Vertragsentstehung Formation of contracts Grundzüge des Rechts für Bauwissenschaften und...

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Vertragsentstehu ng Formation of contracts Grundzüge des Rechts für Bauwissenschaften und Architektur An Introduction to Law Herbst 2012 Gérard Hertig (ETH Zurich) www.hertig.ethz.ch 24. September 2012

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Vertragsentstehung

Formation of contracts

Grundzüge des Rechts für Bauwissenschaften und ArchitekturAn Introduction to Law

Herbst 2012

Gérard Hertig (ETH Zurich)www.hertig.ethz.ch

24. September 2012

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GZ KurszielWhat the course is about

• Grundzüge sowie Zusammenhänge verstehenUnderstanding legal basics and complementarities

• Beispiele sowie vergleichende AspekteExamples and comparative perspectives

• Was steht dahinter, ökonomisch sowie politischTaking into account efficiency and politics

• Mit Juristen besser arbeiten zu könnenMaking it easier to work with lawyers

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Themen / Topics

1. Vertragsrecht (Vertragsentstehung und -verletzung)

2. Recht der ausservertraglichen Schädigung (unerlaubte Handlung, Haftungsbegrenzung)

3. Zivilprozessrecht

4. Verfassungsrecht (Staatsaufgaben, Grundrechte)

5. Verwaltungsrecht sowie -verfahrensrecht

6. Strafrecht sowie Strafprozessrecht

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Skript / Course Text

• Ingeborg Schwenzer, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil(6. /bzw. 5. Auflage, Stämpfli Verlag, 2012/bzw. 2009)

• Ulrich Häfelin / Georg Müller / Felix Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht(6. Auflage, Schulthess Verlag, 2010)

******Weitere Informationen / Further Information

www.hertig.ethz.ch

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Inhaltsverzeichnis 19.09Course Outline

1. Einführung: Recht und Gesellschaft2. „Recht“: Quellen, Träger, Erwerb 3. Privat- und öffentliches Recht4. Was ist ein Vertrag ?5. Freiheit im Vertragsrecht: Verhandlungen,

Vertragsstruktur, - form und –inhalt6. Konsens der Parteien7. Vertretung und Übertragbarkeit

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1. Recht und Gesellschaft Law and Society

• Das Bedürfnis für Strukturen & Normen The need for structures and norms Beispiel : „Primitive“ Kulturen

• Die Ausdrucks-, Impuls- und Durchsetzungsfunktion des Rechts Expressive, catalyst and enforcement function of law Beispiel : Zigarettenrauchen im Restaurant

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‘Rechtsstaat’Rule of Law

• Rolle der Verfassung The Constitution‘s RoleBeispiel: Grundrechte

• Gesetzgeber werden gewähltElection of law-makers

• Endgültiger Entscheid durch GerichteCourts have the final sayBeispiele: U.S. Supreme Court

Schweizerisches Bundesgericht?7G. Hertig24. September 2012 G. Hertig 7

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2. Rechtsquellen Where is law found ?

• Kodifikation Statutes Beispiel : ZGB, OR, ZPO

• Gerichtsentscheidungen Case Law Beispiel: Common law, Verwaltungsrecht

• Soziale Normen ? Social Norms ? Beispiel: Usanzen

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Wer hat „Rechte“ Who has „rights“

• Natürliche (physische) Personen Individuals

• Juristische Personen Legal Entities Beispiel: AG, GmbH, Stiftungen

• Der Staat als Kompetenzträger Powers of the State Beispiel: Armee, Umwelt, Steuern

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Wie erhält man „Rechte“ How does one get „rights“

• Gesetz und Vertrag Regulation and contracts

Beispiele: AHV, Wohnung

• Materielle-/Verfahrensrechte – Legitimation Substantive/Procedural rights – Standing

Beispiele: Eigentum / Rechtliches Gehör, geschützte Interessen

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3. Privatrecht ▬ Öffentliches RechtPrivate Law ― Public Law

• Staatliche Kompetenzen + Organisation ↔Staat – Privatpersonen ↕Privatperson – Privatperson ↔State powers + organizationState – Private personsPrivate persons – Private persons

• Rolle des öffentlichen InteressesRole of the public interest– In jedem Fall / In every situation– Nur im Allgemeinen / Only from an overall perspective

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Funktion des Privatrechts Private Law’s Function

• Minimierung der TransaktionskostenMinimizing transaction costs

• Risikoallokation / Allocating risks

• Schutz der schwächeren ParteiProtecting the weak

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• Privatautonomie / Freedom to choose

• Dispositives, bzw. zwingendes RechtDefault, resp. mandatory normsBeispiel: Vertrag → Insolvenz → Scheidung

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4. Was ist ein Vertrag ? Defining Contracts

• Schuldverhältnisse (Förderung/Schuld)Set of obligations

• Zwischen zwei oder mehreren ParteienBetween two or more parties

• Ansprüche auf ErfüllungLegally enforceable

• Schadenersatz für mangelnde ErfüllungFailure to perform gives a right to damages

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5. Freiheit im VertragsrechtFreedom of Contracts

• Freiheit betreffend Abschluss, Inhalt, Folgen der Nichterfüllung, AufhebungFreedom to enter and to decide content, consequences of non-performance or termination

• Allgemeine Beschränkungen Prototypical constraints

– Behördliche Bewilligung (z.B. Verkauf an Ausländer) Regulatory approval

– Fehlerfreie Verfahren / Proper procedures

– Inhalt ? / Content ? → zwingende Vorschriften, öffentliche Ordnung, Widerrechtlichkeit → mandatory provisions, public order, unlawfulness

Umsetzung: Nichtigkeit, Unverbindlichkeit, Anwendung von gesetzlichen RegelnRemedies: Void, Non-binding, Rule substitution 14G. Hertig24. September 2012 G. Hertig 14

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Kontrahierungszwang Obligation to contract

• Aufgrund öffentlich-rechtliche Bestimmungen Based upon public law• Versorgungsleistungen (Elektrizität, Wasser, Gas)

Basic supply (power, water)• Eisenbahnen / Railroads• Post• Anwälte (Pflichtverteidigung) / Attorney (compulsory representation)

• Marktbeherrschung / Dominant position– Kartell oder individuelles Unternehmen / Cartel or individual firm– Marktgerechte und branchenübliche Verträge / Market-based and standard contracts

• Persönlichkeitsrecht / Personality rights – Für den Normalbedarf allgemein und öffentlich angeboten

Offered commonly and publicly for normal use– Starke Marktstellung des Anbieters / Supplier has strong market position– Kein sachlich gerechtfertigten Grund für die Verweigerung

No material ground for refusal to supply

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Beispiel 1: Vertragsabschlussverweigerung

• Die Post ist eine selbständige Anstalt des öffentlichen Rechts mit Rechtspersönlichkeit.

• Die Kundenbeziehungen sind dem Privatrecht unterstellt.• Der Verein gegen Tierfabriken versuchte bei der Hauptpost

St. Gallen– zwei seiner Publikationen (mit Berichten über die Tierhaltung in

der Landwirtschaft)

– als unadressierte Massensendung

– zur Versendung an alle Haushaltungen

zu übergeben.• Die Post lehnte den Versand ab

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Beurteilung (siehe auch BGE 129 III 35 - 2002)

• Zur Erhaltung einer vielfältigen Presse kann für unadressierten Massensendungen eine Transportpflicht bestehen.

• Einschränkungen der Vertragsabschlussfreiheit haben außerhalb von ausdrücklichen gesetzlichen Anordnungen Ausnahmecharakter.

• Hier ist eine Kontrahierungspflicht nur gerechtfertigt wenn vier Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:1. Ein Unternehmer bietet seine Waren oder Dienstleistungen allgemein und

öffentlich an. Der Bereich des rein privaten Güteraustausches ist ausgenommen. 2. Es geht um Güter und Dienstleistungen die zum Normalbedarf gehören, d.h. die

praktisch jedermann zur Verfügung stehen und im Alltag in Anspruch genommen werden. Eine Beschränkung auf lebenswichtige Güter und Leistungen wäre zu eng.

3. Dem Nachfrager fehlen aufgrund der starken Machtstellung des Anbieters zumutbare Ausweichmöglichkeiten. Dies ist der Fall wenn entweder nur ein einziger Anbieter zureichend erreichbar ist, oder wenn sich alle in Frage kommenden Anbieter gegenüber dem Interessenten gleichermaßen ablehnend verhalten.

4. Der Anbieter hat keine sachlich gerechtfertigten Gründe angegeben. Der Hinweis der Post, die Publikationen würden ihrem Ruf schaden, weil viele Landwirte darin namentlich kritisch erwähnt würden, ist nicht überzeugend. Es ist allgemein bekannt, dass sich die Leistungen der Post auf die bloße Verteilung von Sendungen jeglicher Art bezieht und beschränkt. Mit dem redaktionellen Inhalt wird die Post nicht identifiziert.

• Unter diesen Umständen stellt die Weigerung der Post einen Verstoß gegen die guten Sitten dar.24. September 2012 G. Hertig 17

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VertragsverhandlungenNegotiations

• Treu und Glauben / Good Faith

• Informationspflicht / Duty to inform– Allgemein / In general– Konsumenten, Investoren, etc. / Consumers, investors, etc

• Verletzung der Pflichten im Vorstadium des Vertrages Culpa in contrahendo– Rolle der Umstände des Einzelfalls

Specific circumstances are crucial– Nichtzustandekommen eines Vertrages → Schadenersatz (Beispiel 1)

Contract is not entered into → Damages– Nachteiliger Vertragsabschluss → Aufhebung des Vertrages (Beispiel 2)

Contract is to the detriment of one party → Termination

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Beispiel 2 : Kein Vertrag

• A. wollte Videogeräte vermieten und die abzuschließenden Geschäfte durch eine Bank finanzieren lassen. Ende September 2010 wurden ihm von der Bank B der Entwurf eines Vertrages unterbreitet.

• Ab Anfang Oktober 2010 finanzierte die Bank B gemäß diesem Entwurf 80 Mietverträge.

• Am 8. Dezember 2010 fand auf Verlangen der Bank B eine Besprechung statt. Es wurde dabei erklärt, der Vertragsentwurf könnte angesichts der rechtlich kaum haltbaren Faustpfandklausel von der Direktion nicht genehmigt werden.

• Die Bank weigerte sich daraufhin, weitere Mietverträge zu finanzieren.

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Beurteilung (siehe auch BGE 105 II 75 – 1979)

• Die Bank B hat

– mit A während Monaten verhandelt.

– schon Ende September 2011 Mietverträge finanziert.

• Ihren Willen, die Vereinbarung gegenzuzeichnen, änderte die Bank B erst, als deren Direktion anfangs Dezember 2011 die Zustimmung verweigerte.

• Dass diese Genehmigung notwendig war, wurde A nicht bekanntgegeben.

• Widerspricht es Treu und Glauben, die Verhandlungen unbekümmert um interne Befugnisse fortzuführen, das Zustandekommen des Vertrages dann aber an der Genehmigung durch die Direktion scheitern zu lassen?

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Beispiel 2 : Nachteiliger Vertragsabschluss• Die Baugesellschaft X holte Angebote ein für die Herstellung

vorfabrizierter Betonelemente zu einem Einfamilienhaus.

• Sie vergab diese Arbeiten durch Werkvertrag vom 11. Januar 2012 der Y Betonwerk AG zu dem von ihr verlangten Preis von Fr. 90‚000.

(Weitere Bewerber hatten auf Fr. 125‘000 → 160‘000 lautende Angebote gemacht. Die interne Berechnung der Baugesellschaft X hatte einen Richtpreis von Fr. 125'000 ergeben)

• Am 23. Mai 2012 teilte die Y Betonwerk AG mit, sie habe die Stückpreise der Fassadenplatten versehentlich auf Grund einer Höhe der Elemente von 0,53 m statt von 2,32 m berechnet. Sie verlangte die Erhöhung der Preise für die Platten von Fr. 16‚500 auf Fr. 70‘000.

• Die Baugesellschaft X lehnte die verlangte Erhöhung ab. Die Y Betonwerk AG klagte daher auf Nachzahlung von Fr. 50.000.

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Beurteilung (siehe auch BGE 102 II 81 – 1976)

• Y. Betonwerk AG meint, die Baugesellschaft X sei verpflichtet gewesen, den Unterschieden zwischen den Angeboten nachzugehen.

• Der Unterschied zwischen dem Gesamtbetrag des Angebotes der Y. Betonwerke AG und dem nächsthöheren überstieg das im Baugewerbe vorkommende übliche Mass nicht.

• Y. Betonwerk AG war selber in der Lage, den ihr unterlaufenen Fehler aufzudecken

• ‚Culpa in contrahendo‘ setzt voraus, dass der Gegenpartei etwas verschwiegen wird, das sie nicht kennt und nicht zu kennen verpflichtet ist

• Handelt die Partei, die bei Vertragsverhandlungen nicht nach Irrtümern des Gegners forscht (die dieser bei gehöriger Aufmerksamkeit selber wahrnehmen könnte), gegen Treu und Glauben?

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Vertragsstruktur Structuring contracts

• Präambel und Definitionen Preamble and Definitions

• Ziel und Reichweite Purpose and scope

• Obligationen und Garantie Obligations and Warranties

• Dauer und Rechtsstreit Duration and Litigation

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FormvorschriftenFormal Requirements

• Grundsatz der Formfreiheit in allen Rechtsordnungen General principle in all jurisdictions: Informality

• Beweis-, Schutz- und Seriositätsfunktion Formal requirements to facilitate proof, protect the weaker party or confirm seriousness

Beispiele: Schenkung, Konsumentenkredit, Grundstückgeschäfte

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Gesetz- und SittenwidrigkeitIllegality and Immorality

• Verträge, die gegen Gesetze oder die guten Sitten verstossensind nichtig (allgemeingültige Regel)Legally or morally offensive contracts are void (in all jurisdictions)

• Hauptaufgabe beim Richter Tests are let to judges

• Hauptfälle / Typical situations

– Gesetzliche Verbote / Specific prohibitions Beispiel: Einsicht in die Unterlagen einer Arztpraxis um mit den Patienten Kontakt aufzunehmen

– Unmöglichkeit / Impossibility

– Übermässige Beschränkung der Freiheit Undue restriction of freedom Beispiel: Wettbewerbsverbot für einen beratenden Ingenieur nach

dem Ausscheiden aus der Firma25G. Hertig24. September 2012 G. Hertig 25

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Allgemeine Geschäftsbedingungen I General Terms and Conditions

• Bedingungen werden zwischen den Parteien nicht im Einzelnen ausgehandeltContractual terms are not individually negotiated– Rationalisierung, Spezialisierung und Risikoüberwälzung

Rationalization, specialization and transfer of risks

– Take it or leave it• Konsumentenschutz, nicht kaufmännischen Verkehr,

steht im VordergrundMain regulatory aim: Protect consumers, not business people– Langfristige Geschäftsbeziehungen, Handelsgebrauch

Repeat relationships, knowledge of trade practices– Geschäftserfahrung / Business experience

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Allgemeine Geschäftsbedingungen II General Terms and Conditions

• Einbeziehung: Hinweis, Kenntnismöglichkeit, VerständlichkeitIncorporation of terms: Referred to, available, comprehensible

• Ungewöhnlichkeitsregel: Nicht verbindlichUnexpected: Not binding Beispiele: Gerichtstandklausel, Erteilung einer Vollmacht,

Kaskoversicherung mit Haftung• Unklarheit / Contra proferentem (ambiguity)– Roulette-Spiel vor Gericht

Going to court could be like playing roulette

– Präzise Fassung der heutigen AGBsIn practice, ambiguity is on the decrease

Beispiel: Unterstützung „bei“ einer Schadensregelung = während oder auch infolge? 27G. Hertig24. September 2012 G. Hertig 27

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Allgemeine Geschäftsbedingungen III General Terms and Conditions

• Inhaltskontrolle der AGB / Content review

– Grenzen des zwingenden Rechts

– Unlauter, missbräuchlich, unbilligContent review: Unfair, abusive or unconscionableBeispiel: Erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis der Rechte und Pflichten der Vertragspartner (Art. 8 UWG, gilt im Verhältnis zu Konsumenten)

– Unwirksamkeit der einzelne Klausel (keine Reduktion auf das erlaubte Mass, keine Nichtigkeit des Vertrages) Individual provision has no effect (no reasonable adjustment, contract is not void)

• Allgemeine vertragsrechtliche InhaltskontrolleContent review: In general

– Umstritten (CH) / Controversial

– Auch für den kaufmännischen Verkehr (KMU)? Also for business people?

– Auch für Vertragsklauseln außerhalb AGBs? Also for individual contracts?

– Kontrollmassstab? / Benchmark? 28G. Hertig24. September 2012 G. Hertig 28

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6. Zustandekommen von VerträgenMaking of Contracts

• Konsens: Offerte und Annahme Consensus: Offer and acceptance

• Gebundenheit des Offerenten Binding nature of offer

CH/D > F > USA : Für eine angemessene Zeit gebunden > widerrufbar gegen Schadenersatz >

bis zur Annahme jederzeit frei widerrufbar

• Einigung über wesentliche Vertragspunkte Agreeing upon essential issues Beispiel: Mietvertrag = Wohnung und Miete

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Geschäftsfähigkeit Contractual Capacity

• Schutz der Jugendlichen und Geistesschwachen Protecting minors and mentally deranged

• Vertrag mag nichtig oder annullierbar sein Contract may be void ab initio or voidable

• Ratifizierung eines Dritten Third party consent Beispiel: Eltern

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Relativität des SchuldverhältnissesPrivity of Contracts

• Nur die Parteien sind am Vertrag berechtigt und verpflichtet Rights and obligations are attached to the parties alone

• Vertrag zugunsten Dritter Contract for the benefit of third parties Beispiel : Eröffnung eines Bankkontos auf den Namen und

zugunsten des Ehegatten

• ≠ Absolute Rechte Rights protected erga omnes Beispiele: Eigentum, Geistiges Eigentum, Persönlichkeitsrechte

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VertragsauslegungConstruction of contracts

• Erklärung, die ein vernünftiger Mensch geben würde (Vertrauensprinzip) Principles of European Contract Law: „The contract is to be interpreted according to the meaning that reasonable persons of the same kind asthe parties would give to it in the same circumstances“

• Dispositives Recht Default provisionsBeispiel: Beendung des Vertrages

• NebenpflichtenAncillary obligationsBeispiel: Arbeitgeber muss die Gesundheit des Arbeitnehmers

schützen• Ergänzende Vertragsauslegung (hypothetischer Parteiwillen)

Constructive interpretation32G. Hertig24. September 2012 G. Hertig 32

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Irrtum, Täuschung und Drohung Mistake, Deceit, Duress

• Erlaubt, von einem Vertrag Abstand zu nehmen (Unverbindlichkeit) Allows to back out from contract

• Kein einfaches Kriterium No simple test

• Verkehrsschutz und Rechtssicherheit Security of transactions and legal certainty

• In allen Rechtsordnungen: Ausnahme und Kontroversen Everywhere: Exceptional and controversial

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7. VertretungRepresentation

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• Auftraggeber - Vertreter: Vollmacht Principal - Agent: Grant of authority

– Beschränkung in sachlicher Hinsicht / Substantive scope

– Zeitliche Befristung / Limited time validity

• Handeln im Namen des Auftraggebers / Acting in the name of the principal

– Rechte des Auftraggebers gegenüber Dritten Principal‘s rights against the third party• Prinzip der Offenkundigkeit / Representation is manifest• Es ist dem Dritten gleichgültig, mit wem er den Vertrag abschließt

Third party is indifferent as to counterparty identity Beispiel: Bargeschäft

– Klagerecht des Dritten gegen den AuftraggeberThird party‘s rights against the principal

• Vertretung ohne Vollmacht Acting without grant of authority

– Genehmigung des Vertretenen / Ratification by the principal

– Angemessene Fristsetzung durch den Dritten / Third party sets a deadline

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Übertragbarkeit von Forderungen und Schulden

Transferability of claims and debt

• Abtretung / Assignment– Information des Schuldners

Informing the debtor– Wertpapiere

Negotiable instruments

• Schuldübernahme / Transferring debt– Zustimmung des Gläubigers

Creditor agreement– Universalübernahme

Assuming debts• Mitteilung oder Bekanntmachung

Direct communication or publication• Solidarische Verpflichtung des ursprünglichen Schuldners

Original debtor remains liable for a given period of time (CH: 3 years)

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