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NER JOURNAL DER CHAFT DE DER LIEBE MITGLIEDER! LIEBE FREUNDE! Eigentlich haben wir uns ja schon damit abgefunden, dass niemand mehr in Wien Oboen baut – es gibt die Wiener Oboe, manchmal mehr oder weniger gefährdet, Gott sei Dank noch immer. Aber wie die Politik zu sagen pflegt, ein durchaus suboptimaler Zustand. Nun, manchmal geschehen Wunder. Und plötzlich taucht einer auf und fängt mit dem Bau von Oboen in Wien an. Da hört sich ja doch wirklich alles auf, jetzt wo wir uns schon so daran gewöhnt hatten! Diese Werkstatt des Meisters André Constantinides traut sich was. Im Ernst: Es braucht wohl niemandem erklärt werden, was es für unser Instrument bedeutet, wieder einen Oboenbauer in Wien zu haben!!! Daher wurden wieder drei neue Instrumente bestellt, diese sind derzeit gerade im Entstehen und werden bald ausgeliefert. Zusätzlich zu diesen bereits erwähnten drei bestellten Oboen haben wir kurzfristig noch eine gebrauchte Yamaha- Oboe von Paul Kaiser erworben. Zwei unserer Instrumente wurden verkauft, da wir sonst pleite gegangen wären und kein Nulldefizit erreicht hätten ... Wieder hat sich gezeigt, wie wichtig es war, unsere Gesellschaft zu gründen. Gemeinsam konnten wir schon einiges erreichen und fördern. Wir werden in der nächsten Ausgabe ausführlich darüber berichten und voraus- sichtlich wird es wieder eine Präsentation geben, eventuell in Verbindung mit der Generalversammlung. Wie im vorletzten Journal bereits ange- kündigt, haben wir versucht, einen Kredit aufzunehmen. Wir haben es fast geschafft, doch hat uns ein gnädiges Geschick einen rettenden Engel in Form unseres Schriftführers Dr. Ernst Kobau geschickt. Nun sind wir zwar bei ihm verschuldet, aber nicht bei einer Bank, was doch um einiges angenehmer ist. Diese Ausgabe ist nun Prof. Manfred KAUTZKY gewidmet, einer Persönlichkeit, der die Wiener Oboe viel verdankt und mit dessen Wirken sie assoziiert wird. Er feierte vor kurzem seinen 70. Geburtstag, und es war uns eine Ehre, ihm die Ehrenmitgliedschaft verleihen zu dürfen (siehe Seite 2). Liest man seinen Bericht über die Studienzeit in den 50er-Jahren, wundert man sich, dass es die Wiener Oboe heute überhaupt noch gibt. Wir danken Prof. Klaus Lienbacher, dass er uns den Text seiner Laudatio auf Prof. Kautzky zur Verfügung gestellt hat. Die Fotoserie der Oboengruppen wird daher passender Weise mit dem Volksopernorchester fortgesetzt, in dem Prof. Kautzky lange Zeit wirkte. Euer Josef BEDNARIK

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WIENER OBOEWIENER OBOEWIENER OBOE

JOURNALDER

GESELLSCHAFT DER FREUNDEGESELLSCHAFT DER FREUNDEGESELLSCHAFT DER FREUNDEDER

16. AUSGABE DEZEMBER 2002

LIEBE MITGLIEDER!LIEBE FREUNDE!

Eigentlich haben wir uns ja schon damit abgefunden, dass niemand mehr in Wien Oboen baut – es gibt die Wiener Oboe, Oboen baut – es gibt die Wiener Oboe, manchmal mehr oder weniger gefährdet, manchmal mehr oder weniger gefährdet, Gott sei Dank noch immer. Aber wie die Politik zu sagen pfl egt, ein durchaus suboptimaler Zustand. Nun, manchmal geschehen Wunder. Und plötzlich taucht einer auf und fängt mit dem Bau von Oboen in Wien an. Da hört sich ja doch wirklich alles auf, jetzt wo wir uns schon so daran gewöhnt hatten! Diese Werkstatt des Meisters André Constantinides traut sich was.

Im Ernst: Es braucht wohl niemandem erklärt werden, was es für unser Instrument bedeutet, wieder einen Oboenbauer in Wien zu haben!!! Daher wurden wieder drei neue Instrumente bestellt, diese sind derzeit gerade im Entstehen und werden bald ausgeliefert. Zusätzlich zu diesen bereits erwähnten drei bestellten Oboen haben wir kurzfristig noch eine gebrauchte Yamaha-kurzfristig noch eine gebrauchte Yamaha-Oboe von Paul Kaiser erworben. Zwei unserer Instrumente wurden verkauft, da wir sonst pleite gegangen wären und kein Nulldefi zit erreicht hätten ...Wieder hat sich gezeigt, wie wichtig

es war, unsere Gesellschaft zu gründen. es war, unsere Gesellschaft zu gründen. Gemeinsam konnten wir schon einiges erreichen und fördern.Wir werden in der nächsten Ausgabe

ausführlich darüber berichten und voraus-ausführlich darüber berichten und voraus-

sichtlich wird es wieder eine Präsentation geben, eventuell in Verbindung mit der Generalversammlung.

Wie im vorletzten Journal bereits ange-kündigt, haben wir versucht, einen Kredit aufzunehmen. Wir haben es fast geschafft, doch hat uns ein gnädiges Geschick einen rettenden Engel in Form unseres Schriftführers Dr. Ernst Kobau geschickt. Nun sind wir zwar bei ihm verschuldet, aber nicht bei einer Bank, was doch um einiges angenehmer ist.

Diese Ausgabe ist nun Prof. Manfred KAUTZKY gewidmet, einer Persönlichkeit, der die Wiener Oboe viel verdankt und mit dessen Wirken sie assoziiert wird. Er feierte vor kurzem seinen 70. Geburtstag, und es war uns eine Ehre, ihm die Ehrenmitgliedschaft verleihen zu dürfen (siehe Seite 2).

Liest man seinen Bericht über die Studienzeit in den 50er-Jahren, wundert man sich, dass es die Wiener Oboe heute überhaupt noch gibt. Wir danken Prof. Klaus Lienbacher, dass er uns den Text seiner Laudatio auf Prof. Kautzky zur Verfügung gestellt hat.

Die Fotoserie der Oboengruppen wird daher passender Weise mit dem Volksopernorchester fortgesetzt, in dem Prof. Kautzky lange Zeit wirkte.

EuerJosef BEDNARIK

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Journal - Wiener Oboe2

Prof. Manfred Kautzky: Eine BiografieGeboren am 21. November 1932 als Sohn des Hauptschullehrers Karl und der Valerie Kautzky in Wien.Klavierunterricht am Konservatorium der Stadt Wien 1939-51 mit Staatsprüfungs-Abschluss, Realgymnasium 1942-1950 (Matura), zwei Semester Musikwissenschaft an der Universität Wien (1950/51)Oboestudium an der Wiener Musikakademie, zuerst bei Prof. Hans Kamesch, dann bei Dr. Hans Hadamowsky (1949-1953), ReifezeugnisAls Orchestermusiker tätig von 1952-1955 als 1. Oboist im Volksopernorchester, von 1955-1959 als Oboist der Bühnenmusik mit Zusatzvertrag für das Staatsopernorchester, von 1959-1974 wieder als 1. Oboist im VolksopernorchesterRund 80 Oboesolokonzerte in Wien und im Ausland als Mitglied des Wiener Kammerorchesters, 15 Jahre Mitglied des Wiener BläserquintettsAb 1. März 1972 Lehrtätigkeit an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien; zuerst als Hochschulassistent, dann als Vertragslehrer, ab 1. September 1976 als ao. Hochschulprofessor, ab 23. November

Vereinspräsident Josef Bednarik beglückwünscht Prof. Manfred Kautzky zum 70. Geburtstag und überreicht ihm die Ehrenmitgliedschafts-Urkunde und

eine Karikatur Jan Daxners als Geschenk der Oboengesellschaft

1976 als o. Prof. Seit 1. Oktober 1996 im RuhestandAuszeichnungen: 1974 Goldenes Verdienstzeichen der Republik Österreich 1997 Großes Silbernes Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich 2002 Verdienstmedaille der Universität für Musik in Gold

Die Wiener Oboengesellschaft freut sich, anläßlich seines 70. Geburtstages Herrn Prof. Manfred Kautzky in Würdigung seiner Verdienste und seines persönlichen Einsatzes als ausübender Künstler und Lehrer um den Erhalt und Fortbestand unserer geliebten WIENER OBOE die

EHRENMITGLIEDSCHAFT verleihen zu dürfen. Wir gratulieren herzlich zum Geburtstag, wünschen weiterhin beste Gesundheit und möchten uns auf diesem Wege im Namen der Wiener Oboisten für alles bei ihm bedanken.

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Wie kommt man zur Oboe?Prof. Manfred Kautzky über sein Studium 1949-1953

Schon früh berührte mich Musik sehr. Zunächst faszinierte mich das Klavierspiel, mit dem ich als Siebenjähriger am Konservatorium der Stadt

Wien begonnen hatte. Allerdings gab es bald kriegs-bedingte Behinderungen: So war das Realgymnasium Stubenbastei von Ende 1943 bis Anfang 1945 nach Klamm am Semmering übersiedelt, und dort gab es für mich am Klavier keine Übungsmöglichkeit. Nach Kriegsende versuchte ich in Wien das Versäumte nachzuholen. Jedoch: Ich musste feststellen, dass es damals mehrere Pianisten in Wien gab, die sehr viel besser waren als ich, wie zum Beispiel Friedrich Gulda, Jörg Demus, Paul Badura-Skoda u.a. Meine Profes-sorin meinte, ich könnte ja Korrepe-titor werden. Das wollte ich wieder gar nicht.

Im Realgymna-sium hatten wir einen Deutsch-Professor, der uns Schülern immer wieder Freikarten für den Musikverein zukommen ließ. Ich fand Gefallen an Orchesterkonzerten, und hier besonders an Bruckners Symphonien. Zu meinem Erstaunen begann ich Tonarten zu erkennen – vor allem g-Moll hatte es mir angetan – und ich entschloss mich, Orchestermusiker zu werden. Doch wie kam ich ausgerechnet zur Oboe?

Ich war damals eben erst 16 Jahre alt gewesen, als ich mich im Frühjahr 1949 in der philharmonischen Kanzlei beim damaligen Geschäftsführer Alfred BOSKOVSKY, einem Klarinettisten, anmeldete. Auf die Frage, welche Blasinstrumente die gesuchtesten sein würden, sagte er sofort: „Oboe und Fagott!“ Ich bedankte mich für die Auskunft, dachte mir: „Die Oboe ist kurz und billig, das Fagott lang und teuer“ und beschloss, Oboe zu lernen.

Man muss wissen, dass ich diese Entscheidung vier Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges traf.

Die Familienväter waren – wenn überhaupt – erst aus der Kriegsgefangenschaft heimgekommen. Wir hungerten zwar nicht mehr, aber es war sehr wenig Geld im Umlauf und das wenige war nicht viel wert. Deshalb die pragmatische Entscheidung zugunsten der Oboe.

ALLER ANFANG WAR SCHWER

Also, auf in die Akademie zu Prof. Hans KAMESCH, erster Oboist der Wiener Philharmoniker, der damals die Oboe-Klasse leitete. Die Akademie war im

Gebäude Lothrin-gerstraße unterge-bracht, im selben Haus wie das Aka-demietheater.

Im obersten Stock, in einem langen, schmalen Raum fand der Oboe-Unterricht statt. Noch heute sehe ich beim ersten Besuch KAMESCH im Gegenlicht allein in einer Rauchwolke sitzend Klavier spielen. Nachdem ich mich vorgestellt hatte und meinen Wunsch, bei ihm

Oboe lernen zu wollen, kundgetan hatte, besichtigte er meine Zahnstellung, meine Oberlippe, befand letztere für zu kurz und sagte dann: „Wir werden sehen!“ Dieses „Wir werden sehen!“ begleitete mich die ganzen eineinhalb Jahre, die ich von ihm unterrichtet wurde. Das war für mich wirklich nicht ermunternd.

Ich inskribierte, bezahlte das Schulgeld (!) und erhielt ein Leihinstrument; es dürfte eine Hajek gewesen sein, eine lange Oboe Wiener Bauart (a1 = 435 Hz) in recht gutem Zustand. Ich plagte mich sehr. Vor allem die kurze Oberlippe ärgerte mich. Durch Einsaugen und Dehnen mittels der Finger versuchte ich sie in die richtige Länge zu bringen, was teilweise auch gelang. Der Unterricht bei KAMESCH spielte sich so ab: Im Frühjahr 1949 waren wir 8 Studenten, von denen später 3 Orchestermusiker wurden (Bruno DÖRRSCHMIDT

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war damals vielleicht schon Tonkünstler – ich kann mich nicht erinnern, es liegt zu weit zurück). Im Herbst 1949 waren wir nur noch 6. Da ich damals im Realgymnasium Wechselunterricht hatte (halbtage-weise alternierend mit einem Mädchengymnasium), konnte ich fallweise erst am späten Nachmittag in die Akademie kommen: KAMESCH wartete geduldig auf mich, und das hat mich immer sehr gerührt. Es war also keine Anwesenheitspfl icht vom Beginn des Nach-mittagsunterrichts an, wie es in anderen Bläserklassen üblich war.

Die Fingerhaltung auf den Tonlöchern und Klappen sollte eher aufrecht sein, was mir, vom Klavier kommend, recht entgegenkam. Das Halbloch musste durch Gleiten des linken Zeigefi ngers geöffnet und geschlossen werden. Als Hilfsmittel bekam ich eine kleine Dose mit Federweiß, in die ich den Finger zur Verbesserung der Gleitfähigkeit eintauchen musste.

Die so genannte „Stunde“ war meistens rasch vorüber. Nach einem Patzer ertönte bald das allzu vertraute

„Kautzky, wir werden sehen!“ und ich marschierte ab. KAMESCH verlangte von seinen Studenten so viel, wie er sich selbst abverlangte. Er konnte zum Beispiel einen Oboe-Ton in mittlerer Lage 120 Sekunden aushalten. Ich habe es ihm viel später in meiner besten Zeit nachmachen wollen und brachte es gerade auf 90 Sekunden.

Kantilene, Dynamik und Rhythmik waren seine Stärken, und da er seine Anforderungen an seinen eigenen Qualitäten maß, gab es fallweise Verkrampfungen bei den einen und Resignation bei den anderen Studenten.

Eine Bemerkung war immer wieder zu hören: „Spielen Sie alles so, wie es in den Noten steht, dann werden Sie keine Schwierigkeiten mit den Dirigenten haben!“ Dieser Hinweis wirft ein bezeichnendes Licht auf die Stellung des Orchestermusikers der damaligen Zeit. Und welch ein Unterschied zur heutigen Unterrichtspraxis, mündige Musiker heranzuziehen, die bei gegebenem Anlass auch ein „Warum?“ aussprechen!Vorläufi g ärgerte mich aber sehr, dass einer meiner

Studienkollegen immer um zwei Etüden voraus war. Nach einem Jahr hörte er allerdings auf, Oboe zu lernen...

Hans KAMESCH bewunderte ich als Künstler außerordentlich. Als Erster Oboist der Wiener Philharmoniker stand er immer im Rampenlicht. Er gehörte der damaligen Elite an (NIEDERMAYR, WLACH, ÖHLBERGER, FREIBERG). Immer wieder blickte ich ihm abends von der Galerie des Theaters an der Wien (bis 1955 Ausweichquartier für die im Krieg zerstörte Staatsoper) auf die Finger und genoss seine

besondere Art des Musizierens.

Mein Arbeitspensum war schon damals groß: Realgymnasium (Matura 1950), Klavierstudium am Konservatorium (Staatsprüfung 1951) und dann die Oboe. Für die Oboe waren damals übrigens sechs Jahre vorgesehen, man konnte aber nach Absprache mit seinem Lehrer um Vorversetzung ansuchen. Das war bei mir der Fall, sodass ich nach vier Jahren die Reifeprüfung ablegen konnte.An dieser Stelle einige Worte über die Probleme mit

Oboewerkzeugen vor mehr als 50 Jahren. Damals erfuhr ich, dass die Werkzeuge eines Oboisten namens FELSER zu haben wären. Ich erwarb sie von seiner Witwe. Der Zeitpunkt ist mir nach diesen vielen Jahrzehnten nicht mehr in Erinnerung, wohl aber die Qualität. Kollege LORENZ hat mir einmal die Bemerkung eines Oboisten aus den 20er-Jahren vorgelesen: „Welcher Oboist kann sich rühmen, zwei gleiche Hülsen zu besitzen!“ Zwanzig Jahre nach dieser Wehklage hatte sich nichts geändert: Am schlechtesten waren der Hobel und das Stärkemessgerät. Der Messingglanz des Hobels war zwar beeindruckend, die Führung des „Wagerls“ aber so fi ligran und wackelig, dass keine gleichmäßige Hobelstärke zu erzielen war. Das bereits erwähnte Messgerät zeigte bei nacheinander gehobelten Schienen einmal 4, einmal 6, einmal 5 an: Genauer ging es nicht! Das Ergebnis war äußerst unbefriedigend. Das Hobelmesser war damals noch nicht rund, sondern musste in einer beispiellosen Prozedur mittels einer rotierenden Schleifscheibe geschärft und dem Hobelbett angepasst werden. Dies besorgte der Instrumentenmacher KLOSE, von dem später noch die Rede sein wird. Ein Großteil der Hülsen war ungelötet, also offen. Und wenn man sich alleine die Grundvoraussetzungen des Rohrbaues zu dieser Zeit vor Augen führt, kann man sich vorstellen, wie verunsichert sich Oboisten fühlen mussten. Ich habe damals von einem Oboisten gehört, der für einen bestimmten Oboe-Part zwischen seinen Notenblättern mehrere angefeuchtete Rohre vorbereitet hatte, um seine Stimme zur Zufriedenheit ausführen zu können.Manchmal werde ich gefragt, ob ich mich an Beson-derheiten bezüglich der Griffe während meiner Studi-enzeit erinnern könne. Also: Lange Griffe für b2, h2

und c3 waren verpfl ichtend und dank der damaligen Bohrung kein Problem für die Intonation. Ausnahme: Triller und Wechselnoten. Das Vierfi nger-c3 wurde für Stellen wie im Mozart-Quartett, 3. Satz, empfohlen. Der Stützfi nger war, wo möglich, obligatorisch. Die so genannte Schleifklappe war mehr Aufputz als tat-sächlich in Verwendung.

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AUFBRUCHSTIMMUNG

Im September 1950 löste Dr. Hans HADAMOWSKY Hans KAMESCH an der Akademie ab. Es herrschte damals das Präsidialprinzip, d.h. Präsident Dr. Hans SITTNER führte die Bestellung der Lehrkräfte durch. Philharmoniker wurden bevorzugt.

Für mich war dieser Lehrerwechsel ein wahrer Segen. Sosehr ich meinen ersten Lehrer als gewissenhaften und begnadeten Künstler geschätzt hatte, brauchte ich eher einen gütigen und geduldigen Förderer meines Bemühens, und dieser war mir im „Doktor“ (so nannten ihn seine Kollegen und wir Studenten unter uns auch) geschenkt. Und siehe da: Plötzlich begann sich die Klasse zu füllen! Es kamen nämlich ehemalige Studenten HADAMOWSKYS vom Konservatorium wie Friedrich WÄCHTER und Otto KUTTNER dazu und hochbegabte Anfänger wie Jürg SCHAEFTLEIN. Alfred HERTEL hatte schon ein Jahr früher begonnen. Von jetzt an hieß es „Luftstrom!“ und „Runder

Einschwingvorgang!“ An Übungsliteratur gab es jetzt die allseits bekannten Tonleiterübungen und Akkordzerlegungen aus der Feder HADAMOWSKYS – immer in strengstem Legato vorzutragen

– und viele Etüden und Konzerte, die heute noch zur Grundausbildung gehören.Weiters wurden wir unterwiesen, wie man Hülsen

anfertigt, Zungen macht. Das Rohrmachen ging zwar noch immer mittels alter „Feit’ln“ vor sich, aber es gab schon das Zauberwort „Arkansas-Mississippi-Schleifstein“ und die Messer wurden besser und schärfer. Ich höre noch den Doktor sagen: „Da ist noch ein Buckel, der gehört weg!“ Durch die Lupenbrille entging ihm diesbezüglich nichts. (Eines habe ich übrigens nie verstanden: Von der Seite betrachtet, waren seine Rohre nach vorne völlig verlaufend, die Durchsicht zeigte aber immer einen Mond.) Zu erwähnen ist auch ein Herr Ingenieur DECHANT, zu dem wir um Formschneider pilgerten.Auswendig zu spielen war damals absolut unüblich.

Auch an Klassen- oder Vorspielabende kann ich mich beim besten Willen nicht erinnern.Als Student der Musikakademie war man durch viel-fache bürokratische Vorschriften eingeengt. Zum Bei-spiel musste angesucht werden Ø um die Benützung des Leihinstrumentes wäh-

rend der Ferien,Ø um die Bewilligung, in den Semesterferien auf

dem eigenen Instrument in Zimmer 92 zu üben,

Das legendäre Wiener Bläserquintett in seiner Erstbesetzung: Karl Dvorak (Fagott), Friedrich Gabler (Horn), Manfred Kautzky, vorne Friedrich Fuchs (Klarinette), Gottfried Hechtl (Flöte)

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CHRISTIAN RAUCH WERKSTÄTTE FÜR HOLZBLASINSTRUMENTE

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Ø um die Mitwirkung bei einem Kammermusika-bend,

Ø am Wettbewerb in Genf und München mit einem Bläserensemble teilzunehmen.

Das Akademieorchester war für mich als künftigen Orchestermusiker das Ziel der Begierde. Die Orchesterübungen fanden ein Mal wöchentlich im heutigen Franz-Liszt-Saal in der Lothringerstraße statt. Leiter war der immer wieder gerühmte Hans SWAROWSKY. Seine Dirigentenschüler lernten bei ihm, wie man mit einer Ansammlung von Individualitäten, wie es eben Orchestermusiker sind, umgeht. Für mich war sein Zugang zur Musik zu nüchtern. Vielleicht hatte ich jedoch zu romantische Vorstellungen. Gescheit war er sehr. Außer Aufführungen in Wien (auch Operette im Akademietheater!) gab es dann das Bad Aussee-Festival jeweils im Juli, bei dem das Akademieorchester symphonisch tätig war (IX. Beethoven) oder Operette („Paganini“) spielte. Mir fallen da Namen von mitwirkenden Sängern ein, die es später weit gebracht haben, wie Fritz UHL und Waldemar KMENTT.

INSTRUMENTENSUCHE

Eine Sorge plagte Dr. HADAMOWSKY und uns Studenten sehr: Wie kommt man zu einer guten Oboe?

Im Jahre 1939 wurde auf der internationalen Stimmtonkonferenz in London das a1 mit 440 Hz festgelegt. Daher rechnete Dr. HADAMOWSKY in den frühen 40er-Jahren die jahrzehntelang übliche

„lange“ 435er-Oboe auf die neue Stimmung um, und es waren versuchsweise zwei Instrumente in dieser Stimmung vom Instrumentenmacher Hermann ZULEGER gebaut worden. Eines durfte sich KAMESCH aussuchen, das andere nahm Dr. HADAMOWSKY für sich.1 Dieses eben erwähnte Umrechnen von a1 = 435 Hz auf a1 = 440 Hz war eigentlich ein Zurückrechnen, da es ja in

der Instrumentensammlung des Kunsthistorischen Museums zwei Golde-Oboen aus Dresden in der gewünschten Stimmung gab. Die Instrumente waren allerdings unter Verschluss – ein Anblasen oder gar Vermessen war seinerzeit testamentarisch verboten worden! Erst SCHAEFTLEIN glückte es viel später, sie auszuprobieren. Intonationsmäßig sollen die Golde-Oboen exakt a1 = 440 Hz gewesen sein. Für mich war das Verbot immer eine Groteske.Von diesen „neuen“ kurzen Oboen gab es zu

meiner Studienzeit nur wenige. Grund: Der Instrumentenmacher Hermann ZULEGER war bald nach Kriegsende verstorben. In seiner Werkstätte arbeitete Walter KIRCHBERGER, der noch nicht die Meisterprüfung hatte.

Der Bedarf an neuen Instrumenten war damals sicherlich nicht so groß, wie er es heute ist. Zudem gab es mehrere Oboisten, ältere „freelancer“, die auf „Bastardinstrumenten“ spielten, einer Mischung zwischen französischer Bohrung und Wiener Grifftechnik. Kollege LORENZ weiß da sicher besser Bescheid als ich. Mir fallen da die Herren HOFSTETTER, SCHÖFFLEIN und SCHMID ein, mit denen ich bei dem Tonkünstlerorchester musizierte. Sie spielten auf solchen Instrumenten.

Αnmerkung:

1 Die KAMESCH-Oboe erwarb ich in den frühen 60er-Jahren von meinem ersten Lehrer. Nach meiner Pensionierung im Jahr 1996 widmete ich sie dem Kunsthistorischen Museum, wo sie in einer Vitrine der Sammlung alter Musikinstrumente steht und zu besichtigen ist.

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schlechten Notenmaterials wesentlich schwieriger zu spielen war als die Oper. Es ging also weniger um rauschende Virtuosität der Bewerber als um die Fähigkeit, in ein Repertoire von rund 25 verschiedenen Opern und Operetten auf der ersten Stimme einsteigen zu können.

SCHAEFTLEIN schied als Konkurrent aus, da er sich plötzlich entschlossen hatte, nach Japan zum NHK-Orchester zu gehen, und dadurch wurde ich per 1. September 1952 in das „Orchester der Staatsoper in der Volksoper“ aufgenommen. Nebenbei betreute ich an der Musikakademie, wenn mein Lehrer Dr. HADAMOWSKY krank war, die auf 14 Studenten und eine Studentin (!) angewachsene Klasse, was mir schon damals viel Freude machte.

Ich komme jetzt rasch zum Ende meiner Ausführungen:

Am 16. Juni 1953 schloss ich das Studium an der Musikakademie mit der Reifeprüfung ab, und zwar hatte ich ein von meinem Lehrer ausgewähltes Programm dem Präsidenten Dr. SITTNER vorzutragen.

Eine Bitte an die Leserinnen und Leser dieses Berichtes: Es handelt sich um Erlebtes, das rund fünfzig Jahre zurückliegt. Leicht kann sich der eine oder andere Gedächtnisfehler eingeschlichen haben. Sehr zu danken habe ich Frau Rätin Dr. Lynne HELLER vom Archiv der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien. Sie gewährte mir Einblick in die Kataloge der beschriebenen Zeit – natürlich nach Eliminierung der Benotungen aus Gründen des Datenschutzes...

Ich bestellte zugleich mit Jürg SCHAEFTLEIN 1951 eine neue Oboe bei der Firma ZULEGER (Herrn KIRCHBERGER). Man muss wissen, dass damals jedes Instrument aufgrund individueller Klappenanfertigung ein Unikat war: Herr KIRCHBERGER schmiedete die Klappen meines zukünftigen Instrumentes für meine Hände. Ich war sehr oft in seiner Werkstätte, bis mir die Klappenanordnung passte.

Für die Bohrung und Feineinstimmung war ein Herr LAUSCHMANN aus Deutschland angereist, und den Becher arbeitete ein anderer Instrumentenmacher und Oboist in Wien, der bereits erwähnte Herr KLOSE, mittels eines Spezialräumers ganz gründlich aus. Meine neue Oboe hatte also drei Väter!

Das gute Stück mit der Nummer 1023 wurde von mir im Winter 1951/52 um 3.200 Schilling gekauft. Das entsprach damals drei Anfangsgehältern. Ich brauchte dann noch ein handgestochenes Etui von Herrn VANIS um 450 Schilling und durfte mit dieser Oboe zu Ostern 1952 als Substitut der Wiener Philharmoniker unter Wilhelm FURTWÄNGLER als „Rechtsaußen“ bei Bachs „Matthäus-Passion“ mitwirken. Das war genau drei Jahre, nachdem ich eine Oboe zum ersten Mal in die Hand genommen hatte...Ich blieb dieser Oboe mein ganzes Berufsleben treu.

STRETTA INS ORCHESTER

Im Juni 1952 waren in Wien drei Oboe-Stellen vakant:

Ø eine erste im damaligen Rundfunkorchester (heute RSO)

Ø eine erste bei den Tonkünstlern (heute n.t.o.)Ø eine erste im Orchester der Staatsoper in der

Volksoper.

Ich spielte mit Jürg SCHAEFTLEIN um die Volksopernstelle. Das Probespiel lief so ab:

Zuerst war ein Stück freier Wahl mit Klavierbegleitung vorzutragen, dann mussten wir einige Orchesterstellen vom Blatt spielen (es waren Soli aus Stücken, die in der Volksoper gerade neu einstudiert worden waren) und zwei komplette Vorstellungen im Orchester ohne Probe. In meinem Falle waren es „Die verkaufte Braut“ und der „Vogelhändler“, wobei die Operette wegen des

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Laudatio für Prof. Manfred Kautzky

anläßlich der Verleihung der Verdienstmedaille in Gold der Universität für Musik, gehalten von Univ. Prof. Klaus Lienbacher

Die Verleihung der höchsten Auszeichnung der Univer-sität für Musik und darstellende Kunst wird traditions-gemäß musikalisch umrahmt, und es gibt wohl kaum einen schöneren Beginn für diesen heutigen Anlass als eine Darbietung von ehemaligen Studierenden des zu Ehrenden, deren musikalische Laufbahnen, stellver-tretend für viele andere, die Qualität des Wirkens von Manfred Kautzky an dieser Institution dokumentieren: Clemens Horak, Solooboist der Wr. Philharmoniker, Harald Hörth, Solooboist der Wr. Symphoniker und in Vertretung des erkrankten Johannes Strassl eine Studentin der jüngeren Generation, Prisca Schlemmer, welche als erste Frau unter den Bläsern bei einem phil-harmonischen Abo-Konzert mitwirkte.Es gibt wohl ganz wenige Lehrende an unserem Haus, welche in ihrem Wirkungsbereich die Wiener Musik-szene so maßgeblich geprägt und gestaltet haben wie Manfred Kautzky in seiner mehr als zwanzigjährigen pädagogischen Tätigkeit. Seine Ära ist als Maßstab für künftige Oboisten- und Pädagogengenerationen anzulegen.Die musikalische Laufbahn von Manfred Kautzky begann mit seinem Klavierstudium, welches er mit Staatsprüfung abschloß. Nicht zuletzt aus pragmati-schen Erwägungen entschloß er sich, auch ein Orches-terinstrument zu studieren, und diese Entscheidung fi el zugunsten der Oboe aus. Er lernte bei Hans Kamesch und Hans Hadamowsky an der Musikakademie und schon nach wenigen Jahren war er im Wiener Orches-tergeschehen integriert und geschätzt. In dieser Zeit lernte er auch eine reizende Krankenschwester kennen, die seither sein Leben teilt und deren mütterliche Für-sorge wir später als Studenten genießen durften.Eine wesentliche Weichenstellung in der Berufslauf-bahn von Manfred Kautzky war seine Entscheidung, vom Staatsopernorchester bzw. den Philharmonikern in die Volksoper zu wechseln. Ein Entschluß, der Außenstehende in Unkenntnis damaliger Orches-terstrukturen und personeller Interna verwundern mochte, von dem ihn aber auch selbst ein Karl Böhm nicht abbringen konnte.Es folgte eine Zeit intensiver solistischer und kam-

mermusikalischer Aktivitäten z.B. mit dem Wiener Kammerorchester oder als Mitglied des Wiener Blä-serquintettes und anderer prominenter Ensembles. Auf diese Weise profi lierte er sich als maßgebender Expo-nent unter den Wiener Oboisten.Der geschmackvolle uneitle Einsatz der Oboe als So-praninstrument mit schlackenlosem Ton, die Qualität in Dynamik und Artikulation, ja oft war es ein einzel-ner Ton mit delikatem Zungenstoß oder eine wunder-bar servierte Vorschlagsnote,, welche einem eine Gän-sehaut über den Rücken jagte, machten ihn für Junge zum Vorbild, die Wiener Oboe wurde zur Superlative. Von Dr. Hadamowsky wurde Manfred Kautzky 1972 an unser Haus verpfl ichtet, welches kurze Zeit vorher von Akademie in Hochschule umstrukturiert worden war.Die Situation, welche der frischgebackene Professor zu Beginn seiner Lehrtätigkeit vorfand, war nicht gerade ermutigend: wenige Studierende und kaum Instrumente für Anfänger. An einem Oboen-probe-spiel der Symphoniker nahmen damals zwei Bewer-ber teil. In den darauffolgenden Jahren war Manfred Kautzky quasi als „Rattenfänger“ für unser Instru-ment unterwegs und in kurzer Zeit war die Klasse voll. Natürlich allesamt Anfänger, was Verantwor-tung bedeutete für die Ausbildung, beginnend mit dem ersten produzierten Ton bis zur Diplomprüfung. Um es anders auszudrücken: Musikschule, Konser-vatorium und Hochschule in einer Person.Die Qualität des Unterrichts bestand unter anderem auch in der umfassenden musikalischen Allgemein-bildung, welche wir im Rahmen des Konzertfach-unterrichts erhielten; Gehörbildung, Harmonie-lehre, Musikgeschichte und Ornamentik wurden im Unterrichtsalltag selbstverständlich eingebaut. Manfred Kautzky lehrte uns im besten Sinne seiner Berufungspfl ichten das „Fach in seinem ganzen Umfang“. Als Mitglied des Abteilungskollegiums und der Studienkommission war er maßgeblich beteiligt an der ersten Studienplanreform, die heute noch gültigen Studienpläne unseres Institutes sind Produkte dieser, mit unglaublichem Zeit und Ener-gieaufwand verbundenen Bemühungen um eine

Lieber Manfred, liebe Erika, sehr geehrter Herr Rektor, meine Damen und Herren!

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Optimierung des Lehrangebotes an unserem Haus. Es war und ist ihm wichtig, mit einem Berufsmusi-ker auch über andere Dinge sprechen zu können als über Autos und „Backhendl“Der neuen Oboistengeneration hat er ein gesundes Selbstverständnis auf den Berufsweg mitgegeben. Traditionsverbundenheit als Basis im Umgang mit unserem Instrument, ebenso Aufgeschlossen-heit, Neugier und Hochachtung für musikalisch

„Andersgläubige“. Genau in diesem Sinne ist zum Beispiel auch die Wahl von Leonard Bernstein zum Namenspatron unseres ungebrochen traditionsver-pfl ichteten Institutes zu verstehen: als Hochachtung für eine Symbolfi gur im Sinne eines übergeord-neten gemeinsamen Nenners für unseren Auftrag: Vermittlung der Begeisterung für Musik an die nachfolgenden Generationen als Beitrag zum Erhalt der kulturellen Werte unserer Gesellschaft. Apropos Musikvermittlung: Viele der heute aktiven Musik-pädagogen sind von Manfred Kautzky in Didaktik, Methodik und Lehrpraxis betreut worden, daraus resultierend dürfen wir uns über eine steigende Nachwuchsförderung gerade für Wiener Oboisten an den Musiklehranstalten freuen.

All diese Erfolge als Pädagoge wären vermutlich nicht möglich gewesen ohne den idealistischen Einsatz und die menschlichen Qualitäten, die unser Lehrer eingebracht hat. Ohne sein Einfühlungsver-mögen, seine Geduld und sein Mitleben in unseren Befi ndlichkeiten hätte möglicherweise manche Oboistenkarriere nicht stattgefunden.

Zum Abschluß möchte ich der so zeitgemäßen Eva-luierung Rechnung tragen und einige Zahlen für sich sprechen lassen: von insgesamt 25 Oboenstellen in sechs Wiener Orchestern sind 16 von ehemaligen Studierenden Manfred Kautzkys besetzt, darunter zwei erste Oboisten der Wiener Philharmoniker und die gesamte Oboengruppe der Wiener Symphoniker. Von fünf Lehrenden an Konservatorium und Univer-sität in Wien haben vier bei ihm absolviert.

Lieber Manfred, ich möchte mich für alles, was du für uns als Studenten, für uns als Menschen und für dieses Haus getan hast, sehr bedanken, ich hoffe, daß wir dich möglichst oft hier bei uns haben dürfen und um mit deinen Worten zu schließen:

„ad multos annos“

Prof. Manfred Kautzky mit Gattin Erika, Rektor Werner Hasitschka, Prof. Klaus Lienbacher

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Journal - Wiener Oboe10

Ich ging zu Saisonbeginn 1961/62 am Weg zum Konzerthaus an einer Plakatwand vorbei und bemerkte dort plötzlich meinen Namen als Solist mit dem Wiener Kammerorchester unter Paul Angerer, es handelte sich um das 1958 komponierte Milhaud-Oboenkonzert, das ich nicht gekannt habe. Überrascht begab ich mich sofort zur Fa. Doblinger, da ich bisher noch nichts von diesem Auftritt wusste, um mir diese Noten umgehend zu kaufen.

Probe mit den Wiener Philharmonikern. Ein Dirigent zum Orchester: „Ich will nicht zu viele Worte verlieren. Alles, was mit ‚zu‘ beginnt, ist schlecht: Zu laut, zu leise, zu langsam, zu schnell …“ Stimme aus dem Orchester: „Zu Hause“

Das Wiener Bläserquintett wurde vom zuständigen Ministerialrat um die musikalische Umrahmung einer Feierstunde im Schönbrunner Schloßtheater gebeten. Thema: Maria Theresia; Auszüge aus dem Tagebuch ihrer Zofe. Es wird Fred Liewehr lesen. Gewünschte Musikstücke: feierliche Intrada, ruhiger Mittelteil, beschwingter Ausklang. Also: Danzi B-Dur!Zur großen Überraschung des Ensembles liest Liewehr aus den letzten Seiten des Tagebuchs und schließt mit den Worten: „Und die Kaiserin verschied“. Pietätvolles Verneigen Liewehrs. — So, und wir sitzen mit einem fröhlichen Allegretto im 6/8 Takt am Podium. Ergo: Sehr langsamer, schwermütiger Vortrag, an der Grenze des Lächerlichen, gegen Schluß Beschleunigung ... Der Ministerialrat nachher vor dem Theater: „Ich habe selber vorher nicht gewußt, worum es bei dieser Feier geht!“

Jeder Musiker kennt die berufsspezifi schen Albträume, von denen wir zeitweilig heimgesucht werden: im Hemd dazustehen und nach dem Frack zu suchen, während das Orchester bereits auftritt, ein nicht funktionierendes Instrument in Händen zu haben oder aus dem Rohr keinen Ton herauszubringen ... Manchmal werden nächtliche Schreckensvisionen dieser Art jedoch auch bittere Wirklichkeit: Rudolf Spurny, Oboist der Symphoniker und Lehrer am Konservatorium, entstieg eines Tages in der Johannesgasse einem Taxi, wobei ihm seine Rohrschachtel aus dem Sakko rutschte und auf den Boden fi el. Im selben Moment reversierte der

Aus dem Anekdoten-Schatzkästlein Manfred Kautzkys

Porträtbüste Manfred Kautzkys mit OboenrohrFür jedes Mitglied des Wiener Bläserquintetts wurde

eine Büste dieser Art angefertigt

Taxifahrer, der es sichtlich eilig hatte, fuhr dabei mit dem Hinterreifen genau über die Rohrschachtel und zerdrückte sie zu einem fl underartigen Gebilde. Spurnys Flüche sind nicht überliefert ...

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Journal - Wiener Oboe 11

JOHANN VOTRUBAMeisterwerkstätten für

Holz- und Blechblasinstrumente1070 Wien

Lerchenfelder Gürtel 4Tel. +43 / 1 / 523 74 732700 Wiener Neustadt

Herzog Leopold-Straße 28Tel. +43 / 02622 / 229 27

Beethovengasse 1Tel. +43 / 026 22 / 229 27 13

Karl Radovanovic ist Meister

Karl Radanovic, Mitarbeiter der Fa. Votruba, ist Meister geworden. Wir gratulieren und bringen eine Kurzbiografi e:Geb. 14.5.1972 in Steyr, ab dem 11. Lebensjahr in Wien Nach der Pfl ichtschule in verschiedenen Jobs tätigBundesheer, danach Mitarbeit im väterlichen Betrieb als Elektriker (1992-95) 1995 Eintritt in die Fa. VOTRUBA, Lehre 1995-98, Geselle 1998-2002, Meisterprüfung im Sommer 2002 in Tirol bei d. Fa. Hammerschmidt Sein Meisterstück war eine Klarinette In der Firmenwerkstätte Votruba entstand z.B. auch der b-Becher für die Wiener Oboe Nimmt seit 1995 auch Klarinettenunterricht bei Stefan Neubauer

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Journal - Wiener Oboe12

Wir stellen vor: OboistInnen der Wiener Volksoper

Josef Bednarik (1. Oboe)geb. 1964 in Mödling, aufgewachsen in Perchtolds-dorf; mit 14 Jahren privater Oboe-Unterricht bei Prof. Kuttner, mit 15 bei Prof. Lorenz an der HS Wien, mit 19 bei Prof. Turetschek an der Expositur Oberschützen, Diplom 1992. Zugleich Kompositi-onsstudium bei K. Schwertsik. Seit 1985 2. Oboist in der Volksoper, ab 2001 1. Oboist und Mitglied der Hofmusikkapelle

Helmut Mezera (1. Oboe)geb. 1947 in Wien, seit 1961 Oboestudium bei Dr. Hans Hadamowsky an der Musikakademie Wien, 1970 Diplom. Seit 1967 1. Oboist in der Volks-oper. Mitglied des Eichendorff-Quintetts von 1970-90, Mitwirkungen u. a. in der „Reihe“ und im „Ensemble des 20. Jh.“, Unterricht am Konser-vatorium Eisenstadt seit 1972, an der J. S. Bach-Schule Wien, Meisterkurse bei „Allegro vivo“

Claudia Kefer-Gindlhumer (2. Oboe, EH)geb. 1960 in Wien, mit 6 Jahren Violine-Studium, Oboe seit 1975 bei Prof. Kautzky, Diplom 1984. 1983 als 1. Oboistin in die Volksoper engagiert, seit 2001 2. Oboistin und Englischhornistin. Mitglied der Wiener Instrumentalsolisten

Marthe Pongrácz (2. Oboe, EH)geb. 1959 in Rutshuru-Ruanguba (ehem. Bel-gisch-Kongo), seit 1977 Studium bei Prof. Kautzky, Klavierunterricht Hauptfach, Musik-pädagogik und LG B1 (Gesang), 1986 in die Volksoper engagiert, Diplom 1987

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Unsere BankverbindungVereinigte VolksbankenBaden-Mödling-Liesing

Knt. Nr. 536 36 35 0000BLZ: 42750

A- 2340 Mödling, Freiheitsplatz 5-6Tel.: 02236/47131 (Fax 4713150)

e-mail: [email protected]

Journal - Wiener Oboe 13

Die Oboengruppe der Wiener Volksoper im Orchestergraben: Josef Bednarik, Marthe Pongrácz, Claudia Kefer-Gindlhumer, Prof. Helmut Mezera

Claudia Kefer-Gindlhumer, Josef Bednarik

Die Oboengruppe der Volksoper in der Saison 1986/87:Josef Bednarik, Marthe Pongrácz, Helmut Mezera, Claudia Kefer

Die aktuellen Fotos stammen von Prof. Mag. Peter Grubinger. Sie sind original in Farbe und wurden (ebenso wie die Fotos der Oboengruppe des Niederös-terreichischen Tonkünstlerorchesters in der 12. Ausgabe und jene der Kollegen im RSO, die in der nächsten Ausgabe vorgestellt werden) eigens zu Doku-mentationszwecken für das Archiv der Oboengesellschaft angefertigt.

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Journal - Wiener Oboe

KONZERTE

14

Donnerstag, 9. Jänner 2003, 19.30 UhrFunkhaus Sendesaal

Argentinierstraße

Konzert des RSO Wien

W. A. Mozart: Sinfonia concertante für Bläser

Thomas Höniger, OboeJohannes Gleichweit, KlarinetteNury Guarnaschelli, HornDavid Seidel, Fagott

Wir freuen uns, folgende neue Vereinsmitglieder begrüßen zu dürfen:

Julia Lieser (Oe) Leyla Rahbari (Oe) Katharina Maurer (Oe) Prof. Wolfgang Jelinek (O) Dr. Irene Grillnberger (Ao) Prof. Heinrich Lorch (O) Musikschulverband Staatz [Dir. H. Frühwirth] (O) Alexander Lasselsberger (Ao)Katharina Schröder (Oe)

Wiener Oboenfür Profi s, Laien und KinderD-96317 KronachIm Ziegelwinkel 13

Tel: 0049/9261 / 4207 (Fax: 527 82)E-Mail: [email protected]: www.guntramwolf.de

Donnerstag, 19. Dezember 2002, 19 UhrKirche Glanzing

1190, Krottenbachstraße 120

Weihnachtskonzert

Döblinger Streichorchester, Döblinger TrioDirigent: Akiko Takahashi

Solist: Abraham Ibrahim, OboeWerke von Albinoni, Bach, Händel, Telemann,

Vivaldi

Montag, 24. Februar 2003, 19.30 UhrMusikvereinBrahmssaal

Konzert des Ensembles “Kontrapunkte”

J. Francaix: Die Blumenuhr

Thomas Höniger, Oboe

Sonntag, 8. Dezember 2002, 15.30 Uhr Musikverein Großer Saal

Akademischer Orchesterverein in Wien

Wolfgang Gabriel: Concertino für Oboe, Fagott undkleines Orchester (UA) unter Leitung des Komponisten

Martin Gabriel (Oboe) Bernhard Gabriel (Fagott)

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Atelier Mag. Peter LEUTHNER

Klarinettenblätter

Rohrholz für Oboe und Fagott

6., Girardigasse 4/15Tel. u. Fax: +43 /1 /587 35 47e-mail: offi [email protected]

Homepage: www.plclass.com

Ausg‘steckt ist vom18. 1. bis 2. 2. 20038.3. bis 23. 3. 2003

WeinbauElisabeth & Karl Sommerbauer

GUGASemlergasse 4

2380 PerchtoldsdorfTel.: 869 27 92

KLASSENABENDE OBOE, FAGOTT

MICHAEL WERBA

Dienstag, 10. Dezember 2002, 18.30 UhrKonservatorium der Stadt Wien

Anton Dermota Saal Johannesgasse

HELMUT MEZERA

Montag, 16. Dezember 2002, 19 UhrHaydn-Konservatorium Eisenstadt

fächerübergreifende Vorspielstunde aller Instrumentalklassen

HARALD HÖRTH

Montag, 16. Dezember 2002, 19.30 UhrKonservatorium der Stadt Wien

Anton Dermota Saal Johannesgasse

Journal - Wiener Oboe

BARBARA LOEWE

Freitag, 24. Jänner 2003, 18 UhrSeilerstätte Festsaal

Fagott-Klassenabend

THOMAS HÖNIGER

Montag, 3. März 2003, 19.30 UhrKonservatorium der Stadt Wien

Anton Dermota Saal Johannesgasse

KLAUS LIENBACHER

Dienstag, 28. Jänner 2003, 18.30 UhrUniversität für Musik WienFanny Mendelssohn-Saal

MICHAEL WERBA, PETRA GAMWEGERMICHAEL WERBA, PETRA GAMWEGER

Weihnachtsfeier-KonzertWeihnachtsfeier-Konzert

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Postgebühr bar bezahltEnvoi a taxe réduite

Der Erwerb des Journals ist für Nichtmitglieder im Abonnement um € 12,- jährlich möglich; Mitglieder erhalten das Journal GRATIS.

Impressum:

Medieninhaber, Herausgeber und Verleger:Gesellschaft der Freunde der Wiener OboeObmann und für den Druck verantwortlich:Josef BednarikA 1230 Wien, Lastenstraße 13Tel/Fax: +43/1/869 55 44E-Mail: [email protected]: http://www.wieneroboe.atLayout: Ernst KobauDigital-Druck: FBDS Copy Center 1230 Wien

Grundlegende Richtung:

Das „Journal Wiener Oboe“ ist die Zeitschrift der Gesellschaft der Freunde der Wiener Oboe. Sie erscheint vierteljährlich und dient als Plattform des Dialoges.Für namentlich gezeichnete Artikel ist der jeweilige Verfasser verantwortlich und gibt seine persönliche Meinung wieder.

• Bericht des Obmanns 1• Kautzky-Biografi e 2• Kautzky über sein Studium 3• Laudatio Klaus Lienbacher 8• Kautzky-Anekdoten 10• Radovanovic ist Meister 11• Oboisten der Volksoper 12• Konzerte 14• Klassenabende 15• Inhalt, Impressum 16

Die nächste Ausgabe des Journals der Gesellschaft der Freunde der Wiener Oboe erscheint im März 2003.

Wir bitten wieder um zahlreiche Mitarbeit in Form von Artikeln, Infos, Annoncen, Berichten, Mitteilungen, Konzertterminen usw., zu richten an unseren Obmann Josef Bednarik.

Redaktionsschluss: 20. Februar 2003

Prof. Manfred Kautzky, gezeichnet von Jan Daxner

Wir wünschen allen unseren Mitgliedern und Freunden ein

schönes Weihnachtsfest und ein gutes Neues Jahr 2003!