Übung im Strafrecht für Fortgeschrittene 1. Hausarbeit · Übung im Strafrecht für...

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Johannes Pogoda 3. April 2011 Große Scharrnstr. 27 15230 Frankfurt (Oder) +49(0)179 4686868 [email protected] Matrikelnr.: 33097 3. Semester Übung im Strafrecht für Fortgeschrittene 1. Hausarbeit Prof. Dr. Gerhard Wolf Sommersemester 2011

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Johannes Pogoda 3. April 2011 Große Scharrnstr. 27 15230 Frankfurt (Oder) +49(0)179 4686868 [email protected] Matrikelnr.: 33097 3. Semester

Übung im Strafrecht für Fortgeschrittene

1. Hausarbeit

Prof. Dr. Gerhard Wolf

Sommersemester 2011

II

Sachverhalt

A nimmt sich vor, die Spielothek in der Slubicer Straße zu überfallen. Er will an der Hintertür warten, bis der Betreiber (B) wie üblich als letzter den Laden verlässt. Diesen will er dann mit vorgehaltenem Revolver zwingen, den Safe mit den Tageseinnahmen zu öffnen und ihm das Geld in eine mitgebrachte Plastiktüte einzupacken. Danach will er B noch zu folgendem zwingen: Mit dem Wagen des B soll ihn dieser aus Frankfurt (Oder) hinausbringen. Dann soll B auf der Landstraße Richtung Lebus auf freiem Feld aussteigen und A das Fahrzeug überlassen. Als B aus der Spielothek kommt, hält der maskierte A ihm den (bewusst ungeladenen) Revolver vor und zwingt den B mit den Worten: „Schnell, zurück zum Safe!“, in die Spielhalle zurückzugehen. Als er den neuen, hochmodernen Safe sieht, kommen ihm Bedenken, ob B nicht vielleicht aufgrund einer Zeitsicherung Alarm auslöst, wenn er die Kasse mit dem Schlüssel öffnet. Er beschließt daher, von seinem Vorhaben Abstand zu nehmen.

Um mehr Zeit für seine Flucht zu haben, schlägt er B von hinten mit dem Revolverknauf bewusstlos. Anschließend nimmt er die Autoschlüssel des B aus dessen Tasche und flieht mit dem Auto des B, allerdings allein und ohne Beute. Am Morgen des nächsten Tages wird B tot aufgefunden. Die Autopsie ergibt, dass der Tod nicht aufgrund des die Bewusstlosigkeit verursachenden Schlages eingetreten ist, sondern dass B bereits vor dem Schlag vor Schreck einen leichten Infarkt erlitten hatte und infolge des Schocks später an Herzversagen gestorben ist.

Wie ist der Fall strafrechtlich zu beurteilen?

III

Literaturverzeichnis

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(Zitiert: Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf)

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(Zitiert: Bottke)

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(Zitiert: Fischer)

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(Zitiert: Frank, StGB)

IV

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(Zitiert: Günther, FS Hirsch)

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Herzberg, Rolf Dietrich: Grundfälle zur Lehre von Täterschaft und

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(Zitiert: Herzberg, FS Lackner)

Hinderer, Patrick / Kneba, Nicolas: Der tatbestandstypische

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Hörnle, Tatjana: Die wichtigsten Änderungen des Besonderen

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Leipziger Kommentar. Strafgesetzbuch.

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Leipziger Kommentar. Strafgesetzbuch. Erster

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Leipziger Kommentar. Strafgesetzbuch. Fünfter

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VI

Leipziger Kommentar. Strafgesetzbuch. Achter

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(Zitiert: LK – Bearbeiter)

Joecks, Wolfgang: Strafgesetzbuch. – Studienkommentar –, 9.

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(Zitiert: StGB-SK)

Joecks, Wolfgang / Miebach, Klaus: Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch.

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(Zitiert: MK – Bearbeiter)

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Nomos Kommentar. Strafgesetzbuch. Band 1:

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(Zitiert: NK – Bearbeiter)

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VII

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VIII

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Schünemann, Bernd: Raub und Erpressung (1. Teil), JA 1980, 349-

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IX

Die deutschsprachige Strafrechtswissenschaft

nach der Strafrechtsreform im Spiegel des

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Kommentars. 2. Teil: Schuld und

Kriminalpolitik, GA 1986, 293-352

Raub und Erpressung (3. Teil), JA 1980, 486-

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Seelmann, Kurt / Pfohl, Andreas: Gewahrsam bei Bewusstlosigkeit bis zum

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(Zitiert: Ulsenheimer)

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(33. Auflage in der UB nicht verfügbar)

(Zitiert: Wessels/Hillenkamp, BT2)

X

Zöller, Mark Alexander: Erpresserischer Menschenraub, Geiselnahme

und das Zwei-Personen-Verhältnis in der

Fallbearbeitung, JA 2000, 476-481

XI

Gliederung

A.   §§ 253, 255, 250, 22, 23 I: VERSUCHTE SCHWERE RÄUBERISCHE ERPRESSUNG. 1  I.   Vorprüfung ................................................................................................................................ 1  II.   Tatbestand ................................................................................................................................ 1  

1.   Tatentschluss ........................................................................................................................ 1  a.   Nötigungshandlung........................................................................................................... 2  b.   Nötigungserfolg ................................................................................................................ 2  c.   Vermögensnachteil ........................................................................................................... 3  d.   Qualifikation nach § 250 .................................................................................................. 3  

aa.   Qualifikation nach § 250 II Nr. 3a .............................................................................. 4  bb.   Qualifikation nach § 250 I Nr. 1a................................................................................ 4  cc.   Qualifikation nach § 250 I Nr. 1b ............................................................................... 5  dd.   Zwischenergebnis........................................................................................................ 5  

e.   Rechtswidrige Bereicherungsabsicht................................................................................ 5  f.   Zwischenergebnis.............................................................................................................. 6  

2.   Unmittelbares Ansetzen zur Tatbegehung............................................................................ 6  3.   Erfolgsqualifikation nach § 251 ........................................................................................... 7  

a.   Todesfolge ........................................................................................................................ 7  b.   Tatbestandsspezifischer Gefahrzusammenhang ............................................................... 7  

aa.   Objektive Zurechenbarkeit.......................................................................................... 7  bb.   Tatbestandsspezifische Gefahr.................................................................................... 8  cc.   Zwischenergebnis........................................................................................................ 8  

c.   Wenigstens Leichtfertigkeit .............................................................................................. 8  d.   Zwischenergebnis ............................................................................................................. 8  

4.   Zwischenergebnis ................................................................................................................. 8  III.   Rechtswidrigkeit und Schuld.................................................................................................. 8  IV.   Persönlicher Strafaufhebungsgrund: § 24 I 1 Alt. 1............................................................... 8  

1.   Weitere Tatausführung aufgegeben...................................................................................... 9  a.   Möglichkeit und Notwendigkeit der weiteren Tatausführung.......................................... 9  b.   Aufgabe der weiteren Tatausführung ............................................................................... 9  c.   Zwischenergebnis ........................................................................................................... 10  

2.   Subjektive Voraussetzung: Freiwilligkeit .......................................................................... 10  3.   Zwischenergebnis ............................................................................................................... 11  

V.   Ergebnis ................................................................................................................................. 11  B.   § 239A I ALT. 1: ERPRESSERISCHER MENSCHENRAUB ........................................... 11  

I.   Tatbestand ............................................................................................................................... 11  1.   Objektiver Tatbestand: Sichbemächtigen........................................................................... 12  2.   Subjektiver Tatbestand ....................................................................................................... 13  

a.   Vorsatz bzgl des objektiven Tatbestands........................................................................ 13  b.   Erpressungsabsicht mit zeitlich-funktionalem Zusammenhang ..................................... 13  c.   Zeitlich-funktionaler Zusammenhang............................................................................. 13  d.   Zwischenergebnis ........................................................................................................... 14  

3.   Zwischenergebnis ............................................................................................................... 14  II.   Ergebnis ................................................................................................................................. 14  

C.   § 239B I ALT. 2: GEISELNAHME ....................................................................................... 14  D.   § 239 I ALT. 2, IV: FREIHEITSBERAUBUNG MIT TODESFOLGE............................. 14  

I.   Tatbestand ............................................................................................................................... 14  II.   Erfolgsqualifikation nach § 239 IV........................................................................................ 15  

1.   Todesfolge .......................................................................................................................... 15  2.   Tatbestandsspezifischer Gefahrzusammenhang ................................................................. 15  

a.   Objektive Zurechenbarkeit ............................................................................................. 15  b.   Tatbestandsspezifische Gefahr ....................................................................................... 15  c.   Zwischenergebnis ........................................................................................................... 16  

XII

3.   Fahrlässigkeit...................................................................................................................... 16  4.   Zwischenergebnis ............................................................................................................... 17  

III.   Rechtswidrigkeit und Schuld................................................................................................ 17  IV.   Ergebnis................................................................................................................................ 17  

E.   § 240 I ALT. 2: NÖTIGUNG .................................................................................................. 17  I.   Tatbestand ............................................................................................................................... 17  

1.   Objektiver Tatbestand......................................................................................................... 17  2.   Subjektiver Tatbestand ....................................................................................................... 17  3.   Zwischenergebnis ............................................................................................................... 17  

II.   Rechtswidrigkeit und Schuld ................................................................................................. 17  III.   Ergebnis ................................................................................................................................ 18  

F.   § 241 I ALT. 1: BEDROHUNG .............................................................................................. 18  I.   Tatbestand ............................................................................................................................... 18  II.   Rechtswidrigkeit und Schuld ................................................................................................. 18  III.   Ergebnis ................................................................................................................................ 18  

G.   § 123 I: HAUSFRIEDENSBRUCH........................................................................................ 18  I.   Tatbestand ............................................................................................................................... 18  II.   Rechtswidrigkeit, Schuld und Strafantrag nach § 123 II ....................................................... 19  III.   Ergebnis ................................................................................................................................ 19  

H.   ENDERGEBNIS I .................................................................................................................... 19  I.   §§ 249 I ALT. 1, 250, 251: SCHWERER RAUB.................................................................... 20  

I.   Tatbestand ............................................................................................................................... 20  1.   Objektiver Tatbestand......................................................................................................... 20  

a.   Wegnahme einer fremden, beweglichen Sache .............................................................. 20  b.   Qualifizierte Nötigung zum Zweck der Wegnahme....................................................... 21  c.   Qualifikation nach § 250................................................................................................. 22  

aa.   § 250 II Nr. 1............................................................................................................. 22  bb.   § 250 II Nr. 3a ........................................................................................................... 22  cc.   § 250 I Nr. 1a, Nr. 1b ................................................................................................ 23  

d.   Zwischenergebnis ........................................................................................................... 23  2.   Subjektiver Tatbestand ....................................................................................................... 23  3.   Erfolgsqualifikation nach § 251 ......................................................................................... 23  4.   Zwischenergebnis ............................................................................................................... 24  

II.   Rechtswidrigkeit und Schuld ................................................................................................. 24  III.   Ergebnis ................................................................................................................................ 24  

J.   §§ 223 I, 224 I: GEFÄHRLICHE KÖRPERVERLETZUNG.............................................. 24  I.   Tatbestand ............................................................................................................................... 24  II.   Rechtswidrigkeit und Schuld ................................................................................................. 25  III.   Ergebnis ................................................................................................................................ 25  

K.   § 221 I NR. 1: AUSSETZUNG................................................................................................ 25  I.   Tatbestand ............................................................................................................................... 25  

1.   Objektiver Tatbestand......................................................................................................... 25  2.   Subjektiver Tatbestand ....................................................................................................... 26  3.   Zwischenergebnis ............................................................................................................... 26  

II.   Ergebnis ................................................................................................................................. 26  L.   ENDERGEBNIS II .................................................................................................................. 26  

1

Gutachten

A. §§ 2531, 255, 250, 22, 23 I: VERSUCHTE SCHWERE

RÄUBERISCHE ERPRESSUNG

A hat sich gem2 §§ 253, 255, 22, 23 I durch den versuchten Überfall der

Spielothek strafbar gemacht, wenn der Versuch einer räuberischen

Erpressung strafbar ist und dieser nicht vollendet wurde. Er müsste ferner

tatbestandsmäßig, rechtswidrig und schuldhaft gehandelt haben. Der

Versuch könnte nach § 250 aufgrund der ungeladenen Waffe sowie nach §

251 aufgrund des Tods des B qualifiziert sein.

I. Vorprüfung

Die Strafbarkeit der versuchten Erpressung ergibt sich aus § 253 III. Wenn

der Gesetzgeber bereits den Versuch der Erpressung unter Strafe stellen

wollte, dann wollte er erst recht den Versuch einer räuberischen Erpressung

unter Strafe stellen, deren Strafandrohung3 höher ist als die der Erpressung4.

Die versuchte räuberische Erpressung ist also strafbar.

Die Tat wurde nicht vollendet, wenn ein Tatbestandsmerkmal nicht erfüllt

ist.5 § 253 fordert ua einen Vermögensnachteil beim Genötigten als

Taterfolg.6 Vorliegend kam es jedoch zu keinem Vermögensnachteil bei B

durch den Überfall, weshalb die Tat auch nicht vollendet ist.

II. Tatbestand

Damit A tatbestandsmäßig vorging, müsste er subjektiv zur Tat entschlossen

gewesen sein und zu dieser auch unmittelbar angesetzt haben (§ 22). Evtl

war A gar zu einem nach § 250 qualifizierten Versuch entschlossen, zu

diesem müsste er auch unmittelbar angesetzt haben.7 Möglicherweise

erfolgsqualifizierte A den Versuch darüber hinaus nach § 251.

1. Tatentschluss

Ein Tatentschluss liegt vor, wenn A wusste und auch wollte, dass er mit der

Tatbegehung vorbehaltlich ihres Gelingens alle Merkmale des Tatbestands

erfüllt8. Er müsste also mind Vorsatz hinsichtlich der Nötigungshandlung

und des darauf beruhenden Nötigungserfolgs sowie des damit verbundenen

1 Normen sind vorbehaltlich anderweitiger Angaben solche des StGB. 2 Es werden die üblichen Abkürzungen verwendet (vgl Kirchner, Hildebert / Butz, Cornelie: Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 6. Aufl., 2006). 3 § 249 I sieht als Mindeststrafe ein Jahr Freiheitsstrafe vor. 4 Die Strafandrohung von § 255, welche gleich der eines Räubers ist (Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr), qualifiziert die räuberische Erpressung auch als Verbrechen iSv § 12 I, weshalb der Versuch ferner nach § 23 I Hs. 1 strafbar ist. 5 Umkehrschluss aus LK – Hillenkamp, vor § 22, Rn 17. 6 NK – Kindhäuser, § 253, Rn 28. 7 MK – Sander, § 250, Rn 72. 8 LK – Hillenkamp, § 22, Rn 31; Kühl, § 15, Rn 3; Jura 2001, 55 (56).

2

Vermögensnachteil des Genötigten gehabt haben. Zusätzlich könnte er zur

Qualifikation nach § 250 entschlossen gewesen sein und müsste mit

rechtswidriger Bereicherungsabsicht vorgegangen sein.9

a. Nötigungshandlung

Fraglich ist, ob das Halten der ungeladenen Waffe an den Kopf des B

Gewalt gegen eine Person iSv § 255 Alt. 1 darstellt.

Gewalt liegt unstreitig vor, wenn der Täter eine physische Kraft entfaltet,

die eine unmittelbare Einwirkung auf den Körper des Opfers verursacht,

und die Kraft aus Tätersicht geeignet scheint, den geleisteten oder

erwarteten Widerstand des Opfers zu brechen.10 Strittig ist jedoch, ob

Gewalt idF psychosomatischen Ursprungs sein kann.11 Der BGH12 bejaht

dies, da eine vorgehaltene Schusswaffe eine derartig starke seelische

Erregung verursache, infolge derer das körperliche Wohlbefinden erheblich

vermindert und deshalb die physischen Voraussetzungen zur freien

Willensentschließung und Willensbetätigung erheblich beeinträchtigt werde.

Eine andere Ansicht13 erachtet jedoch die Angst vor dem zukünftigen Übel

als dominierend. Demnach müsste das Vorhalten der Waffe eine Drohung

mit einer gegenwärtigen Gefahr für das Leib oder Leben des Opfers (§ 255

Alt. 2) sein. Eine solche Drohung erfordert das Ankündigen einer

Körperverletzung oder des Todes, dessen Eintritt der Täter veranlassen kann

und deren Eintritt als von seinem Willen abhängig erscheint.14

A weiß um die objektiv fehlende Gefahr für B aufgrund der bewusst

ungeladenen Waffe, suggeriert jedoch durch sein Verhalten, dass er

gleichwohl subjektiv davon ausgeht, dass B durch die vorgehaltene Waffe

dies als eine Bedrohung für sein Leben empfindet und dieser davon ausgeht,

dass A jederzeit die Ankündigung selbst wahrmachen kann. A wollte also

die Nötigungshandlung von § 255 Alt. 2 verwirklichen.

Dieser Streit kann hier dahingestellt bleiben, da beide Ansichten zu dem

Ergebnis kommen, dass A sich einer Nötigung bedienen wollte.15 A hat also

einen entsprechenden Tatentschluss bzgl der Nötigungshandlung gefasst.

b. Nötigungserfolg

A hatte nach einer Ansicht Tatentschluss bzgl des auf der

9 LK – Hillenkamp, § 22, Rn 53. 10 SK – Günther, § 249, Rn 7 iVm § 255, Rn 4; § 253, Rn 7. 11 SK – Günther, § 249, Rn 12 iVm § 255, Rn 4; § 253, Rn 7. 12 BGHSt 23, 126 (127). 13 JZ 1970, 521; NK – Kindhäuser, § 249, Rn 15. 14 SK – Günther, § 249 Rn 17 f. iVm § 255, Rn 4; § 253, Rn 8. 15 Die Ansichten unterscheiden sich nur bzgl des Schwerpunkts der Opfermotivation.

3

Nötigungshandlung beruhenden Nötigungserfolgs, wenn nach seiner

Vorstellung ein vermögensbezogenes Tun, Dulden oder Unterlassen des

Opfers Resultat der Nötigung sein sollte.16 Nach einer anderen Ansicht

müsste A entschlossen gewesen sein, das Opfer zu einer

Vermögensverfügung (iS eines unmittelbar vermögensminderndes

Verhaltens) zu nötigen.17

Laut Sachverhalt wollte A, dass B den Safe öffnet und ihm das Geld in

seine Plastiktüte packt. Er wollte also beim B ein Tun bzw ein Verhalten

hervorrufen, infolgedessen es zu einer Vermögensminderung beim

Eigentümer des in dem Safe befindlichen Geldes käme18. Ausgehend vom

Rechtsgedanken von § 1006 BGB kann davon ausgegangen werden, dass B

als Betreiber der Spielothek zugleich Eigentümer dieses Geldes war. Die

Vermögensminderung läge somit auch unmittelbar beim Genötigten vor. Es

kann nach lebensnaher Sachverhaltsauslegung davon ausgegangen werden,

dass A zwar damit rechnete, dass B die Vermögensminderung zB durch das

Auslösen eines Alarms verhindern kann, er jedoch entsprechend dem Willen

des Nötigenden über das Geld verfügt.

Der vorhandene Streit ist also hier nicht entscheidungserheblich und kann

deswegen dahingestellt bleiben, denn A hatte nach beiden Ansichten einen

Tatentschluss hinsichtlich des Nötigungserfolgs.

c. Vermögensnachteil

A war entschlossen, ein Vermögensnachteil beim B hervorzurufen, wenn er

vorsätzlich eine Vermögenslage beim Genötigten herbeiführen wollte, die

durch die Nötigung ungünstiger als zuvor ausfiele19.

Wie bereits eben ausgeführt, hätte die Nötigung eine Vermögensminderung

des B zur Folge gehabt, weshalb er vermögenstechnisch schlechter stünde,

nachdem er vom A genötigt würde. A muss sich eines solchen

Vermögensnachteils beim B auch bewusst gewesen sein, wenn er sich das

Geld aus dem Safe der von ihm betriebenen Spielothek geben lässt. A hatte

folglich ebenfalls einen Tatentschluss hinsichtlich des Vermögensnachteils.

d. Qualifikation nach § 250

A könnte einen Tatentschluss hinsichtlich der Verwirklichung einer

Qualifikation nach § 250 gefasst haben.

16 BGHSt 14, 386 (388); Jura 1980, 43 (52); JA 1980, 486 (488). 17 JuS 1981, 654 (660); Krey, BT2, Rn 303 ff. 18 Eine Vermögensminderung enthält dabei immer auch einen Vermögensbezug. 19 S/S – Eser, § 253, Rn 9.

4

aa. Qualifikation nach § 250 II Nr. 3a

A könnte sich entschlossen haben, B körperlich schwer zu misshandeln. Da

§ 250 II Nr. 3 den Vorsatz zur schweren körperlichen Misshandlung mit

dem Eintritt einer Todesgefahr durch die Tat gleichsetzt, müsste A

entschlossen gewesen sein, B massive Schmerzen zuzufügen.20

Laut Sachverhalt plante A keinen Schlag mit dem Revolverknauf vor der

Tat. Fraglich ist, ob der später vom A gefasste Entschluss, B mit dem

Revolverknauf bewusstlos zu schlagen, hier von Relevanz ist. Im

Unterschied zu dem beim Rücktritt vorhandenen Streit hinsichtlich des

Abstellens auf den Planungs- oder den Rücktrittshorizont21 führte dies nicht

zu einer Straffreiheit sondern zu einer Strafschärfung, was den Intentionen

dieser Ansichten und damit auch der Intention des Gesetzgebers22

zuwiderliefe, weshalb trotz Ähnlichkeit diese Ansichten nicht herangezogen

werden können. Der Wortlaut von § 22 sieht vor, dass die Tätervorstellung

von der Tat beim Eintritt jener ins Versuchsstadium für die Strafbarkeit

entscheidet, weshalb ein späterer Entschluss hier unbeachtlich ist.

A hatte keinen Tatentschluss bzgl der Qualifikation aus § 250 II Nr. 3a.

bb. Qualifikation nach § 250 I Nr. 1a

A könnte jedoch entschlossen gewesen sein, bei der Tat eine Waffe iSv §

250 I Nr. 1 Alt. 1 bei sich zu führen. Eine Waffe ist dabei ein Gegenstand,

der allgemein dazu bestimmt und geeignet ist, durch Schüsse, die aus ihm

abgegeben werden, nicht unerhebliche Körperverletzungen hervorzurufen.23

Ferner ist es notwendig, dass die mitgeführte Waffe funktionstüchtig,

geladen24 und einsatzbereit ist25.26

A wollte bei der Tat bewusst einen ungeladenen Revolver verwenden, der

jedoch keine Waffe iSv § 250 I Nr. 1a darstellt, weil er nicht geladen ist und

A auch bewusst keine Munition bei sich hat. Ein ungeladener Revolver stellt

ebenfalls kein sonstiges gefährliches Werkzeug dar, denn dieser ist zwar

grds nach seiner objektiven Beschaffenheit dazu bestimmt, Menschen

erhebliche Verletzungen zuzufügen, jedoch mangelt es bei fehlender

Munition wiederum an der abstrakten Eignung27.

20 SK – Günther, § 251, Rn 48. 21 Ausführliche Darstellung des Streits mwN unter A.IV.1.a. 22 Die Vertreter dieser Ansichten berufen sich nämlich ua auf die Intention des Gesetzgebers: MK – Herzberg, § 24, Rn 34. 23 LK – Herdegen, § 250, Rn 2 mwN. 24 Alternativ genügt es auch, wenn der Täter die Munition lediglich dabei hat. 25 Bzw reicht es auch, wenn die Waffe jederzeit einsatzbereit gemacht werden kann. 26 LK – Herdegen, § 250, Rn 5. 27 SK – Günther, § 250, Rn 11.

5

A war ebenfalls nicht zur Verwirklichung von § 250 I Nr. 1a entschlossen.

cc. Qualifikation nach § 250 I Nr. 1b

A war jedoch zur Verwirklichung der Qualifikation nach § 250 I Nr. 1b Hs.

1 Alt. 1 Hs. 2 Alt. 2 entschlossen, wenn er den Revolver als ein Werkzeug

bei sich führen wollte, das Bs Widerstand, also den einer anderen Person,

durch Drohung mit Gewalt verhindern oder überwinden soll28.

Werkzeug iSv § 250 I Nr. 1b sind nach der Eindruckstheorie solche

Gegenstände, die in der konkreten Situation objektiv zur Gewaltandrohung

und intensiven Einschüchterung des Opfers geeignet sind.29 Nach der

Gefährlichkeitstheorie bedarf es eines objektiv gefährlichen Werkzeugs,

dessen konkrete beabsichtigte Verwendung geeignet sein muss, zumindest

eine Lebensgefahr für das Opfer zu verursachen.30 Der Revolver ist grds

objektiv gefährlich und trotz fehlender Munition dazu geeignet, das Opfer

einzuschüchtern. A plante jedoch den Revolver nicht zu verwenden,

weshalb es an einer konkreten Verwendungsabsicht mangelt. Infolgedessen

läge nur nach der Eindruckstheorie ein Werkzeug iSv § 250 I Nr. 1b vor.

Nach einer Auffassung31 soll die Streitentscheidung trotzdem dahingestellt

bleiben können, da die Gefährlichkeitstheorie durch die

Gesetzesnovellierung obsolet geworden ist; demnach muss das Werkzeug

nur noch objektiv als Nötigungsmittel taugen. Dies führte jedoch zu einer

massiven Anwendungsbereichserweiterung von § 250 I Nr. 1b, da das

verwendete Nötigungsmittel regelmäßig als objektiv tauglich anzusehen

sein wird. Die möglichen Fehler des Gesetzgebers bei der von ihm

beabsichtigten Objektivierung sollten dabei jedoch nicht ungeladene Waffen

aus dem Anwendungsbereich von § 250 I Nr. 1b entfernen,32 da diese

objektiv zu den tauglichsten Nötigungsmitteln bei einer Gewaltandrohung

zählen, weshalb A auch die Verwirklichung der Qualifikation beabsichtigte,

als er plante, B mit der Waffe einzuschüchtern.33

A war also zur Qualifikation nach § 250 I Nr. 1b entschlossen.

dd. Zwischenergebnis

Sein Tatentschluss erstreckte sich auf die Begehung von § 250 I Nr. 1b.

e. Rechtswidrige Bereicherungsabsicht 28 SK – Günther, § 250, Rn 19, 26. 29 BGH NJW 1976, 248; GA 1994, 319 (324 ff.). 30 GA 1973, 321 (328); JA 1980, 349 (355); JuS 1988, 364 (365). 31 B-OK – Wittig, § 244, Rn 12.2. 32 BTDrS 13/8587, 44. 33 Prämisse dieser erfolgreichen Einschüchterung ist dabei, dass er diesen auch während der Tatbegehung bei sich führt, sodass die Absicht zur Einschüchterung mit dem Revolver die Absicht zur Beisichführung impliziert.

6

A hatte die Absicht, sich rechtswidrig zu bereichern, sofern er sich

rechtswidrig einen Vermögensvorteil verschaffen wollte34, welcher

stoffgleich mit dem beabsichtigten Vermögensnachteil35 des B ist.

A plante laut Sachverhalt das vom B erlangte Geld in sein Vermögen

einzuverleiben und dieses so zu mehren. Er wollte sich also einen

Vermögensvorteil verschaffen, der stoffgleich mit dem beabsichtigten

Vermögensnachteil des B sein sollte.

Es gibt darüber hinaus keinen Anlass zur Vermutung, dass A einen fälligen,

einredefreien Anspruch auf den erstrebten Vermögensvorteil hat36, weshalb

seine Bereicherungsabsicht auch rechtswidrig war.

A wollte in rechtswidriger Bereicherungsabsicht handeln.

f. Zwischenergebnis

A hatte Tatentschluss hinsichtlich des Grunddelikts und einer Qualifikation.

2. Unmittelbares Ansetzen zur Tatbegehung

A müsste sowohl zum Grunddelikt (§§ 253, 255) als auch zur Qualifikation

(§ 250 I Nr. 1b) unmittelbar angesetzt haben. A setzte jedenfalls unmittelbar

nach der in §§ 22, 23 gesetzlich normierten subjektiv-objektiven Theorie37

zur Tat an, wenn er Handlungen ausführte, die nach seiner Vorstellung von

der Tat bei ungestörtem Fortgang ohne weitere wesentliche Zwischenakte

oder zeitliche Zäsuren direkt in die Tatausführung einmünden sollten38,

sodass die räumlich-zeitliche Sphäre des Opfers39 bereits berührt wurde und

das gefährdete Rechtsgut bereits bedroht40 schien und er ferner die Schwelle

zum „Jetzt geht es los“ überschritten hatte, wobei es keiner weiteren

Willensimpulse mehr bedurfte41. Dem Tatbestandsmerkmal wurde ebenfalls

genüge getan, wenn bereits Teile des Tatbestands verwirklicht wurden.42

Vorliegend hat A bereits die erforderliche Nötigungshandlung

vorgenommen, indem er B die Waffe an den Kopf hielt, sodass bereits ein

Teil des Tatbestands verwirklicht ist und A deshalb bereits unmittelbar zum

Grunddelikt und zur Qualifikation zugleich ansetzte, weil er dabei das nach

§ 250 I Nr. 1b qualifizierende Tatmittel verwandte.

A setzte also unmittelbar zum Grunddelikt und zur Qualifikation an.

34 B-OK - Beukelmann, § 263, Rn 76 iVm B-OK – Wittig, § 253, Rn 11. 35 B-OK - Beukelmann, § 263, Rn 78 iVm B-OK – Wittig, § 253, Rn 11. 36 SK – Günther, § 253, Rn 25. 37 S/S – Eser, § 22, Rn 32; Fischer, § 22, Rn 7; Kühl, § 22, Rn 4. 38 S/S – Eser, § 22, Rn 39; BGHSt 26, 201. 39 BGH NStZ 1989, 473. 40 BGHSt 30, 363; BGHSt 43, 177 (182). 41 BGH NJW 2008, 1460. 42 Abstrakt: S/S – Eser, § 22, Rn 37 f.; Konkret für § 253: NK – Zaczyk, § 22, Rn 25.

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3. Erfolgsqualifikation nach § 251

Wenn der Tod des Genötigten durch die versuchte räuberische Erpressung

eingetreten ist und die tatbestandsspezifische Gefahr sich hier realisierte,

dann erfolgsqualifizierte A den Versuch gem § 251, sofern er den Tod des B

wenigstens leichtfertig verursachte. Die Erfolgsqualifikation der Tat ist hier

trotz fehlender Vollendung der Wegnahme möglich, da wie unter A.II.2

bereits ausgeführt die Tat ins Versuchsstadium eingetreten ist.43

a. Todesfolge

B wurde am nächsten Morgen tot aufgefunden; die von § 251 vorgesehene

Todesfolge trat also ein. Kausal war As Verhalten, wenn es nicht

hinweggedacht werden kann, ohne dass diese Folge entfiele.44 Vorliegend

starb B an einem durch einen Schock verursachten Herzversagen; der

Schock resultierte aus As Verhalten, bei dem er B die Waffe an den Kopf

hielt. Das Verhalten des A war also ebenfalls kausal.

b. Tatbestandsspezifischer Gefahrzusammenhang

Zwischen der Todesfolge aus § 251 und dem Grundtatbestand aus §§ 253,

255 besteht ein tatbestandsspezifischer Gefahrzusammenhang, wenn sich

die schwere Folge gerade als das Resultat der dem Grundtatbestand

anhaftenden spezifischen Gefahr darstellt und diese dem Tod objektiv

zugerechnet werden kann.45

aa. Objektive Zurechenbarkeit

Objektiv zurechenbar sind alle vom Täter rechtswidrig geschaffenen oder

erhöhten Gefahren, die sich im tatbestandsmäßigen Erfolg verwirklicht

haben, und, die von ihm beherrschbar waren.46

A beherrschte den Revolver, als er ihn B vorhielt und schuf damit auch

rechtswidrig die Gefahr, dass B einen Schock infolgedessen erleidet.

Möglicherweise entfällt jedoch die objektive Zurechenbarkeit aufgrund

eines atypischen Kausalverlaufs. Dafür müsste der Geschehensablauf

außerhalb dessen liegen, womit nach allgemeiner Lebenserfahrung zu

rechnen war. Mit einem Schock muss man nach allgemeiner

Lebenserfahrung wohl rechnen, wenn man jemanden mit einer Pistole

nötigt. Fraglich ist jedoch, ob man auch mit dem Herzinfarkt rechnen muss.

Grds muss man sich darüber bewusst sein, wenn man jemandem eine Waffe

43 Unstreitig ist, dass die Erfolgsqualifikation ohne eine erfolgreiche Wegnahme möglich ist, sofern die Tat bereits ins Versuchsstadium eingetreten ist (Fischer, § 251, Rn 3a; BGH NStZ 2010, 33; S/S – Eser, § 251, Rn 7). 44 RGSt 1, 373; BGHSt 1, 332 (333); OLG Nürnberg NStZ 1986, 556. 45 Geilen, FS Welzel, 656 f.; S/S – Eser, § 251, Rn 5; JuS 2010, 590 (592). 46 Krey, AT1, Rn 287 f.

8

in rechtswidriger Absicht vorhält, dass dies das Opfer in einem so

erheblichen Maße psychisch unter Druck setzt, dass unabhängig von der

gesundheitlichen Verfassung des Opfers ein Herzinfarkt nicht außerhalb

jeglicher Lebenserfahrung liegt. Der Geschehensablauf war nicht atypisch

und folglich ist die vom A geschaffene Gefahr objektiv zurechenbar.

bb. Tatbestandsspezifische Gefahr

A schuf eine tatbestandsspezifische Gefahr, wenn sich die Gefahr als eine

der räuberischen Erpressung eigentümliche Gefahr darstellt, die der für den

Tod kausalen und diesem objektiv zurechenbaren Gefahr entspricht. Das

Vorhalten der Waffe ist eine bei der räuberischen Erpressung verbreitete

Tathandlung, zu deren Gefahren, wie eben ausgeführt, auch die Gefahr eines

Herzinfarkts zählt. Folglich war es eine tatbestandsspezifische Gefahr.

cc. Zwischenergebnis

Es besteht ein tatbestandsspezifischer Gefahrzusammenhang.

c. Wenigstens Leichtfertigkeit

A verursachte den Tod leichtfertig, wenn ihm eine objektive

Sorgfaltspflichtverletzung zur Last zu legen ist und der Eintritt der schweren

Folge sich ihm geradezu aufgedrängt haben muss, für ihn also nicht nur

lediglich vorhersehbar war.47

Zwar stellt sich ein Herzinfarkt nicht als völlig abwegige Folge der

Bedrohung mit einer Waffe dar; gleichzeitig drängt er sich jedoch auch dem

Täter nicht auf, es sei denn, der Täter weiß um eine entsprechende

gesundheitliche Verfassung des Opfers, die ihn dafür anfällig macht. Da

weder bekannt ist, dass B eine solche schlechte gesundheitliche Verfassung

hat, noch, dass A von dieser Kenntnis hatte oder haben musste, agierte A

entsprechend der Unschuldsvermutung (in dubio pro reo) nicht leichtfertig.

d. Zwischenergebnis

A erfolgsqualifizierte den Versuch nicht nach § 251.

4. Zwischenergebnis

A erfüllte den Tatbestand des Versuchs von §§ 253, 255, 250 I Nr. 1b.

III. Rechtswidrigkeit und Schuld

Mangels Hinweisen im Sachverhalt bzgl etwaiger Rechtfertigungs- oder

Entschuldigungsgründe, wird die Rechtswidrigkeit und Schuld unterstellt.

IV. Persönlicher Strafaufhebungsgrund: § 24 I 1 Alt. 1

A ist nach § 24 I 1 Alt. 1 strafbefreiend von der Tat zurückgetreten, wenn er

freiwillig die weitere Tatausführung aufgegeben hat, trotzdem diese 47 JuS 2010, 590 (591).

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möglich und nötig gewesen wäre.

1. Weitere Tatausführung aufgegeben

a. Möglichkeit und Notwendigkeit der weiteren Tatausführung

Die weitere Tatausführung war nach As Vorstellung möglich, wenn er den

Versuch nicht als fehlgeschlagen erachtete, und notwendig, wenn es aus

seiner Sicht noch weiterer Schritte bedurfte, die ihm noch möglich

erschienen, um den tatbestandsmäßigen Erfolg herbeizuführen.

Der Versuch könnte hier fehlgeschlagen sein, da A in Anbetracht des

hochmodernen Safes mit einer Alarm auslösenden Zeitsicherung rechnet.

Fehlgeschlagen wäre der Versuch, wenn A annimmt, dass der Tatbestand

nicht mehr vollendet werden kann.48 Strittig ist hierbei, auf welchen

Zeitpunkt hinsichtlich der Tätervorstellung abzustellen ist. Nach der

Ansicht, bei der der Tatplan maßgeblich ist,49 kann ausgehend davon, dass

A sich vorstellte, dass das Geld in einem Safe aufbewahrt wird, und davon,

dass man lebensnah wohl davon ausgehen dürfte, dass er bei einer

Spielbank auch mit einer Alarmanlage rechnet, wohl angenommen werden,

dass er trotz eines moderneren Safe die Tat noch immer vollenden könnte,

da dadurch lediglich die mit der Tatbegehung verbundenen Risiken stiegen.

Nach der anderen Ansicht, die auf den Rücktrittshorizont des Täters

abstellt,50 geht A wiederum davon aus, dass der Versuch nicht

fehlgeschlagen ist, denn gleichwohl das Risiko gestiegen ist, so hält er es

selbst noch für möglich, dass der Safe nicht zeitgesichert ist, und

dementsprechend sieht er die Tatvollendung noch immer als möglich an.

Beide Ansichten kommen also zu dem Ergebnis, dass die Tat noch vollendet

werden kann, weshalb der Streit hier dahingestellt bleiben kann.

Der Versuch ist auch unbeendet, da es sowohl nach As Planungs- als auch

nach seinem Rücktrittshorizont noch weiterer Schritte bedurfte, um den

tatbestandsmäßigen Erfolg herbeizuführen51, denn bisher hat er B nur dazu

genötigt, zurück zum Safe zu gehen, und er müsste ihn zur

Tatbestandsverwirklichung noch dazu nötigen, den Safe zu öffnen und das

Geld aus selbigem herauszugeben.

A erachtete die weitere Tatausführung als sowohl möglich als auch nötig.

b. Aufgabe der weiteren Tatausführung

Die weitere Tatausführung gab er auf, da er endgültig davon Abstand nahm,

48 BGHSt 33, 297. 49 SK – Rudolphi, § 24, Rn 12 mwN. 50 SK – Rudolphi, § 24, Rn 12b mwN. 51 SK – Rudolphi, § 24, Rn 15 mwN.

10

sein Tatziel, das Tagesgeld zu erbeuten, zu erreichen.52

c. Zwischenergebnis

A gab die weitere Ausführung der Tat auf.

2. Subjektive Voraussetzung: Freiwilligkeit

A müsste diese auch freiwillig aufgegeben habe. Nach der Frank’schen

Formel wäre dies zu bejahen, wenn er den Erfolg nicht mehr wollte,

gleichwohl er ihn noch erreichen könnte.53 Obwohl unstrittig ist, dass die

Beweggründe nicht billigenswert oder gar hochwertig sein müssen,54 so

bedarf diese Formel jedoch der Konkretisierung bei relativen

Hinderungsgründen.55 So konkretisierte die Rspr dahingehend im Wege der

psychologisierenden statt rein normativen Betrachtung der Freiwilligkeit56,

dass maßgeblich sein soll, ob eine äußere Zwangslage oder seelischer Druck

den Täter unfähig machte, die Tat zu vollenden und er Herr seiner

Entschlüsse blieb.57 Nach einer anderen Ansicht müssten ausschließlich

autonome Motive zum Rücktritt geführt haben; demnach wäre der Rücktritt

freiwillig, wenn der Entschluss ohne eine für den Täter nachteilige

Veränderung der Sachlage sondern nur aufgrund von inneren Überlegungen

erfolgte.58 Eine weitere Ansicht nimmt dabei eine normative

Gesamtbewertung59 des Täterverhaltens vor, das sich als ungefährlich

erweisen und dessen Bestrafung als nicht mehr erforderlich zur Erreichung

der Strafzwecke erscheinen muss.60 Hiernach wäre ein Rücktritt nicht

freiwillig, wenn As Verhalten der Verbrechervernunft entspräche61 und so

weiterhin ein rechtsfeindlicher Täterwille zum Ausdruck gebracht wird62.

Vorliegend kamen A Bedenken, nachdem er den hochmodernen Safe sah,

dass dieser bei Öffnung durch eine Zeitsicherung Alarm auslösen könnte.

Dass A sich mit einer höheren Alarmierungsgefahr konfrontiert sieht, stellt

keine äußere Zwangslage dar und begründet auch keinen solchen seelischen

Druck, durch den er die Tat nicht mehr vollenden könnte oder nicht mehr

Herr seiner selbst wäre. Dadurch sinken lediglich die Chancen, die Tat

52 BGHSt 7, 297; der Sachverhalt formuliert As Entschluss hier nahezu wortgleich. 53 Frank, StGB, § 46, Anm. II. 54 RGSt 37, 402 (404). 55 SK - Rudolphi, § 24, Rn 20. 56 Zur Entwicklung und Notwendigkeit dieser psychologisierenden statt rein normativen Betrachtungsweise der Freiwilligkeit: Roxin, Höchstrichterliche Rspr zum AT, 87 ff. 57 BGHSt 7, 296 (299). 58 Wessels/Beulke, AT, Rn 651. 59 Zur Möglichkeit und Notwendigkeit einer normativen Bewertung der Freiwilligkeit: GA 1986, 293 (323); JuS 1989, 610 (614). 60 Roxin, FS Heinitz, 251 (255 ff.); Ulsenheimer, 314 ff. 61 ZStW 1965, 91 (97 ff.); Herzberg, FS Lackner, 325 (328 ff.). 62 Bottke, 198 ff., 497 ff.; JuS 1981, 883 (887).

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erfolgreich zu vollenden bzw zu beenden. Demnach wäre der Rücktritt nach

der Rspr freiwillig erfolgt. Trotz der allgemeinen Formel erachtet jedoch die

Rspr den Rücktritt aufgrund einer Entdeckungs- oder Verfolgungsangst als

unfreiwillig:63 Bei dem Entschluss des As von der Tat Abstand zu nehmen,

kann davon ausgegangen werden, dass solche Ängste eine maßgebliche

Rolle spielten, sodass nach Teilen der Rspr der Rücktritt unfreiwillig wäre.

Zwar veränderte sich die Situation objektiv nicht nachteilig, jedoch

konkretisierte sich subjektiv As Vorstellung vom Safe in negativer Weise,

was nicht zuletzt aus seiner entsprechenden Reaktion auf den Safe

konkludent hervorgeht. Trotzdem seine Abstandnahme von der

Tatvollendung wohl auf inneren Überlegungen basierte, konnte A nach der

2. Ansicht nicht mehr freiwillig von der Tat zurücktreten.

Der Schlag mit dem Waffenknauf zeigt, dass A weder ein ungefährlicher

Täter noch ein Täter ist, der entgegen der Verbrechervernunft agiert. Er

agiert weiter mit einem rechtsfeindlichen Willen, weshalb die Strafzwecke

hier noch erreicht werden könnten. Nach der 3. Ansicht wäre der Rücktritt

demnach ebenfalls nicht freiwillig gewesen.

Während die Allgemeinformel der Rspr mit einer sehr extensiven

Auslegung zu einem freiwilligen Rücktritt führt, verstehen einzelne Urteile

und die beiden anderen Ansichten das Verhalten als unfreiwilligen

Rücktritt. Mit Blick auf diese sehr extensive Auslegung und vor allem auf

die ebenso im weiteren Verlauf der Tat starke Rechtsfeindlichkeit des

Täterverhaltens sowie die nachteilige Veränderung der Lage als Anlass für

die Verhaltensveränderung kommt ein freiwilliger Rücktritt hier nicht in

Betracht: A ist nicht freiwillig von dem Versuch zurückgetreten.

3. Zwischenergebnis

A trat nicht strafbefreiend nach § 24 I 1 Alt. 1 vom Versuch zurück.

V. Ergebnis

A hat sich der versuchten schweren räuberischen Erpressung (§§ 253, 255,

250 I Nr. 1b, 22, 23 I) strafbar gemacht.

B. § 239A I ALT. 1: ERPRESSERISCHER MENSCHENRAUB

A hat sich nach § 239a I Alt. 2 strafbar gemacht, wenn er durch das

Vorhalten der Waffe den Tatbestand rechtswidrig und schuldhaft erfüllte.

I. Tatbestand

A müsste sich objektiv des B bemächtigt haben und dabei auch den

subjektiven Tatbestand erfüllt haben. 63 BGHSt 9, 48 (50 f.).

12

1. Objektiver Tatbestand: Sichbemächtigen

A hat sich des B bemächtigt, wenn er die physische Herrschaft über ihn

erlangt hat64. In Anbetracht dessen, dass die Waffe des A ungeladen ist,

fragt sich, ob es objektiv einer abstrakt gefährlichen Bemächtigungslage

bedarf65, oder, ob es ausreicht, wenn das Opfer subjektiv von der

Gefährlichkeit der Waffe ausgeht66.

Das Mittel muss geeignet sein, eine körperliche Herrschaft über das Opfer

zu begründen67. Der Wortlaut der Norm nimmt keine Einschränkungen

hinsichtlich der tauglichen Tatmittel vor, weshalb man nach einer Ansicht

hier nach dem Schutzzweck der Norm entsprechend einschränken sollte.68

Nach dieser Ansicht wird von § 239a die körperliche Integrität des Opfers

geschützt mit der Begründung, dass es sonst zu einer Überschneidung mit

anderen Tatbeständen käme, deren Strafandrohung wesentlich von der des §

239a abweiche. Grund für die hohe Strafandrohung sei demnach die

tatsächliche, objektive Gefährdung des Opfers.69 Systematisch gesehen

befindet sich die Norm jedoch im 20. Abschnitt des StGB (Straftaten gegen

die persönliche Freiheit) und die Tathandlungen der Norm fokussieren sich

ebenfalls auf Einschränkungen der Bewegungsfreiheit, weshalb im Ergebnis

zwar die körperliche Integrität des Opfers geschützt wird, die persönliche

Freiheit des Opfers jedoch mind genauso wichtig ist. Folglich ist nicht die

objektive Bedrohungserhöhung infolge der Abhängigkeit vom Täter, dem

nämlich die Umsetzung der Drohung jederzeit möglich ist, für das Opfer

entscheidend, sondern vielmehr die Frage, ob eben die ungeladene Waffe

des A geeignet ist, eine physische Herrschaft über B zu begründen.

Ein Revolver, dessen objektive Gefährlichkeit lediglich an der fehlenden

Munition scheitert, muss dabei als geeignet anzusehen sein, da für das Opfer

von außen nicht ersichtlich ist, ob die Waffe geladen ist. Es kann vom Opfer

nicht erwartet werden, dies erst durch einen Fluchtversuch in Erfahrung zu

bringen, weshalb es darauf ankommt, ob das Opfer bei einer Flucht mit

einer Gefahr für sein Leib oder Leben rechnet70. Bei einer an den Kopf

gehaltenen Waffe kann davon ausgegangen werden, denn der B weiß eben

nicht, dass die Waffe nicht geladen ist und wird ohne ein entsprechendes

64 S/S – Eser, § 239a, Rn 7; Jura 2007, 114 (116). 65 Fischer, § 239a, Rn 4b f. 66 BGH NStZ 2002, 31. 67 LK – Träger/Schluckebier, § 239a, Rn 8. 68 MK – Renzikowski, § 239a, Rn 36. 69 Fischer, § 239a, Rn 4b. 70 SK – Horn/Wolters, § 239, Rn 6.

13

Wissen auch keinen Fluchtversuch riskieren. Die ungeladene Waffe ist also

ein taugliches Mittel um sich einer Person zu bemächtigen.

A bemächtigte sich des B und erfüllte somit den objektiven Tatbestand.

2. Subjektiver Tatbestand

Subjektiv müsste A Vorsatz hinsichtlich aller Merkmale des objektiven

Tatbestands sowie Erpressungsabsicht gehabt haben. Es bedarf ferner eines

zeitlich-funktionalen Zusammenhangs zwischen dem Sichbemächtigen und

der beabsichtigten Erpressung.

a. Vorsatz bzgl des objektiven Tatbestands

A müsste mit Wissen und Wollen bzgl aller objektiven

Tatbestandsmerkmale gehandelt haben.71 Vorliegend war sich A bewusst,

dass die Waffe ungeladen ist, wollte aber trotzdem mit dieser B zurück in

die Spielothek zwingen. A nahm also an, dass die ungeladene Waffe

ausreicht, um sich des Bs zu bemächtigen. Folglich handelte A vorsätzlich.

b. Erpressungsabsicht mit zeitlich-funktionalem Zusammenhang

A ging darüber hinaus mit Erpressungsabsicht vor,72 da er die Sorge des

Opfers um sein Wohl zu einer Erpressung (§ 253) ausnutzen wollte.73

c. Zeitlich-funktionaler Zusammenhang

Es bestand ein zeitlich-funktionaler Zusammenhang, wenn A die

Bemächtigungslage gerade für die beabsichtige Erpressung vor deren

Beendigung ausnutzen wollte.74 Eine Bemächtigungslage bedeutet dabei

eine Situation des Opfers, in der seine Möglichkeiten zum Schutz und zur

Verteidigung so eingeschränkt sind, dass es dem ungehemmten Einfluss des

Täters ausgesetzt ist.75 Gleichwohl A den Nötigungserfolg während der

bestehenden Bemächtigungslage erhalten wollte, ist jedoch fraglich, ob

wirklich die Bemächtigungslage und nicht die Bedrohung mit der Waffe das

Opferverhalten dominieren sollte. Der BGH geht davon aus, dass das

Vorhalten einer Waffe regelmäßig der Bemächtigung und der Abnötigung

des Opferverhaltens dient, sodass das Opfer bei der Vornahme der

abgenötigten Handlung ausschließlich durch die Bedrohung motiviert

wird.76 Da sich B in seinen eigenen Geschäftsräumen befindet und diese

vermutlich über eine Alarmanlage verfügt, kommt diese Vermutung auch

71 Kühl, § 15, Rn 3; Jura 2001, 55 (56). 72 Dass er sich alle Tatbestandsmerkmale von § 253 nicht nur vorstellte, sondern auch verwirklichen wollte, wurde bereits unter A.II.1 umfassend dargestellt. 73 JA 2000, 476 (478); MK – Renzikowski, § 239a, Rn 47. 74 JA 2000, 476 (477 f.); JuS 2006, 784 (786 f.); BGHSt 40, 350 (359). 75 BGHSt 22, 178 (179). 76 BGHSt 40, 350 (359).

14

hier zum Tragen, da vorliegend die Bedrohung mit der Waffe und nicht die

Bemächtigungslage das Geschehen dominiert. Die Bemächtigungslage hat

im vorliegenden Fall also keine eigenständige Bedeutung, weshalb es mithin

an einem zeitlich-funktionalen Zusammenhang mangelt.

d. Zwischenergebnis

A erfüllte nicht den subjektiven Tatbestand von § 239a I Alt. 1.

3. Zwischenergebnis

A handelte nicht tatbestandsmäßig.

II. Ergebnis

A hat sich nicht nach § 239a I Alt. 1 strafbar gemacht.

C. § 239B I ALT. 2: GEISELNAHME

A machte sich auch nicht nach § 239b I Alt. 2 der Geiselnahme durch

Bemächtigung des B strafbar, da der subjektive Tatbestand wiederum nicht

mangels eigenständiger Bedeutung der Bemächtigungslage erfüllt wäre77.

D. § 239 I ALT. 2, IV: FREIHEITSBERAUBUNG MIT

TODESFOLGE

A hat sich nach § 239 I Alt. 2 strafbar gemacht, wenn er durch den dem B

vorgehaltenen Revolver den Tatbestand der Freiheitsberaubung auf andere

Weise erfüllt und er dabei rechtswidrig sowie schuldhaft vorging. Er könnte

die Tat auch nach § 239 IV erfolgsqualifiziert haben.

I. Tatbestand

Das Verhalten des A war tatbestandsmäßig, wenn er einen anderen

Menschen in seiner Freiheit zur Fortbewegung auf andere Weise beraubte78

und dabei vorsätzlich handelte.

B ist ein anderer Mensch. Fraglich ist jedoch, ob das Vorhalten der Waffe

eine Freiheitsberaubung auf andere Weise darstellt. Grds muss das Opfer

physisch außerstande sein, den aktuellen Aufenthaltsort zu verlassen.79 Die

Drohung, das ausdrückliche oder konkludente80 in Aussicht stellen eines

künftigen Übels, auf das der Täter Einfluss hat oder zu haben vorgibt81,

stellt dabei ebenfalls ein taugliches Tatmittel dar, sofern sie eine psychische

Barriere beim Opfer verursacht82. Vorliegend hätte B zwar flüchten können,

doch ging er selbst davon aus, dass die Flucht mit einer Gefahr für sein Leib

oder Leben verbunden wäre, da A jederzeit schießen könnte, weshalb er

77 Eine detailliertere Begründung ergibt sich aus B.I.2. 78 B-OK – Valerius, § 239, Rn 3; Jura 1995, 294 (295). 79 SK – Horn/Wolters, § 239, Rn 5. 80 BGHSt 7, 252 (253). 81 Fischer, § 240, Rn 31. 82 StGB-SK, § 239, Rn 14.

15

psysisch außerstande war, seinen Aufenthaltsort zu verlassen. Da dieser

Zustand jedoch wenn überhaupt nur wenige Minuten angehalten hat, so ist

die Überschreitung der Erheblichkeitsschwelle problematisch: Nach der

Rspr kann bereits eine Freiheitsentziehung von wenigen Sekunden für die

Überschreitung der Erheblichkeitsschwelle genügen.83 Eine 2. Ansicht

fordert hingegen einen erheblichen Eingriff in die Bewegungsfreiheit.84

Vermittelnd bemisst eine 3. Ansicht die Erheblichkeit der

Freiheitsberaubung am Verhältnis von Intensität und Dauer der

Einwirkung.85 B dachte, er sei in Lebensgefahr, und die Einwirkung hielt

auch nicht nur wenige Sekunden sondern vermutlich eher wenige Minuten

an, sodass die Freiheitsberaubung hier erheblich ist.

A agierte ferner auch mit Vorsatz, da er B in seiner Freiheit berauben

wollte, um an das Tagesgeld zu kommen.

A erfüllte mithin den Tatbestand von § 239 I Alt. 2.

II. Erfolgsqualifikation nach § 239 IV86

Wenn der Tod des Genötigten durch die Freiheitsberaubung eingetreten ist

und die tatbestandsspezifische Gefahr sich realisierte, dann qualifizierte A

die Tat gem § 239 IV, wenn B As Tod gem § 18 fahrlässig verursachte.

1. Todesfolge

B wurde am nächsten Tag tot aufgefunden; die von § 239 IV geforderte

Todesfolge trat also ein. As Verhalten war kausal, da B laut Sachverhalt an

einem durch den Schock, den er erlitten hatte, als A ihm die Waffe an den

Kopf hielt, verursachten Herzversagen starb.

2. Tatbestandsspezifischer Gefahrzusammenhang

Zwischen der Todesfolge und dem Grundtatbestand besteht ein

tatbestandsspezifischer Gefahrzusammenhang, wenn sich die schwere Folge

gerade als das Resultat der dem Grundtatbestand anhaftenden spezifischen

Gefahr darstellt und diese dem Tod objektiv zugerechnet werden kann.87

a. Objektive Zurechenbarkeit

Wie bereits unter A.II.3.b.aa ausgeführt, war der Geschehensablauf nicht

atypisch und die vom A geschaffene Gefahr mithin objektiv zurechenbar.

b. Tatbestandsspezifische Gefahr

A schuf eine tatbestandsspezifische Gefahr, wenn sich die Gefahr als eine

83 JuS 1996, 522 (528) mwN. 84 Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf, § 9, Rn 23 f. 85 JuS 1975, 309 (311); Krey, BT1, Rn 313. 86 Zu beachten sind hierbei die Definitionen und Nachweise zu den einzelnen Merkmalen von Erfolgsqualifikationen, die sich schon unter A.II.3 finden. 87 Geilen, FS Welzel, 656 f.; S/S – Eser, § 251, Rn 5; JuS 2010, 590 (592).

16

der Freiheitsberaubung eigentümlich darstellt, die der für den Tod kausalen

und diesem objektiv zurechenbaren Gefahr entspricht. Das Vorhalten einer

Waffe tritt bei der Freiheitsberaubung öfter als Tathandlung auf, zu deren

Gefahren, wie unter A.II.3.b.aa ausgeführt, wiederum die Gefahr eines

Herzinfarkts zählt. Folglich war es auch eine tatbestandsspezifische Gefahr.

c. Zwischenergebnis

Ein tatbestandsspezifischer Gefahrzusammenhang liegt vor.

3. Fahrlässigkeit

A handelte fahrlässig, wenn er objektiv eine ihm obliegende Sorgfaltspflicht

verletzte, bei deren Verletzung die Todesfolge und der allgemeine

Geschehensablauf für ihn objektiv vorhersehbar waren, und er diese

subjektiv selbige auch voraussehen konnte.88

Wie sich aus § 239 ergibt, obliegt grds jedem die Pflicht, niemanden seiner

persönlichen Freiheit zu berauben. A verstieß gegen diese Sorgfaltspflicht.89

Objektiv voraussehbar waren sowohl Todesfolge als auch Geschehens-

ablauf, wenn ein aus dem Verkehrskreis des Täters stammender, umsichtig

vorgehender Mensch in der gleichen Situation aufgrund seiner allgemeinen

Lebenserfahrung diesen Verlauf in Betracht gezogen hätte.90 Das Vorhalten

einer Waffe stellt dabei eine solche Extremsituation und psychische

Belastung dar, sodass ein Schock regelmäßige Folge dieser Situation sein

wird. Aufgrund dieser hohen Wahrscheinlichkeit und der immensen

psychischen Belastung würde man zumindest auch einen daraus

resultierenden leichten Infarkt in Erwägung ziehen, dessen Nichtbehandlung

zum Tode führen kann. Der Verlauf war also mithin objektiv vorhersehbar.

Subjektiv müsste mit Blick auf As individuelle Kenntnisse sowie

Fertigkeiten und die konkrete Situation, der Geschehenshergang und dessen

Folge für ihn vorhersehbar gewesen sein.91 Es ist einerseits nicht ersichtlich,

weshalb A davon ausgegangen sein sollte, das Vorhalten der Waffe würde

zB infolge Bs besonders guter gesundheitlicher Verfassung keinen den

Infarkt auslösenden Schock bewirken, und andererseits, dass seitens A

Tatsachen vorliegen, die ihn zu einer anderen Einschätzung der Situation

und möglicher Folgen kommen ließen, sodass die Todesfolge sowie der

Geschehensablauf subjektiv ebenfalls für ihn absehbar waren.

A verursachte fahrlässig den Tod des B.

88 Wessels/Beulke, Rn 879. 89 Er verstieß dagegen, indem er den Tatbestand von § 239 I erfüllte (siehe D.I). 90 Wessels/Beulke, Rn 667a. 91 Wessels/Beulke, Rn 879.

17

4. Zwischenergebnis

A erfolgsqualifizierte die Tat nach § 239 IV.

III. Rechtswidrigkeit und Schuld

A handelte auch rechtswidrig und schuldhaft.

IV. Ergebnis

A hat sich nach § 239 I Alt. 2, IV strafbar gemacht. Daraus ergibt sich auch,

dass er sich der fahrlässigen Tötung (§ 222) strafbar gemacht hat.

Die fährlässige Tötung (§ 222) tritt hinter den spezielleren § 239 IV

zurück.92

E. § 240 I ALT. 2: NÖTIGUNG

A hat sich außerdem nach § 240 I Alt. 2 strafbar gemacht, wenn er durch

das Halten seiner Waffe an den Bs Kopf den Tatbestand von § 240 I Alt. 2,

rechtswidrig und schuldhaft verwirklichte.

I. Tatbestand

Zur Tatbestandsmäßigkeit seines Verhaltens bedarf es einer vorsätzlichen

Drohung mit einem empfindlichen Übel, um B zu einem Tun zu nötigen.

1. Objektiver Tatbestand

Wie bereits unter A.II ausgeführt, nahm A die Drohung mit einem

empfindlichen Übel vor, als er B die Waffe an den Kopf hielt.

Durch die Drohung wurde B genötigt, in die Spielothek zurückzukehren,

wobei dieses Tun auch als unmittelbare, spezifische Folge des

angewendeten Nötigungsmittels anzusehen ist,93 sodass auch ein auf dem

Nötigungsmittel beruhender Nötigungserfolg eingetreten ist.

2. Subjektiver Tatbestand

A handelte vorsätzlich, da er das Tagesgeld der Spielothek haben wollte und

dazu B zur Rückkehr in seinen Betrieb nötigen musste.

3. Zwischenergebnis

Das Verhalten von A ist tatbestandsmäßig nach § 240 I Alt. 2.

II. Rechtswidrigkeit und Schuld

Einerseits sind keine Rechtfertigungsgründe im Sachverhalt ersichtlich und

andererseits ist die Tat auch verwerflich und somit rechtswidrig nach § 240

II, da die Nötigung im Rahmen einer versuchten schweren räuberischen

Erpressung einen sehr hohen Grad an sittlicher und sozialer Missbilligung94

aufweist. Der Täter handelte mangels anderer Angaben auch schuldhaft.

92 NK – Neumann, § 222, Rn 14 mwN: § 222 tritt ua hinter sämtliche verwirklichte Erfolgsqualifikationen zurück. 93 BGHSt 37, 350 (353 f.). 94 StGB-SK, § 240, Rn 31 mwN.

18

III. Ergebnis

A hat sich der Nötigung nach § 240 I Alt. 2 strafbar gemacht.

F. § 241 I ALT. 1: BEDROHUNG

A hat sich darüber hinaus nach § 241 I Alt. 1 strafbar gemacht, wenn er

durch das Halten der Waffe an den Kopf des B den Tatbestand von § 241 I

Alt. 1, rechtswidrig und schuldhaft verwirklichte.

I. Tatbestand

As Verhalten erfüllte den Tatbestand, sofern er mit Vorsatz B mit der

Begehung eines gegen ihn gerichteten Verbrechens drohte.

A kündigte B konkludent an, indem er ihm den Revolver an den Kopf hielt,

dass er auf ihn schießen würde, wodurch er gegenüber einer konkreten

Person die Begehung eines Verbrechens in Aussicht stellte und gleichzeitig

Einfluss auf dessen Eintritt zu haben vorgab95.

A handelte vorsätzlich, da er, um B zur Rückkehr in die Spielothek zu

bewegen und so an das Geld gelangen zu können, B bedrohen musste.

As Verhalten erfüllte den Tatbestand.

II. Rechtswidrigkeit und Schuld

A handelte auch rechtswidrig und schuldhaft.

III. Ergebnis

A hat sich nach § 241 I Alt. 1 strafbar gemacht.

G. § 123 I: HAUSFRIEDENSBRUCH

A hat sich nach § 123 I Hs. 1 Alt. 2 Hs. 2 Alt. 1 strafbar gemacht, wenn sein

Betreten der Spielothek ein widerrechtliches Eindringen in Geschäftsräume

darstellt. A müsste dabei ferner vorsätzlich und schuldhaft gehandelt haben

und der Strafantrag nach § 123 II müsste ebenso gestellt sein.

I. Tatbestand

A müsste also objektiv in Geschäftsräume eingedrungen sein und dabei

subjektiv mit Vorsatz gehandelt haben.

Die Spielothek ist ein Geschäftsraum, wenn sie eine abgeschlossene

Räumlichkeit zum Betrieb oder Verkauf darstellt, die vorübergehend oder

dauerhaft zu gewerblichen, künstlerischen, wissenschaftlichen oder

ähnlichen Zwecken genutzt wird96. Eine Spielothek dient vorrangig dem

gewerblichen Gewinnspiel, sodass es sich um einen Geschäftsraum handelt.

Damit das Betreten der Geschäftsräume ein Eindringen iSv § 123 darstellt,

müsste A eines den freien Zutritt zumindest beschränkendes Hindernis

95 B-OK – Valerius, § 241, Rn 2 f. 96 Fischer, § 123, Rn 7.

19

gegen den Willen des Berechtigten überwunden haben97. Die Spielothek

steht entsprechend ihrer gewerblichen Ausrichtung grds während der

Öffnungszeiten jedem offen. Im aktuellen Fall betritt A jedoch die

Spielothek über den Hintereingang, nachdem B als Letzter den Laden

verlässt und dementsprechend der Laden nicht mehr dem Publikumsverkehr

gewidmet ist. Fraglich ist, ob der Wille des B hier entgegenstand. Bs Wille

stand dem Betreten der Spielothek durch den Hintereingang nach

Ladenschluss durch eine bewaffnete Person mutmaßlich entgegen; dieser

wird jedoch durch As Nötigung gebeugt und infolgedessen kann er diesen

nicht durchsetzen. Die abgenötigte Erlaubnis stellt dementsprechend kein

tatbestandsausschließendes Einverständnis dar.98

A handelte vorsätzlich, wenn er mit Wissen und Wollen hinsichtlich aller

Tatbestandsmerkmale agierte. Der Entschluss des A, den Safe vom B öffnen

zu lassen, impliziert den Entschluss gegen den Willen des B in die

Geschäftsräume einzudringen, da es ein notwendiger Zwischenschritt ist,

um zum Safe zu gelangen. A handelte also mithin auch vorsätzlich.

A erfüllte den Tatbestand des § 123 I Hs. 1 Alt. 2 Hs. 2 Alt. 1.

II. Rechtswidrigkeit, Schuld und Strafantrag nach § 123 II

In Ermangelung von gegenteiligen Angaben im Sachverhalt wird hier

unterstellt, dass ein Strafantrag gem § 123 II gestellt wurde und A sowohl

rechtswidrig als auch schuldhaft handelte.

III. Ergebnis

A hat sich nach § 123 I Hs. 1 Alt. 2 Hs. 2 Alt. 1 strafbar gemacht.

H. ENDERGEBNIS I

A hat sich der versuchten schweren räuberischen Erpressung (§§ 253, 255,

250 I Nr. 1b, 22, 23 I) in Tateinheit (§ 52) mit der Freiheitsberaubung mit

Todesfolge (§ 239 I Alt. 2, IV)99, der Nötigung (§ 240 I Alt. 2)100 und dem

Hausfriedensbruch (§ 123 I Hs. 1 Alt. 2 Hs. 2 Alt. 1)101 strafbar gemacht.

Die Bedrohung (§ 241 I Alt. 1) tritt im Wege der Gesetzeskonkurrenz hinter

§§ 253, 255, 250 I Nr. 1b, 22, 23 I und § 240 I Alt. 2 zurück.102

97 LK – Lilie, § 123, Rn 45. 98 LK – Lilie, § 123, Rn 55; Jura 1981, 403 (404). 99 NK – Kindhäuser, § 255, Rn 8. 100 Da die Nötigung hier nicht nur zur Duldung der Freiheitsberaubung dient und somit Eigenbedeutung gegenüber § 239, wie in Jura 1995, 294 (298) gefordert, hat. 101 NK – Ostendorf, § 123, Rn 50. 102 B-OK – Valerius, § 241, Rn 8 sieht dies für den Fall vor, dass die Bedrohung wie vorliegend lediglich als Nötigungsmittel eingesetzt wird.

20

I. §§ 249 I ALT. 1, 250, 251: SCHWERER RAUB

A machte sich nach § 249 I Alt. 1 strafbar, wenn er rechtswidrig sowie

schuldhaft den Tatbestand erfüllte, indem er B von hinten mit dem

Revolverknauf schlug und sich anschließend seine Autoschlüssel nahm, um

mit dem Auto wegzufahren. Er könnte die Tat ferner nach § 250 aufgrund

seines Tatmittels oder seiner Tatbegehung oder nach § 251 aufgrund des

Todes des B qualifiziert haben.

I. Tatbestand

A agierte tatbestandsmäßig, wenn er vorsätzlich eine fremde, bewegliche

Sache mit Gewalt gegen einen anderen in der Absicht wegnahm, sich jene

zuzueignen. Zur Tatqualifizierung nach § 250 müsste er vorsätzlich dessen

Tatbestandsmerkmale verwirklicht haben; zur Qualifikation nach § 251

müsste er Bs Tod wenigstens leichtfertig durch den Raub verursacht haben.

1. Objektiver Tatbestand

a. Wegnahme einer fremden, beweglichen Sache

Sowohl die Autoschlüssel als auch das zugehörige Auto stellen eine fremde,

bewegliche Sache für A dar, weil sie körperliche Gegenstände iSv § 90

BGB sind103, die weder in seinem Alleineigentum stehen noch herrenlos

sind104, und, die tatsächlich fortbewegt werden können105.

Er müsste diese auch weggenommen haben. Dazu müsste er ohne den

Willen des bisherigen Gewahrsamsinhabers106 fremden Gewahrsam

gebrochen und neuen Gewahrsam begründet haben107. Gewahrsam ist dabei

die vom natürlichen Herrschaftswillen getragene Verfügungsmacht über

eine Sache.108 Unstreitig wird lebensnah ein genereller Gewahrsamswille als

ausreichend empfunden109, der sich auf alle in der Spielothek als räumlich

umgrenzten Herrschaftsbereich befindlichen Sachen, an denen kein

Sondergewahrsam besteht,110 und somit auch auf seine Tasche und deren

Inhalt erstreckt; problematisch stellt sich hierbei jedoch der Umstand dar,

dass B bewusstlos war, als A die Schlüssel aus seiner Tasche nahm, und

wohl davon auszugehen ist, dass er das Bewusstsein vor seinem Tod nicht

wieder erlangte. Es entspräche jedoch nicht der Lebensrealität, die stete

Aktualisierung des Herrschaftswillens über eine Sache zu fordern, sodass 103 S/S – Eser, § 242, Rn 9. 104 S/S – Eser, § 242, Rn 12. 105 S/S – Eser, § 242, Rn 11. 106 NK – Kindhäuser, § 242, Rn 34. 107 NK – Kindhäuser, § 242, Rn 27. 108 NK – Kindhäuser, § 242, Rn 28 mwN. 109 BGH GA 1962, 77 (78); Eisele, BT2, Rn 28 f. 110 Wessels/Hillenkamp, BT2, Rn 77.

21

der Gewahrsamswille im Falle der Bewusstlosigkeit grds fortbesteht.111

Gleichwohl eine Ansicht den Gewahrsamswillen aufgrund des sich an die

Bewusstlosigkeit anschließenden Todes verneint, da B nicht nur

vorübergehend keinen Willen bilden sondern auch keine Sachherrschaft

ausüben konnte,112 so führte diese Ansicht zu einer ungerechtfertigten

Unterscheidung, denn die Strafbarkeit würde somit erst nachträglich und

nicht nach der Lage während der Tatbegehung beurteilt,113 weshalb in der

Konsequenz der spätere Tod des B keinen Unterschied machen darf. B hatte

folglich noch Gewahrsam an der Sache und A brach diesen fremden

Gewahrsam ohne Bs Willen, indem er den Schlüssel aus dessen Tasche

nahm, und begründete dadurch auch neuen Gewahrsam.

A hat B eine fremde, bewegliche Sache weggenommen.

b. Qualifizierte Nötigung zum Zweck der Wegnahme

A müsste Gewalt gegen eine Person zum Zweck der Wegnahme eingesetzt

haben. Gewalt ist dabei jedenfalls die Einwirkung auf den Leib, das Leben

oder die Bewegungsfreiheit eines anderen Menschen mittels körperlicher

Kraft, um den erwarteten Widerstand zu beseitigen.114 Durch den Schlag als

eine Form körperlicher Kraft wurde B bewusstlos und war infolgedessen

unfähig, Widerstand zu leisten. Dies entspricht einer Einwirkung von A auf

Bs Leib, sodass A sich der Gewalt gegen eine andere Person bediente.

Die Gewaltanwendung geschah nach einer Ansicht zum Zweck der Weg-

nahme, wenn diese durch die Nötigung zumindest gefördert wurde und

somit objektiv kausal war.115 Nach der anderen Ansicht müsste ein solcher

Kausalzusammenhang objektiv nicht bestehen; der Täter müsse sich diesen

nur vorstellen.116 A stellte sich nicht nur vor, jeglichen Widerstand des Bs

durch die Gewaltanwendung zu unterbinden, um dadurch die Wegnahme-

und Fluchtchancen zu verbessern, sondern förderte die Wegnahme auch

objektiv dadurch, dass er B bewusstlos schlug, weshalb die Kriterien beider

Ansichten erfüllt sind und eine Entscheidung des Streits idF nicht nötig ist.

A setzte Gewalt gegen B zum Zwecke der Wegnahme ein. 111 BGHSt 4, 210 (211); vgl auch Jura 1998, 456 (458); in JuS 1987, 199 (200) wird dogmatisch berechtigt - jedoch mit der Lebensrealität unvereinbar und insbesondere deswegen nicht zutreffend - eingewendet, dass es ua bei Bewusstlosen an der Fähigkeit zur Bildung eines Gewahrsamswillen mangelt, weshalb auch kein Gewahrsam an den Sachen während dieses Zustands besteht. 112 BayObLG NJW 1961, 978 (979). 113 JuS 1976, 40 (42); JuS 1976, 245 (246). 114 RGSt 64, 113 (115 f.); NK – Kindhäuser, § 249, Rn 4; eine detailliertere Darstellung zur Entwicklung des Gewaltbegriffs findet sich ua in LK – Herdegen, § 249, Rn 4 f., auf diese wird jedoch in Anbetracht der offensichtlichen Gewaltanwendung hier verzichtet. 115 NK – Kindhäuser, § 249, Rn 12 mwN. 116 NK – Kindhäuser, § 249, Rn 11 mwN.

22

c. Qualifikation nach § 250

A könnte die Tat nach § 250 qualifiziert haben; vorliegend kommen die

Qualifikationen aus §§ 250 II Nr. 1, Nr. 3a, 250 I Nr. 1a, Nr. 1b in Betracht.

aa. § 250 II Nr. 1

Die Tat wurde von A nach § 250 II Nr. 1 qualifiziert, wenn der Schlag mit

dem Revolverknauf die Verwendung einer Waffe oder eines gefährlichen

Werkzeugs iSv § 250 II Nr. 1 bei der Tat darstellt. Der Revolver müsste

demnach eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug iSv § 250 II

Nr. 1 sein. Abweichend von § 250 I Nr. 1a117 umfasst § 250 II Nr. 1 alle

Waffen im technischen Sinn sowie sonstige Werkzeuge, die gem ihrer

objektiven Beschaffenheit und ihrer konkreten Verwendungsart im

Einzelfall dazu geeignet sind, erhebliche Verletzungen zuzufügen; demnach

werde auch eine ungeladene Schusswaffe durch deren Verwendung als

Schlagwerkzeug vom sonstigen Werkzeug iSv § 250 I Nr. 1b zum

gefährlichen Werkzeug iSv § 250 II Nr. 1.118 Die Kritik, wonach diese

Auslegung bei einer nach § 250 II Nr. 1 qualifizierten Drohung zu

schwerlich nachvollziehbaren Ergebnissen kommt, argumentiert dabei nicht

dogmatisch sondern vom Ergebnis her und verkennt scheinbar die

grundsätzliche Problematik zwischen der Verwendung eines gefährlichen

Werkzeugs im Kontext der Drohung, die weitestgehend unabhängig von der

Begriffsauslegung ist, weshalb diese abzulehnen ist. Der Schlag mit dem

Revolver führte vorliegend zur Bewusstlosigkeit des B, weshalb dieses

Werkzeug als im Einzelfall geeignet zur Verursachung von erheblichen

Körperverletzungen anzusehen ist. Gleichzeitig indiziert dies auch die

objektive Beschaffenheit: Der Revolver ist ein anderes gefährliches

Werkzeug iSv § 250 II Nr. 1.

A verwendete den Revolver auch bei der Tat, da er ihn nach Eintritt in das

Versuchsstadium und noch vor Vollendung der Wegnahme als

Nötigungsmittel zur Herbeiführung des Nötigungserfolges einsetzte119.

A qualifizierte seine Tat nach § 250 II Nr. 1.

bb. § 250 II Nr. 3a

A könnte die Tat ferner nach § 250 II Nr. 3a qualifiziert haben. Dazu müsste

er B bei der Tat körperlich schwer misshandelt haben.

Da § 250 II Nr. 3 den Vorsatz zur schweren körperlichen Misshandlung mit

dem Eintritt einer Todesgefahr durch die Tat gleichsetzt, müsste A B 117 Zur Begründung des erweiterten Kreises potentieller Tatmittel: BGH NStZ 2004, 29. 118 BGH 44, 105. 119 Fischer, § 250, Rn 17; BGH NStZ 08, 687 (687).

23

massive Schmerzen zugefügt haben120: Eine schwere körperliche

Misshandlung liegt demnach vor, wenn die körperliche Integrität mit

erheblichen Folgen oder in einer mit erheblichen Schmerzen verbundenen

Weise beeinträchtigt wurde.121 Der Schlag mit dem Revolverknauf führte

einerseits zur Bewusstlosigkeit, die eine solche erhebliche Folge darstellt,

und andererseits zu erheblichen Schmerzen, sodass A den B körperlich

schwer misshandelte.

A verwendete den Revolver ferner bei der Tat.122

A qualifizierte die Tat ebenso nach § 250 II Nr. 3a.

cc. § 250 I Nr. 1a, Nr. 1b

Da sowohl § 250 II Nr. 1 als auch Nr. 3a verwirklicht wurden, bedarf es

keiner weiteren Prüfung der anderen möglichen Qualifikationen (§ 250 I Nr.

1a, Nr. 1b)123, da diese hinter § 250 II Nr. 1 zurücktreten.124

d. Zwischenergebnis

A erfüllte die objektiven Merkmale des Grundtatbestands aus § 249 I Alt. 1

sowie der Qualifikationen aus §§ 250 II Nr. 1, Nr. 3a.

2. Subjektiver Tatbestand

A handelte absichtlich, als er die objektiven Merkmale des

Grundtatbestands verwirklichte und nach § 250 qualifizierte. Er handelte

ferner mit Zueignungsabsicht, wenn er die Sache mit dem Willen, sie sich

zumindest zeitweilig anzueignen und den bisherigen Eigentümer dauerhaft

zu enteignen, in Besitz nahm.125 Er wollte sich die Autoschlüssel und das

Auto zumindest für die Zeit der Flucht in seinen Vermögenskreis

einverleiben und plante entsprechend seines Tatplans keine Rückgabe der

Schlüssel oder des Autos, sodass er B auch dauerhaft enteignen wollte. A

erfüllte mithin den subjektiven Tatbestand.

3. Erfolgsqualifikation nach § 251

Wenn der Tod des Genötigten durch den Raub eingetreten ist und sich die

tatbestandsspezifische Gefahr von § 249 I hier verwirklichte, dann

erfolgsqualifizierte A den Versuch nach § 251, sofern er den Tod des B

wenigstens leichtfertig verursachte. B wurde am nächsten Tag tot 120 SK – Günther, § 251, Rn 48. 121 BGH NStZ 1998, 461; Jura 1998, 169 (174). 122 Vgl I.I.1.c.aa und Fischer, § 250, Rn 26. 123 Aus den Ausführungen zu § 250 I Nr. 1a (A.II.1.d.bb; A.II.2) ergibt sich, dass diese Qualifikation wiederum nicht erfüllt ist. Jedoch ergibt sich aus A.II.1.d.cc und der Verwendung des Revolvers als Schlagwerkzeug (I.I.1.c.aa), dass § 250 I Nr. 1b vorläge. 124 Nach MK – Sander, § 250, Rn 73 tritt § 250 I generell hinter § 250 II zurück, nach NK – Kindhäuser, § 250, Rn 27 § 250 I Nr. 1 nur hinter § 250 II Nr. 1 im Wege der Spezialität zurück: Beide Ansichten kommen jedoch zum selben, o. g. Ergebnis. 125 NK – Kindhäuser, § 242, Rn 69.

24

aufgefunden; die Todesfolge trat also ein. Kausal war die im Rahmen des

Raubs angewendete Gewalt, wenn sie nicht hinweggedacht werden kann,

ohne dass die Folge entfiele.126 Vorliegend stellt sich jedoch die Todesfolge

nicht als Folge der spezifischen Gefahr der Nötigungshandlung dar sondern

das Herzversagen. Folglich mangelt es bereits an der Kausalität. A

qualifizierte die Tat nicht nach § 251.

4. Zwischenergebnis

A erfüllte den Grundtatbestand von § 249 I Alt. 1 und qualifizierte diesen

nach §§ 250 II Nr. 1, Nr. 3a.

II. Rechtswidrigkeit und Schuld

A handelte auch rechtswidrig und schuldhaft.

III. Ergebnis

A ist nach §§ 249 I Alt. 1, 250 II Nr. 1, Nr. 3a strafbar und da § 248b I Hs. 3

die Subsidiarität für solche Fälle anordnet, entfällt eine Prüfung von § 248b.

J. §§ 223 I, 224 I: GEFÄHRLICHE KÖRPERVERLETZUNG

A hat sich nach § 223 I strafbar gemacht, wenn er mit seinem die Bewusst-

losigkeit des B verursachenden Schlag den Tatbestand rechtswidrig und

schuldhaft erfüllte. Dabei könnte er die Tat nach § 224 I qualifiziert haben.

I. Tatbestand

A müsste zumindest den objektiven wie subjektiven Tatbestand von § 223 I

erfüllt haben, um tatbestandsmäßig vorzugehen. Zusätzlich könnte er die

Tat durch die Verwirklichung der Tatbestandsmerkmale von § 224 I

qualifiziert haben.

B wurde durch As Schlag mit dem Revolverknauf körperlich misshandelt,

da dies in übler und unangemessener Weise dessen körperliche

Unversehrtheit beeinträchtigte. Da er die Tat mittels eines gefährlichen

Werkzeugs beging, als er B mit dem Revolverknauf schlug, qualifizierte er

die Tat außerdem nach § 224 I Nr. 2 Alt. 2.127

Er qualifizierte die Tat ebenfalls nach § 224 I Nr. 3, wenn der Schlag von

hinten einen hinterlistigen Überfall darstellt. Ein hinterlistiger Überfall ist

dabei jeder plötzliche, unerwartete Angriff, bei dem der Täter seine wahren

Absichten planmäßig berechnend verdeckt, um gerade dadurch dem

Angegriffenen die Abwehr zu erschweren.128

Gleichwohl man annehmen kann, dass der Schlag von hinten für B

überraschend kam, so gilt es doch zu bedenken, dass B um die von dem A 126 RGSt 1, 373; BGHSt 1, 332 (333); OLG Nürnberg NStZ 1986, 556. 127 Die Ausführungen zu § 250 II Nr. 1 (siehe I.I.1.c.aa) gelten hier entsprechend. 128 Kühl, § 224, Rn 6.

25

ausgehende Gefahr wusste, da er von selbigem mit dem Revolver bedroht

wird. Dementsprechend muss man zumindest verneinen, dass bei As

Vorgehensweise im Rahmen der Körperverletzung B in seiner

Abwehrbereitschaft zusätzlich geschwächt war aufgrund des

überraschenden Schlages. A erfüllte die Qualifikation (§ 224 I Nr. 3) nicht.

A agierte ferner vorsätzlich hinsichtlich des Grund- und des

Qualifikationstatbestands, sodass er mithin tatbestandsmäßig vorging.

II. Rechtswidrigkeit und Schuld

A handelte auch rechtswidrig und schuldhaft.

III. Ergebnis

A hat sich nach §§ 223 I, 224 I Nr. 2 Alt. 2 strafbar gemacht.129

K. § 221 I NR. 1: AUSSETZUNG

A hat sich nach § 221 I Hs. 1 Nr. 1 Hs. 2 Alt. 1 strafbar gemacht, falls er

durch den Schlag mit dem Revolverknauf B rechtswidrig und schuldhaft

den Tatbestand der Aussetzung erfüllte.

I. Tatbestand

Er müsste den objektiven Tatbestand vorsätzlich erfüllt haben.

1. Objektiver Tatbestand

A müsste B in eine hilflose Lage versetzt haben und ihn dadurch der

konkreten Gefahr des Todes ausgesetzt haben. Versetzen in eine hilflose

Lage ist dabei, die Herbeiführung einer dem Täter zurechenbaren Zustands-

veränderung durch direkte Einwirkung auf das Opfer, infolgedessen sich das

Opfer einer Situation versieht, in der es sich nicht aus eigener Kraft gegen

nahe liegende, situationsspezifische Gefahren für Leib oder Leben zu

schützen vermag.130 Vorliegend ist B aufgrund des Schlags bewusstlos. Der

Schlag erfüllt dabei die Voraussetzungen des Versetzens. Die

Bewusstlosigkeit macht es ihm unmöglich, sich gegen jegliche Gefahren zu

verteidigen, sodass er sich dadurch auch in einer hilflosen Lage befindet.

A setzte ihn dadurch der konkreten Lebensgefahr aus, wenn er zumindest in

ihm zurechenbarer Weise eine bestehende Gefahr nicht nur unerheblich

durch sein Verhalten steigerte und der Gefahreintritt noch abwendbar

war.131 Wäre B noch bei Bewusstsein gewesen, wäre es ihm vermutlich

möglich gewesen, Hilfe zu rufen, sodass sein leichter Infarkt nicht zum

Tode geführt hätte – bei einem leichten Infarkt kann wohl angenommen

129 § 227 ist infolge fehlender Kausalität hier nicht einschlägig; die Ausführungen unter I.I.3 gelten hier entsprechend. 130 NK – Neumann, § 221, Rn 7, 12. 131 NK – Neumann, § 221, Rn 31.

26

werden, dass dieser noch abwendbar ist. Insofern schränkte die

Bewusstlosigkeit B erheblich ein und steigerte so die konkrete

Lebensgefahr, sodass diese sich überhaupt erst später realisieren konnte.

Den objektiven Tatbestand erfüllt also das Verhalten des A mithin.

2. Subjektiver Tatbestand

Er müsste auch willentlich und wissentlich den objektiven Tatbestand erfüllt

haben.132 A muss zwar gewusst haben, dass er die Lebensgefahr für B

allgemein erhöht, da dieser zeitweilig keinerlei Abwehrfähigkeit aufgrund

der Bewusstlosigkeit mehr besitzt; gleichzeitig wusste A jedoch nichts von

dem leichten Infarkt und wusste folglich auch nicht, dass eine konkrete

Lebensgefahr für B besteht, weshalb er auch keinen entsprechenden Willen

überhaupt entwickeln konnte. As ursprünglicher Tatplan bringt zudem nicht

zum Ausdruck, dass B sterben soll oder er dessen Tod billigend in Kauf

nähme. A handelte also nicht vorsätzlich.

3. Zwischenergebnis

A erfüllte nicht den Tatbestand von § 221 I Hs. 1 Nr. 1 Hs. 2 Alt. 1.

II. Ergebnis

A hat sich nicht nach § 221 I Hs. 1 Nr. 1, Hs. 2 Alt. 1 strafbar gemacht.

L. ENDERGEBNIS II

A hat sich des schweren Raubs (§§ 249 I Alt. 1, 250 II Nr. 1, Nr. 3a) in

Tateinheit (§ 52) mit einer gefährlichen Körperverletzung (§§ 223 I, 224 I

Nr. 2 Alt. 2)133 strafbar gemacht.

132 LK – Hillenkamp, § 22, Rn 31; Kühl, § 15, Rn 3; Jura 2001, 55 (56). 133 MK – Sander, § 250, Rn 74; NK – Kindhäuser, § 250, Rn 29.

Persönliche Erklärung

Hiermit versichere ich, Johannes Pogoda, als Verfasser dieser Arbeit, dass ich allein und nur unter

Zuhilfenahme der angegebenen Literatur diese Hausarbeit angefertigt und auch keine Textpassagen

aus anderen Quellen kopiert habe.