WISSENSCHAFTLICHES FORUM FÜR PRODUKTENTWICKLUNG E… · Begrüßung des Berliner Kreises E.V. bei...

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Ausgabe 1/2011 NEWS MITTEILUNGEN DES BERLINER KREISES BerlinerKreis WISSENSCHAFTLICHES FORUM FÜR PRODUKTENTWICKLUNG E.V. Sehr geehrte Leserinnen und Leser, der Berliner Kreis hat sich seit seiner Gründung 1993 stets an den Zeichen der Zeit orientiert und sich stetig weiterentwickelt. Heute ist der Berliner Kreis in Wis- senschaft, Industrie, Politik und Gesellschaft so präsent wie nie zuvor. Im März 2011 ist es uns ge- lungen, einen weiteren historischen Schritt zu gehen, indem wir uns mit unserer Schwestergesellschaft, der „Wissenschaftlichen Gesell- schaft für Maschinenelemente, Konstruktionstechnik und Pro- duktentwicklung e.V.“ (WGMK), zur „Wissenschaftlichen Gesell- schaft für Produktentwicklung WiGeP – Berliner Kreis & WGMK“ zusammengeschlossen haben. Die WiGeP vereint etwa 80 Profes- soren und mehr als 50 führende Köpfe aus der Industrie. Diese Bündelung der Kräfte erschließt für beide Gesellschaften enorme Potenziale für eine sprunghafte und konsequente Weiterentwick- lung im Sinne ihrer Zielsetzungen. Prof. Dr.-Ing. Michael Abramovici A uf den Mitgliederversammlungen des Berliner Kreises und der WGMK am 28. und 29. März 2011 wurde beschlossen, was nur konsequent und sinnvoll ist: Der Berliner Kreis – Wissenschaftliches Forum für Produktentwicklung e.V. – und die WGMK – Wissenschaftliche Gesellschaft für Maschinenelemente, Konstruktions- technik und Produktentwicklung e.V. – sind nunmehr eins. Unter dem Namen „Wissen- schaftliche Gesellschaft für Produktentwick- lung WiGeP – Berliner Kreis & WGMK“ werden die Aktivitäten beider Organisa- tionen in Forschung und Lehre gebündelt und verstärkt, um wesentliche Impulse für Produktinnovationen zu erarbeiten und zur Stärkung der Innovationskraft der Industrie beizutragen. Die WiGeP gliedert sich in drei Fachbereiche: Maschinenelemente und -systeme (MES), Methoden und Prozesse der Pro- duktentwicklung (MPP), Virtuelle Produktentwicklung (VPE). Wesentlicher Punkt der Arbeit der WiGeP wird der intensive Dialog mit Führungs- persönlichkeiten der Industrie sein, um Forschung und Lehre auf die künftigen Herausforderungen der Industrie abzustim- men. In diesem Kontext findet die nächste Jahrestagung mit Vertretern und Vertrete- rinnen der Industrie auf Einladung von VW Nutzfahrzeuge im Frühjahr 2012 statt. Für die WiGeP, Geschäftsführer Jürgen Gausemeier Unterzeichnung des Verschmelzungsvertrags durch die beiden Vorsitzenden Michael Abramovici (l.) und Albert Albers (r.) Zusammenschluss von Berliner Kreis und WGMK Gründung der „Wissenschaftliche Gesellschaft für Produktentwicklung WiGeP – Berliner Kreis & WGMK“

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Ausgabe 1/2011

NEWSMITTEILUNGEN DES BERLINER KREISES

BerlinerKreisWISSENSCHAFTL ICHES FORUM FÜR

PRODUKTENTWICKLUNG E .V .

Sehr geehrte Leser innenund Leser,

der Ber l iner Kre is hat s ich se i t se iner Gründung 1993 stets an den Zeichen der Zeit or ient iert und sich stetig weiterentwickelt. Heute ist der Berliner Kreis in Wis-senschaft, Industr ie, Pol i t ik und Gesel lschaft so präsent wie nie zuvor. Im März 2011 ist es uns ge-lungen, einen weiteren historischen Schritt zu gehen, indem wir uns mit unserer Schwestergese l l s chaf t , der „Wissenschaft l ichen Gesel l-schaft für Maschinenelemente, Konstrukt ionstechnik und Pro-duktentwicklung e.V.“ (WGMK), zur „Wissenschaft l ichen Gesel l-schaft für Produktentwick lung WiGeP – Berliner Kreis & WGMK“ zusammengeschlossen haben. Die WiGeP vere int e twa 80 Profes-soren und mehr als 50 führende Köpfe aus der Industr ie . Diese Bündelung der Kräfte erschl ießt für beide Gesel lschaften enorme Potenziale für e ine sprunghafte und konsequente Weiterentwick-lung im Sinne ihrer Zielsetzungen.

Prof. Dr.-Ing. Michael Abramovici

Auf den Mitgliederversammlungen des Berliner Kreises und der WGMK am

28. und 29. März 2011 wurde beschlossen, was nur konsequent und sinnvoll ist: Der Berliner Kreis – Wissenschaftliches Forum für Produktentwicklung e.V. – und die WGMK – Wissenschaftliche Gesellschaft für Maschinenelemente, Konstruktions-technik und Produktentwicklung e.V. – sind nunmehr eins. Unter dem Namen „Wissen-

schaftliche Gesellschaft für Produktentwick-lung WiGeP – Berliner Kreis & WGMK“ werden die Aktivitäten beider Organisa-tionen in Forschung und Lehre gebündelt und verstärkt, um wesentliche Impulse für Produktinnovationen zu erarbeiten und zur Stärkung der Innovationskraft der Industrie beizutragen. Die WiGeP gliedert sich in drei Fachbereiche:

• Maschinenelemente und -systeme (MES),

• Methoden und Prozesse der Pro-duktentwicklung (MPP),

• Virtuelle Produktentwicklung (VPE).Wesentlicher Punkt der Arbeit der WiGeP wird der intensive Dialog mit Führungs-persönlichkeiten der Industrie sein, um Forschung und Lehre auf die künftigen Herausforderungen der Industrie abzustim-men. In diesem Kontext findet die nächste Jahrestagung mit Vertretern und Vertrete-rinnen der Industrie auf Einladung von VW Nutzfahrzeuge im Frühjahr 2012 statt.

Für die WiGeP, GeschäftsführerJürgen Gausemeier

Unterzeichnung des Verschmelzungsvertrags durch die beiden Vorsitzenden Michael Abramovici (l.) und Albert Albers (r.)

Zusammenschluss von Ber l iner Kreis und WGMKGründung der „Wissenschaftliche Gesellschaft für Produktentwicklung

WiGeP – Berliner Kreis & WGMK“

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Newsletter Ber l iner Kreis | Ausgabe 16 | Juni 2011

DDer Berliner Kreis zeichnet sich durch eine exzellente Vernetzung mit anderen

wissenschaftlichen und industriellen Ins-titutionen und Vereinigungen im Bereich der Produktentwicklung aus. Im Rahmen von strategischen Kooperationen in den vergangenen Jahren wurde besonders die Zusammenarbeit mit der Wissenschaftli-chen Gesellschaft für Maschinenelemente, Konstruktionstechnik und Produktentwick-lung  e.V. (WGMK) intensiviert. Hierbei wurde deutlich, dass die beiden wissen-schaftlichen Gesellschaften Berliner Kreis und WGMK im Grundsatz dieselben Ziele einer integrierten Produktentwicklung ver-folgen. Zudem ergänzen sich die individuellen Charakteristika der beiden Gesellschaften hinsichtlich ihrer Historien, Kulturen und the-matischen Schwerpunkte in optimaler Weise. Während die Kompetenzschwerpunkte des Berliner Kreises primär im Bereich der Pro-duktentwicklungsprozesse und -methoden sowie der Virtuellen Produktentwicklung liegen, agiert die WGMK vorwiegend im Bereich der Maschinenelemente und Kons-truktion. Zusätzlich bilden auch die Beson-derheiten des Berliner Kreis-Industriekreises sowie das große Engagement der WGMK für die universitäre Lehre der Produktentwicklung

komplementäre Allein-stellungsmerkmale.Im März 2010 wurde eine Arbeitsgruppe damit beauftragt, die durch eine Zusammen-führung beider Vereine erschließbaren Poten-ziale zu analysieren, mögliche Wege für eine Fusion beider Gesellschaften zu prüfen und ein strategisches Empfehlungspapier zu erarbeiten. Auf der Grundlage dieses Empfehlungspapieres wurden im Herbst 2010 die Vorstände des Berliner Kreises und der WGMK durch die jeweiligen Mit-glieder beauftragt, die Verschmelzung bei-der Gesellschaften einzuleiten. Am 28. und 29. März 2011 haben der Berliner Kreis und die WGMK auf ihren Mitgliederversamm-lungen einstimmig beschlossen, sich in der neuen „Wissenschaftlichen Gesellschaft für Produktentwicklung WiGeP – Berliner Kreis & WGMK“ zusammenzuschließen. Die Vorstände beider Gesellschaften unter-zeichneten den entsprechenden Verschmel-zungsvertrag in Berlin. Die Verschmelzung folgt dem Leitsatz, Bewährtes aus beiden bestehenden Vereinen zu erhalten und zu integrieren, alte nicht mehr zeitgemäße

Strukturen zu überwinden (z.B. durch eine stärkere Integration der Entwicklungsdiszi-plinen für eine ganzheitliche Produktent-wicklung) und gleichzeitig neue Strukturen im Sinne der strategischen Zielsetzung zu erschließen. Die strategischen Ziele der WiGeP umfassen die Förderung des Dia-logs zwischen Wissenschaft, Industrie, Politik und Gesellschaft auf dem Gebiet der integrierten Produktentwicklung sowie die Förderung von Forschung und Lehre auf diesem Gebiet. Die Schwerpunkte sind Maschinenelemente und -systeme, Metho-den und Prozesse der Produktentwicklung sowie die Virtuelle Produktentwicklung. Die neue „Wissenschaftliche Gesellschaft für Produktentwicklung WiGeP – Berliner Kreis & WGMK“ ist mit etwa 80 Profes-soren und mehr als 50 führenden Köpfen aus der Industrie bereits heute eine welt-weit einmalige Vereinigung im Bereich der Produktentwicklung und eine der größ-ten wissenschaftlichen Gesellschaften in Deutschland. Die durch den Zusammen-schluss erhöhte Schlagkraft in Kombination mit einer Stärkung der Interdisziplinari-tät erlauben die Forcierung und Prägung neuer, zukunftsweisender Forschungsziele. Im September 2011 wird erstmals eine Zusammenkunft aller WiGeP-Mitglieder im Rahmen der ersten ordentlichen Mitglieder-versammlung in Paderborn stattfinden.

Für den Berliner Kreis, VorsitzenderMichael Abramovici

Zusammenschluss des Ber l iner Kreises mit der Schwestergesel lschaft WGMK – „Wissenschaftliche Gesellschaft für Produktentwicklung WiGeP – Berliner Kreis & WGMK“

Mitgliederversammlung am 29. März 2011

Das neue Logo der WiGep

Wissenschaftliche Gesellschaftfür Produktentwicklung WiGeP

Berliner Kreis & WGMK

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Newsletter Ber l iner Kreis | Ausgabe 16 | Juni 2011

träge und anschließenden Workshops der diesjährigen Tagung.

Zukunftsfähige Produktgestaltung in einer PostwachstumsökonomieIm ersten Plenarvortrag erläuterte Prof. Paech (Universität Oldenburg) die zukunftsfähige Produktgestaltung in einer Postwachstumsökonomie. Unterschiedliche Krisenszenarien untermauern, dass ein auf Wachstum basierendes Industriesystem in der Zukunft auf Grenzen stößt. Diese Grenzen, vormals nur fiktiv, werden unter Anderem durch den fortschreitenden Kli-mawandel und begrenzte Ressourcen bald Realität. Prof. Paech zeigte in seinem Vor-trag ein Modell, wie eine Ökonomie aus-sehen müsste, um auf diese veränderten Bedingungen zu reagieren.

neben einer Vielzahl an direkten Kooperati-onen und forschungspolitischen Aktivitäten die Zusammenarbeit des Berliner Kreises mit der WGMK (Wissenschaftliche Gesellschaft für Maschinenelemente, Konstruktionstech-nik und Produktentwicklung) und mit der WGP (Wissenschaftliche Gesellschaft für Produktionstechnik) im Rahmen des The-mennetzwerkes „Produktentstehung“ der acatech (Deutsche Akademie der Technik-wissenschaften) intensiviert. Der Berliner Kreis leistete zudem einen wichtigen Beitrag zur Gestaltung des Forschungsprogramms „Produktion 2020“ des BMBF (Bundesmi-nisterium für Bildung und Forschung) und ist mit nunmehr vier Mitgliedern in DFG-Kollegiaten vertreten.Prof. Abramovici ging besonders auf die Ergebnisse des Berliner Kreis-Strategie-Workshops 2010 in Ilmenau ein. Die stra-tegische Ausrichtung des Berliner Kreises sieht eine noch engere Zusammenarbeit mit anderen wissenschaftlichen Gesellschaften, insbesondere mit der WGMK, vor. Weiter-hin werden eine noch stärkere Integration der Industriemitglieder sowie ein intensives Engagement des Berliner Kreises in For-schungsgremien angestrebt. Die neue Stra-tegie soll dazu beitragen, das Gewicht des Berliner Kreises als zentrales Kompetenz-netzwerk im Bereich der Produktentwick-lung weiter zu steigern.

VORTRÄGE UND WORKSHOPSDer Leitsatz der diesjährigen Tagung lau-tete „Corporate Social Responsibility – Facing the Future“. Dieses Themenfeld bildete den Rahmen für die Plenarvor-

Die Veranstaltung wurde am Abend des 18. November in der Abtei Neu-

münster eröffnet. Im festlichen Ambiente richtete Herr Krecké, Minister für Wirtschaft und Außenhandel, Grußworte an die Teil-nehmer und begrüßte sie in Luxemburg. Professor Pauly von der Universität Luxem-burg machte die Teilnehmer mit dem Land Luxembourg durch einen Vortrag zur Lan-desgeschichte etwas vertrauter.

ZUSAMMENKUNFT BEI PAUL WURTH S.A.Die Jahrestagung fand am 19. November bei der Firma Paul Wurth S.A. statt. Das Unternehmen ist einer der weltweit füh-renden Anlagenbauer im Bereich technisch anspruchsvoller Lösungen für die Eisen- und Stahlindustrie. Neben Schwerpunkten in Neubau und Modernisierung von Hochö-fen umfasst das Know-how der Paul Wurth Gruppe auch Kokerei- und Direktredukti-onsanlagen, sowie angewandte Umwelt-technik für die Industrieproduktion.Nach Grußworten durch Herrn Marc Solvi (CEO, Paul Wurth S.A.), Herrn Dondelin-ger (Staatssekretär für Hochschulwesen und Forschung), Herrn Prof. Tarrach (Rek-tor der Universität Luxemburg) und Herrn Dennewald (Präsident der Fedil – Business Federation Luxembourg) wurde die Veran-staltung durch den Vorstandsvorsitzenden des Berliner Kreises, Herrn Prof. Dr.-Ing. Abramovici, eröffnet.Prof. Abramovici, berichtete über die Haupt-aktivitäten des Berliner Kreises im Jahr 2010 und gab einen Ausblick über die zukünftige strategische Positionierung sowie geplante Vorhaben. Im vergangenen Jahr wurde

Grußworte durch Minister Jeannot Krecké

Begrüßung des Berliner Kreises E.V. bei Paul Wurth S.A. durch CEO Marc Solvi

Ber ichte der Jahrestagung 2010 in LuxemburgDie Jahrestagung des Berliner Kreises – Wissenschaftliches Forum für Produktentwicklung e.V. – fand mit über

80 Teilnehmern vom 18. bis 20. November 2010 in Luxemburg statt. Ausrichterin der Jahrestagung war

Frau Prof. Dr.-Ing. Blessing, Vizerektorin für Forschung der Universität Luxemburg.

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Newsletter Ber l iner Kreis | Ausgabe 16 | Juni 2011

Zero-Residue HochofentechnologieIm zweiten Vortrag stellt Herr Kremer (Senior Executive Vice-President, Paul Wurth S.A.) die aktuelle Hochofentechno-logie der Firma Paul Wurth vor. Sein Vor-trag zeigte, dass für heutige Hochöfen die Bezeichnung „schwarzer Riese der Stahlin-

dustrie“ nicht mehr zutrifft. Durch techno-logisch ausgereifte Lösungen lässt sich ein Betrieb ohne Reststoffe realisieren und die dabei entstehenden Emissionen kontrol-lieren. Im Mittelpunkt aktueller Entwick-lungsvorhaben steht die Minderung des CO2-Ausstoßes in die Atmosphäre.

In den anschließenden drei Workshops diskutierten die Teilnehmer über die Gesellschaftliche Verantwortung der Pro-duktentwicklung, die Potentiale von Pro-duct-Service-Systems im Kontext globalen Wettbewerbs sowie den Wandel des Inge-nieurberufs und der Ausbildung.

Die Produktentwicklung trägt infolge ihrer zentralen Rolle innerhalb der

Wertschöpfungskette eine enorme Ver-antwortung. Direkte Folgen der Entwick-lungstätigkeit sind Herstellungskosten, Ressourcenverbauch und auch der Mark-terfolg der entwickelten Produkte. Wach-sende Märkte in Schwellenländern mit zum Teil grundlegend anderen Kundenbedürf-nissen als im europäischen Umfeld führen immer häufiger zu einer Verlagerung von Entwicklungsabteilungen. Dies stellt eine große Herausforderung dar und bedeutet gleichzeitig auch, dass die Unternehmen sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung im Heimatland (Arbeitsplätze, Kompeten-zerhalt) als auch im neuen Umfeld (kultu-relle Auswirkungen) stellen müssen.In diesem Workshop, der von Prof. Bles-sing und Herrn Kremer moderiert wurde, sollte diskutiert werden, inwieweit die wirt-schaftlichen Unternehmensinteressen mit der gesellschaftlichen Verantwortung in Einklang gebracht werden können, bzw. ob dies überhaupt möglich ist. Hierzu wurden folgende Fragen diskutiert:

• Wo liegen die Grenzen der gesellschaft-lichen Verantwortung der Produktent-wicklung?

• Gibt es einen inhärenten Zielkonflikt zwischen gesellschaftlicher Verantwor-tung und wirtschaftlichen Interessen?

• Inwieweit sind die Folgen des Wandels der globalen Märkte durch die Pro-duktentwicklung beeinflussbar?

• Welchen Beitrag kann die Konstrukti-onsforschung leisten?

Insbesondere die Frage nach dem inhä-renten Zielkonflikt zwischen gesellschaft-licher Verantwortung von Unternehmen bzw. der Produktentwicklung und wirt-schaftlichen Interessen wurde kontrovers diskutiert. Die industrielle Praxis ist natur-

gemäß weitgehend von wirtschaftlichen Interessen bestimmt. Unternehmen entwi-ckeln, so scheint es, kaum Produkte, die ein besonderes Verantwortungsbewusstsein widerspiegeln, wenn die Entwicklung oder Fertigung dabei mit Extrakosten verbunden ist. Verantwortung gegenüber der Gesell-schaft ist hauptsächlich in Form gesetzlicher Regelungen in der Industrie präsent, die zum Einen großen Einfluss auf Unternehmens-leitlinien haben und zum Anderen direkt in der Produktentwicklung und Produktion zu berücksichtigen sind. Gesetze repräsentie-ren eine Art Minimalforderung der Gesell-schaft an die unternehmerische Tätigkeit. Auf der anderen Seite wird Verantwor-tungsgefühl im Sinne von moralischen und ethischen Grundsätzen zunehmend über die Mitarbeiter in die Unternehmen getra-gen. Diese sind im Allgemeinen, durch die breite öffentliche Diskussion, weitgehend für diese Themen sensibilisiert und tragen somit dazu bei, dass moralische Grundsätze langfristig in Leitlinien und/ oder das Tages-geschäft übernommen werden. Neben dem Kunden sind auch die eigenen Mitarbeiter direkt vom Verantwortungs-gefühl eines Unternehmens betroffen. So sind Grundforderungen, die im Workshop diskutiert wurden, beispielsweise der Erhalt von Arbeitsplätzen auch in Krisenzeiten, die Standortsicherung auch in Zeiten globa-len Wettbewerbs, die Weiterqualifizierung des Personals und der Gesundheitsschutz von Angestellten. Dabei wurde diskutiert, dass sich in Privathand befindliche Unter-nehmen scheinbar oftmals ein größeres Verantwortungsbewusstsein gegenüber ihrem Personal zeigen, langfristiger und oft nachhaltiger planen. Gesellschaftliche Verantwortung der Unternehmen sollte insgesamt daran orientiert sein, nachhal-tiger zu handeln; gegenüber ihren Mitar-

beitern und Kunden.Gegenüber dem Kunden steht nach Mei-nung der Workshopteilnehmer die Ent-wicklung personalisierter Produkte im Vordergrund, auch wenn dies gegebenen-falls mit Zusatzaufwand verbunden ist oder diese scheinbar schlecht zu vermarkten sind. Ein Beispiel hierfür sind insbesondere alters-gerechte Produkte, die zumeist gesondert entwickelt werden müssen und häufig dem Kunden nur schwierig angepriesen werden können. Dennoch existiert offensichtlich ein Bedarf an solchen Produkten, der sich bei aktuell stetig steigendem Durchschnittsalter der Bevölkerung noch vergrößern dürfte. Gerade für ältere Nutzer gewinnen tech-nische Hilfssysteme zunehmend an Bedeu-tung. Gesellschaftliche Verantwortung eines Unternehmens besteht deshalb auch darin, Hilfssysteme zu gestalten, die eine bestimmte Hilfe anbieten, ohne dabei Abhängigkeiten zu erzeugen. Die stetige Zunahme solcher Systeme beispielsweise im Haushalt oder in Kraftfahrzeugen führt oftmals zu erhöhter Bequemlichkeit bei den Nutzern, was langfristig gesellschaftliche Probleme mit sich bringen kann. Gleichzeitig nimmt in vielen Bereichen die Funktionalität eines Produktes von einer Generation zur nächsten stetig zu, bspw. um Markttrends zu folgen, ohne kritisch zu hinterfragen, ob diese vom Kunden überhaupt benötigt wer-den oder vielleicht sogar mit einem Verlust an Selbstständigkeit einhergehen.Zuletzt wurde die Frage diskutiert, welchen Beitrag die Konstruktionsforschung leisten kann. Ein breiter Konsens herrschte dabei darin, dass die Forschung den Auftrag hat, sich auch mit Fragen zu beschäftigen, die in der Gesellschaft aktuell unpopulär sind. Ein Beispiel hierfür ist die Nutzung der Atome-nergie, zu deren Erforschung aber aktuell, aufgrund der herrschenden öffentlichen

Workshop 1: Gesellschaftliche Verantwortung – Verantwortung der Produktentwicklung im sozialen Kontext

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üblichen Verpflichtungen der Gewähr-leistung und Garantien) über den Syste-mintegrator und -anbieter (Anbieter, die Subsysteme in komplexere Systeme integrieren und auch kundenindividuelle Konfigurationen anbieten) bis hin zum Lösungsanbieter (Anbieter von Lösungen, die neben zumeist komplexen, technischen Systemen auch Leistungen zur Unterstüt-zung der Geschäftsprozesse des Kunden integrieren) zu verstehen.Ähnlich verhält es sich mit den Integrations-stufen aus Dienstleistungssicht: Hier reicht das Spektrum von Dienstlei-stungen zu Ersatzteilen über Wartung und Instandhaltung bis hin zum Business-Sup-port (Erweiterte Leistungen wie Beratung, Finanzierung, Management von Anlagen, unternehmerische Partnerschaften und Sourcing-Modelle). Auf Basis des gemeinsamen Verständnisses begann der interaktive Teil des Workshops. So haben sich die Teilnehmenden zunächst hinsichtlich Ihrer Sach- und Dienstleistungs-integration positioniert (Bild 1). Darauf aufbauend wurden die Abhängigkeiten und Schwierigkeiten der Integration von Sach- und Dienstleistungen diskutiert und anhand von Praxisbeispielen von den Teil-nehmenden konkretisiert (Bild 2).

RESULTATE UND HANDLUNGSBEDARFEWährend des Workshops wurde festgestellt, dass die Einschätzungen von Hochschule und Industrie bezüglich der Integration von Sach- und Dienstleistungen variieren. So sehen Hochschulen ihre Industriepartner sowohl bei Produkten als auch bei Dienst-leistungen eher auf den Integrationsstufen

wortung und den wirtschaftlichen Interes-sen der Unternehmen zu erörtern. An den Beispielen wurde auch diskutiert, welche Hemmnisse in der industriellen Anwendung von PSS bestehen und wie diese abgebaut werden können. Der Workshop adressierte insbesondere die folgenden zwei Leitfragen:

• Wie werden PSS in der industriellen Praxis wahrgenommen bzw. interpretiert?

• Sind PSS ein wirksames Mittel, um wirt-schaftliche Interessen und gesellschaft-liche Verantwortung in Einklang zu bringen?

DISKUSSIONSSCHWERPUNKTE UND DURCHFÜHRUNGUm zunächst ein gemeinsames Verständnis zu schaffen, wurden die Integrationsstu-fen aus Produkt- und Dienstleistungssicht erörtert. Die Integrationsstufen aus Pro-dukt-Sicht sind im fließenden Übergang vom Anbieter von Sachleistungen (mit den

Den zweiten Workshop moderierten Prof. Rainer Stark vom Fraunhofer Ins-

titut für Produktionsanlagen und Konstruk-tionstechnik, Berlin, und Herr Emile Lonardi von Paul Wurth S.A., Luxemburg.

GEGENSTANDProdukte und Dienstleistungen begleiten das tägliche Leben und haben das Poten-zial einen nachhaltigen Effekt auf die Kultur und das Gefüge innerhalb einer Gesellschaft auszuüben. Vor diesem Hintergrund bie-ten gerade Product-Service-Systems (PSS; hybride Leistungsbündel) ein enormes Potenzial sowohl ökologische, ökonomische als auch gesellschaftliche Folgen klassischer Wertschöpfungssysteme zu verändern.

ZIELSETZUNGZiel des Workshops war es, das Potenzial von PSS anhand ausgewählter Beispiele im Hinblick auf die gesellschaftliche Verant-

Meinung und politischen Willens, kaum Mittel bereit gestellt werden. Genauso ist es Aufgabe der Konstruktionsforschung aktu-ell populäre Ideen immer kritisch zu hinter-fragen und Alternativen zu entwickeln. Eine Forderung der Industrie an die Konstrukti-onsforschung ist, neue praxisorientierte Prozesse und Methoden zu entwickeln und diese dem industriellen Produktentwickler zugänglich zu machen.Die Workshopteilnehmer formulierten zwei

wesentliche Forderungen:

• Unternehmen sollen mehr Mut bewei-sen, verantwortungsvollere Produkte zu entwickeln, auch wenn zunächst kein direkter Kunde bzw. Markt zu existie-ren scheint.

• Verantwortlichkeit zum „anders denken“ (bspw. Productstewardship, Product Ser-vice Systems). Umdenken im Bereich der Umweltverträglichkeit verwendeter Pro-duktionsstoffe und Prozesse.

Prof. Dr.-Ing. Luciënne BlessingVice-rectrice à la RechercheDipl.-Ing. Boris EisenbartUniversität Luxembourg

André Kremer Senior Executive Vice-PresidentPaul Wurth S.A.

Workshop 2: Product-Service-Systems – Potenzial im globalen Wettbewerb

Abfrage der Teilnehmer zur Selbstwahrnehmung aus industrieller Sicht (grüne Punkte) oder Einschätzung von Forschungs- und Industriepartnern aus akademischer Sicht (rote Punkte)

System-anbieter

Lösungs-anbieter

Business-Support

System-integrator

Wartung und

Unterstützung von Kunden-aktivitäten in der Produkt-

Support

Produkt-anbieter

Ersatzteile

Wartung und Instandhaltung

der Produktnutzung

P d ktProdukt

Dienstleistung

Bild 1: Positionierung der Unternehmen

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Produktanbieter/ Systemintegrator und Ersatzteile/ Wartung und Instandhaltung. Die Industrie selbst hingegen sieht sich überwiegend auf den Integrationsstufen Systemanbieter/ Lösungsanbieter und Unterstützung der Kundenaktivitäten in der Produktnutzung/ Business-Support. Somit kann festgehalten werden, dass die akade-mische Welt den Integrationsgrad geringer einschätzt, als die Unternehmen selbst.Weiterhin hat der Workshop ergeben, dass verschiedene Branchen PSS unterschiedlich leben und/oder unterschiedliches Potential für PSS mit sich bringen. So hat beispielsweise der Anlagenbau beste Voraussetzungen zur Erbringung von Dienstleistungen, auch um

Anlagen profitabel einzusetzen. Die Informa-tions- und Kommunikationsbranche vollzieht derzeit einen Wechsel vom Product-Service System hin zum Service-Product System (Bsp.: Marge von Apple mit AppStore ist erheblich höher als bei den technischen Produkten). Im Konsumgüterbereich dahingegen werden kostengünstige technische Produkte eher durch neue ersetzt, weil Dienstleistungen nicht rentabel erscheinen.Schlussendlich hat der Workshop ergeben, dass das Engineering von Dienstleistungen für technische Systeme noch nicht ausrei-chend wissenschaftlich untersucht wurde und somit die Potenziale für ein neues öko-logisch freundliches, ökonomisch erfolg-

reiches als auch gesellschaftlich akzeptiertes Wertschöpfungssystem noch nicht ausge-schöpft sind.

UMSETZUNGSEMPFEHLUNGEN UND AUS-BLICKFolgende Maßnahmen zur Etablierung von PSS im Unternehmen werden vorgeschlagen:

• Orientierung am Kundennutzen und Aufbau von Geschäftsmodellen mit Mehrwert

• Konsequente Nutzung der Innovationen aus den Bereichen Logistik und IuK zur Verbreitung von Services (z.B. Remote-Service) und zur Sammlung von Wissen aus der Systemnutzung

• Schulung von Mitarbeitern in PSS- Methodiken

Gerade vor dem Hintergrund globalen Wettbewerbs gibt es für Unternehmen noch erhebliches Potenzial, ihre Wertschöp-fung mit der Integration von Sach- und Dienstleistungen nachhaltig zu gestalten.

Prof. Dr.-Ing. Rainer StarkDipl.-Ing. Kai LindowDipl.-Ing. Patrick MüllerFraunhofer Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik, BerlinGeschäftsfeld Virtuelle Produktentstehung

Emile Lonardi Executive Vice-PresidentPaul Wurth S.A.

Der dritte Workshop wurde von Herrn Prof. Birkhofer, Herrn Dr. Kloberdanz (TU

Darmstadt) Herrn Stefan Heilmann und Herrn Dr. Lessmann (Paul Wurth S.A.) moderiert.Der Workshop widmete sich dem Umgang mit der gesellschaftlichen Verantwortung von Ingenieuren und den diesbezüglich geforderten Schlüsselqualifikationen, wel-che in der universitären Ausbildung den Studenten vermittelt werden müssen.In einer Einführung zeigten Prof. Birkho-fer und Herr Heilmann ein hierdurch ent-stehendes Spannungsfeld auf, in dem sich ein prototypischer „Produktentwickler von morgen“ bewegt. Auf der einen Seite liefern Produktentwick-

ler Lösungen, welche in Produkte umge-setzt werden. Diese Produkte werden in einem ganz spezifischen Umfeld aus eige-nem und anderen Unternehmen, Markt, Ökonomie, Gesetzgebung und Gesellschaft genutzt. Aus all diesen Bereichen entstehen gesellschaftliche Anforderungen, denen der Produktentwickler durch verantwortungs-volles Handeln gerecht werden muss. Auf der anderen Seite stehen die Curri-cula der Ingenieursausbildung, die den Produktentwicklern von morgen die not-wendigen Qualifikationen, Fertigkeiten, Fähigkeiten, Wissen und Kompetenzen vermitteln soll. Ingenieurswissenschaftliche Studiengänge stehen dabei auch in Konkur-

renz zu anderen wissenschaftlichen Diszipli-nen. Sie müssen daher so attraktiv gestaltet werden, dass sie Studienanfänger und Stu-dierende für sich einnehmen.Zentrale Aufgaben des Workshops sollten daher sein, die Passung zwischen den gesellschaftlichen Herausforderungen (aktuell und zukünftig) und der Ingeni-eursausbildung zu diskutieren. Es sollten auch alternative Wege außerhalb der Curricula angesprochen werden, wie Pro-duktentwickler für die gesellschaftlichen Herausforderungen sensibilisiert und zur Wahrnehmung ihrer diesbezüglichen Ver-antwortung angehalten werden können.Aufgrund der großen Anzahl von Work-

Workshop 3:Wandel des Ingenieurberufs und der Ausbildung – Gesellschaftliche Verantwortung und Schlüsselqualifikationen

Abfrage der Teilnehmer zum Business-Verständnis der Abhängigkeiten und Schwierigkeiten von Sach-und Dienstleistungsintegration

Abhängigkeiten Schwierigkeiten

Anteil des ffAnteil des Umsatzes mit

Services steigernMan muss nah am

Kunden sein (Kundenbindung)

Effiziente Bearbeitungsprozesse bei „kleinen“ Aufträgen

Informationsbereit-t ll d t h

Globales Engagement

t di Informations-Abgabe von

K k t

stellung endet nach Produkthaftungszeit

notwendig

Technische Umsetzung der Informations-

rückführung

Informationsmonitoring über

Produkthaftungszeit hinaus

Unklarheit über

Kernkompetenzen an den Kunden

rückführungUnklarheit über Risiko

Bild 2: Standpunkte zur Sach- und Dienstleistungsintegration der Unternehmen

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Newsletter Ber l iner Kreis | Ausgabe 16 | Juni 2011

und bessere Beherrschung der Komplexität von Geschäftsprozessen und Organisa-tionsstrukturen entgegenzuwirken. Eine fundierte und objektive Bewertung der bestehenden Situation stellt hierbei die Grundlage zur Steigerung von Effizienz und Effektivität dar.

dass der Produktivitätszuwachs in diesen Bereichen weit hinter dem der Produktion zurück blieb. Dies hatte bis dato ein über-proportionales Wachstum der indirekten Bereiche zur Folge und sorgte für einen stetigen Anstieg der Gemeinkostenzu-schläge. Dem Trend gilt es durch Reduktion

Seit Anfang der Neunziger Jahre trugen neue Methoden des Prozessmanage-

ments und ausgefeilte Kennzahlensysteme zur kontinuierlichen Optimierung der Pro-duktion bei. Jedoch wurden die indirekten Unternehmensbereiche (Planung, Administ-ration, etc.) vernachlässigt, was dazu führte,

shop-Teilnehmern wurden nach dieser Ein-führung und Themenfindung zwei Gruppen gebildet, die sich jeweils mit einer eigenen Fragestellung befassten.Die Diskussion der ersten Gruppe fokus-sierte sich auf die Gestaltung einer sinn-vollen Aufteilung der Verantwortung und Entscheidungskompetenz zwischen Hoch-schule und Unternehmen. Grundlegend wurde festgehalten, dass bestehende Wer-tesysteme in den Aus- und Weiterbildungs-systemen berücksichtigt werden müssen. Die sich daraus ergebenden Aufgaben sollten gemeinsam durch Hochschulen und

Unternehmen bewältigt werden. Während an den Hochschulen grundlegende Kom-petenzen und Werte, unter anderem durch exploratorisches Lernen, vermittelt werden, kommt den Unternehmen die Aufgabe zu, sich zu ihrer gesellschaftlichen Verant-wortung zu bekennen, ihre Mitarbeiter zu ermutigen dies bei Ihrer Arbeit zu berück-sichtigen und den dafür erforderlichen Frei-raum sicherzustellen.Die zweite Gruppe fokussierte auf Mög-lichkeiten zur Integration gesellschaftlicher Verantwortung in die Lehrpläne der Hoch-schulen. Während der Diskussionen zeigte

sich, dass dies nicht durch eigenständige Kurse erfolgen sollte – schon wegen der bereits stark gefüllten Lehrpläne. Vielmehr sollte eine integrierte Herangehensweise bevorzugt werden, beispielsweise durch „case based learning“ mit interdisziplinärem Coaching der Studentengruppen. Dabei wurde es als wichtig erachtet, angehende Ingenieure auf diese Weise dazu zu ermu-tigen, selbständig nach geeigneten Wegen zu suchen, wie sie ihre Kompetenzen im Hinblick auf die Weiterentwicklung der Gesellschaft einbringen können.Abschließend wurde festgestellt, dass es Ingenieuren an einem eigenen Selbstver-ständnis, wie es anderen Berufsgruppen wie Ärzte oder Juristen eigen ist, fehlt. Dieses Selbstverständnis muss den Ingeni-euren bereits mit ihrem Hochschulabschluss mitgegeben werden. Auf diese Weise soll sichergestellt sein, dass sie sich ihrer gesell-schaftlichen Verantwortung auch im Beruf bewusst sind.

Prof. Dr. h.c. Dr.-Ing. Herbert BirkhoferDipl.-Wirt.-Ing. Sebastian ZierFachgebiet Produktentwicklung und MaschinenelementeTechnische Universität Darmstadt

Dr.-Ing. Hans-Jürgen LessmannVice-PresidentDipl.-Ing. Stefan HeilmannSenior ManagerPaul Wurth S.A. Luxembourg

Den Abschluss der Jahrestagung bildete ein Besuch bei der Firma SES Astra. Mit einem Marktanteil von knapp 25 Prozent ist SES einer der führenden Satellitenbetreiber welt-

weit. Vom Hauptsitz in Betzdorf (Luxemburg) werden die Flugbahnen der einzelnen Satel-liten überwacht und die Datenströme der Fernsehkanäle kontrolliert. Im Rahmen einer

Führung erhielten die Teilnehmer einen inte-ressanten Einblick in den technischen Teil des täglichen Fernsehprogramms.

Besuch bei SES Astra

Passung?/Alternativen?Alternativen?

Attraktivität

Ingenieursausbildung/Curricula

GesellschaftlicheHerausforderungen • Qualifikationen:

• Wissen

AttraktivitätVerantwortung/ Lösungen

• Fertigkeiten• Fähigkeiten• Kompetenzen

Produktentwickler

Anforderungen

Produktentwickler von morgen

Spannungsfeld zwischen gesellschaftlicher Herausforderung und der Ingenieursausbildung

Bewertung von Verschwendung als Bas is der Geschäftsprozessopt imierung

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MOTIVATIONDas Institut für Werkzeugmaschinen und Betriebswissenschaften (iwb) der Technischen Universität München hat eine Studie zur Ver-breitung von Lean-Methoden in indirekten Unternehmensbereichen durchgeführt, um einerseits mögliche Handlungsschwerpunkte für eine Geschäftsprozessoptimierung zu identifizieren und um andererseits bereits bestehende Herangehensweisen bezüglich ihres Einsatzgebietes sowie ihrer Wirkweise empirisch zu untersuchen. An dieser Studie partizipierten 75 Unternehmen.Das Verhältnis von wertschöpfenden Tätig-keiten, die im Sinne des Empfängers einer Leistung einen Mehrwert generieren, zu nicht-wertschöpfenden Tätigkeiten, also Verschwendung wie z. B. Bestände in Form unnötiger Informationen oder Wartezeiten aufgrund von Genehmigungen, wurde von den Teilnehmern der Studie im arith-metischem Mittel mit zwei zu eins bezif-fert (Bild 1). Hieraus wird ersichtlich, dass selbst in der subjektiven Einschätzung der Befragten über die eigenen Arbeitsvorgänge ein enormes Potenzial für Verbesserungen besteht.Des Weiteren wurde eine uneinheitliche Bewertung von Verbesserungspotential, im Hinblick auf Optimierungsmöglichkeiten, der einzelnen Verschwendungsarten festgestellt. Werden die Teilnehmer der Umfrage nach ihrer organisatorischen oder hierarchischen Herkunft kategorisiert, so ist die Wahrneh-mung über die Ausprägung der verschie-denen Verschwendungsarten stark different. Beispielsweise wird der Verschwendungsart „Warten“ auf Mitarbeiterebene eine viel höhere Bedeutung als im Management zuge-sprochen (Bild 1). Ein System zur Bewertung der nicht-wertschöpfenden Tätigkeiten ist aus diesen Gründen unerlässlich, um einen objektiven Überblick der potenziellen Ver-schwendungstreiber zu erlangen sowie den Produktivitätsverlust in den indirekten Bereichen zu quantifizieren und Handlungs-felder für Verbesserungen zu priorisieren.Die Grundlage jeder Bewertung stellt eine ganzheitliche Analysephase dar. Derzeit ver-wendete Analysemethoden haben nicht vor-nehmlich die im Wertschöpfungsgedanken verankerte Verschwendung und deren Wech-selwirkungen im Fokus, sondern betrachten lediglich einzelne Aspekte. Der Abgleich der Ergebnisse mehrerer eingesetzter Analyseme-thoden unterliegt momentan der Subjektivi-tät des Betrachters. Daher ist es notwendig,

verschiedene Verschwendungsarten unterei-nander und systematisch für eine Kennzahle-nerhebung zu betrachten.

ZIELSETZUNGEin holistischer Ansatz zur Quantifizierung potenzieller Verschwendung und deren Ausprägung ist die Voraussetzung zur nach-haltigen Durchführung wertschöpfungs- und prozessorientierter Verbesserungen. Aus diesem Grund entwickelt das iwb eine Methode zur Identifikation von Verschwen-dung und der Ableitung von priorisierten Handlungsfeldern für Optimierungen in indirekten Unternehmensbereichen. Die Anwendung der Methode gliedert sich in drei Phasen:

• Prozessaufnahme

• Analyse

• Bewertung

Die Prozessaufnahme wird durch eine Abbildungsvorschrift unterstützt, die sich mit der ganzheitlichen Darstellung des Informationsflusses in indirekten Bereichen, inklusive der verschwendungsrelevanten Kennzahlen, beschäftigt. Auf diese Weise soll nicht nur eine strukturierte Abbildung des Geschäftsprozesses erfolgen, sondern vor allem die Basis für eine fundierte Ana-lyse geschaffen werden. Hierzu müssen die Ursachen potenzieller Verschwendungen eindeutig detektiert werden können, um deren Wirkbeziehungen daraus abzuleiten und zu verstehen. Bei der anschließenden Entwicklung der Bewertungssystematik ist die objektive Quantifizierung der einzelnen Verschwendungsarten zentraler Bestandteil.

Durch die Einbindung des Kundenwunsches in die einzelnen Geschäftsprozesse und die Ableitung von Bewertungskriterien des selbigen, sollen sowohl der Grad der Kun-denerfüllung quantifiziert, als auch direkte Rückschlüsse auf die Güte des Geschäfts-prozesses gezogen werden. Das Ergebnis dieser Bewertung stellt eine auf die Aus-wirkung bezogene holistische Priorisierung der Verschwendung dar, aus der sich die Handlungsfelder für Verbesserungen ablei-ten lassen.

AUSBLICKDie vorgestellte Methode soll unter Berück-sichtigung der gezeigten konsequenten und mehrdimensionalen Betrachtung poten-zieller Verschwendungstreiber die Basis für eine zielgerichtete Optimierung indi-rekter Bereiche darstellen. Auf diese Weise wird die Möglichkeit geschaffen, Verbes-serungen zu quantifizieren und mehrere alternative Prozessverbesserungen zu ver-gleichen.

Prof. Dr.-Ing. Gunther ReinhartDipl.-Ing. Kai MagenheimerInstitut für Werkzeugmaschinen und Betriebswissenschaften (iwb)Technische Universität München

Bild 1: Umfrageergebnisse: Verschwendung in indirekten Bereichen und die Bewertung von Verbesse-rungspotential zweier exemplarischer Verschwendungsarten

Bewertung des Verbesserungspotentials

RessourcenWartezeiten

Verschwendung in indirekten Bereichen

Organisatorisch

Entwicklung

GeschäftsführungProduktions-

g

33% 67% begleitend

RessourcenWartezeiten

Management

Hierarchisch

nicht-wertschöpfendwertschöpfend

N=75

Teamleiter

Mitarbeiter

hoch niedrighoch g

9

Newsletter Ber l iner Kreis | Ausgabe 16 | Juni 2011

oder ein Plagiat) verhindern

• Produktverfolgung: Tracking und Tra-cing der Produkte und Komponenten zur Plausibilitätsprüfung des Material-/Produktflusses in der Lieferkette, Doku-mentation der individuellen physischen Produktkonfigurationen

• Produktauthentifizierung: Echtheitsü-berprüfung der Produkte/Komponenten mittels anerkannt sicherer kryptogra-phischer Algorithmen und Protokolle, Einsatz von RFID-Tags mit kryptogra-phischen Funktionen und geschütztem Speicherbereich zur Verhinderung eines unbefugten Auslesens des Taginhaltes bzw. des Klonens von Tags

• Verwaltung und Bereitstellung pro-duktindividueller Daten: Hinterlegung produktindividueller Daten beim Ser-vice, die unter Sicherstellung von Daten-authentizität und Neutralität anderen Akteuren zur Verfügung gestellt und für zusätzliche anwenderseitige Überprü-fungen herangezogen werden können

SYSTEMAUFBAUDas im Rahmen des Projekts realisierte Demonstratorsystem (Bild 2) umfasst neben den erforderlichen Hardwarekom-ponenten (RFID-Tags, stationäre und

gigen Einsatz der Lösung ermöglichen. Um für unterschiedliche Produkte bzw. Anforderungen das benötigte Niveau an Fälschungssicherheit und die damit ver-bundenen Kosten für den Nutzer skalierbar gestalten zu können, wurde ein stufenba-siertes Sicherheitsmodell entwickelt.Das Projektkonsortium setzt sich zusammen aus dem Lehrstuhl für Maschinenbauinfor-matik (ITM) der Ruhr-Universität Bochum, den Entwicklungspartnern novero GmbH, escrypt GmbH und DTE Automation GmbH sowie den Anwendungspartnern Presstec Pressentechnologie GmbH und Zeitlauf GmbH Antriebstechnik & Co. KG.

LÖSUNGSBAUSTEINEDer MobilAuthent-Ansatz basiert auf vier Lösungsbausteinen, die sich den produkt- und/oder unternehmensspezifischen Anfor-derungen entsprechend konfigurieren und zu einer integrierten Gesamtlösung kombi-nieren lassen (Bild 1):

• Produktkennzeichnung: Verfahren zur fälschungssicheren Anbringung bzw. Integration von RFID-Tags an/in die Produkte/Komponenten, die Angriffs-versuche durch Umetikettierung der Tags (Ablösen vom Originalprodukt und Anbringen an ein anderes Produkt

Produktpiraterie stellt eine ernsthafte Bedrohung für viele produzierende

Unternehmen dar. Produktnachbauten und -fälschungen betreffen eine Vielzahl von Branchen und zielen sowohl auf Ersatzteile als auch auf vollständige - auch komplexe - Produkte ab. Einer VDMA-Umfrage aus dem Jahr 2010 zufolge belaufen sich die durch Produktpiraterie verursachten Jahres-umsatzverluste im deutschen Maschinen- und Anlagenbau auf 6,4 Mrd. Euro. Neben Umsatzverlusten sind auch Imageschäden sowie Probleme im Hinblick auf Haftungs- und Gewährleistungsfragen mögliche Folgen von Produktpiraterie.

PROJEKT MOBILAUTHENTAngesichts der Bedrohung durch Produkt-piraterie wird im Rahmen des vom BMBF geförderten Verbundprojekts MobilAuthent eine RFID-basierte Lösung zur sicheren Produktauthentifizierung und -verfolgung entwickelt. Ziel der Lösung ist es, die ein-zelnen physischen Produktexemplare bzw. -komponenten (“Produktindividuen”) von ihrer Herstellung an über den weiteren Produktlebenszyklus hinweg bis zum Pro-duktlebensende für die beteiligten Akteure eindeutig und sicher identifizieren, verfol-gen und authentifizieren zu können. Die Anwender sollen hierdurch in die Lage versetzt werden, Or ig ina lp roduk te und -komponenten eindeutig und sicher von Nicht-Originalen (Nachbauten, Imi-taten, Fälschungen) zu unterscheiden. Die Funktionalitäten der Lösung sollen als Services bereitgestellt werden, auf die auch außerhalb fester IT-/RFID-Infrastrukturen mithilfe geeigneter Mobilfunk-Endgeräte zugegriffen wer-den kann. Dies soll einen universellen und ortsunabhän-

Produkt-Verfolgung und -Authent i f iz ierung mit RFID zum Schutz gegen Produktpirater ie

Wartung / Entsorgung/ProduktP d ktdi t ib tiP d kth t llLDL LDL…

Wartung /Instand-haltung

Entsorgung/Recycling

Produkt-nutzung

ProduktdistributionProduktherstellung

LDL LDLTUL-Prozesse

… Service-DL / Herst.

Service-DL

2nd Tier 1st Tier OEM AnwenderT T TLDL LDL LDL LDL LDL

Verb

auWE

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A

HändlerLDL LDLLDL

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ProduktverfolgungProdukt-authentifizierung

E

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Verwaltung u. Bereit-stellung produkt

??

stellung produkt-individueller Daten

WE: Wareneingang WA: WarenausgangLegende: OEM: Original Equipment Manufacturer LDL: Logistikdienstleister DL: Dienstleister

E

V

Erfassung ("Tracking")

Dokumentation des Verbaus

?

!

Überprüfung der Authentizität

Definition als Original

Hinterlegung von Produktdaten

Abruf von Produktdaten

Bild 1: Beispiel für die Kombination und Konfiguration der Lösungsbausteine in der Supply-Chain und im Produktlebenszyklus

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Newsletter Ber l iner Kreis | Ausgabe 16 | Juni 2011

der Servicefunktionalitäten seitens der anwenderseitigen IT-Systeme mittels einer geeigneten Schnittstelle realisieren.

AUSBLICKDie vorgestellte Lösung wurde prototypisch in einem Demonstratorsystem realisiert und wird derzeit unter Laborbedingungen, im Anschluss daran unter Praxisbedingungen bei den im Projekt beteiligten Anwendungspart-nern, validiert. Ein weiterer Schwerpunkt der Projektarbeiten bildet die Entwicklung von Geschäftsmodellen für die entwickelte Pro-duktauthentifizierungslösung.Das Verbundprojekt MobilAuthent („Sup-ply-Chain-übergreifende Services für die fäl-schungssichere Produkt-Authentifizierung und -Verfolgung“) wird mit Mitteln des Bundesmi-nisteriums für Bildung und Forschung (BMBF) innerhalb des Rahmenkonzeptes „Forschung für die Produktion von morgen“ gefördert und vom Projektträger Karlsruhe (PTKA) betreut.

Prof. Dr.-Ing. Michael AbramoviciDipl.-Inform. Matthias FlohrDipl.-Ing. Dipl.-Ing. Andreas KrebsLehrstuhl für Maschinenbauinformatik (ITM)Ruhr-Universität Bochum

realisiert. Die Schlüssel werden hierbei auf besonders gesicherte Weise gespeichert und können auch - falls erforderlich - indi-viduell gesperrt werden. In der Produktda-tenbank werden die von den Unternehmen definierten Produktdaten in Bezug zum individuellen Produktexemplar vorgehal-ten. Die Nutzer interagieren mit dem Server bei manuellen Zugriffen über eine Client-Applikation, die auf den mobilen Geräten bzw. auf dem mit dem Reader verbundenen Rechner ausgeführt wird. Ein automatisier-ter Zugriff lässt sich durch direkte Aufrufe

mobile Geräte für das Auslesen der RFID-Tags und den Servicezugriff) die server- und clientseitigen Softwarekomponenten. Die im Rahmen einer Produktüberprüfung vom Anwender gestellten Anfragen wer-den durch die Entscheidungskomponente des Servers bearbeitet. Diese Komponente überprüft die Authentifizierungschlüssel sowie ggf. je nach Anwendungsfall wei-tere Produktdaten. Das Management der zur kryptographischen Authentifizierung erforderlichen Schlüssel wird serverseitig durch die Schlüsselverwaltungskomponente

Mobiles Lesegerät(z.B. Mobiltelefon)

Mobilfunk-anbieter

GSM

MobilesServer

Entscheidungs-komponente

(z.B. regelbasiert) Fire

wal

l

WLANRouter

WLANRFID

Client-Applikation

s Szenario

RFID-Tag

(z.B. regelbasiert)

Schlüssel-management-komponente

Router

Produkt

LAN

Client-Applikation

RFID

Internet

oStati

Szekomponente

StationäresLesegerät

LAN onäres enario

Produkt

Produkt-Datenbank

Akteur A

z. B. Logistikdienstleister, Distributor, Händler, Kunde, …

Akteur B Akteur XProdukt-Hersteller

P r o d u k t l e b e n s z y k l u s

P r o d u k t l e b e n s z y k l u sBild 2: Systemaufbau und Komponenten der MobilAuthent-Lösung

Dieser Leitsatz des EU-Projektes „e-CUSTOM“ ist heute aktueller denn je. Immer

mehr Anbieter erkennen, dass in vielen Märkten nur noch eine radikale Abkehr von Massenproduktion zu dauerhaften Wettbewerbsvorteilen führen kann. Zu den Ursachen zählen die allgemeine Tendenz zur Designbestimmung, Umweltbewusst-sein und vor allem ein neues Qualitäts- und Funktionalitätsbewusstsein des Kunden. Dieser fordert ein Produkt, das genau seinen spezifischen Vorstellungen entspricht und sich trotzdem preislich marginal vom Stan-dardprodukt unterscheidet. Unternehmen, die unter diesen Bedingungen erfolgreich agieren wollen, müssen sowohl an der

Kosten- wie auch an der Differenzierungs-position gleichzeitig ansetzen. Somit ergibt sich der Bedarf einer erweiterten Mass-Cus-tomization, die auf Erfüllung individueller Kundenbedürfnisse ausgerichtet ist, indem Kunde und Hersteller in enger Abstimmung ein individuelles Produkt spezifizieren. Dabei soll der Kunde in der Lage sein, das für ihn speziell zu entwickelndes Pro-dukt nicht nur über die Vielfalt der Pro-duktvarianz zusammenzustellen, sondern über die Möglichkeit verfügen das Pro-dukt entsprechend seinen Vorstellungen zu gestalten. Dies impliziert eine direkte Einbindung des Kunden in die Wertschöp-fung und erfordert, dass adäquate wert-

schöpfende Aktivitäten kundengerecht (im Sinne intuitiv zu handhaben) gestaltet werden müssen.Das durch die europäische Kommission geförderte EU-Projekt „e-CUSTOM“ (FP7, 06/2010-05/2013) greift genau diese Problemstellung auf. Ziel des Projektes ist die Entwicklung eines webbasierten Kolla-borationssystems für das erweiterte Mass Customozation – Produktionskonzept. Im Mittelpunkt stehen dabei Gestaltung und Abwicklung der innerbetrieblichen und unternehmensübergreifenden Informa-tions- und Kommunikationsprozesse des Herstellers mit seinen Kunden und Liefe-ranten, da der Information eine zentrale

A Web-based Col laborat ion System for Mass Customizat ion (e-CUSTOM) – „Unique pro-ducts for unique customers”

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Newsletter Ber l iner Kreis | Ausgabe 16 | Juni 2011

Rolle innerhalb der kundenindividuellen Massenproduktion zukommt. Hierzu setzt sich das webbasierte Kollaborationssystem aus die in Bild 1 dargestellten vier Hauptbe-standteilen zusammen. Das User-Adaptive Design System stellt dem Kunden eine intuitiv zu bedienende Interaktionsschnittstelle zur Verfügung. Mit Hilfe dessen kann der Kunde einerseits ein Produkt nach seinen persönlichen Vorstel-lungen und Bedürfnissen gestalten, ande-rerseits sein Feedback zu den bestehenden Produktkonfigurationen und Produktmerk-malen mitteilen. Kundenfeedback entspre-chend können Produktverbesserungen bzw. Innovationen seitens des Herstellers angestoßen werden. Anders als herkömm-liche Produktkonfiguratoren, gibt das User-Adaptive Design System, dem Kunden auch die Möglichkeit die Geometrie des Produkts anhand einer webbasierten CAD-Umgebung zu manipulieren. Ein weiterer Aspekt stellt die dezentrale Fertigung dar, welche durch das Decentralized Manufac-turing Framework realisiert wird. Der Fokus hierbei ist die Zusammenarbeit zwischen Hersteller, Zulieferer und Händler basie-rend auf der dezentralen Fertigungsstrate-gie zu unterstützen, so dass Fertigungs- und Arbeitspläne kontextsensitiv generiert werden. Dabei setzt sich der Kontext aus zahlreichen Umgebungseigenschaften zusammen. Diese werden durch das Envi-ronment Asessement Modul in Beziehung

gesetzt und spiegeln die Restriktionen des Produktionsnetzwerkes hinsichtlich verfüg-barer Fertigungstechnologien, Materialien und Kapazitäten, sowie die Präferenzen z.B. Preis, Lieferdatum, CO2-Bilanz etc. des Kunden wieder. Die Kollaboration mehrerer Teilnehmer setzt agile Netzwerkinfrastruk-tur und den Einsatz zahlreicher, bestehen-der Anwendungen bzw. IT-Systeme voraus. Die bestehenden Informationssysteme können vielfältig sein von klassischen rela-tionalen Datenbanksystemen, bis zu Daten auf die man mittels Web Services zugreift. Daher stellt die Integration heterogener Systeme einen wesentlichen Aspekt des Kollaborationssystems dar. Um die Syste-mintegration gewährleisten zu können, soll durch eine zentrale, integrierte Kom-ponente der Zugriff auf innerbetrieblichen und unternehmensübergreifenden Informa-tionen durch Anwender (Hersteller, Zuliefe-rer, Kunde) und Anwendungen (PDM, ERP, SCM) sichergestellt werden.Die Validierung des webbasierten Kolla-borationssystems für das erweiterte Mass Customization – Produktionskonzept erfolgt anhand zweier industrieller Anwen-dungsbeispiele. Diese kommen zum einen aus dem Bereich der Automobilindustrie und zum anderen aus einem Teilbereich des Gesundheitswesens zur Herstellung indivi-duellen orthopädischen Schuhwerks.Basierend auf dem ersten Meilenstein, wel-cher die Spezifikation umfasste befindet

sich das EU-Projekt „e-CUSTOM“ in der Phase prototypischer Umsetzung des User-Adaptive Design Systems. Das Institut für Informationsmanagement im Ingenieurwe-sen (IMI) leitet im Projekt federführend die Entwicklung eines Konzeptes zur Systemin-tegration. Hierbei werden unterschiedliche Teilaspekte erarbeitet wie zum Beispiel ein generisches Produktdatenmodell, seman-tisches Middleware, logikbasierte Wissens-repräsentation.

Weiterführende Information zum EU-Pro-jekt „e-CUSTOM“ kann der Projekt-Home-page unter http://www.ecustom-project.eu/ entnommen werden.

Prof. Dr. Dr.-Ing. Dr. h. c. Jivka OvtcharovaDipl.-Inform. Vitalis BittelDipl. Wirt.-Ing. Ramez AwadDipl. Wirt.-Ing. Alexander BurgerInstitut für Informationsmanagement im IngenieurwesenKarlsruhe Institut für Technologie

Prof. Dr. Dimitris MourtzisLaboratory for Manufacturing Systems and Automation, (LMS)Universität PatrasGriechenland

Bild 1: e-CUSTOM Lösungsansatz

User Adaptive Design System Decentralized Manufacturing FrameworkUser-Adaptive Design Systemintegrate the customer and other stakeholders inthe design of the product

Decentralized Manufacturing Frameworkdefine and guide the manufacturing processes in the

remote sites

C t A Use casesCustomer A

Final

e CUSTOM

Equipment Supplier

Customer B

Finalcustomizeddesign

e-CUSTOM

MaterialSupplier

Basicproduct

conception

Interactionwith suppliers

to satisfyrequirements pp

OEM

Customer feedbacktowards personalized

products

measure the environmental footprint of different solutionsEnvironmental Assessment Module

provide and maintainthe interoperability among the various stakeholders,OEMs, material/ equipment suppliers and customers

Network Infrastructure & System IntegrationEnvironmental Assessment Module Network Infrastructure & System Integration

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Newsletter Ber l iner Kreis | Ausgabe 16 | Juni 2011

Seit November 2009 sind die 12 Wind-energieanlagen (WEA), die zusammen

Deutschlands erste Offshore-Stromfabrik „Alpha Ventus“ bilden, montiert. Alpha Ventus ist der erste Windpark weltweit, der Anlagen der 5-Megawatt-Klasse in tiefen Gewässern und weit weg von der Küste betreibt. Er befindet sich 45 km nordwest-lich von Borkum, die Wassertiefe beträgt je nach Tide ca. 30 Meter.Die eingesetzten Windenergieanlagen (WEA) vom Typ „Multibrid M5000“ (Hersteller: Areva Multibrid GmbH) bzw. „REpower 5M“ (Hersteller: REpower Systems) bestehen jeweils aus einem ca. 90 Meter hohen Turm und einer hausgroßen, mehrere hundert Tonnen schweren Maschi-nengondel. Die Rotordurchmesser liegen im Bereich von 120 Metern, jedes der jeweils 3 Rotorblätter allein wiegt ca. 18 Tonnen. Zur Errichtung von Offshore-Windenergie-anlagen kommen heute i.d.R. Hubinseln ausgestattet mit großen Kränen oder Spe-zialschiffe mit Kran zum Einsatz. Die Ver-fügbarkeit dieser Systeme ist jedoch infolge ihrer weltweit geringen Anzahl begrenzt. Und die wenigen Schiffe, die zur Verfü-gung stehen, können nur die wenigsten Windenergieanlagen mit 5 oder mehr MW und einem Gewicht der Maschinengon-del von bis zu ca. 500 Tonnen installieren. Ebenso sind Kransysteme äußerst wetterab-hängig. Je nach Wetterlage kann sich die Montage um Wochen verzögern, was aus wirtschaftlicher Sicht unvertretbar ist. Um Möglichkeiten zur Verkürzung der Mon-tagezeiten sowie zur Erweiterung der für Montagen in Frage kommenden Zeiträume zu erschließen, wurde von der Firma Berg-idl ein Montagesystem entwickelt und zum Patent angemeldet, das die beschriebenen Wetterabhängigkeiten mildern soll. Der Entwurf und die Ausarbeitung der Lösung entspricht dem Konzept einer mastgeführten Kletterbühne, wie Sie als Außenaufzug an eingerüsteten Gebäuden zum Einsatz kommt und mit der es selbst bei Windstärke 8 noch möglich ist, zu mon-tieren. Im Folgenden soll auf das Montage-konzept und die Arbeiten rund um dieses Projekt eingegangen werden.

ZIELE DES FORSCHUNGSVORHABENSDie Ziele des Forschungsvorhabens soll die Machbarkeit des Montageprinzips bewei-sen. Ein reales Modell im Maßstab 1:20 am Ende soll die Machbarkeit, basierend auf Simulationsergebnissen, unterstreichen.Die Partner BERG-idl und IPEK wollen ein Montagesystem für WEA entwickeln, dass gleichermaßen zu Land und zu Wasser ein-setzbar ist und die Wetterabhängigkeit ins-besondere bei den zukünftig entstehenden Offshore-Anlagen erheblich reduziert. Die zugrundeliegende Idee ist ein kranloses Montagesystem nach dem Prinzip eines Zahnstangen-Aufzugs:Mit Hilfe eines modularen, bereits vor der Endmontage an den einzelnen Komponen-ten der WEA angebrachten Hilfsgerüsts („Montagemast“) soll bei jedem Wetter der Bau oder die Wartung ermöglicht werden. Als Referenzsystem für die Montage wurde die REpower 5M ausgewählt, bestehend aus:

• 3 Mastsegmente:je 6m Durchmesser, 30m hoch, ca. 150to, 24mm Wandstärke

• 1 Maschinengondel:6m breit, 6m hoch, 18m tief, ca. 4500to

• 3 Rotorblätter:je 61,5m lang, ca. 18to

Die Komponenten werden auf einer gegründeten Plattform neben dem im Meer stehenden Fundament (typ. Grün-dungshöhe über Meeresspiegel: ca. 15 bis 20 Meter) bereitgestellt. Das kann mit Hilfe „normaler“ Transportschiffe geschehen, da die einzelnen Komponenten aufgrund ihrer Größe und Masse relativ problemlos zu handhaben sind. Die Mastsegmente sind bereits jeweils mit Hilfsgerüst-Modulen versehen, die auch die Zahnstangen beinhalten, welche für den späteren Vertikaltransport der Fahrgondel gebraucht werden. Das System wird also sowohl beim Neu-bau als auch bei Wartungs- und Instand-haltungsarbeiten von WEA kostengünstig einsetzbar sein und fundamentale Nachteile der existierenden Technik beseitigen. Während BERG-idl die Entwicklung, Kon-

struktion und Herstellung der mecha-nischen Elemente durchführt, konzentriert sich IPEK auf Dimensionierungsaufgaben, die Entwicklung und Realisierung der steu-erungs- und regelungstechnischen Fra-gestellungen als auch auf Berechnungen, Modellierungen, Simulationen und Risiko-bewertungen.

DAS SYSTEM „MASTGEFÜHRTE KLETTERBÜHNE“Das Konzept der mastgeführten Kletter-bühne ist bekannt aus anderen Branchen und soll nun soll nun in diesem Anwen-dungsgebiet einen neuen Einsatz finden. Dieses Konzept findet i.d.R. Anwendung bei der vertikalen Beförderung von Mensch und Material auf Baustellen an Außenfas-saden von eingerüsteten Gebäuden. Hier-bei wird die Transportbühne an einem oder zwei Masten nach oben geführt.Neu nun ist hier in diesem Fall die Art der Anwendung: Erstmals wird die Kletterbühne offshore im Windenergieanlagenbau einge-setzt und dient hier als Aufzug der Anlagen-komponenten selbst. Der Montagemast, an dem sich die Gondel nach oben zieht, ist nur an der Gründungsstruktur oder auf dem Hubschiff befestigt und steht ansonsten ca. 90m frei in die Höhe

MONTAGEZEIT UND MONTAGEABLAUFDas Montagesystem sieht vor die einzelnen Mastelemente, die Maschinengondel und die Rotorblätter an einem um den eigent-lichen Mast herumgebauten Montagemast mit Hilfe einer speziellen Hubgondel nach oben zu fahren (siehe Bild 1). Oben werden die Teile seitlich verschoben und hydraulisch abgesetzt. Der Montagemast umgreift die Mastelemente der WEA und wächst während der Montage mit dem Mast der WEA mit.Die einzelnen Mastelemente der WEA sind mit einzelnen Montagemastelementen ver-bunden, so dass sie eine statische Einheit bilden und die Montagemastelemente wäh-rend der gesamten Montagezeit auch als Transportbehälter für die Mastelemente die-nen können. Die Mastelemente sind dadurch gegen äußere Beschädigung geschützt. Die Belastung durch die am Montagemast auffahrende Hubgondel wird vom Mon-

E ine mastgeführte Kletterbühne für die Montage von Offshore-Windenergieanlagen

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Newsletter Ber l iner Kreis | Ausgabe 16 | Juni 2011

tagemast alleine oder in Kombination von dem Montagemast und dem Windenergie-anlagenmast aufgenommen. Die vertikalen Kräfte des Transports, sowie die Führungs-kräfte zwischen der Hubgondel und dem Montagemast, welche am größten beim Heben der Maschinengondel der WEA ist, werden vollständig vom Montagemast auf-genommen. Zusätzlich zur Führung sind an der Hubgondel entlang dem Mast Rollen angebracht, die die Hubgondel entlang am Mast wie ein Schienenrad führen und der Kletterbühne bei Wind und Neigung des Turms zusätzlichen Halt geben.Der wegen der hohen Kosten und der extremen Wetterabhängigkeit heute übliche, aber nicht optimal geeignete Kraneinsatz wird mit diesem System voll-ständig vermieden.Das Herzstück der gesamten Montagean-lage, die Kletterbühne, hat eine Länge von 26m, eine Breite von 16m und eine Höhe von 6m. Sie besteht aus einer Fachwerk-konstruktion in der die Antriebe und die anderen Komponenten untergebracht sind.

ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK Die Ergebnisse des Projekts sind durch-weg positiv. Durch Simulationsrechnungen konnte nachgewiesen werden, dass der Montageprozess unter allen denkbaren Sze-narien sicher beherrscht werden kann. Dies gilt bis hin zu einer konstanten Windstärke von 19 m/s mit Böen bis zu 27 m/s. Das System wird auch durch Seegang in seiner Funktion nicht wesentlich beeinträchtigt, solange die Anlieferung der Komponenten gewährleistet werden kann. Die prognos-tizierten Montagezeiten von maximal 60 Stunden liegen deutlich unter denen kon-kurrierender Systeme. Nicht zuletzt kann das entwickelte System ebenso gut für die Onshore-Montage und schließlich auch zur Demontage von Windenergieanlagen ein-gesetzt werden. Das System ist zum Patent angemeldet.

Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. Albert AlbersDipl.-Ing. Simon G. KelemenInstitut für Produktentwicklung (IPEK)Karlsruher Institut für Technologie (KIT)

Bild 1: Windenergieanlage mit Kletterbühne

Vom 4. bis 6. Mai fand im Kongresszen-trum von Darmstadt das zweite Kol-

loquium der ViP-Assistenten des Berliner Kreises statt. Die Berliner Kreis ViP-Gruppe ist ein Zusammenschluss führender Lehr-stühle auf den Gebieten der Maschi-nenbauinformatik und der virtuellen Produktentwicklung in Deutschland und in Österreich. Hierzu hatte das Fachgebiet Datenverarbeitung in der Konstruktion der TU Darmstadt eingeladen. Vertreten waren die Lehrstühle DiK (TU Darmstadt), IIT (TU Berlin), IMI (Karlsruhe IT), ITM (RU Bochum), KTC (TU Dresden), LMI (OvG Universität Magdeburg) sowie VPE (TU Kaiserslautern). An zwei Tagen stellten die Teilnehmer ihre Forschungsaktivitäten vor. Die Vorträge umfassten die Themenbe-reiche Planung von Geschäftskommunika-tion, Erfolgskontrolle bei PLM-Projekten, multidisziplinäre Systemmodellierung, ganzheitliche Planung von PLM-Projekten, Informationsmanagement in der Mecha-

tronik, reale Objekte in virtuellen Umge-bungen, Augmented Reality in der virtuellen Realität und Smart Hybrid Prototyping. An jede Präsentation schloss sich eine umfassende und ergiebige Diskussion an. Weiterhin wurde in einem gemeinsamen Workshop eine Vision der virtuellen Produktent-wicklung im Jahr 2020 entwickelt. Außerhalb des Konferenzraumes boten sich zum Beispiel bei dem gemeinsamen Stadtrundgang oder dem Abendessen reichlich Gele-genheiten, gemeinsame Themen zu diskutieren und Kollegen besser kennen zu lernen. Das Treffen schloss bei herrlichem Wetter mit einer unterhaltsamen Klet-tertour im Darmstädter Kletterwald.

Prof. Dr.-Ing. Reiner AnderlDipl.-Ing. Jan Tim JagenbergFachgebiet Datenverarbeitung in der KonstruktionTechnische Universität Darmstadt

Treffen der Ass istenten der v i r tuel len Produktentwicklung in Darmstadt

Berliner Kreis Assistenten der virtuellen Produktentwicklung

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Newsletter Ber l iner Kreis | Ausgabe 16 | Juni 2011

Der größer werdende Wettbewerb auf globalen Märkten, die sich stetig wan-

delnden, komplexen Anforderungen und Wünsche von Kunden und Konsumenten, sowie neue Technologien, Umwelt- und Sicherheitsbestimmungen, erfordern immer häufiger die Zusammenarbeit von Experten aus unterschiedlichen Domänen im Produktentwicklungsprozess. Die Not-wendigkeit einer domänenübergreifenden Zusammenarbeit zwischen Entwicklern sowie die stetige Anpassung von Produkten an die neuen Randbedingungen bedeuten direkt auch eine Änderung des Produktent-wicklungsprozesses.Insbesondere in der Konzeptphase, die im Wesentlichen durch den „kreativen Sprung“ bestimmt wird, also den Übergang von einem Entwicklungsproblem auf eine mögliche Lösung, ist die Zusammenarbeit zwischen Entwicklern entscheidend für die Auswahl von Lösungsprinzipien und somit in besonderem Maße prägend für die Merk-male des späteren Produktes. Missverständ-nisse in diesem entscheidenden Schritt der Produktentwicklung haben somit potenziell besonders schwerwiegende Auswirkungen. Teillösungen müssen zum einen den an sie gestellten Anforderungen gerecht werden und sollten zum anderen möglichst optimal mit dem gewählten Gesamtkonzept har-monisieren. Daran orientiert, müssen die Vor- und Nachteile alternativer Lösungen zwischen Entwicklern erörtert werden. Um ferner eine fundierte Entscheidung für oder wider ein konkretes Lösungskon-zept treffen zu können, muss bei allen Entwicklern ein gemeinsames Verständnis von Problemstellung und Gesamtkonzept geschaffen werden. Dieses setzt voraus, dass alle wesentlichen Fragestellungen und Probleme für das Produkt, sowie Merkmale von alternativen Lösungen zwischen den Entwicklern kommuniziert werden. Neben verbalem Austausch erfolgt die Kommunikation zwischen verschiedenen Entwicklern zu einem wesentlichen Teil durch den Einsatz von Produktmodellen, als abstrakte Repräsentation und Visu-

alisierung von Informationen. Abhängig vom Produktreifegrad und Komplexität des Produktes kommen typischerweise unter-schiedliche, zumeist domänenspezifische Produktmodelle und Modellierungsansäte zum Einsatz. Produktmodelle, wie bei-spielsweise Zeichnungen, funktionale und physische, zwei- oder dreidimensionale Modelle dienen dazu, alle wesentlichen Eigenschaften und Funktionen einer poten-tiellen Lösung zu repräsentieren. Der domänenübergreifende Austausch der in Produktmodellen repräsentierten Informationen wird jedoch nicht oder nur unzureichend von bestehenden, zumeist mono-disziplinären Ansätzen unterstützt. Die Bildung eines gemeinsamen Verständ-nisses von Problem, potenziellen Lösungskon-zepten sowie die Analyse unterschiedlicher Lösungsvorschläge werden unter anderem durch unterschiedliche Arten der Modellie-rung, unterschiedliche Terminologien und den gegebenenfalls zusätzlich notwendigen Aufwand zur Klärung von Verständnisschwie-rigkeiten behindert. Potenzielle Folgen sind Entwicklungsfehler, aufwändige Iterations-schleifen, höhere Entwicklungskosten, Pro-duktversagen oder Scheitern des Produktes am Markt, wenn etwaige Fehler nicht recht-zeitig erkannt werden.

FORSCHUNGSPROJEKT „PROMOCOM“Im Zuge eines dreijährigen Forschungs-projektes an der Universität Luxemburg sollen Methoden zur Unterstützung der Zusammenarbeit durch den Einsatz von Produktmodellen in der Entwicklung mechatronischer Produkte erforscht wer-den. Darin werden gängige, in der Litera-tur vorgeschlagene Produktmodelle und Modellierungsansätze, sowie der Einsatz von Produktmodellen in der Praxis unter-sucht. Dabei sollen die Aspekte der Model-lierung herausgearbeitet werden, die zu einem gemeinsamen Verständnis von Pro-blem und Lösung beitragen, beziehungs-weise, dieses behindern. Die gewonnenen Erkenntnisse über Erfolgsfaktoren aber auch Hindernisse für die Kommunikation

mit Produktmodellen bilden die Basis für die Entwicklung einer methodischen Unter-stützung der domänenübergreifenden Modellierung. Aufgrund der zuvor darge-stellten besonderen Bedeutung liegt ein besonderer Fokus auf den frühen Phasen der Entwicklung, während derer die Unter-stützung durch Computerwerkzeuge noch relativ gering ist. In einer umfassenden Literaturrecherche internationaler Autoren wurden zahlreiche Produktmodelle erfasst und kategorisiert. Anhand der jeweils repräsentierten Infor-mation konnten spezifische Produktrei-fegrade (design states) klar voneinander abgegrenzt werden. Neben domänenspe-zifischen existieren auch domänenübergrei-fende, generische States. Die verwendeten Modelle innerhalb eines States adressie-ren ein weitgehend vergleichbares Set an Informationen über das Produkt, bezie-hungsweise das Problem, so dass an diesen Beispielen die unterschiedlichen Arten der Modellierung von gleichen, beziehungs-weise vergleichbaren Information unter-sucht werden können. Dieses Forschungsprojekt wird vom natio-nalen Forschungsfonds Luxembourg (Fonds Nationale de la Recherche – FNR) gefördert.

Prof. Dr.-Ing. Luciënne BlessingDipl.-Ing. Boris EisenbartForschungsgruppe EntwicklungsmethodikUniversité du Luxembourg

ProMoCom – Unterstützung der domänenüber-greifenden Produktmodel l ierung in interdisz i-pl inären Entwicklungsteams

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Newsletter Ber l iner Kreis | Ausgabe 16 | Juni 2011

Initiiert von den Gründern der DGTF- (Deutsche Gesellschaft für Designthe-

orie- und forschung) Themengruppe »designING.« diskutierten im März 2011 etwa 20 Nachwuchswissenschaftler und Professoren aus ganz Deutschland an der Technischen Universität München am Lehr-stuhl für Industrial Design über die Zusam-menarbeit von Ingenieuren und Designern. Die Veranstaltung umfasste Kurzvorträge, Workshops und Diskussionen um einen intensiven Erfahrungsaustausch zu för-dern. Ein Ziel dieses ersten Treffens war die Bestandsaufnahme aktueller Verknüp-fungen der Ingenieurs- und Designaus-bildung in Deutschland. Unter den sieben teilnehmenden Hochschulen sind mit der RWTH Aachen, der TU Darmstadt, der TU Dresden und der TU München (Lehr-stühle für Industrial Design und Produktent-wicklung) vier der führenden Technischen Universitäten (TU9) sowie süddeutsche Fachhochschulen mit renommierten Desi-gnbereichen: Schwäbisch Hall und Pforz-heim. Die Breite der Teilnehmer ist ein eindeutiges Indiz dafür, dass sich das Thema inzwischen auch in Deutschland in der Ausbil-dung immer stärker etabliert und damit einem internationalen Trend folgt. So wird an der TU München aktuell bereits der dritte Masterjahr-gang — bestehend aus Architektur-, Design- und Maschinenbauabsolventen — Industrial Design; in Aachen entwächst eine Koope-ration mit der Design School der Hongik

University in Korea den Kinderschuhen. Außerdem feiert man in Dresden, wo die Designausbildung für Ingenieure bereits auf jahr-zehntelanger Erfahrung auf-baut, im nächsten Jahr mit dem 5. Symposium Tech-nisches Design bereits ein weiteres Jubiläum.Bisher ist der beteiligte Per-sonenkreis noch relativ klein und der öffent-liche Erfahrungsaustausch ist – abgesehen vom regelmäßig in Dresden stattfindenden Symposium Technisches Design – noch man-gelhaft. Die Evaluierung von und der Diskurs über die bisherigen Angebote könnte jedoch eine wertvolle Einstiegshilfe für alle diejenigen sein, denen die Bedeutung der Schnittstellen-kompetenz von Designern und Ingenieuren für eine moderne Ausbildung wichtig ist.Von allen Teilnehmern wurde großes Interesse an einer weiteren Zusammenarbeit bestätigt. Als nächster Schritt wurde vereinbart, die Übersicht zu integrativen Lehrangeboten , zu Forschungsprojekten und Konferenzen sowie relevanter Literatur in diesem Themen-bereich zu aktualisieren, aufzubauen bzw. zu erweitern. Die dabei entstehenden Ergebnisse sollen in regelmäßigen Abständen sowohl in design- als auch ingenieurwissenschaftlichen Medien veröffentlicht werden. Es sollen weitere kleinere Treffen folgen. Die zweite Workshop-Veranstaltung in einem größeren

Rahmen ist für das Frühjahr 2012 gemeinsam mit dem 5. Symposium Technisches Design in Dresden mit erfahrungsgemäß immerhin ca. 100 Teilnehmern aus Wissenschaft und Industrie geplant.Das Ziel der Gruppe designING. ist ein gemeinsames Verständnis von Inhalten und Prozessen einer kollaborativen Produktent-wicklung zwischen Designern und INGe-nieuren zu schaffen und eine Vernetzung der in Deutschland traditionell starken Kon-struktions- und Designschulen miteinander zu erreichen. Dafür wird in der folgenden Zeit die Website www.industrialdesignen-gineering.org aufgebaut. Sollten Sie Inte-resse haben, kontaktieren Sie uns unter [email protected].

Jürgen RamboJens KrzywinskiTechnische Universität Dresden

Des igner und Ingenieure f inden in München zueinander

Am 19. und 20. Mai 2011 veranstaltete das Heinz Nixdorf Institut in Paderborn

das Wissenschaftsforum Intelligente Techni-sche Systeme. Die neue Veranstaltungsform rückt dabei die beiden etablierten Workshops „Entwurf mechatronischer Systeme“ (EMS) sowie „Augmented & Virtual Reality in der Produktentstehung“ (AR&VR) unter ein gemeinsames Dach. Der Workshop EMS fand zum achten Mal statt. Der Workshop AR&VR

jährte sich bereits zum zehnten Mal.Rund 200 Fachleute aus renommierten Unternehmen und bekannten Forschungs-einrichtungen nutzten die Veranstaltung, um sich über die neuesten Forschungsergeb-nisse und aktuellen Trends in der Mechatro-nik sowie der virtuellen Produktentwicklung zu informieren. Zum Auftakt der Veranstal-tung begrüßte Professor Gausemeier das Auditorium mit einem Vortrag zum Projekt

Entwurfstechnik Intelligente Mechatro-nik (ENTIME). Weitere Plenumsredner des Wissenschaftsforums waren Herr Voß von der Firma Wincor Nixdorf und Professor Wachsmuth von der Universität Bielefeld. In insgesamt 41 ausgewählten Beiträgen wurden anschließend aktuelle Trends in Forschung und Entwicklung vorgestellt. Themenschwerpunkte der Veranstaltung waren Systems Engineering, Modellierung

Wissenschaftsforum Intelligente Technische SystemeEine neue Veranstaltung des Heinz Nixdorf Instituts für den Maschinenbau von morgen

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Newsletter Ber l iner Kreis | Ausgabe 16 | Juni 2011

Das Innovationsgeschehen in Deutsch-land wird bereits in zahlreichen

nationalen und internationalen Studien beschrieben. Dazu werden sowohl Stärken als auch Schwächen des deutschen Inno-vationsgeschehens aufgezeigt und z.T. Handlungsempfehlungen zur Steigerung der Innovationskraft gegeben. Angesichts der Vielzahl der Studien drängen sich fol-gende Fragen auf: Welche Merkmale und Bereiche des Innovationsgesche-hens adressieren die ein-zelnen Studien? Wie wird das deutsche Innovati-onsgeschehen in den Stu-dien beurteilt? Bestehen Gemeinsamkeiten oder Unterschiede bei der Beur-teilung des Innovations-geschehens zwischen den deutschen Studien sowie im Vergleich mit der Beur-teilung in internationalen Studien? Und befassen sich die Studien überhaupt

mit den Merkmalen, die entscheidend für die Leistungsfähigkeit des deutschen Innovationsgeschehens sind? Um diese und ähnliche Fragen zu beantworten, hat das Heinz Nixdorf Institut im Auftrag der acatech Innovationsberatung (http://inno-vationsberatung.acatech.de) das Projekt „Innovationsgeschehen in Deutschland – Bestandsaufnahme und Analyse“ durch-

geführt. Basis der Untersuchung bilden 13 deutsche sowie 4 internationale Studien über das Innovationsgeschehen in Deutsch-land (Bild 1). Zunächst sind die in den Stu-dien über 150 genannten Indikatoren zu 37 Merkmalen zusammengefasst worden, um für die Charakterisierung der Studien eine einheitliche Struktur zu schaffen. Anhand der Merkmale sind je Studie die Aus-

sagen zum Innnovations-geschehen in Deutschland herausgearbeitet worden. Die Analyse dieser Ein-schätzungen führt zu einem Stärken-Schwächen-Profil, das studienübergreifende Aussagen über das Innova-tionsgeschehen ermöglicht. Das Stärken-Schwächen-Profil für Deutschland zeigt ein ambivalentes Bild (vgl. Bild 2). Private FuE-Ausgaben, Pa-tente und Hochtechnologie werden studienübergrei-fend als Stärke Deutsch-

Bild 1: Nationale und internationale Studien zum deutschen Innovationsgeschehen

Indikatorenbericht zur Innovationserhebung 2009

C. Rammer, B. Aschhoff, T. Doherr, C. Köhler, B. Peters, T. Schubert und F. Schwiebacher

Mannheim, Januar 2010

Innovationsverhaltender deutschen Wirtschaft

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Empfehlungen zur Interaktion von Wissenschaft und Wirtschaft

WISSENSCHAFTSRAT

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Autor Thomas F. Dapp +49 69 910-31752 [email protected]

Editor Stefan Schneider

Publikationsassistenz Pia Johnson

Deutsche Bank Research Frankfurt am Main Deutschland Internet:www.dbresearch.de E-Mail [email protected] Fax: +49 69 910-31877

DB Research Management Norbert Walter

Innovation steckt in allem und bildet die Grundlage für viele Produkte und Dienstleistungen. Innovationen sind somit die Basis für Beschäftigung, Produktivität, internationalen Wettbewerbserfolg und Wohlfahrt.

Ursprung jeder Innovation sind neben der Neugierde auch die Bedürfnisse der Menschen und die daraus resultierenden Ideen, diese zu befriedigen. Ideen wiederum basieren auf dem Wissen und dem Kreativitäts-potenzial einzelner Individuen. Die Generierung sowie das Zusammenführen fragmentiert vorhandenen Wissens zählen zu den zentralen Bereichen im Innova-tionsprozess.

Der Innovationsprozess reicht von der Ideenfindung bis hin zum marktfähigen Produkt. Er findet in einem komplexen System variierender Ak-teure, Interaktionen, Rückkopplungen, Loops und Tempi statt und unterliegt einem permanenten Wandel.

Innovation kann nicht direkt gemessen werden. Der gesamte Innovati-onsprozess gleicht einer Black Box. Studien versuchen daher, die Innovationskraft einer Volkswirtschaft über Merkmalsausprägungen des vorgelagerten Inputs und nachgelagerten Outputs des Innovationsprozesses abzuschätzen.

Deutschland zählt den Ergebnissen dieser Studien zufolge zu den innovativsten Volkswirtschaften. Dieser Erfolg ist allerdings kein Selbstläu-fer. Damit es dabei bleibt, sind auch mit Blick auf die Auswirkungen des demogra-fischen Wandels weitere Anstrengungen aller am Innovationsprozess beteiligter Akteure notwendig. Das Stärke-Schwäche-Profil Deutschlands zeigt diesen Bedarf auf.

Daher gilt: Innovative Köpfe braucht das Land!

„Jede Schöpfung ist ein Wagnis“ Christian Morgenstern, deutscher Schriftsteller (* 1871, † 1914)

Anmerkung: Dieses Bild ist frei verwendbar, weil die urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist. Dies gilt für die Europäische Union, die Vereinigten Staaten, Kanada und alle weiteren Staaten mit einer gesetzlichen Schutzfrist von 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers.

Innovative Köpfe braucht das Land! 14. August 2009

Frühe Bildung Weiterführende Schule Hochschule Innovation

Innovationsindikator Deutschland 2009.

D e z e m b e r2 0 0 6

Innovationsstandort Deutschland – quo vadis?

Wi e gu t w i r s i nd , wo unse r e Chancen l i e gen undw i e w i r d i e Z ukun f t me i s t e rn k önnen .

BCG The Boston Consulting Group

Innovationsverhaltendeutscher Unternehmen in derKrise – erstaunlich offensivErgebnisse einer Sonderbefragung der IHK-Organisationbei über 1.100 innovativen Unternehmen

DIHK-Umfrage

DeutscherIndustrie- und Handelskammertag

Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung

www.diw.de

Berlin, 2009

51

Politikberatung kompakt

European Innovation Scoreboard (EIS) 2009

P R O I N N O E U R O P E P A P E R N ° 1 5

®

Vom Land der

IDEEN

zum Land der

INNOVATIONENWie Deutschland seinen wichtigsten Rohstoff besser nutzen kann

Diskussion

Nr. 2

Institut der deutschen Wirtschaft Köln

InnovationsfaktorKooperationBericht des Stifterverbandes zur Zusammenarbeitzwischen Unternehmen und Hochschulen

GUTACHTEN2 0 0 8 2 0 0 9 20 1 020 1 1 2 0 1 2 20 1 320 1 420 1 5 20 1 620 1 7 20 1 8 2 0 1 9

GUTACHTEN ZU FORSCHUNG, INNOVATION UND TECHNOLOGISCHER LEISTUNGSFÄHIGKEIT DEUTSCHLANDS

OECD Science,Technology and IndustryScoreboard 2009

mechatronischer Systeme, Simulation und Visualisierung von in Entwicklung befind-lichen Produkten sowie Grundlagen für die Entwicklung von AR&VR Systemen. Neben reinen Forschungsbeiträgen bereicherten unter anderem die Unternehmen Wincor Nixdorf, Daimler, Volkswagen, Siemens sowie die UNITY AG die Veranstaltung mit Beiträgen aus der industriellen Praxis. Die Besucher begrüßten den neuen Veran-staltungscharakter, der die Möglichkeit bot, „über den Tellerrand hinaus zu schauen“ und die Sessions beider Workshops zu besuchen.Die begleitende Fachausstellung sowie die Abendveranstaltung im Heinz Nixdorf Museums-Forum fanden großen Anklang bei den Besuchern und trugen wesentlich zu angeregten Diskussionen und zur ent-spannten Atmosphäre der Veranstaltung bei. Ein Highlight der Fachausstellung war der erfolgreiche Projektabschluss des BMBF Verbundprojekts VireS – Virtuelle Synchro-nisation von Produktentwicklung und Pro-

duktionssystementwicklung. Im Rahmen einer umfangreichen Ausstellung und einer eigenen Special Session wurde über die Ergebnisse der dreijährigen Projektlaufzeit informiert. Die Projektpartner der Hoch-schulinstitute und Industrieunternehmen stellten die entwickelten Methoden und Software-Werkzeuge vor. Am Beispiel eines Pedelecs – einem Fahrrad mit elektrischer Tretkraftunterstützung – wurde dem interessierten Fachpublikum das Zusam-menwirken der einzelnen Methoden und Werkzeuge anschaulich erläutert. Zum Abschluss der Veranstaltung wurde der „Best Paper Award“ verliehen. Je Work-shop standen drei herausragende Beiträge zur Wahl, die von einer hochkarätigen Jury beurteilt wurden. Für den Workshop EMS überreichte Professor Rammig den Preis stellvertretend für fünf weitere Autoren an Frau Kathrin Flaßkamp von der Universität Paderborn für den Beitrag „Berechnung optimaler Stromprofile für einen 6-phasigen

geschalteten Reluktanzantrieb“. Den „Best Paper Award“ des AR&VR-Workshops erhielten Herr Jundt, Herr Menk und Pro-fessor Schreiber von der Volkswagen AG für den Beitrag „Projection-based Augmented Reality im Service-Training“.Wie gewohnt erschienen pünktlich zum Wissenschaftsforum die Tagungsbänder für den jeweiligen Workshop in der HNI-Verlagsschriftenreihe (Band 294 und 295). In den Tagungsbändern sind alle Beiträge abgedruckt, die durch das Programmkomi-tee für die Veranstaltung ausgewählt wor-den sind.Weitere Informationen finden Sie unter: http://wwwhni.uni-paderborn.de/wintesys

Dipl.-Wirt.-Ing. Thomas SchierbaumDipl.-Wirt.-Ing. Arno KühnLehrstuhl für Produktentstehung,Heinz Nixdorf Institut, Universität Paderborn

Innovat ionsgeschehen in Deutschland – Bestandsaufnahme und Analyse

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lands erachtet – wohingegen staatliche Bildungsausgaben, die Verfügbarkeit von Fachkräften sowie der Zugang zu Wagnis-kapital als Schwächen bewertet werden. Eine wesentliche Beobachtung ist, dass die Einflussgrößen auf das Innovationsgesche-hen wesentlich schlechter beurteilt werden als der Output des Innovationsgeschehens. Hierfür existieren zwei mögliche Erklä-rungen: Eine Erklärung ist, dass das deut-sche Innovationssystem besonders effizient ist, weil mit einem durchschnittlichen Input ein überdurchschnittlich guter Output erzielt wird. Das Ergebnis kann aber auch durch eine zeitliche Verzögerung zwischen Einfluss- und Outputgrößen begründet sein. Demnach würden sich Defizite bei den Einflussgrößen erst später auf den Out-

put des Innovationsgeschehens auswirken. Darüber hinaus wird im Stärken-Schwächen-Profil deutlich, dass bei der Beurteilung der Merkmale in den Studien widersprüchliche Aussagen getroffen werden. Ursachen sind unterschiedliche Bewertungsmethoden, die Auswahl unterschiedlicher Indikatoren für ein Merkmal, verschiedene Erscheinungsjahre und Interessen der Herausgeber.Aus der Gegenüberstellung der Stärken-Schwächen-Profile aus nationaler und internationaler Sicht ergeben sich signi-fikante Unterschiede: Aus internationaler Sicht wird das Innovationsgeschehen in Deutschland tendenziell besser bewer-tet als aus nationaler Sicht. Eine Ursache hierfür ist die unterschiedliche Vergleichs-grundlage. In den nationalen Studien wird

Deutschland in der Regel mit den führen-den Industrieländern verglichen; in interna-tionalen Studien wird Deutschland mit einer Vielzahl von – oft weniger entwickelten – Ländern verglichen.Zur Identifikation der Merkmale, die in den Studien eher wenig Aufmerksamkeit erhalten, obwohl sie für das Innovations-geschehen wichtig sind, ist die Bedeutung der Merkmale in den Studien analysiert und mit der Relevanz der Merkmale für das Innovationsgeschehen verglichen worden. Die Bedeutung eines Merkmals ergibt sich aus der Anzahl der Seiten einer Studie, die dieses Merkmal adressieren. Die Relevanz der Merkmale ist durch eine Befragung des Expertenkreises der acatech Innovationsbe-ratung ermittelt worden. Merkmale, deren Bedeutung niedriger als die von den Exper-ten bewertete Relevanz für das Innovati-onsgeschehen ist, sind als „weiße Flecken“ identifiziert worden. Hierzu gehören die Merkmale Verfügbarkeit von Fachkräften, Zugang zu Bildung, Einstellung zu Inno-vationen, Energie-Infrastruktur, systema-tischer Innovationsprozess, Umsetzung von Patenten, Rechtssicherheit, unternehmens-übergreifende Kooperationen, Hoch- und Spitzentechnologie sowie wissensintensive Dienstleistungen. Diese Merkmale sollten zukünftig intensiver betrachtet werden. Insgesamt betrachten die Studien das Inno-vationsgeschehen als Black Box und setzen einfache Ursache-Wirkungszusammen-hänge zwischen Einflussfaktoren (Input-größe) und Outputgröße voraus. In der Realität ist das Innovationsgeschehen ein komplexes vernetztes System von Einfluss-faktoren, die sich sowohl gegenseitig wie auch den Output des Innovationsgesche-hens beeinflussen. Durch eine Analyse des systemischen Verhaltens des Innovations-geschehens könnten Hebel erkannt werden, die bislang zu wenig Beachtung gefunden haben – so genannte Hidden Drivers. Falls es diese gäbe, ließe sich die Innovationspro-duktivität in Deutschland erheblich steigern.

Prof. Dr.-Ing. Jürgen GausemeierDipl. Wirt.-Ing. Anne-Christin GroteHeinz Nixdorf InstitutLehrstuhl ProduktentstehungUniversität Paderborn

Bild 2: Stärken-Schwächen-Profil für Deutschland

Ist-Situation in DeutschlandStärken-Schwächen-Profil für Deutschland

Bildung und Qualifikation

Berufliche BildungsabschlüsseQualität der LehreStaatliche BildungsausgabenVerfügbarkeit von FachkräftenWeiterbildungsengagement

Ausbildung in MINT-Fächern

Ausgaben für FuE (Wirtschaft)Zugang zu KreditenZugang zu staatlicher FörderungZugang zu Wagniskapital

Ausgaben für FuE (Staat)

Zugang zu Bildung

Finanzierung

Einstellung zu RisikoEinstellung zu Innovationen

Gesellschaftliches Innovationsklima

-- +o- ++

Beurteilung in den Studien

1234567

89101112

1314

Innovationsgeschehen in Deutschland

Output des Innovationsgeschehens

PatenteInnovationserfolgInnovatorenquoteHochtechnologieSpitzentechnologie

Beschäftigte in FuE

Wissensintensive Dienstleistungen

Streuung der Beurteilung der Studien(dunkel: viele Studien – hell: wenige Studien)

31323334353637

...

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Newsletter Ber l iner Kreis | Ausgabe 16 | Juni 2011

Produktentwicklung vollzieht sich heute in unternehmens-, disziplinen- und

lebenszyklusphasenübergreifend vernetzten Wertschöpfungsketten. Die entwickelten Produkte sind Ergebnis einer Vielzahl von Entscheidungen. Auf Grund der Vernet-zung können viele Entscheidungen nicht alleine getroffen werden, sondern erfordern Abstimmungen und die Berücksichtigung vieler Informationen. Den eigentlichen Entscheidungssituationen gehen daher Entscheidungsprozesse voraus, in denen Informationen beschafft und verarbeitet, Meinungen eingeholt und Abwägungen vorgenommen werden.Entscheidungsträger sind aber häufig auf Grund von Zeitproblemen und fehlender Sicherheit über das Vorgehen in den Ent-scheidungsprozessen nicht in der Lage, Entscheidungen optimal vorzubereiten. Die Entscheidungsprozesse können heute nicht systematisch unterstützt werden. Die Suche, Auswahl und Bewertung der als Entscheidungsbasis benöti-gten Informationen obliegt dem Entscheidungsträger. Dazu wer-den, je nach Erfahrungsstand des Entscheidungsträgers, z.B. Kennzahlen manuell aus ver-schiedenen IT-Systemen gela-den und Kollegen werden mit einbezogen. Die Entscheidungs-prozesse werden aber weder geplant noch dokumentiert und sind im Nachhinein nicht nach-vollziehbar und nur sehr schwer IT-technisch unterstützbar. Das verhindert auch ein kontinuier-liches Lernen aus Erfahrungen.Ein Beispiel für die Heraus-forderungen hinsicht l ich der Unterstützung von Ent-sche idungsprozessen in der Produktentwick lung ist der Prozess zur Bearbei-tung von Mitteilungen über Bauteiländerungen/-abkün-digungen beim Unternehmen

Hella KGaA Hueck & Co. (Hella). Im Wei-teren wird dieser Prozess mit der üblichen Abkürzung als PCN/PTN-Prozess bezeich-net (Englisch: Product Change Notification / Product Termination Notification).PCN/PTNs werden von Elektronikzuliefe-rern übermittelt, wenn sich Änderungen an den gelieferten Bauteilen ergeben wer-den. Bei Hella laufen jährlich eine große Anzahl PCN/PTNs auf, aus denen sich Aus-wirkungen auf Produkte und Abläufe im Unternehmen ergeben. Die Bauteile fließen ggf. in mehrere Dutzend Produkte ein, für die jeweils eine individuelle Lösung erarbei-tet werden muss. PCN/PTNs sind bedeu-tende Auslöser für Änderungsprozesse in Unternehmen. Die Entscheidungsfindung im Rahmen des PCN/PTN-Prozesses ist stark vernetzt und die Entscheidungsprozesse lassen sich nur teilweise strukturieren. Die Vernetzung betrifft sowohl technische Randbedin-gungen, z.B. Anforderungen hinsichtlich

elektromagnetischer Verträglichkeit, als auch organisatorischen Beziehungen, z.B. Verwendung der Bauteile in Vorgänger- und Nachfolgerprodukten. Es bestehen auch einige Unsicherheiten, etwa über die Längen der Lagerfähigkeit der Bauteile und der Produkte.

PROZESSORIENTIERTE ENTSCHEIDUNGS-UNTERSTÜTZUNGAm Lehrstuhl für Virtuelle Produktent-wicklung (VPE) wurde ein Konzept zur Unterstützung von Entscheidungen in der Produktentwicklung entwickelt, welches die bisher in der Produktentwicklung mögliche Prozessunterstützung um die Unterstützung von Entscheidungspro-zessen erweitert. Es ermöglicht prozess-orientiertes Wissensmanagement für die Produktentwicklung. Aus den Prozessen der Produktentwicklung heraus können zur Vorbereitung von Entscheidungen auf Basis gespeicherter Referenzmuster Ent-

scheidungsprozesse ausgeführt werden. Die Entscheidungsträ-ger werden dadurch allerdings nicht in ihrer Handlungsfreiheit eingeschränkt und die Ent-scheidungsprozesse sollen nicht standardisiert werden. Vielmehr kann die Entscheidungsunter-sützung im Bedarfsfall gestartet werden. Auch die eigenständige Entscheidungsfindung ohne Systemunterstützung ist jeder-zeit möglich. Durch das Konzept kann ein Management von Ent-scheidungsprozessen ermögli-cht werden, das sich durch ein hohes Maß an Variabilität und Flexibilität auszeichnet, das weit über die heute verfügbaren Möglichkeiten hinausgeht. Es können Assistenzsysteme für die prozessorientierte Entscheidungs-unterstützung realisiert werden. Die Funktionalitäten ermöglichen die Führung von Entscheidungs-

Erfassung von Entscheidungsprozessen

P d P d kt t i klProzesse der Produktentwicklung?

ERP (Enterprise Ressource Planning)

PLM Backbone (ProductLifecycle Management)

Entscheidungs-prozesse

Referenzmuster für Entscheidungsprozesse

M d lli R ä i

#i-jLifecycle Management)

TDM(Team Data Management)

Autorensysteme

rollenbasierterArbeitsplatz

Modellierung+Repräsentationvon Entscheidungsprozessen

Unterstützung inEntscheidungsprozessen

Bild 1: Lösungskonzept des Lehrstuhls VPE für die prozessorientierte Ent-scheidungsunterstützung im Überblick (Prozessdarstellung: OMEGA Methode nach UNITY AG)

Prozessor ient ierte Entscheidungsunterstützung im ÄnderungswesenUmsetzung eines Konzepts für die prozessorientierte Entscheidungsunterstützung am Beispiel des Prozesses zur

Bearbeitung von Mitteilungen über Bauteilabkündigungen/-änderungen

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Newsletter Ber l iner Kreis | Ausgabe 16 | Juni 2011

aktuellen Kontext vorausgewählt. Im dar-gestellten Beispiel stehen zwei Referenz-muster zur Wahl. Die letztliche Auswahl wird vom Benutzer vorgenommen. Zur Erleichterung der Auswahl werden wei-tere erläuternde Kriterien angegeben, wie die Bewertung des Referenzmusters durch bisherige Anwender. Bei Wahl eines Refe-renzmusters wird vom Assistenzsystem ein entsprechender Workflow zur Führung des Entscheidungsträgers im Entscheidungspro-zess ausgeführt. Der Entscheidungsprozess kann auch während der Laufzeit jederzeit angepasst werden.

NUTZEN UND AUSBLICKDurch die Validierung des am Lehrstuhl VPE entwickelten Konzepts zur prozess-orientierten Entscheidungsunterstützung wurde dessen technische Machbarkeit bestätigt. Die Realisierung einer Entschei-dungsprozessunterstützung gemäß dem vorgeschlagenen Konzept bringt einige Vorteile. So können Entscheidungsträger in den Entscheidungsprozessen unter-stützt werden und ihr erforderlicher Auf-wand für die Informationssuche kann erheblich verringert werden. Entschei-dungsprozesse können abgesichert, beschleunigt und gemeinsam mit der Ent-scheidungsbasis transparent gespeichert und wiederverwendet werden. Auf Basis des Konzepts für die prozessorien-tierte Entscheidungsunterstützung werden am Lehrstuhl VPE weitere Forschungs-aktivitäten durchgeführt. Gegenstand ist u.a. die integrierte Visualisierung von ent-scheidungsrelevanten Informationen und Entscheidungsprozessen und die Berück-sichtigung von weiteren Abhängigkeiten zwischen verschiedenen Entscheidungspro-zessen. Bei Hella dient das umgesetzte, auf den PCN/PTN-Prozess angepasste Konzept für die Entscheidungsprozessunterstützung als Erweiterungsoption für die Weiterentwick-lung des Hella PLM.

Prof. Dr.-Ing. Martin EignerDipl.-Wirt.-Ing. Martin LanglotzDipl.-Inf. Fabrice Mogo NemLehrstuhl für Virtuelle ProduktentwicklungTU Kaiserslautern

Dr.-Ing. Emanuel SlabyHella KGaA Hueck & Co.

PDM-System Aras Inno-vator.Das prototypische Assistenzsystem dient der Unterstützung von Entscheidungen im PCN/PTN-Prozess. Umgesetzt wurde ein Szenario für die Ent-scheidungssituation zur „produktspezifischen Lösungsdef in it ion“. Dabei hat der für ein Produkt verantwort-liche Produktmanager bei Betroffenheit von einer PCN/PTN zu entscheiden, welche grundsätzliche Hand-lungsalternative bei der weiteren Bearbeitung verfolgt werden soll. In Betracht kommen die Allzeitbevorratung des abgekündigten/geän-derten Bauteils, die Änderung des betrof-

fenen Produkts und ggf. auch der Auslauf des betroffenen Produkts. Grundlegend für diese Entscheidung sind Informationen wie die erwartete, zukünftige Nachfrage nach dem Hella Produkt, die bestehenden Lie-ferverpflichtungen und die Beziehungen zu Vorgänger- und Nachfolgerprodukten. Welche Kriterien allerdings maßgeblich sind, welche Informationen berücksich-tigt werden sollten und welche ent-scheidungsvorbereitenden Aktivitäten durchgeführt werden müssen, hängt stark vom konkret vorliegenden Fall ab. Die Entscheidung über die produktspezi-fische Lösungsdefinition ist entscheidend für den Erfolg des gesamten PCN/PTN-Pro-zesses. Für jedes einzelne von einer PCN/PTN betroffene Produkt muss eine reali-sierbare Lösung gefunden werden und die einzelnen Lösungen müssen aufeinander abgestimmt werden, um eine unter Berück-sichtigung aller vom PCN/PTN betroffenen Produkte optimale Lösung zu erreichen. Bild 2 zeigt einen Auszug der Benutzer-schnittstelle des Prototypen. Dargestellt ist der Dialog, mit dem die für einen vor-liegenden Kontext relevanten Referenzmu-ster für Entscheidungsprozesse präsentiert werden. Diese werden vom Assistenzsy-stem in Abhängigkeit von Parametern zum

trägern im Entscheidungsprozess und die Präsentation von für die Entscheidungsvor-bereitung relevanten Informationen. Durch den Referenzmuster-Ansatz wird das Ler-nen aus Erfahrungen in früheren Entschei-dungsprozessen ermöglicht. Bild 1 zeigt die drei Bereiche des inte-grativen Konzepts. Es beinhaltet jeweils mehrere Teilkonzepte zur Erfassung von Entscheidungsprozessen, zur Vorberei-tung von Entscheidungen und für die Repräsentation von Entscheidungsprozes-sen in Erweiterung der Produkt- und Pro-zessmodelle von heutigen IT-Lösungen für das Product Lifecycle Management (PLM-Lösungen).

ENTSCHEIDUNGSUNTERSTÜTZUNG IM PCN/PTN-PROZESSDas Forschungskonzept wurde in Kooperation mit Hella am Beispiel des PCN/PTN-Prozesses validiert. Dazu wurde ein prototypisches Assistenzsystem für die Entscheidungspro-zessunterstützung mit dem am Lehrstuhl VPE entwickelten Engineering Networks Modeller (ENMo) realisiert. ENMo ist eine Modellierungs- und Ausführungsplattform, in der komplex vernetzte Produktdaten- und Prozessmodelle erzeugt werden können. Als Repository benutzt ENMo das frei verfügbare

Auswahldialog fürReferenzmuster von

Entscheidungsprozessen

ProzessvorschauProzessvorschau

Entscheidungssituation

Bild 2: Benutzerschnittstelle für die prozessorientierte Entscheidungs-unterstützung

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Newsletter Ber l iner Kreis | Ausgabe 16 | Juni 2011

Die im Sonderforschungsbereich „Integrale Blechbauweisen höherer

Verzweigungsordnung“ entwickelte Spalt-profiliertechnologie bietet neue Möglich-keiten zur Herstellung innovativer Produkte. Die neuen Massivumformverfahren Spalt-profilieren und Spaltbiegen ermöglichen die Fertigung von neuartigen Kammerpro-filen aus Stahl in integraler Bauweise. Durch den speziellen Umformprozess werden die Eigenschaften des Ausgangsmaterials ver-ändert. Aufgrund dieser speziellen, tech-nologieinduzierten Eigenschaften sind spaltprofilierte Bauteile für den Einsatz als Linearführungen prädestiniert.Der Sonderforschungsbereich wurde im Jahr 2005 von der Deutschen Forschungs-gemeinschaft und der Technischen Univer-sität Darmstadt eingerichtet. In der zweiten Förderungsperiode forschen 10 Professoren und 28 wissenschaftliche Mitarbeiter aus den Fachbereichen Maschinenbau, Mathe-matik, Materialwissenschaften und Bauin-genieurwesen interdisziplinär an Methoden und Verfahren zur Entwicklung, Fertigung und Bewertung innovativer spaltprofilierter Blechbauweisen.

HERSTELLUNG SPALTPROFILIERTER BLECHPROFILEBeim Spaltprofilieren wird ein ebenes Blech mithilfe eines Walzensystems bestehend aus je einer Spaltwalze und zwei Hilfswal-zen zur Fixierung des Blechbandes entlang der Bandkanten aufgespalten. Das Blech-band wird dabei durch die feststehende Profilieranlage bewegt (siehe Bild 1). Durch mehrfaches Wiederholen dieses Prozesses in hintereinander angeordneten Profilier-gerüsten können so an beiden Bandkanten schrittweise zwei Y-förmige Flansche aus-gebildet werden. Das neuartige Spaltbiege-verfahren bietet außerdem die Möglichkeit, Flansche aus der Blechmitte zu erzeugen. Mit Hilfe von nachgelagerten Umformpro-zessen wie Walzprofilieren, spanender Bear-beitung und Laserschweißen lassen sich aus den spaltprofilierten Halbzeugen Mehrkam-merprofile integral fertigen. Die Kammern

können für unterschiedliche Funktionen wie bspw. zum Leiten von Fluiden oder Druck-luft, zur Aufnahme von Kabeln etc. genutzt werden. Großes Potenzial hinsichtlich Anwendungen von spaltprofilierten Profi-len bietet deren durch die Verzweigungen bedingte, hohe Steifigkeit bei gleichzeitig geringem Gewicht.

SpaltflanschHilfswalzen

Spaltwalze

Blechband

Bild 1: Spaltprofilieren

Desweiteren weisen spaltprofilierte Bau-teile spezielle Oberflächen-, Gefüge- und Versagenscharakteristiken auf. Im Umfor-mprozess erhöht sich die Härte des Materi-als im Bereich des Spaltgrunds. Messreihen zeigen, dass sich die Härte im Spaltgrund im Vergleich zum Ausgangsmaterial etwa verdoppelt. An der Flanschoberfläche und im Spaltgrund findet durch den Massivum-formprozess eine Gefügeumwandlung statt. Das sich dabei ausbildende ultrafeinkörnige Gefüge (Ultra Fine Grained Microstructure) führt zu den beschriebenen Festigkeiten und Härten. In Verbindung mit der erhöh-ten lokalen Beanspruchbarkeit und gerin-gen Rauigkeiten der Oberflächen eignen sich diese besonders zur Nutzung als Wälz-kontaktflächen in Linearführungen.

LINEARFÜHRUNGEN AUS SPALTPROFILIER-TEN BLECHPROFILENDie auf Basis der Spaltprofiliertechnologie zu entwickelnden Linearführungen verfü-gen nicht nur über die zuvor beschriebenen technologisch induzierten Vorteile der Lauf-flächen. Durch die kontinuierliche Fertigung bieten sie vor allem Kostensenkungspoten-tiale im Vergleich zu herkömmlichen Pro-filschienenführungen. In Verbindung mit den beschriebenen kontinuierlichen Fer-

tigungsprozessen ergeben sich zusätzlich große Formgebungsmöglichkeiten. Die verzweigten Blechprofile in Form von Hohl-kammerprofilen eröffnen außerdem neue Möglichkeiten zur Integration zusätzlicher Funktionen. Dabei reicht der Integrations-gedanke von einfachen Funktionen wie einer Kabelführung bis hin zu komplexen Funktionen wie bspw. einem integrierten Lastausgleich. Der dadurch entstehende funktionale Mehrwert ermöglicht den viel-fältigen Einsatz von spaltprofilierten Linear-führungen.Bei Anwendungen, bei denen Linearfüh-rungen zum Einsatz kommen, sind teilweise Positionieraufgaben zu lösen, die bei her-kömmlichen Lösungen unter Umständen eine aufwendige Aktorik erfordern. Darü-ber hinaus ist bei bewegten Systemen ein Notstopp bzw. Nothalt erforderlich. Daher wurde eine Linearführung entwi-ckelt, bei der eine Klemmfunktion in die spaltprofilierte Führungsschiene integriert ist. Dadurch können unterschiedliche Auf-gaben, wie Nothalt, Positionieren und Verzögern der Schlittenbewegung reali-siert werden. Zur Umsetzung der Funktion wurde eine Lösung gewählt, bei der zwei gegenüberliegende Kammern mit pneuma-tischem Druck beaufschlagt werden. Durch den Innendruck blähen sich die Kammern auf. Aufgrund der Kammergeometrie und der gewählten Anordnung (siehe Bild  2) kommt es zu Reibung zwischen den Kam-merwänden und einem am Schlitten befe-stigten Schwert. Die dadurch entstehende Verzögerungs- bzw. Klemmkraft wird gezielt genutzt, um den Schlitten zu verzö-gern bzw. ihn zu positionieren.

OPTIMIERUNG DER FÜHRUNGSSCHIENEN-GEOMETRIEUm im Sonderforschungsbereich entwi-ckelte Methoden zur mathematischen Opti-mierung der Führungsschienengeometrie nutzen zu können, wurde ein physikalisches Ersatzmodell entwickelt, das das Aufbläh-verhalten der Kammern und die Erzeugung der Verzögerungs- bzw. Klemmkräfte abbil-

Entwicklung innovat iver L inearführungen aus spaltprof i l ierten Blechprof i lenVon der neuen Fertigungstechnologie zu innovativen Linearführungen mit funktionalem Mehrwert

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Am 28.3.2011 fand zum vierten Mal die Verleihung des Wolfgang Beitz-Preis

durch die Wissenschaftliche Gesellschaft für Maschinenelemente, Konstruktionstechnik und Produktentwicklung e.V. (wgmk) und den Berliner Kreis – Wissenschaftliches Forum für Produktentwicklung e.V. statt. Organisiert und durchgeführt wurde die Veranstaltung vom Fachgebiet Methoden der Produktentwicklung und Mechatronik (MPM) der TU Berlin in Kooperation mit

dem Präsidialamt der TU Berlin. Die Verleihung geschieht im Andenken und im Sinne des 1998 verstorbenen Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E. h. Wolfgang Beitz, der auf der Basis einer interdisziplinären Zusammen-arbeit zwischen Hochschule und Industrie bahnbrechende Arbeiten in der metho-dischen Produktentwicklung geleistet hat. Die von ihm erbrachten wissenschaftlichen Leistungen und seine Aktivitäten stellen Grundlagen der fachlichen Zusammenarbeit

in den wissenschaftlichen Vereinigungen wgmk und Berliner Kreis dar. Seine Arbeiten beeinflussen noch heute maßgeblich sowohl die akademische Fachwelt als auch die praktische Tätigkeit von Entwicklern und Konstrukteuren. Seine Beiträge zur Pro-duktentwicklung sind u.a. durch die Gestal-tung zahlreicher VDI-Richtlinien, durch seine jahrzehntelange Funktion als Heraus-geber der Fachzeitschrift KONSTRUKTION und des DUBBEL – Taschenbuch für den

AUSBLICKBei der Entwicklung von Linearführungen werden die Spaltflansche mit ihrer gestei-gerten Härte und guten Verschleißfestigkeit gezielt als Laufflächen eingesetzt. Durch Verwendung der Kammern zur Integra-tion zusätzlicher Funktionen können die Vorteile und Möglichkeiten der eingesetz-ten Fertigungstechnologie genutzt wer-den. Führungssysteme aus spaltprofilierten Blechprofilen können somit gegenüber herkömmlichen Linearführungen einen Mehrwert bieten und verdeutlichen das Potenzial der neuen Fertigungstechnologie. Weitere Forschungen werden sich zukünftig auf die Integration zusätzlicher Funktionen in spaltprofilierte Bauteile konzentrieren. Dabei wird stets ein Vergleich mit herkömmlichen Führungssystemen gezogen werden. Parallel dazu werden auch die Optimierungsansätze und Verfahren erweitert und angepasst, um bspw. Fertigungsrestriktionen der Herstellver-fahren besser abbilden zu können.Die vorgestellten Ergebnisse wurden im Rahmen des von der Deutschen For-schungsgemeinschaft (DFG) geförderten Sonderforschungsbereichs 666 ermittelt. Wir danken der DFG.

Prof. Dr. h.c. Dr.-Ing. Herbert BirkhoferProf. Dr.-Ing. Andrea BohnDipl.-Wirt.-Ing. Nils LommatzschDipl.-Wirt.-Ing. Sebastian GramlichFachgebiet Produktentwicklung und MaschinenelementeTechnische Universität Darmstadt

an das Ergebnis der Optimierung ange-näherte Führungs-schienengeometrie. Sie enthält zusätz-liche Kammern, um Wegmess senso ren zur genauen Positio-nierung des Schlittens in die Schiene zu inte-

grieren. Die Druckkammern besitzen eine Höhe von 50 mm und eine Breite von 10 mm. Bei einem Arbeitsdruck von 5 bar und einem Reibkoeffizienten von μ=0,2 kann so eine Klemm- bzw. Verzögerungskraft von etwa 240 N erzeugt werden, ohne dabei die Streckgrenze des Materials zu überschreiten.

det. Dadurch konnten die Zusammenhänge zwischen der Klemmkraft und den Geome-trie- und Werkstoffeigenschaften, die vom Konstrukteur direkt festlegbar sind (unab-hängige Produkteigenschaften), identifiziert werden. Experimentelle Untersuchungen mit einem speziell konstruierten Prüfstand sowie Finite Elemente Simulati-onen zeigen, dass der Einfluss der im Ersatzmodell getroffenen Ver-einfachungen für den betrachte-ten Druckbereich (0 - 6 bar) relativ gering ist. Die Abweichungen zwi-schen den Berechnungen mit dem Ersatzmodell und den experimen-tell ermittelten Daten betragen weniger als 10%. Die Ergebnisse stellen ebenfalls sicher, dass das Aufblähen dünnwandiger Profile (0,3 - 0,7 mm Wandstärke) im Bereich der elastischen Verfor-mung liegt.Die Geometrie der Führungs-schiene wurde hinsichtlich ihrer Verformung bei gegebenen Last-fällen optimiert. Bild 3 zeigt eine

Teil des Schlittens

Teil der Schiene

Schwert

Bild 2: Klemmkrafterzeugung durch druckbeaufschlagte Kammern

Bild 3: Geometrie der Führungsschiene

Druckkammern

Dr.-Ing. Jochen Oerding und Dr.- Ing. Carsten Stechert werden mit dem Wolfgang Beitz-Preis 2011 ausgezeichnet

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Maschinenbau - allen Produktentwicklern bekannt. Professor Wolfgang Beitz lehrte von 1969 bis zu seinem Tode 1998 an der Technischen Universität Berlin am Fach-gebiet Konstruktionstechnik, im Bereich Maschinenbau. Neben über 180 Veröffent-lichungen in technisch-wissenschaftlichen Fachzeitschriften schrieb er zusammen mit Prof. Dr. h. c. mult. Dr.-Ing. E. h. Dr.-Ing. Gerhard Pahl „Konstruktionslehre. Metho-den und Anwendung“ und war Erstheraus-geber des DUBBEL, beides Standardwerke für den Maschinenbau.Der Beitz-Preis wurde 2003 erstmalig an Dr.-Ing. Stefan Lux aus Braunschweig ver-liehen für seine Dissertation „Entwicklung rechnerunterstützter Angebotssysteme mit generischen Methoden“. Im Jahr 2005 ging der Preis an Dr.-Ing. Dieter Emmrich aus Karlsruhe für seine Arbeit mit dem Thema „Entwicklung einer FEM-basierten Methode zur Gestaltung von Sicken für biegebean-spruchte Leitstützstrukturen im Konstrukti-onsprozess“ und an Dr.-Ing. Bernd Bender

von der TU Berlin. Dr. Bender wurde geehrt sowohl für seine Dissertation „Erfolgreiche individuelle Vorgehensstrategien in den frühen Phasen der Produktentwicklung“ als auch für sein Bemühen, die Konstrukti-onsmethodik in der Lehre und in der Praxis bekannt zu machen. 2008 wurden Dr.-Ing. Sven Matthiesen für seine Dissertation „Ein Beitrag zur Basisdefinition des Elementmo-dells „Wirkflächenpaare  & Leitstützstruk-turen“ zum Zusammenhang von Funktion und Gestalt technischer Systeme“ und Dipl.-Ing. Christoph Rambacher für seine Diplomarbeit mit dem Titel „Messtech-nische Erfassung der Bewegungen zwischen den Beschlagteilen einer Luftfeder in sechs Freiheitsgraden“ ausgezeichnet.Auch in diesem Jahr wurden im Rahmen der Preisverleihung zwei interessante Fachvorträge gehalten. Prof. Dr. h. c. mult. Dr.-Ing. E. h. Dr.-Ing. Gerhard Pahl, em. o. Professor an der TU Darmstadt, referierte als enger Freund und langjähriger Kollege über sein Zusammenwirken mit Wolfgang

Beitz. Dr.-Ing. Gritt Ahrens präsentierte als frühere Schülerin von Prof. Beitz ein Beispiel der praktischen Anwendung der Entwicklungsmethodik nach Pahl und Beitz aus ihrem Tätigkeitsfeld bei der Daimler AG. Nach der feierlichen Laudatio überreichte Prof. Dr.-Ing. Michael Abramovici von der Ruhr-Universität Bochum als Vorsitzender des Berliner Kreises die diesjährigen Preise an Dr.-Ing. Jochen Oerding und Dr.-Ing. Carsten Stechert. Darüber hinaus erhielten beide Preisträger einen von der Springer-Verlag GmbH angefertigten Sonderdruck des DUBBEL mit persönlicher Widmung.Dr. Oerding wurde ausgezeichnet für seine Untersuchungen zur Modellierung und Strukturierung von Zielsystemen der Pro-duktentstehung. Seine wissenschaftliche Arbeit orientiert sich an den Grundlagen der Systemtechnik und integriert moderne konstruktionsmethodische Ansätze zu einer ganzheitlichen und transparenten Beschrei-bung, Verknüpfung und Erweiterung von Zielen für die Prozessmodellierung tech-nischer Systeme. Dr. Oerding hat an der Universität Karlsruhe (TH) am Institut für Produktentwicklung bei Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. Albert Albers promoviert. Derzeit ist er bei der ANDREAS STIHL AG & Co KG, Waiblingen, in leitender Position tätig.Dr. Stechert wurde ausgezeichnet für seine Arbeiten zum Thema Modellierung von komplexen Anforderungen für die zeitgemäße Produktentwicklung. Hierbei stellt sich die Modellierung den modernen Herausforderungen der Produktentwick-lung und ermöglicht einen ganzheitlichen Ansatz. Dr. Stechert hat an der Tech-nischen Universität Braunschweig am Institut für Konstruktionstechnik bei Prof. Dr.-Ing. Hans-Joachim Franke promoviert. Derzeit ist er als Akademischer Rat und Abteilungsleiter für Konstruktionsmethodik am gleichen Institut bei Prof. Dr.-Ing. Tho-mas Vietor beschäftigt.Eine besondere Ehre sowohl für die Preis-träger als auch für die circa einhundert weiteren Teilnehmer der feierlichen Ver-anstaltung war die Anwesenheit von Frau Beitz.

Prof. Dr.-Ing. Dietmar GöhlichDipl.-Ing. Sebastian AdolphyFachgebiet Methoden der Produktentwick-lung und MechatronikTechnische Universität Berlin

Die beiden Vorsitzenden Prof. Abramovici und Prof. Albers mit den Preisträgern Dr. Oer-ding und Dr. Stechert (v. links n. rechts)

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ment Consulting mit IT-Kompetenz verbin-den, sind sie besonders umsetzungsstark. Wir lassen uns am Erfolg unserer Arbeit messen. Erfolg heißt für uns: eine nach-haltige Steigerung des Unternehmens-werts unserer Klienten. Wir nennen das „wertorientierte Beratung“. Capital und WirtschaftsWoche zählen J&M aktuell zu den „Hidden Champions“ sowie „Best of Consulting“. Ende 2010 beschäftigt J&M bereits 250 Mitarbeiter.

Prof. Dr. Dr.-Ing. Dr. h.c. Jivka OvtcharovaDipl. Wirt.-Ing. Alexander Burgercand. Wirt.-Ing. Michael BrennerInstitut für Informationsmanagement im Ingenieurwesen (IMI)Karlsruher Institut für Technologie (KIT)

Dr. Nikolas BeutinPartnerJ&M Management Consulting AG

ren, auf deren Basis in der Folge ein ganzheitliches Reifegradmodell zur Unter-stützung des Wandels zum hybriden Lösungsanbie-ter entwickelt wird. Die Marktstudie fokussiert in Deutschland ansässige Unternehmen des pro-duzierenden Gewerbes jedweder Größe und wird bis Ende Mai abgeschlos-sen sein. Die Ergebnisse bilden die Grundlage für die darauf folgende Erstel-lung des Reifegradmodells. Eine Unterteilung in die drei Dimensionen Strate-gie, operatives Geschäft und Markt erlaubt eine ganzheitliche Betrachtung des Transformationsprozesses. Innerhalb der Strategiedimension werden Aspekte zur strategischen Entwicklung des Unter-nehmens sowie zur Steuerung der Orga-nisation (Governance) fokussiert. Eine Konkretisierung der Fragestellungen erfolgt auf operativer Ebene, welche tatsächliche Unternehmensprozesse sowie die werk-zeugtechnische Unterstützung durch IT-Systeme adressiert. Da der Wandel zum Lösungsanbieter auch mit der Notwendig-keit einer größeren Kundennähe einher-geht, beschäftigt sich die Marktdimension näher mit der Entwicklung des Marktes sowie dem Einbeziehen des Kunden.Eine Teilnahme an der Marktstudie ist bis Ende Mai online unter der Adresse www.industrysurvey2011.de möglich. Interessierte Leser sind herzlich eingeladen, an der Studie teilzunehmen. Die Ergebnisse der Studie werden voraussichtlich Mitte des Jahres 2011 veröffentlicht. Über J&M Management Consulting: J&M Management Consulting AG optimiert die gesamte Wertschöpfungskette von Unter-nehmen und macht sie so zu Value Chain Champions. Indem unsere Berater Manage-

Der Bedarf an individuellen Komplett-lösungen im Vergleich zu standardi-

sierten Sach- oder Dienstleistungen gewinnt durch die vermehrte Nachfrage sowohl von Konsumenten als auch von Industrieunter-nehmen zunehmend an Bedeutung. Deut-sche Unternehmen mit einer traditionell ausgeprägten Kernkompetenz im Produkt-bereich erweitern ihr Portfolio daher gezielt um Dienstleistungen. Ziel dieses Schrittes ist der Aufbau von Differenzierungspotentialen im Vergleich zum Wettbewerb, sowie die Steigerung der operativen Gewinnmarge. Durch die Integration von Produkten und Dienstleistungen innerhalb eines hybriden Lösungsportfolios und die individualisierte Ausrichtung auf den Kunden ergibt sich im Selbstverständnis des Unternehmens ein schrittweiser Übergang vom reinen Pro-duktanbieter hin zum hybriden Lösungsan-bieter. Mit diesem Übergang geht jedoch auch eine Anpassung des Unternehmens einher, die systematisch zu planen und einer dauerhaften Fortschrittskontrolle zu unter-ziehen ist. Geeignete Instrumente hierfür stellen Reifegradmodelle dar, deren Nutzen darin besteht, in strukturierter Weise die Ist-Situation einer Organisation zu bestimmen und darauf aufbauend Handlungsalter-nativen abzuleiten. Reifegradmodelle, die den Wandel zum hybriden Lösungsan-bieter thematisieren, wurden in den letzten Jahren bereits entwickelt und bieten einen ersten guten Einblick in die Thematik. Diese Ansätze fokussieren jedoch Teilaspekte des Transformationsprozesses, ohne ihn in seiner Gänze zu betrachten. Darüber hinaus werden verwendete Erhebungs- und Analy-semethoden zur Aufnahme der Ist-Situation und zur Ableitung von Handlungsalterna-tiven nur unzureichend behandelt. Gerade diese werden für die praktische Anwendung in Industriebetrieben jedoch benötigt.Das Institut für Informationsmanagement im Ingenieurwesen (IMI) sowie die Unter-nehmensberatung J&M Management Con-sulting haben sich daher gemeinsam das Ziel gesetzt, eine Marktstudie durchzufüh-

Marktstudie und Reifegradmodel l für den Wandel zum LösungsanbieterEine Marktstudie legt die Grundlage für ein Reifegradmodell, um praxisnahe Handlungsoptionen für den Wan-

del zum Lösungsanbieter aufzuzeigen

GovernanceManagement

Strategie

S tK d

Markt OperativSystemeKunde

ProzesseMarkt ProzesseMarkt

Ausrichtung der Marktstudie

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Veranstal tungskalender

• 24. und 25. November 2011Symposium für Vorausschau und TechnologieplanungBerlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin

• 2. bis 5. Oktober 2011CARV – Changeable, Agile, Reconfigu-rable and Virtual Production 2011Montreal, Kanadahttp://www.carv-production.com

• 11. und 12.Oktober 2011DfX-Symposium 2011 Tutzing bei Münchenhttp://www.dfx-symposium.de

• 23. und 24. November 2011Stuttgarter Symposium für Produktent-wicklung 2011Fraunhofer Institutszentrum IZS und Liederhalle Stuttgarthttp://www.iao.fraunhofer.de/

Mitglieder:

Prof. Dr.-Ing. M. Abramovici (Ruhr-Universität Bochum); Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. A. Albers (Karlsruher Institut für Technologie); Prof. Dr.-Ing. R. Anderl (TU Darmstadt); Prof. Dr.-Ing. H. Binz (Universität Stuttgart); Prof. Dr. h.c. Dr.-Ing. H. Birkhofer (TU Darmstadt); Prof. Dr.-Ing. L. Blessing (Université du Luxembourg); Prof. Dr.-Ing. M. Eigner (TU Kaiserslautern); Prof. Dr. sc. techn. P. Ermanni (ETH Zürich); Prof. Dr.-Ing. J. Gausemeier (Universität Paderborn); Prof. Dr.-Ing. Detlef Gerhard (TU Wien); Prof. Dr.-Ing. K.-H. Grote (Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg); Prof. Dr.-Ing. B. R. Höhn (TU München); Prof. Dr.-Ing. D. Krause (TU Hamburg-Harburg); Prof. Dr.-Ing. U. Lindemann (TU München); Prof. Dr.-Ing. F. Mantwill (Helmut-Schmidt-Universität); Prof. Dr. Dr.-Ing. J. Ovtcharova (Universität Karlsruhe); Prof. Dr.-Ing. G. Reinhart (TU München); Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing E.h. D. Spath (Universität Stuttgart); Prof. Dr.-Ing. Rainer Stark (TU Berlin); Prof. Dr.-Ing. habil. R. Stelzer (TU Dres-den); Prof. Dr.-Ing. S. Vajna (Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg); Prof. Dr.-Ing. J. Wallaschek (Leibniz Universität Hannover); Prof. Dr.-Ing. C. Weber (TU Ilmenau); Prof. Dr.-Ing. Detmar Zimmer (Universität Paderborn

Mitglieder im Ruhestand:

Prof. em. Dr. rer. nat. C. Werner Dankwort; Prof. em. Dr.-Ing. K. Ehrlenspiel (TU München); Prof. em. Dr.-Ing. D. G. Feldmann (TU Hamburg-Harburg); Prof. em. Dr.-Ing. E. h. Dr.-Ing. M. Flemming; Prof. Dr.-Ing. H.-J. Franke (TU Braunschweig); Prof. em. Dr.-Ing. habil. J. Klose; Prof. Dr.-Ing. F.-L. Krause (TU Berlin) ; Prof. Dr.-Ing. H. Meerkamm (Universität Erlangen-Nürnberg); Prof. Dr.-Ing. H. Mertens a.d. (TU Berlin); Prof. em. Dr.-Ing. h.c. mult. Dr.-Ing. E.h. mult. G. Spur (TU Berlin)

Stand: 15. November 2010 Redaktion: [email protected]: www.berlinerkreis.de Redaktionsleitung: Dipl.-Wirt.-Ing. Christoph PeitzAuflage: 2.400 Exemplare Tel.: +49 (0) 5251/60 62 36ISSN 1613-5504 Satz: Kristin Bardehle

Industriekreis:

K. Bengel (Cenit AG); Dr. E. Bentz (U.I.Lapp GmbH); Dr.-Ing. T. Bertolini (Dr. Fritz Faulhaber GmbH & Co. KG Antriebssysteme); Dr. Hugo Blaum (GEA Air Treatment Division, LuK Industriebeteiligungen GmbH); Dipl.-Ing. E. Deegener (Keiper GmbH & Co.); Dr. G. Ebner (Capgemini Consulting, Central Europe); G. Engel (Hofmann & Engel Produktentwicklungs GmbH), Dr.-Ing. G. Fricke (Truma Gerä-tetechnik GmbH & Co. KG); Prof. Dr. rer. pol. H. Geschka (Geschka & Partner Unternehmensbera-tung); Dr.-Ing. W. Gründer (Tedata Gesellschaft für technische Informationssysteme); Dr. P. Gutzmer (SCHAEFFLER KG); Dr.-Ing. G. Hähn (Wirtgen GmbH); Prof. Dr.-Ing D.-H. Hellmann (KSB AG); Dr. D. Kähny (LS Telcom AG); Dr.-Ing. B. Kandziora (STIHL AG); Prof. Dr.-Ing. A. Katzenbach (Daimler AG); Dipl.-Ing. T. Keidel (Carl Mahr Holding GmbH); Dipl.-Ing. F. Kilian (TRUMPF Werkzeugmaschinen GmbH & Co. KG); Prof. Dr. rer. nat. J. Kluge (Franz Haniel & Cie. GmbH); R. Lamberti (Daimler AG); Dr.-Ing. Georg Mecke (Airbus Operations GmbH); Prof. Dr.-Ing. Dr. h. c. mult. Dr.-Ing. E. h. mult. J. Milberg (BMW AG); Dr.-Ing. S. Möhringer (Simon Möhringer Anlagenbau GmbH); Dr. H. Nasko (Heinz Nixdorf Stiftung); R. Olosu (Novero GmbH); Dr.-Ing. L. Ophey (Inno Tech GmbH); Dr. B. Pätzold (ProSTEP AG); Dipl.-Ing. Stephan Plenz (Heidelberger Druckmaschinen AG); Dr.-Ing. P. Post (Festo AG & Co. KG); Dipl.-Ing. H. Rauen (VDMA); Dr.-Ing. W. Reik (LuK GmbH & Co. OHG); Dr. J. Ruhwedel (ISD Software und Systeme GmbH); Prof. Dr.-Ing. S. Russwurm (Siemens AG); Dr. E. Sailer (Miele & Cie. KG); M. Sauter (Parametric Technology GmbH); K. Schäfer (IBM Deutschland GmbH); J. Schiebel (Dassault Systemes Deutschland AG); Dr. J. Schneider (ABB AG); Dr.-Ing. W. Schreiber (Volkswagen Nutzfahrzeuge); Dr.-Ing. P. Schwibinger (Carcoustics International GmbH); Dr.-Ing. H.-P. Sollinger (Voith AG); Dr.- Ing. M. Stark (Freudenberg GmbH & Co. KG); Dr. J. Starke (RITZ Pumpenfabrik GmbH & Co. KG); Dr. T. Sünner (Adam Opel GmbH); Dr.-Ing. F. Thielemann (UNITY AG); Dr. E. Veit (Festo AG & Co. KG); Dr. H.-J. Wessel (Krause-Biagosch GmbH); Dr. D. Wirths (Hettich Holding GmbH & Co. oHG); Dr. M. Wittenstein (WITTENSTEIN AG); Prof. Dr.-Ing. K. Wucherer (IEC Central Office); Prof. Dr.-Ing. C.-D. Wuppermann (cdwuppermann innovation & strategy CDWIS)

Veransta l tungskalender

• 12. bis 16. September 201156th International Scientific Collo-quium mit dem Workshop „Virtual Engineering throughout the Product Lifecycle“Technische Universität Ilmenauhttp://www.iwk.tu-ilmenau.de/

• 15. und 16. September 201113th International Design Structure Matrix ConferenceKyoto, Japanhttp://www.dsm-conference.org

• 20. bis 21. September 2011Product Life live 2011Stuttgarthttp://www.mesago.de/de/PLL

Prof. Dr.-Ing. J. Gausemeier (Geschäftsführer)

Heinz Nixdorf InstitutUniversität Paderborn, Produktentstehung

Fürstenallee 1133102 Paderborn

Tel.: +49 (0) 5251/60 62 67Fax: +49 (0) 5251/60 62 68Email: [email protected]

Vorstand / Anschriften:

Prof. Dr.-Ing. M. Abramovici (Vorsitzender)

Ruhr-Universität BochumLehrstuhl für Maschinenbauinformatik

Universitätsstraße 15044780 Bochum

Tel.: +49 (0) 234/32 27 009Fax: +49 (0) 234/32 14 443Email: [email protected]

Prof. Dr.-Ing. U. Lindemann (stellv. Vorsitzender)

Technische Universität MünchenLehrstuhl für Produktentwicklung

Boltzmannstr. 1585748 Garching

Tel.: +49 (0) 89/28 91 51 51Fax: +49 (0) 89/28 91 51 44Email: [email protected]