Trotz Allergie: Sportlich und fi t durch die Freiluftsaison ... · Wer kann, sollte auf...

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24 Service Nr. 19 · bayernsport · 7. Mai 2019 D ie Führung schmilzt. Es geht um wichtige Punkte an der Ta- bellenspitze. Nico, Top-Torjäger seines Teams, sitzt trotzdem auf der Bank. Sein Trainer macht alles richtig, denn Nico ist Pol- lenallergiker und soll Top-Torjäger seines Teams bleiben. Wenn die ersten Sonnenstrahlen die Hallensaison beenden und Sport wieder outdoor stattfindet, ist die Freude auf die Freiluftsaison für Pollen- allergiker meist getrübt. Für sie ist Freiluft nicht gleich Frischluft. Insbesondere Baumpollen, z.B. der Hasel und der Erle, sind bereits zeitig im Frühjahr in der Luft. Durch den Allergenkontakt schwellen bei Betroffenen die empfindlichen Nasenschleimhäute schnell an. Der Sportler atmet somit vermehrt durch den Mund. Die körperliche Anstrengung sorgt für besonders tiefe und häufige Atemzüge, wo- durch Pollen in größerer Menge und besonders tief in die Lunge ge- raten. Die Bronchien können anschwellen, akute Atemnot die Fol- ge sein. Ein sogenannter „Etagenwechsel“, also die Verlagerung der Beschwerden von den oberen Atemwegen in den Bereich der Lunge und so die Entstehung eines allergischen Asthmas wird begünstigt. Nico und sein Trainer wissen das. Auf Sport im Freien ganz zu verzichten ist jedoch keine Lösung. Für Asthmatiker ist Bewegung extrem wichtig. Jeder Sport trainiert neben Muskulatur und Herz-Kreislauf-System auch die feine Atem- muskulatur, und davon kann die Lungenfunktion profitieren. Be- achten Betroffene wichtige Tipps, ist Sport im Freien möglich. Tipps für Sportler mit Pollenallergie Zunächst sollte die Allergie sehr genau diagnostiziert werden, um die exakten Allergene zu kennen, auf die man empfindlich reagiert. Mit dem Arzt sollte eine Langzeitbehandlung über die Pollensaison festgelegt werden (z.B. Dauerinhalation oder regelmäßige Einnah- me von Antihistaminika). Eine Hyposensibilisierung (spezifische Immuntherapie) kann langfristig helfen, den Körper beschwerdefrei durch die Pollensaison zu bringen. Vor dem Sport empfiehlt sich der Blick in eine Pollenflug-App. Sie gibt regional und tagesaktuell die individuelle Pollenbelastung an. Bei extrem hoher Allergenbelastung ist es besser, auf Sport im Frei- en zu verzichten. Wenn möglich sollte der Freiluftsport in der Stadt auf die frühen Morgenstunden, auf dem Land eher in die Abendstunden verlegt werden, denn dann sind jeweils die wenigsten Pollen in der Luft. Be- sonders pollensauber ist die Luft nach einem Regenschauer – für Al- lergiker der ideale Moment für Outdooraktivitäten. Bei hoher Ozon- oder Stickstoffbelastung ist es besser, den Sport in die (Schwimm-) Halle zu verlegen. Vor und nach dem Sport ist der Check des Peak-Flow-Wertes mit- tels handlichen Messgeräts ratsam. Wird die Lungenfunktion wäh- rend des Sports deutlich schlechter, ist es sinnvoll, vor dem Sport ein bronchienerweiterndes Mittel vorbeugend zu inhalieren. Langsam loszulegen, also mit einem ausgedehnten Aufwärm- programm, ist für Allergiker und Asthmatiker wichtig, damit sich der Körper an die Belastung gewöhnt. Intervallsportarten sind be- sonders gut geeignet. Das Tragen einer Sportbrille minimiert die Pollenbelastung für die Augen. Wer kann, sollte auf Nasenatmung achten, da die feinen Nasenhärchen Pollen herausfiltern und diese weniger tief in die Lunge gelangen. Nach dem Sport darf eine aus- reichende Erholungsphase nicht fehlen. Allergiker sollten nach dem Sport möglichst sofort sorgfältig du- schen und sich umziehen, um die Pollen aus den Haaren zu wa- schen und für pollenfreie Kleidung zu sorgen. So reduzieren sie die Menge der belastenden Allergene in der wichtigen Erholungsphase. Notfallmedikamente gehören stets griffbereit in die Sporttasche, und diese möglichst direkt ans Trainingsgelände. Tipps für Trainer von Allergikern Besonders bei Kinder- und Jugendgruppen ist es wichtig zu erfragen, wer an Pollenallergie oder Asthma leidet. Ist unter den Schützlin- gen ein Pollen-Allergiker, ist es ratsam, die Termine für ausgedehnte Trainingseinheiten auf den Morgen oder den Abend zu verlegen. Ist ein allergischer Sportler schon nach dem Aufwärmen deut- lich außer Atem, sollte er an der restlichen sportlichen Einheit nicht mehr teilnehmen. Zu Beginn der Freiluftsaison können sich Trainer von den Sport- lern zeigen lassen, wo sie ihre Notfallmedikamente aufbewahren und wie diese anzuwenden sind. Sportler, die an einer Hyposensibilisierung teilnehmen, dürfen 24 Stunden nach der Spritze keinen Sport treiben, auch wenn das Spitzenspiel ansteht. Natürlich ist enttäuscht, wer die Bank drücken muss. Grenzt der Platz des Auswärtsgegners jedoch an ein Birkenwäldchen oder die Pollenflug-App weist eine hohe Pollenbelastung aus, sollte der Aller- giker dennoch Zuschauer bleiben. Klagt ein Sportler über akute Atemnot, ist der Grund meist, dass zu wenig Luft durch geschwollene Bronchien aus der Lunge aus- geatmet werden kann. Die sogenannte „Torwartstellung“ erleich- tert das Ausatmen. Im breitbeinigen Stand sollte der Allergiker den Oberkörper nach vorne lehnen und mit den Händen auf den Ober- schenkeln abstützen. Dabei muss auf das Ausatmen mit „Lippen- bremse“ geachtet werden, also das langsame ruhige Herauspusten der Luft durch einen schmalen Lippenschlitz. Zudem hilft, ein bron- chienerweiterndes Notfallmedikament zu inhalieren. Für Trainer und Sportler macht Sport vor allem Spaß. Im engen Austausch mit einem Mediziner des Vertrauens ist der auch in der Pollensaison gegeben. Trotz Allergie: Sportlich und fit durch die Freiluftsaison! FOTO: ANIMAFLORA PICSSTOCK/STOCK.ADOBE.COM Tel. 0 89/1 57 02-400 · Fax 0 89/1 57 02-341 · E-Mail: [email protected] www.blsv.de/blsv/vereinsservice.html Vereins Service Kontaktadresse: BKK Landesverband Bayern [email protected] www.bkk-bayern.de

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Nr. 19 · bayernsport · 7. Mai 2019

D ie Führung schmilzt. Es geht um wichtige Punkte an der Ta-bellenspitze. Nico, Top-Torjäger seines Teams, sitzt trotzdem

auf der Bank. Sein Trainer macht alles richtig, denn Nico ist Pol-lenallergiker und soll Top-Torjäger seines Teams bleiben. Wenn die ersten Sonnenstrahlen die Hallensaison beenden und Sport wieder outdoor statt� ndet, ist die Freude auf die Freiluftsaison für Pollen-allergiker meist getrübt. Für sie ist Freiluft nicht gleich Frischluft.

Insbesondere Baumpollen, z.B. der Hasel und der Erle, sind bereits zeitig im Frühjahr in der Luft. Durch den Allergenkontakt schwellen bei Betroffenen die emp� ndlichen Nasenschleimhäute schnell an. Der Sportler atmet somit vermehrt durch den Mund. Die körperliche Anstrengung sorgt für besonders tiefe und häu� ge Atemzüge, wo-durch Pollen in größerer Menge und besonders tief in die Lunge ge-raten. Die Bronchien können anschwellen, akute Atemnot die Fol-ge sein. Ein sogenannter „Etagenwechsel“, also die Verlagerung der Beschwerden von den oberen Atemwegen in den Bereich der Lunge und so die Entstehung eines allergischen Asthmas wird begünstigt. Nico und sein Trainer wissen das.

Auf Sport im Freien ganz zu verzichten ist jedoch keine Lösung. Für Asthmatiker ist Bewegung extrem wichtig. Jeder Sport trainiert neben Muskulatur und Herz-Kreislauf-System auch die feine Atem-muskulatur, und davon kann die Lungenfunktion pro� tieren. Be-achten Betroffene wichtige Tipps, ist Sport im Freien möglich.

Tipps für Sportler mit Pollenallergie

Zunächst sollte die Allergie sehr genau diagnostiziert werden, um die exakten Allergene zu kennen, auf die man emp� ndlich reagiert. Mit dem Arzt sollte eine Langzeitbehandlung über die Pollensaison festgelegt werden (z.B. Dauerinhalation oder regelmäßige Einnah-me von Antihistaminika). Eine Hyposensibilisierung (spezi� sche Immuntherapie) kann langfristig helfen, den Körper beschwerdefrei durch die Pollensaison zu bringen.

Vor dem Sport emp� ehlt sich der Blick in eine Pollen� ug-App. Sie gibt regional und tagesaktuell die individuelle Pollenbelastung an. Bei extrem hoher Allergenbelastung ist es besser, auf Sport im Frei-en zu verzichten.

Wenn möglich sollte der Freiluftsport in der Stadt auf die frühen Morgenstunden, auf dem Land eher in die Abendstunden verlegt werden, denn dann sind jeweils die wenigsten Pollen in der Luft. Be-sonders pollensauber ist die Luft nach einem Regenschauer – für Al-lergiker der ideale Moment für Outdooraktivitäten. Bei hoher Ozon- oder Stickstoffbelastung ist es besser, den Sport in die (Schwimm-)Halle zu verlegen.

Vor und nach dem Sport ist der Check des Peak-Flow-Wertes mit-tels handlichen Messgeräts ratsam. Wird die Lungenfunktion wäh-rend des Sports deutlich schlechter, ist es sinnvoll, vor dem Sport ein

bronchienerweiterndes Mittel vorbeugend zu inhalieren.Langsam loszulegen, also mit einem ausgedehnten Aufwärm-

programm, ist für Allergiker und Asthmatiker wichtig, damit sich der Körper an die Belastung gewöhnt. Intervallsportarten sind be-sonders gut geeignet. Das Tragen einer Sportbrille minimiert die Pollenbelastung für die Augen. Wer kann, sollte auf Nasenatmung achten, da die feinen Nasenhärchen Pollen heraus� ltern und diese weniger tief in die Lunge gelangen. Nach dem Sport darf eine aus-reichende Erholungsphase nicht fehlen.

Allergiker sollten nach dem Sport möglichst sofort sorgfältig du-schen und sich umziehen, um die Pollen aus den Haaren zu wa-schen und für pollenfreie Kleidung zu sorgen. So reduzieren sie die Menge der belastenden Allergene in der wichtigen Erholungsphase.

Notfallmedikamente gehören stets griffbereit in die Sporttasche, und diese möglichst direkt ans Trainingsgelände.

Tipps für Trainer von Allergikern

Besonders bei Kinder- und Jugendgruppen ist es wichtig zu erfragen, wer an Pollenallergie oder Asthma leidet. Ist unter den Schützlin-gen ein Pollen-Allergiker, ist es ratsam, die Termine für ausgedehnte Trainingseinheiten auf den Morgen oder den Abend zu verlegen.

Ist ein allergischer Sportler schon nach dem Aufwärmen deut-lich außer Atem, sollte er an der restlichen sportlichen Einheit nicht mehr teilnehmen.

Zu Beginn der Freiluftsaison können sich Trainer von den Sport-lern zeigen lassen, wo sie ihre Notfallmedikamente aufbewahren und wie diese anzuwenden sind.

Sportler, die an einer Hyposensibilisierung teilnehmen, dürfen 24 Stunden nach der Spritze keinen Sport treiben, auch wenn das Spitzenspiel ansteht.

Natürlich ist enttäuscht, wer die Bank drücken muss. Grenzt der Platz des Auswärtsgegners jedoch an ein Birkenwäldchen oder die Pollen� ug-App weist eine hohe Pollenbelastung aus, sollte der Aller-giker dennoch Zuschauer bleiben.

Klagt ein Sportler über akute Atemnot, ist der Grund meist, dass zu wenig Luft durch geschwollene Bronchien aus der Lunge aus-geatmet werden kann. Die sogenannte „Torwartstellung“ erleich-tert das Ausatmen. Im breitbeinigen Stand sollte der Allergiker den Oberkörper nach vorne lehnen und mit den Händen auf den Ober-schenkeln abstützen. Dabei muss auf das Ausatmen mit „Lippen-bremse“ geachtet werden, also das langsame ruhige Herauspusten der Luft durch einen schmalen Lippenschlitz. Zudem hilft, ein bron-chienerweiterndes Notfallmedikament zu inhalieren.

Für Trainer und Sportler macht Sport vor allem Spaß. Im engen Austausch mit einem Mediziner des Vertrauens ist der auch in der Pollensaison gegeben.

Trotz Allergie: Sportlich und fi t durch die Freiluftsaison!

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