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1 www.myeloma.org Wichtige Fragen 2014: Höhepunkte des 5. jährlichen IMWG-Gipfels Seit 2001 bewirken die Errungenschaſten der International Myeloma Working Group (In- ternationale Myelom-Arbeitsgruppe; IMWG) der IMF tiefgreifende Veränderungen auf dem Gebiet der Myelom-Forschung. Die Mitglieder der IMWG setzen sich auf einem jährlich stat- tfindenden Gipfeltreffen zusammen, um die vielversprechendsten Forschungsmaßnahmen zur Krankheitsprävention und erapieoptimierung zu identifizieren, zu fördern und umzusetzen sowie ein Heilmittel für das Myelom zu finden. Eine Rekordzahl an Myelom-Forschern aus der ganzen Welt hat sich auf dem 5. jährlichen IMWG-Gipfel zusammengefunden, der vom 9. bis 11. Juni 2014 im italienischen Mailand stattfand. Bei der Begrüßung war der Enthusiasmus aller Mitglieder spürbar – dieser führte während des Gipfels zu lebhaſten und manchmal auch erhitz- ten Debatten. Während Zusammenarbeit für die IMWG ein wichtiger Begriff ist, haben die Ex- perten in dem Bemühen, einen Konsens zu finden, häufig mit schwierigen Fragen zu kämpfen. seite 2 Höhepunkte der jährlichen Konferenz 2014 der American Society of Clinical Oncology Die 50. jährliche Konferenz der American Society of Clinical Oncology (ASCO; Amerikan- ische Gesellschaſt für klinische Onkologie) fand vom 30. Mai bis 3. Juni 2014 in Chicago statt. Die Konferenz umfasste eine Reihe an interessanten Postern und mündlichen Präsentationen zum multiplen Myelom. Während sich die jeden Dezember stattfindende Konferenz der Amer- ican Society of Hematology (ASH; Amerikanische Gesellschaſt für Hämatologie) ausschließlich auf Blutkrankheiten konzentriert und für Forscher im Bereich Myelom die größte Veranstal- tung darstellt, versammelt die ASCO-Konferenz jedes Jahr über 25.000 Fachleute für Onkol- ogie aus einem breiten Spektrum an Fachgebieten. In jedem neuen Jahr findet sich auf der ASCO-Konferenz eine zunehmende Anzahl an myelombezogenen Präsentationen – in diesem Jahr gab es 59 myelomspezifische Abstracts, von denen viele neue Einsichten und Informa- tionen zum wissenschaſtlichen Fortschritt boten. seite 5 Überwachung mit Hevylite® bei Patienten mit Myelom Bei gesunden Personen finden sich viele Plasmazellen mit unterschiedlichem genetisch- em Hintergrund, und diese Zellen stellen Proteine her, die sich voneinander unterscheiden. Bei einem Myelom, einem Krebs, der durch eine bösartig entartete Plasmazelle (Myelomzelle genannt) entsteht, werden viele Kopien dieses Myeloms im Knochenmark gebildet. Obgleich aus diesen Myelomzellen auch Teilklone mit geringfügigen genetischen Unterschieden ent- stehen können, bleibt die Fähigkeit zur Bildung identischer Proteine – auch Myelom-Protein, monoklonales (M-)Protein, M-Komponente, M-Spike oder Paraprotein genannt – weitgehend erhalten. Diese Proteine werden in großen Mengen ins Plasma abgegeben, wo sie erkannt und gemessen werden können. Die Identifikation eines M-Proteins ist für die Diagnose wichtig, und die Messung seiner Konzentration ist bei der Überwachung der Wirksamkeit der erapie und beim Erkennen eines Rezidivs nützlich. seite 8

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Wichtige Fragen 2014: Höhepunkte des 5. jährlichen IMWG-Gipfels

Seit 2001 bewirken die Errungenschaften der International Myeloma Working Group (In-ternationale Myelom-Arbeitsgruppe; IMWG) der IMF tiefgreifende Veränderungen auf dem Gebiet der Myelom-Forschung. Die Mitglieder der IMWG setzen sich auf einem jährlich stat-tfindenden Gipfeltreffen zusammen, um die vielversprechendsten Forschungsmaßnahmen zur Krankheitsprävention und Therapieoptimierung zu identifizieren, zu fördern und umzusetzen sowie ein Heilmittel für das Myelom zu finden. Eine Rekordzahl an Myelom-Forschern aus der ganzen Welt hat sich auf dem 5. jährlichen IMWG-Gipfel zusammengefunden, der vom 9. bis 11. Juni 2014 im italienischen Mailand stattfand. Bei der Begrüßung war der Enthusiasmus aller Mitglieder spürbar – dieser führte während des Gipfels zu lebhaften und manchmal auch erhitz-ten Debatten. Während Zusammenarbeit für die IMWG ein wichtiger Begriff ist, haben die Ex-perten in dem Bemühen, einen Konsens zu finden, häufig mit schwierigen Fragen zu kämpfen.

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Höhepunkte der jährlichen Konferenz 2014 der American Society of Clinical Oncology

Die 50. jährliche Konferenz der American Society of Clinical Oncology (ASCO; Amerikan-ische Gesellschaft für klinische Onkologie) fand vom 30. Mai bis 3. Juni 2014 in Chicago statt. Die Konferenz umfasste eine Reihe an interessanten Postern und mündlichen Präsentationen zum multiplen Myelom. Während sich die jeden Dezember stattfindende Konferenz der Amer-ican Society of Hematology (ASH; Amerikanische Gesellschaft für Hämatologie) ausschließlich auf Blutkrankheiten konzentriert und für Forscher im Bereich Myelom die größte Veranstal-tung darstellt, versammelt die ASCO-Konferenz jedes Jahr über 25.000 Fachleute für Onkol-ogie aus einem breiten Spektrum an Fachgebieten. In jedem neuen Jahr findet sich auf der ASCO-Konferenz eine zunehmende Anzahl an myelombezogenen Präsentationen – in diesem Jahr gab es 59 myelomspezifische Abstracts, von denen viele neue Einsichten und Informa-tionen zum wissenschaftlichen Fortschritt boten. seite 5

Überwachung mit Hevylite® bei Patienten mit Myelom

Bei gesunden Personen finden sich viele Plasmazellen mit unterschiedlichem genetisch-em Hintergrund, und diese Zellen stellen Proteine her, die sich voneinander unterscheiden. Bei einem Myelom, einem Krebs, der durch eine bösartig entartete Plasmazelle (Myelomzelle genannt) entsteht, werden viele Kopien dieses Myeloms im Knochenmark gebildet. Obgleich aus diesen Myelomzellen auch Teilklone mit geringfügigen genetischen Unterschieden ent-stehen können, bleibt die Fähigkeit zur Bildung identischer Proteine – auch Myelom-Protein, monoklonales (M-)Protein, M-Komponente, M-Spike oder Paraprotein genannt – weitgehend erhalten. Diese Proteine werden in großen Mengen ins Plasma abgegeben, wo sie erkannt und gemessen werden können. Die Identifikation eines M-Proteins ist für die Diagnose wichtig, und die Messung seiner Konzentration ist bei der Überwachung der Wirksamkeit der Therapie und beim Erkennen eines Rezidivs nützlich. seite 8

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Seit 2001 bewirken die Errungen-schaften der International Myelo-ma Working Group (Internationale Myelom-Arbeitsgruppe; IMWG) der IMF tiefgreifende Veränderungen auf dem Gebiet der Myelom-For-schung. Die Mitglieder der IMWG setzen sich auf einem jährlich stattfindenden Gipfeltreffen zusammen, um die vielversprechendsten Forschungsmaßnahmen zur Krankheitsprävention und Therapieopti-mierung zu identifizieren, zu fördern und umzusetzen sowie ein Heil-mittel für das Myelom zu finden. Eine Rekordzahl an Myelom-Forschern aus der ganzen Welt hat sich auf dem 5. jährlichen IMWG-Gipfel zusam-mengefunden, der vom 9. bis 11. Juni 2014 im italienischen Mailand stattfand. Bei der Begrüßung war der Enthusiasmus aller Mitglieder spürbar – dieser führte während des Gipfels zu lebhaften und manchmal auch erhitzten Debatten. Während Zusammenarbeit für die IMWG ein wichtiger Begriff ist, haben die Experten in dem Bemühen, einen Kons-ens zu finden, häufig mit schwierigen Fragen zu kämpfen.

Der Gipfel ist so konzipiert, dass die Teilnehmer zunächst den neuesten Fortschritt besprechen und sodann Ideen einbringen, debat-tieren und neue Bereiche erörtern, in denen noch Forschungsbedarf besteht. Dr. Brian G.M. Durie (Vorsitzender der IMF) begrüßte die Teilnehmer und eröffnete die erste Sitzung mit Präsentationen zu den neuesten Daten zum Fortschritt in der Durchflusstechnologie, zu neuen diagnostischen Kriterien und geriatrischer Risikostratifizierung. Hierbei handelt es sich um Forschungsbereiche, die die IMWG zuvor als höchste Priorität genannt hatte.

Der erste Redner, Dr. Alberto Orfao (Universität von Salaman-ca, Salamanca, Spanien), präsentierte Daten zum Fortschritt in der Durchflusstechnologie, durch den der Test für Myelome spezifisch und hochempfindlich wird. Gemeinsam mit seinem Team hat er diesen molekularen Test angepasst, um ein besseres Verständnis für die Biol-ogie des Myeloms zu erlangen und herauszufinden, warum es selbst bei denjenigen Patienten erneut auftritt, die komplett auf die Therapie ansprechen. Das Verhalten des Myeloms hat uns gezeigt, dass ein „kom-plettes Ansprechen“ nicht bei allen Patienten dasselbe bedeutet und dass „komplett“ nicht unbedingt heißen will, dass jede einzelne Myelomzelle verschwunden ist. Bislang standen nicht die nötigen Instrumente zur Verfügung, um zu erfassen und zu beschreiben, was die Experten als „minimale Resterkrankung“ (MRD) bezeichnen – die Krebszellen, die nach der Therapie im Körper verbleiben.

Die gegenwärtigen Durchflusszytometrie-Verfahren unterscheiden sich bei einzelnen Einrichtungen in den verschiedenen Ländern und auf der ganzen Welt sehr und sind alles andere als einheitlich. Dadurch lassen sich Daten klinischer Studien nur schwer vergleichen. Der von

Dr. Orfao entwickelte multiparametrische 8-Farben-Durchflusstest ist hochempfindlich, kann in jeder Einrichtung durchgeführt werden und, da die Ergebnisse anhand einer von ihm konzipierten Computersoftware ausgewertet werden, werden menschliche Subjektivität und potenzielle Fehler ausgeschlossen. Dieser neue Durchflusstest zeigt klare Vorteile gegenüber der Sequenzierungsmethode der nächsten Generation (NGS), bei der Myelomzellen bei 5 bis 10 % der untersuchten Patienten über-sehen werden. Außerdem ist letzterer aufwendiger, zeitraubender und kostspieliger als die Durchflusszytometrie.

Da bei der Durchflusszytometrie Knochenmarkproben verwendet werden, muss das Verfahren von PET/CT-Bildgebung begleitet werden,

um eine eventuelle Myelom-Aktivität außerhalb des Knochenmarks (extramedullär) erkennen zu können. Dr. Orfao arbeitet mit sei-nem Team derzeit an zusätzlichen Myelomzellen-Markern sowie an einem Verfahren zur Analyse von Blutproben.

Mit dem MRD-Test werden klinische Studien um einen neuen Endpunkt erweitert werden können. Statt abwarten zu müssen, welche Therapie die längste Remission oder das längste Gesa-mtüberleben ermöglicht – ein Zeitraum, der sich über ein Jahrzehnt oder länger erstrecken könnte –, liefert der neue Durchflusstest eine sofortige Antwort auf die Frage: „Welches Arzneimittel oder Thera-pieschema hat bei der größten Anzahl an Patienten zur niedrigsten

MRD-Rate geführt?“. Als nächstes sprach Dr. Vincent Rajkumar (Mayo Clinic, Rochester,

Minnesota, USA), Erstautor der neuen IMWG-Konsensrichtlinie zu den diagnostischen Kriterien für Myelome. Es hatte die schwierige Aufgabe, die biologischen Marker zu definieren und zu beurteilen, mit denen ver-hindert werden kann, dass Patienten mit smoldering multiplem Myelom (SMM) entweder durch zu langes Warten auf die Therapie oder durch eine zu frühe Therapie geschädigt werden.

Bei einem solchen Projekt steuert die gesamte IMWG während des-sen Verlauf Daten bei, und jedes Mitglied der IMWG kommentiert das dabei entstehende Manuskript. Kommt es zu Uneinigkeiten, müssen Kompromisse und ein Konsens gefunden werden. Die nötigen Daten zu sammeln, um einen wesentlichen Paradigmenwechsel herbeizuführen, kann Jahre dauern, und auch danach braucht es oft noch viele Monate, bis ein Konsens für eine Publikation gefunden wird. Mit Dr. Rajku-mar als Hauptautor wurde vor vier Jahren mit der Arbeit an diesem so wichtigen Arbeitspapier begonnen, welches sich nun in der Endfassung befindet und für die Publikation eingereicht wurde. Darin werden neue Biomarker präsentiert, mit denen bestimmt werden kann, wann mit der Behandlung von Patienten begonnen werden sollte, die keine CR-AB-Kriterien haben, bei denen jedoch ein um 80 % höheres Risiko für eine Progression zu einem aktiven Myelom mit Organschädigung in den

Wichtige Fragen 2014: Höhepunkte des 5. jährlichen IMWG-Gipfelsvon Debbie Birns – medizinische Journalistin der IMF

Dr. Ramon Garcia-Sanz and Dr. Alberto Orfao

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nächsten zwei Jahren besteht. Solche Patienten werden als „mit ultraho-hem Risiko“ eingestuft, und sie machen nur 10–15 % aller Patienten mit SMM aus.

Dr. Rajkumar wies darauf hin, dass der neue Durchflusstest nach dessen Validierung in die diagnostischen Kriterien für SMM mit ultra-hohem Risiko aufgenommen werden soll. Die Daten zum FISH-Test und zum monoklonalen Proteinspiegel unterstützen die Risikogrenze von 80 % für eine sofortige Behandlung nicht und wurden daher nicht berück-sichtigt. Der gegenwärtige Konsens ist, dass SMM mit ultrahohem Risiko wie MM betrachtet und auch so behandelt werden sollte; SMM mit hohem Risiko sollte nur im Kontext einer klinischen Studie behan-delt werden; Patienten mit SMM mit geringem Risiko sollten lediglich beobachtet werden.

Als letzter Präsentator sprach Dr. Antonio Palumbo (Universität von Turin, Turin, Italien), führend im Bereich der Therapie von schwachen und/oder älteren Myelom-Patienten und der diesjährige Preisträger des Robert A. Kyle Lifetime Achievement Awards. Dr. Palumbo ist führen-der Autor einer neuen IMWG-Publikation zu geriatrischer Risikostrati-fizierung und hat zum ersten Mal die Kriterien für die Risikobeurteilung definiert. Damit haben Ärzte auf der ganzen Welt klare Leitlinien für die Behandlung von Myelomen bei dieser Patientenpopulation. Ein schwa-cher Patient ist laut Definition ein solcher, der unter Komorbiditäten (anderen Krankheiten, insbesondere Herzerkrankungen, Infektionen, gastrointestinalen Problemen und Blutgerinnseln) leidet und alltägli-chen Aktivitäten nur schwer oder gar nicht nachgehen kann. 15 % der jüngeren Patienten werden als schwach eingestuft, ebenso wie 35–40 % der Patienten, die über 80 Jahre alt sind. Diese Patienten erfordern Me-dikamente mit geringerer Wirkung (zwei Medikamente in Kombination anstatt drei oder mehr) sowie eine niedrigere Dosierung. Ziel der Ther-apie ist es hierbei vielmehr, die Krankheit zu kontrollieren statt sie ganz auszumerzen, insbesondere in den ersten zwei bis drei Therapiemonaten.

Die Daten der Präsentation zeigen, dass das progressionsfreie und das Gesamtüberleben von schwachen/älteren Patienten mit niedrigerer Medikamentendosierung gleich sind wie die von stärkeren Patienten mit stärkerer Dosierung. Was Dr. Palumbo sagt, sollte von jedem Arzt berücksichtigt werden: Schwächere Patienten dürfen nicht überbehan-delt werden, und auf das Mortalitäts- und Toxizitätsrisiko muss geachtet werden. Solche Patienten mit hohen Dosierungen, dreifachen Medika-mentenkombinationen und Dauertherapie zu einer kompletten Remis-sion zu zwingen, ist bei dieser Patientenpopulation nicht angebracht.

Die Diskussion konzentrierte sich sodann darauf, eine klarere Defini-tion dafür zu finden, wann Schwäche bei Patienten aufgrund des Mye-loms oder infolge von Komorbiditäten auftritt. Ist ein Patient schwach, weil das Myelom unkontrolliert ist, ist es besser, zunächst die Belastung durch den Tumor zu reduzieren und die Behandlung anschließend, wenn der Patient in der Lage ist, eine aggressivere Therapie besser zu tolerieren, neu zu beurteilen. Dr. Palumbo betonte die Notwendigkeit der Beurteilung der Herzfunktion bei allen Patienten, ehe die Therapie eingeleitet wird.

Der nächste Abschnitt des Gipfeltreffens wurde in seriokomischem Debattenformat abgehalten. Die erste „Debatte“ fand zwischen Dr. Xavier Leleu (Hôpital Claude Huriez, Lille, Frankreich) und Dr. Maria Victoria Mateos (Universität von Salamanca, Salamanca, Spanien) statt. Beide nahmen gegensätzliche Stellungen bezüglich Revlimid® (Lena-lidomid) plus Dexamethason (Rd) bei der Erstlinienbehandlung von älteren (ohne Transplantation) Patienten ein. Basierend auf den Daten der FIRST-Studie, welche vor sechs Monaten bei der ASH-Konferenz präsentiert wurden, setzte sich Dr. Leleu für kontinuierliches Rd ein, welches gegenüber MPT und Rd in fester Dosierung in dieser dreiar-migen Studie deutlich besser abschnitt. Er nannte seine Präsentation humorvoll den „Ausstieg aus Melphalan“ und gab an, der einzige Grund, warum es nach fast 50 Jahren noch verwendet würde, läge darin, dass es „billig“ sei. Er wies auf das mit dem Arzneimittel verbundene Risiko für sekundäre Malignitäten hin, insbesondere in Kombination mit Revlimid, und forderte angesichts besserer Medikamente mit besseren Anspre-chraten in der Praxis einen Paradigmenwechsel an. Eine doppelte Ther-apie mit Rd, so Leleu, sei für ältere Patienten sicherer und wirksamer als eine dreifache Kombination mit Melphalan.

Dr. Mateos, die gemeinsam mit Dr. Jesús San Miguel an der ur-sprünglichen „VISTA“-Studie mit VMP gearbeitet hatte, griff auf eine Analogie mit Bluejeans zurück, um Melphalan zu verteidigen: Jeans gäbe es schon sehr lange, aber mit den richtigen Accessoires blieben sie immer in Mode. Melphalan, so Mateos, sollte in Europa weiterhin das Rückgrat der Therapie von älteren Patienten bleiben. In Kombination mit neueren Wirkstoffen habe es sich als ein wunderbares „Accessoire“ erwiesen. Dr. Mateos brachte das Publikum zum Lachen, als sie fragte: „Wenn Melphalan in Kombination mit Revlimid keinen Nutzen bringt – was sollen wir dann über Revlimid denken?“ Sie bestätigte, dass die immunmodulierenden Arzneistoffe (IMiDs®) Thalomid und Revlimid nicht die besten Partner für Melphalan sind, und befürwortete VMP und den „Gesamttherapie“-Ansatz zur Behandlung älterer Patienten. Sie fügte an, dass neue Arzneimittelkombinationen wie Kyprolis® (Car-filzomib), Melphalan und Prednison vielversprechend zu sein scheinen. Ferner könnte eine neue Form von Melphalan, deren Wirksamkeit der-zeit in klinischen Studien erprobt wird, Melflufen, Melphalan in Kombi-nationstherapien zu einem noch stärkeren Partner machen.

Dr. Meletios Dimopoulos (Universität von Athen, Athen, Griech-enland) wies darauf hin, dass der stärkste Konkurrent von Melphalan durchaus ein alter und kostengünstiger Arzneistoff sein könnte – und zwar Cyclophosphamid, welches vorhersehbarere und reversiblere Tox-izitäten aufweist als Melphalan. Dr. Robert Kyle stimmte zu, dass Cy-clophosphamid ein geringeres Risiko für myelodysplastische Syndrome (Schäden am Knochenmark, die zu akuter Leukämie führen können) birgt als Melphalan und dass eine Kombinationstherapie aus Cyclophos-phamid/Revlimid/Dexamethason die Stammzellenentnahme im Gegen-satz zu Melphalan-haltigen Therapien nicht verhindert. Man war sich

Drs. Brian Durie, Stephen Russell, Ola Landgren, Joseph Mikhael, and Antonio Palumbo

Dr. Jesús San Miguel and Dr. Ola Landgren

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einig, dass alkylierende Substanzen weiterhin eingesetzt werden sollten und dass Cyclophosphamid bei Myelom der Alkylator der Wahl ist.

Die nächste Debatte, zwischen Dr. Michele Cavo (Fachbereich Mediz-in an der Universität Bologna, Bologna, Italien) und Dr. Shaji Kumar (Mayo Clinic, Rochester, Minnesota, USA), drehte sich um die Rolle der Stammzellentransplantation als Erstlinientherapie. Dr. Cavo argumen-tierte, dass eine frühzeitige Transplantation in Kombination mit neuen Therapien bei Patienten mit Standardrisiko, welche 70 % der für eine Transplantation in Frage kommenden Population ausmachen, die besten Ergebnisse verspricht. Er gestand ein, dass derzeit noch die Ergebnisse zweier großer Studien ausstehen, in denen eine neuartige Therapie, gefolgt von einer frühzeitigen Transplantation, mit einer neuartigen Therapie und einer Transplantation bei einem Rezidiv verglichen wird, verwies jedoch auch auf bereits verfügbare Langzeitdaten der Studie E4A03 (in der R/hochdosiertes Dex mit R/niedrigdosiertem Dex ver-glichen wurde) sowie der Studie zu MPR vs. autologer Tandem-Trans-plantation, um zu zeigen, dass die PFÜ- und KR-Raten bei Patienten mit einer frühzeitigen Transplantation doppelt so hoch lagen. Keine dieser Studien beantwortete die Frage bezüglich einer frühzeitigen vs. späten Transplantation; Dr. Cavo wartet daher gespannt auf die Daten der IFM/Dana-Farber- und EMN02-Studien, um seine Position zu bewerten.

Dr. Kumars Antwort auf die Frage: „Brauchen wir wirklich eine Stam-mzellentransplantation im Voraus, um ein tiefes Ansprechen zu erziel-en?“ lautet ganz klar „Nein“, und er verwies auf die FIRST-Studie, bei der mit der kontinuierlichen Gabe von Rd effektiv eine tiefe und langfristige Remission erzielt werden konnte. Obgleich er davon überzeugt sei, dass die Stammzellentransplantation nach wie vor eine wichtige Rolle spiele und zu einem bestimmten Zeitpunkt Teil der Therapie der Patienten sein sollte, wies er auf Daten hin, die hinsichtlich des Gesamtüberlebens

gleichwertige Ergebnisse bei einer frühzeitigen vs. späten Transplanta-tion als Rezidivtherapie zeigten, und drängte zum direkten alleinigen Einsatz neuartiger Therapien, wodurch die Toxizität einer Transplan-tation vermieden werden könne. Er gab den beiden Paradigmen für die Behandlung die Namen: Die sequenzielle Therapie – die „einmal kurz zuschlagen“-Methode, und die intensive und lange Therapie – den „draufschlagen und immer weiterschlagen“-Ansatz. Er sei der Überzeu-gung, dass eine Transplantation ein hervorragendes Instrument ist, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen, aber als Hammer nicht für jeden Nagel geeignet. Er merkte weiter an, dass der Zeitpunkt der Diagnose nicht der richtige ist, um die Eignung eines Patienten für eine Transplantation zu bestimmen, da die meisten Patienten zum Zeitpunkt der Diagnose ja am kränksten seien.

Dr. David Siegel (Hackensack University Medical Center, Hacken-sack, New Jersey, USA) konterte, dass die Dauer des Ansprechens bei einer verzögerten Transplantation kürzer sei und die Patienten der E4A03-Studie, die frühzeitig eine Transplantation erhielten, länger überlebten und eine bessere Lebensqualität hatten. Die Debatte ging

erhitzt weiter, und der Kons-ens zwischen allen Experten war zu guter Letzt, dass es bezüglich einer frühzeitigen Transplantation kein bestim-mtes Dogma gebe und man die Daten der Phase III der beiden endgültigen Studien abwarten müsse. Eine davon würde demnächst im New England Journal of Medicine publiziert.

Die Präsentationen zu in-teressanten neuen Therapiege-bieten und zur genetischen Risikostratifizierung endeten mit einer Übersicht von Dr. Ed Stadtmauer (University of Pennsylvania, Philadelphia, Pennsylvania, USA) zu seiner Pionierarbeit auf dem Gebiet der Immuntherapie mit trans-genen („synthetischen“) T-Zellen und chimären Antigenrezeptoren. Er nannte die autologe Transplantation eine geeignete Plattform für die Immuntherapie, obgleich sein neuer Ansatz mit genetisch veränderten NYESO-T-Zellen auch ohne Transplantation zum Ansprechen geführt habe. Derzeit werden 27 klinische Studien mit chimären Antigenrezep-tor-T-Zellen (CART) an 10 Zentren in den USA durchgeführt.

Dr. Stephen Russell (Mayo Clinic, Rochester, Minnesota) präsentierte seine Daten zur onkolytischen Virotherapie. Er hatte seine Forschung zuvor bei der jährlichen IMWG-Konferenz 2011 vorgestellt, und es war schön zu sehen, dass die neuesten Daten aus Phase I der Masernvi-russtudie den Machbarkeitsnachweis (Proof of Principle) brachten. Er erklärte, warum Myelomzellen die perfekten Ziele für das Masernvirus sind und warum eine massive Dosis des synthetischen Virus – genug für eine Impfung für 10 Millionen Patienten – erforderlich ist. Die Studie läuft seit 2006, aber erst im vergangenen Jahr wurde die Dosis auf den aktuellen, wirksamen Stand gesteigert. Als nächstes steht die Eröffnung einer Phase II-Studie im September an, wenn genug des Virus zur Ver-fügung steht. Die für die Teilnahme an der Studie geeigneten Patienten müssen gegen Proteasominhibitoren und IMiDs resistent sein und nach der Therapie mit einem alkylierenden Wirkstoff ein Rezidiv erlitten haben. Vor allen Dingen jedoch dürfen sie keine Antikörper gegen das Masernvirus aufweisen, selbst wenn sie in der Vergangenheit schon einmal an Masern gelitten haben. Dr. Russell forscht derzeit weiter, um zu bestimmen, ob „Zellenträger“ synthetisch hergestellt werden können, um die Neutralisierung von Antikörpern zu umgehen und den Impfstoff selbst bei Patienten, die gegen Masern immun sind, wirksam zu machen. Darüber hinaus arbeitet Dr. Russell an einer Virotherapie mit dem vesi-kulären Stomatitis-Virus (VSV), gegen den der Mensch keine Immunität entwickelt.

Dr. Paul Richardson (Dana-Farber Cancer Institute, Boston, Mas-sachusetts, USA) präsentierte einen Überblick über neue Therapien, die derzeit in klinischen Studien erprobt werden, darunter Proteasom-inhibitoren der zweiten Generation, Immuntherapien, neue „ältere“ Arzneimittel wie Melflufen und ARRY-520, monoklonale Antikörper (MAb) und Histon-Deacetylase (HDAC)-Inhibitoren. Er besprach die positiven Studiendaten für jedes Arzneimittel und verstand es, das Gefühl von Optimismus unter den Teilnehmern zu verstärken. Myelome seien und blieben ein wichtiges Gebiet für die Entwicklung wirksamer neuer Wirkstoffe, die sich in zahlreichen Kombinationen einsetzen ließen; manche davon seien auch als Monotherapie aktiv – ein Zeichen für eine hohe Wirksamkeit.

Dr. Saad Usmani (Carolinas Medical Center, Charlotte, North Car-olina, USA) befasste sich mit der Frage, ob sich eine Therapie auf der Grundlage der Risikostratifizierung individuell anpassen lässt. Myelome

Dr. Joseph Mikhael and Dr. Gösta Garhton

Dr. Brian Durie and Dr. Michele Cavo

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Höhepunkte der jährlichen Konferenz 2014 der American Society of Clinical Oncology von Debbie Birns – medizinische Journalistin der IMF

Die 50. jährliche Konferenz der Ameri-can Society of Clinical Oncology (ASCO; Amerikanische Gesellschaft für klinische Onkologie) fand vom 30. Mai bis 3. Juni 2014 in Chicago statt. Die Konferenz um-fasste eine Reihe an interessanten Postern und mündlichen Präsentationen zum mul-tiplen Myelom. Während sich die jeden Dezember stattfindende Konferenz der American Society of Hematology (ASH; Amerikanische Gesellschaft für Hämatol-ogie) ausschließlich auf Blutkrankheiten konzentriert und für Forscher im Bereich Myelom die größte Veran-staltung darstellt, versammelt die ASCO-Konferenz jedes Jahr über 25.000 Fachleute für Onkologie aus einem breiten Spektrum an Fach-gebieten. In jedem neuen Jahr findet sich auf der ASCO-Konferenz eine zunehmende Anzahl an myelombezogenen Präsentationen – in

diesem Jahr gab es 59 myelomspezifische Abstracts, von denen viele neue Einsichten und Informationen zum wissenschaftlichen Fortschritt boten.

Dauertherapie Verbesserte Ergebnisse durch Dauerther-

apie waren bei der ASH-Konferenz in New Orleans im Dezember 2013 ein wichtiges Thema. Die Bedeutung der Dauertherapie sah sich auf der ASCO-Konferenz 2014 durch eine mündliche Präsentation zur Dauer- vs. befristeten Therapie bei neu diagnostizierten

Myelom-Patienten von Dr. Antonio Palumbo (Universität von Turin, Turin, Italien; Abstract Nr. 8515) verstärkt. Er analysierte die Daten von 452 Patienten, die sich einer Dauertherapie unterzogen hatten, und 461 Patienten mit einer befristeten Therapie. Die 913 neu diagnos-tizierten Patienten wurden in zwei große Studien der Phase III aufge-

sind keine einzelne Krankheitsentität, und Dr. Bart Barlogie und Dr. Pieter Sonneveld konnten 10 verschiedene genetische Signaturen bestimmen, die von MGUS bis zu aktiver MM reichen. Dr. Usmani gab an, dass 10–15 % der Myelom-Patienten derzeit geheilt seien. Wir wüssten nun, dass die Evolution von MGUS zu MM vielmehr verzweigt („darwin-ianisch“) als linear verläuft, und dass die klonale Auswahl unter dem Druck der Therapie erfolgt. Die Krankheitsbelastung, Krankheitsbiologie und die Host-Faktoren spielten allesamt eine Rolle bei der Risikobestimmung. Er verwies auf vorangehende Studiendaten und auf Daten aus der Phase III-Stud-ie zu Elotuzumab/Rev/Dex an rezidivierenden/refraktären Patienten, bei denen die Teilgruppena-nalysen bei Patienten mit mehreren risikoreichen genetischen Mutationen durchgeführt wurden.

Dr. Jesús San Miguel (Universität Navarra, Pamplona, Spanien) besprach einen weiteren Typ eines „Ultrarisiko“-Patienten: Und zwar nicht den mit SMM, sondern mit aktivem MM und Risikofaktoren, die zu einem kurzen Gesamtüberleben führen. Das patientenspezifische Risiko – Schwäche – sei ausschlaggebender als Laboranomalien. Das krankheitsspezifische Risiko würde von ge-netischen Mutationen abgeleitet, aber nicht alle Patienten mit risiko-reichen Mutationen hätten ein kurzes Gesamtüberleben. Patienten mit mindestens drei genetischen Anomalien bzw. „Ultrarisiko“-Patienten hätten ein Gesamtüberleben von weniger als 19 Monaten, ein Rezidiv innerhalb von weniger als einem Jahr nach der Stammzellentransplan-tation sei die Norm bei diesen Patienten, und bestimmte Mutationen, wie z. B. Trisomie (drei Kopien eines Chromosoms), schwächten das hohe Risiko ab. Dr. San Miguel bestätigte, dass sich bei Patienten mit nur t/4:14), t(4:14) mit Trisomie und t(4:14) mit Deletion 17p allesamt verschiedene Ergebnisse zeigen. Zu den ungünstigen Risikofaktoren gehörten u. a. zirkulierende Plasmazellen, primäre Plasmazell-Leu-kämie, extramedulläre Erkrankung bei der Diagnose und Schwäche, von denen alle die Zytogenetik als Zeichen eines ultrahohen Risikos und eines kurzen Gesamtüberlebens überträfen. Gegenwärtige Analy-sen deuteten darauf hin, dass eine Erhaltungstherapie bei Patienten mit

17p- eine gute Wirkung zeige, jedoch nicht bei Pati-enten mit t(4:14), und dass Velcade bei Hochrisikopa-tienten mit t(4:14) einen klaren Nutzen zeige – jedoch nicht bei Patienten mit 17p-. An neuen Daten der Carfilzomib/Pomalidomid/Dexamethason-Stud-ie ließe sich nun erkennen, dass das PFÜ und das Gesamtüberleben bei Patienten mit t(4:14) und/oder 17p- gleich sei wie bei Patienten mit Standardrisiko. Dies könne darauf hindeuten, dass die Kombination aus einem Proteasominhibitor der zweiten Generation und IMiD bei hohem Risiko Erfolg zeigen könnte. Die in diesem Jahr in Blood publizierte Langzeit-Na-chfolgestudie zu allogenen Transplantationen von Dr. Gosta Gahrton zeige, dass das PFÜ und das Gesa-mtüberleben bei Patienten mit und ohne t(4:14) und 17p- gleich ist.

Um herauszufinden, ob sich damit eine ungünstige Prognose abwenden lässt, seien weitere Studien zu allogenen Transplantationen bei Hochrisikopatient-en erforderlich. In einer weiteren vorgeschlagenen

Studie werden entweder Carfilzomib/Rd oder VRD mit einem Anti-CD 38 MAb sowie eine autologe Transplantation zur Behandlung von Ultrahochrisikopatienten eingesetzt. Der Konsens lautet gemäß Zusammenfassung von Dr. Sundar Jagannath, dass nicht alle Hochrisiko-Deletionen gleich sind und weitere Datenanalysen aus weiteren Studien nötig sind, ehe eine Entscheidung dahingehend getroffen werden kann, welche Wirkstoffe in welchen Kombinationen bei dieser Population die beste Wirkung zeigen.

Der letzte Aspekt des Gipfeltreffens waren Breakout-Sitzungen, in denen dringende gegenwärtige Probleme, die bereits in den allgemein-en Sitzungen angesprochen worden waren, erörtert wurden. Dabei wurden Aktionspläne mit den nächsten Schritten ausgearbeitet. Ab-gesehen von den Breakout-Sitzungen setzten sich die Ärzte in ihren laufenden Arbeitsgruppen zusammen. Die Berichte dieser Break-out-Sitzungen und denen der Arbeitsgruppen wurden am nächstem Morgen der gesamten Mitgliederschaft der IMWG vorgelegt.

Beim Abschluss des Gipfeltreffens teilten die Ärzte ihre Entschlossen-heit, die dargelegten Aufgaben zu erfüllen. In den kommenden Monaten sehen wir weiteren soliden Konsensleitlinien der IMWG entgegen.

Dr. Jens Hillengass

@ASCO2014

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6www.myeloma.org

nommen. In einer wurden eine Dauer- und eine befristete Therapie mit Revlimid® (Lenalidomid) verglichen, in der anderen eine Dauer- und eine befristete Therapie mit Velcade® (Bortezomib). Um zu bes-timmen, wie es den Patienten beim ersten und zweiten Rezidiv ging, und um zu sehen, ob die Dauertherapie dazu führte, dass die Patienten beim zweiten Rezidiv therapieresistent waren, untersuchte Dr. Palum-bo Daten zum Ansprechen, Rezidiv und Überleben an Zeitpunkten, die er als PFÜ1 (der Zeitraum vom Therapiebeginn bis zum Auftreten des ersten Rezidivs) und PFÜ2 (der Zeitraum vom Therapiebeginn bis zum Auftreten des zweiten Rezidivs) bezeichnet. Er stellte fest, dass bei neu diagnostizierten Patienten PFÜ1, PFÜ2 und das Gesamtüberleben durch eine Dauertherapie erheblich anstiegen und dass eine Dau-ertherapie beim zweiten Rezidiv die Qualität oder Dauer des Anspre-chens auf die Therapie nicht beeinträchtigte.

Neue Wirkstoffe Daratumumab Monoklonale Antikörper kristallisieren sich in klinischen Studien als

wirksame neue Kategorie eines Anti-Myelom-Wirkstoffs heraus. Dr. Henk Lokhorst (Universität Utrecht, Utrecht, Niederlande; Abstract Nr. 8513) und Dr. Torben Plesner (Klinik Vejle, Veijle, Dänemark; Abstract Nr. 8533) hielten mündliche Präsentationen mit neuen Daten zum vielversprechenden monoklonalen anti-CD 38-Antikörper Dara-tumumab.

Dr. Lokhorsts Studie zum Einzelwirkstoff Daratumumab bei Patient-en mit rezidivierendem/refraktärem Myelom hat die Aufnahme von Patienten abgeschlossen und ist derzeit in vollem Gange. Im gegenwär-tigen Abschnitt der Studie soll die Sicherheit und Wirksamkeit zweier verschiedener Dosispegel und -schemata evaluiert werden, und zwar 8 mg/kg (30 Patienten) und 16 mg/kg (15 Patienten). Dr. Lokhorst berichtete, dass die Nebenwirkungen (bekannt als „unerwünschte Ereignisse“) nicht mit der Dosierung zusammenhingen; die Neben-wirkungen, die bei mindestens 20 % der Patienten beobachtet worden seien, seien u. a. Fieber, allergische Rhinitis, Müdigkeit, Infektionen der oberen Atemwege, Diarrhö, Atembeschwerden und Husten – hi-erbei handele es sich jedoch um niedergradige Nebenwirkungen, die mit einer Dosisreduktion und unterstützender Behandlung gelindert werden konnten. Die einzige schwere Nebenwirkungen seien bisher eine Episode mit verminderter Anzahl an Blutplättchen und eine mit verminderter Anzahl an weißen Blutkörperchen gewesen. Dr. Lokhorst berichtete von einer starken Aktivität des Einzelwirkstoffs bei einer Dosierung von 16 mg/kg.

Dr. Torben Plesner präsentierte Daten einer Studie an Daratumumab in Kombination mit Revlimid und Dexamethason bei rezidivierenden und refraktären Patienten. Dr. Plesners laufende Studie befasst sich mit Daratumumab in verschiedenen Dosierungen neben einer Standard-dosis an Rev/Dex. Dr. Plesner sprach über die Ergebnisse der ersten 11 auswertbaren Patienten. Die häufigsten Nebenwirkungen waren eine zu niedrige Anzahl an weißen Blutkörperchen und Diarrhö. Weitere Nebenwirkungen umfassten u. a. eine verminderte Anzahl an Blut-plättchen und Anämie. Bei allen 11 Patienten habe sich eine deutliche Senkung des monoklonalen Proteins gezeigt, und bei 8 sei mindestens ein partielles Ansprechen zu verzeichnen gewesen – bei 5 von jenen 8 sogar ein sehr gutes partielles Ansprechen, was auf einen Rückgang des monoklonalen Proteins von mindestens 90 % hinwiese.

SAR650984 Ein weiterer interessanter monoklonaler anti-CD 38-Antikörper

ist SAR650984. Dr. Thomas Martin (UCSF, San Francisco, Kaliforn-ien, USA) präsentierte Poster zu zwei Studien zur Behandlung mit SAR650984 bei Patienten mit rezidivierendem/refraktärem Myelom. Die mit Spannung erwarteten Daten der Studie zur Wirksamkeit des Einzelwirkstoffs SAR (Abstract Nr. 8532) zeigten, dass 33 % der mit mindestens 10 mg/kg SAR behandelten Patienten auf den Einzelwirk-stoff ansprachen (d. h. es zeigte sich ein Rückgang des monoklonalen Proteins von mindestens 25 %); bei weiteren 39 % stabilisierte sich die Erkrankung (Stopp der Krankheitsprogression, aber kein Rückgang des monoklonalen Proteins). Das Gesamtansprechen bei Patienten bei

denen zumindest ein partielles Ansprechen zu verzeichnen war (ein Rückgang des monoklonalen Proteins um mindestens 50 %), betrug 24 %, und bei 2 Patienten war ein komplettes Ansprechen zu verzeichnen.

Angesichts der äußerst zuversichtlich stimmenden Ergebnisse mit dem Einzelwirkstoff SAR wurde eine Kombinationsstudie mit SAR + Revlimid + niedrigdosiertem Dexamethason ins Leben gerufen, und Dr. Martin präsentierte die inzwischen gewonnenen Daten dieser Studie ebenfalls (Abstract Nr. 8512). Es wurde keine dosisbegren-zende Toxizität erreicht, und SAR + Rev/Dex wurde von 13 Patienten mit stark vorbehandelter, rezidivierender und refraktärer Krankheit generell gut vertragen. Zu den Nebenwirkungen, die bei höchstens 6 Patienten auftraten, gehörten Übelkeit, Husten, Müdigkeit, Muskel-krämpfe, Infektion, Erbrechen, Diarrhö, Dehydratation und Schlaflo-sigkeit sowie eine verminderte Anzahl an weißen Blutkörperchen und Blutplättchen. Das Gesamtansprechen bei 12 evaluierbaren Patienten betrug 58 %. Bei Patienten mit allen 3 Dosierungen war ein Anspre-chen zu verzeichnen, aber die besten Ergebnisse (einmal ein partielles

Ansprechen und dreimal ein sehr gutes partielles An-sprechen) wurden mit 10 mg/kg SAR650984 neben einer Standard-dosierung Rev/Dex (25 mg Revlimid an Tagen 21/28 und 40 mg Dex einmal pro Woche) erzielt. Weitere Hintergrundinformationen zu SAR650984 finden Sie in einem Interview mit Dr. Martin in der Früh-jahrsausgabe 2014 von Myeloma Today.

Panobinostat Dr. Paul Richardson (Dana-Farber Cancer Institute, Boston, Massa-

chusetts, USA; Abstract Nr. 8510) hielt eine mündliche Präsentation zu einer randomisierten Phase III-Studie an Patienten mit rezidivieren-dem oder refraktärem Myelom zum Vergleich des neuen Pan-Deacety-lase-Hemmers Panobinostat + Velcade/Dexamethason mit Placebo + Velcade/Dexamethason. Obgleich Histon-Deacetylase-Hemmer bei Myelomen in vorangegangenen Studien keine ausreichende Wirkung gezeigt hatten, zeigte Panobinostat in Kombination mit Vel/Dex eine Anti-Myelom-Synergie, die einen randomisierten Phase III-Test von dessen Wirkung im Vergleich mit Vel/Dex allein rechtfertigte.

An dieser großen, randomisierten Studie nahmen 768 Patienten teil, von denen 387 Panobinostat/Vel/Dex erhielten und 381 Placebo/Vel/Dex. Durch die Erweiterung des Vel/Dex-Therapieschemas um Pano-binostat wurde das progressionsfreie Überleben im Vergleich zu Vel/Dex allein um fast vier Monate verlängert, und obgleich die Daten zum Gesamtüberleben noch nicht ausgereift genug für einen Bericht sind, betrug das Gesamtansprechen im Panobinostat-Arm 61 % und im Vel/Dex/Placebo-Arm 55 %. Im experimentellen Arm zeigte sich bei 28 % der Patienten zumindest ein sehr gutes partielles Ansprechen im Ver-gleich zu 16 % im Placebo-Arm. Das Auftreten einer verringerten An-zahl an Blutplättchen und weißen Blutkörperchen sowie Diarrhö war im Panobinostat/Vel/Dex-Arm signifikant höher als im Vel/Dex/Place-bo-Arm. Solche Nebenwirkungen waren oft mit einer Dosisreduktion und unterstützenden Behandlung in den Griff zu bekommen, obgleich 36 % der Patienten im Panobinostat-Arm und 20 % der Patienten im Placebo-Arm aufgrund von unerwünschten Ereignissen aus der Studie ausschieden.

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7www.myeloma.org

Alte Wirkstoffe, neue Therapieschemata Pomalyst/Velcade/Dex Dr. Paul Richardson präsentierte darüber hinaus ein Poster (Abstract

Nr. 8589) zu einer kleinen Phase I-Studie zu einer Kombinationsthera-pie aus Pomalyst/Velcade/Dexamethason bei auf Revlimid refraktären Patienten, die zuvor auch einen Proteasominhibitor erhalten hatten, jedoch auf diesen nicht refraktär waren. Dr. Richardson ist einer der leitenden Prüfärzte in der Anwendung einer Kombinationstherapie mit der starken Kombination aus einem Proteasominhibitor (Velcade) und einem immunmodulierenden Wirkstoff bzw. „IMiD®“ (Revlimid) und bringt seine Forschung nun mit dem neueren IMiD, Pomalyst® (Pomalidomid) voran. Die Aufnahme von Patienten für die Studie ist mit 28 Patienten abgeschlossen, und für die Phase III-Studie ist eine empfohlene Dosis festgesetzt worden. Die am häufigsten auftretenden-

hochgradigen Toxizitäten umfassten eine verminderte Anzahl an Blutplättchen und weißen Blutkörperchen, während die pe-riphere Neuropathie, die bei beinahe der Hälfte der Patienten auftrat, bei allen niedergradig ausfiel. Keiner der Patienten brach die Studie aufgrund der Nebenwirkungen ab. Das Ansprechen war erwartungs-gemäß hoch – das Gesamtansprechen bei mit Velcade intravenös (i.v.) behandelten Patienten betrug 71 %, bei mit Velcade subkutan (s. c.) behandelten Patienten lag es bei 67 %. Die Studie der Phase III, MM-007, ist bereits am Laufen.

Kyprolis wöchentlich Kyprolis® (Carfilzomib) befindet sich derzeit als zweimal wöchentli-

ches Therapieschema in der Zulassung, wobei die Dosen an aufeinan-derfolgenden Tagen verabreicht werden. Dr. James Berenson (Institute for Myeloma and Bone Cancer Research, West Hollywood, Kaliforn-ien, USA; Abstract Nr. 8594) führte eine Gruppe von Forschern in einer Studie der Phase I/II zur Evaluierung verschiedener Dosierungen Carfilzomib einmal pro Woche in Kombination mit Dexamethason bei Patienten mit rezidivierendem/refraktärem Myelom an. Der erste Teil der Studie war für die Beurteilung der Sicherheit und Wirksamkeit und für die Etablierung der maximal tolerierten Dosis ausgelegt. Nach einer Dosis von 20 mg an Tag 1 wurden die Dosen eskaliert, und als maximal tolerierte Dosis wurden 70 mg/m2 wöchentlich festgelegt. Bei 60 % der Patienten die im Phase I-Abschnitt der Studie mit 70 mg/m2 behandelt wurden, kam es zu einem Rückgang des monoklonalen Proteins um mindestens 50 %, bei weiteren 7 % kam es zu einem Rück-gang des monoklonalen Proteins um mindestens 25 %. Es war keine hochgradige periphere Neuropathie festzustellen. Zu den schweren unerwünschten Ereignissen (Grad 3 oder 4 auf einer Skala von 1–4) gehörten eine verminderte Anzahl an Blutplättchen, ein erhöhter Kreatininwert im Blut, Kurzatmigkeit und zu hohe Blutzuckerwerte. Für den Phase II-Abschnitt der Studie werden derzeit Patienten aufge-nommen. Diese sollen mit einer wöchentlichen Dosis von 70 mg/m2 behandelt werden.

MPT vs. MPR

Dr. Keith Stewart (Mayo Clinic, Scottsdale, Arizona, USA; Abstract Nr. 8511) hielt eine mündliche Präsentation zu Daten aus einer Phase III-Studie zum Vergleich von MPT (Melphalan, Prednison und Tha-lidomid) und MPR (Melphalan, Prednison und Revlimid) bei neu diagnostizierten Patienten, bei denen eine Stammzellentransplantation nicht in Frage kommt. Die Studie wurde mit einer älteren Demogra-phie durchgeführt; das mittlere Alter der Teilnehmer betrug 75 Jahre. Dr. Stewart und seine Kollegen arbeiteten mit der Hypothese, dass MPR ein gleichermaßen wirksames, aber weniger toxisches Thera-pieschema als MPT sein könnte, was von den Daten auch bestätigt wurde. Das progressionsfreie Überleben und das Gesamtüberleben über drei Jahre war bei beiden Therapien ähnlich, aber die Toxizität und Lebensqualität fiel im MPR-Arm besser aus.

Populationsbasierte Studien Autologe Stammzellentransplantation bei älteren Patienten Eine weitere Studie, die sich mit der älteren Patientenpopulation

befasste, wurde von Dr. Gunjan Shah (Tufts Medical Center, Boston, Massachusetts, USA; Abstract Nr. 8517) durchgeführt. Dr. Shah unter-suchte die Kosten und Ergebnisse bei 267 Patienten im Medicare-Alter, die über den achtjährigen Zeitraum von 2000 bis 2008 eine autologe Stammzellentransplantation erhalten hatten, und verglich sie mit My-elom-Patienten im Medicare-Alter, die keine Transplantation erhalten hatten. Dr. Shah und seine Kollegen stellten fest, dass sich das mediane Überleben mit einer autologen Stammzellentransplantation von 822 auf 1.705 Tage steigern ließ und sich das Gesamtüberleben bei allen Zeitpunkten mit einer autologen Stammzellentransplantation verbes-serte. Nach fünf Jahren betrug das Gesamtüberleben bei den Patienten die eine Transplantation erhalten hatten 48 %, und bei den Patienten ohne Transplantation 30 %. Es ist nicht überraschend, dass die Kosten der Behandlung von Transplantationspatienten höher waren, allerd-ings konnte die Lebenserwartung so um durchschnittlich zwei Jahre verlängert werden. Es bleibt jedoch zu bedenken, dass die Komorbid-itäten (andere Krankheiten) bei den Patienten in der Gruppe ohne Transplantation höher waren (wodurch sich die Möglichkeit einer Transplantation für diese Patienten verringerte) und dass die gesün-deren Patienten die Transplantation erhielten – dies könnte das längere Überleben zum Teil erklären.

Auftreten kardialer Ereignisse Kristen Kistler (Mount Sinai School of Medicine, New York, New

York, USA; Abstract Nr. 19563) führte eine Studie an, in der das Auf-treten kardialer Ereignisse bei 1.723 Myelom-Patienten, die mit Kor-tikosteroiden (wie z. B. Dexamethason oder Prednison) sowie mind-estens drei weiteren Arzneimitteln (Velcade, IMiDs, Anthracyclinen oder alkylierenden Wirkstoffen) behandelt worden waren, mit dem bei einer Population von 8.615 Patienten gleichen Alters und Ges-chlechts ohne Myelom verglichen wurde. Die Studie lieferte die ersten Vergleichsdaten zum Auftreten kardialer Ereignisse bei Myelom-Pati-enten und bei Patienten ohne multiples Myelom gleichen Alters und Geschlechts. Sowohl die Prävalenz als auch das Risiko für kardiale

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8www.myeloma.org

Bitte beschreiben Sie die Anwendung des Hevylite-Assays bei Myelom.

Bei gesunden Personen finden sich viele Plasmazellen mit unterschiedlichem genetisch-em Hintergrund, und diese Zellen stellen Pro-teine her, die sich voneinander unterscheiden. Bei einem Myelom, einem Krebs, der durch eine bösartig entartete Plasmazelle (Myelom-zelle genannt) entsteht, werden viele Kopien dieses Myeloms im Knochenmark gebildet. Obgleich aus diesen Myelomzellen auch Teilk-lone mit geringfügigen genetischen Unter-schieden entstehen können, bleibt die Fähigkeit zur Bildung identischer Proteine – auch My-elom-Protein, monoklonales (M-)Protein, M-Komponente, M-Spike oder Paraprotein genannt – weitgehend erhalten. Diese Proteine werden in großen Mengen ins Plasma abgege-ben, wo sie erkannt und gemessen werden kön-nen. Die Identifikation eines M-Proteins ist für die Diagnose wichtig, und die Messung seiner Konzentration ist bei der Überwachung der Wirksamkeit der Therapie und beim Erkennen

eines Rezidivs nützlich. Beim Immunglobulin-Schwerketten/Leicht-

ketten-Assay Hevylite® (HLC) handelt es sich um einen einzigartigen Laborbluttest zur Messung intakter Immunglobuline. Hevylite macht eine bessere Überwachung von Mye-lom-Patienten möglich. Der Assay erlaubt eine präzise Messung der Beziehung zwischen dem klonalen Myelom-Protein und den polyklo-nalen nicht-malignen Proteinen.

M-Proteine setzen sich in der Regel aus einem Typ einer Immunglobulin-Schwerkette (IgG, IgA, IgM, IgD oder IgE) und einem Typ einer Leichtkette (Kappa oder Lambda, siehe Tabelle 1) zusammen. Bei normalen Personen besteht bereits eine übermäßige Produktion an Leichtketten, die nicht mit Schwerketten verbunden sind und daher als „freie“ Moleküle im Blutkreislauf erscheinen (freie Kappa- und freie Lambda-Leichtketten). Mit dem Freelite®-Test lassen sich die freien Leichtketten (FLC) quantifizieren, und zudem ermöglicht er die Berechnung des Verhältnisses zwischen dem

Überwachung mit Hevylite® bei Patienten mit Myelom Myeloma Today im Gespräch mit Prof. Dr. Heinz Ludwig

Ereignisse war bei Myelom-Patienten, die zuvor mindestens drei An-ti-Myelom-Medikamente erhalten hatten, größer. Kardiale Ereignisse wurden als Arrhythmien, kongestive Herzinsuffizienz, Kardiomyopa-thie (Schädigung des Herzmuskels) und Leitungsstörungen definiert.

MGUS/SMM Molekulare Bildgebung früher Knochenläsionen In den vergangenen Jahren wurde in den Bereichen der Biologie,

Beurteilung und Therapie von schwelendem multiplem Myelom (SMM) erheblich geforscht. Die derzeitige Denkweise ist, dass durch eine Bes-timmung der Faktoren für ein hohes Progressionsrisiko sowie durch eine frühzeitige Intervention ein großes Potenzial für eine Heilung der Krankheit gewonnen wird, bevor Schäden an Knochen oder anderen Organen entstehen. Dr. Manisha Bhutani (National Cancer Institute, Bethesda, Maryland, USA; Abstract Nr. 8587) präsentierte ein Poster zu einer prospektiven Studie mit molekularer Bildgebung zur Überwa-chung fokaler Knochenmarksvorgänge und fokaler Läsionen bei dem, was sie als „Vorläuferkrankheiten“ bezeichnet. Das Team des NCI un-tersuchte Patientengruppen mit MGUS (monoklonaler Gammopathie unklarer Signifikanz), SMM und aktivem multiplem Myelom (MM) anhand verschiedener Bildgebungsverfahren: Röntgenaufnahmen (Untersuchung des Skeletts), FDG-PET/CT, NaF (Natriumfluorid)-PET/CT sowie einer speziellen Form einer MRT (lumbosakrale dynamische kontrastmittelverstärkte MRT bzw. DCE-MRT). Anhand der MRT konnte bei einem von 10 MGUS-Patienten eine fokale Läsion gefunden werden. Bei allen anderen Untersuchungen war in dieser Gruppe der Be-fund negativ. Bei 11 von 26 Patienten mit SMM, die nach der Definition eine Röntgenaufnahme mit negativem Befund hatten, wurde anhand der FDG-PET/CT eine Anomalie gefunden. Der Befund der DCE-MRT war bei den untersuchten Patienten mit SMM negativ. Mittels empfindlicher-er molekularer Bildgebung konnten die Forscher Knochenerkrankungen erfassen, die bei einer Untersuchung des Skeletts bei SMM-Patienten nicht sichtbar gewesen waren. Die Forscher hoffen, dass ihre Funde zum Einsatz empfindlicherer Bildgebungsverfahren in Studien an Patienten

mit SMM und MM führen werden, mit dem Ziel, präzisere Therapi-estrategien zu entwickeln.

Freie-Leichtketten-Assay und zytogenetische Anomalien zur Identi-fikation von SMM

Dr. Jeremy Todd Larsen (Mayo Clinic, Rochester, Minnesota, USA; Abstract Nr. 8595) hat retrospektiv Daten von Patienten analysiert, die zwischen 1991 und 2010 in der Klinik behandelt wurden, bei denen SMM diagnostiziert wurde und bei denen zum Zeitpunkt der Diagnose Daten zum FISH-Test (genetischer Test) und zu den freien Leichtket-ten (FLC) vorlagen, um zu sehen, ob diese beiden Tests herangezogen werden können, um Hochrisiko-SMM zu identifizieren. Eine frühe Identifikation der SMM-Patienten mit einem hohen Risiko für eine Progression ist, wie bereits weiter oben erwähnt, zu einem wichtigen Schwerpunkt in der Myelomforschung geworden. Es müssen jedoch reproduzierbare Tests vorliegen, um Hochrisiko-SMM-Patienten zu identifizieren. Dr. Larsens Studie ergab, dass bei 90 % der Patienten, deren Myelom-Leichtkette größer als 40 mg/dl war und die zugleich eine zytogenetische Anomalie mit hohem Risiko aufwiesen (entweder t[4;14] oder Deletion 17p), ein Risiko für eine Progression zu multiplem Mye-lom innerhalb von 24 Monaten bestand. Dies lässt darauf schließen, dass diese Patienten von einer frühzeitigen Intervention profitieren könnten.

Angesichts der immer zahlreicheren Belege für den Nutzen einer frühzeitigen Behandlung und neuen Medikamenten und Tests im Mye-lom-Instrumentarium, können wir in der klinischen Praxis der Behan-dlung des Myeloms in der nahen Zukunft erhebliche Veränderungen erwarten.

Anmerkung des Redakteurs: Bei der 50. jährlichen Konferenz der American Society of Clinical Oncology (ASCO; Amerikanische Ge-sellschaft für klinische Onkologie) interviewte die IMF führende Exper-ten auf dem Gebiet der Myelome, die ihre wissenschaftlichen Kommen-tare direkt an Patienten richteten. Die Videos dazu sind exklusiv auf der Website der IMF verfügbar auf asco.myeloma.org.

Dr. Heinz Ludwig

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9www.myeloma.org

beteiligten Leichtkettentyp und der nicht beteiligten Leichtkette. Ein stark von der Norm abweichendes FLC-Verhältnis deutet bei Patienten mit MGUS oder aktivem SMM auf ein höheres Progressionsrisiko zu aktivem Myelom hin. Der FLC-Test ist darüber hinaus äußerst nützlich bei der Diagnose und Überwachung von Patienten mit einer Leichtket-tenerkrankung, einer Erkrankung mit niedriger Sekretion und Amy-loidose.

Der Hevylite-Test quantifiziert das intakte Immunglobulin-Molekül aus Schwer- und Leichtketten (siehe Abbildung). Da Immunglobuline aus einem bestimmten Typ einer Schwerkette und einem bestimmten Typ einer Leichtkette bestehen, können sie genau gemessen werden (IgG kappa oder IgA lambda bzw. IgA kappa oder IgA lambda zum Beispiel). Ist das monoklonale IgA bei einem Myelom-Patienten des Typs Kappa, ist das nicht-klonale IgA des Typs Lambda. So wird wie-derum die Berechnung eines Verhältnisses zwischen monoklonalem und polyklonalem IgA bei einem individuellen Patienten (HLC oder Hevylite-Verhältnis) möglich.

Welche Bedeutung hat das Hevylite-Verhältnis?Das Verhältnis zwischen monoklonalem Protein und polyklonalen

Proteinen desselben Isotyps ist wichtig, da es das Verhältnis zwischen der Größe des malignen Klons und den noch vorhandenen normalen Plasmazellen widerspiegelt. Je aggressiver das Myelom, desto größer die Suppression der normalen Zellen.

Können Sie uns einige der Vorteile von Hevylite darlegen?Hevylite-Verhältnisse zeigen einen Vorteil gegenüber monoklo-

nalen Immunglobulin-Messungen, da das Nicht-Myelom-Immun-globulin eine Bestimmung der Immunsuppression ermöglicht. Des Weiteren hat der Hevylite-Assay einen sehr wichtigen Vorteil, da er uns ermöglicht, kleine Konzentrationen des monokonalen Proteins zu messen, was mit konventionellen Methoden nicht möglich ist. Vor dem Hevylite-Assay war dies nicht möglich. Zum Beispiel kann ein Test wie die Serumprotein-Elektrophorese (SPEP) nicht zwischen normalem und anormalem Immunglobulin unterscheiden. Bei Pati-enten mit einem Myelom des Typs IgA kappa oder IgA lambda ist eine Standard-SPEP kein besonders zuverlässiger Test. Der Hevylite-Assay ist eine wirksame Alternative zur Quantifizierung des M-Proteins bei diesen IgA-Patienten.

Der Hevylite-Assay reagiert empfindlicher bei der Quantifizierung monoklonaler Immunglobuline. Das Hevylite-Verhältnis ist nicht von den Problemen betroffen, für die andere Serum-Immunglobulin-As-says anfällig sind.

Mit dem Hevylite-Assay kann die Resterkrankung gemessen werden; bei konventionellen Untersuchungsverfahren kann es so aussehen, als sei ein Patient in Remission, aber der Hevylite-Assay kann das Vorhan-

densein kleiner Mengen an M-Protein aufzeigen. Dies funktioniert umgekehrt genauso. Wo konventionelle Untersu-

chungsverfahren zum Beispiel anzeigen, dass ein immunfixierungs-negativer Patient sich nach wie vor in kompletter Remission befindet, könnte der Hevylite-Assay eine Krankheitsprogression entdecken. Die Sensitivität des Hevylite-Assays ist genauso hoch oder sogar höher als die der Immunfixierungselektrophorese (IFE).

Der Hevylite-Test ist in der Lage, Rezidive früher als jede andere derzeit verfügbare Methode zu erkennen. Wenn ein Schwer-/Leichtket-tentest bei einem Patienten kein normales HLC-Verhältnis ergibt, weist dies darauf hin, dass die Myelom-Zellen wieder monoklonales Protein herstellen. Aufgrund der hohen Empfindlichkeit des Hevylite-Tests kann er ein Rezidiv erfassen, ehe es mit SPEP oder IFE erkannt werden kann.

Der Hevylite-Assay erhöht unsere diagnostische Sensitivität. Er ist bei der Überwachung von Patienten mit monoklonalen Gammopa-thien äußerst nützlich. Er verschafft uns ein besseres Gespür für die Vollständigkeit einer Remission. Wird er sequenziell verwendet, kann eine Krankheitsprogression noch früher erkannt werden.

Darüber hinaus misst der Hevylite-Assay das nicht beteiligte Im-munglobulin desselben Isotyps. Aus vorläufigen Daten lässt sich ablesen, dass die Suppression des nicht beteiligten Isotyps eine große prognostische Signifikanz hat.

Wie läuft der Hevylite-Assay ab?Der Hevylite-Assay ist ganz einfach durchzuführen – dies ist mit ein-

er Serumprobe jederzeit möglich.Wenden Sie diesen Test routinemäßig an?Ja. Da das Hevylite-Verhältnis für die Prognose wichtig ist, haben

wir uns entschieden, diesen Test in unserer Einrichtung, dem Wil-helminenspital in Wien, Österreich, routinemäßig einzusetzen. Wir führen den Hevylite-Assay bei allen Patienten bei der Baseline, vor dem Therapiebeginn, durch, und stellen fest, dass er stark mit dem Therapieergebnis korreliert. Wir setzen diesen Test ein, wenn ein Patient ein nur schwer zu messendes monoklonales Protein hat. Wir setzen ihn außerdem ein, um zu sehen, wann ein Patient eine kom-plette Remission erreicht. Wir setzen ihn ein, um unsere diagnostische Sensitivität zu erhöhen.

Anmerkung des Redakteurs: Die neue Broschüre Understanding Serum Free Light Chain and Serum Heavy/Light Chain Assays (Informationen zu Freien-Leichtketten- und Serum-Schwer-/Leichtketten-Assays) können Sie auf der Website der IMF, myeloma.org, herunterladen. Sie können auch ein Exemplar unter der Nummer +1 800-452-CURE (2873) anfordern.