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WUNDFACHGRUPPE ZÜRICH UPDATE UND THERAPIEOPTIONEN BEIM DIABETISCHEN FUSS Dr. med. Martin Berli Teamleiter Stv. Technische Orthopädie Uniklinik Balgrist, Zürich [email protected]

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WUNDFACHGRUPPE ZÜRICH

UPDATE UND THERAPIEOPTIONEN BEIM

DIABETISCHEN FUSS

Dr. med. Martin BerliTeamleiter Stv. Technische Orthopädie

Uniklinik Balgrist, Zü[email protected]

DEFINITION

Diabetischer Fuss = diabetisches Fuss-Syndrom

• Komplex von Symptomen, die sich in der Folge eines Diabetes mellitus entwickeln können

• Infektion, Ulzeration, Zerstörung der tiefen Gewebe und Strukturen des Fusses

• Angiopathie und Polyneuropathie = Hauptursachen, die zum diabetischen Fuss-Syndrom führen

TEAMARBEIT BEIM DIABETISCHEN FUSS

Patient, AngehörigeHausarzt, Internist, Diabetologe,Diabetespflegefachfrau, Spitex-Pflegefachfrau, ApothekerOrthopäde, Orthopädieschuhtechniker, Orthopädietechniker, Wundpflegefachfrau, GipstechnikerinSozialarbeiter, Podologin, Physiotherapeutin, Ergotherapeutin, Radiologe, Angiologe, Gefässchirurge, Plastischer Chirurge, Hautarzt, Infektiologe, Neurologe, Ernährungsberaterin, Psychiater, Anästhesist, Technische Operationsassistentin

RESSOURCENMANAGEMENT

Der gleichzeitige Einsatz aller involvierten Personen ist logistisch kaum möglich, wirtschaftlich nicht sinnvoll und selten notwendig

Lösungsansatz: Kerneinheit und gut funktionierende Netzwerke

STRUKTUREN UND RESSOURCEN

Kernteam - Diabetische Fusssprechstunde: Orthopäde, Orthopädieschuhtechniker, Orthopädietechniker, Wundpflegefachfrau, Gipstechniker

Netzwerk intern: Wundsprechstunde, Gipssprechstunde, Internist, Radiologe, Infektiologe (Di), Sozialarbeiter, Ernährungsberaterin, Physiotherapeutin, Ergotherapeutin

Netzwerk extern: Interdisziplinäre Wundsprechstunde Universitätsspital Zürich (Angiologe, Gefässchirurge, Dermatologe, Plastischer Chirurge, Orthopäde, Dermatologe, etc.) (Mo), Konsiliararzt Psychiatrie, betreuende niedergelassene Hausärzte und Fachärzte,Spezialkliniken Universitätsspital Zürich, Spitex-Pflegefachfrau, Podologin, externe Wundexpertinnen

KERNTEAMDIABETISCHE FUSS-SPRECHSTUNDE

Wundpflegefachfrau Gipstechniker

Orthopädietechniker Orthopädieschuhtechniker Orthopäde

Team

Infrastruktur

Bandagist

ULKUS UND CHARCOT

Der Diabetes kann zu zwei schwerwiegenden Spätkomplikationen am Bewegungsapparat führen:

1. Zum diabetischen Fussulkus (DFU) 2. Zur diabetischen Neuroosteoarthropathie

(DNOAP, Charcot-Fuss)

Die Pathogenese ist teilweise identisch !

INHALT

1. Pathogenese

2. Abklärungs- undTherapiekonzept

3. Entlastungsmethoden

ÜBERSICHT PATHOGENESE DFU/DNOAP

A INTRINSISCHE FAKTOREN

B EXTRINSISCHE FAKTOREN

ÜBERSICHT PATHOGENESE DFU/DNOAP

A Intrinsische FaktorenA1 Neuropathie: sensibel, motorisch, autonomA2 Angiopathie: makro (Unterschenkel), mikroA3 Störungen des Biomechanik:Bewegungseinschränkung, Elastizitätsverlust, Atrophie und Dislokation plantarer Fettpolster, Deformitäten (Hammer-Krallenzehen, Plantarisation der Metatarsaleköpfchen), DNOAP („Charcot“-Fuss)A4 Psyche: neglect, malcompliance, reaktive Depression

ÜBERSICHT PATHOGENESE DFU/DNOAP

B Extrinsische FaktorenB1 Traumen: mechanisch (inklusive Schuhwerk), thermisch, chemischB2 Soziales: Isolation, Abstieg

ÜBERSICHT PATHOGENESE DES DFU(International Consensus on the Diabetic Foot, 1999)

A1: DIABETISCHE NEUROPATHIE(Pfeifer und Schumer 1995)

JAMA. 2005;293:217-228

MONOFILAMENT - 128 Hz STIMMGABEL

A1: SENSORISCHE NEUROPATHIE

A1 MOTORISCHE NEUROPATHIE

A1 MOTORISCHE NEUROPATHIE: KRALLENZEHENENTWICKLUNG

(Tanenberg et al. 2001)

Fig. 2:Joint configuration and fat-pad geometry in a neuropathic subject with deformity of the second digit (A) and a matched neuropathic subject with a normally aligned second toe (B).

Copyright © 2011 American Diabetes Association, Inc.

Bus S A et al.: Plantar fat-pad displacement in neuropathic diabetic patients with toe deformity. Diabetes Care 2004;27:2376-2381

DISLOKATION DES PLANTAREN FETTPOLSTERS

Presenter
Presentation Notes
Joint configuration and fat-pad geometry in a neuropathic subject with deformity of the second digit (A) and a matched neuropathic subject with a normally aligned second toe (B). Note the remarkable difference in geometry of the plantar fat pads between the subjects. C: Example of a neuropathic subject with toe deformity and almost complete absence of sub-MTH fat tissue.

A1 AUTONOME NEUROPATHIE

A1 AV-SHUNT BEI AUTONOMER DIABETISCHER NEUROPATHIE (Tanenberg et al. 2008)

PATHOGENESE DIABETISCHE ANGIOPATHIE (Colwell et al. 2008)

A2 DIABETISCHE ANGIOPATHIE

Knöchel-Druck (mmHg)

Digitalarterien-Druck (mmHg)

Transcutaneous

oxygenpressure (mmHg)

QUANTITATIVE DIAGNOSTIK

> 70-80mmHg

> 50 mmHg

> 40 mmHg

Transkutaner Sauerstoff-

Partialdruck (mmHg)

> 30 - 40mmHg

GROSSZEHENDRUCK (TOE PRESSURE)

Presenter
Presentation Notes
Vorgehen: mit 24mm breiter Säuglingsmanschette an der proximalen Grosszehenphalanx und einem Photoplethysmographen an der Grosszehenkuppe. Wenn die Zehe zu kurz für die Manschette ist, kann diese den plethymograpie-Transducer überlappen, was aber die Messwerte nicht beeinflusst

TRANSKUTANE SAUERSTOFFDRUCKMESSUNG

Transkutaner Sauerstoffdruck (TcPO2): >35mmHg Heilung sicher

TRANSKUTANE SAUERSTOFFDRUCKMESSUNG

A3 BIOMECHANIK: BEWEGUNGSEINSCHRÄNKUNG OSG ?

Alexander 1990

A3 BIOMECHANIK: VERLUST DER DORSIFLEXION BEI KNIESTRECKUNG

Alexander 1990

A3 : BIOMECHANIK: EINGESCHRÄNKTE DORSALEXTENSION GROSSZEHE?

A3 BIOMECHANIK: BEWEGUNGSEINSCHRÄNKUNG

Pathogenese: Quervernetzung von Kollagen, Resistenz gegen Kollagenase > ElastizitätsverlustBiomechanik: Bewegungseinschränkung (limited joint mobility, „Cheiropathie“) speziell im oberen Sprunggelenk und im Grosszehengrundgelenk (Hallux rigidus) > plantare Druckspitzen > Ulkus; Hautrisse > Rhagaden, Ulkus

A 3 BIOMECHANIK: CHARCOT-FUSSInzidenz bei Diabetes: 0,08-7,5%

Jean Martin Charcot (1825-93): „Charcot“ –Fuss: pied tabétique 1883

Pathogenese: „Charcot“-Fuss (DNOAP)(Sanders and Frykberg 2008/1991)

Presenter
Presentation Notes
In der Pathogenese einer Neuroosteoarthropathie dominieren 3 Faktoren. Das sind: Sensomotorische Polyneuropathie mit Verlust der Schutzfunktion, Autonomische Neuropathie im Sinne einer sympatischen Denervation und Hyperaemie in der Folge. Und repetitive Mirotraumen mit trabeculären Mikrofrakturen. Auch die metabolische Faktoren, die den Knochen und das Bindegewebe schwächen, wie zum Beispiel Imunosupresion, Nirentranspalntation, Glycolysation von Kolagen, können eine Rolle Spielen. Die neuesten Untersuchungen zeigen, das ein Mikrotrauma eine erhöhte Expresion von proinflamatorischen Cytokinen Zufolge hat, was die Osteoclastogenese aktiviert und so den Knochen schwächt.

Anatomisches Befallmuster Charcot-FussSanders/Frykberg 1991

A4 PSYCHE

Diabetiker (mit Polyneuropathie) zeigen oft wenig Interesse für ihre teilweise Extremitäten bedrohenden Fussläsionen (neglect) und kooperieren bei der Behandlung oft ungenügend (malcompliance)

A4 PSYCHE / B2 SOZIALES(Aikens and Lustman 2001)

Mit diabetischem Fussulkus assoziierte psychosoziale Faktoren (Ursache / Folge?):• Depression• Scheidungsrate• Soziale und berufliche Desintegration• Alkoholabusus• Negative Einstellung gegenüber Fuss,

Fusspflege und Medizinalwesen

B1 TRAUMEN(International Consensus on the Diabetic Foot 1999)

Bei 80% der Diabetiker geht dem Fussulkus ein äusseres Trauma voran: • Barfuss gehen• Untaugliches Schuhwerk • Fremdkörper im Schuhwerk • Unsachgemässe Fusspflege • Sturz/Unfall

B1 SCHUHWERK(Helmut Newton, X-Ray, French Vogue, Paris 1994)

B1 SCHUHWERK

B1 SCHUHWERK

SCHUHINSPEKTION 1

SCHUHINSPEKTION 2

SCHUHINSPEKTION !

CHECKLISTE:ABKLÄRUNG DIABETISCHER FUSS

A 1: Neuropathie ? : Stimmgabel 128Hz < 5/8, ASR/PSR -, Atrophie intrinsische Fussmuskeln mit Fehlstellung, trocken-rissige Haut > NeurologieA 2: Angiopathie ? : Fusspulse -, Nekrosen > AngiologieA 3: Biomechanik ? Deformität, Bewegungseinschränkung, Charcot-Fuss > Orthopädie, RadiologieA 4 / B 2: Psyche / Soziales ? : Neglect, Depression > Hausarztmedizin, Diabetologie, Psychiatrie

CHECKLISTE:ABKLÄRUNG DIABETISCHER FUSS

B 1: Traumen ? : Schuhwerk > Orthopädieschuhmacher, Barfussgehen, Badzimmerchirurgie, Heizflaschen … Evaluation des Ulkus : Ulkustiefe (Wagner-Klassifikation, Probe to Bone), Fistel, Infekt(Weichteil/Knochen)? Ausdehnung der Cellulitis (</>2cm), Labor, Abstrich/Biopsie, Gicht, atypisches Ulcus > Radiologie, Infektiologie, Dermatologie

Blutzuckereinstellung

GEMEINSAMES / UNTERSCHIEDE

Alles diabetische Ulcera, aber unterschiedliche Diabetes mellitus Komplikationen als Ursachen:

• PAVK

GEMEINSAMES / UNTERSCHIEDE

Alles diabetische Ulcera, aber unterschiedliche Diabetes mellitus Komplikationen als Ursachen

• PAVK• Neuropathie

GEMEINSAMES / UNTERSCHIEDE

Alles diabetische Ulcera, aber unterschiedliche Diabetes mellitus Komplikationen als Ursachen

• PAVK• Neuropathie• Osteomyelitis

GEMEINSAMES / UNTERSCHIEDE

Alles diabetische Ulcera, aber unterschiedliche Diabetes mellitus Komplikationen als Ursachen

• PAVK• Neuropathie• Osteomyelitis• etc

ULKUS-ANAMNESE

• Erstes Ulkus?• Ursache bekannt?• Wann bemerkt?• Wie bemerkt?• Was unternommen?

ULKUS-ANAMNESE

• Erstes Ulkus?• Ursache bekannt?• Wann bemerkt?• Wie bemerkt?• Was unternommen?

ULKUS-ANAMNESE

• Erstes Ulkus?• Ursache bekannt?• Wann bemerkt?• Wie bemerkt?• Was unternommen?

ULKUS-ANAMNESE

• Erstes Ulkus?• Ursache bekannt?• Wann bemerkt?• Wie bemerkt?• Was unternommen?

ULKUS-ANAMNESE

• Erstes Ulkus?• Ursache bekannt?• Wann bemerkt?• Wie bemerkt?• Was unternommen?

UNTERSUCHUNG

• Fuss-Pulse palpieren• Reflexe• Vibrationssinn• Ulkus Untersuchung (folgt)

UNTERSUCHUNG

• Fuss-Pulse palpieren• Reflexe• Vibrationssinn• Ulkus Untersuchung (folgt)

UNTERSUCHUNG

• Fuss-Pulse palpieren• Reflexe• Vibrationssinn• Ulkus Untersuchung (folgt)

UNTERSUCHUNG

• Fuss-Pulse palpieren• Reflexe• Vibrationssinn• Ulkus Untersuchung (folgt)Ulkus Untersuchung (folgt)

ULKUS-UNTERSUCHUNG

• Lokalisation• Tiefe• Ausdehnung• Umgebung• Gewebequalität

ULKUS-UNTERSUCHUNG

• Lokalisation• Tiefe• Ausdehnung• Umgebung• Gewebequalität

ULKUS-UNTERSUCHUNG

• Lokalisation• Tiefe• Ausdehnung• Umgebung• Gewebequalität

ULKUS-UNTERSUCHUNG

• Lokalisation• Tiefe• Ausdehnung• Umgebung• Gewebequalität

ULKUS-UNTERSUCHUNG

• Lokalisation• Tiefe• Ausdehnung• Umgebung• Gewebequalität

ULKUS – WEITERE MASSNAHMEN

• Labor: Infektlabor (Lc, Diff, CRP)

ULKUS – WEITERE MASSNAHMEN

• Labor: Infektlabor (Lc, Diff, CRP)• Bildgebung

ULKUS – WEITERE MASSNAHMEN

• Labor: Infektlabor (Lc, Diff, CRP)• Bildgebung• Idealerweise: Knochen- oder

Gewebeprobe mikrobiologische Analyse zur korrekten Antibiotika-Therapie

ULKUS – KLASSIFIKATION (WAGNER)

Bowker J. The diabetic foot, 7th ed, 2007

ULKUS – KLASSIFIKATION (WAGNER)

• Grad 0: Haut intakt

ULKUS GRAD 0

• Hornhautentfernung• Protektives orthopädisches

Schuhwerk / Orthese• Regelmässige Kontrollen

ULKUS – KLASSIFIKATION (WAGNER)

• Grad 0: Haut intakt• Grad 1: oberflächliches Ulkus

ULKUS GRAD 1

• Hornhautentfernung• Moderne Wundbehandlung• Entlastung bis zur Ausheilung• Protektives orthopädisches

Schuhwerk / OrtheseRevaskularisation / Antibiotika ?

ULKUS – KLASSIFIKATION (WAGNER)

• Grad 0: Haut intakt• Grad 1: oberflächliches Ulkus• Grad 2: freiliegende Sehnen und

Gelenkkapseln

ULKUS GRAD 2

• Chirurgisches Débridement der Hornhaut und des nekrotischen Gewebes

• Moderne Wundbehandlung• Entlastung bis zur Heilung• Protektives orthopädisches

Schuhwerk / OrtheseRevaskularisation / Antibiotika ?

ULKUS – KLASSIFIKATION (WAGNER)

• Grad 0: Haut intakt• Grad 1: oberflächliches Ulkus• Grad 2: freiliegende Sehnen und

Gelenkkapseln • Grad 3: freiliegender Knochen (Probe to

bone positiv) und / oder Abszess / Osteomyelitis

ULKUS GRAD 3

ULKUS GRAD 3

• Chirurgisches Débridement des nekrotischen Gewebes, limitierte Resektion / Amputation nach Massgabe von Osteomyelitis / Abszedierung

• Moderne Wundbehandlung• Entlastung bis Heilung• Protektives orthopädisches

Schuhwerk / OrtheseRevaskularisation / Antibiotika ?

ULKUS – KLASSIFIKATION (WAGNER)

• Grad 0: Haut intakt• Grad 1: oberflächliches Ulkus• Grad 2: freiliegende Sehnen und

Gelenkkapseln • Grad 3: freiliegender Knochen• Grad 4: Limitierte Gangrän (Zehen,

Fussteile)

ULKUS GRAD 4

ULKUS GRAD 4

• Chirurgisches Débridement des nekrotischen Gewebes, limitierte Resektion / Amputation nach Massgabe von Osteomyelitis / Abszedierung

• Moderne Wundbehandlung• Angepasstes (Mass)Schuhwerk,

OrtheseRevaskularisation / Antibiotika ?

ULKUS – KLASSIFIKATION (WAGNER)

• Grad 0: Haut intakt• Grad 1: oberflächliches Ulkus• Grad 2: freiliegende Sehnen und

Gelenkkapseln • Grad 3: freiliegender Knochen• Grad 4: Limitierte Gangrän• Grad 5: Ausgedehnte Gangrän

(gesamter Fuss nekrotisch, systemische Wirkung)

ULKUS GRAD 5

ULKUS GRAD 5

• (Teil-)Amputation nach Massgabe Abszedierung / Weichteilschaden

• Moderne Wundbehandlung• Entlastung bis Heilung• Prothese / OrtheseRevaskularisation / Antibiotika ?

INFEKTE – EINE ERNSTHAFTE BEDROHUNG

6 h später

INFEKTE – EINE ERNSTHAFTE BEDROHUNG

6 h später

KLASSIFIKATION – UNIVERSITY OF TEXAS

• WAGNER KLASSIFIKATION MIT FOLGENDEN UNTERGRUPPEN:

A= ischämisch, B= infiziert, A / B= beides

KLASSIFIKATION – UNIVERSITY OF TEXAS

THERAPIEKONZEPT

Nicht-extremitätenbedrohend:

Rötung < 2cm, Ulcus Grad 0-2: Ambulatorium, Débridement / Wundbehandlung, Antibiose, Entlastung (Stöcke, Gips, Verbandschuh) engmaschige Kontrolle 24-72 h

Bei stabilen Verhältnissen (Rückgang der Schwellung, kein raumfordernder Verband mehr notwendig): orthopädieschuhtechnische Versorgung

International Consensus of the Diabetic Foot, 2007

ORTHOPÄDIE-SCHUH-TECHNIK

Schuhversorgung nach Risikoklassen DDG-2009

WARUM?

THERAPIEKONZEPT

Extremitätenbedrohend:

Rötung > 2 cm, Ulcus Grad 3 (Knochenprobe): Hospitalisation, vollständige Entlastung (gelockerte Bettruhe), Biopsie / Débridement / Wundbehandlung, Antibiose, revaskularisierende Massnahmen

International Consensus of the Diabetic Foot, 2007

THERAPIEKONZEPT

RISIKOKLASSIFIKATIONSSYSTEM

KATEGORIE RISIKOPROFIL UNTERSUCHUNGEN

0 Keine sensorische Neuropathie 1x jährlich

1 Sensorische Neuropathie 1x alle 6 Monate

2 Sensorische Neuropathie und Zeichen einer PAVK und / oder Fussdeformitäten

1x alle 3 Monate

3 Früheres Ulcus 1x alle 1-3 Monate

CHARCOT-FUSS ?

CHARCOT-FUSS ?

VERLAUF DNOAPSanders and Frykberg 2008

Presenter
Presentation Notes
Charcot Gelenk hat eine prodromale Periode und 3 Stadien. Im der prodromalen Periode sind vor allem die Weichteile betroffen, die Erythema und Schwellung sind mild, die Instabilität des Gelenkes nimmt zu, radiologisch sieht man aber kaum was. In der Stadie 1 werden die Schwellung, Erythema und Ueberwärmung eindeutig. Knochen und Gelenke werden destruiert, fragmentiert, resorbiert. Die Gelenke luxieren. In Stadium 2 klingt Ödem, Schwellung und Ueberwärmung ab. Debris wird resorbiert. Die Frakturen beginnen zu heilen. Die Fagmenten beginnen zu fusionieren. In der 3. Stadium fortschreitet die Rekonstruktion. Das Gelenk wird stabilisiert. Es dominiert hypertrophische Sklerose, Zunahme der Knochendichte, periostale Ossifikation. Als Folge bleibt die Deformität.

STABILITÄT / BELASTBARKEIT IM STADIENVERLAUF

Stabilität undBelastbarkeit

Sanders/Frykberg 2007

FRÜHERKENNUNG CHARCOT-FUSS

A. Klinische Leitsymptome:geschwollener, geröteter, überwärmter, schmerzloser (bzw. schmerzarmer) Fuss mit intakter Haut, ohne oder mit Deformität. Pat. läuft weiter auf seinem Fuss herum, auffällige Diskrepanz zwischen Aussehen und geschilderten Beschwerden.

FRÜHERKENNUNG CHARCOT-FUSS

A. Klinische Leitsymptome

B. Conditio sine qua non:Neuropathie, Diabetes mellitus

FRÜHERKENNUNG CHARCOT-FUSS

Röntgenbilder können im Prodromalstadium (Stadium 0) negativ sein Shibata et al. 1990, Sella, Barette 1999

Bei positiver Klinik und negativem Fussröntgenbild ist das MRI hilfreich. *Sanders, Frykberg 2007

FRÜHERKENNUNG CHARCOT-FUSS

BEHANDLUNG MIT VOLLKONTAKTGIPS TCC

TCC

THERAPIEKONZEPT CHARCOT-FUSS

CharcotStage 0-1

CharcotStage 3

Charcot Stage 2

rTCCOrthosis

Behandlungspfad modifiziert nach Sanders/Frykberg 2007

Orthopäde

Gipstechnikerin

GipstechnikerinOrthopädietechniker

Orthopädieschuh-techniker

OrthopädeRadiologe

OrthopädeInfektiologe

Orthopäde

Wundpflegefachfrau

Orthopäde

Kompressionsbehandlung

Physiotherpeutin

ENTLASTUNGSMÖGLICHKEITEN

1.Vollkontaktgips (TCC): Goldstandard, „compliance-unabhängig“2. Orthopädietechnische- undschuhtechnische Versorgung (Diabetesadaptierte Fussbettung, Schuhzurichtungen, orthopädische Serien/Massschuhe, Entlastungsorthesen)3. Stöcke, Rollstuhl, Bettruhe (Einschränkung von Stehen und Gehen)4. Physiotherapie5. Orthopädisch-chirurgische Operationen

SOCKEN

Nahtlose Socken:

10 % Spitzdruck-reduktion durch

Dämpfung(Veves et al. 1990)

Presenter
Presentation Notes
Als zusätzliche Massnahme gibt es noch Socken, die spezifisch für Diabetiker gemacht worden sind. Diese haben keine Nähte und keinen Elast.

Prinzip der Druckentlastungmodiziert nach Baumgartner 2001

Ungleichmäßige Verteilung von Spannungen

Gleichmäßig verteilter Druck – geringe SchädenScherkräfte > erhöhte VerletzungsgefahrDruckänderungen in Randzonen > Scherkräfte mit VerletzungsgefahrDruckverteilungsmessung mit hohem Druckgefälle: Scherkräfte mit Verletzungsgefahr

Drerup 2011

Presenter
Presentation Notes
Bei einer gleichmäßigen Druckverteilung sind im allgemeinen keine Schäden zu erwarten. Komplizierter wird es bei Scherkräften. Sie führen in den Randzonen zu lokalen Druck- und Zugkräften, die zu Verletzungen führen können. Das Gleiche gilt für die Randzonen einer lokalen Druckbelastung. Auch dort können Scher- und Zugkräfte auftreten, die zu Verletzungen führen können. Im dargestellten Beispiel sind zwei lokale Druckmaxima dargestellt, die einen steilen Druckabfall zu den umgebenden weniger belasteten Regionen haben. Hier, in den Gebieten großen Druckgefälles ist mit erheblichen Scher- und Zugspannungen mit hohem Verletzungsrisiko zu rechnen.

Druckentlastung unter MTK-I in Abhängigkeit der Positionierung der Abrollhilfe

Ballenrolle + Sohlen-versteifung

Keine Zurichtung

Die Auswirkungen auf den Spitzendruck sind bei Diabetikern und einer Kontrollgruppe unterschiedlich!

25 % Reduktion in der Kontrollgruppe12,5% Reduktion bei Diabetikern mit Neuropathien=20

SCHUHZURICHTUNGEN

Drerup 2009

Presenter
Presentation Notes
Die Untersuchung an 20 gesunden Versuchspersonen und 20 diabetisch-neuropatischen Patienten zum Effekt einer Zurichtung ergab ein geteiltes Ergebnis: Bei den Versuchspersonen war der Entlastungseffekt größer als bei den Patienten. Dies führen wir darauf zurück, dass die diabetischen Patienten bereits ein druckreduzierendes Gangmuster haben, der Effekt der Zurichtung bei ihnen also geringer ist. Was mit druckreduzierendem Gangmuster gemeint ist, darauf möchte ich gleich zu sprechen kommen.

Platzhalter

Flache weiche Einlagensohle

Fussbettung

Keine Zurichtung Ballenrolle Mittelfussrolle + Sohlenversteifung

EINLAGE UND SCHUHZURICHTUNG KOMBINIERT

Drerup 2009

Presenter
Presentation Notes
Lassen Sie mich zuvor die beiden orthopädieschuhtechnischen Ansätze und ihre Wirkung zusammenfassen: Der Orthopädieschuhmacher hat die Option, den Druck durch die Beeinflussung des Gangmusters zu reduzieren DRUCKUMVERTEILUNG Er kann auch durch Druckumverteilung den Druck reduzieren DRUCKENTLASTUNG Wichtig ist, dass die beiden Maßnahmen nicht interferieren und sich nicht gegenseitig stören, sondern dass sie sich addieren.

LOKALE SPEZIALITÄTEN

LOKALE SPEZIALITÄTEN

• Schafswolle• Apligraf• Plurogel• Aquacel • Biatain• Urgotüll• Etc.

LOKALE SPEZIALITÄTEN

Schafswolle

LOKALE SPEZIALITÄTEN(Tissue engineering)

Einsatz:• Chronische Wunden: Mindestens 6

Wochen kein Heilungsfortschritt

CAVE:• Infekte• Compliance

EINSATZBEISPIELE

LOKALE SPEZIALITÄTENENTLASTUNG – GIPSSTIEFEL

SPEZIELL: GIPSVERSORGUNG BEIM POLYNEUROPATHISCHEN PATIENTEN

TEAM TECHNISCHE ORTHOPÄDIE

KD Dr. med. Thomas Böni Dr. med. Martin BerliTeamleiter Teamleiter Stv.

LITERATUR

Internationaler Konsensus über den diabetischen Fuss: http://www.ag-fuss-ddg.de/download/DiabetischerFuss.pdf

American Diabetes Association: Consensus Development Conference on Diabetic Foot Wound Care: http://care.diabetesjournals.org/content/22/8/1354.full.pdf

BESTEN DANK FÜR DIE AUFMERKSAMKEIT

Dr.med. Martin BerliTeamleiter StvTechnische Orthopä[email protected]