Wirtschaftsrecht Die Anzahlungsbürgschaft als Sicherungsmittel

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Wirtschaftsrecht: Die Anzahlungsbürgschaft als Sicherungsmittel Wenn Unternehmen Lieferungen oder Leistungen beauftragen, die beim Auftragnehmer Investitionen auslösen, müssen sie regelmäßig eine Anzahlung leisten. Dies ist zur Sicherung der Liquidität des Auftragnehmers ebenso sachgerecht wie zur angemessenen Risikoverteilung, da ansonsten der Auftragnehmer vollständig in Vorleistung treten müsste. Zugleich hat der Auftraggeber etwa im Werkvertrag oder im Anlagenkaufvertrag ein legitimes Interesse daran, seine Anzahlung für den Fall der Insolvenz des Vertragspartners oder sonst ausbleibender Leistung abzusichern. Wer etwa beim Kauf einer Sondermaschine dem Werkunternehmer eine Anzahlung zwischen 20 % und 40 % der Auftragssumme zu leisten hat, will mindestens in dieser Höhe abgesichert sein, um bei ausbleibender oder fehlerhafter Leistung des Werkunternehmers seine Anzahlung wieder zurückzuerhalten. Sicherungsbedürfnis bei investitionsintensiven Verträgen Zur Absicherung einer Anzahlung bedienen sich die Vertragspartner im unternehmerischen Rechtsverkehr regelmäßig einer Vertragserfüllungsbürgschaft in Form einer Anzahlungsbürgschaft“. Hierzu schließen der Besteller der Anlage (Auftraggeber) und der Werkunternehmer neben dem eigentlichen Anlagenvertrag eine Sicherungsvereinbarung. Aus dieser ergibt sich die Verpflichtung des Werkunternehmers, unmittelbar nach Vertragsschluss eine Bürgschaft einer Bank oder eines anderen verlässlichen Kreditinstitutes zu stellen. Der Besteller ist gut beraten, die Fälligkeit der Anzahlung von der Stellung einer solchen Bürgschaft abhängig zu machen.

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Bei der vertraglichen Gestaltung einer Anzahlungsbürgschaft ist Sorgfalt geboten. Dies gilt umso mehr als vorbereitete Formulierungen rasch als Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) einzuordnen sind und dann einer strengen Inhaltskontrolle unterliegen. Durch AGB kann der Werkunternehmer (Auftragnehmer) grundsätzlich nicht zur Stellung einer Bürgschaft verpflichtet werden, in welcher der Bürge auf sämtliche Einreden aus dem Werkvertrag oder Anlagenkaufvertragzwischen dem Auftraggeber und dem Auftragnehmer verzichtet. Mit gewissen Einschränkungen ist eine solche Regelung aber auch in AGB wirksam. Auf diese Weise erhält der Auftraggeber für seine Anzahlung eine werthaltige Sicherung.

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  • Wirtschaftsrecht: Die Anzahlungsbrgschaft als Sicherungsmittel Wenn Unternehmen Lieferungen oder Leistungen beauftragen, die beim Auftragnehmer Investitionen auslsen, mssen sie regelmig eine Anzahlung leisten. Dies ist zur Sicherung der Liquiditt des Auftragnehmers ebenso sachgerecht wie zur angemessenen Risikoverteilung, da ansonsten der Auftragnehmer vollstndig in Vorleistung treten msste. Zugleich hat der Auftraggeber etwa im Werkvertrag oder im Anlagenkaufvertrag ein legitimes Interesse daran, seine Anzahlung fr den Fall der Insolvenz des Vertragspartners oder sonst ausbleibender Leistung abzusichern. Wer etwa beim Kauf einer Sondermaschine dem Werkunternehmer eine Anzahlung zwischen 20 % und 40 % der Auftragssumme zu leisten hat, will mindestens in dieser Hhe abgesichert sein, um bei ausbleibender oder fehlerhafter Leistung des Werkunternehmers seine Anzahlung wieder zurckzuerhalten.

    Sicherungsbedrfnis bei investitionsintensiven Vertrgen Zur Absicherung einer Anzahlung bedienen sich die Vertragspartner im unternehmerischen Rechtsverkehr regelmig einer Vertragserfllungsbrgschaft in Form einer Anzahlungsbrgschaft. Hierzu schlieen der Besteller der Anlage (Auftraggeber) und der Werkunternehmer neben dem eigentlichen Anlagenvertrag eine Sicherungsvereinbarung. Aus dieser ergibt sich die Verpflichtung des Werkunternehmers, unmittelbar nach Vertragsschluss eine Brgschaft einer Bank oder eines anderen verlsslichen Kreditinstitutes zu stellen. Der Besteller ist gut beraten, die Flligkeit der Anzahlung von der Stellung einer solchen Brgschaft abhngig zu machen.

  • Der Auftraggeber hat ein Interesse daran, im Falle ausbleibender oder fehlerhafter Leistung direkt auf den Brgen zugehen zu knnen. Er wird daher darauf dringen, dass der Brge nicht smtliche Einreden erheben kann, die dem Werkunternehmer zustehen. Denn der Besteller (Auftraggeber) will nicht smtliche streitigen Fragen im Rechtsverhltnis zu seinem Vertragspartner durchstreiten mssen, bevor er die Brgschaft in Anspruch nehmen kann. Der Auftraggeber wird daher versuchen, den Werkunternehmer zur Stellung einer Brgschaft zu verpflichten, in welcher der Brge auf Einreden des Werkunternehmers (Hauptschuldners) verzichtet. Sicherungsabrede in Allgemeinen Geschftsbedingungen? Eine vertragliche Verpflichtung des Unternehmens zur Stellung einer Brgschaft unter weitgehendem Verzicht auf die Einreden des Hauptschuldners ist grundstzlich mglich. Wenn sich der Besteller (Auftraggeber) fr diese Sicherungsvereinbarung eines Standardformulars bedient, ist Vorsicht geboten: In Allgemeinen Geschftsbedingungen sind Klauseln regelmig unwirksam, in denen sich der Werkunternehmer zur Stellung einer Brgschaft verpflichtet, bei welcher der Brge (zu) weitgehend auf Einreden aus dem Vertragsverhltnis zwischen Hauptschuldner und Glubiger verzichten muss. Denn der Brge soll grundstzlich nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Glubiger auch den Werkunternehmer als Hauptschuldner in Anspruch nehmen knnte. Dementsprechend regelt die Vorschrift des 768 Abs. 1 S. 1 Brgerliches Gesetzbuch (BGB): Der Brge kann die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden geltend machen.

  • Darber hinaus sagt 770 Abs. 1 BGB: Der Brge kann die Befriedigung des Glubigers verweigern, solange dem Hauptschuldner das Recht zusteht, das seiner Verbindlichkeit zugrundeliegende Rechtsgeschft anzufechten. Gleiches gilt nach 770 Abs. 2 BGB, wenn und solange der Glubiger die Mglichkeit hat, seine Forderung durch Aufrechnung gegen eine fllige Forderung des Hauptschuldners zu erfllen. Auch in diesem Fall soll der Glubiger nicht ohne Not den Brgen in Anspruch nehmen, obwohl er einen einfacheren Weg htte, an seine Forderung zu gelangen. Vertragliche Gestaltung der Sicherungsvereinbarung Nach herrschender wenn auch umstrittener Rechtsprechung ist die formularmige Verpflichtung zur Stellung einer Brgschaft unwirksam, wenn der Brge darin generell auf die Einreden aus 768 BGB verzichten muss. Dies betrifft etwa die Einrede des nichterfllten Vertrages, also einZurckbehaltungsrecht, solange der Auftraggeber nicht bezahlt. Schlieen Allgemeine Geschftsbedingungen solche Einreden aus, so ist hinsichtlich der Rechtsfolgen zu differenzieren: Sollte die Pflicht zur Stellung einer Brgschaft separat geregelt sein, so ist diese Verpflichtung als solche wirksam, auch wenn an anderer Stelle sprachlich und inhaltlich getrennt ein Verzicht auf die Einreden nach 768 BGB geregelt ist. In diesem Fall soll lediglich der Verzicht auf die Einreden unwirksam sein, nicht aber die Verpflichtung zur Stellung einer Brgschaft.

  • Aufmerksamkeit verdient die Konstellation im Falle eines Verzichts auf die Einrede der Aufrechenbarkeit nach 770 Abs. 2 BGB: Grundstzlich soll dem Brgen die Mglichkeit verbleiben, den Auftraggeber auf eine Aufrechnung zu verweisen, wenn die Gegenforderung des Schuldners unbestritten oder rechtskrftig festgestellt ist. Denn in diesem Fall knnte der Auftraggeber (Glubiger) seine Forderung gegenber dem Werkunternehmer (Hauptschuldner) durch Aufrechnung realisieren. Es gibt dann fr den Glubiger keinen sachlich gerechtfertigten Grund, den Brgen in Anspruch zu nehmen. In den brigen Fllen wenn also die Gegenforderung nicht unbestritten oder rechtskrftig festgestellt ist , kann die Einrede der Aufrechenbarkeit fr den Brgen nach herrschender Rechtsprechung vertraglich auch durch AGB ausgeschlossen werden. Fazit Bei der vertraglichen Gestaltung einer Anzahlungsbrgschaft ist Sorgfalt geboten. Dies gilt umso mehr als vorbereitete Formulierungen rasch als Allgemeine Geschftsbedingungen (AGB) einzuordnen sind und dann einer strengen Inhaltskontrolle unterliegen. Durch AGB kann der Werkunternehmer (Auftragnehmer) grundstzlich nicht zur Stellung einer Brgschaft verpflichtet werden, in welcher der Brge auf smtliche Einreden aus dem Werkvertrag oder Anlagenkaufvertragzwischen dem Auftraggeber und dem Auftragnehmer verzichtet. Mit gewissen Einschrnkungen ist eine solche Regelung aber auch in AGB wirksam. Auf diese Weise erhlt der Auftraggeber fr seine Anzahlung eine werthaltige Sicherung. Schlsselwrter: Allgemeine Geschftsbedingungen, Anlagenkaufvertrag, Anlagenvertrag, Anzahlungsbrgschaft, Brgschaft, Rechtsgeschft, Sicherungsabrede,Sicherungsvereinbarung, Stellung einer Brgschaft, Vertragserfllungsbrgschaft, Werkunternehmer,Wirtschaftsrecht, Zurckbehaltungsrecht