Weihnachtsbulletin 2013
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ProSpecieRara-Bulletin
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ProSpecieRara mit allen GenerationenEin stabiles Netz für die Vielfalt
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ProSpecieRara | Editorial
Ein sicheres Netz
«Hallo Herr Bar-
tha!», begrüsst
mich ein statt-
licher junger
Mann freudig.
Ich schaue ihn
fragend an –
seine Gesichts-
züge kommen mir irgendwie bekannt vor.
Nach kurzer Zeit dämmert es mir. Er war
der Junge, der vor 18 Jahren an der Sei-
te seines Vaters stolz die Stiefelgeissen
an der ProSpecieRara-Rassenschau in
Brugg präsentierte. Später habe ich ihn
hinter einem Verkaufsstand am Reuten-
markt in Zofingen gesehen und heute
treffe ich ihn wieder am Eröffnungsfest
unseres Hauptsitzes beim Erdbeeren
Degustieren. Seit vielen Jahren begleitet
ProSpecieRara ihn und auch mich. Die
Aufgaben haben sich geändert, unsere
Begeisterung für die Tierrassen und Kul-
turpflanzen ist geblieben.
An Anlässen wie dem Setzlingsmarkt
im Frühling und dem Reutenmarkt im
Herbst treffen sich Menschen aller Gene-
rationen. Kinder wollen Tiere streicheln
und frisch geschlüpfte Küken in ihren
Händen halten und so in Beziehung zum
Lebendigen treten. Junge Erwachsene
entdecken die Biodiversität über die Be-
wegung des urban gardening und setzen
sich ganz praktisch mit gesellschaftsre-
levanten Themen wie Ernährungssicher-
heit und Ernährungssouveränität ausei-
nander. Andere besuchen Weiterbildun-
gen für Tierzüchter, Samenbaukurse und
verbessern ihre Fähigkeiten beim Obst-
schnitt oder bei der Vermehrung von
Stauden und vertiefen damit ihr Wissen
im Bereich der Erhaltungsarbeit. Famili-
en und ältere Generationen helfen jedes
Jahr bei den Dreschtagen oder betätigen
sich als geübte Sortenbetreuer/-innen.
Diese Motivationen von vielen verschie-
denen Leuten bündelt ProSpecieRara
und webt damit ein gut funktionierendes
Netz zur Sicherung einer faszinierenden
Vielfalt.
Schön, dass Sie auch dabei sind!
Das ProSpecieRara-Team wünscht Ihnen
eine besinnliche Weihnachtszeit.
Béla Bartha, Geschäftsführer
Stiftung ProSpecieRaraSchweizerische Stiftung für die kulturhistorische und genetische Vielfalt von Pflanzen und Tieren
www.prospecierara.ch
ProSpecieRara Deutsche SchweizHauptsitz, Unter Brüglingen 6, 4052 Basel, SchweizTelefon +41 61 545 99 11, Fax +41 61 545 99 12 [email protected]
ProSpecieRara Suisse romandec/o Conservatoire et Jardin botaniques de Genève Case postale 60, 1292 Chambésy, SchweizTel. 022 418 52 25, Fax 022 418 51 [email protected]
ProSpecieRara Svizzera italianaVia al Ticino, 6592 S. Antonino, SchweizTel. 091 858 03 58, Fax 091 858 03 [email protected]
ProSpecieRara Centro di San Pietro Vicolo Sta. Lucia 2, 6854 S. Pietro, Schweiz Tel./Fax 091 630 98 [email protected]
Impressum Das Bulletin erscheint drei Mal jährlich in deutscher, französischer und italienischer Spra-che | Herausgeberin Stiftung ProSpecie Rara, Basel, Schweiz | Texte Béla Bartha, Philippe Ammann, Nicole Egloff | Redaktion Nicole Egloff, Anna Kor-nicker | Layout und Satz Esther Schreier, Basel; Ba-sisgestaltung Titelseite: Reaktor AG, Aarau | Druck Binkert Buag AG, Laufenburg | Papier Cocoon 100% Recycling 120g/m2 | Auflage 19 500 Expl.
Fotos Pro SpecieRara | Fotos Titelseite (v.l.n.r.) Früh übt sich – eine junge Schwarzhalziegen-Halterin (Foto: Michelle Howald); Gemeinsames Saatgutrei-nigen am Dreschtag; Enge Beziehung zwischen Evo-lèner Rind und seinem Halter; Ein Querschnitt durch das ProSpecie Rara-Netzwerk.
Danke für Ihre Unterstützung!PC 90-1480-3, ProSpecieRara, 4052 BaselIBAN CH29 0900 0000 9000 1480 3 BIC POFICHBEXXX
Die Organisation ProSpecieRara ist seit 1997 ZEWO-zertifiziert.
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Ihr Testament zugunsten der Vielfalt
Mit der Berücksichtigung von ProSpecieRara in Ihrem Testament setzen Sie ein Zeichen, vergleichbar mit dem Pflanzen eines Hochstammbaumes. Wer Bäume setzt, wird ihre majestätische Grösse kaum mehr erleben – dennoch ist man ge-wiss, dass etwas Wertvolles über das eigene Dasein hinaus Bestand haben wird.
ProSpecieRara bietet viele Möglichkeiten, zukünftige Generationen zu beschen-ken. Die Vielfalt, welche wir in Gärten und Ställen erhalten, ist Garant für unsere Nahrungssicherheit und somit eine würdige Investition in die Zukunft. Herzlichen Dank, dass Sie an sie denken.
Unser Geschäftsführer Béla Bartha steht Ihnen für weitere Auskünfte gerne zur Verfügung. Telefon 061 545 99 21
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ProSpecieRara | Weihnachtsbulletin 2014
Vielfalt ins Kinderzimmer!
▲ Mit dem Kinderbuch und den Holzziegen
entdecken bereits die kleinen Tierfreunde
die Vielfalt der Nutztiere. Zum Kinderbuch ist
eine Broschüre entstanden mit Infos zu den
Kupferhalsziegen und den weiteren gefähr-
deten Rassen – kindgerecht und interaktiv
aufbereitet. Sie kann kostenlos heruntergela-
den werden. Bestellmöglichkeiten und weitere
Infos unter www.pro specierara.ch/de/kinder.
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Anstatt Pokémon-Eigenschaften aus- wendig wissen, die acht gefährdeten Schweizer Ziegenrassen aufzählen können – dieses Ziel verfolgen wir mit dem ersten ProSpecieRara-Kinderbuch und den dazu passenden Holzziegen. Weihnachten naht, warum nicht einmal Biodiversität fürs Kinderzimmer schen-ken?
Kinder lieben Vielfalt. Sie wollen erken-
nen, lernen und sammeln. Es ist immer
wieder faszinierend, mit welcher Lei-
denschaft kleine Buben und Mädchen
Automarken, Pokémon-Fantasiewesen
oder Dinosaurierarten auswendig auf-
zählen und sich für deren unterschiedli-
chen Eigenschaften begeistern können.
Auch die Grossverteiler wissen das und
nutzen die Neugier der Kinder für ihre
Verkaufsstrategien, indem sie künstli-
che Vielfalt in Form von Plastikspielzeug
oder Spielkarten schaffen und damit bei
den kleinen Sammlern und Jägern ga-
rantiert ins Schwarze treffen.
Blauwale im PrättigauDamit Menschen sich für gefährdete
Nutztiere wie zum Beispiel für Pfauen-
ziegen oder Evolèner Rinder einsetzen,
müssen sie erst mal wissen, dass es
solche gibt. Es braucht dafür die Kennt-
nis, dass vor unserer Haustüre Tierras-
sen leben, die Gefahr laufen, für immer
zu verschwinden. Die letzten Blauwale
im Prättigau und die wenigen, verbliebe-
nen Berggorillas im Oberwallis, quasi.
Nur wer sich dessen bewusst ist, kann
handeln, kann Projekte unterstützen
oder über den Kauf von Wolle, Fleisch
oder Käse die Rassenvielfalt bewahren.
Eine essentielle Grundlage für die Er-
haltungsarbeit ist darum die Sensibili-
sierung der Menschen für die seltenen
Rassen und für die Wichtigkeit, diese
zu schützen. Und weil es dafür nie zu
früh sein kann, möchten wir schon die
kleinen Tierfreundinnen und -freunde für
das Thema begeistern.
«Konrad Kupferhals» als BotschafterSchnell war klar, dass uns dabei unser
bisheriger Argumentenfundus nicht wei-
terbringt. Denn welches Kind lässt sich
mit dem Wert der Agrobiodiversität und
der Notwendigkeit eines breiten Gen-
pools fesseln? Eine komplett andere
Sprache musste her.
Entstanden ist das Bilderbuch «Konrad
Kupferhals» mit der Geschichte eines
kleinen Ziegenbocks, der loszieht, um
anders zu werden, auf seiner Reise mit
Grauvieh und Wollschwein zusammen-
spannt und zu sich selber findet.
Die Idee funktioniertAm Eröffnungsfest des ProSpecieRara-
Hauptsitzes Ende Juni in Basel war auch
eine kleine Gruppe Kupferhalsziegen zu
sehen. Sie können sich vorstellen, dass
es sehr bewegend war, Kinder zu be-
obachten, die beim Anblick der stolzen
Tiere «schau da ist Konrad Kupferhals!»
riefen.
Zusätzlichen Rückenwind erhielten wir
vom bekannten Holzspielzeughersteller
Trauffer. Weil er für eine spezielle Pro-
SpecieRara-Ziegenserie gewonnen wer-
den konnte, wird nun in den Kinderzim-
mern hie und da auch eine Pfauenziege
grasen oder eine Capra Grigia gemolken
werden. Dass pro verkaufter Holzziege
ein Franken an die Projekte für die le-
benden Pendants geht, ist sympathisch.
Unbezahlbar jedoch ist, dass die Ziegen-
rassen und damit die Biodiversität zum
Thema bei den Kindern und ihren Eltern
und Freunden werden. Wenn die Familie
auf der nächsten Wanderung beim Erbli-
cken einer Ziegenherde darüber disku-
tiert, um welche Rasse es sich handeln
könnte, sind wir einen grossen Schritt
weiter auf dem Weg zur Sicherung der
Vielfalt.
Philippe Ammann, Bereichsleiter Tiere und Autor
von «Konrad Kupferhals»
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Die Begeisterung für ProSpecieRara kennt keine Altersgrenze
Der Stadt-Tomaten-Bauer«2012 habe ich mit Freunden den Tomatensetz-lingsmarkt in der Stadtgärtnerei Zürich besucht.
Dort wurde ich auf das Projekt «Stadt-Tomaten» auf-merksam.
Umso mehr fuxte es mich, dass ich weder Balkon noch Terrasse hatte, wo ich Tomaten hätte pflanzen können. Noch im gleichen Jahr bin ich aber in Zürich in eine Parterrewohnung mit Sitzplatz gezogen. So stand meinem Tomatenprojekt nichts mehr im Weg. Ich be-stellte das Stadt-Tomaten Starter-Kit, welches die An-leitung von der Setzlingsanzucht bis zur Samenernte und auch eine kleine Portion Samen beinhaltet, kaufte weitere Samen und besuchte, um die Sortenvielfalt zu vergrössern, auch den ProSpecieRara-Setzlingsmarkt auf Schloss Wildegg. Da ich die Setzlinge sehr erfolg-reich angezogen habe, wuchsen ganze 30 kräftige Pflanzen – viel zu viele für meine Terrasse. So habe ich meine Nachbarn, Kollegen und auch meinen Vater mit Setzlingen versorgt. Ich hab in meinem ersten To-matenjahr viel gelernt und werde in Zukunft einiges an-ders machen. Dennoch bin ich mit meiner ersten Ernte mehr als zufrieden. Und das Saatgut fürs kommende Jahr hab ich aus meinen eigenen Tomaten geerntet.
Iwan Strub (24) ist im St. Galler Rheintal – ohne Bezug zum Gemüse-garten – aufgewachsen und beendet zur Zeit seinen Zivildienstein-satz bei «Züri rollt».
Eine Familie im Bann der seltenen Rassen«Mein Mann und ich sind beide auf dem Bauern-hof aufgewachsen, der Umgang mit Tieren ist uns
also sehr vertraut. Als Kind habe ich mir immer eine Ziege gewünscht, diese aber nie bekommen. Diesen Wunsch habe ich mir jetzt erfüllt. Aber zuerst waren die Hühner. Wir wollten eine Rasse, bei der die Tiere nicht schon nach einem Jahr wieder ersetzt werden mü-sen, wie das bei den Hochleistungsrassen oft der Fall ist. Auf der ProSpecieRara-Website sind wir auf das Schweizerhuhn gestossen und sind dann via Züchter-verein auch schnell zu Tieren gekommen. Schon bald haben wir auch gebrütet und Küken aufgezogen zum Weitergeben. Durch Kurse habe ich mir mehr Wissen angeeignet und jetzt bin ich sogar emmentaler Regio-nalbetreuerin für die Schweizerhühner.
Denn es ist wahnsinnig, was heute mit dieser in-tensiven Landwirtschaft alles verloren geht. Nach und nach sind dann noch Skudden-Schafe und Capra Grigia dazugekommen. Auch diese haben regelmässig Junge, welche wir wenn immer möglich, lebend verkaufen. Ab und zu gibt es auch mal ein Böckli, für das wir keinen Abnehmer finden. Diese essen wir. Die Tiere sind je-doch reines Hobby, mein Mann arbeitet vollzeit aus-wärts, während ich Haus und Hof in Schuss halte.
Esther Schmid (36) lebt zusammen mit ihrem Mann Florian (39) und den vier Kindern (2–8) in Biembach im Emmental.
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Ich war begeistert von der Vielfalt, die angeboten wurde und fand es spannend, dass diese Sorten sogar selber vermehrt werden können.
Es ist toll, wenn man so direkt mithelfen kann, dass eine Rasse überlebt.
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Aufgezeichnet von Nicole Egloff, Medienverantwortliche ProSpecieRara
Die engagierte Sortenretterin
«Mein Herz hat schon immer für die Landwirt-schaft geschlagen, ich bin als Bauerntochter
aufgewachsen. Aus gesundheitlichen Gründen konnte ich jedoch nicht in diesem Bereich arbeiten. Ich habe schon früh beobachtet wie die Natur rund um die Bau-ernhöfe immer eintöniger wurde. Das hat mich beun-ruhigt. Mit Mitte 40 konnte ich eine Wohnung mit gros-sem Garten mieten. Dieser Garten war eine einzige Ödnis, völlig überdüngt. Ich hab dann nach und nach auf eine Düngung mit biodynamischen Präparaten um-gestellt.
Von Freunden habe ich Blauen Emmer bekom-men. Diesen habe ich Anfang der 1990er Jahre an ProSpecieRara geschickt. So bin ich mit der Stiftung in Kontakt gekommen. Seither sorge ich in meinem Garten dafür, dass der Blau-Emmer, der seither unter der Nummer GT-831 bei ProSpecieRara verzeichnet ist, nicht ausstirbt. Ich vermehre ihn Jahr für Jahr. Zusätzlich habe ich einige Bohnen- und weitere Ge-treidesorten in Obhut genommen – alles Kulturen, die nicht allzu viel Arbeit verursachen. Regelmässig schicke ich vom geernteten Saatgut einen Teil an die Samenbibliothek zurück, so dass dort immer frisches, keimfähiges Saatgut lagert. Mir ist es ein grosses Anliegen, dass das Saatgut Allgemeingut bleibt, denn es ist die Grundlage für unsere Ernährung. Und diese möchte ich nicht in den Händen von ein paar wenigen Grosskonzernen wissen.
Heidi Schenkel (69) ist pensioniert. In ihrem naturnahen Garten in Gossau/ZH pflegt sie die Sorten- und Artenvielfalt.
Ein junger Schaf-Götti
«Ich finde Schafe und Ziegen schon lange toll. Die sind einfach lustig. Zuhause spiele ich immer
Bauernhof mit meinen Holztieren. Auf meinen vierten Geburtstag hat mir dann mein Götti eine Patenschaft für Flora geschenkt. Flora ist ein Engadinerschaf. Das sieht man daran, weil sie so schön braun ist und Lam-piohren hat. Flora lebt im gleichen Dorf wie ich, so kann ich sie ab und zu besuchen gehen. Wenn Dani (der Besitzer) dabei ist, darf ich auch auf die Weide gehen und Flora und ihren Kolleginnen hartes Brot ge-ben. Das haben sie megagern.
Selber haben wir als Tier nur Zwirbel, unser Büsi. Der ist zwar auch lieb, aber
Flavio (5) lebt mit seinen Eltern im Aargauer Reusstal wo er den Kindergarten besucht.
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ein Büsi haben ja alle. Aber ich hab eben noch ein Schaf, das ist cool.
Die Lage ist zwar dramatisch, aber ich bin überzeugt, dass wir alle etwas dafür tun können, dass sie sich verbessert.
Mehr zu den Patenschaften unter www.prospecierara.ch/de/Patenschaften
ProSpecieRara | Weihnachtsbulletin 2014
Sortenwissen in die Zukunft retten
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Mit den alten Sorten und Rassen ist im-mer auch eine Mengen Wissen verbun-den. Wissen um Pflege, Verarbeitung oder schlicht um die Eigenheiten der Vielfalt – Wissen, das ProSpecieRara u.a. in Kursen weitergibt.
Neben Samenbau-, Schafzuchts-, Stau-
denvermehrungs- und vielen anderen
Kursen bietet ProSpecieRara auch
Kurse im Bereich Obst an; zurzeit ein
Baumpflege- und ein Sortenbestim-
mungskurs. Gertrud Burger leitet den
Pflanzenbereich bei ProSpecieRara, ihr
Kerngebiet ist das Obst. Entsprechend
hat sie die beiden modular aufgebauten
Kurse ins Leben gerufen und leitet sie
auch teilweise.
Nicole Egloff: Warum bietet ProSpe-cieRara einen Obstsortenbestimmungs-kurs an?Gertrud Burger: Ohne Grund stehen wir
Menschen kaum für etwas ein. Sorten
werden nur erhalten, wenn man auch
ihre Eigenschaften kennt und schätzt.
Vielleicht ist es der nussige Geschmack
der bis in Mittelalter zurückreichenden
‹Goldparmäne› oder die Erinnerung an
den grossmütterlichen Kirschenkompott
mit der ‹Basler Adlerkirsche›, die uns
motivieren, die Sorten weiter zu pflegen.
An wen richten sich die Kurse?An alle Obstinteressierten. Vor einigen
Jahren, als wir mit den Kursen ange-
fangen haben, waren dies primär ältere
Menschen. Menschen, welche die alten
Sorten noch aus ihrer Kindheit kann-
ten und den Sortenverlust bemerkten.
In den letzten Jahren sind immer mehr
auch jüngere Personen dazugekommen.
Sei es, weil sie einen Obstgarten über-
nommen haben, in einer Landschafts-
schutzkommission einer Gemeinde
sitzen oder schlicht Freude an der im-
mensen Vielfalt unserer rund 2000
Obstsorten haben. Sie alle spüren eine
Verantwortung diesem kulturellen Erbe
gegenüber.
Bringen diese Leute Vorkenntnisse mit?Das ist ganz unterschiedlich. Sortenbe-
stimmen ist etwas ziemlich Komplexes.
Deshalb bieten wir am ersten Kurstag ei-
nen Theorieteil an, der erklärt, was z.B.
eine Kelchgrube oder eine Deckfarbe ist
und worauf geachtet werden muss. Tag
zwei und drei sind dann von Workshops
bestimmt, die oft auch von Kursteil-
nehmern der vorherigen Jahre besucht
werden. Diese können so kostenlos ihr
Wissen auffrischen. Es ist schön zu se-
hen, wie Einzelne richtigen Ehrgeiz ent-
wickeln. In Hausaufgaben gilt es jeweils
Äpfel aus dem Kurs zu bestimmen. Für
Ungeübte ist es fast unmöglich, alle Sor-
ten richtig zu bestimmen. Es gibt aber
immer wieder Personen, die nicht locker
lassen, bis sie am Ziel sind.
Was verbindet dich mit dem Thema alte Obstsorten?Durch die Übernahme des elterlichen
Bauernhofs kam ich in den Besitz eines
schönen Obstgartens. Zum Glück habe
ich von meiner Mutter und Grossmutter
noch mitbekommen, wie man z.B. die
‹Legi birne›, welche bei mir auf einem
über 100-jährigen Baum wächst, verar-
beitet. Diese ist zum Frischessen nicht
sehr attraktiv und wird schnell teig. Ge-
dörrt und zu Birnenweggen verarbeitet
ist sie aber unschlagbar.
Dann bräuchte es eigentlich auch ei-nen Obstsorten-Verarbeitungskurs, um solches Wissen lebendig zu erhalten...Das ist so. Ideen gibt es viele, im Mo-
ment haben wir dafür aber leider kei-
ne Kapazität. Aber wenn die Bäume in
der neuen Obstsammlung bei unserem
Hauptsitz in ein paar Jahren genügend
Früchte tragen, könnte man das durch-
aus anbieten. Bis dahin sammeln wir
solche Infos und publizieren sie z.B. in
unserem Online-Sortenfinder.
Der Sortenbestimmungskurs findet je-
weils im Herbst statt, der Baumpflege-kurs an 5 Tagen im Winter. Die aktuellen
Kursdaten finden Sie auf www.prospe-
cierara.ch/de/veranstaltungen. Den er-
wähnten Sortenfinderg gibt es auf www.
prospecierara.ch/de/sortenfinder.
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▲ Am Obstsortenbestimmungskurs lernt man
ganz genau hinzuschauen.
▲ Leittrieb, Seitentrieb, Stammbildner, Kopf-
veredelung – nur ein paar Begriffe, die
nach dem Baumpflegekurs geläufig sind.
▲ In ihrem Element: Gertrud Burger gibt ihr
Wissen rund um die alten Obstsorten ger-
ne weiter.
▲ Der über 100-jährige Legibirnenbaum in
Gertruds Obstgarten in Freienwil/AG
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ProSpecieRara | Weihnachtsbulletin 2014
Seltene Sorten für Bauerngärten und Stadtbalkone
▲ Eben noch Samen in der Samenbibliothek, ist
diese Ernte nun der Stolz der Gärtnerin.
▲ Dank der prominenten Stadt-Tomaten-
Botschafterin Jaël Malli (Frontfrau von Lunik)
schafften es die Stadt-Tomaten auch in die
Schweizer Illustrierte.
▲ Mit verschiedenen Promotions-Ständen konn-
te ein ganz neues Publikum auf die Problema-
tik aufmerksam gemacht werden.
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Das Thema schwindende Sorten- und Rassenvielfalt betrifft uns alle – denn diese Vielfalt ist die Grundlage unserer Ernährung. Noch längst nicht alle sind sich der Problematik jedoch bewusst. ProSpecieRara versucht auf ganz unter-schiedlichen Wegen zu sensibilisieren.
Wer gärtnert und neugierig ist, der kennt
uns wahrscheinlich schon länger. Manch
einer greift zu ProSpecieRara-Samen,
damit rote Krautstiele, gelbe Randen
und violette Tomaten gedeihen. Saatgut
von einigen dieser Sorten gibt es bereits
wieder bei unseren Partnern wie z.B.
Coop oder Sativa Rheinau zu kaufen.
Die nach wie vor grösste Auswahl lagert
aber in unserer Samenbibliothek.
660 Sorten für Neugierige und ErhalterDiese Samenbibliothek dient als eigent-
liches Verteilzentrum für Saatgut. Hier-
hin gelangen die Samen, welche unsere
Samengärtnerinnen vermehrt haben und
von hier werden sie nach einiger Zeit,
wenn die Keimfähigkeit nachzulassen
droht, wieder an Vermehrer geschickt.
Von einem Teil dieser Sorten können
auch ProSpecieRara-Gönner Saatgut
beziehen und so mithelfen, dass diese
lebendig erhalten bleiben. Bestellt wird
das Saatgut direkt bei den Vermehrern,
die so auch gleich Tipps rund um Pflege
und Verarbeitung weitergeben können.
Dieses System hat sich mit kleinen An-
passungen über die letzten 25 Jahre
bewährt und ist stetig gewachsen. Über
660 Sorten Gemüse, Zierpflanzen, Bee-
ren, Kräuter, Kartoffeln und Getreide ste-
hen für 2014 zum Bestellen bereit – der
grösste Teil davon gratis, angeboten von
rund 80 Hobbygärtnern und -gärtnerin-
nen.
Wer über unser Netzwerk Saatgut be-
stellt, ist sich der Problematik rund um
die schwindende Vielfalt meist bewusst
und tut mit dem Anbau und dem Kon-
sum dieser Sorten sowie mit der finan-
ziellen Unterstützung unserer Arbeit das
Seine, damit die Vielfalt erhalten bleibt.
Wie aber begeistert man eine Bevölke-
rungsgruppe, die mit Gartenbau (bis an-
hin) wenig am Hut hat? Man beschreitet
neue Wege.
Neues Publikum dank Stadt-TomatenDas Projekt «Stadt-Tomaten», welches
wir im Frühling 2012 lanciert haben,
hat Personen im Fokus, die empfänglich
sind für unsere Themen, bis jetzt aber
wenig Berührungspunkte mit ProSpe-
cieRara hatten.
Persönliche Begegnungen mit Stadt-
Tomaten-Anbauern zeigen uns, dass
wir mit den «Stadt-Tomaten» auf dem
richtigen Weg sind. So berichtet uns
ein junger Mann am diesjährigen Buure-
märt in Basel stolz, dass er und seine
Kollegen aus den Setzlingen, die sie an
der Messe NATUR 2012 bekommen hat-
ten, seltene Tomaten gezogen haben.
Im Sommer haben sie, wie es das Pro-
jekt vorsieht, Samen aus den Früchten
gewonnen und aus diesen wiederum
Setzlinge angezogen. Dabei waren sie
so erfolgreich, dass sie Sets mit Setz-
lingen verschiedener Sorten an Freunde
weiterverschenken konnten. Ähnliches
berichtet Iwan Strub (siehe Portrait auf
Seite 4).
Dass man sich mit dem durchaus erns-
ten, aber lustvoll aufbereiteten Thema,
bei dem es um nicht weniger als unsere
Ernährungssicherheit geht, in Zeitschrif-
ten und Radiobeiträgen einer völlig neu-
en Personengruppe präsentieren kann,
ist ebenfalls ein positiver Effekt des
Projekts.
Wenn nur ein kleiner Teil der über 6000
auf www.stadt-tomaten.ch Registrierten
und der unzähligen weiteren Personen,
die über die verschiedensten Kanäle mit
der Problematik in Berührung gekom-
men sind, das Thema so umsetzen, wie
es Iwan & Co. machen, haben wir schon
viel erreicht.
Nicole Egloff, Medienverantwortliche
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ProSpecieRara- Setzlingsmärkte
Vielfalt für Ihren Garten.
Der GrössteSetzlingsmarkt Wildegg, 3. & 4. Mai, 9 bis 17 Uhr, auf Schloss Wildegg, 5103 Wildegg / AG
Der NeuesteSetzlingsmarkt Wil, 10. Mai, 9 bis 17 Uhr, in der Gärtnerei der Psychiatrischen Klinik, 9500 Wil /SG
Der BuntesteZierpflanzenmarkt Bern, 18. Mai, 9 bis 17 Uhr, Stadtgrün Bern, Elfenau, 3006 Bern
Weitere Infos auf www.prospecierara.ch
Schweizerische Stiftungfür die kulturhistorischeund genetische Vielfaltvon P�anzen und Tieren