For-schungsgruppe „Elektronenmikroskopie und Mikrotechnologie“ am HPI. Nachteil sei je-doch, dass diese bislang bei der unteren Auf-lösungsgrenze nicht mit den Elektronenmik-roskopen mithalten konnten: Unterhalb von 300 nm konnten keine Details mehr darge-stellt werden. Zudem sind lediglich markier-te Strukturen sichtbar. Elektronenmikroskope hingegen haben nicht nur eine deutlich hö-here Auflösung, sondern liefern wertvolle In-formationen über die gesamten Strukturele-mente der analysierten Zellen – auch der nicht markierten.

N-STORM bedeutet nun einen Quanten-sprung in der Lichtmikroskopie, denn das Mi-kroskop erlaubt Auflösungen im Bereich von wenigen zehn Nanometern. Das Mikroskop macht damit erstmals eine Darstellung von Molekülinteraktionen in der Nanometerdi- Das N-STORM-Mikroskop beim Einsatz im Labor

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FORSCHER IM PROFIL

Der Leitungsbauer Der Mediziner Hans-Günther Machens hat einen Weg gefunden, mit körpereigenen Zellen die

Gefäßneubildung anzuregen. Von der Methode könnten eines Tages Tausende Patienten profitieren.

tiert. „Über einen Zeitraum von ungefähr einer Woche bilden die Zellen anschlie-ßend die Wachstumsfaktoren.“ Der Clou: Weil es sich nur um verhältnismäßig we-nige Zellen – nur einige Millionen – han-delt, sind sie wesentlich anspruchsloser als konventionelle Hauttransplantate. Da-durch könnten die Zellen auch in schlecht versorgten Gewebearealen wie beim dia-betischen Fuß wieder eingesetzt werden. Doch nicht nur Dia-betiker, auch ande-re Patienten könnten in Zukunft von dem neuen Verfahren profitieren. „Wir entwi-ckeln eine Plattformtechnologie. Welche Zellen entnommen werden, ist zunächst ei-gentlich egal“, so Machens. So interessiere sich unter anderem das Deutsche Herzzen-trum für eine Kooperation, um Möglichkei-ten der Infarkttherapie auszuloten.

Klinische Prüfung in zwei Jahren

Die nächsten Schritte sind klar: „Wir möch-ten mit Unterstützung des Forschungsminis-teriums in den nächsten Jahren die abschlie-ßenden Versuche unter GMP-Bedingungen durchführen. In zwei bis drei Jahren könn-ten wir dann klinisches Prüfmaterial herstel-len“, so der Klinikdirektor. Ein ehrgeiziger Zeitplan. „Ich neige dazu, mein Leben voll-zupacken“, räumt auch Machens ein und ver-rät auch gleich den Grund, warum der Plan doch aufgehen könnte: „Mein Frau unter-

„Eigentlich hat alles vor 14 Jahren begon-nen“, erinnert sich Hans-Günther Machens. Damals, 1997, ging der angehende Fach-arzt für Plastische Chirurgie für einige Mo-nate in die USA. Am gemeinsamen Verbren-nungszentrum von Massachusetts General Hospital und der Harvard Medical School forschte er an Möglichkeiten, wie sich Zel-len so verändern lassen, dass sie die Gefäß-neubildung anregen. Diese Fragestellung sollte ihn in Zukunft nicht mehr loslassen. Was im Bereich der Grundlagenforschung mit Experimenten zur retroviralen Transfek-tion von Zellen begann, steht nun kurz vor der klinischen Erprobung. Das Konzept von Machens, inzwischen Direktor der Klinik und Poliklinik für Plastische Chirurgie und Hand-chirurgie im Klinikum rechts der Isar, klingt einleuchtend: Indem körpereigene Zellen dazu gebracht werden, vermehrt bestimmte Wachstumsfaktoren zu bilden, könnten sie die Neubildung von Gefäßen anregen.

Beinahe täglich sieht Machens im OP, wie sehr eine solche Therapieoption ihm die Arbeit erleichtern könnte. In seiner Abtei-lung werden immer wieder Patienten be-handelt, bei denen ein Körperteil aufgrund von Krankheit oder Verletzungen nicht aus-reichend durchblutet wird. „Gerade bei vie-len Diabetikern ist das ein großes Problem, das Diabetische-Fuß-Syndrom führt allein in Deutschland zu jährlich mehr als 20.000 Am-putationen“, so der Facharzt. Seine Therapie könnte diese Zahl in Zukunft sinken lassen.

Auf Plasmiden codierte Wachstumsfaktoren

Patienten würde in Zukunft ein Stück ei-gener Vollhaut entnommen, aus dem Bin-degewebszellen, Fibroblasten, isoliert werden. Diese werden im GMP-Labor ver-mehrt. Mit einem kleinen Stromstoß wird die Zellmembran anschließend kurzzeitig durchlässig gemacht. Durch die kleinen Poren wird Plasmid-DNA in die Zellen ein-geschleust. „Auf den Plasmiden sind zwei Wachstumsfaktoren codiert: bFGF und VEGF“, erklärt Machens. Die so veränder-ten Zellen werden dann zurücktransplan-

stützt mich maximal.“ Auch sie hat er im Ausland kennengelernt, 1987 in Chicago. Ih-ren Beruf als US-Anwältin gab die gebürti-ge Südkoreanerin schließlich auf, kümmer-te sich stattdessen um die beiden Kinder. Zeit mit der Familie ist für Machens wertvoll, aber selten. „Montags muss der Schreib-tisch blank sein“, verrät der Mikrochirurgie-Experte einen Teil des Dilemmas. Oft blei-be nur am Wochenende genügend Zeit, um den immer wieder anfallenden „Aktenkram“ aufzuarbeiten.

Dreiklang aus Operateur, Verwalter und Forscher Operateur, Verwalter und Forscher – Ma-chens ist mit diesem Dreiklang zufrie-den: „Reizvoll ist die Vielfältigkeit, da man viele Bälle gleichzeitig in der Luft hal-ten muss“. Vielfältigkeit ist auch eines der Themen, die Machens Privatleben prä-gen: „Ich mag es zu reisen, lerne ger-ne andere Kulturen kennen“. Vor allem nach China hat er gute Kontakte. Als Stu-dent ging es für drei Monate mit einem Sti-pendium nach Wuhan. Die Verbindung zur Tongji-Universität riss nie ab. „Heute, 25 Jahre später, bin ich an unserer Fakultät für die deutsch-chinesische Forschungskoope-rationen zuständig.“ Er selbst hat inzwischen vier Doktoranden aus Wuhan ausgebildet.

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Hans-Günther Machens wurde im Dezember 2007 zum Direk-tor der Klinik und Poliklinik für Plastische Chirurgie und Hand-chirurgie im Klinikum rechts der Isar berufen. Seine erste Auf-gabe bestand darin, zwei ehemals voneinander getrennte Arbeitsbereiche – die Abteilung für Handchirurgie sowie die Abteilung für Plastische und Wiederherstellungschirugie – zu einer eigenständigen Klinik aufzubauen. Neben der täglichen Arbeit im OP gehört die medizinische Forschung zu den Tätig-keitsschwerpunkten von Machens. Unter anderem untersucht er, wie sich körpereigene Zellen so programmieren lassen, dass sie die Neubildung von Gefäßen fördern. Die klinischen Ar-beitsschwerpunkte des Facharztes für Chirurgie und Plastische Chirurgie liegen im Be-reich Mikrochirurgie und Wundheilung. Seine Forschungsarbeiten konzentrieren sich auf Themen der Regenerativen Medizin und Mikrozirkulation. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Entwicklung innovativer zellbasierter regenerativer Therapien für die Klinik.

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Industrielle Zelltechnik

SCREENING PORT

Zellbasierte Technologien im HT-Screening Carsten Claussen, Geschäftsführer European ScreeningPort GmbH

Der Einsatz von Zellen als Werkzeug für die Wirkstoffsuche spielt in der Praxis beim Aufsetzen von entsprechenden Scree-ning-Kampagnen immer eine Rolle. Bemer-kenswert ist, dass dabei weniger über die Technologien als über die biologischen Aus-sagen des Einsatzes von Zellen bei Target-validierung und Hit-Findung nachgedacht wird. Den Forschern in den Screening-Ein-heiten stehen mittlerweile produktive, ver-lässliche und robuste Werkzeuge zur Ver-fügung. Getrieben sicherlich von stabilen Zelllinien, die unterstützt werden von inno-vativen und zumindest semiautomatisierten Zellkultursystemen, können sie heute rou-tinemäßig in Screening-Kampagnen einge-setzt werden.

Keine technischen Hindernisse, trotzdem kein Durchbruch

Die Belieferung mit gefrorenen Zellen hat Vorteile hinsichtlich Logistik und durchge-hender Qualitätsstandards, zumal kompe-tente Outsourcing-Partner zur Verfügung stehen. Auch Assay-Protokolle, Farbstof-fe und Antikörper stehen nicht zuletzt als

Katalogware zur Verfügung. Auch für die Detektion mit bildbasierten Methoden (HCS – High Content Screening, HCA – High Content Analysis) stehen Instrumen-te, Auswertealgorithmen und Analysewerk-zeuge zur Verfügung, die grundsätzlich den Durchsatzanforderungen für das Screening genügen.

Dem Einsatz von zellulären Assays für den Primärscreen steht also technologisch nichts im Wege. Aber von einem Durch-bruch des High Content-Screening kann man nicht sprechen, trotz hoher Investi-tionen der Screening-Zentren in ihre ent-sprechende Ausstattung. So wurde das Flaggschiff der HCS-Detektion für hohe Durchsätze, der Opera, über 100mal mit ei-nem durchschnittlichen Verkaufspreis von 600.000 Euro installiert. Betrachtet man die Screening-Zentren, die außerhalb der Pharmaindustrie als Core-Facilities, Pub-lic Private Partnerships oder spezialisierte Dienstleister aufgebaut wurden, um mit in-dustriellen Standards akademischen Einrich-tungen das „Hit-Finding“ entlang der Drug Discovery-Wertschöpfungskette anzubie-ten, so bieten die Mehrzahl von ihnen HCS/HCA an. Aufgrund ihrer strukturbedingten

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Carsten Claussen leitet den European ScreeningPort in Hamburg, der Service-leistungen für akademische Institute anbietet.

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Industrielle Zelltechnik

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Nähe zur Akademie und damit zum Labor des Wissenschaftlers und seiner Hypothese des Krankheitsmechanismus, die zumeist in zellu-lären Systemen oder Tiermodellen nachgewiesen wurden, ist es zu-mindest naheliegend, diese Erfahrungen in einen zellulären Primär-screen zu übertragen. Aktuelle Untersuchungen zeigen aber, dass solche Zentren – definiert mit eigenen Substanzbiliotheken mit mehr als 100.000 kleiner Moleküle – nur sehr wenige HCS-Primär-screens durchführen.

Hohe Komplexität

Die Antwort darauf ist naheliegend. Die Komplexität von Zellen ist um Dimensionen höher als in biochemischen Modellsystemen. Da-her sind beim plattenbasierten Screening biochemische Assays meist die Methode der Wahl. Für die meisten Target-Klassen ste-hen verschiedenste Assayformate, sowohl funktionale- als auch Bin-dungs-Assays, mit teilweise gebrauchsfertigen Anleitungen und Reagenzienkits zur Verfügung, die viele Optionen für die Anpas-sung auf die Aufgabenstellung zulassen. Die Targets werden in re-kombinanten Expressionssystemen hergestellt. Durch ein Panel von Kontroll-Experimenten soll abgesichert werden, dass die Mo-dulation des Targets beim Auftreten der Substanz nicht ursächlich durch den Herstellprozess beeinflusst ist. Dies gilt gleichermaßen für solche Targets, die naturgegeben Bestandteil einer Zellmemb-ran oder eines Zellsystems wie Transporter, Ionenkanäle oder Re-zeptoren sind.

Entfernt von physiologischen Bedingungen

Die gemessene Aktivität solcher in vitro-Assays ist weit entfernt von den realen physiologischen Bedingungen. Zelluläre Assays er-lauben ganz andere Auslesemethoden, die viel näher an den „na-türlichen Bedingungen“ sind und Aussagen beispielsweise über morphologische Veränderungen, innerzelluläre Identifikation und Verteilung von Proteinen erlauben. Auch der Einsatz von Primärzel-len, Stammzellen oder Modellzelllinien zum Beispiel aus menschli-chen Tumorgeweben (NCI-60) im Screening ist zunehmend zu er-kennen. Die Hits aus dem Primärscreen müssen immer mit weiteren Experimenten (Counter-&Confirmation-/ Selecitvity-/ Secondary-Assays) untersucht beziehungsweise bestätigt werden, um nicht zu-letzt Artefakte zu minimieren oder die Aktivität und das Profil der Substanz zu charakterisieren oder zu bestätigen. Für solche weite-ren Experimente sind zelluläre plattenbasierte HCS-Screens sehr gut geeignet und können die Datenbasis für die Entscheidung sub-stantiell erweitern, ob und welche Substanz aus der Hit-Liste weiter verfolgt wird.

Die Kombination macht‘s

Die Antwort auf die Frage, ob zellulärer oder biochemischer Screen lautet daher: beide sind sehr sinnvoll und zu kombinieren. In den oben angesprochenen Screening-Zentren werden vielfach bioche-mische Assays im Primärscreen von zellulären Screens in Bestäti-gungsscreens der ausgewählten Hit-Population durchgeführt. Der Erfolg einer Screeningkampagne hängt auch immer von der sich er-gänzenden Kombination verschiedenster Assayformate ab – neben dem Glück. Der Frage nach dem Beitrag von zellulären Technologi-en für erfolgreiche Drug Discovery-Programme muss man sich also stellen; aber ist das nicht eher eine Frage, die man allgemein an das Screening und nicht isoliert an zellbasierte Technologien stellen sollte?

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Industrielle Zelltechnik

INTERVIEW

„Bedarf an neuen Technologien“Charli Kruse über das neue, bundesweite Netzwerk für industrielle Zelltechnik und dessen Ziele

transkriptMit dem Netzwerk für industrielle Zelltechnik wurde im Norden ein neuer Verbund gegründet. Welche Rolle spielen Sie hier?

KruseMeine Rolle beziehungsweise die der Fraunhofer EMB und ihrer Abteilung zelluläre Biotechnologie in Lübeck ist die eines wissenschaftlichen Beraters. Wir bieten der Norgenta als Netzwerkagentur unsere Expertise beim Aufbau des Projektes an. Das Netzwerk ist vor allem anwendungs- und industrieorientiert. Das passt gut zur Ausrichtung des Fraunhofer-Institutes.

transkriptWas ist der Grund, gerade jetzt das Projekt zu starten?

KruseGerade in Norddeutschland gibt es viele Akteure, die tagtäglich mit zellulären Systemen arbeiten. Momentan ist es aber so, dass die heute möglichen Anwendungen den Ansprüchen immer noch hinterhinken. Der Bedarf an neuen Technologien ist immens – vor allem in Forschungseinrichtungen. Bisher bastelt jeder an eigenen, hausgemachten Lösungen, die gut, aber nur wenigen bekannt sind. Diese Eigenkonstruktionen sollen geteilt und anderen Interessenten zugänglich gemacht werden. Dadurch entstehen Synergien, die letztlich dazu führen, dass sich die Zelltechnik mit größerer Geschwindigkeit entwickelt als sie das sonst tun würde. Akademische Netzwerke in diesem Bereich haben gezeigt, dass das funktionieren kann. Das Netzwerk für industrielle Zelltechnik ist jetzt das erste anwendungsorientierte, industrielle Gegenstück.

transkriptWelche Projekte wollen Sie konkret angehen?

KruseDie thematische Breite innerhalb des Netzwerkes ist groß – von der regenerativen Medizin bis hin zur Gewinnung von

industriell nutzbaren Bioprodukten. Das ist zunächst so gewollt. In einer weiteren Phase müssen sich dann einzelne Gruppen thematisch zusammenfinden. Eines unserer Ziele ist etwa, Zellen unter natürlicheren Bedingungen wachsen zu lassen – also zum Beispiel in einer dreidimensionalen Kultur anstatt nur zweidimensional in einem Meer aus Medium. So könnte die Vorhersagekraft von Testergebnissen erhöht werden. Der Vorteil eines industriegetriebenen Netzwerkes ist, dass zum Beispiel Gerätehersteller über ihren Außendienst sehr effizient Bedürfnisse aufspüren können, für die dann im Netzwerk Lösungen gefunden werden können.

transkriptIm Gegensatz zu vielen regionalen Clustern ist das Netzwerk bundesweit aktiv...

KruseJa, das ist tatsächlich so. Wir wollten unsere Möglichkeiten durch eine regionale Fokussierung nicht unnötig beschneiden. Trotzdem soll die treibende Kraft hier aus dem Norden kommen.

transkriptWelche Projekte unterstützen Sie an der Fraunhofer EMB selbst?

KruseEines der Projekte, das wir hier schon länger verfolgen, ist eine Kryo-Zellbank für Wildtiere, die gerade in Kooperation mit dem Fraunhofer IBMT beziehungsweise dessen Biobank in Saarbrücken entsteht. Unsere Gewebe erhalten wir vor allem aus Tierparks, in denen sie etwa im Rahmen von Operationen anfallen. Für unsere Zellbank muss kein Wildtier extra beeinflusst werden. Wir isolieren daraus vermehrungsfähiges Zellmaterial und frieren die Proben dann ein. Der Aufbau der Zellbank ist ein generationenübergreifendes Projekt. Diese Zellbank ist ein gutes Beispiel dafür, dass Dinge, die zwar auf der Hand liegen, erst entstehen, wenn sich die richtigen Kompetenzen zusammenfinden – etwa in

Prof. Dr. Charli Kruse ist Biologe und lei-tete von Beginn an zuerst die Fraunhofer-IBMT-Arbeitsgruppe in Lübeck, aus der schließlich die neue Fraunhofer EMB in Lübeck hervorgegangen ist. Kruse ist Mit-glied der Technisch-Naturwissenschaft-lichen Fakultät sowie der Universität zu Lübeck. Er studierte Marine Ökologie und promovierte 1993 in Fischphysiologie. Im Jahr 2000 habilitierte er sich in dem Fach-gebiet Molekulare Biologie.

unserem Fall das Know-how im Kryobanking mit unserer Kenntnis der Zellisolation.

transkriptWelche Bereiche sind für Sie persönlich in der Zelltechnik am interessantesten?

KruseHier gibt es drei Dinge, die sich auch im Programm des Auftaktkongresses am 1. September wiederfinden. Das eine ist die Technologieentwicklung rund um die Zelle – also neue Geräte oder Verbrauchsmittel. Zweitens wird die industrielle Anwendung von Zellen diskutiert, wie sie etwa in der Produktion oder dem Wirkstoffscreening stattfindet. Drittens kommen Experten aus dem Bereich zellbasierte Diagnose und Therapie zu Wort. Hier reicht die Spanne von der plastischen Chirurgie über die serologische Diagnostik bis hin zur regenerativen Medizin. Wir sind sehr gespannt auf das Ergebnis.

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Industrielle Zelltechnik

Intro Wirtschaft Wissenschaft Politik Strukturen Spezial Verbände Service Extro

EUROIMMUN

Designer-Antigene im Einsatz Die Euroimmun AG in Lübeck entwickelt Designer-Antigene zum immundiagnostischen Einsatz. Sie

sollen eine neue Ära in der Diagnostik von Autoimmunerkrankungen einläuten. Von Dr. Katrin Schmidt

thogenese verschiedener Autoimmuner-krankungen auf der Agenda des Unterneh-mens. „Um Antikörper im Blut von Patienten nachzuweisen, setzt man als Substrate die entsprechenden Zielantigene ein. Designer-Antigene sind optimierte Formen natürlich vorkommender Antigene, die speziell für den Einsatz in medizinischen Testsystemen entwickelt wurden“, erläutert Dr. Christof Lehmann, Marketing-Direktor der Euroim-mun AG.

Bei den Designer-Antigenen werden bei-spielsweise mit Hilfe molekularbiologischer Verfahren die Bereiche der natürlichen An-tigene eliminiert, die im Testverfahren zu unspezifischen Reaktionen führen könnten (Kreuzreaktionen). „Alternativ kann man An-tikörper-Bindungsstellen aus verschiedenen Antigenen in einem kleinen Molekül kombi-nieren und so ein hocheffektives Testsub-strat schaffen“, führt Lehmann aus. Dank der neuen Designer-Antigene ist es möglich, ei-ne größere Zahl von Patienten zu erfassen und gleichzeitig falsch-positive Befunde zu vermeiden. „Ein gutes Beispiel dafür ist der Nachweis der Zöliakie, einer Gluten-Unver-träglichkeit, die mit Durchfall, Minderwuchs und vielen anderen Symptomen einherge-hen kann“, so Lehmann. „In den Testsyste-men wurde bis vor kurzem relativ unspezifi-sches Gliadin als Substrat verwendet – viele

gesunde Personen erhielten deshalb einen positiven Befund. Bei der Entwicklung des neuen Designer-Antigens GAF-3x, eines Gli-adin-analogen Fusionspeptids, wurden die Zöliakie-unspezifischen Bereiche des Glia-dins eliminiert und auf diese Weise die Spe-zifität des Nachweises erheblich gesteigert.“

Euroimmun gehört seit Jahren zu den in-ternational führenden Herstellern medizi-nischer Labordiagnostika und verfügt über modernste, teilweise weltweit patentierte Produktionsverfahren und Analysetechni-ken.

Eigenes Referenzlabor

Das Unternehmen entstand 1987 als Aus-gründung aus der Medizinischen Universität Lübeck und beschäftigt heute rund um den Globus mehr als 1.000 Mitarbeiter, davon allein 500 in Lübeck. Die Firma setzt jedoch nicht nur auf die Entwicklung und Bereit-stellung medizinischer Diagnostika, sondern auch auf deren praktische Anwendung in ei-nem eigenen Referenzlabor, das in der Au-toimmundiagnostik international Maßstäbe gesetzt hat und hohes Renommee genießt.

Optimierte Testverfahren

Die Arbeit nicht nur an, sondern vor allem auch mit den eigenen Produkten bedeutet für Euroimmun einen kontinuierlichen, über-proportional hohen Erkenntniszuwachs:

„Wir setzen die meisten der von uns entwi-ckelten Designer-Antigene in eigenen Test-systemen ein und tragen dadurch zu einer stetigen Steigerung der diagnostischen Qualität bei“, bestätigt Marketing-Direk-tor Lehmann. „Je genauer man die entspre-chenden Antigene und die jeweiligen Anti-körper-Bindungsstellen kennt, umso exakter können die jeweiligen Designer-Antigene für ihren Verwendungszweck optimiert wer-den.“ Ganz aktuell arbeiten die Forscher von Euroimmun an neuen Testverfahren zum Nachweis neurologischer Erkrankun-gen. Die Marktreife soll noch im Laufe die-ses Jahres erreicht werden.

Antigene sind körperfremde Stoffe, die hochspezifisch an körpereigene Antikörper und Zellen des Immunsystems binden. Die-ser Vorgang führt in der Regel zu einer mehr oder weniger heftigen Immunreaktion – ein Schutzmechanismus des Körpers, um schäd-liche Fremdsubstanzen (zum Beispiel Viren oder Bakterien) zu bekämpfen. Doch nicht immer läuft dieser Mechanismus fehlerfrei ab: Allergieauslösende Antigene – die Aller-gene, sind üblicherweise selbst relativ harm-los, erzeugen aber eine übermäßige Immun-antwort – wie es bei Heuschnupfen oder Tierallergien der Fall ist. Auch körpereige-ne Strukturen können fälschlicherweise als Antigene wirken. Die Folge ist eine Autoim-munreaktion, die in schweren Fällen zu einer Autoimmunkrankheit führen kann, wie zum Beispiel Diabetes mellitus Typ 1 oder Mor-bus Crohn.

Kreuzreaktionen vermeiden

Die Euroimmun AG mit Hauptsitz in Lü-beck hat die Entwicklung von Designer-Antigenen als Basisreagenzien für Immun-diagnostika zu einem Schwerpunkt ihrer F&E-Abteilung gemacht. Neben dem Ziel einer deutlich verbesserten analytischen Qualität steht auch die Erforschung der Pa-

Immundiagnostik im Labor

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