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Gefördert durch: in Kooperation mit: SYMPOSIUM Richard Wagner und das Kino der Dekadenz 26./27. April 2013 im Zeughauskino am Deutschen Historischen Museum

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Gefördertdurch:

in Kooperation mit:

SYMPOSIUMRichard Wagner und das Kino der Dekadenz

26./27. April 2013

im Zeughauskino am Deutschen Historischen Museum

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Friedrich Nietzsche hat in mehreren seiner Texte den Vorwurf der décadence gegen Ri-chard Wagner erhoben. Der Begriff steht bei ihm nicht allein für Verfall und Niedergang. Décadence ist Ausdruck der Moderne, in der Wirkung mehr zählt als Tiefe, in der das Leben nicht mehr als Ganzes sondern nur in seine Splittern wahrgenommen wird: „Der Theil wird Herr über das Ganze, die Phrase über die Melodie, der Augenblick über die Zeit (auch das tempo), das Pathos über das Ethos” (Friedrich Nietzsche an Carl Fuchs, 1886). Das Kino, das auf der Leinwand jede menschliche Regung ins Unermessliche vergrößert, Augen und Ohren überwältigt und im dunklen Saal zu Tränen rührt, das ohne Pathos und Emotionen im Kern nicht existieren würde, bewegt sich naturgemäß im Bereich der Dekadenz und wurde daher ebenfalls mit diesem Vorwurf konfrontiert. Ausgehend von Nietzsches Wagner-Kritik soll untersucht werden, wie weit dessen Analyse auch für ein bestimmtes Filmkonzept gilt, das Wagner’sche Topoi, musikalische oder personelle Kons-tellationen oder ästhetische Konzepte übernimmt. Der Begriff der Dekadenz liefert mög-licherweise ein wichtiges Instrument, um die große Affinität des Kinos zu Richard Wag-ner zu erklären. Das Spektrum der erörterten Themen reicht von der Todessehnsucht und den „fatalen Liebesspielen“ im Film Noir, über Verfallsgeschichten bei Regisseuren wie Luchino Visconti und Hans Jürgen Syberberg bis zu den Wagner-(An-)Klängen im Bereich des Horror- und Fantasyfilms.

Mit: Elisabeth Bronfen (Zürich), Jörg Buttgereit (Berlin), Bernd Kiefer (Mainz), Peter Moormann (Berlin), Andreas Urs Sommer (Freiburg im Breisgau) und Marcus Stiglegger (Siegen).

Konzeption: Jan Drehmel, Kristina Jaspers und Steffen Vogt

Der Eintritt zum Symposium ist frei. Wir bitten um Anmeldung unter [email protected] 5,- EUR

Das Symposium begleitet die Filmreihe „Wagner Kino“ im Zeughauskino (25. April bis 31. Mai 2013). Das Begleitbuch „Wagner Kino. Spuren und Wirkungen Richard Wagners in der Filmkunst“ erscheint im Junius-Verlag.

SYMPOSIUMRichard Wagner und das Kino der Dekadenz

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26. April 2013

21.00 Uhr PANDORA AND THE FLYING DUTCHMAN (Pandora und der fliegende Holländer), USA 1951, R: Albert Lewin, 123‘, 35mm, OF mit span. UTEinführung: Elisabeth Bronfen

27. April 2013

11.30 Begrüßung Jörg Frieß, Leiter des ZeughauskinosEinführung der Kuratoren

12.00 Andreas Urs Sommer, Freiburg im Breisgau: „Nietzsche – Wagner – Dekadenz“

13.00 Bernd Kiefer, Mainz: „Verfallsgeschichte(n). Visconti und Syberberg“

14.00 Mittagspause

15.00 Peter Moormann, Berlin: „Wagners Klangwelten im Fantasy-Film“

16.00 Elisabeth Bronfen, Zürich: „Fatale Liebesspiele: Wagners Film Noir“

17.00 Kaffeepause

17.30 Jörg Buttgereit, Berlin und Marcus Stiglegger, Siegen: „Monströses Pathos. Wagneriani-sche Monsterfilmsoundtracks von Akira Ifukube”

19.30 Uhr LA CADUTA DEGLI DEI (Die Verdammten) I/CH/BRD 1969, R: Luchino Visconti, 154‘, 35mm, engl. OFEinführung: Bernd Kiefer

PROGRAMM

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Andreas Urs Sommer, Freiburg im Breisgau: „Nietzsche – Wagner – Dekadenz“

Wie konnte Richard Wagner für Nietzsche von einem Liebes- zu einem Hassobjekt wer-den? Gibt es dafür nur menschlich-allzumenschliche oder doch auch wesentlich philo-sophische Gründe? In diesem Vortrag soll die Brisanz von Nietzsches Kritik an Wagner als einem Künstler der Dekadenz beleuchtet und gefragt werden, wie weit diese wir-kungsmächtige Dekadenzkritik trägt.

Andreas Urs Sommer, geboren 1972, Promotion 1998 in Basel, Habilitation 2004 in Greifs-wald, seit 2008 wissenschaftlicher Kommentator der Werke Nietzsches an der Heidelber-ger Akademie der Wissenschaften, Professor für Philosophie an der Universität Freiburg im Breisgau und Direktor der Friedrich-Nietzsche-Stiftung in Naumburg. Jüngste Buch-veröffentlichungen: Lexikon der imaginären philosophischen Werke, Berlin: Die An-dere Bibliothek, 2012; Kommentar zu Nietzsches Der Fall Wagner. Götzendämmerung, Berlin, Boston: De Gruyter 2012.

Bernd Kiefer, Mainz: „Verfallsgeschichte(n). Visconti und Syberberg“

Kürzlich hat Alain Badiou in seinen „Fünf Lektionen zum ‚Fall‘ Wagner“ (2010/2012) er-neut darauf hingewiesen, dieser „Fall“ sei gleichzeitig „ein ästhetisch-philosophischer und ein ideologisch-politischer“. Richard Wagners Werk ist ein ästhetisches und ein po-litisches Ereignis der Moderne bereits intentional. Vollends zum politischen „Fall“ wurde es durch die Indienstnahme (und bereitwillige Indienststellung) der Bayreuther Festspie-le im Nationalsozialismus. Seither ist jede ästhetische Auseinandersetzung mit Wagner eine, die sich dem ideologischen Kern seines Werkes und dessen politischer Wirkung zu stellen hat. In diesem Sinn ist es kein Zufall, dass Ende der 1960er Jahre – um genau zu sein: post 1968 – zwei höchst unterschiedliche Film-Künstler den Fall Wagner neu vornehmen. Luchino Visconti dreht seine „deutsche Trilogie“. Er gibt seinem Film über den Verfall einer deutschen Industriellenfamilie zu Beginn des Dritten Reichs den Titel La caduta degli dei (The Damned, 1969), also „Götterdämmerung“. In Morte a venezia (Der Tod in Venedig, 1971) macht Visconti aus dem Verfall eines spätbürgerlichen Kom-ponisten den Untergang des alten Europa, und in Ludwig II. (1973) werden Wagner und

THEMEN und REFERENTEN

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sein Werk selbst treibende Kräfte in diesem Untergang. Hans Jürgen Syberberg entwirft seine „deutsche Tetralogie“. In Ludwig – Requiem für einen jungfräulichen König (1972) wird der Wagnersche Traum von der Erlösung durch Kunst zum deutschen Albtraum, wie auch in Karl May – Auf der Suche nach dem verlorenen Paradies (1974) und schließ-lich in Hitler, ein Film aus Deutschland (1977). In Parsifal (1982) unternimmt Syberberg dann den Versuch einer Entsühnung Wagners. – Der Vortrag will einige As-pekte dieser ästhetisch-politischen Filmarbeit an und mit Wagner bei Visconti und Syberberg he-rausstellen, auch als Aspekte einer Arbeit an der Geschichte.

Bernd Kiefer, geboren 1956, ist Akademischer Oberrat am Institut für Film-, Theater- und empirische Kulturwissenschaft der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Studium der Vergleichenden Literaturwissenschaft, der Neueren Deutschen Literatur und der Philosophie; Promotion mit einer Arbeit über Walter Benjamin; Postdoktorand am Gra-duiertenkolleg „Drama und Theater als Paradigmen der Moderne” an der Universität Mainz. Seit 1993/94 am Seminar für Filmwissenschaft an der Universität Mainz, dort 2007 Habilitation zum Thema „Passagen der Moderne. Studien zur neueren Filmge-schich-te und Filmästhetik”. Arbeitsschwerpunkte: Filmgeschichte nach 1945, Film und die anderen Künste; Film- und Medientheorie. Zahlreiche Aufsätze zur Filmgeschichte und zur Mediengeschichte u. a. in den von Thomas Koebner herausgegebenen Bänden Filmklassiker (2006), Filmregisseure (2008) und Sachlexikon des Films (2007). Zu den jüngsten Veröffentlichungen als Autor und Herausgeber zählen mit Marcus Stiglegger Grenzsituationen spielen. Schauspielkunst im Film (2006) und die mit Norbert Grob u. a. herausgegebenen Bände Nouvelle Vague (2006), Kino des Minimalismus (2009) und Mythos: Der Pate (2011). Zuletzt erschien der Band Jean-Luc Godard (2011).

Peter Moormann, Berlin: „Wagners Klangwelten im Fantasy-Film“

Wagners mythenlastige Opernstoffe haben derzeit insbesondere im Bereich der Populär-kultur Konjunktur. In den vergangenen Jahren sind zahlreiche Fantasyfilme in Hollywood entstanden, deren Filmmusik direkte und indirekte Verweise auf seine Musikdramen enthält. Gerade beim Orchestersound und der harmonischen Gestaltung der Scores wetterleuchten Wagners Klangwelten am Horizont. Zudem greifen Komponisten – wie etwa Howard Shore in der Trilogie The Lord of the Rings (Regie: Peter Jackson, 2001-3) – ausgiebig auf so genannte Leitmotive zurück, mit Hilfe derer sich über mehrere Filme hinweg ein Beziehungsgeflecht spannen lässt – eine Kompositionstechnik, die Wagner in seinem Ring des Nibelungen sogar zum System erhoben hat. Anhand von Filmen wie Excalibur (Regie: John Milius, 1981), Conan the Barbarian (Regie: John Boorman,

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1982) und The New World (Regie: Terence Malick, 2005) sollen die musikalischen Bezug-nahmen dargelegt und ihre narrative Funktion analysiert werden.

Peter Moormann ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Seminar für Musikwissenschaft der Freien Universität Berlin im Sonderforschungsbereich Ästhetische Erfahrung im Zeichen der Entgrenzung der Künste. Seine Forschungsschwerpunkte bilden die Mu-sik des 19. – 21. Jahrhunderts, die Musik in Film, Funk, Fernsehen und Computerspielen sowie die Verbindung von Musik und Staat. Zu seinen Publikationen zählen Spielberg-Variationen. Die Filmmusik von John Williams (Nomos 2007) und als Herausgeber Klassiker der Filmmusik (Reclam 2009); Musik im Fernsehen (VS-Verlag 2010) und Music and Game – Perspectives on a Popular Alliance (Springer-VS 2013). Derzeit ar-beitet er an einem Buch über den Dirigenten Gustavo Dudamel.

Elisabeth Bronfen, Zürich: „Fatale Liebesspiele: Wagners Film Noir“

Ein mächtiger älterer Mann stellt einen jüngeren ein, um die von ihm begehrte Frau aus-findig zu machen. Er soll sie an seiner Stelle beobachten, ihr den Hof machen und sie zu ihm zurück bringe. Das ist der Plot von Richard Wagners „Tristan und Isolde“ aber auch vom klassischen film noir. Zudem stellt die verhängnisvolle Liebe der femme fatale wie die Isoldes eine Betörung dar, die das Liebespaar in eine nächtliche Welt jenseits symbo-lischer Gesetze entgleiten lässt. Der Vortrag bringt Billy Wilders Double Indemnity mit Wagners Nachtgeweihten ins Gespräch, um diese fatale Verführung auf der Opernbühne und der Kinoleinwand zu erörtern.

Elisabeth Bronfen ist Lehrstuhlinhaberin am Englischen Seminar der Universität Zürich und seit 2007 zudem Global Distinguished Professor an der New York University. Ihre Promotion erhielt sie an der Universität München mit einer Studie über den literarischen Raum bei Dorothy Richardson. Ihre Habilitation folgte fünf Jahre später ebenfalls an der Universität München. Ihr Spezialgebiet ist die Anglo-Amerikanische Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts. Sie hat zahlreiche wissenschaftliche Aufsätze in den Bereichen gender studies, Psychoanalyse, Film- und Kulturwissenschaften wie auch Beiträge für Ausstellungskataloge geschrieben. Zu ihren jüngsten Veröffentlichungen zählen Tiefer als der Tag gedacht. Eine Kulturgeschichte der Nacht (Hanser, 2008), eine Einführung in Stanley Cavell (Junius, 2009) sowie Crossmapping. Essays zur Visuellen Kultur (Schei-degger und Spiess, 2009). Im Herbst 2012 ist bei der Rutgers University Press Specters of War. Hollywoods Engagement with Military Conflict erschienen, als Übersetzung unter dem Titel Hollywoods Kriege (S. Fischer, 2013). Weitere Forschungsgebiete: Eine

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Studie über Königin Elizabeth I. als erste politische Medien-Diva (Manchester University Press).

Jörg Buttgereit, Berlin und Marcus Stiglegger, Siegen: „Monströses Pathos. Wagnerianische Monsterfilmsoundtracks von Akira Ifukube”

Richard Wagners Einfluss auf die internationale Filmmusik ist unbestreitbar. Speziell sein ‚Leitmotiv‘ hat sich in der klassisch-orchestralen Filmkomposition als Grundprinzip erwiesen und kann von Hollywood bis Südostasien nachgewiesen werden. Der Filme-macher Jörg Buttgereit und der Filmwissenschaftler Marcus Stiglegger präsentieren zu diesem Thema die orchestralen Kompositionen des Japaners Akira Ifukube zu den in-ternational populären keiju eiga (Riesenmonsterfilmen) von Ishiro Honda, darunter der ikonische Godzilla. Anhand der Beispiele diskutieren sie das wagnerianische Pathos dieser Filmmusiken.

Jörg Buttgereit, geboren 1963 in Berlin, ist Regisseur und Autor diverser Arthouse-Hor-rorfilme („Nekromantik”, „Der Todesking”), arte-TV-Dokumentationen („Monsterland”, „Durch die Nacht mit...”) und Theaterstücke („Captain Berlin Versus Hitler”, „Kannibale und Liebe”). Außerdem schreibt und inszeniert er Hörspiele („Sexmonster”, „Die Bestie von Fukushima”) für den WDR und arbeitet als Filmkritiker für diverse Publikationen.

Marcus Stiglegger lehrt Film- und Bildanalyse an der Universität Siegen. Promotion 1999 zum Thema Sexualität und Faschismus im Film (2. Aufl.). Zahlreiche Texte zur Film-ge-schichte, -ästhetik und -theorie. Herausgeber der Kulturzeitschrift :Ikonen: (www.ikonenmagazin.de). Publikationen: Terrorkino. Angst/Lust und Körperhorror (2010), Nazi Chic & Nazi Trash. Faschistische Ästhetik in der Populärkultur (2011), David Cro-nenberg (2011, Hrsg.), Global Bodies. Mediale Repräsentationen des Körpers (2011, Mit-hrsg.), Ritual & Verführung. Schaulust, Spektakel und Sinnlichkeit im Film (Deep Fo-cus 3, 2006), Pop und Kino. Von Elvis zu Eminem (2004). U. a. Mitglied der GfM – Gesell-schaft für Medienwissenschaft (AK Filmwissenschaft, AK Populärkultur und Medien), der internationalen Filmkritikerorganisation fipresci und des AK Asiaticum der Univer-sität Mainz.

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www.Wagner-Kino.de