Wissen Sie eigentlich, wie stark Ihre Knochen sind? › Downloads › 04.2017...gelnder...

1
Knochendichteschwund, also Osteopo- rose oder auch Osteopenie (die Vorstufe zur Osteoporose), ist eine gutartige Er- krankung des Stoffwechsels bezie- hungsweise des Knochens , die oft lan- ge unerkannt und schleichend fort- schreitet. In diesem Artikel geht es um die primäre Osteoporose. Das ist die Form der Osteoporose, die keine andere Krankheit als Ursache hat. Die Osteoporose ist eine Systemerkran- kung, die den ganzen Knochen betrifft, wenn auch in unterschiedlichem Aus- mass. Wie so oft im Leben, macht sich eine unzureichende Festigkeit der Kno- chen erst bemerkbar, wenn es weh tut. Dann ist die Erkrankung schon weit fort- geschritten. Wirbelbrüche und Brüche andere Knochen nach nur geringer Be- lastung sind dann ein Ausdruck man- gelnder Knochenfestigkeit. Die Kno- chen, unser Skelett, das uns ein Leben lang trägt, verlangen ebenso viel Auf- merksamkeit wie die übrigen Systeme in unserem Körper. Der Rückgang der Kno- chendichte ist ein normaler Vorgang durch das Älterwerden. Frauen sind in der Regel stärker betroffen wie Männer. Hier spielt die geringere Muskelmasse und die daraus resultierende Beanspru- chung des Knochens eine Rolle. Deswe- gen ist das Ausgangsniveau bei Frauen geringer als bei Männern. Ausserdem spielt die Hormonsituation (Stichwort Östrogene) bei Frauen auch noch eine Rolle. Der übliche Verlust an Knochen- dichte beträgt im Durchschnitt drei Pro- zent im Laufe eines Jahres. Durch das Absinken des Östrogenspiegels bei Frau- en während des Älterwerdens, oft noch verstärkt in den Wechseljahren, sinkt die Knochendichte stärker als bei Männern im gleichen Alter. Männer sind hier auf- grund der im Vergleich zu den Frauen meist grösseren Muskelmasse und dar- aus resultierender grösseren Knochen- dichte. Das Ausgangsniveau der Kno- chendichte liegt dadurch höher. Das individuelle Sinken der Knochen- dichte wird auch noch durch familiäre Faktoren und auch durch den Lebensstil in früheren Jahren beeinflusst. Die Ein- nahme von Cortison über einen zusam- menhängenden Zeitraum von mehr als drei Monaten und mit mehr als 7,5 mg Prednison am Tag (sog. Cushing-Schwel- le) gilt als zusätzlicher Risikofaktor für das Auftreten einer relevanten Osteopo- rose. Die Art der Anwendung, also Ta- bletten oder beispielsweise als Spray zum Inhalieren bei Asthma, spielt auch noch eine Rolle. Die Erfahrung zeigt, dass bei Asthmasprays meist die Osteo- porose nicht so stark ausfällt wie bei der Einnahme von Tabletten. Cortison-Injek- tionen in Gelenke oder an Sehnen tra- gen auch bei wiederholten Anwendun- gen aufgrund der geringeren Cortison- menge nicht zum Auftreten einer Os- teoporose bei. Therapeutische Alternati- ven zur Anwendung von Cortison be- steht bei diesen Erkrankungen meist nicht. Zu Beginn steht die Knochendichtemes- sung. Es handelt sich dabei um eine spe- zielle Röntgenuntersuchung, bei der der Mineralsalzgehalt des Knochens durch Strahlenabsorption bestimmt wird. Die Messung erfolgt im Liegen auf dem Rü- cken und im Normalfall der Lendenwir- belkörper LWK1 bis LWK4 sowie an ei- nem Oberschenkelhals. In bestimmten Fällen kann eine zusätzliche Messung am Vorderarm zusätzliche Information liefern, wenn beispielsweise durch star- ke Abnutzungserscheinungen an der Lendenwirbelsäule die Knochendichte- werte falsch hoch ausfallen oder bei Hüftprothesen eine Messung am Ober- schenkel nicht möglich ist. Die Knochen- dichtemessung ermöglicht die Beurtei- lung wie weit fortgeschritten der Abbau der Knochendichte ist. Als Ergebnis der Knochendichte werden der sogenannte T-Score und Z-Score jeweils der Lenden- wirbelsäule und des Schenkelhalses und auch des Vorderarms ausgewiesen. Der Z-Score gibt den aktuellen Bezug auf das Alter der Patientin oder des Patien- ten an. Interessanter ist jedoch der T- Score. Dieser gibt an, wie weit die aktu- elle Knochendichte abweicht in Bezug auf die von 30-jährigen Erwachsenen. Anhand dieses Wertes entscheidet sich nämlich die weitere medikamentöse Therapie. Zudem kann das statistische Fraktur-Risiko (Wirbelkörper oder andere Skelettabschnitte) für die nächsten zehn Jahre berechnet werden. Eine konkrete Vorhersage für einen Sturz des einzel- nen Individuums ist selbstverständlich damit nicht möglich. Was ist nun zu tun, wenn eine manife- ste Osteoporose festgestellt wurde? Ak- tiv werden! Der Knochenaufbau kann gezielt gefördert werden. Der Knochen reagiert, wenn auch langsam, sehr wohl auf entsprechende Belastungsreize. In erster Linie heisst das: Bewegen, bewe- gen und nochmals bewegen. Das kann einfach vermehrte Bewegung im Alltag sein, zum Beispiel lieber die Treppe neh- men statt der Aufzug, und natürlich auch durch ganz gezielte sportliche Ak- tivitäten. Das kann schon ein regelmäs- siger, täglicher (zügiger) Spaziergang von mindestens 30 Minuten Dauer sein. Ein zusätzlicher Effekt der vermehrten Aktivität ist auch eine Verbesserung der koordinativen Fähigkeiten des Patienten. Denn wer sich mehr bewegt, schult auch seine Reaktionsfähigkeit. Da der Knochen ja zunächst zu Beginn der The- rapie noch stärker frakturgefährdet ist, gilt es Stürze zu vermeiden und damit mögliche Spitalaufenthalte oder gar Operationen, beispielsweise der Einbau einer Hüft-Total-Endoprothese als Folge einer Schenkelhalsfraktur nach einem Sturz, zu verhindern. Zur Verbesserung der Herz-Kreislauf- Leistung und der Verbesserung der Durchblutung dient diese vermehrte Ak- tivität gleich auch noch. Hinzu kommt dann meist ausserdem auch noch eine Gewichtsreduktion durch vermehrten Kalorienverbrauch. Noch ein weiterer Synergie-Effekt. VON THOMAS KURZ Wissen ist Macht. Das gilt auch bei den Knochen. Wenn Sie es wissen, dann wissen Sie, wie Sie Ihre Knochenstärke verbessern und erhalten können. Wissen Sie eigentlich, wie stark Ihre Knochen sind? Der nächste Ratgeber Gesundheit erscheint am . Thomas Kurz ist Facharzt für Rheumatologie am Kantonsspital Baden. Bitte richten Sie Ihre Fragen an: AZ Zeitungen AG az Limmattaler Zeitung Ratgeber Gesundheit Heimstrasse 1 8953 Dietikon [email protected] ZUR AUTORIN Bewegung ist wichtig, um das Risiko von Osteoporose zu reduzieren. ZVG

Transcript of Wissen Sie eigentlich, wie stark Ihre Knochen sind? › Downloads › 04.2017...gelnder...

  • Knochendichteschwund, also Osteopo-rose oder auch Osteopenie (die Vorstufezur Osteoporose), ist eine gutartige Er-krankung des Stoffwechsels bezie-hungsweise des Knochens , die oft lan-ge unerkannt und schleichend fort-schreitet. In diesem Artikel geht es umdie primäre Osteoporose. Das ist dieForm der Osteoporose, die keine andereKrankheit als Ursache hat.Die Osteoporose ist eine Systemerkran-kung, die den ganzen Knochen betrifft,wenn auch in unterschiedlichem Aus-mass. Wie so oft im Leben, macht sicheine unzureichende Festigkeit der Kno-chen erst bemerkbar, wenn es weh tut.Dann ist die Erkrankung schon weit fort-geschritten. Wirbelbrüche und Brücheandere Knochen nach nur geringer Be-lastung sind dann ein Ausdruck man-gelnder Knochenfestigkeit. Die Kno-chen, unser Skelett, das uns ein Lebenlang trägt, verlangen ebenso viel Auf-merksamkeit wie die übrigen Systeme inunserem Körper. Der Rückgang der Kno-chendichte ist ein normaler Vorgangdurch das Älterwerden. Frauen sind inder Regel stärker betroffen wie Männer.Hier spielt die geringere Muskelmasseund die daraus resultierende Beanspru-chung des Knochens eine Rolle. Deswe-gen ist das Ausgangsniveau bei Frauengeringer als bei Männern. Ausserdemspielt die Hormonsituation (StichwortÖstrogene) bei Frauen auch noch eine

    Rolle. Der übliche Verlust an Knochen-dichte beträgt im Durchschnitt drei Pro-zent im Laufe eines Jahres. Durch dasAbsinken des Östrogenspiegels bei Frau-en während des Älterwerdens, oft nochverstärkt in den Wechseljahren, sinkt dieKnochendichte stärker als bei Männernim gleichen Alter. Männer sind hier auf-grund der im Vergleich zu den Frauenmeist grösseren Muskelmasse und dar-aus resultierender grösseren Knochen-dichte. Das Ausgangsniveau der Kno-chendichte liegt dadurch höher.Das individuelle Sinken der Knochen-dichte wird auch noch durch familiäreFaktoren und auch durch den Lebensstilin früheren Jahren beeinflusst. Die Ein-nahme von Cortison über einen zusam-menhängenden Zeitraum von mehr alsdrei Monaten und mit mehr als 7,5 mgPrednison am Tag (sog. Cushing-Schwel-le) gilt als zusätzlicher Risikofaktor fürdas Auftreten einer relevanten Osteopo-rose. Die Art der Anwendung, also Ta-

    bletten oder beispielsweise als Sprayzum Inhalieren bei Asthma, spielt auchnoch eine Rolle. Die Erfahrung zeigt,dass bei Asthmasprays meist die Osteo-porose nicht so stark ausfällt wie bei derEinnahme von Tabletten. Cortison-Injek-tionen in Gelenke oder an Sehnen tra-gen auch bei wiederholten Anwendun-gen aufgrund der geringeren Cortison-menge nicht zum Auftreten einer Os-teoporose bei. Therapeutische Alternati-ven zur Anwendung von Cortison be-steht bei diesen Erkrankungen meistnicht.Zu Beginn steht die Knochendichtemes-sung. Es handelt sich dabei um eine spe-zielle Röntgenuntersuchung, bei der derMineralsalzgehalt des Knochens durchStrahlenabsorption bestimmt wird. DieMessung erfolgt im Liegen auf dem Rü-cken und im Normalfall der Lendenwir-belkörper LWK1 bis LWK4 sowie an ei-nem Oberschenkelhals. In bestimmtenFällen kann eine zusätzliche Messung

    am Vorderarm zusätzliche Informationliefern, wenn beispielsweise durch star-ke Abnutzungserscheinungen an derLendenwirbelsäule die Knochendichte-werte falsch hoch ausfallen oder beiHüftprothesen eine Messung am Ober-schenkel nicht möglich ist. Die Knochen-dichtemessung ermöglicht die Beurtei-lung wie weit fortgeschritten der Abbauder Knochendichte ist. Als Ergebnis derKnochendichte werden der sogenannteT-Score und Z-Score jeweils der Lenden-wirbelsäule und des Schenkelhalses undauch des Vorderarms ausgewiesen. DerZ-Score gibt den aktuellen Bezug aufdas Alter der Patientin oder des Patien-ten an. Interessanter ist jedoch der T-Score. Dieser gibt an, wie weit die aktu-elle Knochendichte abweicht in Bezugauf die von 30-jährigen Erwachsenen.Anhand dieses Wertes entscheidet sichnämlich die weitere medikamentöseTherapie. Zudem kann das statistischeFraktur-Risiko (Wirbelkörper oder andereSkelettabschnitte) für die nächsten zehnJahre berechnet werden. Eine konkreteVorhersage für einen Sturz des einzel-nen Individuums ist selbstverständlichdamit nicht möglich.Was ist nun zu tun, wenn eine manife-ste Osteoporose festgestellt wurde? Ak-tiv werden! Der Knochenaufbau kanngezielt gefördert werden. Der Knochenreagiert, wenn auch langsam, sehr wohlauf entsprechende Belastungsreize. Inerster Linie heisst das: Bewegen, bewe-gen und nochmals bewegen. Das kanneinfach vermehrte Bewegung im Alltagsein, zum Beispiel lieber die Treppe neh-men statt der Aufzug, und natürlichauch durch ganz gezielte sportliche Ak-tivitäten. Das kann schon ein regelmäs-siger, täglicher (zügiger) Spaziergang

    von mindestens 30 Minuten Dauer sein.Ein zusätzlicher Effekt der vermehrtenAktivität ist auch eine Verbesserung derkoordinativen Fähigkeiten des Patienten.Denn wer sich mehr bewegt, schultauch seine Reaktionsfähigkeit. Da derKnochen ja zunächst zu Beginn der The-rapie noch stärker frakturgefährdet ist,gilt es Stürze zu vermeiden und damitmögliche Spitalaufenthalte oder garOperationen, beispielsweise der Einbaueiner Hüft-Total-Endoprothese als Folgeeiner Schenkelhalsfraktur nach einemSturz, zu verhindern.Zur Verbesserung der Herz-Kreislauf-Leistung und der Verbesserung derDurchblutung dient diese vermehrte Ak-tivität gleich auch noch. Hinzu kommtdann meist ausserdem auch noch eineGewichtsreduktion durch vermehrtenKalorienverbrauch. Noch ein weitererSynergie-Effekt.

    VON THOMAS KURZ

    Wissen ist Macht. Das gilt auch bei denKnochen. Wenn Sie es wissen, dannwissen Sie, wie Sie Ihre Knochenstärkeverbessern und erhalten können.

    Wissen Sie eigentlich, wie stark Ihre Knochen sind?

    Der nächste Ratgeber Gesundheit erscheint am .

    Thomas Kurz istFacharzt fürRheumatologieam KantonsspitalBaden.

    Bitte richten Sie Ihre Fragen an:

    AZ Zeitungen AGaz Limmattaler ZeitungRatgeber GesundheitHeimstrasse 18953 [email protected]

    ZUR AUTORIN

    Bewegung ist wichtig, um das Risiko von Osteoporose zu reduzieren. ZVG