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Wachstumsmarkt Alter Oliver Gassmann, Gerrit Reepmeyer Innovationen für die Zielgruppe 50+ ISBN 3-446-40636-0 Vorwort Weitere Informationen oder Bestellungen unter http://www.hanser.de/3 - 446 - 40636 - 0 sowie im Buchhandel Seite 1 von 1 Produktinformation 01.02.2006 http://www.hanser.de/deckblatt/deckblatt1.asp?isbn=3-446-40636-0&style=Vorwort

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Wachstumsmarkt Alter

 

Oliver Gassmann, Gerrit Reepmeyer

Innovationen für die Zielgruppe 50+

 

ISBN 3-446-40636-0

 

Vorwort

 

Weitere Informationen oder Bestellungen unter http://www.hanser.de/3-446-40636-0 sowie im Buchhandel

Seite 1 von 1Produktinformation

01.02.2006http://www.hanser.de/deckblatt/deckblatt1.asp?isbn=3-446-40636-0&style=Vorwort

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Geleitwort

Wie auch in anderen westlichen Ländern ist die demographische Entwicklung für die Schweiz ein zentrales Thema. Schon heute ist jeder dritte Schweizer über 50 Jahre alt. In weniger als fünf Jahren werden in der Schweiz schätzungsweise über 2,7 Millionen Menschen leben, die über 50 sind – die mit Abstand größte Bevölkerungsgruppe. In der Öffentlichkeit wird die demographische Entwicklung oft mit negativen Assoziationen belegt. Glaubt man dieser Diskussion, scheint es keine andere Alternative zu geben, als vor der Übermacht der Senioren zu kapitulieren.

Die Förderagentur für Innovation des Bundes (KTI) – betrachtet das Altern zusätzlich aus einem anderen Blickwinkel. Anstatt auf die Risiken zu verweisen, setzt die KTI be-wusst auf die positiven Chancen des demographischen Wandels, denn eines ist sicher: Da es immer mehr ältere Menschen geben wird, werden in Zukunft immer mehr Pro-dukte und Dienstleistungen gefragt sein, die sich an den spezifischen Bedürfnissen der älteren Menschen orientieren. Untersuchungen im Auftrag der KTI haben ergeben,dass viele Firmen noch nicht oder nur unzureichend auf diese – durchaus lohnende – Herausforderung reagieren. Die meisten Unternehmen haben ihr Produkt- und Dienst-leistungsangebot noch nicht an die Anforderungen einer alternden Gesellschaft ange-passt. Hier gilt es nun für die KTI, anzusetzen. Mit unserer Anfang 2004 gegründeten Initiative „Innovation for Successful Ageing“ fördern wir aktiv Forschungs- und Ent-wicklungsprojekte, welche sich mit der Entwicklung von altersgerechten Produkt- und Dienstleistungsinnovationen beschäftigen. Es geht dabei nicht um die Reduktion eines komplexen sozialpolitischen Themas auf ein merkantilistisches. Es geht vielmehr dar-um, die Bedürfnisse einer „neuen“ Generation von alternden Menschen abzudecken und eine Win-Win-Situation zu schaffen.

Das vorliegende Buch entstand aus einer mehrjährigen Zusammenarbeit mit dem Insti-tut für Technologiemanagement der Universität St. Gallen. Die Ergebnisse der For-schungsarbeiten haben die hohen Wachstumspotentiale altersgerechter Produkte und Dienstleistungen bestätigt. Innovationen für ein aktives Altern bieten daher neben wirt-schaftlichen Chancen auch hohen gesellschaftlichen Nutzen. Das Buch veranschaulicht nicht nur, in welchen Bereichen das höchste Potential für altersgerechte Innovationen existiert, es bietet auch einen Leitfaden, wie erfolgreiche Innovationen in diesen unter-schiedlichen Bereichen zustande kommen können. Die Lektüre hilft, die neuesten wis-senschaftlichen Methoden der Innovationsforschung in die Praxis umzusetzen.

Bern, Januar 2006 Dr. Johannes Kaufmann (CEO, KTI)

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Vorwort

Viele Länder der westlichen Welt erleben momentan die radikalste demographische Revolution ihrer Geschichte: Die Anzahl neugeborener Kinder sinkt, während die Gruppe der über 50-Jährigen kontinuierlich zunimmt. Im Jahr 2050 wird die Hälfte der Bevölkerung in Deutschland älter als 48 Jahre und ein Drittel 60 Jahre oder älter sein. Die alternde Bevölkerung stellt jedoch nicht nur Herausforderungen an Gesell-schaft und Sozialsysteme, sie öffnet auch große Potentiale für die Wirtschaft. In Zu-kunft werden mehr Produkte und Dienstleistungen nachgefragt werden, welche sich an den Bedürfnissen älterer Menschen orientieren. Bei einem jährlichen Nettoein-kommen von etwa 140 Milliarden € und einem Vermögen von fast 2.200 Milliarden €stellt die 50-plus-Generation in Deutschland bereits heute eine riesige Marktmacht dar. Untersuchungen haben jedoch belegt, dass es bisher kaum Produkte und Dienst-leistungen gibt, welche ausdrücklich die Bedürfnisse älterer Menschen berücksichti-gen. Fast alle Unternehmen vernachlässigen die Menschen ab 50 konsequent in ihrer Produkt- und Dienstleistungsstrategie. Um in Zukunft erfolgreiche Innovationen auf den Markt bringen zu können, muss die traditionelle Fokussierung auf die Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen um die Zielgruppe der über 50-Jährigen erweitert werden, denn eine Tatsache steht fest: Die wichtigsten Kunden von morgen haben graues Haar!

Das vorliegende Buch beschäftigt sich mit dem Thema, wie Unternehmen vom de-mographischen Wandel profitieren können, indem sie innovative Produkte und Dienstleistungen an den Markt bringen, welche sich insbesondere – jedoch nicht ausschließlich – an die älteren Menschen richten. Ein besonderer Schwerpunkt wird dabei auf das Konzept des Universal Design als neues Paradigma in der Produktent-wicklung gelegt. Ziel dieses Ansatzes ist die Entwicklung altersunabhängiger Produk-te. Diese Produkte können sowohl von älteren als auch jüngeren Kunden benutzt werden. Sie sind aufgrund ihrer altersunabhängigen Konzeption attraktiv für alle Altersklassen. Für die Unternehmen stellt sich nur noch die Frage, wie sie diese Pro-dukte möglichst effizient entwickeln können. Studien zum Innovationsmanagement haben gezeigt, dass das Zusammentreffen von entstehenden Marktbedürfnissen mit neuen Technologien die Erfolgswahrscheinlichkeit einer Innovation signifikant an-

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VIII Vorwort

steigen lässt. Dabei stellen die Innovationsbereiche in den Unternehmen den geeig-netsten Ort für die Verschmelzung von Markt und Technologie dar. Dieses Buch beschreibt Mittel und Strategien, um beide Aspekte zusammenzuführen und so die Entwicklung von altersgerechten Innovationen vorantreiben zu können. Mit vielen Fallbeispielen wird verdeutlicht, wie unterschiedliche Firmen auf die immer älter werdenden Konsumenten reagieren. Im Anschluss werden Bereiche und Branchen identifiziert, welche durch ein besonders hohes Innovationspotential für Produkte und Dienstleistungen für ältere Menschen gekennzeichnet sind.

Die Daten und Ergebnisse dieses Buches basieren auf unserer mehrjährigen For-schungstätigkeit am Institut für Technologiemanagement an der Universität St. Gal-len. In enger Zusammenarbeit und im Auftrag der Kommission für Technologie und Innovation (KTI/CTI) – der Förderagentur für Innovation in der Schweiz – haben wir verschiedene Studien und Untersuchungen zum demographischen Wandel und den resultierenden Wachstumspotentialen für die Wirtschaft durchgeführt. Wir möchten uns daher an dieser Stelle bei der KTI/CTI für die ausgezeichnete Zusammenarbeit in den letzten Jahren bedanken. Besonderer Dank gilt hierbei Prof. Dr. Gilberto Bestetti, Dr. Véronique Dubois, Dr. Johannes Kaufmann, Marcus Matthias Keupp, Prof. Dr. Beda Stadler sowie Dr. Franziska Schwarz.

Weiterhin möchten wir uns für den wertvollen Input verschiedener Experten aus Wissenschaft und Praxis bedanken. Unser Dank gilt insbesondere Dr. Christian Berg, Dr. Oliver Christ, Dr. Yves Depeursinge, Jean-Claude Gabus, Prof. Dr. Francois Höpflinger, Dr. Daniel Inglin, Dr. Darius Khoschlessan, PD Dr. Knut Koschatzky, Prof. Dr. Andreas Kruse, Martin Mezger, Thomas Stahlecker, Charles Studer und Dr. Rolf Wohlgemuth. Zudem konnten wir auf die tatkräftige Unterstützung vieler Stu-denten an unserem Lehrstuhl zählen, insbesondere Daniel von Heimendahl sowie Rene Bertapelle, Ralf Dyllick, Daniel Imhof, Verena Jäniche, Julia Jakob, Sven Kirch, Daniel Leuthard, Michael Lüthi, Philippe Münger und Benjamin Stengl. Wir hoffen, dass wir mit diesem Buch einen Leitfaden geben können, um die Entstehung erfolg-reicher Innovationen im Markt für ältere Menschen zu forcieren.

St. Gallen, New York, Januar 2005 Oliver Gassmann Gerrit Reepmeyer

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Wachstumsmarkt Alter

 

Oliver Gassmann, Gerrit Reepmeyer

Innovationen für die Zielgruppe 50+

 

ISBN 3-446-40636-0

 

Leseprobe

 

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Seite 1 von 1Produktinformation

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drive

Innovation

push pull

Eine alternde Gesellschaftals Wachstumschance

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01_zwischentitel 20.12.2005 8:26 Uhr Seite 1

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2 1 Eine alternde Gesellschaft als Wachstumschance

1.1 Alter als neues Paradigma für die Wirtschaft

Fast alle Länder Europas stehen unmittelbar vor der dramatischsten Revolution ihrer Geschichte: In nur wenigen Jahren wird die Gesellschaft zum ersten Mal aus mehr älteren als jüngeren Menschen bestehen. Die über 50-Jährigen werden danndie größte Bevölkerungsgruppe ausmachen. Doch viele Gesellschaften sind auf diesen radikalen Umbruch noch nicht vorbereitet. In der Öffentlichkeit wird der demographische Wandel oft mit einer negativen Konnotation belegt. Begriffe wie Rentenalarm, Generationenkrieg, Rentenkollaps, Überalterung oder Rentenprob-lematik beherrschen die alltägliche Diskussion und werfen einen grauen Schatten auf die Gruppe der älteren Menschen (siehe Bild 1.1).

Experten schlagenRentenalarm

Rentenreserve sinkt

auf Rekordtief

Rückzug imGenerationenkrieg

Rente vor

dem Kollaps?

EU will Überalterung mit

Familienförderung und

Einwanderung bekämpfen

Bild 1.1: Negative Begriffe prägen die Diskussion über das Alter in der Öffentlichkeit

Selbst Frank Schirrmachers Bestseller „Das Methusalem-Komplott“ greift auf einen kontrovers zu diskutierenden Titel zurück. Es gilt weiterhin die altherge-brachte Überzeugung: Jeder möchte alt werden, aber niemand möchte es sein.Dabei ist die traditionelle Auffassung des Alters inzwischen selbst völlig veraltet. Die heutigen älteren Menschen sind zunehmend finanzstark, körperlich fit und wesentlich gesünder als vergleichbare frühere Generationen. Sie denken und fühlen sich „jung“. Dies verwundert wenig, denn die älteren Menschen von heute sind in ihrer Jugend mit völlig anderen Wertvorstellungen und Idealen aufge-wachsen als frühere Generationen älterer Menschen. Es sei nur darauf hingewie-sen, dass die heute 50- bis 65-Jährigen in ihrer Jugend die 68er-Bewegung auslös-ten und großen Anteil an kulturellen Revolutionen wie Rock ’n’ Roll, Elvis Pres-ley und den Beatles hatten. Sie identifizieren sich mit Frauen wie Cathérine De-neuve, Tina Turner oder Senta Berger und mit Männern wie Robert Redford, Sean Connery oder Mick Jagger. Es ist banal, aber wahr: Wer im Jahr 1968 bei-spielsweise 27 Jahre alt war, ist heute 65. Die Nachkriegsgeneration hat somit endgültig die Kriegsgeneration als Seniorentypus abgelöst und ein radikal neues

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1.1 Alter als neues Paradigma für die Wirtschaft 3

Bild vom Alter geschaffen. Wer würde die Personen im Bild 1.2 für Senioren hal-ten, auch wenn sie alle älter als 50 sind?

Bild 1.2: Senioren?

Die Wirtschaft hat diese Entwicklung jedoch sträflich außer Acht gelassen. Viele Firmen haben sich über viele Jahre mühsam ein jugendliches Image für ihre Mar-ken und Produkte aufgebaut und fixieren auch heute noch ihr Leistungsangebot fast ausschließlich auf jugendliche Kunden. Die Zielgruppe der 14- bis 49-

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4 1 Eine alternde Gesellschaft als Wachstumschance

Jährigen scheint für die meisten Unternehmen das Allheilmittel für eine erfolgrei-che Produktplatzierung zu sein. Menschen ab 50 Jahren werden als potentielle Kunden konsequent vernachlässigt, obwohl inzwischen fast jedem klar ist, dass der König Kunde von morgen graues Haar trägt.

Aufgrund des herkömmlichen Bildes älterer Menschen denken viele Produktma-nager nach wie vor, dass der Begriff des Seniors Assoziationen nach Dingen her-vorruft, denen der Geruch des Alters anhaftet. Bei Produkten für Senioren den-ken viele Menschen zunächst nur an Begriffe wie Haftcreme, Stützstrümpfe, Filz-pantoffeln, Inkontinenz oder Treppenlift. Es wird dabei oft vergessen, dass die neuen Alten nicht nur durch ein jüngeres Erscheinungsbild gekennzeichnet sind, sondern auch ein aktiveres und lebhafteres Konsumverhalten haben als ihre Vor-gängergenerationen. Daher stellen sie nicht zuletzt wegen ihrer stark wachsenden Größe eine attraktive Zielgruppe für Unternehmen dar. Ein Paradigmenwechsel in der Auffassung des Alters ist daher nicht nur in der Gesellschaft, sondern auch in der Wirtschaft zwingend notwendig. Es ist eine unabdingbare Konsequenz der demographischen Entwicklung, dass in Zukunft mehr Produkte und Dienstleis-tungen nachgefragt werden, welche sich an den Anforderungen und Bedürfnissen älterer Menschen orientieren. Daher liegt es an den Unternehmen, das noch brachliegende wirtschaftliche Potential der alternden Gesellschaft zu nutzen. Das demographische Potential ist unwiderruflich gegeben.

Viele Produktentwickler glauben immer noch, dass Senioren nur Haftcremes, Stützstrümpfe oder Filzpantoffeln kaufen. Diese Auffassung ist falsch. Ältere Menschen von heute sind fit, gesund und fühlen sich „jung“. Sie identifizierensich mit Frauen wie Cathérine Deneuve, Tina Turner oder Senta Berger und mit Männern wie Robert Redford, Sean Connery oder Mick Jagger.

1.2 Demographisches Potential in Europa

Seit Beginn der Menschheit betrug die Lebenserwartung in über 99,9 Prozent der Zeit gerade einmal 30 Jahre (vgl. Hyflick 2000). Erst gegen Ende des 19. Jahrhun-derts begann die durchschnittliche Lebenserwartung signifikant zu steigen. Um1900 betrug sie in den meisten Ländern Europas zwischen 40 und 45 Jahren. Heute liegt die Lebenserwartung in Deutschland bereits bei 75 Jahren für Männer und 81 Jahren für Frauen. Eine 65-jährige Frau lebt im Schnitt weitere 23 Jahre und ein 65-jähriger Mann weitere 19 Jahre (vgl. Statistisches Bundesamt 2003a). Diese Tendenz wird in Zukunft noch steigen. So wächst beispielsweise die Le-benserwartung von Europäern und Amerikanern jährlich um drei Monate (vgl. Schirrmacher 2004). Jedes zweite neugeborene Mädchen hat bereits eine Lebens-

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1.2 Demographisches Potential in Europa 5

erwartung von fast 100 Jahren, und jeder zweite Junge wird aller Voraussicht nach 95 Jahre alt (vgl. Vaupel 2000). Aufgrund der ständig steigenden Lebenser-wartung wird beispielsweise die Anzahl der über 80-Jährigen in Deutschland bis zum Jahr 2050 um 200 Prozent steigen.

Eine 65-jährige Frau lebt im Schnitt weitere 23 Jahre,

ein 65-jähriger Mann im Schnitt weitere 19 Jahre.

Neben der steigenden Lebenserwartung ist jedoch auch eine rückläufige Genera-tivität in vielen europäischen Ländern festzustellen. Um die gegenwärtige Bevöl-kerungszahl zu sichern, müsste jedoch – ohne Zuwanderungen – jede Frau imLaufe ihres Lebens durchschnittlich 2,1 Kinder gebären (vgl. DB Research 2002). Diese Zahl wird auch als Bestandhaltungsniveau oder natürliche Reproduktions-rate bezeichnet. In den europäischen Industrieländern lag die Geburtenrate in den letzten Jahren mit 1,5 Kindern je Frau im Schnitt fast 30 Prozent unter der natürlichen Reproduktionsrate. Im Ländervergleich zeigt sich, dass die Spannevon 1,2 in Spanien und Italien bis 1,9 in Irland reicht. Die jährliche Anzahl an Geburten in der Schweiz sank sogar von 1,55 Kindern je Frau im Jahr 1990 aufeinen historischen Tiefststand von 1,27 Kindern je Frau im Jahr 1999 (vgl. Bun-desamt für Statistik 2002). Deutschland weist eine durchschnittliche Geburtenra-te von 1,3 auf (vgl. DB Research 2002). Wegen der rückläufigen Generativitätwird daher erwartet, dass die gesamte Bevölkerung in Deutschland bis zum Jahr 2050 um zwölf bis 17 Millionen Menschen abnehmen wird. Die im Jahr 1990 dazugewonnene Bevölkerung der DDR (einst 18 Millionen Menschen) wird sich somit in Nichts aufgelöst haben. Italien wird noch am Ende des Jahrhunderts bei gleich bleibendem Trend nur noch zehn Millionen Einwohner haben (vgl.Schirrmacher 2004).

2,1 Kinder halten die Bevölkerungszahl konstant.

1,3 Kinder bekommt jede deutsche Frau im Durchschnitt.

Aufgrund der rückläufigen Generativität jüngerer Generationen ist das Altern kein ausschließliches Problem der über 50-Jährigen, sondern ein Phänomen der gesamten Bevölkerung. Eine steigende Lebenserwartung bei gleichzeitig rückläu-figer Generativität führt dazu, dass nicht nur das Durchschnittsalter steigt, son-dern sich die Balance der Verteilung von jüngeren zu älteren Menschen ver-schiebt. Der Altenquotient einer Gesellschaft (der Anteil der über 60-Jährigen pro 100 Erwerbstätige) nimmt in fast allen Ländern zu. In ganz Europa standen im Jahr 2000 im Schnitt 100 Personen im Erwerbsalter 35 Personen im Alter von über 60 Jahren gegenüber. Im Jahr 2050 werden diesen 100 Personen 75 Personen im Rentenalter gegenüberstehen (vgl. DB Research 2002). In Deutschland ist das

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6 1 Eine alternde Gesellschaft als Wachstumschance

Bild etwas extremer. Während im Jahr 2002 auf 100 Personen zwischen 20 und 60 Jahren in etwa 44 Personen von über 60 Jahren kamen, wird diese Zahl im Jahr 2030 voraussichtlich bei 71 und im Jahr 2050 bei 78 liegen. Wollte man den Al-tenquotienten des Jahres 2000 in Deutschland erhalten, müssten etwa 180 Millio-nen Menschen nach Deutschland einwandern (vgl. Schirrmacher 2004). Zusätz-lich zum steigenden Altenquotienten altert auch die erwerbstätige Bevölkerung inhohem Tempo. Während der Anteil der jüngeren Arbeitnehmer zwischen 20 und 39 Jahren in vielen Ländern sinkt, steigt im Gegenzug der Anteil der 40- bis 59-jährigen Erwerbstätigen stark an. Dieser Trend wird in den nächsten zehn Jahrennoch verstärkt und bewirkt einen markanten Rückgang der Erwerbstätigen zwi-schen 2015 und 2035.

Das Altern ist kein Problem der über 50-Jährigen. Es ist eine Herausforderung für die gesamte Bevölkerung. Die jüngeren Generationen bekommen immer weniger Kinder, und die älteren Generationen leben immer länger. Dadurch wird die Balance zwischen Alt und Jung in doppelter Hinsicht verschoben. Um den gegenwärtigen Bevölkerungsstand zu sichern, müsste jede Frau imLaufe ihres Lebens 2,1 Kinder gebären; mit 1,3 Kindern pro Frau ist Deutsch-land davon jedoch so weit entfernt wie kaum ein anderes Land in Europa. Die über 50-Jährigen werden in nur wenigen Jahren die mit Abstand größte Be-völkerungsgruppe darstellen.

Die demographische Entwicklung in Deutschland hat einen Punkt erreicht, wo sich das zahlenmäßige Verhältnis zwischen älteren und jüngeren Menschen in absehbarer Zukunft erheblich verschieben wird. Im Jahr 2050 wird die Hälfte der deutschen Bevölkerung älter als 48 Jahre und ein Drittel 60 Jahre oder älter sein (vgl. Statistisches Bundesamt 2003a). Auch die Einwohnerzahl in Deutschland wird langfristig abnehmen. Derzeit hat Deutschland rund 82,5 Millionen Ein-wohner. Nach der „mittleren Variante“ der „10. koordinierten Bevölkerungs- vorausberechnung“ des Statistischen Bundesamtes wird die Bevölkerungszahl nach einem geringen Anstieg auf 83 Millionen ab dem Jahr 2013 zurückgehen und bis zum Jahr 2050 auf das Niveau des Jahres 1963 (etwa 75 Millionen Ein-wohner) sinken. Das niedrige Geburtenniveau in Deutschland wird dazu führen, dass die Zahl der unter 20-Jährigen von aktuell 17 Millionen (21 Prozent der Be-völkerung) auf zwölf Millionen im Jahr 2050 (16 Prozent) zurückgeht. Die Grup-pe der mindestens 60-Jährigen wird gleichzeitig mit etwa 28 Millionen Menschen mehr als doppelt so groß sein (37 Prozent). 9,1 Millionen Menschen (zwölf Pro-zent der Bevölkerung) werden im Jahr 2050 sogar mindestens 80 Jahre oder älter sein (vgl. Bild 1.3).

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1.2 Demographisches Potential in Europa 7

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(in Millionen) (in Millionen)

(in Millionen) (in Millionen)

Bild 1.3: Die Bevölkerungspyramide in Deutschland steht kurz davor, zu kippen (Quelle: Statistisches Bundesamt 2003a)

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8 1 Eine alternde Gesellschaft als Wachstumschance

Bei einer näheren Untersuchung der Gruppe der älteren Menschen fällt auf, dass es in Zukunft mehr ältere Frauen als ältere Männer geben wird. Etwa zwei Drittel der 1930 geborenen Frauen können damit rechnen, im Jahr 2010 ihren 80. Ge-burtstag zu feiern. Schirrmacher (2004) stellt sogar fest, dass im Jahr 2050 die Zahl der über 85-jährigen Frauen die aller anderen Altersgruppen übersteigen wird. Die Gründe für die geschlechtsspezifischen Unterschiede zwischen Män-nern und Frauen sind vielfältig. Sie reichen von hormonalen Faktoren bis hin zu unterschiedlichem Risiko- und Gesundheitsverhalten. Die geschlechtsspezifi-schen Unterschiede in der Lebenserwartung führen daher zu einer klaren „Femi-nisierung des Alters“.

In Deutschland wird bis zum Jahr 2050 die Zahl...

... der unter 20-Jährigen von 17 auf 12 Millionen sinken,

... der über 60-Jährigen von 20 auf 28 Millionen steigen.

Die sich abzeichnenden Trends in der Bevölkerungsentwicklung betreffen jedoch nicht nur Europa. Es handelt sich um ein globales Phänomen. Während viele Entwicklungsländer nach wie vor einen beispiellosen Jugendboom erleben, wird sich auch dort der Anteil der älteren Menschen mittelfristig stark erhöhen. Es wird davon ausgegangen, dass sich beispielsweise in Afrika der Anteil der über 80-Jährigen in den nächsten Jahren verdreifachen und in Lateinamerika sogar vervierfachen wird. In China wird sich aufgrund der dort vorherrschenden Ein-Kind-Politik der Anteil der über 65-Jährigen in weniger als 30 Jahren verdoppelt haben (vgl. Schirrmacher 2004).

In China wird die Ein-Kind-Politik dazu führen,

dass sich der Anteil der über 65-Jährigen in

weniger als 30 Jahren verdoppelt.

Trotz der zukünftig zu erwartenden hohen Anzahl an älteren Menschen wird oftmals der Fehler begangen, die Menschen ab 50 Jahren als eine homogeneGruppe zu betrachten und sie unter dem Begriff „Senior“ abzustempeln. Um verlässliche und glaubhafte Aussagen über die Generation 50 plus machen zu können, ist eine differenziertere Untersuchung und Beschreibung der älteren Menschen nötig.

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1.3 Wer sind die älteren Menschen? 9

1.3 Wer sind die älteren Menschen?

Die Gruppe der älteren Menschen ist sehr heterogen und eine Beschreibung des Marktes für ältere Menschen ist daher schwierig. Die Schwierigkeit der Definition wird allein durch die hohe Zahl an Begriffen deutlich, welche oftmals von Werbe-fachleuten erfunden werden, um die Gruppe der älteren Menschen zu beschrei-ben. Einige der am häufigsten genannten Begriffe sind im Bild 1.4 aufgelistet.

Neben der begrifflichen Abgrenzung stellt die Definition des Alters, ab welchem ein Mensch als alt gilt, ein weiteres Problem dar. Generell wird ein Alter von 50 bis 55 Jahren als Altersgrenze genannt, da ab diesem Alter die Auseinanderset-zung mit dem Ruhestand beginnt. Spätestens ab 55 Jahren wird darüber nachge-dacht, wie der nachberufliche Lebensabschnitt gelebt werden möchte.

Senioren

Pens ionäre

Ren tner

a lte oder ältere Menschen

re ife oder re ifere Mens chen

Mens chen in den bes ten J ahren

Mens chen im 3. Lebens abs chnitt

Mens chen im Ruhes tand

d ie neuen oder aktiven Alten

d ie jungen Alten

Turbos en ioren

d ie Graus ch lä fen

Bes t Ager Go lden Ager Third Ager

Senior Citizen

Mas ter Consum ers

Woopies (well o ffo lder peop le)

55 p lus

Das goldene Markts egm en t

Die Silberjahrgänge

Die s tille oder uns ich tbare Generation

Bild 1.4: Unzählige Begriffe zur Beschreibung der älteren Menschen belegen die Schwierigkeit, diese Bevölkerungsgruppe zu charakterisieren

Die Ausweitung der nachberuflichen Phase durch vorzeitige Pensionierungen und verlängerte Lebenserwartung hat dazu geführt, dass die Einteilung in Er-werbstätige und Menschen, die älter als 50 oder 55 Jahre sind, zu grob gewordenist. Neben der Stellung im Arbeitsmarkt wird daher heute als zweiter wichtiger Aspekt der funktionale Gesundheitsstatus einbezogen. Dies führt gemäß dem Genfer Altersforscher Christian Lalive d’Epinay zur Klassifikation von vier Pha-sen im Lebenslauf älterer Erwachsener:

1. Phase: LLetzte B Berufsphase und und na nahehendnde P Pensionsioninierungung: Zwar sind die Per-sonen in dieser Lebensphase noch erwerbstätig, aber der Übergang in die nachberufliche Phase zeichnet sich ab. Das Alter, in dem die Er-werbstätigkeit endet, kann variieren. Einerseits führen Frühpensionie-

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10 1 Eine alternde Gesellschaft als Wachstumschance

rungen dazu, dass zunehmend mehr Arbeitnehmer schon vor Errei-chen des offiziellen Rentenalters aus dem Erwerbsleben austreten oder ausgeschlossen werden. Andererseits bleiben Männer und Frauen ma-nchmal auch nach Erreichen des Rentenalters weiter erwerbstätig.

2. Phase: AuAutonomes R Rentenenalter: Diese Lebensphase ist einerseits durch eine Freisetzung von der Erwerbsarbeit, andererseits durch eine hohe so-ziale und persönliche Autonomie gekennzeichnet. Gesundheit und Kompetenzen erlauben es, das Rentenalter nach eigenen Bedürfnissen zu gestalten und zu genießen. Gesundheitliche Probleme und Ein-schränkungen sind noch kaum gegeben. Diese Phase später Freiheit dauert allerdings unterschiedlich lang, und die Dauer des so genann-ten dritten Lebensalters ist von den vorhandenen finanziellen und psy-chischen Ressourcen sowie den körperlichen Belastungen in früheren Lebensphasen abhängig. Diese Lebensphase ist gegenwärtig einerseits durch wachsende wirtschaftliche Ressourcen und soziale Kompeten-zen sowie eine klare kulturelle Verjüngung gekennzeichnet. Anderer-seits ist das autonome Rentenalter gesellschaftlich weitgehend unbe-stimmt und konturlos.

3. Phase: VVerstärtärktete G Gebrechlicichkeit:t: Diese Lebensphase ist dadurch gekenn-zeichnet, dass Behinderungen und Einschränkungen zwar ein eigen-ständiges Leben nicht unmöglich machen, es jedoch erschweren. Funktionale Einschränkungen, wie etwa Gehschwierigkeiten oder Hörprobleme, zwingen zu Anpassungen der Aktivitäten (das heißt vermehrte Häuslichkeit oder Verzicht auf anstrengende Reisen und Hobbys). Vielfach sind Personen in dieser Phase in einigen Tätigkeiten des Alltags auf externe Hilfe angewiesen. In dieser Lebensphase müs-sen – oft bei noch hohen geistigen Fähigkeiten – die Grenzen und Ein-schränkungen des menschlichen Körpers akzeptiert und bewältigt werden. Es zeigt sich, dass in dieser Lebensphase das psychische Wohlbefinden stark durch die „mentale Kraft“ bestimmt wird.

4. Phase: AAbhähängngigiges R Rentntenalter: Diese Lebensphase ist durch gesundheitlich bedingte Abhängigkeit und Pflegebedürftigkeit charakterisiert. In die-ser Phase treten häufig auch kognitive Einschränkungen oder gar de-mentielle Erkrankungen hinzu. Selbständiges Leben ist kaum mehr möglich, und die Menschen in dieser Lebensphase sind selbst bei ein-fachen Alltagsaktivitäten auf Hilfe anderer Menschen angewiesen. Es ist diese Lebensphase, welche meist angesprochen wird, wenn das Stichwort „Alter“ angeführt wird.