Über die Oxydation des Thallium(I)-sulfids. IV. Zur quantitativen Analyse der Oxydationsprodukte

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Uber die Oxydation des Thallium(1)-sulfids. 1V Zur quantitativen Analyse der Oxydationsprodukte Von BERTOLD REUTER und HANS WOLFGANG LEVI (Mit 2 Abbildungen) Professor Gerhart Jander zum 60. Geburtstag gewidmet Inhaltsiibersicht Die Darstellung von reinem TlOH, TlzO, T1,0,, TI,SO,, T12Sz0, und TI,SO, wird heschrie ben. Es wird ein Analysenverfahren entwickelt, das die quantitative Bestimmung der Verbindungen, die bei der Oxydation von T1,S auftreten konnen, namlich von T1,0, T1,0,, Tl,SO,, Tl,S,O, und TI,SO,, nebeneinander und ncben T1,S gestattet. Das Verfahren wird einer kritischen Betrachtung unterzogen. Die Zahl der Arbeiten uber die elektrischen und lichtelektrischen Eigenschaften des bei mal3iger Oxydation von ThaIlium(1)-sulfid gehil- deten ,,Thalofids" ist zwar sehr groIJ, doch enthalten nur sehr wenige von ihnen irgendwie verwertbare Angaben iiber den Oxydationsgrad des TI,S und die Natur der gebildeten Oxydationsprodukte, da die zum groRten Teil von Physikern durchgefuhrten Untersuchungen meist Ver- fahren zur mehr oder weniger empirischen Herstellung von Photozellen oder deren physikalische Eigenschaften zum Gegenstand haben. Indessen beschranken sich auch die Arbeiten, die an sich weiter- gehende Aussagen iiber die T1,S-Oxydation machen, darunter auch aus- gesprochen chemische Untersucliungen, auf die Ermittlung der Gesamt- Sauerstoffaufnahme des Tl,S, entweder aus dessen Gewichtszunahme bei der Oxydation oder aus der dabei beobachteten Druckabnahme einer abgeschlossenen Sauerstoffatmosphare. Hieraus lassen sich natiirlich nur Angaben iiber die Bruttozusammensetzung der Oxydationsprodukte, keinesfalls aber iiber ihre Natur im einzelnen machen, was leider nicht in allen Fallen genugend beachtet worden ist. So glauben FENTRESS und SELWOOD l) a), aus dem beobachteten Sauerstoffbedarf und einigen 1) J. FENTRESS u. P. W. SSLWOOD, J. Amer. chern. SOC. 70, 711 (1948). 2) Vgl. dazu aber auch B. REUTER, Z. Naturforsch. 4b, 65 (1949).

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Uber die Oxydation des Thallium(1)-sulfids. 1V

Zur quantitativen Analyse der Oxydationsprodukte

Von BERTOLD REUTER und HANS WOLFGANG LEVI

(Mit 2 Abbildungen)

Professor Gerhart Jander zum 60. Geburtstag gewidmet

Inhaltsiibersicht Die Darstellung von reinem TlOH, TlzO, T1,0,, TI,SO,, T12Sz0, und TI,SO, wird

heschrie ben. Es wird ein Analysenverfahren entwickelt, das die quantitative Bestimmung der

Verbindungen, die bei der Oxydation von T1,S auftreten konnen, namlich von T1,0, T1,0,, Tl,SO,, Tl,S,O, und TI,SO,, nebeneinander und ncben T1,S gestattet.

Das Verfahren wird einer kritischen Betrachtung unterzogen.

Die Zahl der Arbeiten uber die elektrischen und lichtelektrischen Eigenschaften des bei mal3iger Oxydation von ThaIlium(1)-sulfid gehil- deten ,,Thalofids" ist zwar sehr groIJ, doch enthalten nur sehr wenige von ihnen irgendwie verwertbare Angaben iiber den Oxydationsgrad des TI,S und die Natur der gebildeten Oxydationsprodukte, da die zum groRten Teil von Physikern durchgefuhrten Untersuchungen meist Ver- fahren zur mehr oder weniger empirischen Herstellung von Photozellen oder deren physikalische Eigenschaften zum Gegenstand haben.

Indessen beschranken sich auch die Arbeiten, die an sich weiter- gehende Aussagen iiber die T1,S-Oxydation machen, darunter auch aus- gesprochen chemische Untersucliungen, auf die Ermittlung der Gesamt- Sauerstoffaufnahme des Tl,S, entweder aus dessen Gewichtszunahme bei der Oxydation oder aus der dabei beobachteten Druckabnahme einer abgeschlossenen Sauerstoffatmosphare. Hieraus lassen sich natiirlich nur Angaben iiber die Bruttozusammensetzung der Oxydationsprodukte, keinesfalls aber iiber ihre Natur im einzelnen machen, was leider nicht in allen Fallen genugend beachtet worden ist. So glauben FENTRESS und SELWOOD l) a), aus dem beobachteten Sauerstoffbedarf und einigen

1) J. FENTRESS u. P. W. SSLWOOD, J. Amer. chern. SOC. 70, 711 (1948). 2) Vgl. dazu aber auch B. REUTER, Z. Naturforsch. 4b, 65 (1949).

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REUTER u. LEVI, Quantitative Analyse d. Oxydationsprodukte v. Thallium(1)sulfid 101

qualitativen Reaktionen der Oxydationsprodukte sehr weitgehende Schlusse uber deren chemische Zusammensetzung ziehen zu diirfen. REUTER und KNOLL^) schatzen die Einzelbestandteile der vorl ihneii beobachteten Oxydationsprodukte auf Grund ihres unterschiedlichen Loslichkeitsverhaltens wenigstens angenahert quantitativ ab, ohne diesem halbquantitativen Verfahren jedoch die Beweiskmft einer normalen quantitativen Analyse einzuraumen.

Der Grund fur den auffallenden Mange1 an quantitativen Angaben besteht wohl im wesentlichen darin, da13 die zuverfassige analytische Bestimmung der verschiedenen bei der Oxydation des TI,S in Betracht kommenden Anionen neben ein- und dreiwertigem Thallium nicht ganz einfach ist, da die ja im festen Zustand gebildeten Produkte in Losung zum Teil miteineinander oder mit dem Luftsauerstoff reagieren oder aber sich bei der Bestimmung gegenseitig storen.

Da eine laufende quantitative Bestimmung der im Zuge der T1,S- Oxydation gebildeten Produkte eine wesen tliche Voraussetzung fur die Kenntnis des Chemismus und der Kinetik der hierbei ablaufenden Reak- tionen und damit auch fur das Verstandnis des Leitungsmechanismus im ,,Thalofid" ist, haben wir als Grundlage fur unsere weiteren Unter- suchungen iiber den quantitativen Ablauf der T1,S-Oxydation einen Analysengang ausgearbeitet, der es gestattet, die Ionenarten, mit deren Auftreten bei der T1,S-Oxydation zu rechnen ist, nebeneinander mit hin- reichender Genauigkeit zu bestimmen. Hieriiber sol1 im folgenden berichtet werden.

Da T1,S sowohl am Thallium als auch am Schwefel oxydiert werden kann, mu13 das Verfahren die Bestimmung von ein- und dreiwertigem Thallium und Sulfidion sowie von allen anderen Anionen umfassen, die bei der Oxydation von Sulfid ent.stehen konnen. In Frage kommen hier Sulfit, Thiosulfat und Sulfat. AuBerdem kommt noch die Bildung von T1,O und T1,03 in Betracht. Wahrend T1,0, beim Losen der Substanz in Wasser als solches zuruckbleibt, geht T1,O als TlOH in Losung. Daher miissen zusatzlich noch Hydroxylionen bestimmt werden. Andere in diesem Zusammenhang denkbare Anionen von Schwefel-Sauerstoffsauren sind in den wal3rigen Losungen der Oxydationsprodukte nicht beobachtet worden. Ihre Gegenwart rnul3te sich zumindest dadurch bemerkbar machen, da13 die Summen von Kationen und Anionen nicht aquivalent sind. Da das jedoch bei allen Oxydationsprodukten bisher innerhalb der Fehlergrenzen des AnaIysenverfahrens stets der Fall war, konn te dieses auf die vorstehend genannten Anionen beschrankt bleiben.

B. REUTER u. H. KNOLL, Z. Naturforsch. 4b, 8 (1949), im folgenden als 1. Mitt. zitiert.

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102 Zeitachrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 270. 1952

I. Ausgangssubstanzen Fur die Ausarbeitung des Analysenverfahrens und die Testanalysen

wurden reine Thalliumverbindungen bzw. deren Gemische benutat. Als Ausgangsmaterial diente in jedem Falle reinstes Thallium 4, (99,98proz.), aus dem die einzelnen Verbindungen, wie folgt, hergestellt wurden :

1. Thal l ium(1)-su l f id . T1,S wurde nach dem kiirzlich von REGTER und GOEBEL 6) beschriebenen Verfahren durch FZllung einer Msung von Thalli- um(I)-iithylat in absolutem Alkohol rnit trockenem Schwefelwasserstoff, Abdestillieren des Alkohols und Trocknen des T1,S im Vakiwm bei Wasserbadtemperatur hergestellt. Eine Suspension d i e m T1,S in ausgekochtem Wasser reagierte gegen Phenolphthalein nicht alkalisch, ein Zeichen dafiir, daB das Sulfid sauerstofffrei war.

2. T h a l l i u m ( 1 ) - h y d r o x y d und Thal l ium(1)-oxyd. TlOH wurde gewonnen, indem Thallium(1)-athylat unter Ausschlul von Luftsauerstoff rnit Wasser zersetzt wurde. Durch Entwasserung im Vakuum konnte TlOH leicht in T1,O iiberfiihrt werden.

Das nach dern in der 3. Mitteilung beschriebenen Verfahren nach LAMYO) her- gestellte 6lige Thallium(1)-athylat wurde in einer geschlossenen Apparatur unter Stick- stoff in eine rnit ausgekochtem Wasser gefiillte Glasfilternutsche eingetropft. Dabei' schied sich sofort gelbes TlOH ab, das durch Absaugen von Wasser und Alkohol befreit wurde. Zur Gewinnung von T1,O wurde das Glasfilter mit dern TlOH-Niederschlag im Vakuum durch ein iibergeschobenes Ofcben auf 80" geheizt. Innerhalb von 4 Stunden wandelte sich das gelbe TlOH restlos in blauschwarzes T1,O urn.

3. Thal l ium(1)-su l fa t . 99,98proz. Thallium wurde in reimter verdiinnter Schwe- felsaure in der Siedehitze gelbst. Die LBsung wurde hei l durch einen Dampftrichter fil- triert und in Eiswasser abgekiihlt. Das ausgeschiedene Tl,S04 wurde abgesaugt, dreimal aus heilem Wasser umkristallisiert, rnit Alkohol nachgewaschen und bei 130-150" ge- trockne t.

4. T h a l l i u m ( I I 1 ) - o x y d . T1,0, wurde durch Oxydation einer alkalischen Tlzbbr Ldsung mit H,O, nach R A B E ~ ) und DUN CAN^) hergestellt:

20 g rcinstes Tl,SO, wurden in 700 cm3 Wasser geldst, mit 25 g KOH-Plltzchen ver- setzt und bei Zimmertempefatur rnit 30proe. H,O, oxydiert. Das abgeschiedene braune Tl,O,-Hydrat wurde mehrfach rnit Wasser dekantiert und dann mit 5 n HNO, behandelt. Nach dem Absaugen wurde rnit heiBem Wasser und Alkohol gewaschen und im elektrischen Trockenschrank bei ZOOb getrocknet.

5. Thalliur~(1)-thiosulfat. Tl,S,O, fallt nach CROOKEBD) bei der Umsetzung einer Losung von Tl,SO, rnit einer Na,S,O,-Liisung als farbloses, an der Luft bestiindiges Pulver aus.

4) Der Duisburger Kupferhiitte, die uns auch fur diese Untersuchungen das be- notigte Thallium liebenswiirdigerweise zur Verfiigung gestellt hat, mochten wir unseren herrlichsten Dank ausspreohen.

5) B. REUTER u. A, GOEBEL, Z. anorg. allg. Chem. 268, 101 (1952), im folgenden als 3. Mitt. zitiert.

6) A. LAMY, Ann. Chim. (4) 3, 373 (1864); vgl. auch K. FREGDENBERQ u. G. UTEE- MA", Ber. dtsch. chem. Ges. 68. 1509 (1919).

7) 0. RABE, Z. anorg. allg. Chem. 48, 427 (1906). 8 ) A. B. F. DuNaAN, J. Amer. chem. Soc. 61, 2699 (1929). 9 W. CROOKES, J. chem. SOC. [London] 17, 136 (1864).

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REUTER u. LEVI, Quantitative Analyse d. Oxydationsprodukte v. Thallium(1)-sulfid 103

Eine Msung von 20 g doppelt umkristallisiertem T1,SOA in 400 cm3 Wasser wurde bei 40’ mit einer L6sung von 15 g Na,S,O, - 5 H,O in 50 cms Wasser versetzt. Der fein- kiirnige Niederschlag von TI,S,OB wurde nach mehrstiindigem Stehen abgesaugt, mit Eiawasser sulfatfrei gewaschen und danach zweimal aus etwa 1000 cm8 fast siedendem Wasser umkristallisiert. Nach dem Erkalten wurden die farblosen Kristalle abgesaugt, mit Eiswasser und Alkohol gewaschen und einige Tage im Vakuum iiber CaCl, getrocknet.

6. Thal l ium(1)-su l f i t . Tl,SO, entsteht nach SEUBERT und EL TEN'^) durch doppelte Umsetzung von T1,S04 mit Na,SO,.

45 g TI,S04 wurden in 300 cm3 siedendem Wasser gelBst und mit einer ebenfalla h e i b n Msung von 12 g wasserfreiem Na,SO, in 90 cma Wasser versetzt. Beim Abkiihlen bildeten sich groDe gelbe Kristalle, die nach etwa 24 Stunden abgesaugt und in 200 cm3 siedendem Wasser wieder gel6st wurden. Die heine, schwach getriibte Losung wurde filtriert und unter Durchleiten von Stickstoff mit Eiswasser gekiihlt. Der dabei entstehende feinkristalline, schwach gelbliche Niederschlag wurde abgesaugt, mit Eiswasser gewaschen und im Vakuwnexsikkator getrocknet.

11. Das Losen der Substanz Ebenso wie das in der 1. Mitt. benutzte halbquantitative Bestim-

mungsverfahren basiert auch der in vorliegender Arbeit entwickelte Trennungsgang auf der verschiedenen Loslichkeit der Oxydationspro- dukte in Wasser. Wahrend Tl,S,O,, Tl,SO,, TI,SO, und T1,O in einer hinreichenden Menge Wasser in Losung gehen, bleiben T1,S und T1,0, ungelost zuriick. Etwa gebildete Thallium(II1)-Salze wiirden durch Wasser unter Ausscheidung von Tl,O,-Hydrat hydrolysiert werden.

Beim Losen mul3te rnit grol3er Vorsicht vorgegangen werden, da T1,0, und Tl,S,O, bzw. Tl,SO, zwar im festen Zustand unter Feuchtig- keitsausschlul3 nebeneinander bestandig sind, in Losung aber un ter Reduktion des dreiwertigen Thalliums und im wesentlichen unter Bildung von Tl,SO, miteinander reagieren. Wahrend die Reaktion zwischen T1,0, und qaSO, durch Bindung des Sulfits rnit Formaldehyd, die bei der Analyse von Tl,SO,-haltigen Oxydationsprodukten, wie spater noch auszufiihren ist, aus anderen Griinden ohnehin notwendig war, leicht verhindert werden konnte, machte sich die Reaktion zwischen T1,0, und Tl,S,O,, besonders in neutraler Losung, sehr storend bemerkbar. Je alkalischer die Losungen infolge eines Gehalts der Substanz an T1,O waren, um so weniger trat diese Umsetzung in Erscheinung. Infolge- dessen erwies es sich als zweckmal3igY in den Fallen, in denen die Oxy- dationsprodukte gleichzeitig T1,0, und Tl,S,O,, aber kein oder nur sehr wenig T1,O enthielten, das zum Liken verwendete Wasser durch Zugabe von NaOH alkalisch zu machen. Dariiber hinaus konnte die Umsetzung zwischen T1,0, und Tl,S,O, durch Anwendung moglichst

10) K. SEUBERT u. M. ELTEN, Z. anorg. allg. Chem. 2, 434 (1892); 4, 68 (1893).

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104 Zeitschrift fiir anorganische und allgemeine Chemie. Band 270. 1952

schonender Bedingungen beim Losen der Substanz hintnn gehalten werden. Die Lijsetemperatur durfte indessen wegen der bei Zimmer- temperatur sehr schlechten Loslichkeit von Tl,S,O, nicht zu niedrig gewahlt werden, wollte man nicht sehr lange Losezeiten in Kauf nehmen. Eine Temperatur von 80" und eine Dauer von 20 Minuten erwiesen sich als optimale Bedingungen, unter denen sich selbst in dem ungiinstigsten Falle grol3er und vergleichbarer Mengen T1,0, und Tl,S,O, die Umsetzung in der Grenze von wenigen Prozent hielt und damit ffir die Untersuchung des Oxydationsverlaufs des TI,S nich t erheblich ins Gewicht fiel.

Weiter mul3te auf LuftausschluA h i m Losen der Substanz geachtet werden, da einerseits etwa in der Substanz vorhandenes unverandertes TI$, besonders in der Warme, sehr leicht durch Luftsauerstoff nach

2 TI.$+ 2 0, + H,O = Tl,S,O, + 2 TlOH

oxydiert wird, so da13 dann das Analysenergebnis nicht der tatsach- lichen Zusammensetzung des Oxydationsproduktes entspricht, und andererseits Substanzen, die nennenswerte Mengen T1,O enthalten und deren Likung dann infolge der Bildung von TlOH alkalisch reagieren, leicht CO, aus der Luft oder dem Wasser aufnehmen, was bei der Be- stimmung der Hydroxylionen zu Schwierigkeiten fiihrt. Die Substanz wurde daher stets unter Luftausschluf3 in ausgekochtem Wasser gelost.

Dazu wurde ein Dreihals-Sulfurierkolben benutzt, durch dessen mittleren Hals ein Riihrer und den einen seitlichen Hals ein Gaseinleitungsrohr fiihrte, wahrend der andere seitliche Hals zum Einbringen der Substanz diente, sonst aber durch einen Stopfen verschlossen war. In diesem Kolben wurde das Losewasser zunachst unter langsamem Durchleiten von Reinstickstoff ausgekocht, dann wurde die Substanz in den Kolben ge- schiittet, mit ausgekochtem Wasser heruntergespiilt und 20 Minuten in einer Reinstick- stoffatmosphare unter Riihren bei 80' mit Wasser behandelt. Nach dem Abkiihlen wurde die Losung dann moglichst rasch durch einen Glasfiltertiegel G 4 vom Unl6slichen ab- filtricrt und dieses mit ausgekochtem Wasser nachgewaschen.

III. Analyse des in Wasser liisliehen Anteils a) Thalliumbestimmung

Von den iiblichen Bestimmungsverfahren kam die gravimetrische Bestimmung als T1,CrO,ll) 12) nicht in Betracht, da die vorhanderien -4nionen durch Chromat angegriffen wurden, so da13 ihre Bestimmnng im Filtrat nicht moglich war. Die Fallung mit Thionalid nach BERG

11) L. MOSER u. A. BRUCKL, Mh. Chem. 47, 709 (1926). 12) J. B O D N ~ R u. A. TER$NYI, Z. analyt. Chem. 69, 32 (1926).

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REUTER u. LEVI, Quantitative Analyse d. Oxydationsprodukte v. Thallium(1)-sulfid 105

und FAHRENKAMP13) schied ebenfalls aus, da die dabei notwendige Zu- gabe von Natriumtartrat und Kaliumcyanid die Bestimmung der An- ionen gestort hatte. Mit der cerimetrischen Titration nach WILLARD und YOUNG 14) unter Verwendung von JC1 als Katalysator und o-Phenan- throlin-eisen(I1)-sulfatlosung als Indikator wurden in der 1. Mitt. an sich gute Erfahrungen gemacht, doch versagte das Verfahren, sobald die Losung reduzierende Anionen en thielt.

Als einzig gangbarer Weg erwies sich die Bestimmung mit Alkalijodid, die entweder durch konduktometrische Titration 15) 1 6 ) oder gravi- metrisch durch Wagung als TI J 1 7 ) erfolgen konnte.

Bei der konduktometri- schen Bestimmung von Tl,SO,-Losungen ergaben sich in allen Fallen brauchbare Werte. Da die Ionenbeweg- lichkeit von Kt und T1+ praktisch gleich ist - sie betragt I*) in 0,005 n Losung fur K+ 61,8 und fur T1+ 61,7 cmz - V-1 - sec-l -, trat der Umschlagspunkt bei Ti- tration mit NaJ-Losung (Ionenbeweglichkeit von Na+ unter den gleichen Bedin- gungen 41,3 cm2 - V-l - sec-l) wesentlich scharfer hervor. Den Verlauf einer typischen Titrationskurve zeigt Abb. 1.

3 * t a 2 4 6 8 10 12 14 16

ccm No J

Abb. 1 . V e r l a u f der k o n d u k t o m e t r i s c h e n T i t r a t i o n v o n Tl,SO, m i t NaJ

13) R. BERG u. E. S. FAHRENKAYP, Z. analyt. Chem. 109, 305 (1937). l4) H. H. WILLARD u. P. YOUNG, J. Amer. chem. SOC. 82, 40 (1930) u. 65, 3268

(1933); vgl. auch E. BRENNECKE, K. FAJANS, N. H. FURMAN, R. LANQ U. H. STAMM, Neuere maDanalytische Methoden, 3. Aufl., Stuttgart 1951, S. 98.

la ) E. ROTHER u. G. JANDER, Z. angew. Chem. 48, 932 (1930). la) R. RIPAN u. E. POPPER, Z. analyt. Chem. 197, 173 (1944). 17) F. MACH u. W. LEPPER, Z. analyt. Chem. 68, 40 (1926). la) Vgl. J. D'ANs u. E. LAX, Taschenbuch fiir Chemiker und Physiker, Berlin 1943,

S. 1236.

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106 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 270. 1952

Skt I I -

70 - 9 -

8 -

7 -

6 -

5 -

4 -

3 .

X

z - x x x X

I -

2 4 6 8 I0 I2 74 CUn No.7

c

Die gefundenen Werte zeigten eine Streuung von 1-2%, was auf Grund der betriichtlichen Loslichkeit von T1J auch zu erwarten war.

Leider versagte die konduktornetrische Bestimmling bei Verwendung von Tl,S,O, an Stelle von T1,S04.

Die Leitfahigkeitskurve zeigte hier am Aquivalenzpunkt keinen scharfen Knick (vgl. Abb. 2), die erhaltenen Werte waren zum Teil vollig abwegig und auBerordentlich schlecht reproduzierbar. Wiihrend sich das abgeschiedene T1J bei Verwendung einer

X

x

Tl,SO,-Lijsung rasch absetzte, so daS die Ldsung nach wenigen Stunden klar war, behielt sie hier tagelsng eine Triibung und zeigte eine vio- lette Opalescenz. Das aus TI,S,O,- Losung gefallte T l J war nicht gelb wie das aus TI,SO,-Liisung gefallte, sondern orange gefirbt. Eine merk- liche Zersetzung des Thiosulfats unter Schwefelabscheidung fand bei der Titration nicht statt, wie durch Titration des Thiosulfations nach Abfiltrieren des T1J nachgewiesen werden konnte. Es muBte daher angenommen werden, daB das TIJ selbst unter dem EinfluB von Thio- sulfationen zur Bildung kolloider Lbungen neigt. Der Beitrag der Kolloidpartikel zur Leitfahigkeit konnte den anomalen Verlauf der Leitfihigkeitskurven bei der Titra- tion von Tl,S,O, erklaren.

Irn Gegensatz zu der konduktometrischen Methode erwies sich die gravimetrische Bestimmung als T1J bei Losungen von TI,S04, T1,S,03, Tl,SO, und T1,O und deren

Abb.2.Verlauf d e r k o n d u k t o m e t r i s c h e n Gemischen a h sehr brauch- bar. Wie Tab. 1 zeigt, liegen die Fehler unter &0,5%.

Die Fallung erfolgte in neutraler bis schwach alkalischer Losung bei 50" mit jod- freier 0,2 n NaJ-Losung. Zur Herabsetzung der Loslichkeit des T1J erwies ea Rich als zweckrnaDig, einen 3-4fachen UberschuD an NaJ-Lasung zu verwenden. Es wurde dann bis zum beginnenden Sieden erhitzt, wobei das anfangs vielfach orange gefarbte T l J schnell gelb wurde und sich gut absetzte. Nach 12 Stunden wurde durch einen Glasfilter- tiegel G 4 filtriert, gedschen und bei 130D getrocknet. Urn zu vermeiden, daB TIJ beim Waschen kolloidal in Liisung geht. muDte dem Waschwasser 1 g NaJ pro Liter zugesetzt werden.

T i t r a t i o n v o n Tl,S,O, m i t NaJ

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RECITER u. LEVI, Quantitative Analyse d. Oxydationsprodukte v. Thallium(1)-sulfid 107

375,3

268,3 447,l 347,O 346,7 591.8 588,5 413,7 403,8 480,5 669,2 581,8 648,2

235,5

Tabelle 1 T e s t a n a l y e e n fur die g r a v i m e t r i s c h e Bes t immung verschiedener Thal f ium-

verb indungen ale T1J

375,3 *o,o

267,9 -0,2 445,O -0,5 347,O f O , O 345,9 -0,2 589,8 -0,3 587,6 -0,l 414,5 +0,2 402,O -0,4 480,3 f O , O 668,8 -0,l 582,8 +0,2 647,9 *o,o

236,3 +0,3

Ein'gewogen (rng)

- 164,7 -

327,O -

198,l -

181,2 288,2 205,l 168,8

- 268,8 218,7 330,5 - - -

221,4 248,4

223,9 -

-

- 202,7

401,2

176,7 190,2

172,9 168,3

-

-

-

T1,O

-

- -

464,6 -

- 336,9

269,Z 266,O

251,4 290,3 209,9

-

-

b) Bestimmung der Anionen Der iibliche Weg l g ) zur Bestimmung von Sulfit. Thiosulfat und

Sulfat nebeneinander besteht bekanntlich datin, dalj in einer Probe Sulfit durch Formaldehyd gebunden, Thiosulfat jodometrisch besfmmt und Sulfat in essigsaurer Losung in der Kalte als BaSO, gefallt wird, wahrend in einer zweiten Probe ohne Zusatz von Formaldehyd Sulfit und Thiosulfat gemeinsam jodometrisch titriert werden.

In Gegenwart von Thallium lielj sich dieses Verfahren nicht ohne weiteres verwenden, da bei der jodometrischen Titration durch das Jodid T1J gefikllt wird, das sich bei Zilnmertemperatur nur sehr schwer ab- setzt, wodurch die Erkennbarkeit des Titrationsendpunkts unmoglich gemacht wird, und das auflerdem, wie entsprechende Versuche zeigten, offenbar Jod absorbiert und dadurch bei der Titration zu hohe Werte ergibt.

Es war daher notwendig, Thallium vorher abzutrennen, bzw. am einfachsten, die Anionen im Filtrat der Thalliumbestimmung zu be- stimmen. Hierbei trat aber eine neue Schwierigkeit dadurch auf, dal3 Tl,SO, in Losung, besonders in der Warme, durch Luftsauerstoff s e h ieicht zu Sulfat oxydiert wird. Bei der Fallung des T1J konnte aber auf ein wenigstens kurzzeitiges Erhitzen bis nahe an den Siedepunkt

ln) Vgl. A. KURTENACKER, Analytische Chemie der Sauerstoffsauren des Schwefels. Die chemische Analyse, Bd. XXXVIII. Stuttgart 1938, S. 93 und 121.

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108 Zeftschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 270. 1952

l!l,SO,

sowie auf ein langeres Stehenlassen der Losung nach der Fallung nicht verzichtet werden, um den T1J-Niederschlag in einer filtrier- baren Form zu erhalten.

Um im Filtrat der Thalliumbestimmung zu Sulfatwerten zu gelangen, die nicht durch teilweise Oxydation von Sulfit verfalscht waren, wurde daher so verfahren, da13 eine Probe der festen Substanz in formaldehyd- haltigem Wasser gelost wurde. Nach dem Losen, das im ubrigen in der oben angegebenen Weise erfolgte, und dem Abfiltrieren von dem wasser- unloslichen Anteil wurde die alkalische Losung mit HClO, oder Essig- slure in der Kalte gegeri Phenolphthalein neutralisiert. Dann wurde das T1J in der angegebenen Weise gefallt und zur Bestimmung des Thio- sulfats mit 0,02 n Jodlosung titriert. Dabei erwies es sich als notwendig, mit Essigsaure anzusauern, um zu verhindern, daI3 allmahlich auch das Sulfit trotz Bindung mit Formaldehyd durch die Jodlosung angegriffen wird. AnschlieDend wurde dann zur Sulfatbestimniung in essigsaurer Losung in der Kalte tropfenweise 0,2 molare BaC1,-Losung zugesetzt. Die Fallung von BaSO, mu13 in Gegenwart des durch Oxydation von Thio- sulfat entstandenen Tetrathionats in kalter essigsaurer Losung vor- genommen werden, da sich Tetrathionat sonst unter Bildung von Sulfat zersetzen kann. Die Filtration des kalt gefallten BaSO, bereitete, besonders in Gegenwart von Starke, rnanchrnal erhebliche Schwierig- lteiten.

Tab. 2 zeigt zunachst die Ergebnisse von drei Testanalysen von eingewogenen Gemischen von TI,SO, und TI,S,O, in Gegenwart von Tl,SO, und T1,O. Die gefundenen Werte lassen erkennen, da13 die Thalliumbestirnmung durch die Gegenwart von Formaldehyd nicht merklich beeinflufit wird. Dagegen sind die Thiosulfatwerte und die

Tabelle 2 Testana lysen f u r die Best immung von TI,SO, und TI,S,O,

TI,S,OI

221,4 197,9 210,z

181,2 207,2 192,9

268,8 279,5

-

-

!en (n

'1,SO:

190,2 -

136,8 124,8

-

-

194,2 231,5 __

164,7 239,4

164,4 212.4

J )

T120 Ges.-

T1

480.5 437.2 682,6

347,O 414,3

291,4 360.4

- -~

Ges.- T1

480,3 4373 682,9

347,O 415,O

290,4. 360.7

~

Gefunden (me

218,l -1,4 195,5 -1,2 207,l -1,5

268,6 -0,l 279,6 &O,O

178,9 306,7 187,7

163,5 238,8

162,l 210,o

Feh- ler yo

-1,s -0,2 -2,7

-0,7 -0,3

-1,4 -1,l

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RECITER u. LEVI, Quantitative Analyse d. Oxydationsprodukte Y. Thallium(1)-sulfid 109

TI,SOc

244,2

Sulfatwerte im Mittel um etwa 1,5% zu niedrig. Da13 d i e s Fehler offen- bar auf die Gegenwart des durch Formaldehyd gebundenen Sulfits zuruckzufuhren sind, zeigt der zweite Teil der Tabelle, der die erheblich genaueren Analysenwerte sulfit- und formaldehydfreier Gemische wieder- gibt. Der letzte Teil der Tabelle bestatigt dies, da auch in Gemischen, die nur TI,S,O, und mit Formaldehyd gebundenes TI,SO, enthalten, die TI,S,O,-Werte urn etwa 1,5% zu tief liegen.

Zur Bestimmung von Sulfit kan? die sonst iibliche gemeinsame Titration von Thiosulfat und Sulfit mit Jodlosung nicht in Frage, da ja das Sulfit, wenn es nicht durch Formsldehyd gebunden war, schon beim Losen bzw. bei der T1J-Fallung teilweise zu Sulfat oxydiert wurde. Sulfit muIjte daher nach der Oxydation zu Sulfat zusammen mit dem urspriinglich vorhandenen Sulfat als BaSO, bestimmt werden. Aus der Differenz zwischen diesem und dem durch Fallung von Sulfat in Gegen- wart von Forrnaldehyd erhaltenen BaS0,-Wert konnte dann der Sulfit- gehalt berechnet werden.

Hierzu wurde so vorgegangen, daB das beim Losen der Substanz und bei der TIJ- Fiillung noch nicht oxydierte Sulfit zusammen mit dem Thiosulfat, das bei der Fiillung von BaSO, stiren wurde, durch Jodlosung oxjdiert und dann das gesamte Sulfat, wie oben beschrieben, in halter essigsaurer I.6sung mit BaCl, gefallt wurde.

Tab. 3 zeigt die Ergebnisse von Testanalysen fur die Bestimmung der Summe von Sulfit und Sulfat allein und in Gegenwart von T1,O und TI,S,O,.

Tabelle 3 Testana lysen fur die Best immung der Summe von Tl,SO, und TI,SO,

TIZSZO,

- 119,7 - 297,8 170,l 298.0 218,8 - 510,7 291,5 512,8 213,5 201,6 748,5 242,l 747.5 178,9 159,9 783,9 245,2 783,6

Eingewogen (mg) I1 Gefunden (mg)

+0,1 172,5 +1,4 +0,4 291,6 +0,3 -O,1 2433 +0,5 i 0 , O 247,O +0,7

-

Es fehlt nun im loslichen Anteil noch die Bestimmung der beim Losen des T1,O gebildeten Hydroxylionen, die zweckmaflig acidimetrisch erfolgt, und zwar vor der Thalliumbestimmung, fur die ja eine annahernd neutrale Losung erforderlich ist. Die hierfur verwendete Saure darf die nachfolgende Bestimmung .der Schwefelsauerstoffsauren nicht storen. Daher scheidet Schwefelsaure aus, ferner alle Sauren, die oxydierend

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110 Zeitschrift fiir anorganische und allgemeine Chemie. Band 270. 1952

- 211,8 -

265,2 -.

auf Thiosulfat oder Sulfit wirken, und umgekehrt ebenso auch Sauren, deren Salze durch Jodlosung oxydiert werden. SchlieBlich muB die Saure ein genugend losliches Thallium( I)-Sah bilden. Da infolge dieser Einschrankungen keine der gebrauchlichen Sauren in Betracht kam, wurde anfangs Essigsaure benutzt, obwohl sie als schwache Saure an sich wenig geeignet ist. Im weiteren Verlauf der Untersuchungen wurde danii Uberchlorsiiure verwendet, die ja Sulfit und Thiosulfat auch nicht oxydiert und ebenfalls ein geniigend losliches Thalliumsalz bildet.

Da TI,S,O,-Losung infolge Hydrolyse schwach aIkaIisch reagiert, muate ein im alkalischen Gebiet umschlagender Indikator verwendet werden, was fur die Titration mit Essigsaure ja ohnehin notwendig war. Es wurde daher gegen Phenolphathalein titriert. Dies bereitete allerdings insofern Schwierigkeiten, als die neutrale &sung wegen der An- wesenheit von Thiosulfat nicht gekocht werden durfte. Daher wirkte die trotz aller Vor- sichtsmaBnahmen beim Ltisen der Substanz bei der weiteren Verarbeitung niemals ganz zu vermeidende Aufnahme von CO, durch die TlOH-L6sung recht sttirend und fiihrte, wie die in Tabelle 4 wiedergegebenen Testanalysen zeigen, stets zu Werten, die zum Teil erheblich zu niedrig liegen.

Tabelle 4 T e s t a n a l y s e n fiir d ie T1,O-Bestimmung d u r c h T i t r a t i o n m i t HCIO, gegen

P h e n o p h t h a l e i n

.-___ -~ -

- 568,2 -1,z - 116,6 -1,4

154,8 185,4 -1,8 206,2 142,l -3,5 295,3 196,O -43

T1,O

575,7 118,2 188,8 147,l 205,2

In Gegenwart von T1,S08 fiihrte die OH--Bestimmung nicht zu brauchbaren Werten, da bier infolge der starken hydrolytischen Spaltung des Tl,SO, kein scharfer Umschlags- punkt des Indikators zu erzielen ist. Da bei allen bisherigen Untersuchungen iiber den Oxydationsverlmf des T1,S aber niemals gleichzeitig Sulfit und Hydroxyd auftraten, war diese Schwierigkeit belanglos. Daa Problem wurde daher nichf weitar verfolgt.

Iv. Analyse des in Wasser nicht liisliehen Anteils Der wasserunlosliche Riickstand der Oxydationsprodukte des T1,S

kann T1,0, und noch unoxydiertes T1,S enthalten. na sich diese beiden Verbindungen nicht durch verschiedene Losungsmittel trennen lessen und da es wegen des Sulfidgehalts nicht moglich ist, sie unter Erhaltung der verschiedenen Oxydationsstufen des Thalliums in Losung zu bringen, erschien es am zweckmafiigsten, beide unter energischer Oxydation des T1,S mit Brom in Salzsaure zu losen und nach Vertreiben des uber-

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REUTER u. LEVI, Quantitative Analyse d. Oxydationsprodukte v. Thallium(1)-sulfid 11 1

- - 676,9 584,l 456,5 303,2

schussigen Broms das dreiwertige Thallium a h T1,03S0) und Sulfat als BaSO, zu bestirnmen.

Die Analyse wurde so durchgefiihrt, daS die Lkung nach dem Abrauchen des Bmms und der iiberschiissigen Salzsaure mit festem NaOH neutralisiert und dann langsam mit verdiinnter NaOH-=sung versetzt wurde. Das ausgefallene Tl,O,-Hydrat wurde langere Zeit warm gehalten, damit es gut filtrierbar wurde, dann durch einen Glasfiltertiegel G 4 abgesaugt, etwa 1 Stunde bei ZOOo im elektrischen Trockenschrank getrocknet und ge- wogen. I m Filtrat wurde Sudat in der iiblichen Weise als BaSO, bestimmt.

Bei TI,SO,-haltigen Substanzen erwies es es sich als zweckmalig, fiir diesen Teil der Analyse den Riickstand der in formaldehydhaltigem Wasser geliisten Probe zu verwenden, um einen zu niedrigen Tl,O,-Wert infolge etwaiger Reduktion durch Tl,SO, h i m Losen auszuschlie Oen.

Wie die in Tab. 5 wiedergegebenen Werte von Testanalysen zeigen, fiihrte das Verfahren zu durchaus befriedigenden Ergebnissen.

487,8 709,7 - - 396,O 444,O

Tabelle 5 T e s t a n a l y s e n f u r d i e B e s t i m m u n g von TISO, u n d T1,S

487,7 705,9 - -

389,6 434,O

Gefunden (mg)

I F e h l e r x i TI,S I I

-

680,O 584,5 458,3 301,9

FU* den Fall, daB nur der Schwefelgehalt von Interesse ist, ist es auch mijglich. BaSO, ohne vorherige Abrennung von Thallium zu bestimmen.

V. Fehlerbetrachtnng Es erscheint notwendig, das Analysenverfahren abschlienend einer

kritischen Betrachtung im Hinblick auf seine Verwendbarkeit fur die Untersuchung der Oxydationsprodukte des TI,S zu unterzieheL.

Eine sehr erhebliche Fehlerquelle stellt bereits der Losevorgang dar. Wahrend es gelang, durch sorgfaltigen AusschluB von Luftsauerstoff die nachtragliche Oxydation des TI$ auszuschliel3en und die Umsetzung zwischen TISO, und Tl,SO, durch Zusatz von Formaldehyd zu ver- hindern, war es niuht moglich, die analoge Umsetzung zwischen T1,0, und TI,S,O, vollstiindig zu vermeiden. Indessen spielten die hierdurch verursvchten Fehler, die natiirlich je nach der Zusammensetzung der

PO) Lteratur in R. FRESENIUS u. G. JANDER, Handbuch der analytischen Chemie, Bd. 111. Teil 111, Berlin 1942, S. 617.

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112 Zeitachrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 270. 1952

Substanz recht verschieden waren, aber selbst im ungunstigsten Fitlle unter den gewahlten Bedingungen nur in der GroDenordnung von einigen Prozent lagen, keine so erhebliche Rolle, daB sie die Verwendbarkeit des Verfahrens wesentlich beeintrachtigen konnten.

Von den analytischen Einzelbestimmungen wird die des Thalliums allen Anspriichen gerecht, die man an eine solche Methode stellen kann. Ibre Fehlergrenze liegt unterhalb 0,5 %. Auch die Genauigkcit der T1,S- Bestimmung, sowie der Bestimmung von Thiosulfat und Sulfat in sulfit- freien Gemischen liegt in diesem Bereich. Fur die Summe von SuIfit und Sulfat wird eine Genauigkeit von etwa 1% erreicht.

Bei der Bestimmung von T1,0, in Substanzen, die noch TI$ ent- Zialten, und ebenso bei der Bestimmung von Tl,S,O, und TI,SO, in sulfithdtigen Produkten mu13 dagegen ein Fehler von durchschnittlich etwa 1,5-2% in Kauf genommen werden. Diese Ungenauigkeit fallt jedoch praktisch nicht so sehr ins Gewicht, da die Untersuchungen uber den Oxydationsverlauf des T1,S bisher gezeigt haben, da13 in waBriger Losung Sulfit nur neben Sulfat, nicht dagegen neben nennenswerten Mengen Thiosulfat, und iiberhaupt nur unter bestimmten Bedingungen auftritt. Hieriiber sol1 in einer der nachsten Mitteilungen berichtet werden.

Ausgesprochen unbefriedigend ist schliefilich die Bestimmung der Hydroxylionen, bei der die Werte etwa bis zu 4 % zu niedrig ausfallen. Man kann sich in diesem Falle nur so helfen, daD man die Werte aus der Differenz zwischen den Summen der Kationen- und Anionenaqui- valente berechnet. Trotz der grundsatzlich mit einem derartigen Ver- fahren verbundenen Fehler verspricht es Erfolg, da die Genauigkeit der Thalliumbestimmung und der Werte der iibrigen Anionen ja wesentlich holier ist. Voraussetzung fur dieses Vorgehen ist allerdings, daR man sich GewiBheit dariiber verschafft, daB keine weiteren, anltlytisch nicht erfal3ten Anionen vorhanden sind.

Ganz allgemein ist zu beriicksichtigen, da13 das Verfahren in der vorliegenden Arbeit auf den ungunstigsten Fall abgestellt ist, da in den tatsachlichen Oxydationsprodukten niemals alle hier behandelten An- ionen gleichzeitig beobachtet worden sind und bei einfacheren Gemischen die Genauigkeit natiirlich g r o b r wird.

Unter Beriicksichtigung all dieser Gesichtspunkte erwies sich das vorliegende Verfahren fur den vorgesehenen Zweck als durchaus geeignet.

VI. Analysenvorschriit a) Be i Abwesenheit von Tl,SO, werden etwa 500 mg der fein gepulverten Sub-

stanz mit etwa 250 cmS ausgekochtem Wasser von etwa 80" in der beschriebenen Apparatur

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REUTER u. LEVI, Quantitative Analyse d. Oxydationsprodukte v. Thallium(1)-sulfid 113

20 Minuten lang im Reinstickstoffstrom behandelt. Die Liisung wird nach dem Abkiihlen durch einen Glasfiltertiegel G 4 filtriert und der Riickstand quantitativ im Filter gesammelt.

In der wiBrigen Ldsung wird zuniichst bei Zimrnerternperatur TlOH mit 0,l n HCIO, gegen Phenolphthalein titriert, die Lijeung dann auf etwa 50" erwarmt und mit einem 3-4fachen UberschuB an 0,2 n jodfreier NaJ-Losung versetzt. Dann wird kurz bis zum beginnenden Sieden erhitzt und nach mindestens 12stiindigem Stehen durch einen G 4-Tiegel filtriert, der TIJ-Niederschlag mit 0,lproz. NaJ-Lkung gewaschen, bei 130D etwa 1 Stunde getrocknet und gewogen. Im Filtrat wird Thiosulfat mitO,O2 n Jodlosung gegen Starke titriert, dann mit 10 crns 2Oproz. Essigsiure angesiiuert und in der Kiilte tropfenweise unter Umriihren mit 0,2 molarer BaC1,-Losung versetzt. Nach Absitzen wird das BaSO, auf einem Blaubandfilter gesammelt, rnit kaltem angesauertem Wasser gewaschen, etwa 30 Minuten bei 800" gegliiht und gewogen.

b) I n Gegenwar t v o n !h,SO, wird eine Probe in 250 cma ausgekochtem Wasser, dem 10 cms 4Oproz. Formaldehydldsung zugesetzt worden sind, in der angegebenen Weise gelost. Nach dem Abfiltrieren vom unloslichen Riickstand wird die Losung rnit Essigsiiure oder HCIO, gegen Phenolphthalein neutralisiert und nach Erwarmen auf etwa 50", wie unter a) beschrieben, mit iiberschiissiger Na J-Losung zur Fallung des Thalliums ver- setzt. Das Filtrat der Thalliumbeetimmung wird mit 10 cmS 2Oproz. Essigsiure versetzt und zur Bestimmung den Thiosulfats mit 0,02 n Jodlosung gegen Starke bis zur deutlichen Blaufiirbung titriert. Das Sulfat wird dann wie unter a) in der Kalte mit BaCI,-L&ung gefallt.

Eine zweite Probe wird ohne Zusatz von Formaldehydldsung entsprechend der unter a) angegebenen Vorschrift gelost. Nach Neutralisation der Losung mit EssigsLure oder HCIO, gegen Phenolphthalein wird Thallium als TIJ bestimmt, das Filtrat zur OXY- dation des Sulfits und Thiosulfats rnit Jodldsung bie zur deutlichen Blaufarbung von Starke versetzt und schlieBlich die Summe des urspriinglich vorhandenen und des durch Oxydation des Sulfits gebildeten Sulfats wie unter a) in essigsaurer Ldsung Kit BaClr Lijsung in der Kalte gefallt.

c) D e r Ri icks tand von TI,S u n d T1,0, - bei T1,S03-haltiger Substanz wird hierzu der Riickstand der in Formaldehyd-Wasser geloisten Probe benutzt - wird zusammen rnit dem Glasfiltertiegel in einem Becherglas mit 15 c'm3 Wasser, 15 om3 gesattigter Brom- Salzsaure und 15 cma konz. HCI zur Oxydation des Sulfidschwefels und des einwertigen Thalliums versetzt. Nach 12stiindigem Stehen wird auf dem Bandbad bis zur Vertreibung des Broms eingedamft. Nun wird der Filtertiegel mit Wasser abgespiilt, die Losung auf 200 cm3 verdiinnt, durch den Filtertiegel filtriert und dieser mit Wasser ausgewaschen. Die Ldsung wird mit NaOH-Pliitzchen fast neutralisiert, und das T1,0, in der Siede- hitze mit verdiinnter NaOH gefalIt. Nach 12stiindigem Absitzen auf dem Sandbad wird das T1,0, in einem Filtertiegel G 4 gesammelt, mit heiBem Wasser nachgewaschen und im elektrischen Trockenschrank bei' 200" getrocknet.

Im Filtrat wird das Sulfat nach Ansiuern mit 2 cms iiberschiissiger konz. Salzsiium in der Siedehitze tropfenweise rnit 0,2 molarer BaC1,-Losung gefallt. Der Niederschlag wird wie iiblich auf einem Blaubandfilter gesamrnelt, gewaschen, etwa 30 Minuten bei 800" gegluht und gewogen.

Die TI,O,-Auswaage ergibt den Gesamt-TI-Gehalt des Unloslichen, die BaS0,- Fallung den Sulfidanteil.

Berl in-C~arlo t ten~urg , Anorgu.nisch-chemisches Institut der Tech- nischen. Univer&at.

(Bei der Radaktion eingegangen am 28. Juli 1952.) Ba 2. anorg. ellg. Chede . Bd. 70.