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Expertenkommission zur Erarbeitung von Empfehlungen zur Weiterentwicklung der HafenCity Universität Hamburg Seite 1 von 22 "Volle Fahrt aufnehmen" Chancen und Herausforderungen der HafenCity Universität Hamburg zehn Jahre nach ihrer Gründung Bericht der Expertenkommission Prof. Dr.-Ing. Dr. Sabine Kunst, Prof. Dr. Jens S. Dangschat, Prof. Dr.-Ing. Jan Knippers, Prof. Dr.-Ing. J. Alexander Schmidt, Prof. Dr. Uwe Schneidewind zur Erarbeitung von Empfehlungen zur Weiterentwicklung der HafenCity Universität Hamburg Juni 2017

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Expertenkommission zur Erarbeitung von Empfehlungen zur Weiterentwicklung der HafenCity Universität Hamburg

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"Volle Fahrt aufnehmen"

Chancen und Herausforderungen

der HafenCity Universität Hamburg

zehn Jahre nach ihrer Gründung

Bericht der Expertenkommission Prof. Dr.-Ing. Dr. Sabine Kunst, Prof. Dr. Jens S. Dangschat, Prof. Dr.-Ing. Jan Knippers,

Prof. Dr.-Ing. J. Alexander Schmidt, Prof. Dr. Uwe Schneidewind

zur Erarbeitung von Empfehlungen

zur Weiterentwicklung der HafenCity Universität Hamburg

Juni 2017

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I N H A L T S V E R Z E I C H N I S

Teil A: Hintergrund und Kurzfassung A.1 Auftrag, Zusammensetzung und Arbeitsweise der Kommission A.2 Kurzfassung

Teil B: Ausgangslage B.1 Entwicklung der HCU B.2 Status Quo der Fächer

B.2.1 Architektur (Bachelor und Master) B.2.2 Bauingenieurwesen (Bachelor und Master) B.2.3 Stadtplanung (Bachelor und Master) B.2.4 Geomatik (Bachelor und Master) B.2.5 Kultur der Metropole B.2.6 Urban Design B.2.7 Resource Efficiency in Architecture and Planning (REAP)

Teil C: Empfehlungen C.1 Entwicklung und Potentiale C.2 Strategie und Leitbild C.3 Kooperationen C.4 Studium und Lehre C.4 Forschung C.5 Anreizsysteme / Governance C.6 Berufungspolitik C.7 Ressourcen C.8 Hinweise zum weiteren Prozess der Umsetzung

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Teil A: Hintergrund und Kurzfassung A.1 Auftrag, Zusammensetzung und Arbeitsweise der Kommission

Die Behörde für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung Hamburg (BWFG) hat im Januar 2017 eine Expertenkommission zur Erarbeitung von Empfehlungen zur Weiterentwicklung der HafenCity Universität Hamburg (HCU) eingerichtet. Die Kommission bestand aus:

• Frau Prof. Dr.-Ing. Dr. Sabine Kunst, Präsidentin der Humboldt-Universität zu Berlin. Sie war von 2011 bis 2016 Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg, ferner Vorsitzende der Verwaltungskommission und Koordinatorin der Länder im Wissenschaftsrat. Zuvor amtierte sie fünf Jahre lang als Präsidentin der Universität Potsdam und war davor in leitenden Funktionen an der Universität Hannover tätig. Von 2010 bis 2011 war sie Präsidentin des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD).

• Herr Prof. Dr. Jens S. Dangschat war von 1998 bis zur Emeritierung im Herbst 2016 Professor für Siedlungssoziologie und Demografie an der TU Wien, Fakultät für Architektur und Raumplanung. Von 1992 bis 1998 leitete er als Professor für Stadt- und Regionalsoziologie die Forschungsstelle Vergleichende Stadtforschung an der Universität Hamburg (1992-1998). Er war Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Soziologie (2009-2011) und Vize-Präsident (2011-2013). Er arbeitet zudem seit mehr als 25 Jahren als Partner in einem Beratungsunternehmen, das Projekte im Bereich Stadtplanung und -forschung durchführt.

• Herr Prof. Dr.-Ing. Jan Knippers ist seit 2000 Leiter des Instituts für Tragkonstruktionen und Konstruktives Entwerfen (ITKE), Universität Stuttgart. 2001 gründete er Helbig Advanced Engineering Stuttgart mit Niederlassungen in New York (seit 2009) und Berlin (seit 2014). Er ist seit 2012 gewähltes Mitglied im DFG Fachkollegium `Bauwesen und Architektur' sowie seit 2014 Sprecher des SFB/Transregios `Biological Design and Integrative Structures´

• Herr Prof. Dr.-Ing. J. Alexander Schmidt ist seit 1998 Leiter des Instituts für Städtebau und Stadtplanung und Sprecher des Profilschwerpunkts „Urbane Systeme“ an der Universität Duisburg-Essen. Er arbeitet zudem seit mehr als 25 Jahren als Partner in einem Beratungsunternehmen, das Projekte im Bereich Stadtplanung und –forschung durchführt. Prof. Schmidt war als Sachverständiger Mitglied der Gutachtergruppe des Wissenschaftsrates, die im Rahmen der MINT-Begutachtung der Hamburger Hochschulen seinerzeit auch die HCU besucht hat.

• Herr Prof. Dr. Uwe Schneidewind ist Wirtschaftswissenschaftler und Präsident des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt und Energie. Zuvor war er in leitenden Funktionen an der Universität Oldenburg tätig, von 2004 - 2008 als Präsident. Prof. Schneidewind ist Vorsitzender des Aufsichtsrats der Universität Witten/Herdecke und Mitglied in zahlreichen Beratungs- und Expertengremien, u.a. im Wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU), im Club of Rome oder des wissenschaftlichen Beirats "Wirtschaftswissenschaften für Nachhaltigkeit" des BMBF.

Die BWFG hat die Expertenkommission gebeten, Empfehlungen zur Weiterentwicklung der HCU zu erarbeiten. Ausgangspunkt sollten die in der Gründungsdrucksache der HCU benannten und mit der Hochschulvereinbarung modifizierten Ziele sein, die der Senat mit der Gründung der HCU bislang verfolgt hat. Dabei sollte der Leitgedanke der HCU-Gründung aufrechterhalten bleiben, wonach aus der „Kooperation der sich auf ihren gemeinsamen Kern besinnenden Fächer Innovationen in Lehre, Forschung und Entwicklung“ hervorgehen sollen. Unter dieser Prämisse sind Empfehlungen gewünscht, die berücksichtigen,

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• inwieweit die mit der vor über zehn Jahren beschlossenen Gründungsdrucksache der HCU definierten Ziele aus heutiger Sicht noch schlüssig sind,

• ob die bereits umgesetzten inhaltlichen, strukturellen und organisatorischen Anpassungen eine belastbare Zukunftsperspektive ermöglichen und

• welche künftigen Entwicklungen die HCU weiter stärken könnten.

Der Kommission unter dem Vorsitz von Frau Prof. Kunst lagen für ihre Beratungen und die Ausarbeitung des Berichts umfangreiche Unterlagen der HCU sowie der BWFG vor. Sie tagte am 21. März, 31. März und 19. April 2017 in den Räumlichkeiten der HCU. Neben den bereitgestellten Unterlagen und den Erfahrungen der Kommissionsmitglieder aus früheren Kontakten mit der HCU, sowie der Kenntnis der Hochschul-Landschaft Hamburgs dienten vor allem die Vor-Ort-Termine dazu, einen näheren und aktuellen Eindruck von der HCU und ihrer Arbeit zu gewinnen. In den Terminen fanden mit von der Hochschule benannten Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern aller Bereiche der HCU (Bauingenieurwesen / Geomatik; Kultur der Metropole / Ressource Efficiency in Architecture and Planning (REAP) / Urban Design; Architektur / Stadtplanung) Gespräche statt, in denen Professorinnen und Professoren, wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Studierende angehört wurden. Die Gespräche erfolgten auf Basis eines einheitlich gestalteten Fragenkatalogs, um eine vergleichende Betrachtung der Disziplinen zu ermöglichen. Ergänzend dazu fanden Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern der Hochschulverwaltung und des Präsidiums sowie der Staatsrätin der BWFG statt. Die Kommission dankt den Angehörigen der HCU, die an den Gesprächsterminen mitgewirkt, zur Bereitstellung der Hintergrundinformationen beigetragen und nicht zuletzt für den sehr guten Ablauf der Termine Sorge getragen haben.

A.2 Kurzfassung Auch zehn Jahre nach ihrer Gründung ist die HafenCity Universität (HCU) als eine missions-orientierte Universität und ein der Transdisziplinarität verpflichtetes Universitätsprojekt nach wie vor von der Idee faszinierend und national wie international einzigartig. Als Hochschule neuen Typs hat die HCU in den letzten zehn Jahren deutliche Fortschritte gemacht. Mit dem Bezug des neuen Universitätsgebäudes ist ergänzend zur inhaltlichen Weiterentwicklung ein wichtiger Meilenstein erreicht worden. Der Status Quo der in der HCU zusammengeführten Disziplinen ist jedoch nach wie vor quantitativ wie qualitativ sehr unterschiedlich. Bezogen auf die Gesamtstudierendenzahl stellen die Architektur und das Bauingenieurwesen 27 bzw. 26 Prozent, gefolgt von einem Anteil von 21 Prozent der Studierenden in der Stadtplanung. Der Anteil der Studierenden in der Geomatik beträgt 11 Prozent. In der Stadtplanung und in der Architektur ist das Verhältnis zwischen Bachelor- und Masterstudierenden mit ungefähr 2:1 relativ ausgeglichen, während im Bauingenieurwesen ein Übergewicht im Bereich der Bachelor-Studierenden auffällt. In der Drittmitteleinwerbung trägt die Stadtplanung nahezu 60 Prozent der insgesamt für eine Universität zu gering ausfallenden Drittmitteleinnahmen bei. Die Alleinstellung von Urban Design ist der Kommission nicht nachvollziehbar gewesen.

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Die Kommission kommt übereinstimmend zu dem Schluss, dass die Gründungsidee der HCU – die Disziplinen übergreifende Zusammenarbeit der baubezogenen Fächer in einer Hochschule – auch künftig trägt. Diese Zusammenarbeit kann bundesweit beispielgebend sein, erfordert aber eine konsequente Weiterentwicklung der HCU im Sinne ihrer Gründungsmission in den kommenden Jahren. Dies ist möglich, bedarf aber der konsequenten Unterstützung von Schlüsselakteuren innerhalb wie außerhalb der Hochschule. Denn sowohl extern, aufgrund ihrer Größe und eines nur temporär bereitgestellten, künftig unsicheren Anteils an ihrem Budget, als auch intern, aufgrund der weiterhin noch zusammenwachsenden Fach- und Kooperationskulturen, bleibt die weitere Entwicklung der HCU herausfordernd und trägt ein Risiko in sich. Die mögliche erfolgreiche Entwicklung hängt insbesondere vom Engagement von Schlüsselakteuren in der Hochschule und der Hochschulleitung ab und gleichermaßen von geeigneten Steuerungs- und Governance-Strukturen sowie einer gezielten Ressourcenunterstützung. In den kommenden Jahren werden hier sowohl das Land, die aktuelle und die künftige Hochschulleitung als auch das Kollegium der Universität gefordert sein. Im Sinne dieser Herausforderungen hat die Evaluationskommission konkrete Empfehlungen auf mehreren Ebenen erarbeitet, die sie aus den Erkenntnissen ableitet, welche sie im Rahmen der Begutachtung gewinnen konnte. Auf dieser Grundlage kommt die Kommission zu folgenden Empfehlungen:

1. Die HCU sollte ihre Mission und ihr inhaltliches Leitbild klarer fassen – insbesondere in der Forschung, für die das vorliegende Konzept noch konkreter gefasst werden muss. Dieses Leitbild sollte dann konsequent als Orientierungsmaßstab für die HCU-interne Forschungsförderung dienen.

2. Parallel zu dieser inhaltlich-strategischen Festlegung ist die strukturelle Strategiefähigkeit zu stärken, die derzeit zwar in Ansätzen zu erkennen ist, aber konsequenter herausgearbeitet werden muss. Die internen Prozesse sind auf das Ziel hin abzustimmen, Entwicklungschancen in der wissenschaftlichen Profilierung der Hochschule frühzeitig zu erkennen und wissenschaftsadäquat umzusetzen. Dazu dient auch die Orientierung auf transdisziplinäre Einbindung von Gesellschaft und Politik.

3. Die Kommission sieht eine besondere Chance in der konsequenten Ausrichtung auf übergreifende Forschungsthemen, bei der zunächst die Metropolregion Hamburg als Referenzobjekt für Problemlösungen im Stadt-Land-Kontext dienen kann. Das schließt selbstverständlich die Aufgabe der HCU ein, Stadtpolitik kritisch zu begleiten und die Forschung in nationale und internationale Bezüge einzubetten. Die HCU sollte sich verstärkt nationalen und internationalen Forschungsausschreibungen stellen, um in der Forschungslandschaft stärker wahrgenommen zu werden.

4. Die Berufungspolitik der HCU muss klar auf das strategische Leitbild ausgerichtet sein, insbesondere ist auf die Forschungsstärke und/oder das Forschungspotential neu zu berufender Professorinnen und Professoren zu achten. Neben den wichtigen Schnittstellen-Professuren zwischen den Disziplinen bedarf es jedoch einer gut ausgewogenen fachlichen Expertise innerhalb der Disziplinen. Interdisziplinarität benötigt starke disziplinäre Kerne.

5. Die HCU sollte ihr Studienprogramm straffen und interdisziplinär weiter stärken. Empfohlen wird,

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• im Bachelor-Bereich zwei grundlegende BA-Programme zu schaffen, die ingenieurwissenschaftlich (Bauingenieurwesen und Geomatik) und künstlerisch-gestalterisch angelegt sind (Architektur, Stadtplanung, Landschaftsarchitektur) und in den letzten beiden Semestern des BA-Studiums Vertiefungsrichtungen anbietet. Die Forschungsorientierung ist dabei sicher zu stellen.

• im Master-Bereich zwei oder drei MA-Programme anzubieten, die auch als Reservoir für den eigenen wissenschaftlichen Nachwuchs dienen und auf die Forschungsthemen der HCU ausgerichtet sind.

• die Umstellung des MA-Studiengangs REAP auf einen weiterbildenden, gebührenpflichtig anzubietenden Studiengang zu prüfen. Er ist aufgrund seiner Konfiguration (berufliche Phase nach erstem Studienabschluss, englischsprachiges Angebot, internationale Ausrichtung) dazu aus Sicht der Kommission sehr gut geeignet.

6. Der Aufbau einer universitären Personalstruktur im Mittelbau ist unabdingbar. Bei freiwerdenden Professuren, die Gestaltungsspielraum bieten, weil sie nicht notwendigerweise nachbesetzt werden müssen, ist eine Umwandlung in Stellen für wissenschaftliche Mitarbeiter vorzusehen. Zugleich werden zusätzliche Ressourcen erforderlich werden, wenn das Volumen freiwerdender Professuren nicht ausreicht. Das ist sehr wahrscheinlich.

7. Eine weitergehende Unterstützung durch das Land sollte an die Anforderung gebunden sein, eine höhere Ausstattung mit wissenschaftlichen Mitarbeitern für forschungsstarke Professuren und Forschungspotential vorzusehen. Anbieten würde sich die Bildung eines Stellenpools, aus dem wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach forschungsorientierten Kriterien für Professuren zur Verfügung gestellt werden. Die Weiterentwicklung einer leistungsorientierten Mittelvergabe mit stärkerer Belohnung von inter- und transdisziplinären Forschungsaktivitäten im Sinne der HCU-Mission insbesondere bei der Zuweisung von zusätzlichen Mitteln für wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kann auf diese Weise sichergestellt werden.

8. Die Kommission empfiehlt dringend, die zu stark ausdifferenzierte Gremienstruktur an der HCU – einer der kleinsten deutschen Universitäten – auf ein Maß zu beschränken, das eine aktive Wahrnehmung der Rechte akademischer Selbstverwaltung ermöglicht, ohne zur systemischen Funktionsunfähigkeit zu führen. Sich selbstschaffende und ausgreifende Strukturen der Selbstverwaltung können die Vorteile einer kleinen Hochschule – kurze Entscheidungswege, schnelle Verfahren – ins Gegenteil verkehren.

9. Die Flächensituation erscheint der Kommission bei einer Status-Quo-Betrachtung grundsätzlich den Anforderungen zu genügen. Gleichwohl ist zu fragen, ob bei einer angestrebten höheren Forschungsintensität und einer Veränderung der Personalstruktur die räumlichen Voraussetzungen noch ausreichend sind. Die geplante Teil-Umnutzung von bestehenden Flächen kann hier Perspektiven eröffnen, bei entsprechender Entwicklung sollten fächerspezifisch geeignete Anmietungsoptionen im Umfeld der HCU berücksichtigt werden.

10. Zur weiteren Umsetzung und Konkretisierung der von der Expertenkommission gemachten Vorschläge wird die Einrichtung einer "HCU-Zukunftskommission" unter Leitung eines Präsidiumsmitgliedes empfohlen. Diese Kommission sollte u.a. bewusst aus Hochschullehrerinnen und Hochschullehrern mit einer längerfristigen Verbleibperspektive an der HCU sowie inter-/transdisziplinären Engagement im Sinne der HCU-Mission zusammengesetzt sein. Wichtige Aufgabe dieser wäre die Erarbeitung von Eckpunkten für eine Leitbild- und Forschungsstrategie.

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Die Kommission empfiehlt dem Land Hamburg bzw. der BWFG einen Beobachtungszeitraum von fünf bis sieben Jahren und sieht es als realistisch an, dass dann die Effekte und Auswirkungen einer im Sinne der Empfehlungen fokussierten Ausrichtung evaluiert werden können. Teil B: Ausgangslage

B.1 Entwicklung der HCU Die HafenCity Universität Hamburg (HCU), Universität für Baukunst und Metropolenentwicklung, wurde von der Freien und Hansestadt Hamburg zum 01.01.2006 durch die Zusammenführung von vier Fachbereichen aus drei Hamburger Hochschulen gegründet (Drs. 18/2683). Die HCU stellt eine Besonderheit in der Hochschullandschaft Hamburgs – aber auch darüber hinaus – dar, da sie in ihrem fachlichen Spektrum auf die Themen Baukunst und Metropolentwicklung ausgerichtet ist. In der damaligen Gründungsdrucksache war festgelegt worden, dass die HCU die Fächer der sie bildenden Einheiten – also Architektur, Bauingenieurwesen, Geomatik und Stadtplanung – grundsätzlich weiterführen soll. Vor allem aus der Kooperation der sich auf ihren gemeinsamen Kern besinnenden Fächer sollen Innovationen in Lehre, Forschung und Entwicklung erwachsen. Dabei gilt es, an die vorhandenen fachlichen Stärken anzuknüpfen. Technische, kreativ-künstlerische, stadtplanerische sowie sozioökonomische Kompetenzen sollen – entsprechend der zunehmenden Vernetzung der Ausbildungs- und Berufsfelder – gleichberechtigt nebeneinander stehen. Die Gründungsphase der neuen Hochschule war von einer Reihe von Schwierigkeiten begleitet, die das Zusammenwachsen der einzelnen Fachbereiche erschwerte, so z.B. unterschiedlicher Status und differierende Ausstattung der Professuren, die räumliche Verteilung auf vier Standorte und die Verzögerung bei der Erstellung des Neubaus für die HCU. In den ersten Jahren nach der Gründung wurden dennoch wichtige Weichen für die Entwicklung des eigenständigen Profils der neuen Universität gestellt, u.a. mit der Einführung der neuen Studiengänge Urban Design und Ressource Efficiency in Architectural Planning (REAP). Allerdings hat sich der erste Struktur- und Entwicklungsplan der HCU aus dem Jahre 2008 als nicht ausfinanziert erwiesen. In Reaktion darauf erhält die HCU neben der Grundzuweisung temporär bis zum Jahr 2020 zusätzliche Mittel zur Strukturanpassung aus Mitteln der BWF im Umfang von mittlerweile 3 Mio. Euro p.a. Die HCU verpflichtete sich im Gegenzug, wirksame Restrukturierungsmaßnahmen und eine Konsolidierung vorzunehmen. Wesentliche Ziele, die mit der Gründung der HCU verbunden waren, sollten damit auch unter den veränderten Rahmenbedingungen erreichbar sein: Die HCU bleibt eine interdisziplinär organisierte und agierende Hochschule, die die Chancen einer fächerübergreifenden Zusammenarbeit zwischen Architektur, Bauingenieurwesen, Geomatik und Stadtplanung nutzen kann. Sie wird weiterhin qualitativ hochwertige und innovative Bachelor- und Masterstudien anbieten, ein klares Profil in Forschung und Entwicklung entwickeln und sich in den Diskurs zu Baukultur, Stadtentwicklung und Perspektiven von Metropolen in Gegenwart und Zukunft einbringen (Drs. 20/6207). Vor diesem Hintergrund hat der Wissenschaftsrat im Januar 2016 seine Empfehlungen zur Weiterentwicklung der MINT-Bereiche an den Hochschulen des Landes Hamburg veröffentlicht. Bezogen auf die HCU kommt der WR zu dem Schluss, dass nicht ersichtlich sei, wie der Anspruch des Landes an hervorragende Forschungsleistungen und eine auskömmliche Breite und Tiefe in der Lehre im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten eingelöst werden kann.

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Der WR stellt dazu fest: „Das Land muss daher zeitnah klären, was es von der Hochschule in Lehre und Forschung erwartet und welche finanziellen und personellen Rahmenbedingungen gesetzt werden können, um diese Erwartungen zu erfüllen. Die Formulierung eines „Zukunftskonzepts HCU“ unter Bestimmung ihrer Position im Landeshochschulsystem sowie der Ressourcen und Entwicklungsmöglichkeiten ist von hoher Dringlichkeit, um für die Hochschule Bedingungen zu schaffen, die eine langfristige Planung und Entwicklung erlauben.“ (vgl. Empfehlungen zur Weiterentwicklung der MINT-Bereiche an den Hochschulen des Landes Hamburg, S. 160).

B.2 Status Quo der Fächer

B.2.1 Architektur (Bachelor und Master) Die Architektur an der HCU wird derzeit von 13,3 Professuren verantwortet. Sie bietet einen Bachelor-Studiengang mit 90 Studienanfängerplätzen (davon 4 aus HSP-II-Mitteln finanziert) und einen Master-Studiengang mit 50 Studienanfängerplätzen an. Im Wintersemester 2016/17 verzeichnete das Fach 93 Studienanfängerinnen und –anfänger im Bachelor (= 22% aller Studienanfänger in den Bachelor-Studiengängen an der HCU) und erreichte eine Auslastung von 103%. Im Master-Studiengang schrieben sich 68 Studierende neu ein, was 27% aller Studienanfänger in den Master-Studiengängen an der HCU entspricht. Die Auslastung im Master-Studiengang betrug damit 136%. Insgesamt sind aktuell 614 Studierende in der Architektur an der HCU eingeschrieben, davon 402 im Bachelor und 212 im Master. Damit studieren 27% der HCU-Studierenden in der Architektur. Nach einer Übersicht der HCU über die laufenden Projekte trägt die Architektur mit ca. 1% zu den Gesamteinnahmen der HCU aus Drittmitteln bei. In den Gesprächen im Rahmen der Begutachtung wurde von den Verantwortlichen hervorgehoben, dass sich die HCU-Architektur durchgehend und erfolgreich mit und an traditionsreichen Universitäten misst (Darmstadt, München, Hannover, Braunschweig, Stuttgart, Weimar, Dresden). Thematisch ergibt sich kein einheitliches Bild, an den Schnittstellen Stadt und Konstruktion wird die gesamte Vielfalt der Architektur bespielt. Als zukunftsträchtige Forschungsfelder werden benannt: „Transformative Strukturen“, z. B. die Umwandlung von Bürohäusern in Wohnungen unter Beteiligung freier Architekten, und „kostengünstiger Wohnungsbau“. Interdisziplinäres / hochschulübergreifendes Forschungspotential mit Schnittstellen zwischen Architektur, Bauingenieurwesen und Stadtplanung liegt zudem in den Feldern „Stadt am Wasser“, „Wachsende Stadt“, „Klima“. Aus der HafenCity als Stadtentwicklungsprojekt ergibt sich die Funktion des HCU-Gebäudes als Stadtlabor, in dem Veranstaltungen von außerhalb stattfinden und Technologien getestet werden. Das City Science Lab ist hierfür ein wesentlicher Kristallisationspunkt. Als interdisziplinäre Schnittstellen sollen sechs zusätzliche, zunächst auf sechs Jahre befristete halbe Professuren agieren, die nach einer Evaluation ggf. entfristet werden. Drei dieser Stellen sind inzwischen besetzt; bei der Auswahl wurde stark auf interdisziplinäre Forschungs- und Lehrkontexte geachtet. Für wissenschaftliche Mitarbeiter ist vor allem die Interdisziplinarität zwischen Architektur und BIW reizvoll, die an der HCU im Gegensatz zu anderen deutschen Hochschulen gelebt wird. Das ist u.a. in der Lehre sichtbar: Hier werden Tragwerkslehre im Entwurf gelehrt und disziplinenübergreifende Seminare angeboten (Wahlfach im MA).

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Aus Studierendensicht werden Forschungsprojekte zu wenig in die Lehre eingebunden. Positiv wird gesehen, dass die Bachelorausbildung breit angelegt ist und zum Master auch an anderen Hochschulen befähigt. Das Masterstudium hingegen ist vor allem durch den Standort Hamburg attraktiv, inhaltlich sollte es stärker profiliert werden, wie es in Ansätzen durch interdisziplinäre Projekte bereits geschieht. Auch die Lehrenden sind der Ansicht, dass das Masterstudium diesen Ansätzen entsprechend stärker für neue Veranstaltungsformen und Forschung geöffnet werden sollte. Gegenwärtig finden alle Absolventen eine Beschäftigung in der Praxis. Es gelingt nicht, genügend hochqualifizierte Absolventen für Lehre und Forschung zu finden. Seit Gründung der HCU kooperieren Architektur und Bauingenieurwesen eng miteinander. Der gemeinsam bestrittene studentische Schinkel-Wettbewerb wurde in den letzten Jahren stets gewonnen. In der Forschung läuft erstmalig ein gemeinsames Projekt aus der von Hamburg geförderten Landesforschung (Architektur mit Bauingenieurwesen „Großprojekte als Innovationstreiber in der Bauwirtschaft“). Großes Kooperationspotential wird auch mit der Stadtplanung gesehen, übergreifende Lehrprojekte könnten sich bei angemessener Ausstattung zu Forschungsprojekten weiterentwickeln. Bereits jetzt wird ein gemeinsames Studio genutzt; in Kürze werden fünf gemeinsame Masterprojekte von Architektur, Stadtplanung und Urban Design aufgelegt. Die 25 Promotionsvorhaben sind nahezu durchgehend interdisziplinär gehalten, z.B. im Bereich „schwimmende Architekturen“. Geplant wird gegenwärtig ein „Innovationscluster Holzbau“ gemeinsam mit der TUHH und der UHH. Zwei EU-Skizzen wurden eingereicht, ein Projekt aus der Landesforschungsförderung läuft mit der HAW (Federführung) und dem UKE („Gesunde Quartiere“). Stärker genutzt werden soll die traditionelle Zusammenarbeit der Fachrichtung Architektur mit Stiftungen. Schon jetzt nehmen Behörden und die HafenCity GmbH die HCU als interessanten Kooperationspartner wahr.

B.2.2 Bauingenieurwesen (Bachelor und Master) Das Bauingenieurwesen der HCU wird derzeit von 11 Professuren verantwortet. Es bietet einen Bachelor-Studiengang mit 120 Studienanfängerplätzen und einen Master-Studiengang mit 50 Studienanfängerplätzen an. Aufgrund der hohen Nachfrage nach Bauingenieuren hat die HCU in Abstimmung mit der zuständigen Behörde 34 zusätzliche Studienanfängerplätze im Bachelor-Studiengang geschaffen. Im Wintersemester verzeichnete das Fach 153 Studienanfängerinnen und –anfänger im Bachelor (= 37% aller Studienanfänger in den Bachelor-Studiengängen an der HCU) und erreichte eine Auslastung von 128%. Im Master-Studiengang schrieben sich 48 Studierende neu ein, was 19% aller Studienanfänger in den Master-Studiengängen an der HCU entspricht. Die Auslastung im Master-Studiengang betrug damit 96%. Insgesamt sind aktuell 594 Studierende im Bauingenieurwesen an der HCU eingeschrieben, davon 468 im Bachelor und 126 im Master. Damit studieren 26% der HCU-Studierenden im Bauingenieurwesen. Nach einer Übersicht der HCU über die laufenden Projekte trägt das Bauingenieurwesen, obwohl es andernorts eine drittmittelstarke Fachrichtung ist, mit ca. 10% zu den Gesamteinnahmen der HCU aus Drittmitteln bei. In den Gesprächen im Rahmen der Begutachtung wurde von den Verantwortlichen der interdisziplinäre / fächerübergreifende Ansatz der HCU hervorgehoben, der auch im Bauingenieurwesen strukturell und fachlich gelebt wird.

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Strukturell ist der Studiengang auf universitäre Standards ausgerichtet (wissenschaftlich fundiert), soll aber eine gute FH-Tradition in der Lehre auch beibehalten (praxisorientierte Ausrichtung). Das Master-Studium ist zur Aneignung vertieften wissenschaftlichen Wissens ausgelegt. Ein Spezifikum des Bauingenieurwesens an der HCU bildet der gestalterische Aspekt, wobei das Bachelorstudium eher grundlagenorientiert und disziplinär, das Master-Studium interdisziplinär und vertiefend vorgeht. Im Bachelor-Studium wird disziplinär-gestalterisch und damit auch kompetenzüberschreitend gearbeitet. Damit werden Elemente eingebracht, die in traditioneller Ingenieurausbildung nicht den Raum einnehmen. Generell wird es aber als wesentlich erachtet, auch die Kernkompetenzen zu bewahren und zu stärken. Der Kontakt zum Bauingenieurwesen an der TUHH besteht bis jetzt mehr in Abgrenzung als in Zusammenarbeit: Das Potential für Zusammenarbeit ist seitens der HCU gegeben und es gibt einige neue „zarte Pflänzchen“, die für die Zukunft ausgebaut werden sollten. Einige Denominationen des Bauingenieurwesens gibt es nur an der HCU nicht an der TUHH und zwar solche, die das gestalterische Profil herausbilden. Die Kooperation läuft, insbesondere seit den Neuberufungen an der HCU neu an – z.B. bei der Gerätenutzung, bei der die HCU von den besseren Bedingungen an der TUHH profitieren kann. In Einzelfällen funktioniert z. B. gemeinsame Labornutzung auf Basis guter persönlicher Kontakte zwischen den Lehrenden an HCU und TUHH. Die Kooperation könnte deutlich gesteigert werden zum Wohl beider Institutionen.

B.2.3 Stadtplanung (Bachelor und Master) Die Stadtplanung an der HCU wird derzeit von 8 Professuren verantwortet. Sie bietet einen Bachelor-Studiengang mit 70 Studienanfängerplätzen (davon 10 aus Hochschulpakt-II-Mitteln finanziert) und einen Master-Studiengang mit 35 Studienanfängerplätzen an. Im Wintersemester 2016/17 verzeichnete das Fach 73 Studienanfängerinnen und –anfänger im Bachelor (= 17% aller Studienanfänger in den Bachelor-Studiengängen an der HCU) und erreichte eine Auslastung von 104%. Im Master-Studiengang schrieben sich 42 Studierende neu ein, was 16% aller Studienanfänger in den Master-Studiengängen an der HCU entspricht. Die Auslastung im Master-Studiengang betrug damit 120%. Insgesamt sind aktuell 493 Studierende in der Stadtplanung an der HCU eingeschrieben, davon 322 im Bachelor und 171 im Master. Damit studieren 21% der HCU-Studierenden in der Stadtplanung. Nach einer Übersicht der HCU über die laufenden Projekte trägt die Stadtplanung mit ca. 59% zu den Gesamteinnahmen der HCU aus Drittmitteln bei. In den Gesprächen im Rahmen der Begutachtung wurde von den Verantwortlichen erläutert, dass in der Lehre die Verankerung von mono- und interdisziplinären sowie kooperativen Projekten im Curriculum eine besondere Eigenschaft der Fachrichtung bildet, die weit über das Angebot anderer TUs hinausgeht. In der Forschung sind daher Einrichtungen wie z. B. „Reallabore“ als Format an der HCU weitaus selbstverständlicher als anderswo. Leitend ist die Frage, wie sich der seit der Gründung angelegte „Typ der Profiluniversität“ tatsächlich stärker leben lässt: die entsprechenden Strukturen sind vorhanden bzw. mindestens angelegt. Forschungsfelder ergeben sich aus dem disziplinübergreifenden Grundansatz am internationalen Metropolstandort Hamburg. Als wesentliches, zukunftsträchtiges Forschungsfeld wird die Verflechtung Stadt – Land gesehen. Hierzu bietet die Stadtplanung eine zehnjährige Forschungserfahrung mit Modellen; für die Zukunft leitend ist die Frage, wie ländliche Regionen von Metropolen profitieren können, indem Polarisierungen und Verarmungstendenzen kooperativ entgegengewirkt wird. Ebenfalls interessant erscheint ein Knoten „Urbanization and transformation in developing countries“, der über die Grenzen der EU hinaus zu denken ist.

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Aus Studierendensicht ist spürbar und zurzeit Qualität gefährdend, dass mehrere Professuren ausgelaufen sind. Die Querschnitts- und gemeinsamen Grundlagenmodule sorgen gelegentlich für Organisationsschwierigkeiten; dies bessert sich in den höheren Semestern, ebenso wie die interdisziplinäre Zusammenarbeit in Projekten. HCU-intern ist das Bauingenieurwesen der wichtigste Kooperationspartner; mit der Architektur verstärkt sich die Zusammenarbeit seit Antritt der neuen Professuren, zudem hat die Stadtplanung selbst eine Architektin sowie einen Innovationsmanager im Team. Insbesondere zum Thema Stadt / Landschaft soll zusammengearbeitet werden. Am Standort Hamburg gibt es intensive Verknüpfung mit dem Exzellenzcluster Klima. Das Netzwerk mit der UHH bietet eine große Chance für die HCU als Kooperationspartner, die auch am Folgeantrag im Exzellenzwettbewerb beteiligt ist. Zwei Forscher sind derzeit als Co-Sprecher von Unterthemen eingebunden: Governance sowie Klimaanpassung in der Stadt (Quartier) und Stadt-Land-Bezüge in Kooperation mit einer Meteorologin und einer Geographin der UHH. In der Landesforschungsförderung läuft das Projekt „Gesunde Quartiere“ gemeinsam mit dem UKE und der HAW; auch die Zusammenarbeit mit der UHH funktioniert gut, die mit der TUHH gestaltet sich weniger intensiv. Auf EU-Ebene läuft u.a. das Projekt „Circular City“, das sich mit Stoffkreisläufen in Städten / Regionen befasst, in enger Vernetzung mit den Niederlanden (Amsterdam / Delft). Im Blick gehalten werden die Entwicklungen um Horizon 2020. Beteiligt ist die SP außerdem an dem Projekt „Smart City“. Intern ermöglicht das City Science Lab mit seinen vielfältigen Anwendungen eine Bearbeitung vieler Themen durch Architektur, Kultur der Metropole und Geomatik; dies sollte ausgebaut und noch stärker genutzt werden. Extern wird aufgrund der geringen Größe der HCU der Aufbau eines Netzwerks als wesentlich angesehen und betrieben.

B.2.4 Geomatik (Bachelor und Master) Die Geomatik der HCU wird derzeit von 6 Professuren verantwortet. Sie bietet einen Bachelor-Studiengang mit 45 Studienanfängerplätzen (davon einer aus HSP-Mitteln finanziert) und einen Master-Studiengang mit 30 Studienanfängerplätzen an. Im Wintersemester 2016/2017 verzeichnete das Fach 50 Studienanfängerinnen und –anfänger im Bachelor (= 12% aller Studienanfänger in den Bachelor-Studiengängen an der HCU) und erreichte eine Auslastung von 111%. Im Master-Studiengang schrieben sich 36 Studierende neu ein, was 14% aller Studienanfänger in den Master-Studiengängen an der HCU entspricht. Die Auslastung im Master-Studiengang betrug damit 120 %. Insgesamt sind aktuell 248 Studierende in der Geomatik an der HCU eingeschrieben, davon 131 im Bachelor und 117 im Master. Damit studieren 11 % der HCU-Studierenden in der Geomatik. Nach einer Übersicht der HCU über die laufenden Projekte trägt die Geomatik mit ca. 1 % zu den Gesamteinnahmen der HCU aus Drittmitteln bei.1

1 Die Kommission hat eine von der HCU zur Verfügung gestellte Liste der laufenden Drittmittelprojekte herangezogen und um Einnahmen bereinigt, die nicht in unmittelbaren Zusammenhang zur Forschung standen, insbesondere Einnahmen aus dem Qualitätspakt Lehre.

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In den Gesprächen im Rahmen der Begutachtung beschrieben die Verantwortlichen die Geomatik als „klassisch“ aufgestellt. Das Studienprogramm wird in Kürze in „Geodäsie und Geomatik“ umbenannt, wie es an Universitäten üblich ist. Mit Fokus auf die Küstenregion werden stadtplanerische, klimatische, ozeanographische und gesellschaftliche Aspekte berücksichtigt. Eine Besonderheit des Masterstudiengangs liegt im deutschland- und europaweit einzigartigen Master-Schwerpunkt Hydrographie, der englischsprachig angeboten und zu 50% von ausländischen Studierenden belegt wird. Ein Spezialthema bildet die journalistische Kartographie, die Geodaten lesertauglich aufbereitet, beispielsweise mit Infografiken in Tageszeitungen. Den besonderen Ansprüchen an verständliche, aber umfassend aufbereitete Informationen möchte man dabei gerecht werden. Etwa ein Drittel der Masterstudierenden kommt aus der HCU. Innerhalb der HCU besteht Kontakt zu allen anderen Studienprogrammen, v.a. zur Stadtplanung – in der Lehre und über ein Projekt „Fernwärme“ – und zur Architektur (Bestandsdokumentation, Laserscanning). Zum BIW besteht eine klassische Schnittstelle über Vermessungsthemen (gem. einführende Lehrveranstaltungen). Man verfügt über „gewachsene Beziehungen zwischen den Fächern über die Menschen“. Auf nationaler Ebene ist die Geomatik sehr gut vernetzt, schon weil es deutschlandweit nur 8 Studiengänge gibt. Für die journalistische Kartographie arbeitet man mit Kooperationspartnern (Spiegel Online, Morgenpost) zusammen; Förderung durch die VW-Stiftung). In Hamburg bestehen darüber hinaus Kontakte zu TUHH, HAW, Landesbetrieb Geoinformationen, Ingenieurbüros und weiteren Behörden. Der Geomatik kam im Projekt Finding Places mit dem City Science Lab eine technische Rolle zu.

B.2.5 Kultur der Metropole Das Programm „Kultur der Metropole“ an der HCU wird derzeit von 4,75 Professuren verantwortet. Es bietet einen Bachelor-Studiengang mit 45 Studienanfängerplätzen an (davon 1 aus HSP-II-Mitteln finanziert). Im Wintersemester 2016/17 verzeichnete das Fach 49 Studienanfängerinnen und –anfänger im Bachelor (= 12% aller Studienanfänger in den Bachelor-Studiengängen an der HCU) und erreichte eine Auslastung von 109%. Insgesamt sind aktuell 145 Bachelor-Studierende in „Kultur der Metropole“ an der HCU eingeschrieben. Damit studieren 6% der HCU-Studierenden in „Kultur der Metropole“. Nach einer Übersicht der HCU über die laufenden Projekte trägt „Kultur der Metropole“ mit ca. 11% zu den Gesamteinnahmen der HCU aus Drittmitteln bei. Gemäß den Gesprächen mit den Verantwortlichen im Rahmen der Begutachtung ist „Kultur der Metropole“ als einziger wissenschaftlicher Studiengang in Deutschland auf das Thema Stadt ausgerichtet. Der Studiengang war zunächst als MA-Studiengang geplant worden, wurde dann aber aus strukturellen Gründen als BA eingeführt. Heute wird der fehlende Master als Einschränkung mit Blick auf die Forschung gesehen. Deshalb sind die MA-Studiengänge Urban Design oder Stadtplanung sehr wichtig für den wiss. Nachwuchs des Studienprogramms. Forschungsprojekte werden häufig mit externen Studierenden besetzt. In „Kultur der Metropole“ ist der Zusammenhang von Technik und Kulturwissenschaften grundlegend implementiert. „Stadt“ wird aus kultureller Perspektive sowie bzgl. Marketing, Tourismus und Planung in den Blick genommen. Bauliche Fragen werden zugleich technisch, kulturell, ästhetisch, gestalterisch und konstruktiv betrachtet. Als zusätzliches Handwerk wird Projektmanagement vermittelt. In der Lehre und in Projekten greifen Theorie und Kunst anwendungsorientiert ineinander, die Studierenden werden im Schnittstellendenken ausgebildet. Von studentischer Seite wird die Praxisorientierung und Spezialisierung des Studiengangs sehr positiv eingeschätzt.

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Das Programm versteht sich als grundlegend interdisziplinär und ist daher geprägt durch die Zusammenarbeit mit anderen Disziplinen und Praxispartnern. An der HCU wird mit allen Studiengängen kooperiert. Zum Beispiel gibt es ein gemeinsames Brückenprojekt mit dem BIW und der Schweiz sowie das Projekt „Kulturhauptstadt Marseille“ mit der Stadtplanung, das sich mit der Rolle von Kulturinstitutionen für Städte am Beispiel der Elbphilharmonie befasst. Am Projekt „Finding Places“ war Kultur der Metropole ebenfalls beteiligt. Problematisch ist die Zusammenarbeit mit der TUHH, was sich allerdings in letzter Zeit verbessert (Beispiel: hochschulübergreifende Zusammenarbeit bei der Informatikplattform ahoi.digital).

B.2.6 Urban Design Der Studiengang Urban Design der HCU wird derzeit von 1,5 Professuren verantwortet. Er bietet einen Master-Studiengang mit 28 Studienanfängerplätzen an. Im Wintersemester 2016/2017 schrieben sich im Master-Studiengang 30 Studierende neu ein, was ca. 12 % aller Studienanfänger in den Master-Studiengängen an der HCU entspricht. Die Auslastung im Master-Studiengang betrug damit 107 %. Insgesamt sind aktuell 90 Studierende in Urban Design an der HCU eingeschrieben. Damit studieren ca. 4 % der HCU-Studierenden im Bereich Urban Design. Nach einer Übersicht der HCU über die laufenden Projekte trägt Urban Design mit ca. 1 % zu den Gesamteinnahmen der HCU aus Drittmitteln bei. Gemäß den Gesprächen mit den Verantwortlichen im Rahmen der Begutachtung versteht das Studienprogramm seine Kleinheit als Chance. Unterschiedliche Sichtweisen klären sich im direkten Austausch, man arbeitet aus sich selbst heraus. Das Ziel besteht darin, Urban Design als eigenen Profilbegriff zu etablieren, sodass er nicht mehr als ‚Anhängsel‘ der Architektur wahrgenommen wird. Die Studierenden kommen auch aus KdM, aber mehr aus anderen deutschen Standorten als aus Hamburger Hochschulen. Über die Zulassung wird weniger formal als nach der Fähigkeit zur Problemwahrnehmung und der Motivation entschieden, wie denn überhaupt die Motivbildung das zentrale Denk- und Lernmodell des Studiengangs darstellt. Das Programm ist nach eigenem Verständnis zwischen Architektur und Planung angesiedelt. Schon das erste Semester steht unter einem übergeordneten Thema als Leitmotiv (Beispiel: „Luxus“), das dann aufbauend auf den unterschiedlichen disziplinären (Vor-)Kenntnissen der Studierenden bearbeitet wird: Die Studierenden stammen aus Architektur, Stadtplanung, Soziologie und weiteren Fachrichtungen, was die Verständigung über Begriffe aus studentischer Sicht zu einem anstrengenden, aber intensiven und lehrreichen Prozess macht.

B.2.7 Resource Efficiency in Architecture and Planning (REAP) Der Studiengang REAP der HCU wird derzeit von 1 Professur verantwortet. Er bietet einen Master-Studiengang mit 28 Studienanfängerplätzen an. Im Wintersemester 2016/2017 schrieben sich im Master-Studiengang 32 Studierende neu ein, was 12,5 % aller Studienanfänger in den Master-Studiengängen an der HCU entspricht. Die Auslastung im Master-Studiengang betrug damit 114 %. Insgesamt sind aktuell 114 Studierende in REAP an der HCU eingeschrieben. Damit studieren ca. 5 % der HCU-Studierenden im Bereich REAP.

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Nach einer Übersicht der HCU über die laufenden Projekte trägt REAP mit ca. 17 % zu den Gesamteinnahmen der HCU aus Drittmitteln bei. Gemäß den Gesprächen mit den Verantwortlichen im Rahmen der Begutachtung begreift sich das Studienprogramm als Antwort auf die Frage nach dem Profil der HCU, da es seit Gründung besteht, aus allen drei abgebenden Hochschulen gebildet wurde und per se interdisziplinär angelegt ist. Zentrales Merkmal ist die Zuspitzung des Themenfeldes Bauen / Planen / Marktanalyse auf Ressourceneffizienz; gelehrt wird der Umgang mit technischen Lösungen (Entwerfen, Energie, Materialien) in Verbindung mit sozioökonomischen Kontexten, wobei der Planungs- gegenüber dem Designaspekt überwiegt: Umweltthemen liegen eher hier als in der Architektur. Während Entwerfer zu UD tendieren, ist REAP daher eher für Planer interessant; hieraus entstehen zahlreiche Forschungsimpulse. Weiteres Kennzeichen des Programms ist seine Internationalität: REAP wird auf Englisch unterrichtet, 90% der Studierenden stammen aus dem Ausland, außer Australien sind alle Kontinente vertreten. Eigene HCU-Absolventen gibt es praktisch nicht, da REAP nur als Master angeboten wird. Auf die 28 Plätze bewerben sich ca. 100 Personen. Für die Annahme wird der Umgang mit Lehrinhalten geprüft; verlangt wird zudem eine mindestens sechsmonatige Berufserfahrung. REAP versteht sich als Interdisziplinarität per se: Inhaltlich sind im Programm alle Fachrichtungen der HCU abgebildet – ‚vom Maßstab bis zum Quartier‘. Kooperiert wird hauptsächlich mit Architektur, Bauingenieurwesen und Stadtplanung. 2/3 der Studierenden kommen aus der Architektur, zudem sind Soziologen, Planer, Bauingenieure und vereinzelt Juristen vertreten. Zusammenfassend sind die Architektur und das Bauingenieurwesen die Studiengänge, die die meisten Studierenden im BA betreuen, gefolgt von der Stadtplanung. Bezogen auf die Gesamtstudierendenzahl stellen die Architektur und das Bauingenieurwesen 27 bzw. 26 Prozent, gefolgt von einem Anteil von 21 Prozent Studierenden in der Stadtplanung. Der Anteil der Studierenden in der Geomatik beträgt 11 Prozent. In der Stadtplanung und in der Architektur ist das Verhältnis zwischen Bachelor- und Masterstudierenden mit ungefähr 2:1 relativ ausgeglichen, während im Bauingenieurwesen ein Übergewicht im Bereich Bachelor-Studierenden auffällt. Auffallend ist, dass der Studiengang „Kultur der Metropole“ nur Bachelorstudierende ausbildet bei gleichzeitig einem Anteil der dort tätigen Professorinnen und Professoren und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von 11 Prozent an der Drittmitteleinwerbung. Erstaunlich ist der geringe Anteil von 1 Prozent an der Drittmitteleinwerbung in der Geomatik bei relativ hohem Anteil an Professorinnen und Professoren und moderater „Belastung“ an der Lehre. Urban Design betreut mit 1,5 Professuren 12 Prozent der Masterstudierenden, hat einen ein-prozentigen Anteil an der Drittmitteleinwerbung; das ist im Verhältnis zu der Stadtplanung mit nahezu 60 Prozent an der Drittmitteleinwerbung zu nennen. Die Alleinstellung von Urban Design ist der Kommission nicht nachvollziehbar gewesen.

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Teil C: Empfehlungen C.1 Entwicklung und Potentiale

Die Gründungsphase der HCU seit dem Jahr 2006 war aufgrund der enormen Veränderungen im Personalkörper (u.a. Abbau von 87 Professuren auf heute 47 Professuren, weitreichende personelle Veränderungen im Bereich des technischen und Verwaltungspersonals), der Heterogenität der aus Fachhochschul- und Universitätsprofessuren bestehenden Professorenschaft, ihrer Zusammenführung aus einer Fachhochschule, einer künstlerischen Hochschulen und einer Technischen Universität sowie der verzögerten Fertigstellung des Neubaus als identitätsbildendem neuen Ort der gemeinsamen Hochschule durch große Herausforderungen geprägt. Finanzielle Fehlentwicklungen belasteten das Zusammenwachsen zusätzlich und konnten erst mit einem anspruchsvollen Restrukturierungsprozess korrigiert werden, der der Hochschule weitere strukturelle Veränderungen abverlangte und der seitens des Hamburger Senats finanziell unterstützt wird. Die Kommission sieht die Grundidee der HCU-Gründung, die baubezogene akademische Ausbildung in Hamburg in einer Institution zu bündeln, auch für die Zukunft als tragfähig an. Sie schließt sich dem Votum des Wissenschaftsrates an, der die Gründung der HCU durch die Verbindung der Fachbereiche Architektur, Bauingenieurwesen und Geomatik der HAW mit der Architektur der HfBK und der Stadtplanung der TUHH als fachlich plausibel bezeichnet hat. So wurden grundsätzlich gute Voraussetzungen für die interdisziplinäre Zusammenarbeit der an die HCU überführten Fachgebiete in Forschung und Lehre geschaffen. Das Gründungsziel, international sichtbare Forschung und Reputation durch eine Universität besonderen Fächerzuschnitts und in interdisziplinärer Kooperation zu erlangen, konnte sie jedoch bisher nicht erreichen. Daher hat der Wissenschaftsrat auch angemahnt, die wissenschaftspolitische Zielsetzung neu zu justieren, um eine machbare Entwicklungsperspektive zu eröffnen. Die geringe Größe der HCU ist nur dann nicht als unterkritisch wirksam, wenn es systematischer gelingt fächerübergreifend gemeinsam und arbeitsteilig zu forschen. Das erfordert eine Verpflichtung der neu zu Berufenden auf ein entsprechendes Leitbild der HCU, welches es neu zu erfinden gilt. Dann muss die Größe von ca. 50 Professuren aus Sicht der Kommission kein Nachteil sein, da sie eine Zusammenarbeit zwischen „Experten“ essentiell macht und bei der täglichen Praxis des Miteinanders das Zusammenwachsen der unter einem Dach zusammengefassten Disziplinen stärkt. Nur in diesem Zusammenwirken kann die Hochschule ein unverwechselbares Profil ausbilden, das sie benötigt, um als Ausbildungs- wie Forschungsinstitution auf universitärem Niveau konkurrenzfähig zu werden. Die Kommission sieht daher die Chance wie die Notwendigkeit, in den kommenden Jahren noch bestehende Entwicklungsdefizite der HCU abzubauen. Sie konnte im Rahmen ihrer Gespräche an der HCU gerade auch bei neuberufenen Professorinnen und Professoren von außen feststellen, dass die Idee der HCU-Gründung als „anderer Universität“ – thematisch fokussiert, interdisziplinär aufgestellt, von überschaubarer Größe – einen außerordentlichen Reiz hat für junges, neues Personal, das eine Universität besonderer Art mit gestalten will. Wie diese Akzeptanz und Wertschätzung in der Wissenschaftsgemeinschaft für die Zukunft zu pflegen und ihr angemessene Bedingungen eingeräumt werden können, sieht die Kommission als eine vielschichtige Aufgabe, die sowohl seitens des Landes als auch seitens der Hochschulleitung geeignete, wissenschaftsadäquate Anreizstrukturen erfordert, andererseits aber auch in den Blick nimmt, dass bisher – bis auf Ausnahmen – die Schwierigkeiten aller Universitäten bei der interdisziplinären Kooperation bestehen. Auch hier an der HCU war im Rahmen der Anhörungen Abgrenzung und Sicherung der eigenen Fachgebiete zu beobachten.

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Das ist Hochschulsystemen inhärent, gleichwohl sollte jetzt gerade der Elan und das Engagement einer neuen Generation von HCU-Angehörigen – das schließt neben der Professorenschaft ausdrücklich auch die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, das technische und Verwaltungspersonal und nicht zuletzt die Studierenden mit ein –, die auf den Leistungen ihrer Vorgängerinnen und Vorgänger aufbauen kann, unbedingt genutzt werden. Um die Potentiale zu heben bedarf es

• innerhalb der HCU der Bearbeitung und Aufstellung einer • wissenschaftsädaquaten Strategie- und Leitbildentwicklung • systematischen Forschungsförderung • Justierung des Lehrangebots.

• seitens des Landes der

• strukturellen Anhebung der finanziellen Ressourcen, schrittweise um 20 Prozent vom

derzeitigen Grundbudget ausgehend als Steuerungsinstrument des Landes Hamburg • Etablierung eines „Zentrums für Metropolforschung“ an der HCU in Abstimmung mit den

Landesbehörden, anderen Hochschulen und weiteren Akteuren • Prüfung einer Anpassung des Lehrangebotes mit dem Ziel, Ressourcen in die Forschung

umzuschichten (z.B. über Entlastungskontingente für die Forschung) • Regelung des künftigen Entwicklungsrahmens in Zielvereinbarungen.

C.2 Strategie und Leitbild

Die Kommission sieht eine noch konsequentere Formulierung einer mit einem klaren Leitbild verbundenen Strategie als erforderlich an. Die HCU muss durch ihr Profil, ihre Mission, ihre Interdisziplinarität, ihre Anwendungsnähe und ihren Standort (incl. ihrer Einbettung in die Metropolregion Hamburg) eine Attraktivität für Studierende wie für Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer entwickeln, die sie trotz relativ geringerer Ressourcen-Ausstattung zu einer attraktiven Plattform für die Erprobung und Etablierung neuer Forschungsformen macht. Die Chancen, ein überzeugendes und attraktives Narrativ für diese Universität an diesem Ort zu erfinden, sieht die Kommission als sehr gut an. Deshalb ist an der weiteren Ausrichtung auf ein inter-/transdisziplinäres und missionsorientiertes Profil der Hochschule zu arbeiten und ein prägnantes Leitbild als Orientierungshilfe im Sinne dieser Mission zu entwickeln. Aus Sicht der Kommission sollten insbesondere jene Kolleginnen und Kollegen mit einer längerfristigen Entwicklungsperspektive an der HCU sowie einem klaren Bekenntnis zum transdisziplinären Profil der Hochschule in den Prozess eingebunden werden. Sie müssen die Strategie der Hochschule in besonderer Weise verkörpern und mittragen. Die strategische Ausrichtung der HCU sollte sich der besonderen Größe und der flachen Hierarchie anpassen. Ein inter- und transdisziplinäres Profil in Aktion zu bringen, erfordert, die internen Prozesse der Hochschule zielgerichtet so zu organisieren, dass sich (moderiert) Chancen und Gelegenheiten für die HCU frühzeitig identifizieren lassen, um sie dann in Profilierung durch Projekte umzusetzen und zu nutzen. Dies wird am Beispiel des Projektes „City Science Lab“ deutlich, das in Verbindung zu bringen war mit dem Wunsch der Stadt Hamburg, die Suche und Bewertung von potentiellen Standorten für Flüchtlingsunterkünfte in einem partizipativen Prozess zu organisieren unter dem Titel „Finding Places“. Dazu bedarf es spezifischer Formate, z.B. indem Stakeholder regelmäßig zusammengebracht werden, um angewandte Forschungsfragen passgenau auszurichten.

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Dieser Prozess benötigt ferner eine Rückkopplung in die HCU mit der die dadurch „zufällig“ gesammelten Prioritäten objektiviert und auf ihre Strategierelevanz für die HCU überprüft werden. Dieser Aspekt ist aus Sicht der Kommission deshalb so wichtig, weil sie eine besondere Chance in der thematischen Ausrichtung auf Metropolregionen wie Hamburg sieht, deren Zukunftsfragen sie Disziplinen übergreifend bearbeiten kann. Dabei ist die Etablierung entsprechender weiterer Labs oder Integrated Research Areas sowie eines Metropolen-weiten Datenraums als Grundlage für zunächst einmal die Hamburg-bezogene Forschung vorstellbar. Die Einbeziehung von gesellschaftlichen Akteuren in den Prozess der Ergebniserarbeitung ist herausfordernd, aber auch hoch aktuell.

C.3 Forschung Bei der Entwicklung eines Leitbildes und einer damit verbundenen Strategie sollte die Operationalisierung im Bereich der Forschung ein wesentlicher Fokus sein. Denn die Kommission sieht die noch bestehende Schwäche der HCU in der Forschung als wesentliches Manko ihrer bisherigen Entwicklung an. Die Hochschule hat noch kein stimmiges und interdisziplinäres Forschungsprofil entwickeln können. Dieser Befund des Wissenschaftsrates hat sich aus Sicht der Kommission auch im Rahmen der aktuellen Begutachtung bestätigt. Die Drittmitteleinnahmen pro Professur bewegen sich auf sehr niedrigem Niveau. Vor allem Landes- und Bundesministerien gehören zu den Drittmittelgebern. Es sind nur geringe Erfolge in dem für die Reputation und Akzeptanz in der Wissenschaftsgemeinschaft wichtigen kompetitiven Verfahren bspw. der DFG zu verzeichnen. Innerhalb der Disziplinen trägt die in universitärer Tradition stehende Stadtplanung am meisten zu den Drittmitteleinnahmen bei. Die Kommission ist allerdings überzeugt, dass nicht nur der noch nicht abgeschlossene Umstellungsprozess der HCU von einer maßgeblich auf Fachhochschulstrukturen basierenden Einrichtung hin zu stärker universitären Strukturen für die Forschungsschwäche verantwortlich gemacht werden kann. Zum einen ist dieser Prozess nahezu abgeschlossen und die große Mehrzahl an neuberufenen oder übergeleiteten Professuren arbeitet im Status von Universitätsprofessuren. Zum anderen werben nur wenige Professorinnen und Professoren den weit überwiegenden Teil an Drittmitteln der HCU ein; die HCU muss aber auch in der Breite stärkere Forschungsaktivitäten entfalten. Und schließlich gibt es nur wenige interdisziplinäre Forschungsaktivitäten, die mit dem besonderen Profil der HCU einhergehen und eine überzeugende innovative Lücke im Forschungsspektrum deutscher Hochschulen ausmachen können. Die Kommission erkennt dabei ausdrücklich die von der Hochschulleitung und den Professorinnen und Professoren der HCU initiierten Schritte bei der Formulierung eines Forschungskonzepts an, das nach Abstimmung aller Bereiche der HCU in einer Entwurfsfassung vorliegt. Der Konzeptentwurf erscheint der Kommission allerdings noch nicht stringent genug, um Themen („Nischen“) zu identifizieren und weiter zu entwickeln, die das besondere Profil der HCU auch in der Forschung abbilden können. Daher empfiehlt sie die bereits erwähnte Zukunftskommission, um den Leistungsträgern eine Chance zu geben, ihre Zukunft zunächst unabhängig von Gremienstrukturen mit zu gestalten. Aus Sicht der Kommission sind die interdisziplinären und transdisziplinären Forschungsanstrengungen im Sinne der zu entwickelnden Universitätsmission zu stärken. Dazu gehört einerseits eine thematische Konkretisierung im von der HCU schon im Hochschulnamen benannten Spektrum von „Baukunst und Metropolenentwicklung“. Die HCU benötigt ein verbindendes „Dachthema“, das einerseits breit genug ist, um identitätsbildend für die in der Universität vereinten Disziplinen zu wirken und das andererseits konkret genug und damit handlungsorientierend für die Ausrichtung auf eine interdisziplinär angelegte Forschungsagenda ist.

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Die Kommission schlägt daher vor, das Dach-Thema „Metropolenforschung“ in den Mittelpunkt der Überlegungen zu rücken. Das Thema ist geeignet, allen in der HCU vertretenen Disziplinen eine Mitwirkung und Einbindung zu ermöglichen. Zugleich erfordert es auch, innerhalb dieses breit gewählten Ansatzes HCU-spezifische Schwerpunkte zu setzen – aus Gründen der wettbewerblichen Abgrenzung zu anderen Hochschulen und Hochschulverbünden, die sich in Deutschland bereits mit diesem Thema beschäftigen. Hier muss die HCU zunächst für sich selbst herausarbeiten, was ihr spezifischer Beitrag und ihre Fragestellungen im Bereich „Metropolenforschung“ in der Zukunft sein können. Zum zweiten erfordert dieser Schritt die HCU-interne Koordination und Vernetzung zwischen allen Disziplinen, um diese möglichst weitgehend einzubeziehen in eine profilbildende Schwerpunktsetzung. Die Kommission empfiehlt zur Unterstützung, ein interdisziplinär angelegtes Promotionskolleg zunächst innerhalb der HCU aufzubauen, das auf Ebene des wissenschaftlichen Mittelbaus einen größeren Pool von Nachwuchswissenschaftlern aufbaut und überlappende Forschungsfragen generiert. Drittens sollte die Themenbearbeitung so gewählt werden, dass sie automatisch die universitären und darüber hinausgehenden Akteure am Standort Hamburg bzw. der Metropolregion einbezieht. Denn aus Sicht der Kommission ist gut vorstellbar, dass die HCU ein hochschulübergreifendes „Zentrum für Metropolforschung“ (Arbeitstitel) gründet. Damit sollen interne und externe Kooperationszusammenhängen zur Stärkung der Drittmittelfähigkeit in diesen Bereichen (unterstützt durch zusätzliche Mittelbau-Ressourcen, s.u.) aufgebaut werden.

C.4 Kooperationen Für die HCU ergeben sich in dem Themenfeld Metropolenforschung erhebliche (Forschungs-)Kooperationspotentiale sowohl im universitären als auch im städtischen bzw. regionalen Umfeld. So bieten sich insbesondere mit der TUUH (z.B. in den Feldern Verkehrsforschung / Hinterlandanbindung, urbane Versorgungsinfrastrukturen, Abfall-/Kreislaufwirtschaft) und der Universität Hamburg (z.B. in den Feldern Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, insbesondere auch Soziologie, oder Informatik). Zur Erschließung dieser Kooperationspotenziale sollte das Land Hamburg (dem Beispiel erfolgreicher analoger Strukturen in anderen Bundesländern folgend) ein hochschul-übergreifendes Kompetenzfeld "Metropolenforschung" (Arbeitstitel) unter Federführung und Geschäftsstelle an der HCU einrichten. Ggf. können Elemente der in Hamburg auf den Weg gebrachten Informatik-Plattform als Orientierung dienen. Das von der Kommission zur Stärkung der Forschung vorgesehene „Zentrum für Metropolforschung“ an der HCU kann dafür den Nukleus bilden. Schließlich sieht die Kommission erhebliches Potential – für beide Seiten – in der Einrichtung regelmäßiger Austauschplattformen mit der Hamburger Politik (über alle Ressorts), Wirtschaft und Zivilgesellschaft zum „Co-Design“ von Hamburger Fragestellungen und Themen (die dann zu Leitthemen in Forschung und Lehre in möglichst vielen Studiengängen/Fächern werden können). Die Konfiguration und Themenorientierung der HCU eignet sich in besonderer Weise für transdisziplinäre Projekte, denen das Überschreiten von Disziplingrenzen sowie ein Zusammenspiel von gesellschaftlich-politischen und wissenschaftlich-analytischen Entscheidungsprozessen immanent sind.

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C.5 Studium und Lehre Unter den insgesamt herausfordernden Rahmenbedingungen der Gründungszeit ist es der HCU gelungen, ihre Studienangebote praxis- und anwendungsbezogen zu gestalten und zugleich interdisziplinäre Bezüge zwischen den Studienprogrammen herzustellen. Auf dieser Grundlage verfügt die HCU heute über ein sehr gut nachgefragtes Studienangebot mit für universitäre Verhältnisse sehr guten Betreuungsschlüsseln, das jedoch aus Sicht der Kommission angesichts der Größe der HCU zu sehr ausdifferenziert ist. Die Kommission sieht deshalb eindeutig Anpassungsbedarfe in den Studienprogrammen der HCU, die aus ihrer Sicht gestraffter angeboten werden müssten. Dies könnte mittelfristig auch zu Freiräumen in der Forschung führen. Deshalb sieht die Kommission eine Fokussierung der Lehre auf zwei grundständige Bachelor-Studiengänge durch darauf aufbauend drei Masterstudiengänge als sinnvoll an. Die beiden Bachelor-Studiengänge sollten die Bereiche Bauingenieurwesen / Geomatik und Architektur / Stadtplanung umfassen und in den letzten Semestern spezialisierten Vertiefungsrichtungen aufweisen. Urban Design sollte in Architektur / Stadtplanung integriert werden; ein Studiengang mit unklarer Abgrenzung zur Stadtplanung und nur einer Professur ist aus Sicht der Kommission nicht tragbar. Die Masterstudiengänge sollten konsequent auf die Nachwuchsgewinnung von Wissenschaftlern und das zu definierende Forschungsprofil der HCU ausgerichtet sein.

C.6 Berufungspolitik Die HCU hatte aufgrund ihres jahrelangen Konsolidierungskurses keine Möglichkeit neue Hochschullehrerinnen und -lehrer zu gewinnen. Entsprechend gibt es einen verzögerten und nur sehr langsamen Personalumbau. Die weitere Entwicklung der HCU steht und fällt jedoch mit der Zahl an engagierten und forschungsstarken Kolleginnen und Kollegen, die die inter- und transdisziplinäre Mission der HCU tragen. Die Berufungspolitik hat daher eine Schlüsselbedeutung für die erfolgreiche Weiterentwicklung der HCU. Insbesondere bei der Besetzung von Professuren in Bereichen, in denen das entsprechende Profil bisher nicht ausreichend ausgeprägt ist, sollte für einen Überganszeitraum über mehrheitlich extern zusammengesetzte und extern geleitete Berufungskommissionen nachgedacht werden. Dies erscheint gerade aufgrund der gemachten Erfahrung mit Berufungen in einzelnen Fächern unbedingt notwendig. Die „Treiber“ im System der HCU für eine kooperative und interdisziplinäre Forschung sind vorhanden, aber gegenüber den Beharrungskräften in der HCU noch unterkritisch. Daher wurde ein beschleunigter Generationswechsel, um auf ca. 50 Professuren zu kommen, als sehr hilfreich für die Entwicklung der HCU unter den gegenwärtigen Zeichen eines beginnenden Aufbruchs identifiziert. Die BWFG sollte das Vorgehen für die Bereiche, in denen entsprechende Berufungsprozesse auf den Weg gebracht werden, in den Ziel- und Leistungsvereinbarungen mit der Hochschule vereinbaren. Sinnvoll kann auch sein, von der Möglichkeit des Ausschreibungsverzichts gem. § 14 Abs. 6 Nr. 4 Hamburgisches Hochschulgesetz Gebrauch zu machen, wenn an der Gewinnung bestimmter Professuren ein besonderes Interesse besteht.

C.7 Ressourcen Der Wissenschaftsrat hat festgestellt, dass der Entwicklung der HCU durch die finanziellen Rahmenbedingungen enge Grenzen gesetzt seien. Für die Kommission zeichnet sich in dieser Hinsicht ein uneinheitliches Bild ab: Bezogen auf die finanzielle Ausstattung pro Studierendem bewegt sich die HCU auf einem konkurrenzfähigen Niveau, zugleich weist sie aber eine im universitären Vergleich unzureichende Ausstattung mit wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern pro Professur auf.

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Die Kommission sieht daher angesichts der derzeitigen Finanzierungsstruktur der HCU die von der Freien und Hansestadt Hamburg bis 2020 gewährte Strukturhilfe im Umfang von 3 Mio. Euro p.a. auch langfristig als notwendig an, um dem Anspruch an ein universitäres Ausstattungsniveau gerecht zu werden, also eine strukturelle Anhebung des Budgets um ca. 20%. Es ist darauf hinzuweisen, dass Handlungsspielräume für die HCU in den vergangenen Jahren insbesondere durch die Bereitstellung von Hochschulpakt-Mitteln entstanden sind, deren Verlängerung noch offen, aber gleichwohl wahrscheinlich ist. Umso wichtiger ist eine langfristig gesicherte Landesfinanzierung. Aus Sicht der Kommission ist es zusätzlich erforderlich, die o.g. Profilbildungsstrategie gezielt zusätzlich zu unterstützen. Dies ist von zentraler Bedeutung. Nur so wird/bleibt es für im Sinne der Mission der Hochschule engagierte Kolleginnen und Kollegen sowie für künftig zu berufende Hochschullehrerinnen und –lehrer und eine Hochschulleitung attraktiv, sich langfristig und engagiert in die Entwicklung der Hochschule einzubringen. Der Aufbau einer universitären Personalstruktur im Mittelbau ist unabdingbar, um die gewünschten Verbesserungen im Bereich der Forschung zu erzielen. Es ist eine quantitativ höhere Ausstattung mit wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für forschungsstarke Professuren oder jene mit Forschungspotential vorzusehen. Es wird daher vorgeschlagen, einen Stellenpool zu bilden, aus dem wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach forschungsorientierten Leistungskriterien für Professuren zur Verfügung gestellt werden. Das von der HCU eingeführte System einer leistungsorientierten Mittelvergabe ist dazu ein sehr gut geeignetes Instrument. Denn es muss eine klare strategische Verbindung zwischen Leitbild der HCU und systematischer Umsetzung erkennbar sein, die bspw. über diese leistungsorientierte Mittelvergabe sichergestellt werden kann (vgl. unten).

Die Flächensituation erscheint der Kommission bei einer Status-Quo-Betrachtung grundsätzlich den Anforderungen zu genügen. Gleichwohl ist zu fragen, ob bei einer angestrebten höheren Forschungsintensität und einer Veränderung der Personalstruktur die räumlichen Voraussetzungen noch ausreichend sind. Die geplante Teil-Umnutzung von bestehenden Flächen kann hier Perspektiven eröffnen, ebenso können aber Anmietungsoptionen im Umfeld der HCU berücksichtigt werden. Gerade bei einer weiter erfolgreichen Entwicklung der HCU kann es zu Raumengpässen im jetzigen Hauptgebäude der HCU kommen. Die Kommission schlägt hierzu vor: • Überprüfung der Raumkonzepte im jetzigen Gebäude (Verhältnis Netto- zu Bruttofläche) • Frühzeitige Überprüfung weiterer Anmiet-Optionen für die HCU in unmittelbarer Nähe des jetzigen

Gebäudes zum Ausbau von Studio-Räumen für die Lehre und die Kooperationsräume für interdisziplinäre Forschungsverbünde.

Im Ergebnis sieht die Kommission folgende Bausteine einer Ressourcenstrategie als wichtig an: • Verstetigung der HSP-Mittel durch das Land und Schaffung von Mitteln, die insbesondere für die

leistungsorientierte Unterstützung/Berufungsausstattung von Professuren im Sinne der HCU-Mission sowie strategische Gestaltungsräume (u.a. in der Kommunikation, in der unterstützenden Forschungsförderung) der (künftigen) Hochschulleitung eingesetzt werden können,

• Vorzeitige Nachbesetzung der (fachfremden) Professuren, die durch ihre jetzige Ausrichtung, nicht in das interdisziplinäre Fachprofil der HCU passen (durch HSP-Mittel),

• Mittel für Anschub-Finanzierung zur Einwerbung von (interdisziplinären) Graduiertenstrukturen, • Schaffung einer Koordinations-/Geschäftsstelle für ein hochschulübergreifendes Hamburger

Kompetenzfeld "Metropolenforschung" an der HCU (siehe auch den Punkt: Hochschul-Kooperation)

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Expertenkommission zur Erarbeitung von Empfehlungen zur Weiterentwicklung der HafenCity Universität Hamburg

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Die von der BWFG hierzu zu gewährenden Mittel sollten mit der Hochschule im Rahmen einer Ziel- und Leistungsvereinbarung (bei gleichzeitiger Zusage der Hochschulleitung zur Umsetzung der skizzierten profilbildenden Maßnahmen und Prozesse) vereinbart werden. Weitergehende Empfehlungen zur Ausstattung der HCU kann die Kommission an dieser Stelle nicht machen, da sie gleichzeitig weitreichende strukturelle Veränderungen zur Neugestaltung des Studienprogramms und zur Stärkung des Forschungsprofils empfiehlt. Diese Veränderungen sind nicht eindeutig in ihren Auswirkungen: So ist aus Sicht der Kommission grundsätzlich vorstellbar, bei freiwerdenden Professuren, die neue Gestaltungsspielräume bieten, weil sie nicht notwendigerweise nachbesetzt werden müssen, auch eine Umwandlung in Stellen für wissenschaftliche Mitarbeiter vorzusehen. Für den adäquaten Aufbau der Mitarbeiterstruktur werden zusätzliche Ressourcen erforderlich sein. Die Größenordnung der Professuren sollte bei 50 bewegen. Zur Umsetzung ist ein konkreter Plan erforderlich, der zwischen HCU und BWFG abzustimmen ist. Dieser sollte folgende Aspekte berücksichtigen:

1. eine Bereitstellung zusätzlicher wissenschaftlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für forschungsstarke Professuren oder solche mit Forschungspotential, die nach leistungsorientierten Kriterien befristet gewährt wird (vgl. oben),

2. eine Berücksichtigung der Rücklagensituation der HCU, die damit aber auch Zukunftslasten abfedern muss und

3. eine Berücksichtigung der Mittel aus einer Fortführung des Hochschulpaktes, soweit diese schon absehbar sind.

C.7 Anreizsysteme / Governance Der Kommission ist es wichtig, anreizorientierte Systeme in der Hochschule zu stärken. Sie sieht eine Weiterentwicklung einer leistungsorientierten Mittelvergabe mit stärkerer Belohnung von inter- und transdisziplinären Forschungsaktivitäten im Sinne der HCU-Mission insbesondere bei der Zuweisung von zusätzlichen Mitteln für wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als erforderlich an. Der Entscheidungsrahmen zur Verteilung zusätzlicher Mittel ist an der HCU eindeutig und transparent über ein Punktesystem geregelt [Richtlinie über das Verfahren und die Vergabe von Besonderen Leistungsbezügen („Leistungsrichtlinie“) an der HafenCity Universität Hamburg (HCU); Anlage 1: Punktesystem für die Vergabe von Leistungsbezügen]. Dabei werden alle Punkte (aus Lehre und aus Forschung) bei der Vergabe mitgewertet. Die HCU verfügt mit dieser Richtlinie grundsätzlich über ein Instrument, das erweiterbar ist. Auch künftig intensivere Forschungsaktivitäten sollten leistungsorientiert gefördert werden. Vorstellbar ist, entweder eine stärkere Gewichtung der Forschung/Drittmittel im System vorzunehmen. Allerdings ist dabei zu bedenken, dass die Richtlinie zur Vergabe von besonderen Leistungsbezügen erlassen wurde. Deshalb gilt sie derzeit nur für Professuren in der W-Besoldung. Sie könnte aber mit ihren forschungsbezogenen Kriterien auch zum Gegenstand einer gesonderten Vergabe von zusätzlichem Personal aus dem wissenschaftlichen Mittelbau genutzt werden. Die Kommission empfiehlt daher, dieses System für die Bereitstellung zusätzlicher Ressourcen für die Forschung nur mit der Fokussierung auf die forschungsrelevanten Punkte anzuwenden. Zur Attraktivität der im Vergleich sehr kleinen HCU können kurze Entscheidungswege und schnelle Verfahren gehören. Die Kommission war insofern überrascht, an der HCU eine sehr ausdifferenzierte Gremienstruktur vorzufinden.

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Sie empfiehlt dringend, diese Struktur an einer der kleinsten deutschen Universitäten auf ein Maß zu beschränken, das eine aktive Wahrnehmung der Rechte akademischer Selbstverwaltung ermöglicht, ohne zur systemischen Überforderung und Funktionsunfähigkeit zu führen. Sich selbstschaffende und ausgreifende Strukturen der Selbstverwaltung verkehren die Vorteile einer kleinen Hochschule ins Gegenteil. Die Kommission empfiehlt die üblichen Senatsaufgaben, Hochschulentwicklungsplan, Haushalt, Berufungslisten, Grundordnung, direkt im Senat zu beraten und zu entscheiden und lediglich für Lehre und Studium eine Kommission sowie in Vorbereitung des Haushalts eine zweite Kommission einzurichten.

C.8 Hinweise zum weiteren Prozess der Umsetzung Zur weiteren Umsetzung und Konkretisierung der von der Expertenkommission gemachten Vorschläge empfehlen wir die Einrichtung einer "HCU-Zukunftskommission" unter Leitung eines Präsidiumsmitgliedes. Diese Kommission sollte neben einzelnen Studierenden bewusst aus Hochschullehrerinnen und Hochschullehrern mit einer längerfristigen Verbleibperspektive an der HCU sowie inter-/transdisziplinären Engagement im Sinne der HCU-Mission zusammengesetzt sein. Einsetzung einer Zukunftskommission mit insbesondere jüngeren sowie inter- und transdisziplinär im Sinne der HCU-Mission arbeitenden Kolleginnen und Kollegen zur Erarbeitung von Eckpunkten von Leitbild- und Forschungsstrategie. Dafür sollten die Neuen und die Leistungsträger der HCU im Feld kooperativer und interdisziplinärer Forschung eine Task Force bilden, die nach dem bereits gelaufenen breiten Beteiligungsprozess unter professioneller Moderation ein prägnantes Leitbild erarbeiten, dessen Kern auf den berühmten „Bierdeckel“ passt und deutlich macht, wofür die HCU steht. Dieses könnte vom Hochschulrat beschlossen und dem Senat zur Kenntnis gegeben werden. Die Kommission sollte nach Bedarf gezielt externe Unterstützung beiziehen und konkrete Entwicklungs- und Umsetzungsempfehlungen im Sinne der o.g. Punkte entwickeln. Insbesondere sollte die Kommission den Prozess der Leitbildentwicklung für die HCU koordinieren. Die Empfehlungen sollten sowohl mit dem Senat als auch dem Hochschulrat der Universität diskutiert werden und auf dieser Grundlage in die Ziel- und Leistungsvereinbarungen mit dem Land Hamburg einfließen.