VDA Politikbrief 1-12 DE RZ2CARS 21 7 2005 hat der damalige EU-Kommissar für Industrie, Günther...

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Politikbrief 01/2012 Exportwirtschaft Deutschland: Vorbildliches Erfolgsmodell oder Wurzel des europäischen Übels? 2 Die USA wollen lernen – und zwar von Deutschland … Clean Diesel in Amerika 3 Wer als Autofahrer große Reichweite mit niedrigem Verbrauch, geringen CO 2 - Emissionen und Komfort verbinden will, der kommt am Clean Diesel kaum vorbei … Euro 6 für schwere Lkw: Anreize für sauberen Güterverkehr schaffen 4 Mit dem neuen Abgasstandard Euro 6 werden Nutzfahrzeuge in Zukunft noch grüner und umweltfreundlicher … Junge Leute: Mit dem eigenen Auto in die Zukunft? 5 Acht von zehn jungen Deutschen setzen fürs kommende Jahrzehnt auf ein eigenes Auto … CARS 21 7 2005 hat der damalige EU-Kommissar für Industrie, Günther Verheugen, die so genannte „Hochrangige Gruppe CARS 21“ initiiert … Einladung zur 64. IAA Nutzfahrzeuge: Die Innovationskraft der Branche erfahren 8 Einen klaren Blick auf saubere Transportlösungen gibt vom 20. bis 27. September die 64. Internationale Automobil-Ausstellung (IAA) für Nutzfahrzeuge … Impressum 8 Informationsdienst für Entscheider in Politik und Wirtschaft Inhalt

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Politikbrief 01/2012

Exportwirtschaft Deutschland: Vorbildliches Erfolgsmodell oder Wurzel des europäischen Übels? 2Die USA wollen lernen – und zwar von Deutschland …

Clean Diesel in Amerika 3Wer als Autofahrer große Reichweite mit niedrigem Verbrauch, geringen CO2-Emissionen und Komfort verbinden will, der kommt am Clean Diesel kaum vorbei …

Euro 6 für schwere Lkw: Anreize für sauberen Güterverkehr schaffen 4Mit dem neuen Abgasstandard Euro 6 werden Nutzfahrzeuge in Zukunft noch grüner und umweltfreundlicher …

Junge Leute: Mit dem eigenen Auto in die Zukunft? 5Acht von zehn jungen Deutschen setzen fürs kommende Jahrzehnt auf ein eigenes Auto …

CARS 21 72005 hat der damalige EU-Kommissar für Industrie, Günther Verheugen, die so genannte „Hochrangige Gruppe CARS 21“ initiiert …

Einladung zur 64. IAA Nutzfahrzeuge: Die Innovationskraft der Branche erfahren 8Einen klaren Blick auf saubere Transportlösungen gibt vom 20. bis 27. September die 64. Internationale Automobil-Ausstellung (IAA) für Nutzfahrzeuge …

Impressum 8

Informationsdienst für Entscheider in Politik und Wirtschaft

Inhalt

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Politikbrief 01/2012

I n f o r m at I o n s d I e n s t f ü r e n t s c h e I d e r I n P o l I t I k u n d W I r t s c h a f t

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Die USA wollen lernen – und zwar von Deutschland. Der „einst kranke Mann“ Europas hat in der Krise wirtschaftliche Stärke gezeigt, die „intelligente deutsche Industriepolitik“ sei nachah-menswert, heißt in den Vereinigten Staaten. Immer öfter ist zu hören, die deutsche Exportwirtschaft solle zum Vorbild für die USA werden. Barack Obama kündigte jüngst an, die amerikani-sche Industrie zu stärken und die US-Ausfuhren bis 2015 zu verdoppeln.

Während die weltgrößte Volkswirtschaft im Außenhandel aufholen will, gibt es in Europa immer wieder Tendenzen, Länder mit Handelsbilanzüberschüssen an den Pranger zu stellen. So zuletzt geschehen in den so genannten „Sixpack-Verordnungen“. Dieses Gesetzespaket der EU zur früheren Erkennung wirtschaftlicher Ungleichgewichte enthält ein Kapitel, das Sprengstoff für wirtschaftlich besonders leistungs-fähige Länder bietet. Danach müssen künftig EU-Staaten, die mehr exportieren als importieren, Sanktionen fürchten. Ab einem Leistungsbilanzüberschuss von sechs Prozent des Bruttoinlandsprodukts drohen Strafmaßnahmen. Die Begrün-dung: Länder wie Deutschland oder die Niederlande tragen zur Instabilität Europas bei, weil sie einseitig auf Export ausgerich-tet seien und ihr Wachstum auf dem Rücken der Nachbarn gedeihe. Insbesondere Deutschland schade mit seiner Wirt-schafts- und Lohnpolitik den anderen EU-Staaten und bringe sie über kurz oder lang an den Bettelstab.

Richtig ist: Rund die Hälfte des deutschen Exportüberschusses entsteht im Handel mit Staaten der Euro-Zone. Doch Kritiker verschweigen gern, dass Deutschland auch viel importiert. Die wachsende Industrieproduktion hierzulande treibt die Nachfra-ge nach ausländischen Gütern. Davon profitieren viele Länder in und außerhalb der Europäischen Union. Unsere Pro-Kopf-Importe liegen etwa deutlich über denen Frankreichs. Die hohe Importnachfrage wie die Exporterfolge sind Ausweis der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Indus-trie. Immerhin rund 26 Prozent der industriellen Bruttowert-schöpfung der Europäischen Union gehen auf ihr Konto. In Deutschlang leistet die Industrie sogar 90 Prozent aller Exporte. Allein die Automobilindustrie, die drei von vier in Deutschland gebauten Autos ins Ausland verkauft, steht für rund ein Fünftel der Ausfuhren. In China etwa liegt unser Marktanteil bei rund 20 Prozent. Die Franzosen kommen dort nur auf drei Prozent und auch Großbritannien hat seine Industrie lange vernachläs-sigt und kämpft heute mit dem höchsten Leistungsbilanzdefizit in der EU. Es wäre wünschenswert, dass die Staatengemein-schaft diese Defizite über die Stärkung der Schwachen und nicht über eine Schwächung der Starken bekämpfen würde.

Doch Europa hat hier keinen klaren Kurs. Im Gegenteil: Auch nach den „Sixpack-Beschlüssen“ bleiben die Aussagen ambi-valent. „Wir brauchen Volkswirtschaften in Europa, die in der Lage sind, beim Export Leistungsfähigkeit zu zeigen“, sagte etwa EU-Währungskommissar Olli Rehn bei der Vorstellung der Studie zu wirtschaftlichen Ungleichgewichten in der EU im Februar. Und im selben Atemzug kündigte Rehn an, die Kommission werde in den kommenden Monaten Länder mit hohen Leistungsbilanzüberschüssen unter die Lupe nehmen. Also auch Deutschland. Auf diese Weise wird vom Kernproblem Europas, der mangelnden Wettbewerbsfähigkeit und Verschul-dung einzelner Mitgliedsstaaten, weiter abgelenkt.

Ein Grund für die großen Unterschiede in der Wirtschaftskraft der einzelnen Länder ist die Entwicklung der jeweiligen Lohn-stückkosten. Sie stiegen seit 2005 in der EU insgesamt um 7,5 Prozent. In Frankreich lag der Anstieg im gleichen Zeitraum bei rund 12 Prozent, in Italien bei 13 und in Großbritannien sogar bei fast 19 Prozent. Hierzulande hingegen betrug der Zuwachs 5 Prozent. Weil die traditionellen Industriezweige wie die Automobilindustrie, die Chemie oder der Maschinenbau in Deutschland die Lohnstückkosten maßvoll in Grenzen gehalten haben, konnten sie ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit entscheidend sichern.

Dieses Erfolgsmodell taugt in der Tat zum Vorbild. Wettbe-werbsfähigkeit ausbauen, Innovationen vorantreiben und die Kosten begrenzen. Das sollte die Marschroute für die euro-päische Industrie insgesamt sein. Anstatt die Leistungsträger auszubremsen, müssen viele EU-Länder einen Gang höher schalten. Denn wenn Europa im weltweiten Wettbewerb beste-hen will, dürfen nicht die Schwächsten die Maßstäbe setzen, sondern die Innovativsten und Besten.

Exportwirtschaft Deutschland: Vorbildliches Erfolgsmodell oder Wurzel des europäischen Übels?

Deutschland

LohnstückkostenvergleichLohnstückkosten in der Industrie, Index (2000=100)

Quelle: Eurostat

Frankreich UK ItalienSpanien

020406080

100120140160

20102009200820072006200520042003200220012000

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Clean Diesel in Amerika

PRO

GN

OSE

0

1,5

3

4,5

6

2015…201120102009200820072006200520042003200220012000

Entwicklung des Diesel-Marktanteils in den USAin Prozent

Quellen: Polk, VDA

2,7 %

Diesel-Offensive: Der Diesel-Anteil bei Pkw ist in den USA im Vergleich zu

Westeuropa sehr niedrig. So lag der Anteil an Diesel Light Vehicles in den

USA 2011 bei 2,7 Prozent, im Pkw-Bereich nur bei 1,3 Prozent (Zum Vergleich:

In Westeuropa war im Vorjahr jeder zweite Pkw ein Diesel und jeder zweite

Diesel Pkw von einer deutschen Konzernmarke.) Die deutschen Automobil-

hersteller haben bei Diesel-Pkw in den USA einen Marktanteil von hundert

Prozent, da sie mit ihrer effi zienten Clean Diesel-Technologie die strengen

Emissionsgesetze aller 50 Bundesstaaten erfüllen.

Wer als Autofahrer große Reichweite mit niedrigem Ver-brauch, geringen CO2-Emissionen und Komfort verbinden will, der kommt am Clean Diesel kaum vorbei. Moderne Dieseltechnologie verbraucht bei gleicher Leistung weniger als ein Benziner und spart damit CO2 : allein in Deutschland pro Jahr 400.000 Tonnen. Auch für die USA ist der Clean Diesel eigentlich wie geschaffen, weil lange Strecken komfortabel gefahren werden können. Doch jenseits des Atlantiks ist der Diesel-Anteil bei Pkw und Light Trucks bisher niedrig – im Jahr 2011 lag er bei nur 2,6 Prozent. Dieser geringe Wert hängt mit dem historisch bedingt schlechten Image zusammen, unter dem die Dieseltechnologie lange Zeit gelitten hat. Dieselfahrzeuge galten seit den späten Siebzigern als unzuverlässig und laut. Doch dieses Klischee wankt.

US-Automobil-Experten wissen: Schon 2009 und 2010 erhielten deutsche Clean Diesel-Modelle den angesehenen Award „Green Car of the Year“. Und auch die US-Regierung hat die CO2-Effi zienz dieser Antriebsart identifi ziert. Im Sommer 2011 betonte US-Verkehrsminister Ray LaHood, dass die USA täglich 1,4 Mio. Barrel Öl sparen könnten, wenn ein Drittel aller Autos mit Clean Diesel-Antrieben ausgerüstet wäre.

Werden die Amerikaner also doch noch zu Dieselfans? Die ökologischen Argumente sprechen dafür, schließlich werden auch in Amerika die CO2-Vorschriften schärfer. Und der Clean Diesel erfüllt in allen 50 US-Bundesstaaten die anspruchsvollen Schadstoff-Grenzwerte.

Immer mehr Autofahrer in den Vereinigten Staaten lassen sich von den Vorteilen des Clean Diesel überzeugen. 2011 hat sich der Absatz von Diesel-Pkw in den USA um ein Drittel und von Diesel-Light-Trucks um knapp ein Fünftel erhöht. Die Deutsche Bank Research kommt in einer aktuellen Studie („US-Auto-markt auf dem Weg zurück zu alter Größe“/Dez. 2011) zu dem Ergebnis, dass sich der Marktanteil des Diesel in Amerika bis zum Jahr 2015 um 50 Prozent erhöhen könnte.

Das ist eine große Chance für deutsche Hersteller und Zuliefer-fi rmen, denn sie sind in dieser Technologie weltweit führend. Jeder zweite Diesel in Westeuropa zählt zu einer deutschen Konzernmarke. Bei Diesel-Pkw haben deutsche Hersteller in den USA sogar einen Marktanteil von 100 Prozent. Bei Light-Trucks kommt bereits jeder achte Diesel von deutschen Marken. Diese Ausnahmestellung zu halten, wird natürlich nicht einfach, denn die amerikanischen Unternehmen reagieren auf die neue Nach-frage mit eigenen Dieselmodellen. Diese neue Produktstrategie unterstreicht allerdings nur einmal mehr, dass das Diesel-Zeit-alter in den USA erst am Anfang steht.

Ab August dieses Jahres werben mehrere deutsche Automobil-unternehmen gemeinsam für die Clean Diesel-Technologie in den USA.

Nähere Informationen unter www.clearlybetterdiesel.org

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Politikbrief 01/2012

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Mit dem neuen Abgasstandard Euro 6 werden Nutzfahrzeuge in Zukunft noch umweltfreundlicher. Die europäischen Nutz-fahrzeughersteller haben dafür mit hohem Aufwand neue Motoren entwickelt. Das Ergebnis ist beeindruckend: 80 Prozent weniger Stickoxid-Emissionen (NOX), rund zwei Drittel weniger Feinstaubpartikel – und das gegenüber dem bereits modernen Euro-5-Standard. Lkw fahren damit künftig nahezu schadstoff-frei, der Straßengüterverkehr wird so sauber wie nie zuvor.

Die neuen Abgasgrenzwerte gelten zunächst ab 31. Dezember 2012 für Fahrzeuge, die neu typgeprüft werden – neue Model-le also, die erstmals auf den Markt kommen. Ein Jahr später müssen dann alle schweren Lkw, die neu zugelassen werden, Euro 6 erfüllen. Die Zeit drängt. Denn das gemeinsame Ziel von Politik und Wirtschaft sollte es sein, dass die neuen umwelt-freundlichen Lkw so bald wie möglich zum Einsatz kommen.

Maut hat Einführung von Euro 5 wesentlich beschleunigtSeit Einführung der Lkw-Maut in Deutschland sind die Maut-sätze nach Emissionsklassen gestaffelt. Der Sinn dieser Abstufungen war es von Anfang an, die Anschaffung umwelt-freundlicher Fahrzeuge zu belohnen und damit zu fördern. Wie erfolgreich diese Förderung sein kann, zeigte sich beim Abgasstandard Euro 5.

So trat im September 2007 eine eigene, günstigere Mautklasse für Lkw mit Euro 5 in Kraft. Dadurch stiegen die Fahrleistungen dieser Fahrzeugklasse frühzeitig deutlich an. Die Spediteure schafften die neuen Fahrzeuge an, weil sie Klarheit über die künftigen Mautsätze hatten. 2009 – dem Jahr, in dem Euro 5 tatsächlich verpflichtend wurde – waren Euro-5-Lkw dement-sprechend weit verbreitet (siehe Infografik).

Anreize für umweltfreundliche Euro-6-Lkw setzenUm dem noch saubereren Euro-6-Standard zum Durchbruch zu verhelfen, kommt es nun wieder darauf an, den Unterneh-mern frühzeitig Planungssicherheit zu geben. Der VDA und der Transportverband BGL setzen sich gemeinsam für eine neue Mautgestaltung ein. Danach soll es spätestens mit Ablauf der Legislaturperiode im Herbst 2013 eine eigene günstigere Maut-klasse für Euro 6 geben. Damit entstehen die entscheidenden Anreize zur Flottenerneuerung. Wenn es gelingt, die Integration von Euro 6 mit einer insgesamt reformierten Lkw-Maut auf Basis eines neuen Wegekostengutachtens zu verbinden, wäre dies ein wichtiger Beitrag zur Planungssicherheit für das Transportge-werbe und die umladende Industrie.

Auf der IAA Nutzfahrzeuge im September dieses Jahres stellen die europäischen Hersteller ihre neu entwickelten Euro-6-Lkw vor. Damit die umweltfreundlichen Fahrzeuge aus dem Show-room auf die Straße fahren können, ist jetzt die Politik am Zug.

Euro 6 für schwere Lkw: Anreize für sauberen Güterverkehr schaffen

Fahrleistungen nach EmissionsklassenAnteil in Prozent *

Quelle: Bundesamt für Güterverkehr (BAG)

0

20

40

60

80

100

201120102009200820072006

Euro 1/2* Alle mautpflichtigen Lkw (über 12 t)

23,616

10,2 4,6 2,6

27,8

10,2

57,2

2,2 6,8

62,8

9,4

19,5

1,5

36,7

9,5

49

49,1

7,8

32,7

61,2

5,1

17,6

68

2,85,6

Euro 3 Euro 4 Euro 5 EEV

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Acht von zehn jungen Deutschen setzen fürs kommende Jahrzehnt auf ein eige-nes Auto. Das hat eine internationale Studie der Unternehmensberatung McKinsey ergeben. Wie passt dieses klare Bekenntnis zu der These, dass bei jungen Menschen die emotionale Bindung ans Auto immer schwächer werde? Ist es wahr, dass – wie Trendforscher häufig erklären – Smartphones das Auto als Statussymbol ablösen und dass die Jugend in Großstädten ganz andere Mobilitätskonzepte vorzieht? Bei näherer Betrachtung erweisen sich diese Meldungen als wenig stichhaltig. Die Wirklichkeit ist um einiges vielschichtiger.

Denn tatsächlich zeigt die McKinsey-Studie, dass junge Menschen Automobilität nach wie vor als hohen Wert schätzen. Die bislang umfangreichste Befragung junger Erwachsener im Alter von 18 bis 29 zur automobilen Zukunft hat ergeben: Der Auto-Wunsch und das Ansehen, das dem Auto beigemessen wird, hängen eng zusammen. Rund 80 Prozent der Befragten sind überzeugt, dass ihnen das Auto im Vergleich zu anderen Gütern – zum Beispiel Smartphones – auch in Zukunft die größte Wertschät-zung einbringen wird. Eine Untersuchung des Instituts TNS Infratest kommt zu ähnli-chen Ergebnissen: Darin gaben 75 Prozent der Befragten zwischen 18 und 34 Jahren an, dass sie bereits ein eigenes Auto besitzen. Für 81 Prozent ist gerade das erste eigene Auto etwas „ganz besonderes“. Die McKinsey-Studie bestätigt diese Ergebnis-se. Mehr noch, sie belegt, dass der Auto-Wunsch bei jungen Leute sogar noch stärker als bei Älteren ist: Denn während rund 70 Prozent der unter 40-jährigen Deutschen davon ausgehen, auch in zehn Jahren ein eigenes Auto zu fahren, liegt dieser Wert bei den bis 25-jährigen sogar noch 8 Prozentpunkte höher.

Die emotionale Bindung junger Leute ans Auto bleibt also hoch. Dennoch hält sich die Behauptung einer Entemotionalisierung der Beziehung von Mensch und Auto hartnäckig. Sie geht zurück auf den Beitrag „Jugend und Auto“ des „Center of Auto-motive Management“. Rund 25 Prozent der Befragten zwischen 18 und 25 Jahren erklärten hier, dass sie „mit dem Auto nicht mehr als Fortbewegung verbinden“. Doch dieses Ergebnis ist denkbar unspektakulär, weil sich dieser Wert gegenüber früheren Erhebungen nicht wesentlich verändert hat.

Junge Leute: Mit dem eigenen Auto in die Zukunft?

Junge Menschen schätzen Auto-mobilität nach wie vor als hohen Wert.

Aktuelle Marktstudie in Deutschland räumt Binsenweisheit aus:Junge Menschen wünschen sich weiterhin ein eigenes Auto

Quelle: McKinsey

73 *

60 *

„In zehn Jahren werde ich ein eigenes Auto besitzen.“

„Das Auto wird mir auch in Zukunft die größte Wertschätzung im Vergleich zu anderen Gütern einbringen.“

18 bis 39jährige

78 *18-to 39-year olds

40 bis 69jährige

* Prozentzahl der Befragten innerhalb ihrer Altersgruppe

* Prozentzahl der Befragten insgesamt.

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Interessant ist vielmehr, dass auch in dieser Studie bestätigt wird, wie wichtig ein so emotionaler Faktor wie das Design beim Autokauf ist. Für Männer ist es das wich-tigste, für Frauen das zweitwichtigste Kaufkriterium. Der Autokauf ist also nicht nur Kopfsache, sondern auch Herzensangelegenheit. Mit welcher Begeisterung junge Leute Auto fahren, zeigt auch der Ansturm auf neue Carsharing-Angebote der Auto-hersteller. In München meldeten sich in einem dreiviertel Jahr über 10.000 Nutzer für „DriveNow“ an. In Hamburg wird rund ein Jahr nach dem Start von car2go fast jede Minute ein Smart gemietet. Auch in vielen anderen Städten in Europa und Amerika herrscht großer Andrang auf die Carsharing-Angebote der deutschen Hersteller.

Die Beliebtheit des neuen Carsharings weist auf einen weiteren Trend hin: die zuneh-mende Multimodalität. Gerade im urbanen Raum nimmt die Vernetzung der Verkehrs-träger weiter zu. Junge Leute nutzen je nach Bedarf das eigene Auto, den Linienbus, das Fahrrad oder ein Carsharing-Fahrzeug. Das Smartphone hilft ihnen dabei, die einzelnen Angebote zu vernetzen. Die McKinsey-Studie zeigt: 31 Prozent der Befrag-ten mit dem Wunsch nach einem eigenen Auto sehen Angebote wie Carsharing als Ergänzung. Verschiedene Mobilitätskonzepte stehen bei jungen Erwachsenen also nicht in Konkurrenz zur Entscheidung für den eigenen Wagen, sondern sind ein attraktives Ergänzungsangebot.

Trotz der durchweg positiven Einstellung zum Auto sticht eine Entwicklung ins Auge: Der Motorisierungsgrad junger Menschen ist in den vergangenen Jahren stark gesunken. 344 von 1.000 Männern unter 29 besaßen 2010 ein eigenes Auto. 10 Jahre zuvor waren es noch deutlich mehr: 518. Bei den jungen Frauen verlief die Entwick-lung ähnlich, nur von einem niedrigeren Niveau aus. Betrachtet man jedoch die Gesamtbevölkerung, so nimmt die Motorisierung zu. Heute besitzen mehr Deutsche ein Auto, als noch vor zehn Jahren. Und dieser Trend nach oben wird laut der Shell Pkw-Studie noch mindestens 20 Jahre anhalten. Verschiebt sich der Besitz eines eige-nen Autos in den Lebensbiographien der Menschen also nur nach hinten? Das Institut für Mobilitätsforschung (ifmo) hat genau diesen Trend festgestellt. Die Menschen kommen in Deutschland heutzutage später in eine „autoaffine Lebenssituation“. So wuchs der Anteil der Studenten an der Bevölkerungsgruppe der 15- bis 34-Jährigen von 1998 bis 2008 um 23 Prozent. Diese jungen Menschen steigen später in den Beruf ein, und gründen später eine Familie. Die Autoanschaffung, so die Studie, wird deswegen nicht aufgegeben, sondern nur um ein paar Jahre nach hinten verschoben.

Dabei spielen wirtschaftliche Erwägungen für junge Erwachsene die zentrale Rolle. Die Studie „Mobilität in Deutschland“ des Bundesverkehrsministeriums hat ergeben, dass rund 80 Prozent der jungen Leute, die kein Auto besitzen, ihre Autolosigkeit mit Kosten begründen. Nur bis 2 bis 7 Prozent erklärten dass, „bewusster Verzicht“ der Grund sei. Auszubildende, Studenten und Berufsanfänger reagieren viel empfindlicher auf die relative Verteuerung des Gutes „Mobilität“ als andere Altersgruppen, bei denen der Motorisierungsrad weiterhin ansteigt. Denn während der Gesamtverbraucherpreisindex seit 1991 um 43 Prozent gestiegen ist, stieg der für den Motorisierten Individualverkehr sogar um 68 Prozent an. Diese Verteuerung der Mobilität geht fast ausschließlich auf die Spritpreise zurück. Junge Menschen, mit noch eher kleinen Einkommen, sind davon besonders betroffen und warten mit der Anschaffung eines Autos ab.

Ein eigenes Auto zu besitzen – für junge Leute ist das heute so wichtig wie eh und je. Die weit überwiegende Mehrheit der jungen Menschen begeistert sich für das Auto und sieht mehr als nur ein Fortbewegungsmittel in ihm. In Zeiten steigender Kraftstoffpreise muss der Wunsch nach einem eigenen Auto aber oftmals länger warten als früher.

Hauptgrund für junge Leute ohne Auto: Verteuerung der Mobilität

Quelle: Statistisches Bundesamt

Vergleich Kostenanstiegfür Verbraucher seit 1991

Verbraucherpreisindex Gesamt

+ 43%

Verbraucherpreisindex Motorisierter Individualverkehr

+ 68%

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CARS 21 – Bessere Rahmenbedingungen für die Automobilindustrie in Europa

2005 hat der damalige EU-Kommissar für Industrie, Günther Verheugen, die so genannte „Hochrangige Gruppe CARS 21 - (Competitive Automotive Regulatory System for the 21st century)“ initiiert. Die Grundidee war, dass sich alle am Regulierungspro-zess des Automobilsektors Beteiligten über Grundsätze und Maßnahmen verständigen, wie das Gedeihen dieses Sektors als Garant für Innovationen und Arbeitsplätze auch in Zukunft gesichert werden kann. So kamen Vertreter der Automobilindu-strie (Hersteller und Zulieferer), des Europäischen Parlamentes, der Mitgliedstaaten, von Automobilclubs und weiterer Beteiligter sowie Nichtregierungsorganisationen zusammen. Der derzeitige Industriekommissar Antonio Tajani hat den Prozess im Jahr 2010 wiederbelebt. Im Juni 2012 werde der Ergebnisbericht vorgestellt. Darin wurden alle an der Rechtset-zung für den Automobilsektor beteiligten Akteure aufgefordert, sich im Verfahren abzustimmen, um alle automobilwirtschaftli-chen Aspekte berücksichtigen zu können. Aus Sicht des VDA sind die beiden wichtigsten Leitprinzipien des CARS 21 Prozess für die europäische Gesetzgebung „Bessere Rechtsetzung“ und der „Integrierte Ansatz“.

Der Leitsatz „Bessere Rechtssetzung“ („Better Regulation“) zielt vor allem darauf ab, die Folgewirkungen, insbesondere die Kosten einer Gesetzgebung für die Unternehmen in Europa, fair und realistisch abzuschätzen. Zwar werden bestimmte Kosten-abschätzungen bereits heute regelmäßig vorgenommen. Doch beziehen sich diese immer nur isoliert auf das jeweilige Gesetz, nicht auf die Gesamtfolgen in Relation zu bereits bestehenden Gesetzen und Regulierungen. Höhere Kosten der Gesetzgebung tragen letztendlich die Autofahrer So ist es bislang nicht gelungen, einen vollständigen Überblick über die Kosten der gesamten Gesetzgebung für den Automo-bilsektor zu bekommen. Sicher ist allerdings, dass die Kosten für individuelle Mobilität durch das Zusammenfallen einer nicht koordinierten CO2-, Abgas- und Sicherheitsgesetzgebung in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen sind. Diese höhe-ren Kosten trägt letztlich der Autofahrer.

Darüber hinaus haben einige Gesetze zumindest auf den zwei-ten Blick kontraproduktive Auswirkungen: So steigt durch – per se begrüßenswerte – höhere Sicherheitsstandards und strenge-re Abgasvorschriften das Gewicht und damit der Kraftstoffver-brauch. Dies steht im Gegensatz zur CO2-Regulierung der EU, die eine strikte Verbrauchssenkung vorschreibt.

Auch dient das „Tiefstapeln“ bei den Kosten in Brüssel häufig sogar als Rechtfertigungsinstrument für politisch gewollte Entscheidungen. Dies ist beispielsweise gängige Praxis bei allen bisherigen CO2-Regulierungen. Sinn und Zweck einer solchen Analyse sollte es aber sein, eine umfassende Entscheidungs-grundlage für politische Vorhaben zu schaffen. Diese Transparenz über die finanziellen Auswirkungen gesetz-geberischen Handelns wäre ein entscheidender Beitrag, den Begriff „Better Regulation“ endlich mit Leben zu erfüllen. Aber davon ist Brüssel nach wie vor weit entfernt.

Mit CARS 21 wurde darüber hinaus das Modell des „Integ-rierten Ansatzes“ entwickelt: Bei Verfolgung eines bestimmten Regulierungsziels müssen die Beiträge aller relevanten Akteure mit einbezogen werden. So kann die Reduktion von CO2-Emis-sionen im Straßenverkehr eben nicht nur durch technische Maßnahmen an den Fahrzeugen erreicht werden, sondern auch durch eine verbesserte Infrastruktur zur Vermeidung von Staus, durch moderne Kommunikationssysteme zur Verkehrsleitung oder auch durch ökologisches Fahrerverhalten – ein Stichwort sind hier Spritspar-Kurse. Gesetzgeber lässt viele Potentiale ungenutzt für einen umfassenden AnsatzLeider geht der europäische Gesetzgeber allzu oft den vermeintlich einfachsten Weg, indem er ausschließlich auf technische Regulierungsansätze direkt am Fahrzeug zielt, während die anderen Aspekte kaum oder gar nicht berücksich-tigt werden. Damit lässt der Gesetzgeber viele Potenziale, die es zusätzlich in anderen Bereichen zu heben gilt, ungenutzt. Dieser Verzicht auf einen umfassenden Ansatz führt in der Praxis dazu, dass die gewünschten Ziele letztlich schwer oder gar nicht erreichbar sind.

Die Glaubwürdigkeit von CARS 21 und der Wert solcher Exper-tenrunden wird letztlich davon abhängen, ob die beschlosse-nen und empfohlenen Grundsätze zugunsten einer „besseren Rechtsetzung“ und eines „integrierten Ansatzes“ auch tatsäch-lich von Brüsseler Gesetzgebungsorganen – vor allem der EU-Kommission – praktisch umgesetzt und beherzigt werden.

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ImpressumHerausgeber VDA Verband der Automobilindustrie Behrenstr. 35 10117 Berlin www.vda.de Telefon 030 89 78 42 - 0 Telefax 030 89 78 42 - 600

Verantwortlich Dr. Kay Lindemann Geschäftsführer Telefon 030 89 87 42 - 107 Telefax 030 89 87 42 - 603 E-Mail [email protected]

Redaktion Sabine Steinhoff Referentin Kommunikation Telefon 030 89 87 42 - 133 Telefax 030 89 87 42 - 603 E-Mail [email protected]

Mitarbeiter dieses Politikbriefes Tineke Bartsch, Sandra Courant, Ralf Diemer, Dr. Martin Koers, Peter Mair, Dr. Volker Schott

Stand Anfang Juli 2012

Einen klaren Blick auf saubere Transportlösungen gibt vom 20. bis 27. September die 64. Internationale Automobil-Ausstellung (IAA) für Nutzfahrzeuge. Angesichts des weltweit wachsenden Verkehrs für Waren und Güter wird die internationale Leitmesse für Mobilität die neuesten Antworten auf dem Messegelände Hannover vor Augen führen: Zum Beispiel alternative Antriebsformen für Nutzfahrzeuge, aerodynamische Innovationen, intelligente Assistenzsysteme und die neuen Euro-6-Fahrzeuge, die ihre Schadstoffemissionen fast komplett auf null reduzieren.

Mit der höchsten Dichte an Weltpremieren ermöglicht die IAA auch in diesem Jahr eine umfassende Übersicht auf den aktuellen Stand bei Fahrzeugsicherheit, Komfort und Effizienz in der Transportwelt, vor allem im Bereich Elektromobilität: Der bran-chenübergreifende Fachkongress Elektromobilität wird erstmals auf der IAA Nutz-fahrzeuge die neuesten Entwicklungen erörtern. Weiterhin bieten Initiativen zur Nachwuchsförderung Schülern und Lehrern aus ganz Deutschland Workshops zur Studien– und Berufsorientierung an.

Die IAA ist als weltweit wichtigste Mobilitätsmesse mit ihrem Rahmenprogramm auch bedeutende Plattform für politische Kommunikation. Zahlreiche Bundes- und Landespolitiker sowie Vertreter der EU und internationale hochrangige Gäste werden erwartet. Der VDA bietet auf der IAA individuelle Rundgänge für politische Mandats-träger und Mitarbeiter aus Ministerien und Behörden an. Dabei kommen Besucher mit aktuellen Fachthemen und zahlreichen Ausstellern ins Gespräch. Informationen zu diesen Rundgängen gibt Kerstin Nasch aus dem VDA-Organisationsteam unter 030 89 78 42 - 401, bzw. [email protected].

Weitere Details zur Messe, zur Teilnahme an IAA-Fachveranstaltungen und am Fach-kongress Elektromobilität 2012 werden kontinuierlich aktualisiert auf www.iaa.de.

Einladung zur 64. IAA Nutzfahrzeuge: Die Innovationskraft der Branche erfahren

NUTZFAHRZEUGE

MOTOR DERZUKUNFT

www.iaa.de

64. Internationale Automobil-Ausstellung

20. BIS 27. SEPTEMBER 2012 IN HANNOVER

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