VK Sachsen, Beschluss vom 30.08.2017, 1 / SVK / 015 … · 4. § 46 Abs. 3 VgV zählt abschließend...

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VK Sachsen, Beschluss vom 30.08.2017, 1 / SVK / 015 - 17 (Bieter obsiegt) Normen: § 122 GWB; § 127 GWB; § 45 VgV; § 46 VgV Stichworte: Eignungs- und Zuschlagskriterien, Abgrenzung Leitsatz (amtlich): 1. Im Rahmen eines Teilnahmewettbewerbs ist die Entscheidung, welche Unternehmen zur Angebotsabgabe aufgefordert werden und welche Unternehmen nicht aufgefordert werden, ausschließlich anhand der in der Bekanntmachung angegebenen Eignungskriterien zu treffen. Es ist allein entscheidend, ob die Unternehmen die vom Auftraggeber angelegten Eignungskriterien erfüllen oder nicht. 2. Ob ein Kriterium Eignungs- oder Zuschlagskriterium ist, bestimmt sich danach, ob es schwerpunktmäßig die Beurteilung der Eignung des Bieters für den ausgeschriebenen Auftrag betrifft, also unternehmensbezogen ist (Eignungskriterium), oder sich auf die angebotene Leistung bezieht und daher mit der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots zusammenhängt (Zuschlagskriterien). 3. Für die Abgrenzung zwischen beiden Arten von Wertungskriterien ist maßgeblich, ob sich ein Wertungsaspekt in seinem wesentlichen Kern bzw. hinsichtlich seines Bewertungsschwerpunkts auf Angaben stützen soll, die nur für den konkreten Auftrag Bedeutung erlangen oder auf Angaben zu den generellen Fähigkeiten und Fertigkeiten des Bieters. 4. § 46 Abs. 3 VgV zählt abschließend die Belege auf, die zum Nachweis der technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit herangezogen werden können. Entscheidungstext: In dem Nachprüfungsverfahren Anmietung von Multifunktionsgeräten und Druckern pp. hat die 1. Vergabekammer des Freistaates Sachsen durch den hauptamtlichen Beisitzer Herrn Rücker, die hauptamtliche Beisitzerin Frau Eberhard und den ehrenamtlichen Beisitzer Herrn Höhne aufgrund der mündlichen Verhandlungen vom 3. und 28. August 2017 am 30. August 2017 beschlossen: 1. Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist. 2. Das Vergabeverfahren ist aufzuheben. 3. Die Kosten des Verfahrens (Gebühren und Auslagen) trägt die Auftraggeberin. Die Verfahrensgebühr wird auf X.XXX EUR festgesetzt. Die Auftraggeberin ist von der Zahlung der Gebühren befreit. 4. Die Auftraggeberin trägt die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin. Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre Aufwendungen selbst.

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VK Sachsen, Beschluss vom 30.08.2017, 1 / SVK / 015 - 17

(Bieter obsiegt)

Normen:

§ 122 GWB; § 127 GWB; § 45 VgV; § 46 VgV

Stichworte:

Eignungs- und Zuschlagskriterien, Abgrenzung

Leitsatz (amtlich):

1. Im Rahmen eines Teilnahmewettbewerbs ist die Entscheidung, welche Unternehmen zur

Angebotsabgabe aufgefordert werden und welche Unternehmen nicht aufgefordert werden,

ausschließlich anhand der in der Bekanntmachung angegebenen Eignungskriterien zu treffen. Es ist

allein entscheidend, ob die Unternehmen die vom Auftraggeber angelegten Eignungskriterien erfüllen

oder nicht.

2. Ob ein Kriterium Eignungs- oder Zuschlagskriterium ist, bestimmt sich danach, ob es

schwerpunktmäßig die Beurteilung der Eignung des Bieters für den ausgeschriebenen Auftrag betrifft,

also unternehmensbezogen ist (Eignungskriterium), oder sich auf die angebotene Leistung bezieht

und daher mit der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots zusammenhängt (Zuschlagskriterien).

3. Für die Abgrenzung zwischen beiden Arten von Wertungskriterien ist maßgeblich, ob sich ein

Wertungsaspekt in seinem wesentlichen Kern bzw. hinsichtlich seines Bewertungsschwerpunkts auf

Angaben stützen soll, die nur für den konkreten Auftrag Bedeutung erlangen oder auf Angaben zu

den generellen Fähigkeiten und Fertigkeiten des Bieters.

4. § 46 Abs. 3 VgV zählt abschließend die Belege auf, die zum Nachweis der technischen und

beruflichen Leistungsfähigkeit herangezogen werden können.

Entscheidungstext:

In dem Nachprüfungsverfahren

Anmietung von Multifunktionsgeräten und Druckern

pp.

hat die 1. Vergabekammer des Freistaates Sachsen durch den hauptamtlichen Beisitzer Herrn Rücker,

die hauptamtliche Beisitzerin Frau Eberhard und den ehrenamtlichen Beisitzer Herrn Höhne aufgrund

der mündlichen Verhandlungen vom 3. und 28. August 2017 am 30. August 2017 beschlossen:

1. Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist.

2. Das Vergabeverfahren ist aufzuheben.

3. Die Kosten des Verfahrens (Gebühren und Auslagen) trägt die Auftraggeberin. Die

Verfahrensgebühr wird auf X.XXX EUR festgesetzt. Die Auftraggeberin ist von der Zahlung der

Gebühren befreit.

4. Die Auftraggeberin trägt die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen

Aufwendungen der Antragstellerin. Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre Aufwendungen selbst.

Gründe:

I

Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens ist ein Rahmenvertrag zur Betreibung der Druckumgebung

der Auftraggeberin im Rahmen eines Managed Print Service für 5 Jahre. Der Auftrag wurde

europaweit in einem Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb

ausgeschrieben und am 6. Januar 2017 im Supplement zum Amtsblatt der EU veröffentlicht. Als Frist

zur Abgabe der Teilnahmeanträge wurde der 6. Februar 2017 genannt.

Der Teilnahmewettbewerb wurde dabei von der Auftraggeberin in 2 Phasen unterteilt. Zunächst

konnten alle Interessierte die Vergabeunterlagen für Phase 1 des Teilnahmewettbewerbs durch

Verlinkung im Internet abrufen. Aus den „Informationen zum Teilnahmewettbewerb“ ergab sich,

dass die besten 8 Teilnehmer in die 2. Phase des Teilnahmewettbewerbs vordringen sollten. Die

Wertungsreihenfolge wurde anhand einer bekannt gemachten Wertungsmatrix ermittelt, welche

maßgeblich auf Eigenerklärungen zu Unternehmenskennzahlen (Umsätze und Mitarbeiterzahlen in

verschiedenen Bereichen) und einer Bewertung der jeweils vorgelegten Referenz abstellte. Daneben

gab es zwingende Kriterien, für die ebenfalls Eigenerklärungen abzugeben waren (Erklärung zu § 123

GWB, Mitgliedschaft in einer Berufsgenossenschaft usw.). Den „Informationen zum

Teilnahmewettbewerb“ war weiter zu entnehmen, dass die Auftraggeberin plane, im April 2017 das

Leistungsverzeichnis an die in Phase 2 erfolgreichen Teilnehmer zu übergeben und diese zur Abgabe

eines ersten Angebots aufzufordern. Die Antragstellerin belegte in Phase 1 des

Teilnahmewettbewerbs den 3. Platz und gelangte somit in die Phase 2 des Teilnahmewettbewerbs.

Den verbliebenen 8 Teilnehmern wurden nunmehr die Unterlagen/Aufgabenstellung für Phase 2 des

Teilnahmewettbewerbs mit Schriftsatz vom 2. März 2017 übermittelt. Es sollte zur weiteren

Begrenzung der Teilnehmerzahl auf 4 eine „Lösungs-Präsentation“ vorgestellt werden. In dieser sollte

eine Gesamtlösung für die Betreibung der Druckumgebung der Auftraggeberin im Rahmen eines

Managed Print Service dargestellt und von einer Jury bewertet werden. Die Auftraggeberin machte

dazu unterschiedliche Vorgaben. Sie gab für die zu verwendenden Drucker und Multifunktionsgeräte

Grundanforderungen vor, unterteilte diese in 3 Leistungsklassen und gab für die unterschiedlichen

Leistungsklassen dann weitere speziellere Anforderungen vor. Den verbliebenen Teilnehmern wurde

in der Aufgabenstellung mitgeteilt, dass zur Präsentation Prospektmaterial mit den technischen

Daten der von den Teilnehmern konkret benannten Geräte übergeben werden soll. Weiter wurde

darauf hingewiesen, dass die Bewertung der Präsentationen anhand einer der Aufgabenstellung zur

Präsentation beigefügten Wertungsmatrix erfolgen soll.

Die Wertungsmatrix für die Bewertung der Präsentationen in Phase 2 des Teilnahmewettbewerbs

sah folgende Wertungskriterien vor:

1. Technik

2. Managed Print Service

3. Abrechnung

4. IT- Anforderungen und Geräteverwaltung

5. Rollout

6. Innovationen

7. Gesamteindruck der Präsentation

Alle Kriterien waren in weitere umfangreiche Unterkriterien aufgeteilt.

In der der Aufgabenstellung ebenfalls beigefügten „Eigenerklärung zu Fragen der Bieterpräsentation“

sollten die Teilnehmer konkret für die 3 geforderten Leistungsklassen jeweils ein Modell/Gerät

angeben und Angaben dazu machen, ob diese über verschiedene technische Ausstattungsmerkmale

verfügen. Die entsprechenden Angaben sollten dann im Unterkriterium 1 „Technik“ entsprechend

bewertet werden. Daneben waren in dieser Eigenerklärung Angaben zu den konkret benannten

Geräten bezüglich des Unterkriteriums 2.1.4 „Managed Print Service – Reporting bzw.

Zählerstandsermittlung“, 3.3 „Abrechnung – Verrechnung Recyclingpapier machbar“ und zu

verschiedenen Unterkriterien des Kriteriums 4 „IT-Anforderungen und Geräteverwaltung“ zu

machen, welche dann ebenfalls bewertet werden sollten. Der Aufgabenstellung waren zudem

umfangreiche Hinweise zu entnehmen, auf welche Fragen bzw. Themen die Teilnehmer in ihrer

Präsentation zu den einzelnen Unterkriterien eingehen sollten.

Der Antragstellerin wurde am 26. April 2017 mitgeteilt, dass sie in der Phase 2 des

Teilnahmewettbewerbs 328 von möglichen 448 Punkten erreicht habe. Damit belege sie nur den

siebten Rang und werde nicht zur nächsten Stufe – dem eigentlichen Verhandlungsverfahren –

zugelassen. Mit weiterem Schriftsatz vom 27. April 2017 wurde ihr dann die ausgefüllte

Wertungsmatrix mit den Bewertungen der einzelnen Unterkriterien samt Begründung durch die

Auftraggeberin übermittelt. Den besten 4 Teilnehmern dieser Phase 2 des Teilnahmewettbewerbs

(die Beigeladenen zu 1-4) wurde mit Schriftsatz vom 9. Mai 2017 dann das Leistungsverzeichnis

übergeben und diese zur Abgabe eines ersten Angebots aufgefordert. Als Frist dafür wurde der 30.

Juni 2017 genannt.

Die Antragstellerin rügte mit Schriftsatz vom 4. Mai 2017, dass die Vergabeunterlagen intransparent

seien und der Gleichbehandlungsgrundsatz bei der Bewertung ihrer Präsentation verletzt worden sei.

Der Auftraggeber habe zu Unrecht Abwertungen ihrer Präsentation in den folgenden Unterkriterien

vorgenommen.

Im Einzelnen führt sie aus:

Bezüglich des Unterkriteriums 2.1.1 „Managed Print Service - Help Desk – Aufwand Zugänglichkeit

und Automatisierung“ sei die Auffassung des Auftraggebers, dass bei der Antragstellerin ein

persönlicher Ansprechpartner nicht zur Verfügung stehe und die Hotline über eine kostenpflichtige

0180-Nummer betrieben werde, falsch. Die Antragstellerin verfüge über eine kostenfreie 0800-

Nummer für die Hotline und habe sowohl für den Rollout als auch für den nachfolgenden Service

einen persönlichen Ansprechpartner benannt.

Im Unterkriterium 3.1.2 „Abrechnung - Abrechnung auf Produkte und Kostenstellen“ habe der

Auftraggeber zu Unrecht eine Abwertung vorgenommen. Worin der unterstellte erhöhte

Nachbearbeitungsaufwand konkret bestehen soll, sei in der Begründung zur Bewertung nicht

ausgeführt worden. Aus den Vergabeunterlagen würden sich auch keine Vorgaben zur Abrechnung

ergeben. Diese seien insoweit an dieser Stelle intransparent. In der Teilnehmerpräsentation sei

dargestellt worden, dass bei den Systemen der Antragstellerin eine automatische

Kostenstellenzuordnung mittels des integrierten Follow-Me-Systems erfolge und dabei automatisiert

auswertbare Dateien verschiedener Dateitypen erstellt würden. Dabei entstehe kein messbarer

Aufwand für den Auftraggeber. Die Antragstellerin hätte daher zwingend mit der besten Kategorie

„kein/wenig Nachbearbeitungsaufwand zur Kostenzuordnung für Auftraggeber“ bewertet werden

müssen.

Hinsichtlich des Unterkriteriums 3.1.3 „Abrechnung – Funktionsweise und Ablauf“ sei nicht

nachvollziehbar, dass der Antragstellerin einerseits vorgeworfen werde, dass die Beschreibung des

Abrechnungsschemas nicht ausreichend detailliert gewesen sein soll, andererseits jedoch

Rückschlüsse auf einen Mehraufwand beim Auftraggeber zulassen soll. Beides könne zugleich nicht

stimmen. Die Abrechnungsabläufe seien auf acht Folien in der Präsentation beschrieben und

umfassend mündlich erläutert worden. Mangels transparenter Vorgaben in den Vergabeunterlagen

sei es nicht möglich gewesen, auf spezielle Kundenwünsche zur Abrechnung einzugehen.

Im Unterkriterium 4.8 „IT-Anforderungen und Geräteverwaltung – Software“ habe die

Auftraggeberin einen hohen Administrationsaufwand bei der Verwaltung der Software unterstellt.

Dies habe sie damit begründet, dass die Geräte der Antragstellerin nur zentral via Admin-Tool

administrierbar seien, weil keine Web-Schnittstelle vorhanden sei. Diese Annahme treffe nicht zu.

Die von der Antragstellerin angebotenen Systeme würden über eine Web-Schnittstelle zur

Administration verfügen. Dies sei während der Präsentation auf Nachfrage auch ausdrücklich

bestätigt worden.

Auch im Unterkriterium 4.10 „IT-Anforderungen und Geräteverwaltung – Architektur des

Gesamtsystems“ habe die Auftraggeberin in allen Unter-Unterkriterien (Ausfallsicherheit,

Lastverteilung und Skalierbarkeit, Desaster Recovery) Abwertungen vorgenommen und der

Antragstellerin nur ein mäßiges Niveau unterstellt. In der Präsentation sei der Auftraggeberin die

Hochverfügbarkeitslösung der Antragstellerin ausführlich vorgestellt worden. Im Falle eines

Serverausfalles würden anstehende Aufträge automatisch an einen gespiegelten Back-up-Server des

Kunden weitergeleitet. So könne es nicht zu einem Ausfall kommen. Ganz maßgeblich sei die

Ausfallsicherheit jedoch von der Systeminfrastruktur des Kunden abhängig. Diese liege nicht in der

Einflusssphäre der Antragstellerin, sondern allein beim jeweiligen Kunden und könne insoweit nicht

Gegenstand der Bewertung sein. Hinsichtlich des Themas Lastverteilung böte das System der

Antragstellerin z. B. beim Scannen den großen Vorteil der Dezentralität. Würden gleichzeitig viele

Scanvorgänge gestartet, führe dies nicht zu Problemen, da die Texterkennung dezentral auf dem

jeweiligen Systemgerät durchgeführt werde. Würden hingegen die gleichzeitigen Scanvorgänge

zentral auf einem Server bearbeitet werden, könnten sich unter ungünstigen Umständen lange

Wartezeiten ergeben. Hinsichtlich des Druckens seien die Systeme der Antragstellerin so

konfigurierbar, dass bei starken Anforderungen entschieden werden könne, ob die Drucke in eine

Warteschlage gehen oder auf einem anderen System ausgedruckt werden. Bezüglich der Desaster

Recovery fehle es an transparenten Angaben seitens der Auftraggeberin in den Vergabeunterlagen.

Bei einem Systemausfall würden jedenfalls keinerlei Infrastruktureinstellungen auf den Systemen der

Antragstellerin verloren gehen.

Bezüglich des Unterkriteriums 5.1 „Rollout – Rollout-Konzept“ habe die Auftraggeberin zur

Begründung der Abwertung ausgeführt, dass das vorgestellte Rollout-Konzept einen mäßigen

Aufwand beim Auftraggeber verursache. Diese Bewertung sei erkennbar von sachfremden

Erwägungen getragen. Im Unterkriterium 5.1 sei an dieser Stelle die Schlüssigkeit des Konzeptes und

nicht ein vermeintlicher Aufwand für den Auftraggeber zu bewerten gewesen. Dies sei allein

Gegenstand des nachfolgenden Unterkriteriums 5.1.1 „Rollout – Ablauf Rollout (bzgl. Aufwand für

AG)“.

Hinsichtlich des Unterkriteriums 5.1.1 „Rollout – Ablauf Rollout (bzgl. Aufwand für AG)“ sei die

Abwertung der Antragstellerin mit dem Hinweis begründet worden, dass beim Rollout ein mäßiger

Aufwand für den Auftraggeber entstehe. Worin dieser erhöhte Aufwand bestehen soll, sei nicht

angegeben worden. Aus den Vergabeunterlagen würden sich keine Vorgaben zum Rollout ergeben,

sodass auch in diesem Unterkriterium eine Intransparenz der Vergabeunterlagen festzustellen sei. Es

sei für die Antragstellerin auch nicht erkennbar, welchen messbaren Mehraufwand ihr Rollout-

Konzept gegenüber demjenigen anderer Bieter haben soll. Die Antragstellerin verfüge über das

leistungsfähigste Pre-Konfiguration-Center aller Marktteilnehmer und könne einen Output von bis zu

350 Systemen am Tag realisieren. Die Systeme würden vollkommen vorkonfiguriert zu den

vorbestimmten Stellplätzen transportiert werden und müssten in aller Regel lediglich noch an das

Strom- und Datennetz angeschlossen werden. Weniger Aufwand gebe es bei keinem anderen

Mitbewerber.

Die Auftraggeberin habe auch im Unterkriterium 6.1 „Innovationen – Unterscheidungsmerkmale

Software/Hardware/Service von Wettbewerbern“ zu Unrecht Abwertungen vorgenommen. Im

diesbezüglichen Unter-Unterkriterium „Software“ sei in der Präsentation das einmalige Joint Venture

mit dem Partner XXX vorgestellt worden. Dieser biete im Bereich E-Gouvernement fertige Lösungen

an, welche die Auftraggeberin bereits kenne. Hinsichtlich des Unter-Unterkriteriums „Service“ habe

die Antragstellerin in der Präsentation ihr Sicherheitskonzept erörtert. Alle Daten würden sich in der

Hand des Kunden befinden. Es sei gewährleistet, dass sämtliche Daten im räumlichen

Geltungsbereich des Bundesdatenschutzgesetzes bleiben würden. Dies sei ein innovativer Ansatz und

ein Alleinstellungsmerkmal unter den großen Anbietern der Branche.

Die Vergabeunterlagen seien intransparent, da die offensichtlich von der Auftraggeberin erwarteten

Angebotsinhalte nicht in den Vergabeunterlagen beschrieben worden seien. Auf diese Weise seien

vergleichbare Angebote nicht zu erwarten und eine Gleichbehandlung der Bieter finde nicht statt.

Dies könne nur durch eine erneute Bewertung der Teilnahmepräsentation der Antragstellerin oder

durch Aufhebung des Vergabeverfahrens mit anschließender Neuausschreibung geheilt werden.

Die Auftraggeberin teilte der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 4. Mai 2017 mit, dass den Rügen zur

Bewertung der Unterkriterien 2.1.1 „Managed Print Service - Help Desk – Aufwand Zugänglichkeit

und Automatisierung“ und 6.1 „Innovationen – Unterscheidungsmerkmale

Software/Hardware/Service von Wettbewerbern“ abgeholfen werde. Die Antragstellerin werde in

diesen Unterkriterien nunmehr mit der Höchstpunktzahl bewertet. Im Übrigen seien die Rügen aber

zurückzuweisen. Vorab sei darauf hinzuweisen, dass das Ziel der Bieterpräsentationen gewesen sei,

dass die Auftraggeberin einen Eindruck über die Arbeitsweise der Teilnehmer, der vorgeschlagenen

Technik und des Systems sowie mögliche Innovationen erhalte und bewerte. Diese seien anhand der

veröffentlichen Bewertungsmatrix bewertet worden. Es sei ausschließlich die mündliche Präsentation

bewertet worden, nicht eventuell ausgereichte Schriftstücke zur Präsentation.

Zur Bewertung der einzelnen Unterkriterien führte die Auftraggeberin im Einzelnen aus:

Bezüglich des Unterkriteriums 3.1.2 „Abrechnung - Abrechnung auf Produkte und Kostenstellen“

habe die Jury aus der Präsentation der Antragstellerin zu diesem Punkt geschlussfolgert, dass eine

durchgängig automatisierte Abrechnung mit der vorhandenen technischen Basis der Auftraggeberin

nicht möglich sein werde. Nicht alle Geräte der Auftraggeberin würden mit dem Follow-Me-System

arbeiten, da getrennte Netze sowie lokale Systeme bestünden. Dadurch entstünden separate

Abrechnungsinformationen und der Aufwand für die Zusammenführung dieser separaten

Abrechnungsinformationen läge nach den Erkenntnissen aus der Präsentation ausschließlich bei der

Auftraggeberin.

Hinsichtlich des Unterkriteriums 3.1.3 „Abrechnung – Funktionsweise und Ablauf“ habe die

Antragstellerin in ihrer Präsentation lediglich drei Folien vorgestellt. Sie habe nur die Verarbeitung

automatisiert gewonnener Daten betrachtet, sei jedoch nicht auf die Besonderheiten lokaler

Systeme eingegangen. Dies sei jedoch in der Aufgabenstellung zur Präsentation gefordert gewesen.

Der bemängelte Mehraufwand im Unterkriterium 3.1.3 „Abrechnung – Funktionsweise und Ablauf“

beziehe sich auf den Aufwand aus den Abrechnungen per se. Im Unterkriterium 3.1.2 „Abrechnung -

Abrechnung auf Produkte und Kostenstellen“ beziehe sich der bemängelte Mehraufwand für den

Auftraggeber hingegen auf damit verbundene Aufwände für die entsprechende Datenpflege,

Abgleiche, etc. auf Seiten der Administration der Auftraggeberin.

Auch hinsichtlich des Unterkriteriums 4.8 „IT-Anforderungen und Geräteverwaltung – Software“ sei

die Abwertung gerechtfertigt. Die Antragstellerin habe in ihrer Präsentation keine Web-Schnittstelle

zur Administration vorgestellt.

Bezüglich des Unterkriteriums 4.10 „IT-Anforderungen und Geräteverwaltung – Architektur des

Gesamtsystems“ sollte die zukünftige Lösung der Teilnehmer für eine volle Punktzahl eine eigene

Ausfallsicherheit mitbringen, die über eine Virtualisierungsumgebung hinausgehe. Das System der

Antragstellerin stütze sich nach deren Präsentation und auch nach expliziter Nachfrage jedoch

eindeutig nur auf die Ausfallsicherheit der Virtualisierungsumgebung und nicht auf eine eigene

Rückfallebene für die zentralen Systeme. Auch die vorgestellte Software XXX biete keine erhöhte

Ausfallsicherheit. Im Unter-Unterkriterium Lastverteilung seien die Voraussetzungen für eine

Bewertung mit der Höchstpunktzahl ebenfalls nicht gegeben gewesen. Die dezentrale OCR-

Verarbeitung stelle keine Lastverteilung einer Scan-Server-Lösung dar. Der On-Board-Scan der

Systeme der Antragstellerin sei nach der Präsentation auch nicht in der Lage, Word-Dokumente zu

generieren, sondern nur PDF-Dokumente. Die dargestellte Lastverteilung beim Drucken habe sich

lediglich auf die Auslastung einzelner Endgeräte und nicht auf die zentralen Server bezogen.

Bezüglich des Unter-Unterkriteriums Desaster Recovery habe die Antragstellerin in ihrer Präsentation

keine expliziten Ausführungen gemacht. Hier vertraue sie wohl offensichtlich ebenfalls auf die

vorhandene Infrastruktur der Auftraggeberin. Dies könne keinesfalls eine überdurchschnittliche

Bewertung rechtfertigen.

Im Unterkriterium 5.1 „Rollout – Rollout-Konzept“ habe die Auftraggeberin im Schriftsatz vom 27.

April 2017 versehentlich eine falsche Begründung zur Punktevergabe genannt. Man sei bei der

Erstellung des Schreibens in der Zeile verrutscht und habe deshalb versehentlich die Begründung für

die Bewertung des Unterkriteriums 5.1.1 „Rollout – Ablauf Rollout (bzgl. Aufwand für AG)“ auch im

Unterkriterium 5.1 „Rollout – Rollout-Konzept“ benutzt. Die Antragstellerin habe sich bei ihrer

Präsentation hinsichtlich der verfügbaren Zeit nicht ausreichend gut organisiert. Zum Ende der

ablaufenden Präsentationszeit habe sie die Folien nur noch überflogen und wenig ausgeführt. Die

Mitglieder der Bewertungsjury hätten deshalb kein schlüssiges und vollständiges Rollout-Konzept

erkennen können.

Hinsichtlich des Unterkriteriums 5.1.1 „Rollout – Ablauf Rollout (bzgl. Aufwand für AG)“ habe man

aus der Präsentation erkennen können, dass beim Rollout erhöhte Aufwände für die Auftraggeberin

entstehen würden. Beispielsweise sei dargestellt worden, dass Arbeiten, die in der Zuständigkeit des

Projektleiters liegen könnten, an die Auftraggeberin abgetreten worden seien.

Konfigurationsarbeiten, die die Antragstellerin in Dienstleistung für die Auftraggeberin hätte

erbringen und anbieten können, müsse die Auftraggeberin laut der Präsentation selbst vornehmen.

Die Auftraggeberin hätte auch nicht vorhandene Zwischenlagerungsflächen bereitstellen müssen.

Dass die Systeme der Antragstellerin vorkonfiguriert seien, sei nicht herausragend, da die meisten

Marktteilnehmer ihre Systeme vorkonfiguriert ausliefern würden.

Auch im Unterkriterium 6.1 „Innovationen – Unterscheidungsmerkmale Software/Hardware/Service

von Wettbewerbern“ habe sich das suboptimale Zeitmanagement der Antragstellerin in ihrer

Präsentation negativ ausgewirkt. Hinsichtlich des Unter-Unterkriteriums Software habe diese die E-

Gouvernement-Lösung „XXX“ vorgestellt, welche der Auftraggeberin bereits bekannt sei und von

dieser seit geraumer Zeit genutzt werde. Dies sei der Antragstellerin auch bekannt. Der

diesbezügliche Vortrag in der Präsentation der Antragstellerin könne daher nicht als

Innovationsneuheit im Bereich Software angesehen werden. Die ebenfalls vorgestellten Software

XXX erfülle nicht die entsprechenden Systemvoraussetzungen, da sie unter Windows 2008 R 2 nicht

funktionsfähig sei. Damit habe die Antragstellerin ein K.-o.-Kriterium verletzt und wäre somit aus

dem Vergabeverfahren auszuschließen gewesen. Bezüglich des Unter-Unterkriteriums Service sehe

man die diesbezüglich vorgetragenen Inhalte zur Datensicherheit als Grundvoraussetzung für den

Betrieb des Systems und nicht als Innovation an.

Zur gerügten Intransparenz der Vergabeunterlagen führte die Auftraggeberin aus, dass eine

genauere Definition dessen, was die Auftraggeberin erwarte und als optimal ansehe, nur sehr

schwerlich möglich sei. Dazu hätte die Auftraggeberin selbst bereits ein optimales Konzept

erarbeiten müssen. Sinn und Zweck der Erarbeitung von Konzepten sei es jedoch, die bei den Bietern

vorhandene Fachkunde und Kreativität abzufragen. Diese seien aufgrund ihrer Erfahrungen und dem

täglichen Umgang mit den ausgeschriebenen Leistungen viel eher in der Lage, effektive Mittel und

Lösungen zu präsentieren. Sollte ein Auftraggeber vorab ein eigenes Konzept erarbeiten müssen, an

dem er die eingereichten Konzepte messen würde, müsste er dieses wiederum vorab den

Teilnehmern zur Kenntnis geben. Für diese wäre es dann ausreichend, dieses Konzept einfach zu

übernehmen, um eine optimale Punktzahl zu erlangen. Dies würde dem Ziel der Auftraggeberin von

den Bietern eigene und möglicherweise auch neue Lösungen zu benennen, entgegenstehen. Ein

vorab aufgestellter kompletter Anforderungskatalog würde den unterschiedlichen Lösungen und

Herangehensweisen der einzelnen Teilnehmer nur bedingt gerecht werden. Innovative

Lösungsvorschläge, welche der Auftraggeber noch nicht kennen würde, wären dann gar nicht ihrer

Bedeutung entsprechend wertbar.

Bei der Wertung eines Angebotes sei auch nicht zu Gunsten der jeweiligen Bieter zunächst von der

Maximalpunktzahl auszugehen, von der die Vergabestelle im Rahmen der Wertung bei Nicht- oder

Schlechterfüllung Punkte abziehe, sondern es sei grundsätzlich von 0 Punkten auszugehen und

abhängig vom Angebotsinhalt müssten Punkte addiert werden.

Durch die vorgenommene Abhilfe in zwei Unterkriterien verbessere sich das Ergebnis der

Antragstellerin von 328 Punkten auf 343 Punkte. Die Antragstellerin erreiche somit in der Wertung

den fünften Rang. Das Verhandlungsverfahren finde jedoch nur mit den vier bestplatzierten Bietern

statt. Deshalb werde die Antragstellerin nicht aufgefordert, ein erstes Angebot abzugeben.

Die Antragstellerin beantragte daraufhin mit Schriftsatz vom 23. Mai 2017 bei der erkennenden

Vergabekammer die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens. Diesen Antrag begründete sie im

Wesentlichen mit den bereits in der Rüge vom 4. Mai 2017 vorgetragenen Gründen bezüglich der aus

ihrer Sicht fehlerhaften Bewertung ihrer Präsentation. Die Ausführungen der Auftraggeberin in der

Rügeerwiderung seien unzutreffend. Diese würden zeigen, dass die Auftraggeberin bei ihren

Bewertungsmaßstäben von Kriterien ausging, die sie den Teilnehmern nicht genannt habe und die

somit intransparent seien. In den Vergabeunterlagen seien auch keine Angaben zur Art der

Präsentation gemacht worden. Es habe keinen entsprechenden Hinweis der Auftraggeberin gegeben,

dass schriftliche Teile der Präsentation unberücksichtigt bleiben würden. Die Auftraggeberin habe im

Anschluss an die Präsentation überreichte Unterlagen gern entgegengenommen. Es sei daher davon

auszugehen, dass alle Teile der Präsentation bei der Bewertung zu berücksichtigen seien. Die

Auftraggeberin könne bei der Bewertung der Präsentation nicht eigene Erwartungen zur Bewertung

heranziehen, ohne diese vorher allen Teilnehmern bekannt gemacht zu haben. Wegen der

beschriebenen Vergabemängel sei das Vergabeverfahren aufzuheben und die Beschaffung neu

auszuschreiben.

Die Auftraggeberin erwiderte hierzu mit Schriftsatz vom 12. Juni 2017. Dabei wiederholte sie im

Wesentlichen ihren Vortrag aus der Rügeerwiderung vom 11. Mai 2017. Man habe die Präsentation

aller Teilnehmer nunmehr „hilfsweise“ unter Einbezug der zur Präsentation übergebenen

schriftlichen Unterlagen geprüft. Dabei hätten sich keine Veränderungen bei der Bewertung ergeben.

Den Teilnehmern sei zur Vorbereitung der Präsentation transparent und erschöpfend dargestellt

worden, welche Ziele mit der Ausschreibung verfolgt würden, welche Voraussetzungen verlangt

würden und welche Grundlagen bei der Auftraggeberin dafür vorlägen. Auf eine Konzeptvorgabe

habe man bewusst verzichtet, da die Auftraggeberin optimierte und über das bestehende System

hinaus individuelle Lösungswege erwartet habe. Die Auftraggeberin könne nicht alle Innovationen

dieses Sektors am Markt kennen. Es habe über die Vorgaben zur Präsentation hinaus keine

zusätzlichen Erwartungen/Forderungen an die Bieter gegeben, welche zur Bewertung herangezogen

würden. Die Bewertung sei ausschließlich anhand der veröffentlichten Wertungsmatrix erfolgt.

Die Vergabekammer forderte die Auftraggeberin und die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 20. Juli

2017 auf, zu einzelnen Aspekten der Wertung der Antragstellerin Stellung zu nehmen. Zugleich wies

sie darauf hin, dass eine Korrektur des Wertungsergebnisses der Antragstellerin durch die

Vergabekammer wegen des der Auftraggeberin zustehenden weiten Beurteilungsspielraums nur

unter bestimmten Voraussetzungen möglich sei.

Mit Schriftsätzen vom 27. und 28. Juli 2017 nahmen die Auftraggeberin und die Antragstellerin

daraufhin erneut zur Wertung der Lösungs-Präsentation Stellung.

Die Vergabekammer machte im rechtlichen Hinweis vom 1. August 2017 darauf aufmerksam, dass

Bedenken wegen der Unterteilung des vorgeschalteten Teilnahmewettbewerbs in 2 Phasen und der

dort bewerteten Kriterien bestehen würden. Nach § 51 Abs. 1 VgV sei die Begrenzung der

Teilnehmerzahl im Teilnahmewettbewerb ausschließlich mittels Eignungskriterien vorzunehmen. Es

bestünden vorliegend Zweifel, ob es sich bei den hier verwendeten Kriterien ausschließlich um solche

handeln würde.

In der mündlichen Verhandlung am 3. August 2017 wurde der Sach- und Streitstand mit den

Beteiligten erörtert.

Die Antragstellerin beantragte:

„Es wird festgestellt, dass die Bewertung der Bieterpräsentation der Antragstellerin durch die

Auftraggeberin vergabefehlerhaft war und die Antragstellerin dadurch in ihren Rechten verletzt

worden ist.“

Die Auftraggeberin beantragte:

„Der Antrag der Antragstellerin wird abgelehnt.“ Die Beigeladene zu 1 stellte keinen eigenen Antrag.

Mit nachgelassenem Schriftsatz vom 16. August 2017 nahm die Auftraggeberin erneut Stellung und

legte dar, dass sie nach ihrer Auffassung in den einzelnen Wertungskriterien der Phase 2 des

Teilnahmewettbewerbs ausschließlich die Eignung der einzelnen Teilnehmer gewertet hätte und die

vorgenommene Aufteilung des Teilnahmewettbewerbs zulässigerweise erfolgte. Sie führte zu den

einzelnen Unterkriterien aus, dass es sich jeweils um Eignungsmerkmale der technischen

Leistungsfähigkeit handele.

Mit Beschluss vom 16. August 2017 wurden die Beigeladenen zu 2-4 zum Verfahren hinzugezogen

und am 28. August 2017 wurde erneut in die mündliche Verhandlung eingetreten.

Die Antragstellerin beantragte:

„Es wird festgestellt, dass die Bewertung der Bieterpräsentation der Antragstellerin durch die

Auftraggeberin vergabefehlerhaft war und die Antragstellerin dadurch in ihren Rechten verletzt

worden ist.“

Die Auftraggeberin beantragte:

„Der Antrag der Antragstellerin wird abgelehnt.“ Die Beigeladenen stellten keine eigenen Anträge.

Auf die ausgetauschten Schriftsätze, die Verfahrensakte der Vergabekammer sowie auf die

vorgelegte Vergabeakte wird ergänzend Bezug genommen.

Die Frist zur Entscheidung wurde gemäß § 167 Abs. 1 Satz 2 GWB durch Verfügungen der

Vorsitzenden verlängert.

II

Der Nachprüfungsantrag ist zulässig (1.) und begründet (2.).

1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.

a) Die 1. Vergabekammer des Freistaates Sachsen ist gemäß § 2 der Verordnung der Sächsischen

Staatsregierung über Einrichtung, Organisation und Besetzung der Vergabekammern des Freistaates

Sachsen (SächsVgKVO) für den Antrag zuständig.

b) Die geplante Gesamtauftragssumme überschreitet den maßgeblichen Schwellenwert, § 106 Abs. 1

GWB i. V. m. Artikel 4 c) der Richtlinie 2014/24/EU i. V. m. Artikel 1 Absatz 1 c) der delegierten

Verordnung (EU) 2015/2170.

Der Gesamtauftragswert des streitgegenständlichen Dienstleistungsauftrags beläuft sich nach der

Schätzung des Auftraggebers auf einen Auftragswert, der den maßgeblichen Schwellenwert für

öffentliche Liefer- und Dienstleistungsaufträge gemäß § 106 Abs. 1 GWB i. V. m. Artikel 4 c) der

Richtlinie 2014/24/EU i. V. m. Artikel 1 Abs. 1 c) der delegierten Verordnung (EU) 2015/2170 von

209.000 EUR überschreitet.

c) Die Antragstellerin ist gemäß § 160 Abs. 2 GWB antragsbefugt.

Nach § 160 Abs. 2 Satz 1 GWB ist der Nachprüfungsantrag zulässig, wenn ein Unternehmen ein

Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB geltend

macht.

Diesem Erfordernis ist genügt, wenn mit dem Nachprüfungsantrag eine Verletzung

vergaberechtlicher Vorschriften schlüssig vorgetragen wird. Darüber hinaus ist es gemäß § 160 Abs. 2

Satz 1 GWB erforderlich, dass mit dem Nachprüfungsantrag auch dargelegt wird, dass dem

Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist

oder zu entstehen droht.

Diesen Anforderungen genügte der Vortrag der Antragstellerin. Sie legte im Nachprüfungsantrag und

in der vorherigen Rüge dar, dass die Wertung ihrer Präsentation im dem Verhandlungsverfahren

vorgeschalteten Teilnahmewettbewerb rechtswidrig erfolgt sei und sie deshalb zu Unrecht nicht zum

Verhandlungsverfahren zugelassen worden sei. Dadurch hat die Antragstellerin schlüssig

vorgetragen, dass sie in ihren Rechten verletzt ist und ihr durch die Nichtzulassung zum

Verhandlungsverfahren ein Schaden zu entstehen drohe, da sie dadurch den streitigen Auftrag nicht

erhalten kann.

Damit sind die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 GWB erfüllt.

c) Die Antragstellerin hat ihre Rüge rechtzeitig erhoben und den Antrag auf Einleitung eines

Nachprüfungsverfahrens fristgerecht und formgerecht gestellt, §§ 160 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 4 GWB

und 161 GWB.

Die Antragstellerin hat ihre Rüge gegen den Ausschluss ihres Teilnahmeantrags innerhalb der Frist

des § 160 Abs. 3 Nr. 1 GWB und damit rechtzeitig erhoben.

Der Antrag auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens bei der erkennenden Vergabekammer

wurde innerhalb der Frist des § 160 Abs. 3 Nr. 4 GWB gestellt und entspricht den Anforderungen des

§ 161 GWB.

d) Die Rügen der Antragstellerin gegen die Transparenz der Vergabeunterlagen sind nicht nach § 160

Abs. 3 Nr. 3 GWB präkludiert.

Gemäß § 160 Abs. 3 Nr. 3 GWB ist ein Antrag unzulässig, soweit Verstöße gegen Vergabevorschriften,

die erst in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der Frist zur

Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden.

Als Frist zur Bewerbung war in der Bekanntmachung der 6. Februar 2017 angegeben. Die bis dahin

eingegangenen Teilnahmeanträge wurden in Phase 1 des Teilnahmewettbewerbs ausgewertet und

eine erste Reduktion auf 8 Teilnehmer vorgenommen. Die Antragstellerin war in Phase 1 erfolgreich

und ihr wurden daraufhin mit Schriftsatz vom 2. März 2017 die Aufgabenstellung für die in Phase 2

des Teilnahmewettbewerbs vorgesehene „Lösungs-Präsentation“ übermittelt (mittels derer eine

weitere Reduktion von 8 auf 4 Teilnehmer vorgenommen werden sollte). Ihre Rügen bezüglich der

Transparenz richten sich gegen die in der Aufgabenstellung zur Lösungs-Präsentation enthaltenen

Vorgaben, welche nicht ausreichend transparent gewesen sein sollen.

Die Frist zur Bewerbung (6. Februar 2017) - also die Frist zur Abgabe der Teilnameanträge - war

bereits abgelaufen, als die verbliebenen 8 Teilnehmer die angegriffene Aufgabenstellung zur

Lösungs-Präsentation für die 2. Phase des Teilnahmewettbewerbs am 2. März 2017 erhalten haben.

Die Auftraggeberin hat vorliegend die Vergabeunterlagen für die Phase 2 des Teilnahmewettbewerbs

nur den in Phase 1 des Teilnahmewettbewerbs erfolgreichen Teilnehmern - nach dessen Auswertung

- übermittelt.

Somit lagen der Antragstellerin zum Zeitpunkt des Ablaufs der Frist zur Bewerbung die angegriffenen

Vergabeunterlagen (Aufgabenstellung für Phase 2 des Teilnahmewettbewerbs) noch gar nicht vor.

Auf die Frist zur Bewerbung kann im Rahmen des § 160 Abs. 3 Nr. 3 GWB deshalb hier nicht

abgestellt werden.

Nachdem die „Lösungs-Präsentationen“ in Phase 2 des Teilnahmewettbewerbs bewertet wurden,

erhielt die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 26. April 2017 das Ergebnis und mit Schriftsatz vom 27.

April 2017 die Begründung ihres Wertungsergebnisses mitgeteilt. Sie rügte daraufhin am 4. Mai 2017

das Wertungsergebnis und die Intransparenz der Vorgaben zur Lösungspräsentation. Ihr gegenüber

wurde keine Frist zur Angebotsabgabe bekannt gemacht, da die Auftraggeberin immer nur den in

den jeweiligen Phasen erfolgreichen Teilnehmern die Unterlagen für die nächste Phase zur

Verfügung gestellt hat. Nur den in Phase 2 des Teilnehmerwettbewerbs erfolgreichen 4 Teilnehmern

wurden mit Schriftsatz vom 9. Mai 2017 die weiteren Vergabeunterlagen für das eigentliche

Verhandlungsverfahren übermittelt. Nur aus diesen Unterlagen ergab sich, dass die Frist zur Abgabe

eines ersten Angebots am 30. Juni 2017 abläuft.

Unabhängig davon - ob in einer solchen Fallkonstellation überhaupt auf eine der Antragstellerin nicht

bekannte Angebotsabgabefrist abgestellt werden kann - war die Frist zur Angebotsabgabe zum

Zeitpunkt der Rüge jedenfalls noch nicht abgelaufen, sie war zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal

benannt oder festgelegt. Damit war die Frist zur Angebotsabgabe zum Zeitpunkt der Rüge nicht

abgelaufen und es kann dahinstehen, ob die genannten Verstöße für die Antragstellerin erkennbar

waren.

Eine Präklusion nach § 160 Abs. 3 Nr. 3 GWB scheidet demnach hier aus.

2. Der Antrag ist begründet.

Die Auftraggeberin hat den vorgeschalteten Teilnahmewettbewerb intransparent ausgestaltet (Ziffer

II 2. a)) und die Begrenzung der Anzahl der Teilnehmer nicht entsprechend den Vorgaben der § 17

Abs. 4 Satz 2 VgV i. V. m. § 51 VgV vorgenommen (Ziffer II 2. b), insbesondere die Begrenzung der

Zahl der Bewerber nicht ausschließlich anhand von Eignungskriterien vorgenommen (Ziffer II 2. c).

a) Die Ausgestaltung des Teilnahmewettbewerbs ist intransparent und verstößt gegen § 51 Abs. 1

Satz 2 VgV.

Gemäß § 51 Abs. 1 Satz 2 VgV gibt der öffentliche Auftraggeber in der Auftragsbekanntmachung die

von ihm vorgesehenen objektiven und nichtdiskriminierenden Eignungskriterien für die Begrenzung

der Zahl der einzuladenden Bewerber an.

Dieser Verpflichtung ist die Auftraggeberin hinsichtlich der Phase 1 des Teilnahmewettbewerbs

nachgekommen. In der Auftragsbekanntmachung wurde diesbezüglich auf die „Informationen zum

Teilnahmewettbewerb“ verwiesen, der die mit dem Teilnahmeantrag abzugebenden

Eigenerklärungen und die Wertungsmatrix, anhand der die Begrenzung der Teilnehmerzahl auf 8 in

Phase 1 des Teilnahmewettbewerbs vorgenommen werden sollte, waren darin enthalten.

Dann sollte jedoch in einer Phase 2 des Teilnahmewettbewerbs mittels einer Lösungs-Präsentation

eine weitere Reduzierung der Teilnehmerzahl auf 4 vorgenommen werden. Die Aufgabenstellung für

die Erstellung dieser Lösungspräsentation, dazu abzugebende Eigenerklärungen und die

Wertungsmatrix, anhand derer die weitere Reduktion von 8 auf 4 Teilnehmern vorgenommen

werden sollte, wurden nur den in Phase 1 des Teilnahmewettbewerbs erfolgreichen Bietern

unmittelbar übermittelt. Es hieß dazu in den noch allen Interessierten zur Verfügung gestellten

„Informationen zum Teilnahmewettbewerb“:

„Die maßgeblichen Wertungskriterien sowie entsprechenden Einladungen/Informationen zu den

einzelnen Phasen werden den Teilnehmern rechtzeitig bekanntgegeben.“

Damit wurden die Kriterien mittels derer die (weitere) Begrenzung der einzuladenden Teilnehmer in

der Phase 2 des Teilnahmewettbewerbs vorgenommen wurde nicht - wie von § 51 Abs. 1 Satz 2 VgV

gefordert - in der Auftragsbekanntmachung angegeben und die durch die genannte Vorschrift

geforderte Transparenz nicht geschaffen.

b) Die Aufteilung des Teilnahmewettbewerbs in 2 Phasen zur Begrenzung der Bewerber verstößt

gegen § 17 Abs. 1 Satz 3 VgV i. V. m. § 51 Abs. 1 Satz 2 VgV.

Die Auftraggeberin hat den vorgeschalteten Teilnahmewettbewerb vergaberechtswidrig in 2 Phasen

unterteilt.

Nachdem ein Auftraggeber die objektiven und nichtdiskriminierenden Eignungskriterien für die

Begrenzung der Zahl der einzuladenden Bewerber nach § 51 Abs. 1 Satz 2 VgV in der

Auftragsbekanntmachung angegeben hat, übermitteln die Unternehmen mit dem Teilnahmeantrag

die vom öffentlichen Auftraggeber geforderten Informationen für die Prüfung ihrer Eignung, § 17

Abs. 1 Satz 3 VgV. Daraus ist abzuleiten, dass der Auftraggeber die Entscheidung, welche

Unternehmen zur Angebotsabgabe aufgefordert werden und welche Unternehmen nicht

aufgefordert werden, anhand der in der Bekanntmachung angegebenen Eignungskriterien und der

daraufhin eingegangenen Teilnahmeanträge zu treffen hat (Ortner/Willweber in:

Heiermann/Zeiss/Summa, jurisPK-VergR, 5. Aufl. 2016, § 51 VgV, Rn. 6). Öffentliche Auftraggeber

prüfen im Rahmen der Auswertung der Teilnahmeanträge die Eignung der Bewerber abschließend.

Eine erneute Überprüfung der Eignung der zur Angebotsabgabe aufgeforderten Bewerber findet nur

statt, sofern sich über den Verlauf des Vergabeverfahrens Umstände ergeben, die die festgestellte

Eignung entfallen lassen könnten (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Januar 2014 – X ZB 15/13 –, juris, Rn.

33).

Die Auftraggeberin hat hier zunächst in Phase 1 des Teilnahmewettbewerbs die Eignung der

Teilnehmer anhand der allen bekannt gemachten Eignungskriterien und den in den

Teilnahmeanträgen eingereichten Eigenerklärungen zu Unternehmenskennzahlen und Referenzen

beurteilt und eine erste Auswahl (Reduktion der Teilnehmerzahl auf 8) getroffen.

Danach wurden die verbleibenden Teilnehmer in Phase 2 des Teilnahmewettbewerbs aufgefordert,

eine „Lösungs-Präsentation“ zu erstellen. Die Entscheidung, wer diese weitere Phase 2 des

Teilnahmewettbewerbs erfolgreich übersteht, wurde weder anhand der in der

Auftragsbekanntmachung veröffentlichten Eignungskriterien getroffen, sondern durch Kriterien, die

später nur den in Phase 1 erfolgreichen Teilnehmern übermittelt worden sind (siehe oben II 1. a)),

noch durch die dazu in den ursprünglichen Teilnahmeanträgen übermittelten Informationen der

Teilnehmer. Vielmehr erfolgte die Entscheidung in Phase 2 des Teilnahmewettbewerbs durch danach

eingereichte weitere Eigenerklärungen, die unmittelbaren Eindrücke einer Jury des Auftraggebers

von der „Lösungs-Präsentation“ der Teilnehmer und die danach von der Auftraggeberin „hilfsweise“

herangezogenen schriftlichen Unterlagen zur Präsentation (Folien), welche mittels einer

Wertungsmatrix bewertet wurden.

Damit wurde die Frage, welche Teilnehmer den Teilnahmewettbewerb in Phase 2 erfolgreich

überstehen nicht durch die in § 17 Abs. 1 Satz 3 VgV i. V. m. § 51 Abs. 1 Satz 2 VgV vorgesehenen in

der Auftragsbekanntmachung veröffentlichten Eignungskriterien und den dazu in den

Teilnahmeanträgen enthaltenen Informationen entschieden.

c) In Phase 2 des streitigen Teilnahmewettbewerbs wurden nicht ausschließlich Eignungskriterien

gewertet.

Unabhängig von den Erwägungen in Ziffer II 1. b) hat die Auftraggeberin in Phase 2 des

Teilnahmewettbewerbs auch nicht ausschließlich Eignungskriterien zur weiteren Begrenzung der

Anzahl der Teilnehmer herangezogen.

Die Durchführung des Teilnahmewettbewerbs dient dem öffentlichen Auftraggeber dazu, die

Eignung der interessierten Unternehmen vorab zu prüfen. Dafür übermitteln die interessierten

Unternehmen in ihrem Teilnahmeantrag „die vom Auftraggeber geforderten Informationen für die

Prüfung ihrer Eignung“. Aus dieser Vorgabe des § 17 Abs. 1 Satz 3 VgV folgt, dass die Entscheidung,

ob ein Unternehmen, das einen Teilnahmeantrag eingereicht hat (Bewerber), aufgefordert wird, ein

Angebot abzugeben, zunächst ausschließlich danach entschieden werden kann, ob es die vom

Auftraggeber angelegten Eignungskriterien erfüllt oder nicht (Ortner/Willweber in:

Heiermann/Zeiss/Summa, jurisPK-VergR, 5. Aufl. 2016, § 16 VgV). Für die Auswahl unter einer

größeren Anzahl an grundsätzlich geeigneten Bewerbern kommt es dann auf den Grad der Eignung

bzw. auf ein „Mehr an Eignung“ an. § 51 Abs. 1 VgV legt hinsichtlich der für den

Teilnahmewettbewerb geltenden Kriterien für die Auswahl der begrenzten Zahl von Bewerbern einen

strengeren Maßstab an. Kriterien, anhand derer der Bewerberkreis reduziert werden kann, dürfen

lediglich objektive und nichtdiskriminierende Eignungskriterien sein (Ortner/Willweber in:

Heiermann/Zeiss/Summa, jurisPK-VergR, 5. Aufl. 2016, § 51 VgV, Rn. 14). Im Ergebnis soll also die

Begrenzung der Teilnehmerzahl im Teilnahmewettbewerb mittels Eignungskriterien stattfinden.

Nach § 122 GWB ist ein Unternehmen geeignet, wenn es die durch den öffentlichen Auftraggeber im

Einzelnen zur ordnungsgemäßen Ausführung des öffentlichen Auftrags festgelegten

Eignungskriterien erfüllt. Die Eignungskriterien dürfen dabei ausschließlich Folgendes betreffen: die

Befähigung und Erlaubnis zur Berufsausübung, die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit

sowie die technische und berufliche Leistungsfähigkeit. Mittels der Eignungskriterien soll festgestellt

werden, ob ein Unternehmen nach seiner personellen, finanziellen und technischen Ausrüstung in

der Lage sein wird, den Auftrag auszuführen (Vergabekammer Südbayern, Beschluss vom 22. Mai

2015 – Z3-3-3194-1-13-02/15 –, juris).

Ob ein Kriterium Eignungs- oder Zuschlagskriterium ist, bestimmt sich danach, ob es sich auf die

angebotene Leistung bezieht und daher mit der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots

zusammenhängt (Zuschlagskriterien) oder schwerpunktmäßig die Beurteilung der Eignung des

Bieters für den ausgeschriebenen Auftrag betrifft, also unternehmensbezogen ist (Eignungskriterium,

VK Bund, Beschluss vom 13. Juni 2014 – VK 1 - 34/14 –, juris). Für die Abgrenzung zwischen beiden

Arten von Wertungskriterien ist maßgeblich, ob sich ein Wertungsaspekt in seinem wesentlichen

Kern bzw. hinsichtlich seines Bewertungsschwerpunkts auf Angaben stützen soll, die nur für den

konkreten Auftrag Bedeutung erlangen oder auf Angaben zu den generellen Fähigkeiten und

Fertigkeiten des Bieters (OLG Naumburg, Beschluss vom 12. April 2012 - 2 Verg 1/12 -, juris). Deshalb

sind die Eignungsprüfung und die wirtschaftliche Bewertung der Angebote grundsätzlich voneinander

zu trennen. Beide Wertungsvorgänge dürfen nicht miteinander vermischt werden (so bereits EuGH,

Urteil vom 20. September 1988 – 31/87 –, juris). Bei der Angebotswertung darf nicht nochmals

einfließen, ob das Angebot von einem besonders leistungsfähigen oder erfahrenen Unternehmen

abgegeben wurde (BGH, Beschluss vom 15. April 2008 - X ZR 129/06 -, juris).

§ 46 VgV zählt abschließend die Belege auf, die zum Nachweis der technischen und beruflichen

Leistungsfähigkeit herangezogen werden können. Ein Auftraggeber darf von den Bewerbern weder

andere als die in der genannten Vorschrift aufgeführten Nachweise zur Beurteilung der Eignung

verlangen noch hat ein Unternehmen die Möglichkeit, seine technische und berufliche

Leistungsfähigkeit mit anderen als den zulässigerweise geforderten Beweismitteln zu belegen (OLG

Düsseldorf, Beschluss vom 7. Mai 2014 – Verg 46/13 –, juris).

In Phase 2 des Teilnahmewettbewerbs hatten die Teilnehmer zunächst eine Eigenerklärung

abzugeben, in der jeweils ein Modell (Drucker/Multifunktionsgerät) für verschiedene

Leistungsklassen konkret benannt wurde. Daneben musste versichert werden, dass die benannten

Geräte über verschiedene technische Eigenschaften verfügen. Die entsprechenden Angaben wurden

dann maßgeblich in den Unterkriterien 1 „Technik“ und 4 „IT-Anforderungen und Geräteverwaltung“

der Wertungsmatrix bewertet. Daneben sollte eine „Lösungs-Präsentation“ vorgestellt werden, zu

der eine umfangreiche Aufgabenstellung vorgegeben war und die dann ebenfalls mittels dieser

Wertungsmatrix bewertet wurde. Die sich aus dieser Wertung ergebende Reihenfolge der

Teilnehmer war Grundlage für in Phase 2 des Teilnehmerwettbewerbs vorgesehene (weitere)

Begrenzung der Anzahl der Teilnehmer auf 4. Nur die besten 4 wurden nach Auswertung der Phase 2

des Teilnehmerwettbewerbs zum eigentlichen Verhandlungsverfahren zugelassen und zur Abgabe

eines ersten Angebots aufgefordert.

Die in Phase 2 des Teilnahmewettbewerbs verwendeten Kriterien stellen nicht ausschließlich

Eignungskriterien dar.

Hierzu im Einzelnen:

aa) Das Unterkriterium 6 „Innovationen“ stellt kein Eignungskriterium dar.

Im Unterkriterium 6 „Innovationen“ sollten die Teilnehmer gemäß der Aufgabenstellung

Unterscheidungsmerkmale ihrer Software, Hardware und des Service gegenüber Wettbewerbern

darlegen sowie vorstellen, welche eigenen Ideen sie zum Projekt einbringen.

Sie wurden aufgefordert die Fragen:

„Gibt es weitere bemerkenswerte Unterscheidungsmerkmale der von Ihnen angebotenen Hard-

/Software/Servicedienstleistungen gegenüber den Wettbewerbern?

Gibt es ihrerseits Ideen/Vorschläge, die über die bereits gestellten Fragen hinaus die Umsetzung der

Aufgabenstellung berücksichtigen?“

in der Präsentation zu beantworten.

Nach der Wertungsmatrix wurden in dem Unterkriterium 6.1 „Innovationen -

Unterscheidungsmerkmale Software/Hardware/Service von Wettbewerbern“, falls Vorteile

gegenüber den Mitbewerbern erkennbar waren in den Unter-Unterkriterien Hardware, Software und

Servicedienstleistungen jeweils 1 Punkt vergeben, falls keine Vorteile erkennbar waren jeweils 0

Punkte. Im Unterkriterium 6.2 „Innovationen - Einbringung eigener Ideen zum Projekt“ erhielten die

Bewerber 0 Punkte, falls keine Ideen zum Projekt eingebracht wurden, 1 Punkt falls mäßige Ideen

eingebracht wurden und 2 Punkte, falls gute Ideen eingebracht wurden.

Unabhängig davon, dass es noch gar keine konkret „angebotenen Hard-

/Software/Servicedienstleistungen“ geben kann, da im hier streitigen Teilnahmewettbewerb noch

gar keine konkreten Angebote abgegeben wurden, soll durch dieses Unterkriterium die

Leistungsfähigkeit/Qualität „der angebotenen Hard-/Software/Servicedienstleistungen“ gegenüber

Mitbewerbern bewertet werden und nicht, ob das Unternehmen an sich geeignet ist, den Auftrag

durchzuführen. Damit wird schwerpunktmäßig auf die konkrete Leistung und deren Qualität

abgestellt und diese mit den Mitbewerbern verglichen und nicht auf die generellen Fähigkeiten des

Unternehmens. Für die Vergabekammer ist nicht ersichtlich, welche Rolle bei der Eignungsprüfung

der Unternehmen der Umstand spielen soll, welche eigenen Ideen/Vorschläge man in das Projekt

einbringt. Es geht - im Rahmen der Eignung - gerade nicht darum, welche eigenen Ideen man zu

einem Auftrag beisteuert, sondern, ob man in der Lage ist, den bekannt gemachten Auftrag mit den

zur Verfügung stehenden Mitteln durchzuführen. Beide genannten Unterkriterien knüpfen nicht an

das Unternehmen an sich an, sondern an Eigenschaften der „angebotenen Hard-

/Software/Servicedienstleistungen“ und an die Qualität von dargestellten konkreten Ideen zur

Umsetzung der Aufgabenstellung, also des Auftrags an sich an.

Soweit die Auftraggeberin hierzu ausführt, dass sie in diesem Unterkriterium anhand von geforderten

Erklärungen nach § 46 Abs. 3 Nr. 2, 3, 7 und 9 VgV die technische und berufliche Leistungsfähigkeit

der Bewerber geprüft hätte, kann dem die Vergabekammer nicht folgen. Nach der genannten

Vorschrift ist es lediglich zulässig, sich Angaben zu technischen Fachkräften der Unternehmen (§ 46

Abs. 3 Nr. 2 VgV), Beschreibungen der technischen Ausrüstung der Unternehmen (§ 46 Abs. 3 Nr. 3

VgV), Angaben zu Umweltmanagementmaßnahmen der Unternehmen (§ 46 Abs. 3 Nr. 7 VgV) bzw.

Erklärungen aus denen ersichtlich ist, über welche Geräte die Unternehmen verfügen (§ 46 Abs. 3 Nr.

9 VgV) vorlegen zu lassen und ausgehend davon die Eignung der Unternehmen zu beurteilen. Die zu

diesem Unterkriterium in der Aufgabenstellung geforderten Angaben gehen weit darüber hinaus und

beschränken sich nicht auf eine Erklärung aus der ersichtlich ist, über welche Geräte oder welche

technische Ausrüstung ein Unternehmen für die Ausführung des Auftrags verfügt. Zum einen sollte

ein Vergleich mit Mitbewerbern erstellt und Unterscheidungsmerkmale dargelegt werden, zum

anderen eigene Ideen/Vorschläge zur Umsetzung des Auftrags eingebracht werden.

Soweit die Auftraggeberin ihre Bedürfnisse und Anforderungen an die zu beschaffende Leistung noch

nicht abschließend geklärt hat und dies im Dialog mit Unternehmen erörtern will, hätte sie dies im

Rahmen eines wettbewerblichen Dialogs nach § 18 VgV tun können.

bb) Die Unterkriterien 5.1.1 „Rollout – Ablauf Rollout (bzgl. Aufwand für AG)“ und 5.3 „Rollout –

Ablauf Rollout (bzgl. Nutzungsausfall)“ stellen keine Eignungskriterien dar.

Im Unterkriterium 5 wurde maßgeblich der Rollout bewertet. Die Teilnehmer sollten dazu ein

Konzept vorstellen. Dieses wurde u. a. hinsichtlich des entstehenden Aufwands für die

Auftraggeberin (Unterkriterium 5.1.1 „Rollout - Ablauf Rollout (bzgl. Aufwand für AG)“) und dem zu

erwartenden Nutzungsausfall (Unterkriterium 5.3 „Rollout - Ablauf Rollout (bzgl. Nutzungsausfall)“)

bewertet. Die Teilnehmer erhielten, je nachdem wie hoch die Auftraggeberin ihren eigenen Aufwand

einschätzte, eine Bewertung von 0 bis 2 Punkten. Ähnliches gilt für den zu erwartenden

Nutzungsausfall, je höher dieser von der Jury auf Grundlage der Präsentation eingeschätzt wurde,

desto niedriger war wurde das Unterkriterium bewertet. Die Auftraggeberin gab den Bewerbern in

der Aufgabenstellung vor, dass sie den Rollout nur mit begrenzten personellen Kapazitäten begleiten

kann und forderte dazu auf, in der Präsentation u. a. auf folgende Fragen einzugehen:

„Welche Möglichkeiten bestehen den Rollout/Rollback mit dem bisherigen AN bezüglich des Abbaus

von Altgeräten abzustimmen?

Wie kann ein weitgehend unterbrechungsfreies Arbeiten bezüglich des Gerätetausches für den

Nutzer sichergestellt werden?“

Der Antragstellerin wurde in der Begründung zu der Wertungsentscheidung in diesem Unterkriterium

mitgeteilt, dass ihre Präsentation Mitwirkungspflichten der Auftraggeberin enthielt. Diese

Mitwirkungspflichten der Auftraggeberin hätte sie auch als Dienstleistung für den Auftraggeber

selbst durchführen können, dies sei bei anderen Mitbewerbern der Fall gewesen (so die

Auftraggeberin in der mündlichen Verhandlung vom 3. August 2017). Damit wurden zu erwartende

einzelne konkrete Leistungsbestandteile des zukünftigen Angebots quasi vorab ohne, dass diese

bereits feststehen, geprüft und entsprechend bewertet, nicht jedoch die Fähigkeiten des

Unternehmens den Auftrag überhaupt durchführen zu können. Die Auftraggeberin hat hier damit die

Qualität des beabsichtigten Rollouts als Bestandteil des konkreten Auftrags geprüft und anhand

verschiedener Unterkriterien bewertet, nicht die Eignung des Unternehmens.

Die oben genannten von der Auftraggeberin gestellten Fragen und geforderten Angaben im

Unterkriterium 5 „Rollout“, auf die die Bewerber in der Lösungs-Präsentation eingehen sollten,

lassen sich auch nicht unter die in § 46 Abs. 3 VgV aufgeführten Belege und Erklärungen zur

Eignungsprüfung subsumieren. Zur technischen Ausrüstung im Sinne des § 46 Abs. 3 Nr. 3 VgV

gehören alle Geräte, Fahrzeuge u. Ä., die für die Ausführung eines konkreten Auftrags notwendig

sind. Der Auftraggeber kann von den am Auftrag interessierten Unternehmen entsprechende

Angaben verlangen und diese Informationen in die Eignungsprüfung einbeziehen (Summa in:

Heiermann/Zeiss/Summa, jurisPK-VergR, 5. Aufl. 2016, § 46 VgV). Diese hierzu einzig in Betracht

kommende Vorschrift ist nicht einschlägig. Die Auftraggeberin hat die Bewerber vielmehr dazu

aufgefordert, konkret darzulegen, welche Leistungen sie im Rahmen des Rollouts erbringt und dazu

auch entsprechende Vorgaben gemacht. Die oben aufgeführten Fragen sind ebenso wenig vom

Anwendungsbereich des § 46 Abs. 3 VgV umfasst wie die weiter in der Aufgabenstellung hierzu

enthaltene Frage, welche Probleme die Bewerber beim Rollout sehen und was es eventuell zu

beachten gibt.

cc) Die Unterkriterien 2.1.1 „Managed Print Service - Help Desk – Aufwand, Zugänglichkeit und

Automatisierung“ und 2.2 „Managed Print Service - Unterscheidung MPS-Konzept gegenüber

Mitbewerber“ stellen keine Eignungskriterien dar.

Des Weiteren wurden die Teilnehmer im Unterkriterium 2 „Managed Print Service“ u. a. dazu

aufgefordert ihr Help Desk vorzustellen (Unterkriterium 2.1.1 „Managed Print Service - Help Desk –

Aufwand, Zugänglichkeit und Automatisierung“). Dabei sollten die Teilnehmer 2 Punkte bekommen,

falls eine Erreichbarkeit über eine Hotline mit ggf. persönlichen Ansprechpartnern existiert, geringste

Aufwände für Nutzer entstehen und automatisierte Fehlerbehebungen bestehen. 1 Punkt sollten die

Teilnehmer erhalten, falls die Teilnehmer über eine Hotline zu erreichen sind und geringe Aufwände

für die Nutzer bestünden.

Die Antragstellerin wurde in diesem Unterkriterium zunächst mit 1 von 2 Punkten bewertet, weil die

Auftraggeberin davon ausging, dass deren Hotline über eine kostenpflichtige 0180’er Nummer

betrieben wird und kein persönlicher Ansprechpartner existiere. Dadurch entstünde ein

Kostenaufwand und deswegen (und wegen des fehlenden persönlichen Ansprechpartners) könne sie

in diesem Unterkriterium nur mit 1 von 2 Punkten bewertet werden, so die Auftraggeberin. Nachdem

von der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 4. Mai 2017 gerügt wurde, dass sie über eine kostenfreie

Hotline verfüge, hat die Auftraggeberin der Rüge wie folgt abgeholfen:

„Ihre Argumentation in Ihrem Schreiben wurde bei der erneuten Prüfung durch unsere eingesetzte

Jury bestätigt. Die Feststellung, dass keine kostenfreie Hotline zur Verfügung steht wurde im Ergebnis

dieser Prüfung korrigiert. Sie haben in ihrer Präsentation ausgeführt, dass grundsätzlich eine

kostenpflichtige Hotline bereitgestellt wird, allerdings bei Forderung einer kostenfreien Hotline diese

im Angebot berücksichtigt werden kann. Somit wurde die vormalige Abwertung in Punkt 2.1.1 zu

Unrecht getätigt und es wird eine Korrektur der Bewertung vorgenommen.“

Wie die Auftraggeberin hier selbst ausführt, war für die entsprechende Bewertung in diesem

Unterkriterium relevant, ob eine kostenfreie Hotline im (noch nicht vorliegenden) Angebot

berücksichtigt werden kann und wird. Die Frage, welche Kosten für eine Hotline entstehen, hat nichts

mit der Eignung eines Unternehmens, sondern mit einer wirtschaftlichen Bewertung der konkret

angebotenen Leistung zu tun. Schlussendlich wurde hier vorab im Rahmen der Eignungsprüfung die

Wirtschaftlichkeit des (kommenden) Angebots geprüft. Je höher der (zu erwartende) Kostenaufwand

ausfiel, desto schlechter wurde die Präsentation in diesem Unterkriterium bewertet. Dies stellt keine

Eignungsprüfung dar, da diesbezüglich nicht auf die generellen Fähigkeiten des Unternehmens

abgestellt wird, sondern auf konkrete Angaben zum streitigen Auftrag.

Im Unterkriterium 2.2 „Managed Print Service - Unterscheidung MPS-Konzept gegenüber

Mitbewerber“ sollte nach der Aufgabenstellung in der Präsentation die Frage beantwortet werden:

„Unterscheidet sich ihr Managed-Print-Service-Konzept von denen der Mitbewerber?

Gibt es Leistungen/Lösungsansätze, die andere Mitbewerber nicht anbieten?“

Je nachdem wieviel Besonderheiten erkennbar waren, wurde eine entsprechende Bewertung mit 0-2

Punkten vorgenommen. Damit wurde auch hier nicht die generelle Eignung des Unternehmens,

sondern das Vorhandensein bestimmter Leistungen/Lösungsansätze geprüft, und je nachdem, ob es

andere Mitbewerber auch anbieten oder nicht eine vergleichende Bewertung von zu erwartenden

Leistungsbestandteilen vorgenommen.

Die in der Aufgabenstellung dazu enthaltenen Fragen (siehe oben) zu den Unter-Unterkriterien 2.1.1

„Managed Print Service - Help Desk – Aufwand, Zugänglichkeit und Automatisierung“ und 2.2

„Managed Print Service - Unterscheidung MPS-Konzept gegenüber Mitbewerber“, auf welche die

Teilnehmer in ihrer Präsentation eingehen sollten und anhand derer diese bewertet wurden, sind

nicht von der Regelung des § 46 Abs. 3 VgV umfasst. Die Bewerber wurden hier aufgefordert – quasi

im Wege einer Markterkundung – darzulegen, welche Leistungen andere Bewerber im Vergleich zu

ihnen nicht anbieten und welche Vorteile das eigene Managed-Print-Service-Konzept hinsichtlich des

Help Desks, des Supports, des Verbrauchsmaterials und des Reporting (Zählerstandsermittlung)

gegenüber den anderen Mitbewerbern hat. Die entsprechenden Regelungen des § 46 Abs. 3 VgV

sehen solche Untersuchungen und Vergleiche als vorzulegende Belege, die der Auftraggeber von den

Bewerbern zur Prüfung der Eignung fordern und im Rahmen der Eignungsprüfung bewerten kann,

nicht vor.

dd) In den Unterkriterien 1 „Technik“ und 4 „IT-Anforderungen und Geräteverwaltung“ wurden

jedenfalls nicht ausschließlich Eignungskriterien gewertet.

Für die Unterkriterien 1 „Technik“ und 4 „IT-Anforderungen und Geräteverwaltung“ war in der

Aufgabenstellung zunächst vorgesehen, dass alle zum Einsatz kommenden Geräte (Drucker und

Multifunktionsgeräte) gewisse technische Grundanforderungen zu erfüllen hatten. Dann wurden die

Geräte in Leistungsklassen unterteilt und weitere speziellere technische Grundanforderungen für

diese einzelnen Leistungsklassen bestimmt. Die Teilnehmer sollten in einer Eigenerklärung für jede

Leistungsklasse ein Modell konkret benennen und zur Präsentation Prospektmaterial mit den

technischen Daten dieser benannten Geräte übergeben. In der Eigenerklärung sollten dann weitere

Angaben zu den benannten Geräten getätigt werden. So sollte u. a. dazu eine Aussage getroffen

werden, ob die Gerätetechnik den Forderungen der Auftraggeberin entspricht (Unterkriterium 1.1

„Gerätetechnik der Leistungsklasse 1-3 entspricht der Forderungen des AG“), ob alle 3

„angebotenen“ Geräteklassen das Umweltzeichen EnergyStar besitzen (Unterkriterium 1.2 „Beitrag

zum Umwelt-/Gesundheitsschutz“), ob die für die einzelnen Leistungsklassen benannten Geräte über

das Umweltsiegel Blauer Engel verfügen (Unterkriterium 1.2 „Beitrag zum Umwelt-

/Gesundheitsschutz“), ob ein Tonerwechsel ohne Entweichen von Toner möglich ist (Unterkriterium

1.10 „Tonerstaub – Welchen Beitrag leisten die Geräte (Systematik des Kartuschensystems“), ob ein

Einsatz von Recyclingpapier möglich ist (Unterkriterium 1.11 „Einsatz von Recyclingpapier nach DIN

EN 12281“), ob der Follow-Me-Druck unterstützt wird (Unterkriterium 4.2.1 „Follow-Me“) usw. Die

entsprechenden Angaben wurden dann im Rahmen der Wertungsmatrix mit unterschiedlichen

Punkten bewertet, einzelne Unterkriterien stellten K. o.-Kriterien dar.

Die Abgrenzung zwischen der technischen Leistungsfähigkeit als Eignungskriterium einerseits und der

Bewertung der angeboten Leistung als Zuschlagskriterium andererseits ist im Einzelfall schwierig.

Nach Auffassung der Vergabekammer wurde jedenfalls im Unterkriterium 1.2 „Beitrag zum Umwelt-

/Gesundheitsschutz“ nicht die Eignung der Bewerber an sich, also deren technische

Leistungsfähigkeit, sondern die Ausstattung der konkret benannten Geräte bewertet. Dazu wurde in

der Wertungsmatrix berücksichtigt, ob das für die Leistungsklasse 1 konkret benannte Gerät über

einen Blauen Engel oder eine vergleichbare Auszeichnung verfügt oder nicht. War dies der Fall,

erhielt der Bewerber 1 Punkt, war dies nicht der Fall, erhielten die Bewerber in diesem

Unterkriterium 0 Punkte. So wurde auch bei den anderen Leistungsklassen vorgegangen. Damit

wurde schwerpunktmäßig auf die später zu erbringende Leistung und deren konkrete Spezifikation

abgestellt, nicht auf unternehmensbezogene Eigenschaften.

Da im Teilnahmewettbewerb noch keine Angebote abgegeben werden, ist es zudem schwer

nachzuvollziehen, warum die Auftraggeberin die Eignung der Teilnehmer anhand von Eigenschaften

konkret benannter Gerätetypen bewertet, welche im Zweifel später gar nicht angeboten werden.

d) Die Rügen der Antragstellerin gegen die konkrete Wertung ihrer Präsentation bleiben erfolglos. Sie

sind überwiegend unbegründet und führen jedenfalls nicht zu einer kausalen Rechtsverletzung der

Antragstellerin.

Unabhängig von dem Umstand, dass in dem vorgeschalteten Teilnahmewettbewerb nicht

ausschließlich die dafür vorgesehenen Eignungskriterien geprüft worden sind, begegnet die konkrete

Bewertung der Antragstellerin keinen durchgreifenden Bedenken der Vergabekammer.

Die Antragstellerin greift die durch eine Jury der Auftraggeberin vorgenommene Bewertung ihrer

Präsentation in insgesamt 7 Unterkriterien an. Die verschiedenen Unterkriterien sind teilweise weiter

in Unter-Unterkriterien aufgeteilt. Es gab in jedem Unterkriterium 0-2 Punkte bzw. teilweise 0-1

Punkt zu erreichen. Nach Auffassung der Antragstellerin seien alle diesbezüglichen „Abwertungen“

ihrer Präsentation unrechtmäßig, sie müsse in den angegriffenen Unterkriterien jeweils die

Maximalpunktzahl erhalten. Die Auftraggeberin hat zur Bewertung hilfsweise auf die übergebenen

Präsentationsunterlagen (Folien) zurückgegriffen.

aa) Der Auftraggeberin steht bei der Bewertung von Präsentationen ein weiter

Beurteilungsspielraum zu.

Dem Auftraggeber steht bei Bewertung von Präsentationen ein weiter Beurteilungsspielraum zu,

dessen Ausfüllung einer Überprüfung durch die Vergabekammer weitgehend entzogen ist. Die

Eindrücke der Jury sind dabei naturgemäß und auch von vornherein für alle Bieter ersichtlich

subjektiv geprägt (VK Südbayern, Beschluss vom 25. März 2013 - Z3-3-3194-1-06-03/13 -; VK

Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 30. Oktober 2013 - VK 1 - 19/13 -, jeweils juris). Da die Präsentation

einen Vorgang darstellt, welcher einer Situation in einer mündlichen Prüfung ähnelt und welcher

wegen seiner Einmaligkeit nicht wiederholt werden kann, ist schon von daher eine nur

eingeschränkte Überprüfungsmöglichkeit dieser Situation gegeben (OLG München, Beschluss vom

17. Januar 2008 – Verg 15/07 –, juris). Ein Überschreiten dieses Beurteilungsspielraums und

Einschreiten der Vergabekammer ist daher nur dann möglich, wenn ein vorgeschriebenes Verfahren

nicht eingehalten wird, wenn nicht von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt

ausgegangen wird, wenn sachwidrige Erwägungen in die Wertung einbezogen werden und wenn der

sich im Rahmen der Beurteilungsermächtigung haltende Beurteilungsmaßstab nicht zutreffend

angewandt wurde (vgl. bspw. VK Bund, Beschluss vom 1. September 2011 Vergabekammer – VK 3

110/11 -, juris). Angesichts dieses Beurteilungsspielraums kann weder ein Antragsteller noch eine

Vergabekammer ihre Wertung an die Stelle der Wertung der Vergabestelle setzen. Nur

ausnahmsweise, d. h., wenn eine bestimmte Wertung zwingend ist, also der Beurteilungsspielraum

auf Null reduziert ist, dürfen die Nachprüfungsinstanzen die Wertung der Vergabestelle selbst

revidieren und ihre Einschätzung an deren Stelle setzen (vgl. bspw. VK Bund, Beschluss vom 24. Juni

2014 - VK 2 - 39/14 -, juris).

bb) Die Auftraggeberin hat den ihr zustehenden Beurteilungsspielraum nicht überschritten, die

Bewertung der Präsentation in den einzelnen angegriffenen Unterkriterien erfolgte rechtmäßig.

Hierzu im Einzelnen:

1) Unterkriterium 3.1.2 „Abrechnung - Abrechnungsschema - Abrechnung auf Produkte und

Kostenstellen“

Die Präsentation der Antragstellerin wurde in diesem Unterkriterium mit 1 von 2 Punkten bewertet.

In der Wertungsmatrix hieß es, dass 1 Punkt vergeben wird, falls ein mäßiger

Nachbearbeitungsaufwand zur Kostenzuordnung aus der Präsentation hinsichtlich des

Abrechnungsschemas erkennbar ist und 2 Punkte, falls wenig/kein Nachbearbeitungsaufwand zur

Kostenzuordnung erkennbar ist.

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass eine komplett automatisierte Abrechnung der

Verbräuche der eingesetzten Drucker und Multifunktionsgeräte nur möglich wäre, falls alle Geräte

das Follow-Me-System verwenden. Es wurde jedoch in der Aufgabenstellung zur Präsentation darauf

hingewiesen, dass – wegen der Infrastruktur der Auftraggeberin – es nicht möglich ist, alle

eingesetzten Geräte mit diesem System arbeiten zu lassen. Es bestehen vielmehr auch getrennte

Netze sowie lokale Systeme, in denen ebenfalls Drucker und Multifunktionsgeräte eingesetzt werden

sollen. Dadurch entstehen mehrere (getrennte) Abrechnungsinformationen. Diese unterschiedlichen

Kosteninformationen (Zählerstände) sollte der Bewerber zusammenführen, damit am Ende nur eine

Kostensumme anfällt und kein weiterer bzw. ein möglichst geringer Aufwand für die Auftraggeberin

entsteht.

Zwar bietet die Antragstellerin ein System an, mit dem die Zählerstände von Geräten, welche nicht

mit dem Follow-Me-System arbeiten, zunächst an die Antragstellerin und dann an die Auftraggeberin

per Internet übertragen werden. Doch hat die Auftraggeberin zutreffend hierzu weiter vorgetragen,

dass eine nicht unerhebliche Menge von Geräten gar nicht an das Internet angeschlossen wird.

Darauf wurde in der Aufgabenstellung zur Lösungs-Präsentation ausdrücklich hingewiesen. Für diese

käme die von der Antragstellerin präsentierte Lösung hinsichtlich der abgetrennten und lokalen

Systeme nicht in Betracht, da diese Geräte keine Informationen (Zählerstände) an das

Rechenzentrum der Antragstellerin übertragen können.

Für die Vergabekammer ist es deshalb nachvollziehbar, dass die Auftraggeberin hinsichtlich der

Abrechnung von einem mäßigen Nachbearbeitungsaufwand ausging. Die Bewertung ist nicht

willkürlich und sachfremd. Gründe, warum die Antragstellerin in diesem Unter-Unterkriterium

zwingend mit „wenig/kein Nachbearbeitungsaufwand für die Auftraggeberin“ zu bewerten gewesen

wäre, liegen nicht vor. Die Bewertung erfolgte innerhalb des der Auftraggeberin zur Verfügung

stehenden Beurteilungsspielraums.

2) Unterkriterium 3.1.3 „Abrechnung – Abrechnungsschema - Funktionsweise und Ablauf“

Die Präsentation Antragstellerin wurde in diesem Unterkriterium mit 1 von 2 Punkten bewertet.

Nach den Vorgaben der Wertungsmatrix war vorgesehen, dass 1 Punkt vergeben wird, falls mäßig

praktikable Abläufe aus der Präsentation hinsichtlich des Abrechnungsschemas erkennbar sind und 2

Punkte, falls praktikable Abläufe erkennbar sind.

Während die Antragstellerin darauf hinweist, in verschiedenen Folien auf die Funktionsweise und

den Ablauf der Abrechnung auch hinsichtlich der getrennten lokalen Systeme eingegangen zu sein,

erwidert die Auftraggeberin hierzu, dass in der Präsentation lediglich auf 3 Folien (Folien 67-69)

konkret die Funktionsweise und der Ablauf der Abrechnung derjenigen Geräte dargestellt wurden,

welche mit dem automatisierten Follow-Me-System arbeiten. Auf die getrennten und lokalen

Systeme sei nicht eingegangen worden.

Zutreffend ist, dass in den von der Antragstellerin genannten Folien beschrieben wird, dass beim

Arbeiten in getrennten Netzen eine Datenübertragung der Zählerstände der Geräte an das

Rechenzentrum der Antragstellerin stattfindet und die Auftraggeberin diese Daten dann abrufen

kann (vgl. oben II 2. b) aa)). Dies stellt jedoch keine konkrete Darstellung eines automatisierten

Ablaufs der Abrechnung für die getrennten und lokalen Systeme dar. Die Antragstellerin hat eine

solche konkrete Darstellung für die Funktionsweise und den Ablauf der Abrechnung nur für Geräte

vorgestellt, die mit dem Follow-Me-System arbeiten. Es erscheint daher vor diesem Hintergrund als

nicht willkürlich bzw. sachfremd, wenn die Auftraggeberin daraus ableitet, dass der Ablauf der

Abrechnung insgesamt (also auch mit den getrennten und lokalen Systemen) bei Verwendung der

Geräte der Antragstellerin für sie mäßig praktikabel ist. Die Bewertung der Präsentation der

Antragstellerin mit 1 von 2 Punkten in dem genannten Unter-Unterkriterium durch die

Auftraggeberin ist daher nach Auffassung der Vergabekammer von deren Beurteilungsspielraum

umfasst.

2) Unterkriterium 4.10 „IT-Anforderungen und Geräteverwaltung – Architektur des Gesamtsystems –

Ausfallsicherheit“

Die Präsentation der Antragstellerin wurde in diesem Unterkriterium mit 1 von 2 Punkten bewertet.

In der Wertungsmatrix war vorgegeben, dass bei einer mäßigen Ausfallsicherheit 1 Punkt und bei

einer guten Ausfallsicherheit 2 Punkte vergeben werden.

In der Präsentation wurde eine Lösung für die Ausfallsicherheit vorgestellt, die auf einer

Virtualisierungsumgebung und gespiegelten Back-up-Servern beruht. Dadurch ist das Maß an

Ausfallsicherheit maßgeblich von der Systeminfrastruktur der Auftraggeberin abhängig. Eine eigene

Ausfallsicherheit bzw. Rückfallebene besitzt die vorgestellte Lösung der Antragstellerin nicht.

Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn das Maß an Ausfallsicherheit der vorgestellten Lösung

durch die Auftraggeberin mit mäßig bewertet wird. Keinesfalls ist durch diese Bewertung der der

Auftraggeberin zustehende Beurteilungsspielraum überschritten.

3) Unterkriterium 4.10 – „IT-Anforderungen und Geräteverwaltung – Architektur des Gesamtsystems

– Lastverteilung und Skalierbarkeit“

Die Präsentation der Antragstellerin wurde in diesem Unterkriterium mit 1 von 2 Punkten bewertet.

Aus der Wertungsmatrix war ersichtlich, dass 1 Punkt vergeben wird, falls die vorgestellte Lösung

eine mäßige Lastverteilung und Skalierbarkeit bietet und 2 Punkte, falls eine gute Lastverteilung und

Skalierbarkeit erkennbar ist.

Die benannten Geräte der Antragstellerin scannen Dokumente dezentral auf jedem Gerät selbst und

schicken das Bild nicht an einen zentralen Server, der die Texterkennungen durchführt. Dabei werden

bei Verwendung der „OnBoard“ Scan-Lösung durchsuchbare PDF-Dokumente erstellt. Andere

Dateiformate können mittels Integration einer OCR Software in das Follow-Me-System erstellt

werden.

Während die Antragstellerin die dezentrale Lösung beim Scannen als Mehrwert gegenüber anderen

Systemen betrachtet, da bei einem großen Anfall von gleichzeitigen Scan-Vorgängen keine

Wartezeiten bei einem zentralen Server entstehen, stellt dies nach Auffassung der Auftraggeberin

gar keine Lastverteilungslösung eines Gesamtsystems dar. Zudem könne der „On-Bord“-Scan bspw.

keine Word-Dokumente herstellen.

Die Einschätzung der Auftraggeberin, dass die vorgestellte Scan-Lösung der Antragstellerin eine

mäßige Lastverteilung und Skalierbarkeit aufweist, ist jedenfalls nicht willkürlich oder sachwidrig. Es

ist auch nicht zwingend, dass die vorgestellte Scan-Lösung der Antragstellerin mit 2 von 2 Punkten

bewertet werden müsste. Die Auftraggeberin hat darauf hingewiesen, dass die On-Bord-Scan-Lösung

der Antragstellerin nur PDF Dokumente erstellen kann. Andere Dateiformate sind nur erstellbar,

wenn eine OCR Software in das Follow-Me-System integriert wird. Das Follow-Me-System kommt

jedoch wegen der Infrastruktur der Auftraggeberin (getrennte Netze bzw. überhaupt kein

Internetzugang) nicht an allen Standorten für die Geräte zum Einsatz, weswegen hier eine Bewertung

mit 1 von 2 Punkten vom Beurteilungsspielraum der Auftraggeberin umfasst ist.

4) Unterkriterium 4.10 „IT-Anforderungen und Geräteverwaltung – Architektur des Gesamtsystems –

Desaster Recovery“

Die Präsentation der Antragstellerin wurde in diesem Unterkriterium mit 1 von 2 Punkten bewertet.

Nach der Wertungsmatrix wurde hier 1 Punkt vergeben, falls die vorgestellte Desaster Recovery als

mäßige bewertet wird und 2 Punkte, falls diese als gut angesehen wird.

In der Präsentation der Antragstellerin wurde auf dieses Thema nicht explizit eingegangen. Es gibt

keine Folie, auf der Ausführungen speziell zur Desaster Recovery vorhanden sind.

Dementsprechend gibt es keinen Anlass die vorgenommene Bewertung zu korrigieren. Es kann

keinen Anspruch darauf geben, in diesem Unterkriterium die Höchstpunktzahl zu erhalten, wenn in

der Präsentation dazu nichts vorgetragen wurde.

5) Unterkriterium 5.1 „Rollout - Rollout-Konzept“

Die Präsentation der Antragstellerin wurde in diesem Unterkriterium mit 1 von 2 Punkten bewertet.

Hierzu war in der Wertungsmatrix vorgesehen, dass ein vorhandenes, jedoch nicht vollständiges und

schlüssiges Konzept mit 1 Punkt bewertet wird und ein nachvollziehbares und schlüssiges Konzept

mit 2 Punkten.

In der Präsentation der Antragstellerin wurde der Ablauf des Rollouts umfangreich dargestellt. Dabei

ist jedoch auch nach Auffassung der Vergabekammer nicht explizit auf alle konkreten

Vorgaben/Fragen der Aufgabenstellung eingegangen worden. So finden sich zwar allgemeine

Ausführungen zum Abbau der vorhandenen Altgeräte und deren Verwertung.

Welche Möglichkeiten für eine Abstimmung mit dem bisherigen Auftraggeber hinsichtlich des

Abbaus der Altgeräte bestehen, ist allerdings nicht ersichtlich. Auch wurde lediglich allgemein

dargestellt, wie die Inbetriebnahme abläuft. Zur in der Aufgabenstellung ebenfalls aufgeführten

konkreten Frage, wie ein weitestgehend unterbrechungsfreies Arbeiten während des

Geräteaustauschs sichergestellt werden könne, finden sich keine konkreten Ausführungen. Da auf die

konkreten Fragen in der Aufgabenstellung zum Rollout nicht vollständig eingegangen wurde, kann

die vorgenommene Wertung mit 1 von 2 Punkten nicht erfolgreich angriffen werden, der der

Auftraggeberin zustehende Beurteilungsspielraum wurde nicht überschritten.

6) Unterkriterium 5.1.1 „Rollout - Ablauf Rollout (bezüglich Aufwand für AG)“

Die Präsentation der Antragstellerin wurde in diesem Unterkriterium mit 1 von 2 Punkten bewertet.

Dabei wurde gemäß der Wertungsmatrix ein mäßiger Aufwand beim Ablauf des Rollouts mit 1 Punkt

bewertet und ein geringer Aufwand mit 2 Punkten.

Aus den Folien der Präsentation ist ersichtlich, dass der Auftraggeberin verschiedene

Mitwirkungspflichten zugewiesen sind, insbesondere soll sie für den Rollout bei Bedarf

Zwischenlagerungsflächen zur Verfügung stellen. In der Aufgabenstellung zur Präsentation wurde

ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Rollout von Seiten der Auftraggeberin nur mit begrenzten

personellen Kapazitäten („ausschließlich Koordination“) unterstützt werden könne und

dementsprechend die Kapazitäten der Teilnehmer anzupassen seien. Die Auftraggeberin hat hierzu

nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass einige der aufgeführten Mitwirkungspflichten auch von der

Antragstellerin (als Dienstleistung) selbst hätten übernommen werden können,

Zwischenlagerungsflächen bei ihr nicht vorhanden wären und der Umstand, dass die Geräte

vorkonfiguriert ausgeliefert werden würden, kein herausragendes Alleinstellungsmerkmal sei. Die

vorgenommene Bewertung dieses Unterkriteriums und die damit einhergehende Einschätzung,

wonach ein mäßiger Aufwand für die Auftraggeberin beim Rollout entstehen würde, ist daher weder

sachwidrig noch willkürlich.

7) Unterkriterium 6.1 „Innovationen - Unterscheidungsmerkmal von Wettbewerbern – Software“

Die Präsentation der Antragstellerin wurde in diesem Unterkriterium mit 0 von 2 Punkten bewertet.

Dabei war in der Wertungsmatrix vorgesehen, dass die Präsentationen hier nur mit 0 oder 2 Punkten

bewertet werden konnten. Soweit Vorteile im Bereich Software erkennbar waren, sollte die

vorgestellte Lösung mit 2 Punkten bewertet, falls keine Vorteile im Bereich Software erkennbar

waren, sollte eine Bewertung mit 0 Punkten vorgenommen werden.

Die Antragstellerin hat zu diesem Unterkriterium ihr Joint-Venture mit der Firma XXX vorgestellt.

Diese vertreibt als E-Governementlösung die Software „XXX“. Diese Software wird bereits von der

Auftraggeberin benutzt, was der Antragstellerin auch unstreitig bekannt war.

Vor diesem Hintergrund überschreitet die vorgenommene Wertung mit 0 Punkten hier nicht den

Beurteilungsspielraum der Auftraggeberin. Die als innovatives Unterscheidungsmerkmal vorgestellte

Software, war der Auftraggeberin nicht nur bereits bekannt, sondern wird von dieser bereits benutzt.

Die Einschätzung der Auftraggeberin, in deren zukünftiger Verwendung kein innovatives

Unterscheidungsmerkmal der Antragstellerin zu Mitbewerbern zu sehen, erscheint deshalb

nachvollziehbar.

8) Unterkriterium 6.1 „Innovationen - Unterscheidungsmerkmal von Wettbewerbern – Service“

Die Präsentation der Antragstellerin wurde in diesem Unterkriterium mit 0 von 2 Punkten bewertet.

Auch hier war in der Wertungsmatrix vorgesehen, dass die Präsentationen nur mit 0 oder 2 Punkten

bewertet werden konnten. Wenn Vorteile im Bereich Service erkennbar waren, sollte eine

Bewertung mit 2 Punkten erfolgen, wenn hingegen keine Vorteile im Bereich Service erkennbar

waren, sollte eine Bewertung mit 0 Punkten vorgenommen werden.

Von der Antragstellerin wurde hierzu ausgeführt, dass sie ein Sicherheitskonzept vorgestellt habe.

Danach befänden sich alle Daten in der Hand des Kunden. Daten, die an die Antragstellerin

übermittelt würden, verblieben im räumlichen Geltungsbereich des Bundesdatenschutzgesetzes

(BDSG). Dies sei ein innovativer Ansatz und Alleinstellungsmerkmal gegenüber Mitbewerbern. Hierzu

erwiderte die Auftraggeberin, dass ein öffentlicher Auftraggeber immer an die

Datenschutzanforderungen des BDSG gebunden sei und ein zusätzliches Kriterium zum Beispiel zur

Datenverschlüsselung gefehlt habe, in dem Aspekte der Datensicherheit explizit gewürdigt würden.

Auch hinsichtlich der Bewertung dieses Unterkriteriums wurde der Beurteilungsspielraum der

Auftraggeberin nicht überschritten. Der Umstand, dass die Auftraggeberin das von der

Antragstellerin vorgestellte Sicherheitskonzept nicht in dem Unterkriterium 6.1 „Innovationen -

Unterscheidungsmerkmal von Wettbewerbern – Service“ als innovatives Unterscheidungsmerkmal

bezüglich des Service berücksichtigt hat, war weder willkürlich noch sachwidrig. In der

Aufgabenstellung war den Erläuterungen zu diesem Unterkriterium zu entnehmen, dass die

Teilnehmer darstellen sollten, welche Unterscheidungsmerkmale der von ihnen angebotenen

Servicedienstleistungen gegenüber den Wettbewerbern bestehen. Die von der Antragstellerin in

ihrem Sicherheitskonzept dargelegten Ausführungen betreffen jedoch eher Eigenschaften bei der

Datenverarbeitung und Datenübertragung als konkrete Servicedienstleistungen der Antragstellerin.

Damit ist auch diese Bewertung vom Beurteilungsspielraum der Auftraggeberin gedeckt und durch

die Vergabekammer nicht korrigierbar.

9) Unterkriterium 4.8 „IT-Anforderungen und Geräteverwaltung - Software - Verwaltung“

Die Präsentation der Antragstellerin wurde in diesem Unterkriterium mit 0 von 1 Punkten bewertet.

Aus der Wertungsmatrix ist ersichtlich, dass 0 Punkte bei einem hohen Administrationsaufwand und

1 Punk bei einem niedrigen Administrationsaufwand vergeben werden sollten.

In den Vergabeunterlagen wurde als Grundvoraussetzung für alle Geräte der unterschiedlichen

Leistungsklassen gefordert, dass eine Webschnittstelle zur Administration verfügbar ist.

Die Parteien streiten, ob eine solche in der Präsentation vorgestellt wurde. In der mündlichen

Verhandlung stellte sich heraus, dass sich die von der Antragstellerin als Anlage zur

Antragsbegründung vorgelegten Folien der Präsentation und diejenigen, welche der Auftraggeberin

unmittelbar nach der Präsentation übergeben worden sind, unterscheiden. Während in den von der

Antragstellerin übergebenen Folien davon die Rede ist, dass die Softwarelösung der Antragstellerin

über einen „Network Print Monitor“ verfüge, welcher die Administration auf Maschinenebene

ermögliche und laut Aussage der Antragstellerin das Softwaretool zur Benutzung der

Webschnittstelle darstelle, spricht die entsprechende Folie, welche der Auftraggeberin nach der

Präsentation übergeben wurde, davon, dass ein „KM NetAdmin“ die Administration auf

Maschinenebene ermögliche. An einer anderen Stelle der Präsentation wird dazu weiter ausgeführt,

dass dieses „web basierte Tool ist für die zentrale Verteilung der Print Policy und der Pflege eventuell

benötigter lokaler Adressbücher zuständig“ ist. Der Widerspruch dieser unterschiedlichen

Folieninhalte konnte im Nachhinein nicht aufgelöst werden.

Nach Auffassung der Antragstellerin verfügen die von ihr benannten Geräte tatsächlich über eine

Webschnittstelle. Darauf sei in der Präsentation auch eingegangen worden. Zudem verhalte sich die

Auftraggeberin widersprüchlich, wenn sie das angebliche Nichtvorhandensein einer Webschnittstelle

zur Begründung einer Bewertung mit 0 Punkten in diesem Unterkriterium heranzieht, die

Antragstellerin wegen der Nichterfüllung eines K.o.-Kriteriums jedoch nicht ausschließe. Dahingegen

vertritt die Auftraggeberin die Auffassung, dass eine Webschnittstelle nicht vorgestellt wurde und

deshalb davon ausgegangen werden konnte, dass die benannten Geräte der Auftraggeberin auch

tatsächlich nicht über eine solche verfügen, was wiederum eine Bewertung mit 0 Punkten

rechtfertigt.

Eine Entscheidung darüber, ob die Wertung dieses Unterkriteriums fehlerhaft erfolgte, kann

dahinstehen.

Zur Abgabe eines ersten Angebots sollten die 4 bestplatzierten Teilnehmer aufgefordert werden. Die

Antragstellerin belegt in Phase 2 des Teilnahmewettbewerbs den 5. Rang, die Beigeladene zu 1 den

4. Rang. Der Abstand zur Beigeladenen zu 1 beträgt 36 Punkte nach Wichtung. Im Unterkriterium 4.8

– „IT-Anforderungen und Geräteverwaltung - Software – Verwaltung“ war maximal die Bewertung

mit einem Punkt möglich, der nach Wichtung mit 4 Punkten in der Gesamtwertung Berücksichtigung

gefunden hätte. Eine kausale Rechtsverletzung der Antragstellerin durch einen eventuellen

Bewertungsfehler in diesem Unterkriterium ist somit ausgeschlossen. Selbst wenn die

Vergabekammer der Argumentation der Antragstellerin folgen würde und die Wertung in diesem

Unterkriterium korrigieren würde, wäre der Abstand der Antragstellerin zur Beigeladenen zu groß

und an der Wertungsreihenfolge insgesamt würde sich nichts ändern. Damit wäre ein eventueller

Bewertungsfehler in diesem Unterkriterium unerheblich (vgl. OLG München, Beschluss vom 19. März

2009 – Verg 2/09 –, juris).

e) Die Rügen der Antragstellerin gegen die Transparenz im Zusammenhang mit der konkreten

Wertung der Präsentation der Antragstellerin bleiben erfolglos.

aa) Die Vorgaben zur Erstellung der Präsentation waren hinreichend transparent.

Den Teilnehmern, welche die Phase 1 des Teilnahmewettbewerbs erfolgreich überstanden haben,

wurde die Aufgabenstellung zur Erstellung der Teilnahmepräsentation inklusive der Wertungsmatrix

übergeben.

Die Antragstellerin rügt hinsichtlich des Unterkriteriums 3.1.2 Abrechnung auf Produkte und

Kostenstellen (Abrechnungsschema), des Unterkriteriums 3.1.3 Funktionsweise und Ablauf

(Abrechnungsschema), des Unterkriteriums 4.10 Architektur des Gesamtsystems (Desaster

Recovery), des Unterkriteriums 5.1.1 Ablauf Rollout (bezüglich Aufwand für AG) und des

Unterkriteriums 6.1 Innovationen (Software), dass den Bietern nicht ausreichend vorgegeben wurde,

auf was sie in der Präsentation eingehen sollten. Die gestellten Anforderungen seien diesbezüglich

intransparent.

Dem ist nicht so.

In den hier angegriffenen Unterkriterien sollten die Teilnehmer darstellen, welche „Lösungen“

angeboten werden und Konzepte erstellen.

Es ist vergaberechtlich nur notwendig, aber auch ausreichend, wenn der Bieter erkennen kann,

worauf es dem Auftraggeber bei der Anwendung eines ausfüllungsbedürftigen Wertungsschemas

inhaltlich ankommt (OLG Dresden, Beschluss vom 26. Januar 2016 – 1 Verg 1/16 –, juris). In der

Aufgabenstellung zur Präsentation wurde den Teilnehmern zunächst durch allgemeine Erläuterungen

und dann mittels konkreter Vorgaben zu den einzelnen Unterkriterien und expliziten Fragen

hinreichend deutlich gemacht, auf was sie in der Präsentation bezüglich der o. g. Unterkriterien

einzugehen hatten, was erläutert und dargestellt werden sollte.

Der Auftraggeber muss den Bietern weder direkt noch mittelbar Lösungskomponenten vorgeben, die

diese zwangsläufig aufgreifen würden, um in der Angebotswertung bestehen zu können. Damit

würde ein Auftraggeber gezwungen, Aufgaben zu übernehmen, deren Lösung er im Rahmen einer

funktionalen Ausschreibung in vergaberechtlich unbedenklicher Weise auf die Bieter delegieren

wollte (BGH, Beschluss vom 4. April 2017 – X ZB 3/17 –, juris).

Ein Auftraggeber ist auch nicht verpflichtet im Vorhinein, jedem einzelnen Wertungsaspekt im

Rahmen eines Unterkriteriums einen konkreten Punktwert zuzuordnen. Wäre das anders, dann wäre

der Auftraggeber letztlich gehalten, im Vorfeld der Ausschreibung auf der Grundlage eigener

Markterkenntnisse nicht nur ein Idealkonzept zu entwickeln und offenzulegen, welches dann mit der

erreichbaren Höchstpunktzahl zu bedenken wäre, sondern zudem Abstufungen nach unten

vorzunehmen und gleichfalls offenzulegen, was konkret zu bestimmten Punktabzügen führen wird.

Ein solches Vergabeverhalten wäre das Gegenteil dessen, was durch ein wettbewerbliches Verfahren

erreicht werden soll. Denn es würde die Bieter der Chance berauben, mit abweichenden oder

innovativen Konzepten und Lösungen Wertungsvorteile zu erlangen, und den Auftraggeber daran

hindern, den Vergleich unterschiedlicher Konzepte zum Wertungsgegenstand zu machen und

dadurch das inhaltlich beste und wirtschaftlichste Angebot zu ermitteln (OLG Dresden a. a. O.).

Ausgehend davon waren die Vorgaben der Auftraggeberin nicht intransparent.

bb) Die Auftraggeberin hat über die in der Wertungsmatrix bekanntgemachten Unterkriterien keine

weiteren nicht bekannt gemachten Unterkriterien verwendet.

In Phase 2 des Teilnahmewettbewerbs wurden die Präsentationen und Eigenerklärungen der

Teilnehmer anhand einer umfangreichen Wertungsmatrix der Auftraggeberin bewertet und mit

dieser die Wertungsreihenfolge erstellt.

Die Antragstellerin rügt hierzu sinngemäß, dass die Auftraggeberin schon vor dem Zeitpunkt der

Präsentation gewusst habe, dass ihr verschiedene Lösungsansätze nicht ausreichen würden. Dies

hätte sie früher transparent bekannt machen müssen, um einen fairen Wettbewerb zu ermöglichen.

Soweit die Antragstellerin damit rügt, dass die Auftraggeberin weitere nicht bekannt gemachte

Unter-Unterkriterien für die Wertung verwendet hätte, ist nicht zutreffend.

Die Auftraggeberin ist zunächst verpflichtet, die Wertungsmatrix des Teilnahmewettbewerbs zu

veröffentlichen. Beabsichtigt der öffentliche Auftraggeber mehr als ein objektives und

nichtdiskriminierendes Eignungskriterium zur Begrenzung der Anzahl der Bewerber anzusetzen, ist es

erforderlich, eine Eignungsmatrix aufzusetzen, die zur Wahrung des Transparenzgrundsatzes den

interessierten Unternehmen in der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen bekannt zu

machen ist (Ortner/Willweber in: Heiermann/Zeiss/Summa, jurisPK-VergR, 5. Aufl. 2016, § 51 VgV).

Dies hat die Auftraggeberin zumindest für diejenigen Teilnehmer, welche in Phase 1 des

Teilnahmewettbewerbs erfolgreich waren, getan.

Weiter geht die Vergabekammer grundsätzlich davon aus, dass die zu den Zuschlagskriterien

entwickelte Rechtsprechung, wonach Unterkriterien, welche die Hauptkriterien aufschlüsseln

inklusive deren Gewichtung bekannt zu machen sind (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23. März

2005 - Verg 77/04 - sowie EuGH, Urteil vom 24. November 2005 – C-331/04 –, jeweils juris), auf die

hier aufgestellten Kriterien zur Auswahl der Teilnehmer übertragen werden können. Einer

abschließenden Entscheidung dazu bedarf es jedoch nicht, da die Auftraggeberin hier keine

(weiteren) nicht bekannt gemachten (Unter-) Unterkriterien aufgestellt hat und anhand derer die

Wertung der Präsentationen in Phase 2 des Teilnahmewettbewerbs durchgeführt hat. Dafür gibt es

in den Vergabeunterlagen keine Anhaltspunkte. Die der Antragstellerin übersandte Begründung für

die Wertung der einzelnen Unterkriterien wurde individuell anhand der Inhalte der Präsentation und

der Eigenschaften der benannten Geräte erstellt.

f) Das Vergabeverfahren ist aufzuheben.

Gemäß § 168 Abs. 1 GWB entscheidet die Vergabekammer, ob der Antragsteller in seinen Rechten

verletzt ist, und trifft die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine

Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Sie ist an die Anträge nicht gebunden und

kann auch unabhängig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken.

Der Vergabekammer war es vorliegend nicht verwehrt von Amts wegen zu prüfen, ob die

Antragstellerin - unabhängig von deren Vortrag im Nachprüfungsantrag - durch die Ausgestaltung des

Teilnahmewettbewerbs und die dort verwendeten Kriterien zur Begrenzung der Teilnehmerzahl in

ihren Rechten verletzt wurde. Zwar gibt es im Nachprüfungsverfahren keine allgemeine

Rechtmäßigkeitskontrolle (Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 114, Rn. 17). Wird der

Nachprüfungsantrag jedoch für zulässig erachtet, prüft die Vergabekammer, ob ein Verstoß gegen

bieterschützende Vorschriften zu Lasten des Antragstellers vorliegt, und trifft gegebenenfalls - ohne

Bindung an Anträge - Maßnahmen, die im Interesse des Antragstellers zur Wiederherstellung eines

fairen Wettbewerbs geeignet und notwendig sind (Summa in: Heiermann/Zeiss/Summa, jurisPK-

VergR, 5. Aufl. 2016, § 168 GWB, Rn. 10 f.). Das schließt ein, Vergaberechtsverstöße auch ohne

ausdrückliche Benennung durch den Antragsteller aufzugreifen, wenn und soweit sie aufgrund des

zur Prüfung gestellten Sachverhalts zutage treten und subjektive Rechte des Antragstellers betroffen

sind (OLG Dresden, Beschluss vom 29. Mai 2001 – WVerg 3/01 –, juris) und nicht präkludiert sind

((OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26. Juli 2002 - Verg 22/02 - ,juris).

Der Antrag ist vorliegend zulässig (siehe oben Ziffer II 1.).

Auch sind hier subjektive Rechte der Antragstellerin betroffen. Diese begehrte vorliegend eine

Korrektur des Ergebnisses der Bewertung ihrer Präsentation im Teilnahmewettbewerb, um in die

Verhandlungsphase vorzudringen und die Chance auf Abgabe eines ersten Angebots und

schlussendlich eine Chance auf Erteilung des Zuschlags zu bekommen. Dies wurde ihr verwehrt.

Soweit die Auswahlentscheidung zur Begrenzung der Anzahl der Teilnehmer auf einer

vergaberechtswidrigen Aufteilung des Teilnahmewettbewerbs und der Verwendung von dafür in § 51

Abs. 1 VgV nicht vorgesehenen Kriterien beruht, berührt dies die Antragstellerin in ihren subjektiven

Rechten. Sie ist gegen diese Auswahlentscheidung – mit anderen Argumenten – vorgegangen. Soweit

nur die Phase 1 des Teilnahmewettbewerbs zur Anwendung gekommen wäre, hätte man sie zur

Abgabe eines ersten Angebots aufgefordert. Nach der Aufhebung des Vergabeverfahrens hat sie

jedenfalls eine 2. Chance um den Zuschlag für den streitigen Auftrag zu erhalten.

Die Antragstellerin wäre mit einer Rüge hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung des

Teilnahmewettbewerbs und die dort verwendeten Kriterien nicht nach § 160 Abs. 3 Nr. 3 GWB

präkludiert. Dies würde voraussetzen, dass die beschriebenen Vergaberechtsverstöße erkennbar

gewesen wären. Für die Erkennbarkeit kommt es darauf an, ob dem Antragsteller das Übersehen des

Verstoßes gegen das Vergaberecht vorgeworfen werden kann. Es ist zu fragen, ob dem Antragsteller

eine fahrlässige Vernachlässigung einer Obliegenheit vorgeworfen werden kann. Prüfungsmaßstab ist

die Erkenntnismöglichkeit eines durchschnittlichen Antragstellers. Erkennbar sind somit

Vergaberechtsverstöße, die von einem Durchschnittsbieter bei üblicher Sorgfalt und den üblichen

Kenntnissen erkannt werden. Verstöße gegen die Vorschriften zur konkreten Ausgestaltung eines

dem eigentlichen Verhandlungsverfahren vorgeschalteten Teilnahmewettbewerbs und die

Beachtung der dafür vorgesehenen Anforderungen sind von Durchschnittsbietern für die hier

streitige Dienstleistung im Rahmen der hier vorgenommenen Ausgestaltung des Vergabeverfahrens

und aufgrund der hier vorliegenden Vergabeunterlagen nicht erkennbar gewesen. Es gibt - soweit

ersichtlich - dazu keine veröffentlichte Entscheidung einer Vergabekammer oder eines

Oberlandesgerichts. Die konkrete Abgrenzung der technischen Leistungsfähigkeit von Unternehmen

einerseits und der Bewertung von technischen Details der angeboten (oder hier in Aussicht

gestellten) Leistung ist im Einzelfall schwierig, sodass nach Auffassung der erkennenden

Vergabekammer eine fahrlässige Vernachlässigung einer bestehenden Obliegenheit nicht festgestellt

werden kann. Zudem hätte die Antragstellerin diese Verstöße gar nicht vor Ablauf der Frist zur

Bewerbung am 6. Februar 2017 rügen können. Die Vergabeunterlagen, aus denen sich die genannten

Verstöße ergeben, wurden der Antragstellerin erst am 2. März 2017 übermittelt. Eine Frist zur

Angebotsabgabe wurde der Antragstellerin von der Auftraggeberin nicht bekannt gemacht, da die

Unterlagen für die Verhandlungsphase nur den in Phase 2 des Teilnahmewettbewerbs erfolgreichen

Teilnehmern übermittelt wurde und sich nur diesen Unterlagen die Frist zur Angebotsabgabe

entnehmen ließ. Weitere Präklusionstatbestände kommen nicht in Betracht.

§ 168 GWB vermittelt der Vergabekammer einen weiten Entscheidungsraum, der nur innerhalb des

Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes Schranken findet (VK Sachsen, Beschluss vom 7. Januar 2008 -

1/SVK/077-07 -, juris). Die Vergabekammer kann alles unternehmen, was für die Rechtmäßigkeit des

Vergabeverfahrens erforderlich ist. Ausgeschlossen ist lediglich die Zuerkennung von Schadensersatz.

Die Maßnahme muss jedoch geeignet sein, die Rechtsverletzung zu beseitigen, gleichzeitig aber auch

das mildeste Mittel hierfür sein (VK Sachsen, Beschluss vom 30. April 2008 - 1/SVK/020-08 -, juris).

Hier ist kein anderes milderes Mittel als die Aufhebung des Vergabeverfahrens ersichtlich, welche die

genannten Vergaberechtsverstöße heilen kann. In der Bekanntmachung wurde hinsichtlich der

Bedingungen für die Reduzierung der Teilnehmerzahl auf die online abzurufenden

Vergabeunterlagen verwiesen („Informationen zum Teilnahmewettbewerb“). Diesen war bereits die

Aufteilung des Teilnahmewettbewerbs in 2 Phasen und die Kriterien für die erste Reduzierung der

Teilnehmerzahlen zu entnehmen. Deshalb ist eine Rückversetzung in den Stand nach

Bekanntmachung unzureichend und eine Fehlerkorrektur im laufenden Verfahren nicht mehr

möglich. Die Vergabekammer ordnet deshalb die Aufhebung des streitigen Vergabeverfahrens an.

Die Vergabekammer weist darüber hinaus auf Folgendes hin: Wie bereits beschrieben, dürfen die

Eignungsprüfung und die Prüfung der wirtschaftlichen Bewertung der Angebote nicht vermischt

werden (EuGH a. a. O.). Bei der Angebotswertung darf nicht nochmals einfließen, ob das Angebot

von einem besonders leistungsfähigen oder erfahrenen Unternehmen stammt (BGH a. a. O.). Den in

Phase 2 des Teilnahmewettbewerbs erfolgreichen 4 Teilnehmern wurden die Zuschlagskriterien und

die Wertungsmatrix für die Angebotsprüfung bereits übermittelt. Dort sind Kriterien aufgestellt, die

bereits im Rahmen des Teilnahmewettbewerbs zum Einsatz kamen und gewertet worden sind. Das

Unterkriterium 2.3 „Zählerstandsübermittlung von Geräten ohne Netzwerkauslesung“ des

Teilnahmewettbewerbs findet sich als Unterkriterium 1.2 „Einholung von Zählerständen an

Standorten ohne Netzwerkanbindung durch den Auftragnehmer“ der Angebotswertung wieder. In

beiden Unterkriterien ist vorgesehen, dass ein Teilnehmer/Bieter 0 Punkte erhält, wenn der

Auftraggeber Zählerstände manuell einholen und übermitteln muss, 1 Punkt erhält, falls die

Zählerstandsübermittlung durch Hilfsmittel/Tools unterstützt werden kann und 2 Punkte, falls der

Auftragnehmer die Einholung der Zählerstände übernimmt. Damit wird in beiden Unterkriterien

dasselbe gewertet, was wegen des Doppelverwertungsverbots ausgeschlossen ist. Auch sind die K.o.-

Kriterien des Teilnahmewettbewerbs hinsichtlich der Gerätetechnik und der Software (Seite 2-4 der

Aufgabenstellung), die in der Wertungsmatrix des Teilnahmewettbewerbs in den Unterkriterien 1.1

„Gerätetechnik der Leistungsklasse 1 bis 3 entsprechend den Forderungen des AG“ und 4 „IT-

Anforderungen und Geräteverwaltung“ bewertete wurden und die in der Angebotswertung

enthaltenen K.-o.-Kriterien zu den Anforderungen der angebotenen Geräte an die Software und

Gerätetechnik (Leistungsverzeichnis Seite 11-12) identisch. Eine doppelte Prüfung dieser Kriterien ist

unabhängig von deren Einordnung als Eignungs- oder Zuschlagskriterium ausgeschlossen.

III

1. Die Auftraggeberin hat die Kosten zu tragen, § 182 Abs. 3 Satz 1 GWB.

Die Auftraggeberin hat als Unterliegende die Kosten (Gebühren und Auslagen) des

Nachprüfungsverfahrens gemäß § 182 Abs. 3 Satz 1 GWB zu tragen.

Die Gebühr beträgt mindestens 2.500 EUR und soll den Betrag von 50.000 EUR nicht überschreiten (§

182 Abs. 2 Satz 1 und 2 GWB). Die Höhe der Gebühr bestimmt sich nach dem personellen und

sachlichen Aufwand der erkennenden Vergabekammer unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen

Bedeutung des Gegenstandes des Nachprüfungsverfahrens (§ 182 Abs. 2 GWB). Der Gesetzgeber hat

mit dieser an § 80 Abs. 2 GWB orientierten Regelung klargestellt, dass - wie im

Kartellverwaltungsverfahren - vorrangig auf die wirtschaftliche Bedeutung des Verfahrens

abzustellen ist. Die Vergabekammern des Bundes haben eine Gebührenstaffel erarbeitet, die die

erkennende Vergabekammer im Interesse einer bundeseinheitlichen Handhabung in der Regel

übernimmt. Zur Bestimmung des wirtschaftlichen Interesses wird in der Regel auf den Angebotswert

des Angebotes der Antragstellerin abgestellt. Vorliegend hat die Antragstellerin noch kein Angebot

abgegeben, da sie bereits im dem Verhandlungsverfahren vorgeschalteten Teilnahmewettbewerb

ausgeschieden ist und nicht zur Abgabe eines ersten Angebots aufgefordert wurde. Hinsichtlich der

wirtschaftlichen Bedeutung stellt die Vergabekammer deshalb auf den von der Auftraggeberin

geschätzten Auftragswert ab. Es ist dabei nach § 3 Abs.1 Satz 1 VgV (der nach ständiger

Rechtsprechung auch zur Berechnung des Streitwerts heranzuziehen ist, vgl. bspw. OLG München,

Beschluss vom 12. August 2008 - Verg 6/08 -, juris). von der geschätzten Gesamtvergütung für die

vorgesehene Leistung auszugehen. Nach Satz 2 der genannten Vorschrift sind alle Optionen oder

Vertragsverlängerungen zu berücksichtigen. Bei der Ermittlung des Auftragswerts ist jedoch zu

berücksichtigen, dass bei einem eingeräumten Optionsrecht zu Gunsten des Auftraggebers es allein

in der Macht dessen steht, die Laufzeit des Vertrages zu verlängern. Die Ungewissheit darüber, ob

der Auftraggeber das Optionsrecht ausüben wird, ist mit einem angemessenen Abschlag vom vollen

Auftragswert zu berücksichtigen, der rechnerisch während der optionalen Vertragslaufzeit erzielt

werden könnte. Dieser Abschlag beträgt im Regelfall 50 % (BGH, Beschluss vom 18. März 2014 – X ZB

12/13 –, juris). Ausgehend davon ergibt sich hier ein Auftragswert für den die Gebührentabelle der

Vergabekammern des Bundes eine Gebühr in Höhe von X.XXX EUR vorsehen.

Dieser Betrag kann entsprechend § 182 Abs. 2 Satz 1, 2. Hs. GWB ermäßigt werden, ggf. bis auf ein

Zehntel. Als Gründe einer Ermäßigung sind dabei nur solche Gesichtspunkte zu berücksichtigen, die

im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Bedeutung sowie dem erforderlichen

Verwaltungsaufwand stehen. Gründe, die dies rechtfertigten, sind hier nicht gegeben. Damit hat die

Auftraggeberin den Betrag von X.XXX EUR zu tragen.

Auslagen, die nicht mit der Gebühr abgegolten wären, sind nicht angefallen.

Die Auftraggeberin ist jedoch als Gemeinde i. S. d. § 3 Abs. 2 SächsGemO von der Zahlung der Gebühr

nach § 182 Abs. 1 Satz 2 GWB i. V. m. § 8 Abs. 1 Nr. 3 des Verwaltungskostengesetzes (Bund) vom 23.

Juni 1970 (BGBl. I S. 821) in der am 14. August 2013 geltenden Fassung befreit.

2. Die Auftraggeberin hat die notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin zu tragen, § 182 Abs. 4

Satz 1 GWB.

Gemäß § 182 Abs. 4 Satz 1 GWB hat ein Beteiligter - soweit er unterliegt - die zur

zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners zu tragen.

Vorliegend ist die Auftraggeberin die Unterlegene, diese hat daher die notwendigen Aufwendungen

der Antragstellerin zu tragen.

Die Antragstellerin hat keinen Verfahrensbevollmächtigten im Sinne des § 182 Abs. 4 Satz 4 GWB i. V.

m. § 80 Abs. 2 VwVfG hinzugezogen. Herr Breuer war für die Antragstellerin als deren Senior

Manager Legal bzw. Syndikusanwalt tätig. Gemäß § 80 Abs. 2 VwVfG sind die Gebühren und Auslagen

eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren erstattungsfähig, wenn

die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Die Tätigkeit des Syndikusrechtsanwalts stellt

zwar nach Aufgabe der Doppelberufstheorie und der Neugestaltung des Rechts der Syndikusanwälte

eine anwaltliche Tätigkeit nach § 46 Abs. 2 BRAO dar. Ein Syndikusanwalt kann im Rahmen seiner

Tätigkeit für seinen Auftraggeber jedoch keine Gebühren nach dem RVG geltend machen, da dieses

Gesetz nicht für die Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt gilt, § 1 Abs. 2 RVG. Daher muss hier über die

Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten für die Antragstellerin nach § 182

Abs. 4 Satz 4 GWB i. V. m. § 1 SächsVwVfZG und § 80 Abs. 2 VwVfG nicht entschieden werden.

4. Die Beigeladenen sind nicht an der Tragung der Kosten zu beteiligen, § 182 Abs. 3 Satz 5 GWB. Ihre

Aufwendungen sind nicht zu erstatten, § 182 Abs. 4 Satz 3 GWB i. V. m. § 182 Abs. 4 Satz 2 GWB

Kostenschuldner ist gemäß § 182 Abs. 3 Satz 1 GWB der Beteiligte, der im Verfahren unterliegt. Die

Beigeladenen sind nach § 162 Satz 1 GWB ebenfalls Beteiligte am Verfahren und wäre vorliegend

auch unterlegen. Nach § 182 Abs. 3 Satz 5 GWB können die Verfahrenskosten auch Beigeladenen

auferlegt werden, wenn dies billigem Ermessen entspricht. Die Beigeladenen sind hier jedoch nicht

an den Kosten des Verfahrens zu beteiligen, da sie sich nicht aktiv am Verfahren beteiligt haben. Sie

haben zwar teilweise an der mündlichen Verhandlung teilgenommen, jedoch keine eigenen Anträge

gestellt und auch sonst nicht durch eigene Beiträge am Verfahren teilgenommen. Es entspricht daher

nicht billigem Ermessen, sie vorliegend an der Kostentragung zu beteiligen.

Da sie selbst unterlegen wären, kommt eine Kostenerstattung ihrer eigenen Aufwendungen nicht in

Betracht, § 182 Abs. 4 Satz 3 GWB i. V. m. § 182 Abs. 4 Satz 2 GWB.

IV

Gegen die Entscheidungen der 1. Vergabekammer des Freistaates Sachsen ist gemäß § 171 Abs. 1

GWB die sofortige Beschwerde zulässig.

Sie ist binnen einer Notfrist von zwei Wochen, die mit der Zustellung der Entscheidung beginnt (§ 172

Abs. 1 GWB), schriftlich beim Beschwerdegericht einzulegen. Beschwerdegericht für die 1.

Vergabekammer des Freistaates ist das

Oberlandesgericht Dresden, Vergabesenat, Schlossplatz 1, 01067 Dresden.

Die sofortige Beschwerde kann beim Oberlandesgericht Dresden auch elektronisch erhoben werden

(vgl. Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz und für Europa über den

elektronischen Rechtsverkehr, die elektronische Aktenführung, die elektronischen Register und das

maschinelle Grundbuch in Sachsen (Sächsische E-Justizverordnung – SächsEJustizVO) vom 6. Juli 2010

(SächsGVBl. S. 190) in der jeweils geltenden Fassung).

Die Beschwerde muss zugleich mit ihrer Einlegung begründet werden (§ 172 Abs. 2 GWB). Die

Beschwerdebegründung muss enthalten: die Erklärung, inwieweit die Entscheidung der Kammer

angefochten wird und eine abweichende Entscheidung beantragt wird sowie die Angabe der

Tatsachen und Beweismittel, auf die sich die Beschwerde stützt.

Die Beschwerdeschrift muss durch einen zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Dies gilt

nicht für Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (§ 175 Abs. 1 GWB). Mit der

Einlegung der Beschwerde sind die anderen Beteiligten des Verfahrens vom Beschwerdeführer durch

Übermittlung einer Ausfertigung der Beschwerdeschrift zu unterrichten (§ 172 Abs. 4 GWB). Die

sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung gegenüber der Entscheidung der Vergabekammer.

Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist (§ 173 Abs. 1

GWB).

Eberhard

Rücker

Höhne

Der ehrenamtliche Beisitzer hat nach Beschlussfassung auf eine Unterschrift verzichtet. Diese ist

nach § 5 Nr. 1 der Geschäftsordnung der 1. Vergabekammer des Freistaates Sachsen nicht

notwendig.