Verantwortlichkeit von Stiftungsräten Wer haftet wofür und ... · PDF filede...

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  • KASSENFHRUNG | 79

    0415 | Prvoyance Professionnelle Suisse | Schweizer Personalvorsorge

    Laurence UttingerSenior Associate,Niederer Kraft &Frey AG, Zrich

    Evelyn SchilterSenior Associate,Niederer Kraft &Frey AG, Zrich

    Ob der Stiftungsrat aktiv etwas falsch gemacht hat oder flschlicherweise etwas unterlassen hat, spielt fr die Haftung keine Rolle.

    SchadenAls Schaden gilt grundstzlich jede

    Verminderung des Stiftungsvermgens, die nicht zur statutenkonformen Zweck-verwirklichung erfolgt. Sie kann in einer Verminderung der Aktiven, einer Ver-mehrung der Passiven oder in entgange-nem Gewinn bestehen und entspricht der Differenz zwischen dem gegenwrti-gen Stand des Vermgens und dem Stand, den das Vermgen ohne das sch-digende Ereignis htte (Differenztheo-rie). Die Bestimmung und Berechnung des Schadens kann im Einzelfall Schwie-rigkeiten bereiten und ist eine nicht zu unterschtzende Hrde in einem Verant-wortlichkeitsprozess.

    FehlverhaltenWird absichtliches, strafbares Fehlver-

    halten (Veruntreuung, Urkundenfl-schung und so weiter) beseite gelassen, bleibt hinsichtlich des mglichen Fehl-verhaltens die Pflichtverletzung brig. Diese wird oft durch eine Unterlassung (das heisst, der Stiftungsrat ist unttig geblieben, obwohl eine Pflicht zum Handeln bestanden htte) oder durch mangelnde Sorgfalt verursacht (zum Bei-spiel indem Kontrollen ineffektiv sind oder zu selten durchgefhrt werden). Eine Pflicht kann sich aus Gesetz, Ver-ordnungen, der Stiftungsurkunde, den Reglementen, den Beschlssen des Stif-tungsrats, einem Vertragsverhltnis oder Weisungen der Aufsichtsbehrde, aus der allgemeinen Sorgfalts- und Treue-

    Eigenschaft als StiftungsratStiftungsrat wird man mit der Wahl durch die Versicherten (Arbeitnehmer-vertreter), durch entsprechenden Be-schluss des Arbeitgebers (Arbeitgeberver-treter), Ernennung durch den Stiftungs-rat (Rentnerkassen) oder Abschluss eines Vertrags (externer Stiftungsrat).

    Es gibt keine Einarbeitungsfrist, wh-rend der neue Stiftungsrte von einer Haftung ausgeschlossen sind. Der Stif-tungsrat steht ab dem Tag, an dem er Stiftungsrat wird, in der vollen Pflicht, und haftungsrechtlich besteht kein Un-terschied zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern. Dies bedingt, so das Bundesgericht, dass er sich ein gengend umfassendes Bild der Einrich-tung verschafft, bevor er das Mandat bernimmt.

    Die wichtigsten Bereiche, wozu unter anderem die Organisation und die Anla-gen sowie das Risikomanagement geh-ren, sind vor der Annahme des Stiftungs-ratsmandats zu prfen. Ebenso sollte berprft werden, ob nach dem Aus-scheiden aus dem Stiftungsrat der Han-delsregistereintrag gelscht wurde.

    SchadenersatzpflichtDamit eine Schadenersatzpflicht

    entsteht, muss ein Schaden gegeben sein, der durch ein absichtliches oder fahr-lssiges Fehlverhalten des Stiftungsrats entstanden ist. Mit anderen Worten braucht es: einen Schaden, ein Fehlverhalten, ein Verschulden, einen adquaten Kausalzusammen-hang zwischen Fehlverhalten und Schaden.

    Verantwortlichkeit von Stiftungsrten

    Wer haftet wofr und womit? Nach Art. 52 Abs. 1 BVG haften alle mit der Verwaltung oder Geschfts

    fhrung der Vorsorgeeinrichtung betrauten Personen sowie die Experten

    fr berufliche Vorsorge fr den Schaden, den sie der Stiftung absichtlich

    oder fahrlssig zufgen. Im vorliegenden Artikel werden die Haftungs

    risiken von Stiftungsrten untersucht.

    IN KRZE

    Der Stiftungsrat steht ab dem ersten Tag in der vollen Pflicht. Ein Schaden muss finanzieller

    Natur sein. Organe der Stiftung haften mit ihrem gesamten

    Vermgen.

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    Schweizer Personalvorsorge | Prvoyance Professionnelle Suisse | 0415

    pflicht oder den allgemeinen Grund-stzen des ffentlichen Rechts, insbeson-dere dem Willkrverbot und dem Grundsatz der Gleichbehandlung, erge-ben. Diese Aufzhlung zeigt, dass es zumindest theoretisch eine Vielzahl von Pflichten gibt, die ein Stiftungsrat beachten muss, um sich korrekt zu ver-halten und damit ein Haftungsrisiko auszuschliessen.

    Angesichts dieser Vielzahl von Pflich-ten, die darber hinaus auch noch unbe-stimmt umschrieben sind, ist es sinnvoll, sich an zwei Dinge zu erinnern: Einer-seits sollte sich der Stiftungsrat so sorgfl-tig verhalten, wie er es tun wrde, wenn seine eigenen Ersparnisse in Frage stn-den. Andererseits muss ein Schaden im-mer finanzieller Natur sein. Mit anderen Worten sollte der Stiftungsrat risikoori-entiert vorgehen und diejenigen Berei-che identifizieren, bei denen mit Bezug auf die konkrete Stiftung die grssten finanziellen Risiken bestehen. Den Sorg-faltspflichten in diesen Bereichen ist Pri-oritt einzurumen. Besonders Konstel-lationen, die kriminelle Ttigkeiten (zum Beispiel Veruntreuung, Betrug) begns-tigen (unklare Delegation, Einzelperso-nen mit grossen Kompetenzen, man-gelnde berwachung, Interessenkon-flikte etc.) sollte ein Stiftungsrat genau untersuchen. Im Bereich der Vermgens-anlage ist darauf zu achten, dass die ge-setzlichen und reglementarischen Anla-gevorschriften eingehalten werden. Wur-den Ttigkeiten in finanziell sensiblen Bereichen delegiert, ist unabdingbar, dass der Stiftungsrat die korrekte Erfl-lung der delegierten Ttigkeiten prft. Dabei gengt es nicht, sich darauf zu verlassen, dass die berwachung durch Stiftungsratskollegen sichergestellt ist. Der Gesamtstiftungsrat ist gemeinsam fr die berwachung der delegierten T-tigkeiten verantwortlich.

    VerschuldenWeiter wird fr eine Haftung ein Ver-

    schulden vorausgesetzt. Die Person muss also absichtlich oder fahrlssig gehandelt haben. Es gengt bereits leichte Fahrls-sigkeit (das htte er merken sollen).

    Adquater KausalzusammenhangDer Schaden muss sodann durch das

    Fehlverhalten verursacht worden sein, es muss ein adquater Kausalzusammen-

    hang bestehen. Das heisst, dass die Handlung oder Unterlassung nach dem gewhnlichen Lauf der Dinge und nach der allgemeinen Lebenserfahrung ge-eignet sein muss, den Schaden herbeizu-fhren.

    VerjhrungVerantwortlichkeitsansprche verjh-

    ren fnf Jahre seit der Geschdigte Kenntnis vom Schaden und vom Ersatz-pflichtigen hat, jedenfalls aber zehn Jahre nach dem Tag der schdigenden Hand-lung. Die Verantwortlichen sind einem Haftungsrisiko also relativ lange ausge-setzt.

    HaftungStiftungsrte haften mit ihrem gesam-

    ten Vermgen fr einen allflligen Scha-den der Vorsorgeeinrichtung.

    Mehrere verantwortliche Organper-sonen haften solidarisch, das heisst, dass die Vorsorgeeinrichtung den gesamten Schaden von einem einzigen Stiftungsrat einfordern kann. Dieser wiederum muss gegen die anderen Stiftungsrte oder Mitverantwortlichen vorgehen. Zur Frage, wie der Schadenersatz in einem solchen Fall unter den Stiftungsrten aufzuteilen ist, hat sich das Bundesge-richt bisher nicht geussert.

    Wie kann der Stiftungsrat das Haftungsrisiko minimieren?

    Mit folgenden Massnahmen kann der Stiftungsrat das Haftungsrisiko deutlich minimieren: Nicht delegierbare Aufgaben: Die Fhrungsaufgaben nach Art. 51a Abs. 2 BVG knnen nicht delegiert, sondern mssen vom Stiftungsrat per-snlich wahrgenommen werden. Der Stiftungsrat muss sich bewusst sein, welche Aufgaben unter Art. 51a Abs. 2 BVG fallen und sich sorgfltig und persnlich damit befassen. Der Stif-tungsrat muss kein Experte sein, je-doch Grundkenntnisse haben und sich von Sachverstndigen beraten lassen, falls ihm die ntige Sachkenntnis fehlt. Der Stiftungsrat muss die vom Sach-verstndigen erarbeiteten Entschei-dungsgrundlagen kritisch wrdigen und Fragen stellen, wenn er etwas nicht versteht. Auf verstndlich er-klrte Angaben eines richtig instruier-ten, qualifizierten Fachmanns darf sich

    der Stiftungsrat verlassen, solange er keine Anhaltspunkte hat, dass sie falsch sind.

    Delegation: Bei erlaubter Delegation von Aufgaben an Dritte beschrnkt sich die Haftung des Stiftungsrats auf die sorgfltige Auswahl, Instruktion und berwachung.

    Priorisierung der Aufgaben: Fokus auf Bereiche legen, in denen die Vorsorge-einrichtung relevanten Verlustrisiken ausgesetzt ist, also insbesondere bei der Vermgensanlage, bei der Delegation von Aufgaben und bei Konstellatio-nen, die kriminelle Handlungen be-gnstigen.

    Entscheidgrundlagen: sorgfltige Ab-klrung eines Geschfts, Entscheid auf guter Informationsbasis, gegebenen-falls Ablehnung eines Geschfts oder Zurckweisung zur weiteren Abkl-rung.

    Formelle Vorkehrungen: ordnungsge-msse Durchfhrung von Stiftungs-ratssitzungen, gute Vorbereitung, Do-kumentation; Protokoll; Protokollie-rung der Opposition und der Nein-Stimmen mit Begrndung.

    Organisatorische Vorkehrungen: Eta-blieren von berwachungsmechanis-men, Reportings etc.; periodisches berprfen, ob die Massnahmen an-gewendet werden und greifen.

    Vermeiden von passivem Verhalten: Mit Enthaltungen, Nichtteilnahme an Sitzungen, fehlender Auseinanderset-zung mit Aufgaben, Geschften, Risi-ken, Wegschauen etc. kann man eine Haftung nicht vermeiden. Ein solches Verhalten ist vielmehr geeignet, eine Haftung zu begrnden.

    Information der Aufsichtsbehrde: Insbesondere wenn der Vorsorgeein-richtung durch den rechtswidrigen Be-schluss des Stiftungsrats ein Schaden droht oder ein Stiftungsrat Unregelm-ssigkeiten oder Fehlverhalten feststellt und sich gegenber den anderen Stif-tungsrten nicht durchsetzen kann.

    Rcktritt: Wenn ein Stiftungsrat die generelle Stossrichtung nicht mehr mittragen kann.

    Versicherungsmglichkeiten prfen: zum Beispiel Abschluss einer Verm-gensschaden-Haftpflichtversicherung fr Stiftungsrte, Einschluss des Stif-tungsratsmandats in die eigene Berufs-haftpflichtversicherung. n

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