Verkehrsinfrastrukturen im Anthropozän

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Verkehrsinfrastrukturen im Anthropozän Forschungsvorhaben zur Verkehrsinfrastruktur Mehrere laufende Forschungsvorhaben des Öko-Instituts betrachten die mögliche zukünftige Ausgestaltung der Verkehrsinfrastruktur. Dabei wird die Frage gestellt, wie die Weichen für eine zukunftsfähige Verkehrsinfrastruktur gestellt werden sollten. Folgende Problemstellungen stehen im Mittelpunkt der Arbeiten: der hohe Bedarf an Ressourcen, die Infrastrukturen in Anspruch nehmen, Sekundärrohstoffe, die im Straßenbau zum Einsatz kommen können, aber auch sich verändernde Rahmenbedingungen wie beispielsweise der Einfluss des demographischen Wandels, der Einfluss von Klimawandel und Klimaschutzmaßnahmen sowie die Kosten verschiedener Infrastruktursysteme. Aktuelle Projekte und Erkenntnisse Das Projekt zur Substitution von Primärrohstoffen im Straßen- und Wegebau, soll die Frage beantworten wieviel Materialbedarf zukünftig im Straßenbau anfällt und wieviel des zu erwartenden Primäranteils durch Sekundärmaterialien ersetzt werden kann. Hierzu erfolgte eine GIS-Auswertung von ATKIS (Amtliches Topographisch-Kartographisches Informationssystem), eine Abfrage der SIB- Datenbanken (Länder) und eine Befragung von 300 Kommunen um Bauwerksbestände auf Kreisebene zu ermitteln und realistische Abschätzung über Materialbestand und –bedarf auf Kreisebene treffen zu können. Über den Bundesverkehrswegeplan und für kleinere Straßen abgeleitet über die Flächennutzungsprognosen können somit auch regionale Prognosen zum Neubau und Ausbau getroffen werden. Mithilfe von mittleren Lebensdauern kann zudem der Bedarf an Instandsetzungstätigkeit für eine Region erhoben werden. Mit diesen Informationen ist es möglich Aussagen über bestehendes, anfallendes und benötigtes Material zu treffen. Sowohl das eingangs genannte Projekt als auch das Projekt zu Ressourceneffizienzpotentialen im Tiefbau beschäftigen sich schwerpunkthaft mit einem der größten Ressourceneffizienzpotentiale: Recycling. Auch andere vor allem technische Maßnahmen werden im zweiten Projekt betrachtet, diese weisen aber im Gesamtkontext nur sehr geringes Potential auf. Planetary - und andere - Boundaries …ein paar Thesen Bedarf von Primärasphalt im Straßenbau bis 2030 für: - „Business as Usual“ - massive Effizienzverbesserung (z.Z. unwirtschaftlich) - massive Effizienzverbesserung und kein Zubau Werte repräsentieren den aktuellen Arbeitsstand und Schätzungen für Effizienzpotentiale Materialbestand pro Fläche (links) und pro Einwohner (rechts) in hell/gering – dunkel/hoch Sowohl Bevölkerungs-, als auch Flächennutzungsprognosen zeigen einen deutlichen Trend zur Verstärkung dieser Verhältnisse. Selbst in bevölkerungstechnisch stark schrumpfenden Regionen wachsen die Verkehrsinfrastrukturen weiter. Materialbedarf am Beispiel Asphalt Aktuelle Prognosen weisen auf einen Neubau von gut 40.000 km Straße bis 2030 hin. Dies sind knapp 6% des aktuellen Bestandes. Die für Neu-, und Ausbau benötigten Asphaltmengen tragen zu dem geschätzten gebundenen Gesamtbedarf bis 2030 gut 1/3 bei. 0 5 10 15 20 25 30 35 BAU Effizienz kein Zubau + Effizienz Bedarf Primärasphalt bis 2030 [Mio. t] Instandhaltung Ausbau Neubau Ausschnitt vom Graphic-Recording der Jahrestagung des Öko-Instituts 10 31 Asphaltproduktion Deutschland 2013 [Mio. t] aus Wiederverwendung Primärrohstoffe Eine uneingeschränkte Allgemein- gültigkeit der Daseinsvorsorge, vor dem Hintergrund des siedlungs- strukturellen und demographischen Wandel, ist im Hinblick auf die „Boundaries“ kritisch zu hinterfragen. Rohstoffproduktivität ist nicht der geeignete Leitindikator zur Messung von dem „Ziel: Ressourcenschonung“. Einem prognostizierten Anstieg von Verkehrsleistung mit Ausbau der Infrastrukturen zu begegnen, ist aufgrund von Rebound-Effekten nicht zwangsläufig die geeignete Reaktion. Wirtschaftliche Effizienz über einen wachstumskompatiblen Technikansatz allein kann die drängenden Ressourcenfragen auch bei den Verkehrsinfrastrukturen nicht beantworten. Transdisziplinare Wissenschaft ist eine Voraussetzung zur Lösung von Blockaden und Hemmnissen, um den identifizierten planetaren Grenzen Respekt zu zollen

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Bergmann, Thomas (2014): Verkehrsinfrastrukturen im Anthropozän. Posterpräsentation, Tagung „Lost in the Anthropocene? – Nachhaltige Wissenschaft in der Epoche der Menschheit“ am 21. November 2014 in Frankfurt am Main

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Verkehrsinfrastrukturen im Anthropozän

Forschungsvorhaben zur Verkehrsinfrastruktur Mehrere laufende Forschungsvorhaben des Öko-Instituts betrachten die mögliche zukünftige Ausgestaltung der Verkehrsinfrastruktur. Dabei wird die Frage gestellt, wie die Weichen für eine zukunftsfähige Verkehrsinfrastruktur gestellt werden sollten. Folgende Problemstellungen stehen im Mittelpunkt der Arbeiten: der hohe Bedarf an Ressourcen, die Infrastrukturen in Anspruch nehmen, Sekundärrohstoffe, die im Straßenbau zum Einsatz kommen können, aber auch sich verändernde Rahmenbedingungen wie beispielsweise der Einfluss des demographischen Wandels, der Einfluss von Klimawandel und Klimaschutzmaßnahmen sowie die Kosten verschiedener Infrastruktursysteme.

Aktuelle Projekte und Erkenntnisse Das Projekt zur Substitution von Primärrohstoffen im Straßen- und Wegebau, soll die Frage beantworten wieviel Materialbedarf zukünftig im Straßenbau anfällt und wieviel des zu erwartenden Primäranteils durch Sekundärmaterialien ersetzt werden kann. Hierzu erfolgte eine GIS-Auswertung von ATKIS (Amtliches Topographisch-Kartographisches Informationssystem), eine Abfrage der SIB-Datenbanken (Länder) und eine Befragung von 300 Kommunen um Bauwerksbestände auf Kreisebene zu ermitteln und realistische Abschätzung über Materialbestand und –bedarf auf Kreisebene treffen zu können. Über den Bundesverkehrswegeplan und für kleinere Straßen abgeleitet über die Flächennutzungsprognosen können somit auch regionale Prognosen zum Neubau und Ausbau getroffen werden. Mithilfe von mittleren Lebensdauern kann zudem der Bedarf an Instandsetzungstätigkeit für eine Region erhoben werden. Mit diesen Informationen ist es möglich Aussagen über bestehendes, anfallendes und benötigtes Material zu treffen.

Sowohl das eingangs genannte Projekt als auch das Projekt zu Ressourceneffizienzpotentialen im Tiefbau beschäftigen sich schwerpunkthaft mit einem der größten Ressourceneffizienzpotentiale: Recycling. Auch andere vor allem technische Maßnahmen werden im zweiten Projekt betrachtet, diese weisen aber im Gesamtkontext nur sehr geringes Potential auf.

Planetary - und andere - Boundaries …ein paar Thesen

Bedarf von Primärasphalt im Straßenbau bis 2030 für: - „Business as Usual“ - massive Effizienzverbesserung (z.Z. unwirtschaftlich) - massive Effizienzverbesserung und kein Zubau Werte repräsentieren den aktuellen Arbeitsstand und Schätzungen für Effizienzpotentiale

Materialbestand pro Fläche (links) und pro Einwohner (rechts) in hell/gering – dunkel/hoch

Sowohl Bevölkerungs-, als auch Flächennutzungsprognosen zeigen einen deutlichen Trend zur Verstärkung dieser Verhältnisse. Selbst in bevölkerungstechnisch stark schrumpfenden Regionen wachsen die Verkehrsinfrastrukturen weiter.

Materialbedarf am Beispiel Asphalt Aktuelle Prognosen weisen auf einen Neubau von gut 40.000 km Straße bis 2030 hin. Dies sind knapp 6% des aktuellen Bestandes. Die für Neu-, und Ausbau benötigten Asphaltmengen tragen zu dem geschätzten gebundenen Gesamtbedarf bis 2030 gut 1/3 bei.

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BAU Effizienz kein Zubau+ Effizienz

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InstandhaltungAusbauNeubau

Ausschnitt vom Graphic-Recording der Jahrestagung des Öko-Instituts

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Asphaltproduktion Deutschland 2013 [Mio. t]

aus Wiederverwendung

Primärrohstoffe

Eine uneingeschränkte Allgemein-gültigkeit der Daseinsvorsorge, vor dem Hintergrund des siedlungs-strukturellen und demographischen Wandel, ist im Hinblick auf die „Boundaries“ kritisch zu hinterfragen.

Rohstoffproduktivität ist nicht der geeignete Leitindikator zur Messung von dem „Ziel: Ressourcenschonung“.

Einem prognostizierten Anstieg von Verkehrsleistung mit Ausbau der Infrastrukturen zu begegnen, ist aufgrund von Rebound-Effekten nicht zwangsläufig die geeignete Reaktion.

Wirtschaftliche Effizienz über einen wachstumskompatiblen Technikansatz allein kann die drängenden Ressourcenfragen auch bei den Verkehrsinfrastrukturen nicht beantworten.

Transdisziplinare Wissenschaft ist eine Voraussetzung zur Lösung von Blockaden und Hemmnissen, um den identifizierten planetaren Grenzen Respekt zu zollen