Wir wissen zu wenig über unsere Nachbarn · Kantonen 50. Ausserdem ist das Schuljahr nicht...

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Samstag, 25. Mai2019 ST. G ALLER AZ9001St.Gallen I Nr.121 I Fr.3.50 I €4.-

St.Gallen Junkies lassen Spritzen im Stadtpark liegen 25

St.Gallen Theater um das Kindertheater 27

Gossau Weniger Veranstaltungen im Fürstenlandsaal 29

Rorschach Kinderarztpraxis am Fussballplatz 31

Focus Peter Kuster erfüllt sich mit «Orientexpress» einen Bubentraum. 19

Salzkorn Die Grillsaison will zwar nicht richtig in die Gänge kommen. Dessen ungeachtet bearbeitet die Werbung das Geschäftsfeld Grillieren schon seit Wochen. Die Feuerstelle oder der zivili­satorisch fortgeschrittenere Gasgrill werden dabei zum Ort der nachbarschaftlichen Ver­brüderung. Oder des «Mädels­abends», an dem natürlich Vegetarisches auf den Grill kommt, während «ganze Kerle» etwas zu beissen brauchen: nämlich Fleisch! Da wird noch nicht mit Geschlechterrollen und -bildern gehadert. Und auch Familien verheisst die Werbung nur Gutes: «Nichts stärkt die familiäre Bindung besser als das zwanglose Beisammensein draussen am Grill.» Schöne, heile Grillwelt.

Wenigstens dies! Kulinarisch machen Grillpartys ja nur selten Freude: Angekohltes Fleisch -mal noch blutig, mal schon grau-, allerlei halbgares Ge­müse, und sogar zum Dessert wird die Glace aus der Plastik­box noch mit grillierten Früch­ten drapiert. Da muss man halt dann durch. Wer will schon diese heile Welt zerstören? U. B.

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Ausgabe für St. Gallen, Gossau und Rorschach www.tagblatt.ch

Gute Tage im Auktionshaus Rapp Marianne Rapp, Geschäftsführerin des Wiler Auktionshauses, blickt auf eine erfolgreiche Woche zurück. 44

Wein - ganz natürlich Ostschweizer Winzer besinnen sich aufweine, die ohne aufwendige Techniken reifen: Naturweine. 15

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// Theresa Mays Abschied unter Tränen

Grossbritannien Der Brexit ist ihr über den Kopf gewachsen: Theresa May, die britische Premierministerin, hat gestern ihren Rücktritt bekanntgegeben. Es war ein emotionaler Ab­schied für May, die nach ihrer Rede unter Tränen abtrat. Nach dem Rücktritt der konservativen Politikerin wird ein ungeordneter Brexit immer wahrscheinlicher. 9, 43 silct: AP

Leitartikel zum Abschluss der Sonderwoche «Konstanz»

Wir wissen zu wenig über unsere Nachbarn Auf dem Aussichtshügel zeigt: Unsere Nachbarn wissen es darum geht, die Anliegen der kerung bereit ist, Kompromisse Hochwart auf der Insel Rei- einiges über uns. Aber sie Grenzregion zur Sprache zu einzugehen. Es ging dabei chenau hat man eine gute Sicht wissen nicht genug. Das gilt bringen.» Eine Aussage, die wir nämlich weniger um Waffen-auf die Stadt Konstanz und das freilich auch umgekehrt. Die auch dann beherzigen sollten, besitz als um Sehengen. Und Schweizer Untersee-Ufer. Eines Landesgrenze, die man kaum wenn es darum geht, unser Sehengen bedeutet unter ande-Tages fährt ein Reisecar heran mehr sehen kann, ist in den Verhältnis zur EU neu zu defi- rem offene Grenzen. und eine Gruppe aus Ost- Köpfen immer noch stark nieren. Die Bodensee-Gross-deutschland steigt auf den verankert. stadt Konstanz-Kreuzlingen Im vergangenen Jahrhundert Hügel. Der Reiseführer, ein (rund 110 000 Einwohner) wurden Mauem und Zäune Einheimischer, sagt mit bedeu- Mit ihrer Sonderwoche in gehört zu den grössten Städten, gebaut. In diesem Jahrhundert tungsvoller Stimme: «Sie stehen Konstanz wollten die Journalis- die unmittelbar an der EU-Aus- sollte man sie abreissen. hier am alemannischen Bospo- tinnen und Journalisten der sengrenze liegen. Deutschland verhängte in der rus. Die Dörfer dort drüben «Thurgauer Zeitung» und des Zwischenkriegszeit den Milch-gehören zur Schweiz. Stellen Sie «Tagblatts» dagegen etwas In Nordirland schaut man mit krieg, eine trurnpsche Massnah-sich vor: Dort kann jede Ge- unternehmen. Eine Woche lang Sorge auf die Zeit nach dem me zum Schutz der deutschen meinde selber bestimmen, was schrieben wir intensiv über Brexit. Die Sorge ist verständ- Landwirtschaft. Zu den Verlie-sie mit ihren Steuereinnahmen unser Verhältnis zu den Kon- lieh. Grossbritannien hat sich rern gehörten damals auch die macht!» Das Ereignis ist ver- stanzern, über Gemeinsamkei- mit seinem Europakurs in eine Thurgauer Bauern. Bis dahin bürgt, denn der Autor hat es ten und Unterschiede. Manch- schwierige Lage manövriert. hatten sie ihre Produkte relativ selbst gehört. mal sind die Gemeinsamkeiten Kreuzlingen und Konstanz sind einfach in Konstanz verkaufen

überraschender als die Unter- ein gutes Beispiel dafür, dass es können. Im Gegenzug bekamen Der Begriff «Alemannischer schiede -und das zeigt, dass wir möglich ist, an einer EU-Aus- Konstanzer Handwerker in der Bosporus» hat, wenn man die uns mehr miteinander befassen sengrenze unkompliziert zu- Schweiz Aufträge. Der Zaun, Landkarte anschaut, durchaus sollten. sammenzuleben. Aber es den Hitler 1939 bauen liess, fiel seine Berechtigung. Der Mann braucht von beiden Seiten erst im Jahr 2006. wusste zwar einiges über die Der Konstanzer Oberbürger- Kompromissbereitschaft, harte Schweizer Politik, aber er meister sagte in der Ausgabe Arbeit und einen ständigen Offene Grenzen haben ihre wusste nicht alles, oder er liess vom Montag: «Für Bern und Dialog. Die eidgenössische Vor- und Nachteile. Es gibt der Einfachheit halber einiges Berlin sind wir beide weit weg Volksabstimmung vom letzten manchmal gute Gründe, ge-weg, zum Beispiel die direkte vom politischen Zentrum. Das Sonntag hat gezeigt, dass die wisse Branchen zu schützen. Bundessteuer. Die Episode aber verbindet uns als Partner, wenn Mehrheit der Schweizer Bevöl- Grundsätzlich muss aber unser

Innerrhoder rechnen besser

Schülervergleich Podestplatz für ,---, den Kanton Innerrhoden: Nur in ·-zwei Kantonen - Freiburg und V7 Wallis-rechnen die Schüler noch 1/:: besser. Das zeigt eine nationale r::; Vergleichsstudie. Auch die Kan­tone St. Gallen und Thurgau schneiden überdurchschnittlich ab, wobei die Schweizer Schüler ,._ insgesamt im Fach Mathematik ~ einige Schwächen zeigen. Nur ·-;:::, 62 Prozent von ihnen erreichen \[J die Grundkompetenzen. Besser · sieht es bei den Sprachen aus. (/) Neun von zehn Schülern können 'J etwagutlesen. (red) 5,41

Rückschlag für Textilindustrie

Exporte Die Schweizer Textil­und Bekleidungsindustrie leidet unter den internationalen Han­delsstreitigkeiten und geopoliti­schen Verwerfungen. Die Klei­derexporte sind im ersten Qy.ar­tal dieses Jahres erstmals nach sechs Quartalen wieder gesun­ken, und bei den Textilausfuhren hat sich der Rückgang aus dem Vorquartal noch akzentuiert. Der Verband Swiss Textiles hofft auf eine Erholung der Märkte im zweiten Semester. Ein Schlüssel des Erfolgs für Schweizer Textiler sind Spezialitäten. (T. G.) 11

Bestreben sein, Schranken abzubauen. Die politischen Unterschiede müssen deshalb nicht verschwinden. Auch zwischen den Schweizer Kantonen gibt es politische Unterschiede. Trotzdem käme es niemandem in den Sinn, zwischen St. Gallen und Teufen Grenzkontrollen zu machen.

Hoffentlich finden sich auch in Zukunft tragbare Lösungen mit der EU, um den Austausch von Dienstleistungen und Waren zu erleichtern, ohne dabei unsere Eigenständigkeit aufzugeben. Die Politiker in Kreuzlingen und Konstanz sollten sich trotz ihrer periphe­ren Lage dafür einsetzen.

."'11111. David Angst

Inhalt Marktplatz 4 Treffpunkt 18 Immobilien 4 Ostevent 14 Programme 20, 22

Rätsel 21 Traueranzeigen 38

Leserservice: 071272 72 72 E-Mail: [email protected] Redaktion: 071272 7711 E-Mail: [email protected] Inserate: 071 272 77 77 E-Mail: [email protected]

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Samstag, 25. Mai 2019

WodieSchül ramm istenlemen Bildung Wallis und Freiburg top, Basel und Solothum ein Flop: Der erste nationale Schulvergleich legt grosse kantonale Unterschiede offen. Über die Gründe dürfte noch lange spekuliert werden.

Yannick Nock

Die Erwartungen waren gross: Zum ersten Mal haben die kanto­nalen Erziehungsdirektoren er­hoben, wie gut Kinder und Jugendliche in der Mathematik, der Unterrichts- und der ersten Fremdsprache abschneiden. Der schweizweit unter 23 000 Schü­lern durchgeführte Test sollte aufzeigen, ob die nationalen Bil­dungsziele in allen Kantonen er­reicht werden. Die gestern ver­öffentlichten Ergebnisse sind allerdings ernüchternd. In diver­sen Kantonen wurden die Ziele verfehlt. Besonders der Leis­tungsunterschied zwischen den Regionen bereiten Lehrern wie Politikern Kopfzerbrechen.

Das grösste Sorgenkind der Schweizer Bildung ist demnach Basel-Stadt. Die Schülerinnen und Schüler fallen in allen Fä­chern im nationalen Vergleich ab. Schlecht schneiden auch Basel­land, Solothum oder Luzern ab. An der Spitze liegen die Kantone Freiburg, Wallis und Appenzell Innerrhoden.

Schlechte Ergebnisse in Mathematik

Während bei den Sprachen die Resultate meistens befriedigend ausfallen, sind sie in der Mathe­

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matik schlecht. In der Unter- Besonders Mathematik macht den Schülern Probleme. richtssprache erreichen landes-weit immerhin 80 bis 90 Prozent der Sechstklässler beim Ver­stehen von Texten und der Recht­schreibung die gesetzten Ziele. In der Mathematik sind es lediglich 62 Prozent - und das sogar am Ende der obligatorischen Schul­zeit (siehe Grafik). Nur drei von fünf Schulabgängern können demnach genügend gut rechnen. In dieser Kategorie bildet Basel­Stadt mit 43 Prozent ebenfalls das Schlusslicht. «Es besteht Handlungsbedarf» sagt Beat Zemp, Präsidenten des Schwei­zer Lehrerverbandes (siehe Inter­view rechts).

Lange hatten die Erziehungs­direktoren gezögert, die Resul­tate zu veröffentlichen. Die Test­anlage wurde eigens nochmals extern kontrolliert, denn die grossen kantonalen Differenzen führten schon im Vorfeld zur Ver­unsicherung und vielen Fragen. Die Präsidentin der Erziehungs­direktoren, die Zürcher Bildungs-

direktorin Silvia Steiner, hat nun eine Fachkommission beauftragt, die markanten Unterschiede zu untersuchen. Doch auch das eher schwache Abschneiden der Schweizer Schüler in der Mathe­matik habe sie überrascht, sagt Stein er. Schliesslich belegten hie­sige Jugendliche in der Pisa-Stu­die 2015 noch einen Spitzenplatz im Rechnen. Allerdings ist der erstmals durchgeführte nationa­le Test der Grundkompetenzen anders aufgebaut als der bekann­tere Pisa-Test, der internationale Vergleiche zulässt.

200Stunden weniger Unterricht

Bildungsexperten, Lehrer und Schulleiter versuchten gestern an der Pressekonferenz, Begrün­dungen zu liefern. Das gelang ihnen allerdings nur bedingt. Der Migrationshintergrund der Jugendlichen habe einen mittle-

ren bis starken Effekt, was in städtischen Regionen zu schlech­teren Resultate führen könnte, lautete eine Argumentation. Eine weitere bezog sich auf die Stun­denpläne. So verbringen St. Gal­ler Jugendliche alleine auf der Sekundarstufe 200 Stunden mehr im Mathematikunterricht als jene in Bern. Der Grund: Eine Schullektion dauert nicht überall 45 Minuten, sondern in manchen Kantonen 50. Ausserdem ist das Schuljahr nicht überall gleich lang. Das wirkt sich auf die Leis­tung aus.

Sicher war sich gestern nie­mand. Es wurden fast so viele Er­klärungen ins Feld geführt, wie Experten anwesend waren. Leh­rerpräsident Zemp vermutet, dass das Testverfahren für die schlechten Leistungen in der Mathematik mitverantwortlich ist. Die Schüler mussten die Auf­gaben am Computer lösen und

So gut sind die Schweizer Schüler in Mathematik Anteil Schüler/innen, welche die Grundkompetenzen erreichen in Mathematik, 11. Schuljahr HarmoS, in Prozent

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konnten erst weiter, wenn eine Frage beantwortet wurde. Das sei bei einer Prüfung mit Papier und Bleistift anders. «Ich sage mei­nen Schülern immer, löst zuerst eine Aufgabe, bei der ihr euch si­cher fühlt.» Das war beim Com­putertest nicht möglich.

Wasnützt mehr Geld?

Der oberste Schulleiter der Schweiz, Bernard Gertsch, sieht wiederum ein Motivationspro­blem bei den Schülern der dritten Oberstufe. Die Jugendlichen wüssten, dass der Test keinen Einfluss auf ihre Noten oder die Schule hätte. Manche würden dann bloss möglichst schnell die Aufgaben lösen wollen.

Sicher bleibt somit nur, dass der erste nationale Schulver­gleich die Bildungsexperten noch lange beschäftigen wird. Doch auch die Politik dürfte interes-

Durchschnitt CH

60 80 100 Quelle: EDK/Grafik: jbr

siert auf die Ergebnisse blicken, gerade wenn es um künftige Sparprogramme geht. Denn einen direkten Zusammenhang zwischen der Leistung der Schü­ler und den Ausgaben der Kan­tone zeigen die Ergebnisse nicht. In Basel-Stadt fliessen knapp 30 ProzentderöffentlichenAus­gaben in die Bildung. Ein ver­gleichsweise hoher Wert für das Schlusslicht. Im Wallis, deren Schüler oft Spitzenpositionen be­legen, sind es lediglich knapp 23 Prozent.

Bildungsdirektorin Steiner erwartet allerdings, dass sich die Leistungen der Schüler im Laufe der Zeit angleichen werden. An­ders als die Jugendlichen, die ge­testet wurden, wird die heutige Schülergeneration gemäss dem Lehrplan 21 unterrichtet. Er legt die gleichen Ziele für alle Schüler fest - und das über die Kantons­grenzen hinaus.

Schweiz

Nachgefragt

«Das Ergebnis ist schwach»

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Nur 62 Prozent der Schüler erreichen am Ende der Schul­zeit in der Mathematik die gesteckten Lernziele. Welche Note würden Sie einem Schü­ler für ein solches Resultat geben? Beat Zemp: Sicher eine ungenü­gende. Das ist viel zu wenig, 90 Prozent war eigentlich das Ziel. Allerdings waren einige Textauf­gaben wohl doch schwieriger als gedacht. Es handelte sich nicht immer nur um die Basics.

Liegt ein Grund in der Anzahl der Lektionen? Nicht nur, aber die Unterschiede sind schon beträchtlich. So haben beispielsweise Jugendliche aus dem Kanton Solothum über 420 Lektionen weniger Mathematik als ihre Gspänli in Schwyz oder Appenzell Innerrhoden, die über­durchschnittliche Ergebnisse er­zielten. Zudem spielt auch der familiäre Hintergrund der Schü­ler eine Rolle.

Beat Zemp, Präsident Dachver­band Lehrer Schweiz. Bild: KEY

Machen es sich die Lehrer zu einfach, wenn sie sich auf die Unterrichtszeit beziehen und nicht auf die Qualität des Unterrichts? Wir fordern schon lange, dass auch Primarlehrer einen Master machen sollten, damit genügend Zeit ist, um alle Fächer als Gene­ralist auf hohem Niveau unter­richten zu können.

Schweizer Schüler belegten in der letzten Pisa-Studie 2015 in der Mathematik !!inen Spitzenplatz. Warum dieser Absturz? Die beiden Test sind nicht ver­gleichbar. Es gibt bei Pisa keinen weltweiten Lehrplan, der fest­legt, was Schüler können müs­sen. Das ist bei uns anders. Viel­leicht sind wir in der Schweiz auch anspruchsvoller, wir arbei­ten sehr viel und fordern viel von uns und den Jugendlichen. (yno)

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Fusion von Zivilschutz und Zivildienst erhält Auftrieb Dienstpflicht Der Zivilschutz hat ein Nachwuchsproblem. Die Kantone fordern deshalb eine Zusammenlegung mit

dem Zivildienst. Die Sicherheitspolitiker des Ständerates wollen die Idee nun zumindest prüfen lassen.

Wer aus medizinischen Gründen nicht militärdiensttauglich, wohl aber schutzdiensttauglich ist, der wird in den Zivilschutz eingeteilt. Dieser hilft bei Katastrophen und Notlagen, räumt nach Unwettern auf und leistet Einsätze zuguns­ten der Gemeinschaft.

Künftig soll sich der Zivil­schutz aber noch aus einem an­deren Pool bedienen können: Nämlich bei jenen, die den Mili­tärdienst nicht mit ihrem Gewis­sen vereinbaren können und ei­nen zivilen Ersatzdienst leisten. Das fordert die Regierungskon­ferenz Militär, Zivilschutz und Feuerwehr. Bei den Sicherheits-

politikern des Ständerats stösst sie damit auf offene Ohren. Die Sicherheitspolitische Kommis­sion entschied sich gestern über­raschend für einen Marschhalt beiderBeratungdesZivildienst­gesetzes. Zuerst will die Kommis­sion nun die Zusammenführung von Zivildienst und Zivilschutz prüfen lassen. Auslöser dafür seien die «stetig sinkenden Rekrutierungszahlen im Zivil­schutz». Tatsächlich hat der Zivilschutz ein Nachwuchspro­blem. Für die Sicherstellung des Bestandes müssen gemäss der Regierungskonferenz jährlich 6000 Personen rekrutiert wer-

den. Im vergangenen Jahr waren es aber lediglich 3700. Die Kan­tone warnen vor einer «gravie­renden Sicherheitslücke», sollte

Nicola Goepfert Geschäftsführer Civiva Bild: PD

die Rekrutierungsquote nicht steigen.

Zivildienstverband: Es gibt kein Rekrutierungsproblem

Ganz anders die Situation im Zivildienst. Die Abschaffung der Gewissensprüfung vor zehn Jahren liess die Zahl der Zivis sprunghaft ansteigen. «Uns scheint, als wollten alle ein Stück vom Zivildienst, weil er gut orga­nisiert ist und einen grossen Nut­zen stiftet», sagt der Geschäfts­führer des Zivildienstverbandes Civiva, Nicola Goepfert. Auslöser für die Änderung des Zivildienst­gesetzes waren nämlich die Sor-

gen um die Armeebestände. Der Bundesrat will den Zivildienst insbesondere für jene unattrakti­ver machen, die nach absolvier­ter Rekrutenschule mit einem Wechsel liebäugeln. So sollen länger Dienst leisten, wenn sie nach dem ersten Wiederholungs­kurs vom Militär in den Zivil­dienst wechseln.

Für Civiva muss der Zivil­dienstverband damit «als Sün­denbock für armeeinterne Prob­leme herhalten», der Verband hat bereits das Referendum ange­kündigt. Gegen eine Zusammen­legung mit dem Zivilschutz wie­derum sprechen gemäss Nicola

Goepfert die grossen Unter­schiede: «Der Zivilschutz ist für ausserordentliche Lagen da, der Zivildienst leistet täglich Ein­sätze zum Wohl der Gesell­schaft.» Ausserdem sei der Zivil­dienst national organisiert, wäh­rend der Zivilschutz kantonal geregelt sei.

Gemäss Civiva hat der Zivil­schutz zudem gar kein Rekrutie­rungsproblem. Es könne wenn überhaupt von einem Vertei­lungsproblem gesprochen wer­den. In einigen Regionen gebe es grosse ungenutzte Reserven.

Tobias Bär

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Gute Mathe- oten für Innerrhoder Schüler Bildung Alle vier Ostschweizer Kantone erreichen die Harmos-Lemziele: St. Gallen, Thurgau

und Ausserrhoden liegen national im breiten Mittelfeld. Innerrhoden gehört schweizweit zu den Besten.

St. Galler Schüler sind mit Englisch nicht überfordert

Die Schüler im Kanton St. Gallen erreichen die mit dem harmoni­sierten Lehrplan gesetzten Lern-

ziele: 2016 waren 1137 Oberstufenschü­ler zum Mathematiktest angetreten, 2017 wurden 951 Sechstklässler bezüg­lich Sprachen (Deutsch und Englisch) ge­testet. Das Ergebnis: In Deutsch (Lesen und Orthografie) liegen sie im breiten Mittelfeld, ebenso in Englisch (Lese-und Hörverstehen), in Mathematik leicht darüber. Von den Realschülerinnen und -schülern erreichen 34 Prozent die Grundkompetenzen, bei den Sekundar­schülern sind es 86 Prozent.

Fast ein Drittel der Oberstufenschü­ler hat die Lernziele im Bereich Mathe­matik nicht erreicht. «Stimmt. Die Streu­breite der Ergebnisse ist in der Mathe­matik deutlich grösser als bei den Sprachen. Diese Heterogenität sollte sich aber mit dem Lehrplan 21 verbessern», sagt der St. Galler Bildungschef Stefan Kölliker.

Bildungswissenschafter Christian Briihwiler hat die Testdaten schweizweit zusammen mit seinem Team am Institut Professionsforschung und Kompetenz­entwicklung der Pädagogischen Hoch­schule St. Gallen erhoben und analysiert - er weist auf weitere Erkenntnisse der St.Galler Ergebnisse hin. «Auch bei Schülern, bei denen zu Hause aus­schliesslich andere Sprachen als Deutsch gesprochen werden, erreichen 72 Pro­zent die definierten Lernziele in der deutschen Rechtschreibung.» Regie­rungsrat Kölliker geht noch einen Schritt weiter: «Wir können nun aufgrund der Ergebnisse belegen, dass auch Schüler mit Migrationshintergrund mit Englisch als erster Fremdsprache nicht überfor­dert sind. Diese Mehrsprachendidatik ist im Kanton seit rund zehn Jahren im

Mea McGhee, Larissa Flammer, Christoph Zweili

Lehrplan verankert.» Wissenschafter Brühwiler begrüsst, dass alle Kantone zur Teilnahme verpflichtet wurden. «Doch die Resultate wären noch viel auf­schlussreicher, wenn man nicht nur das Erreichen der Grundkompetenzen, son­dern das ganze Leistungsspektrum tes­ten würde. Damit könnte man auch zei­gen, wie viele Schüler Spitzenleistungen erbringen.»

Thurgau will Daten für Qualitätsentwicklung nutzen

Die Thurgauer Schülerinnen und Schüler schneiden in allen ge­prüften Fächern im nationalen

Mittelfeld ab. «In den Sprachen sind wir sehr gut mit den Besten dabei, in Mathe­matik sind wir im Schnitt», sagt Erzie­hungsdirektorin Monika Knill. Mit den jetzt veröffentlichten Ergebnissen ein Ranking zu erstellen, greift für sie jedoch zu kurz. «Das ist ein absoluter Neben­schauplatz.» Sie erklärt: «Das war eine erste Nullmessung, quasi ein erstes Foto davon, wie gut die Grundkompetenzen erreicht werden. Wir wollen aber einen Film.» Wichtig sei, später nach mehre­ren Messungen - oder «Fotos» -die Ent­wicklung der Harmonisierung nachvoll­ziehen zu können.

Einen sofortigen Handlungsbedarf für die Thurgauer Schulen sieht Monika Knill nicht: «Jetzt in Aktivismus zu ver­fallen, wäre nicht legitim.» In der Mathe­matik, wo viele Thurgauer Schüler genau wie Jugendliche aus anderen Kantonen die Lernziele nicht erreicht haben, werde es zudem noch vertieftere Abklärungen geben. Die Regierungsrätin betont, dass die Ergebnisse richtig eingeordnet wer­den müssen. Schliesslich liege diesen nur ein Test zugrunde. Mit Stellwerktests oder Klassencockpits gebe es noch wei­tere Grundlagen. Ausserdem seien nicht nur die Fächer Deutsch, Englisch und

Mathematik wichtig: Die Qualität der Volksschule auf diese Bereiche zu redu­zieren, sei falsch. «Unser Ziel ist eine breite Qualitätsentwicklung.» Den Datensatz aus der Überprüfung der Grundkompetenzen will der Kanton für diese Entwicklung nutzen.

Weil die nationalen Bildungsziele im neuen Lehrplan verankert sind, sieht Knill einen wichtigen Schritt in Richtung Harmonisierung bereits gemacht. Denn zum jetzigen Zeitpunkt sei der Lehrplan in den meisten Kantonen bereits in Kraft oder in der Einführungsphase. Als die Tests stattfanden, sei das noch nicht der Fall gewesen.

«Man könnte auch zeigen, wie viele Schüler Spitzenleistungen erbringen.»

Christian Brühwiler Pädagogische Hochschule St. Gallen Mitglied nationales Konsortium Über­prüfung Grundkompetenzen

In lnnerrhoden zahlt sich hohe Stundenzahl aus

00 «Die Ergebnisse sind eine Bestä­tigung, dass wir mit unserer Schu­le auf einem guten Weg sind»,

kommentiert Roland Inauen, Vorsteher des Innerrhoder Erziehungsdeparte­mentes, die guten Resultate der Inner­rhoder Schülerinnen und Schüler in allen drei Fachbereichen. Sowohl in Deutsch, in der ersten Fremdsprache und in der Mathematik gehören sie schweizweit zu den Besten. In der Mathematik brillier­ten sie gar. Am Ende der obligatorischen Schulzeit erreicht Innerrhoden bei den mathematischen Fähigkeiten mit Fri­bourg und Wallis einen Podestplatz. 80 Prozent der Neuntklässler erfüllen die Anforderung an die Grundansprüche (nationaler Mittelwert 62 Prozent). In ei­ner ersten Einschätzung nennt Inauen die hohe Stundenzahl in diesem Fach als Faktor. Verglichen mit den anderen Kan­tonen besuchen die Innerrhoder auf der Sekundarstufe 1 am viertmeisten Mathe­matikstunden. Einzig in den Kantonen St. Gallen, Glarus und Schwyz kommen die Jugendlichen auf noch mehr Unter­richt. Die Kinder in Innerrhoden verbrin­gen während ihrer schulischen Laufbahn allgemein mehr Zeit im Klassenzimmer als jene in anderen Kantonen. Daran hat sich mit dem Lehrplan 21 nichts ge­ändert. Inauen sagt: «Wir sprachen uns gegen eine Reduktion der Stundenzahl aus, dies erweist sich wohl als richtig.»

Im Fachbereich Lesen erreichten 91 Prozent der Innerrhoder Sechstkläss­ler die Grundkompetenzen. Dieser Wert übertrifft den nationalen Durchschnitt um drei Prozentpunkte. Auch hier steht man mit den Kantonen Wallis, Genf und Fribourg an der Ranglistenspitze. Glei­ches gilt für den Bereich Orthografie, bei dem die Innerrhoder Schülerinnen und Schüler mit Wallis und Schwyz die

Grundkompetenzen zu mehr als 90 Pro­zent erfüllen.

Bei Englisch, der ersten Fremdspra­che, liegen die Innerrhoder mit ihrem Leseverständnis am Ende der sechsten Klasse mit 87 Prozent erneut über dem nationalen Durchschnitt. Im Hörverste­hen erzielen sie sogar 99 Prozent (natio­nal 95).

Ausserrhoden setzt auf bessere Lesekompetenz

I Im Gegensatz zu den Nachbarn in Innerrhoden liegen die Test­ergebnisse in Appenzell Ausser­

rhoden in allen Bereichen im nationalen Mittel. In der Mathematik wurden 57 Prozent der Grundkompetenzen er­reicht. Hier habe man im Rahmen der Einführung des neuen Lehrplans einen Schwerpunkt gesetzt, sagt Dominik Schleich, Leiter Amt für Volksschule und Sport. Bei der Erhebung der Daten 2016 seien diese Auswirkungen allerdings noch nicht zum Tragen gekommen.

In den sprachlichen Bereichen liegt der Ausserrhoder Wert zwischen 82 und 96 Prozent. Die Lesekompetenz soll ver­stärkt gefördert werden, sagt Schleich. Erreichen will man dies inAusserrhoden mit dem Konzept Leseförderung. «Von dieser Massnahme versprechen wir uns positive Auswirkungen auf alle Fach­bereiche», sagt Schleich. «Um die Chan­cengleichheit auch für Kinder aus sozial schwächerem Umfeld zu gewährleisten, müssen Massnahmen getroffen werde. Unser Ziel ist es, dass künftig möglichst alle Lernenden die Grundkompetenzen erreichen.» Die Zahl der Schulstunden sei einer von vielen Faktoren, die die Leistung der Lernenden beeinflussen, sagt Dominik Schleich. Im Rahmen der Totalrevision des Ausserrhoder Schul­gesetzes sei eine Reduktion der Stunden- /., tafel daher unwahrscheinlich. /