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VON DER LOKALEN GOTTHEIT ZUM UNIVERSALEN KÖNIG DER WELT Das Alte Testament als Urkunde eine sich entwickelnden Gottesbewusstsein

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Ontogenese = geraffte Philogenese

• Ein Mensch macht in seiner Entwicklung in einem extrem hohen Tempo die Entwicklung der ganzen Menschheitsfamilie durch

• Das gilt sowohl biologisch als auch geistig und betrifft auch die Dimension des religiösen Empfindens

• Ein 4-jähriges Kind stellt sich Gott nicht unähnlich vor wie ein erwachsener Mensch in der Steinzeit

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Spuren der Entwicklung im AT• Das AT ist in einem Zeitraum von rund 1000 Jahren

entstanden• Es führt uns in die Zeit der nomadischen und

halbnomadischen Erzeltern ….• … hin zu vereinzelten Stammesverbänden• … und zu deren Zusammenschluss zu einem

volksähnlichen Gebilde ….

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Spuren der Entwicklung• … hin zu einem Staat unter einem König,• … der zerfällt in zwei Staatengebilde, • … die, eines nach dem anderen, zerstört und ins Exil

gebracht werden,• … von diesem Exil wieder heimkehren,• … unter mancherlei Besatzung in der Heimat neu

anfangen• … und am Ende in alle Welt vertrieben werden

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Gottesbewusstsein• Die unterschiedlichsten Erfahrungen, welche die

Menschen des AT in diesem langen Zeitraum gemacht haben, auch die Erfahrungen im Exil und mit fremden Kulturen, haben das Gottesbewusstsein entscheidend geprägt

• Der Gott der Väter und der Mütter ist ein anderer als der Gott der aus dem Exil heimgekehrten oder der unter römischer Zwangsherrschaft stehenden Jüdinnen und Juden

• Der Gott von Abraham und Sara ist ein anderer als der Gott von Jesus und Mirjam oder von Paulus, Phöbe, Priska und anderen (Juden)Christen

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Keine Rede von Gott ohne Erfahrung• Was im individuellen Leben gilt, gilt für das Leben einer

Volksgruppe oder eines ganzen Volkes• Jeder Rede von Gott geht die Erfahrung des Numinosen

voraus• Solche Erfahrung wird dann womöglich festgemacht an

einem Ort, einem Gegenstand, einer Naturerscheinung, einer Person oder einer Sippe ….

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Naturwissenschaft - Glaube • Die Erfahrung des Numinosen kann

(natur)wissenschaftlich weder verifiziert noch falsifiziert werden

• Gotteserfahrung entzieht sich dem Beweis• Kant: „Gott kann weder bewiesen noch widerlegt werden!“

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Das Numinose berührt uns durch das Vorhandene• Kein Ding ist tot• Es berührt uns• Es erscheint uns• Es tritt zu uns in Beziehung• Die Dinge, die uns berühren, zwingen uns in die

Bescheidenheit und in die Demut

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EL / ELIM• Verkürzt mit „Gott“ oder „Götter“ übersetzt• EL / ELIM = die erfahrende Wirklichkeit vom Vorkommen

der Dinge, die an uns heran drängen• Wortwurzel von EL bedeutet: einbrechen, anbrechen,

heran dringen …• Für EL kann jedes Ding Ort und Stelle sein, um die

Menschen betroffen zu machen

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EL / ELIM• Reflex eines vorbiblischen Gottesempfindens• Die ganze Welt ist voll von EL / ELIM• Das Gottesempfinden auch eines kleinen Kindes• Psalm 18,3: Du, mein Fels, meine Burg, der mich

entrinnen macht, mein EL, bei dem ich Zuflucht suche, mein Schild und das Horn meiner Hilfe ….

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EL – mit Spezifikationen• Die Wirklichkeit der vorisraelitishen Gotteserfahrung,

welche durch Israels Gott absorbiert worden ist• EL-Schaddai, der gewaltige Gott• EL-Olam, der ewige Gott• EL-Berit, der Gott des Bundes• Die 99 Namen Gottes im Islam

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Merkmale der EL Erfahrung• Ortsgott• Ungeschlechtlich• Nicht an Menschengruppe gebunden• Erscheinen als sein Wesen• Erlöst aus Ausweglosigkeit• Überrascht• Tröstet, richtet auf, verschafft Zuversicht• Verdichtung zu Heiligtumssage (Gen. 28, Beth-EL

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EL verso Ba‘al• EL tritt in dialogische Beziehung zu Menschen• EL hat die Tendenz, Geschichte in Gang zu bringen• Ba‘al (männlich) und Aschera (weiblich) sind

ungeschichtliche Gottheiten, die die immer wiederkehrende Fruchtbarkeit in Gang halten (zyklisch)

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Väter - EL• Eine spätere Stufe biblischer Gotteserfahrung• Wie ein Kind Mutter und Vater als unbedingt schützende

Kraft erfahren, erfahren Menschen, die längst von ihren Eltern abgelöst sind, Gott als väterlich-mütterliche Potenz

• Analogieerfahrung „Eltern“ – „Gott“

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Eltern• Berühren, blicken an, reden an …• Ein Kind ohne Anrede, Angeschautsein und Berührung

geht ein • Der Segen Arons als Ausdruck der archetypischen

Sehnsucht des Menschen, von Gott „angesehen“ zu sein• Gottes Zuwendung = Leben

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Grundlegung des Glaubens • Vater und Mutter sind für uns grundlegend• Das In-Beziehung sein ist uns in Fleisch und Blut

übergegangen• Wir bleiben Wesen, die immer danach verlangen, sich

anderen Menschen anzuvertrauen• Wir genügen uns nicht selbst• Wir sind auch als Erwachsene immer wieder Kinder• Wir sind, weit üb er das Biologische hinaus, einander

„Vater“ und „Mutter“• In der freundlichen Zuwendung von / als Väter und Mütter

wird die freundliche Zuwendung Gottes erfahren

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Niederschlag in biblischen Geschichte

• Die Erfahrung, dass Menschen auch als Erwachsene sich von einem mütterlich-väterlichen Gott angesehen und angesprochen fühlen, findet ihren Niederschlag in den Erzelterngeschichten

• Die innere Verschränkung von Eltern- und Gotteserfahrung zeigt sich in den Namen der Gottheit

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Gott Abrahams, Gott Isaaks und Gott Jakobs

• Die Väter-ELIM werden nach ihrem ursprünglichen Verehrer genannt

• Mein Gott, dein Gott, sein Gott …• Offenbarungsempfänger wurde von EL berührt ( = EL

erscheint); wer davon hört, nimmt an der Berührung teil• Verehrerkreis sofort ganze Familie/Sippe dessen, der von

EL berührt wird• Sippe ist für Kult verantwortlich

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Väter EL• Gehört in den Bereich der Kleinviehnomaden• Zieht mit• Ist ungeschlechtlich• Um ihn bildet sich heilige Sage (hieros logos) - z.B.

Jakobs Traum• Das garantiert späteres Verstehen des Kultus

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Innere Wesensart des Väter EL• Erscheint und zwar nicht Orts-, sondern an Menschen

gebunden• Lässt Menschen über sich selber hinaus wachsen• Erwählt Menschen und nimmt sie in Besitz• Beruft Menschen und zieht sie ins Vertrauen • Kohen = Priester, doch eigentlich: Vertrauter Gottes

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Väter EL• Segnet in dreifacher Weise: Nachkommenschaft,

Ansehen, Dauer (Gen 12, 1 ff)• Verheisst das Land• Geht mit (kein vorgefundener Gott wie z.B. Baal, kein Ort

gebundener Gott wie EL)• Schliesst und hält den Bund mit den Menschen• Braucht den Menschen

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Väter – EL heute

• Was in der Bibel vom Väter EL berichtet wird, ist auch heute erfahrbar

• Wer sich von Gott angesprochen, angeschaut, berührt erfährt macht den Sprung vom belanglosen Funktionieren zum Existieren

• Gott ist das Geheimnis, das das Dasein des Menschen durchweht, jenes Andere am Menschen, das nicht gewogen und gemessen werden kann

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Paul Tillich• Gott ist das, was den Menschen unbedingt angeht• Der Grund des Seins• Die Tiefe der Existenz• Das Geheimnis der Welt

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Karl Barth• Gott als der ganz andere• Gott als der in seiner Andersartigkeit immer noch einmal

ganz Andersartige

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Negative Theologie• Alles, was man positiv über Gott ausdrückt, dessen

Gegenteil gilt in noch höherem Masse• Letzte Bescheidung angesichts Gottes

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Und doch ….

• In den Väter- und Müttergeschichten werden Erfahrungen mit Gott berichtet, welche bis heute tragen und Vertrauen bilden

• Geschichten definieren nicht, sondern nehmen an der Hand und führen auf den Weg mit Gott

• In Geschichten wird Gott uns in gleicher Weise zum Du, wie er den Handlungsträgern zum Du geworden ist

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BuberWo ich gehe – Du!Wo ich stehe – Du!

Nur Du, wieder Du, immer Du!Du, Du, Du!

Ergeht‘s mir gut – Du!Wenn‘s eh mir tut – Du!

Nur Du, wieder Du, immer Du!Du, Du, Du!

Himmel – Du, Erde – Du! Oben – Du, Unten – Du!Wohin ich mich wende, an an jedem Ende

Nur Du, wieder Du, immer Du!Du, Du, Du!