Über komplex zusammengesetzte sulfidische Erze II. Zur Struktur des Freieslebenits, ...

12
Zeitschrift fur Kristallographie, Bd. 109, S. 284-295 (1957) Uber komplex zusammengesetzte sulfidische Erze II. Zur Struktur des Freieslebenits, PbAgSbS3 Von Erwix Hellxer Mit 3 Abbildungen im Text (Eingegangen am 6. Mai 1957) Abstract The structure of freieslebenite can be deduced in a simple way from the NaCl-(PbS-)type. Patterson diagrams show only maxima with special para- meters and explain the "ideal" structure of freieslebenite. In this case the superposition method cannot be used to find the real positions of the atoms, especially the deviations from the "ideal" structure. The refinement of the structure was carried out by the method of trial and error. A discussion is given why such a complex sulfide crystallizes in a structure which can be interpreted as a deformation of the PbS-structure. Zusammenfassung Die Struktur des Freieslebenit kann in einfacher Weise vom AraCl-(PbS-) Typ abgeleitet werden. Die patterson-Diagramme zeigen nur Maxima mit speziellen Parametern und erklaren die ,,Ideal"-Struktur des Freieslebenit. Die Superpositionsmethode kann in diesem Fall nicht angewendet werden, um die Atom-Parameter, besonders ihre Abweichungen von der ,,Ideal"-StruktuT, zu bestimmen. Mit Hilfe der ,.trial and error"-Methode wurde die Parameterver- feinerung durchgefiihrt. Es werden die Grande aufgezeigt, warum die Struktur des Freieslebenit als ein deformierter PbS-Typ aufgefaBt werden kann. Die einzigen bisher bekanntgewordenen rontgenographischen Unter- suchungen an Einkristaden des Freieslebenits wurden von Palache, Richmond und Winchell 1938 mitgeteilt. Sie bestimmten iiber Dreh- und weissexbeeg-Aufnahmen die GroBe der ElementarzeUe und die Raumgruppe: a = 7,53, b = 12,79, c = 5,88 A,/S = 92° 14', C\h—P2x\n. Aus der chemischen Analyse von v. Payr (1860) wurde die Formel Ag5Pb3Sb5S12 abgeleitet.

Transcript of Über komplex zusammengesetzte sulfidische Erze II. Zur Struktur des Freieslebenits, ...

Zeitschrift fur Kristallographie, Bd. 109, S. 284-295 (1957)

Uber komplex zusammengesetzte sulfidische ErzeII. Zur Struktur des Freieslebenits, PbAgSbS3

Von Erwix Hellxer

Mit 3 Abbildungen im Text

(Eingegangen am 6. Mai 1957)

Abstract

The structure of freieslebenite can be deduced in a simple way from theNaCl-(PbS-)type. Patterson diagrams show only maxima with special para-meters and explain the "ideal" structure of freieslebenite. In this case thesuperposition method cannot be used to find the real positions of the atoms,especially the deviations from the "ideal" structure. The refinement of thestructure was carried out by the method of trial and error. A discussion is givenwhy such a complex sulfide crystallizes in a structure which can be interpretedas a deformation of the PbS-structure.

ZusammenfassungDie Struktur des Freieslebenit kann in einfacher Weise vom AraCl-(PbS-)

Typ abgeleitet werden. Die patterson-Diagramme zeigen nur Maxima mitspeziellen Parametern und erklaren die ,,Ideal"-Struktur des Freieslebenit. DieSuperpositionsmethode kann in diesem Fall nicht angewendet werden, um dieAtom-Parameter, besonders ihre Abweichungen von der ,,Ideal"-StruktuT, zu

bestimmen. Mit Hilfe der ,.trial and error"-Methode wurde die Parameterver-feinerung durchgefiihrt. Es werden die Grande aufgezeigt, warum die Strukturdes Freieslebenit als ein deformierter PbS-Typ aufgefaBt werden kann.

Die einzigen bisher bekanntgewordenen rontgenographischen Unter-suchungen an Einkristaden des Freieslebenits wurden von Palache,Richmond und Winchell 1938 mitgeteilt. Sie bestimmten iiber Dreh-und weissexbeeg-Aufnahmen die GroBe der ElementarzeUe und dieRaumgruppe: a = 7,53, b = 12,79, c = 5,88 A,/S = 92° 14', C\h—P2x\n.Aus der chemischen Analyse von v. Payr (1860) wurde die FormelAg5Pb3Sb5S12 abgeleitet.

Uber komplex zusammengesetzte sulfidische Erze, II 285

Experimenteller TeilFiir die rontgenographischen Untersuchungen Avurden Freieslebenit-

Proben von Pribram (Bohmen) und von Hiendalaencina (Spanien)1,venvendet. Die von Palache, Richmond und Wtnchell gefundenensystematischen Ausloschungen

(hOl) mit h ungerade, (OkO) mit k ungeradewurden bestatigt und fiihren in dieser Aufstellung zur RaumgruppeC\h

P2ja. Die Ausmessungen von Einkristall-, Weissenbeeg- undGuiNiER-Aufnahmen ergaben fiir c = 5,95 + 0,01 A.

Die EinkristaUaufnahmen wurden mit kristallreflektierter mono-

chromatischer Strahlung hergestellt. Venvendet man den Monochro-mator an der Stricbfokusseite einer Rontgenrohre, so ergeben sich aufden EinkristaUaufnahmen langgestreckte Reflexe. Die Intensitatendieser Reflexe konnen wie Linien von Pulveraufnahmen photometriertwerden. Der EinfluB der Kristallform auf die Form des Reflexes Avirddurch diese Methode ausgesehaltet; eine Integi'ation jedes einzelnenReflexes ist daher nicht erforderlich. Da der Freieslebenit

wie dergroBte Teil der SilberspieBglanze

sehr sprode ist, Avar es nicht mog-lich, Kristalle mit einem geAviinschten Habitus fiir die EinkristaU-aufnahmen herzusteUen. Es konnten nur Kristallsplitter mit sehr unter-schiedlicher Form fiir die Rontgenaufnahmen erhalten AA'erden. Aufeine Absorptionskorrektur der Intensitaten Avurde aus diesem Grundeverzichtet.

StrukturanalyseSieht man die Ausloschungsregeln fiir den Freieslebenit als charak-

teristisch und nicht als zufallig an, so Averden diese aUein durch P\\aerklart. In dieser Raumgruppe gibt es nur eine 4-zahlige Punktlage;die Metalle der Formel Ag5Pb3Sb5S12 konnen aber nicht auf 4-zahlige

1 Den Herren Professoren Fboxdbl, Raaidohr Und Tokody bin ich fiir dieUberlassung von Avert\'olIem Untersuchungsmaterial dankbar. Herr Prof.Frondel stellte auch den Original-Freieslebenit-Kristall zur Verfiigung, denPalache, Richmond und Winchell (1938) fiir ihre Untersuchungen ver-

Avendeten.Ein Teil der zugesandten Proben ei'Avies sich als Andorit oder Diaphorit.

In den meisten Fallen konnte diese Entscheidung schon auf Grand der gonio-metrischen Vermessungen getroffen Averden. Die Rontgenaufnahmen bestatigtendiese Ergebnisse. Als Andorit erwiesen sich Proben aus der Grube Himmelsfiirstbei Freiberg in Sa. und Felsobanya, Ungarn. Als Diaphorit erwiesen sich Probenaus Braunsdorf in Sa., Freiberg in Sa. und eine Probe aus Hiendalaencina,Spanien.

286 E. Hellnee

Punktlagen ohne statistische Besetzung aufgeteilt werden (Z = 1).Da es in den beiden hemiedrischen Raumgruppen Pa bzw. P2t nur

2-zahlige Punktlagen gibt, ware auch in diesen eine statistische Be-setzung einzelner Punktlagen notwendig.Tabelle 1. Ableitung der Formel fiir den Freieslebenit aus der chemischen Analyse

1

FeAgPbSbS

0,6323,0830,7727,1118,41

100,00

0,0110,2140,1480,2230,574

• 4,833,114,78

12,3125,03

0,234,473,094,66

12,0024,45

444

1224

Spalte 1: Analyse von Payr (1860); Spalte 2: Atomverhaltnisse; Spalte 3Anzahl der Atome in der Zelle nach Palache, Richmond und Winchell (1938)Spalte 4: Andere Moglichkeit, die Anzahl der Atome in der Zelle zu berechnenSpalte 5: Anzahl der Atome, wie sie fiir die Strukturanalyse eingesetzt wurde.

,,Idealisierte Formel".

Im folgenden wird daher die von Palache, Richmond und Win-chell herangezogene chemische Analyse von Paye erneut diskutiert.In Tab. 1 sind die Spalten 1 bis 3 der Arbeit von Palache, Richmondund Winchell entnommen. Spalte 1 gibt die chemische Analysewieder, Spalte 2 das Atomverhaltnis. In Spalte 3 sind die Anzahl derAtome in der Elementarzelle errechnet, so wie sie Palache, Rich-mond und Winchell vorschlagen und wie sie der chemischen Formelzugrunde gelegt warden. Auffallend ist, daB diese Autoren nicht eineganze Zahl von $-Atomen fiir den Inhalt der Elementarzelle voraus-

setzen. In Spalte 4 ist daher von der Annahme, daB 12,31 £-Atomein der Elementarzelle enthalten sein sollen, abgewichen; statt dessenwurden 12 £-Atome pro Elementarzelle angenommen. Dann ergebensich andere Werte fiir die Anzahl der Ag-, Pb- und Sb-Atome. Da aus

einigen sulfidischen Erzen—

auch von Bleiglanz—

bekannt ist, daBAg- und Sb-Atome auf Pb-Punktlagen in geringem Umfang statistischverteilt sein konnen, wurde fiir die vorliegende Strukturbestimmungdes Freieslebenits die Formel Ag^b^b^^ = AgPbSbSs angenommen.Diese Formel laBt sich auch in der Form Ag2S 2 PbS • Sb2S3 schreiben;fiir die Formel von Palache, Richmond und Winchell ist dieseSchreibweise nicht moglich, da sich aus ihr em $-Unterschu6 ergibt.Mit der gemessenen Dichte von 6,23 (Paye) bzw. 6,20 (Palache,Richmond und Winchell) wurde das Molekulargewicht der Elemental'-

Uber komplex zusammengesetzte sulfidisohe Erze, II 287

zelle errechnet, M0 = 2145. Aus der Formel der zuletzt genannten Au-toren ergibt sich ein berechnetes M0 von 2148; mit der vorgeschlagenenFormel Pb^Ag^b^S^ ergibt sich ein M0 von 2131. Die Unterschiedesind gering und rechtfertigen die Aufstellung der idealisierten Formel.

Die PATTERSON-Projektionen der drei Zonen [001], [010] und [100]enthalten nur Maxima mit speziellen Parametern. Aus der Pat-TEESON-Projektion auf (001) ergeben sich Maxima mit den Parametern

Abb. 1. PATTBRSON-Projcktion des Freieslebenit auf (001), P(UB)—

\*mF I21 nn

-i-0, jy, 0 j, y\ und -j"Y (Abb. 1). Die Superpositionsmethodekann im FaU des Freieslebenits also nicht mit Erfolg angewandt werden(Thomas und McLachlan, Jr., 1952), da alle auftretenden Maximaim patterson-Diagramm spezielle Parameter haben.

Die patterson-Projektionen sind nur zu intei'pretieren, wenn manfur die Raumgruppe P2,/« folgende ,,Ideal"-Struktur ftir den Freies-lebenit voraussetzt:

MeT in 4(a): x y z mit T-j-

4~3^4~

Me8 12

,- in 4(a): x y z mit-~

Melu in 4 (a): x y z mit 3 3TUT

Si A I \ .,113m4(a): x y z mit ^^15 3in 4(a): x y z mit 4

in 4(a) : x y z mit 4

288 E. Hellneb,

Diese ,,Ideal"-Struktur entspricht dem NaCl-(PbS-)Typ, was auchaus den Gitterkonstanten der Elementarzelle abgeleitet werden kann:

a des Freieslebenits ~ a |/2 des P6#-Gittersb des Freieslebenits ~ |-a • ]/2 des P6#-Gittersc des Freieslebenits ~ a des P&$-Gitters

Parameter-YerfeinerungFiir die Parameter-Verfeinerung mit Hdfe von Fourier-Synthesen

bietet sich die Projektion auf (001) an, denn hier liegen in der Pro-jektion nur 1 Me- und 1 /S-Atom iibereinander. In aden anderen Pro-jektionen liegen mehrere Me- und £-Atome iibereinander, so dad fiirdiese Zonen nur eine Parameterverfeinerung iiber die „trial and error"-Methods durchgefiihrt werden komite. Aus dieseni Grunde scheint es

wiinschenswert, dreidimensionale Fourier-Synthesen zu rechnen.Wahlt man als Atomformfaktor fiir die drei dfe-Punktlagen zu-

nachst einen gemittelten Wert vonAg P^

—--

, so werden mit den

,,idealen" Parametern nur F,hh0) fiir die starken Reflexe berechnet.Diese starken Interferenzen, und nur sie treten als starke Inter-ferenzen auf, steden die Redexe eines monoklin-deformierten Blei-glanzgitters dar; es werden mit dieser Atomverteilung

F(/li.0) nur mit h = 0 mod 4 und k = 0 mod 6sowie F(mo) nur m^ h = 2 mod 4 und k = 3 mod 6

berechnet (siehe Tab. 2).Die Reflexe, fiir sich allein betrachtet, steden ein innenzentriertes

Gitter mit a' ~ b' —~- aPbS • ]/2 dar; auch das reziproke Gitter istinnenzentriert.

Nach Buergeb (1954, 1956) kann ein solehes Gitter eine ,,substructure"beschreiben. Buergeb (1956) definiert einen Kristall mit einer ,,substructure"folgendermaflen: "Such a crystal has a relatively complex pattern of atoms, yetthe pattern is somehow based upon a complication of a simpler pattern. Thesimpler pattern is called 'substructure', while the set of atoms resjDonsible for thecomplication is called the 'complement structure' ". Buerger gibt als Beispieldie Struktur des Pektoliths, Ga2NaHSi3Os, an; die Ca-Atome mid einige O-Atome bilden eine substructure", wahrend die iVo- und (Si-Atome sowie dierestlichen O-Atome als „complement structure" zu deuteri sind.

Als ein Grenzfall ist nun denkbar, daB die gleichen Atome, die die ,.sub-structure" bilden, auch fiir die ,,complement-structure" verantwortlich sind. Indiesem Fall kann die ,,substructure" als ,,ideales" Gitter angesehen werden;

Uber komplex zusammengesetzte sulfidische Erze, II 289

wahrend die ,,complement-structure" die Abweichungen von den Parameternder „idealen" Struktur angibt. Strukturen dieser Art liegen unter anderem beiden SpieBglanzen Freieslebenit, Diaphorit, Schapbachit, Miargyrit und Lengen-bachit vor. Im Fall des Freieslebenits wurde die Parameterverfeinerung noohnicht liber die Patterson-Synthese der ..complement-structure" durchgefuhrt,da die gemessenen Intensitaten mit Hilfe des Absorptionsfaktors nicht korrigiertwerden konnten.

Tabelle 2. Vergleich der beobackteten und berechneten F(hkf)j von Freieslebenit,Hiendelaencina, Spanien.

WEissENBERG-Aufnahme R 1236b, K 7, Probe 11

-63-

5

-

19 -2-

19

Im nachsten Schi'itt der Strukturbestimmung des Freieslebenitswurden die Me-Punktlagen mit Atomen unterschiedlicher Atomform-faktoren besetzt, die „idealen" Parameter aber noch beibehalten. Zu-satzlich werden Reflexe mit den folgenden Ausloschungsbedingungenberechnet:

-^(M-o) mit A = 0 mod 4 und k = 2 n

F(hko) "lit ^ = 2 mod 4 und k = 2 n + 1und Fn,i-o) mit h = 2n -\- I und k

2n + 1 (mit Ausnahme von

k = 0 mod 3).Berechnet man mit diesen F(te0) eine Fourier-Synthese, so er-

geben sich zwar die unterschiedlichen Gewichte der Maxima ent-sprechend den eingesetzten Atomfaktoren, ihre Parameter behaltenjedoch die ,,idealen" Werte der angenommenen Ausgangsstruktur.Die beste Annaherung der berechneten an die beobachteten F-Wertewird erzielt, wenn die vier P6-Atome die JfeT-Punktlage besetzen.Z. Kristallogr. Bd. 109, 4—6 19

290 E. Hellner

Um alle beobachteten schwachen Intensitaten erklaren zu konnen,muBten die idealen Parameter geandert werden. Die Verfeinerung inder Zone [001] wurde uber Fourier-Synthesen durchgefiihrt. Fiir dieVorzeicheriberechnung ader F,hm wurde statt des idealen Parametersder J/eT(P6-)Punktlage nut xx = i = 0,125 (1) der Wert x = 0,120und (2) der Wert x = 0,130 verwendet. Aus beiden Bereclniungeiiwurden fiir die nachste Fourier-Synthese nur die F,hh0) verwendet,

Abb. 2. FouRiER-Projektion des Freieslebenit auf (001), Q(%y)— FM

welche das gleiche Vorzeichen hatten. Die Fourier-Synthese ergab,daB der ^-Parameter kleiner als 0,125 ist. AuBerdem verschoben sichdie Maxima der Men- und MeIn-Punktlagen aus ihren idealen Lagen ;die Verschiebungen der Maxima wurden deutlicher, wenn man fiir dieBerechnung der FouRiER-Synthese ade F(AJ.0)-Werte verwendet, derenVorzeichen mit dem Parameter x = 0,120 ermittelt wurden. fiberweitere Fourier-Synthesen wurden die endgultigen Parameter indieser Zone, und iiber die ,,trial and error"-Methode Avurden die z-

Parameter in den beiden anderen Zonen [100] und [010] gewonnen.Sie sind aus Tab. 3 zu entnehmen.

Abb. 2 gibt die abschlieBende FouRiER-Projektion auf (001) wieder;ihr wurden die x- und ^/-Parameter fiir die Metallatome entnommen.

Uber komplex zusammengesetzte sulfidische Erze, II 291

Die acht leichten iS-Atome, welche in der ,,Ideal"-Struktur genau iiberden Metallatomen liegen, durften in dieser Projektion keine wesent-liche Verschiebung der schweren MetaUatome ergeben.

Tabelle 3. Parameter filr die Struktur des Freieslebenits

y

PbAgSbSjSn

.113

.095

.385

.100

.100

.340

.085

.415

.256

.100

.413

.260

.240

.240

.720

.740

.680

.140

In der (hier nicbt reproduzierten) FouRiER-Projektion auf (100)liegen je ein Pb und ein Ag-Atom einerseits und zwei Sb-Atomeandererseits iibereinander; die $-Atome sind von den Abbruchwellender schweren MetaUatome iiberdeckt. Auch auf die Wiedergabe derFouRiER-Projektion auf (010) wurde verzichtet, da in ihr drei Metall-bzw. drei Schwefelatome mit unterschiedlichen Parametern iiberein-ander begen. Die Koordinaten der Maxima stellen nur Mittelwerte derParameter von iibereinanderbegenden Atomen dar.

Die Tabellen 2, 4 und 5 erlauben einen Vergleich cler beobachtetenundbereohnetenF-Werte fiir dieZonen [001], [100] und [010]. Obwohleine Absorptionskorrektur nicht vorgenommen wurde, ergeben sichverhaltnismaBig niedrige Werte fiir die Fehlerfaktoren:

R = Z\Fbeob—

Fber\l^ Flbeob

Fiir die Zone [001] ist B = 0,41, fiir die Zone [100] ist Bfiir die Zone [010] ist B = 0,31.

0,37 und

Beschreibung der StrukturDie Struktur des Freieslebenits kann als ein verzerrter NaCl-(PbS-)

Typ aufgefaBt werden (Abb. 3). Auch morphologisch gehort der Freies-lebenit eigentlich nicht zu den ,,SpieB"-Glanzen, denn seine Kristallesind kurzprismatisch ausgebildet. Die Spaltbarkeit (110) entsprichtder (lOO)-Spaltbarkeit des Bleiglanzes. In der Struktur haben alleMetaUatome erne verzerrte oktaedrische Umgebung (Tab. 6). Das Sb-Atom hat mit drei Schwefelatomen einen kiirzeren Abstand (2,46;2,58 und 2,70 A) und bildet gemeinsam mit diesen eine di'eiseitige

19*

292 E. Hellner

Tabelle 4. Vergleich der beobachteten und berechneten F(m) von Freieslebenit,Hiendelaencina, Spanien.

weissenbebg-Aufnahme R 1238n, K 10, Probe 11

26-

6

-

jo

Pyramide, die aus den Strukturen anderer *S7>SpieBglanze bereitsbekannt ist.

Es gibt auBer dem Freieslebenit, PbAgSbS3, noch weitere SpieB-glanze, wie den Diaphorit (Pb2Ag38b3S8)2, den Schapbachit (AgBiS2)und den Miargyrit (AgSbS2), die der i\7aCZ-(P65'-)Struktur unmittelbarverwandt sind.

Allen gemeinsam ist, daB samtliche oktaedrische Liicken der kubischdichtesten Kugelpackung der S-Atome besetzt sind. Es Avurde (Hell-

ner 1956, 1957) deshalb vor-Tabelle 5. Vergleich der beobachteten und geschlagen, die SpieBglanze

in Gruppen einzuteilen, diedurch einen Faktor charak-terisiert aa'erden konnen, Avel-cher die Besetzung der okta-edrischen Liicken angibt.Wenn

berechneten F{m) von Freieslebenit, Hiende-laencina, Spanien.

weissenbebg-Aufnahme R 1236h, K7,Probe 11

/i = (Pb + Ag + Sb)/Sgibt /jXlOO

ist,

" 56 " 87 20 5' die prozentuale oktaedrische-56 -96 * 15 .105 * 32

-

67-

56 1

;6 t6 77 6 e7 is 77 Besetzung der Me-Atome in ei-ner dichtesten Kugelpackung

51 26 72 15 56 o J. c

, -.8-

6

-

72-

jo .57 aus $-Atomen an. Je groBer.43 , H jx wird, um so bleiglanz-

2 tJber die „Ideal"-Struktur des Diaphorits Avird in einer Aveiteren Arbeitberichtet Averden.

Uber komplex zusamrnengesetzte sulfidische Erze, II 293

ahnlicher werden die Strukturen. Die zusammenhangenden PbS-Bereiohe in den einzemen Strukturen nehmen ab, wenn der Faktor /xkleiner wird. Hieriiber wird ausfuhrlich berichtet, wenn die Ergebnisse

9''

Pb Sb Ag S

o O ° verzerrte [lementarze/ledes Bleiglanz

Abb. 3. Struktur desFreieslebenit projiziert auf (001); die AbstandeMe—Ssind in die Abbildung eingetragen

Tabelle 6. Atomabstdnde im Freieslebenit

Pb Sb Ag 'in

Sn

Sin

2,982,992,86

3,11

2,892,97

2,942,46

2,722,94

3,452,54

3,30

2,703,332,62

2,792,99

4,084,33

4,023,774,184,703,804,553,584,383,614,43

3,774,704,183,804,023,404,71

4,314,084,584,233,77

4,553,584,393,614,434,233,774,584,314,083,773,77

294 E. Hellneb

der Strukturbestimmungen am Meneghinit, Cosalit, Andorit, Fizelyitund Ramdohrit mitgeteilt worden sind3.

Im folgenden sei eine Einteilung der Bleiglanzgruppe nach struk-turellen Gesichtspunkten unter Beriicksichtigung der SpieBglanze mitBleiglanzstruktur gegeben:

Bleiglanzgruppe, fx = 1

a) Bleiglanz-UntergruppeBleiglanz, PbS; Oldhamit, CaS; Alabadin, v.-MnS; Clausthalit,PbSe; Altait, PbTe; Hoch-Schapbachit, a.-AgBiS2.

b) Freieslebenit- UntergruppeFreieslebenit, PbAgSbS3; Diaphorit, Pb2Ag3SbsS8; Schapbachit,AgBiS2.

c) Miargyrit- UntergruppeMiargyrit, AgSbS2.

In die Bleiglanz-Untergruppe (a) sind alle sulfidischen Erze auf-genommen, die kubische Symmetrie haben und in der idealen PbS-Struktur kristallisieren; in der Freieslebenit-Untergruppe sind alle die-jenigen „SpieB"-Glanze aufgenommen, deren eine Gitterkonstantegleich der GroBe a des P&#-Gitters ist; Miargyrit schlieBlich ist des-halb gesondert aufgefiihrt, weil diese Struktur sich von einem PbS-Gitter ableiten laBt, welches auf eine Flachendiagonale b = \ aPbS]/2gesteUt ist (Hofmanjt 1938); auBerdem lassen sich fast aUe Strukturender Sb- und Bi-SpieBglanze von dieser Struktur ableiten.

Herrn Prof. Dr. H. G. F. Winkler danke ich fur sein Interesse an

dieser Arbeit. Fraulein Chr. Schumann fiihrte die umfangreichen Be-rechnungen der Patterson- und ForjRiER-Projektionen sowie derRontgenintensitaten durch. Die Deutsche Forschungsgemeinschaftunterstiitzte diese Arbeiten durch Bereitstelliuig einer Sachbeihilfe,fiir die ich auch an dieser Stelle danken mochte.

Literatur

M. J. Bueegeb (1954), Some relations with substructures. Proc. Nat. Acad.Sci. 40, 125-128.

(1956), Partial Foubieb syntheses and their application to the solution ofcertain structures. Proc. Nat. Acad. Sci. 42, 776—781.

3 Siehe auch das Vortragsreferat zur Tagung der Union of Crystallography inMontreal, Canada, 1957.

Uber komplex zusammengesetzte sulfidische Erze, II 295

E. Hellner (1956), Diskussionsbemerkung zum Vortrag G. Leineweber undE. Hellner ,,Zur Struktur des Bournonits und Seligmannits". Fortschr.Mineral. 34, 48—51.

(1957), Zur Struktur des Freieslebenits und iiber ein Bauprinzip sulfldiseherErze. Fortschr. Mineral. 35, im Druck.

W. Hofmann (1938), Die Struktur von Miargyrit, AgSbS2. Sitzungsber. PreuB.Akad. Wiss. Phys.-math. Kl. 10, 111—119.

Ch. Palache, W. E. Richmond and H. Winchell (1938), Crystallographicstudies of sulfosalts: Baumhauerit, Meneghinite, Jordanite, Diaphorite,Freieslebenite. Amer. Mineral. 23, 821—836.

v. Payr (1860) in A. Reuss, Mineralogische Notizen aus Bohmen. Lotos 1S59,51-56; Auszug: N. Jahrb. Mineralog. 1860, 580.

D. J. Thomas and D. McLachlan, Jr. (1952), Some critical tests of the use ofmixed projection in crystal structure determination. Acta Crystallogr. 5,301—306.

Mineralogisches Institut der Universitat Marburg