Wittighäuser Hefte 16 - vor 1900

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WITTIGHÄUSER HEFTE 16 vor 1900 Gemälde, Fotografien und Dokumente aus der Gemeinde Wittighausen

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Gemälde, Fotografien und Dokumente aus der Gemeinde Wittighausen vor 1900; Urkunde hinsichtlich erster Erwähnung 1060; Ablass-Urkunde Sigismundkapelle Oberwittighausen 1285; Schatzungsbuch Vilchband 1761; Gemälde von J. Eberhart um 1855; Pläne Schulhaus Unterwittighausen 1876; Militär-Verein Oberwittighausen 1893

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vor 1900 Gemälde, Fotografien und Dokumenteaus der Gemeinde Wittighausen

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1 0 S C H A T Z U N G S B U C H A U S V I L C H B A N D 1 7 6 1

1 2 K A U F V E R T R A G A U S O B E R W I T T I G H A U S E N 1 7 8 8

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1 8 M A R T I N M I C H E L U N D D E R F Ü R S T 1 8 2 1

2 0 O R T S A N S I C H T E N D E S M A L E R S J . E B E R H A R T 1 8 5 5

2 4 P O R T R Ä T S D E S M A L E R S J . E B E R H A R T 1 8 5 6

2 6 N E U B A U S C H U L H A U S U N T E R W I T T I G H A U S E N 1 8 7 6

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3 0 Impressum / Unterstützung

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U R K U N D E A U S D E M J A H R 1 0 6 0

E R S T E E R W Ä H N U N G W I T T I G H A U S E N S

4 Kilian in Würzburg den Wildbann im nachfol-gend beschriebenen Wald als Eigentum gegeben und überlassen haben. Der Wald erstreckt sich innerhalb folgender Grenzen: von der Mündung der Wern in den Main, die Wern aufwärts bis Zeuzleben, von dort den Steinbach aufwärts bis Waigolshausen, von dort in direkter Linie über den Roten Berg [nordöstlich Theilheim] in Hirschfeld an den Main, dann den Main abwärts bis Hei-dingsfeld bei Würzburg – dabei ausgenommen, was zu Kissingen gehört –, von Heidingsfeld überdas diesem Dorf benachbarte Bächlein aufwärts bis Reichenberg, von dort nach Rockenstat[Wüstung am Hohe Bögen], von dort wiederum auf direktem Weg nach Kleinrinderfeld bis zudem dort vorbeifließenden [Moos-]Bach, diesen abwärts bis Wittighausen, in den Grünbach,diesen abwärts bis zum Tauberfluss, von dort bis zum Main, den Main aber aufwärts bis Heidings-feld. Dabei stimmten Erzbischof Siegfried von Mainz [reg. 1060-1084], Abt Witrad von Fulda [Widrad von Eppstein, amt. 1060-1075] und alle anderen, die in den beschriebenen Grenzen irgend-welchen Besitz haben, zu. Selbstverständlich geschieht die Belehnung aus dem Grund, dass der vorerwähnte Bischof und seine Nachfolger den Wildbann dieses Walds rechtmäßig und bevoll-mächtigt besitzen und ihn zu ihrem Nutzen und wie es ihnen gefallen werde behandeln, doch kein Stück in den vorbeschriebenen Grenzen verkaufenoder das Recht des Verkaufs ausüben. Damit dieses unser königliches Vermächtnis stabil und ungestört bis in Ewigkeit andauern möge, haben wir befohlen, diese Akte zu verfassen, sie mit ei-genhändiger Unterschrift bekräftigt, wie unten zu sehen ist, und mit dem Aufdruck unseres Siegels gekennzeichnet.

Am 22. Juni 1060 stellte der Salier-König Heinrich IV. (Regierungszeit von 1056 bis 1105) in Corvey an der Weser eine Urkunde aus, in der er Bischof Adalbero von Würzburg (Graf von Lambach, Regierungszeit von 1045 bis 1085) den Wildbann in einem großen Ge-biet um die Stadt abtrat. Dabei fällt auf, dass sich die Grenzziehung an Flüssen und Bächen als natürlichen Geländemerkmalen orientierte.

Die Übersetzung beschreibt den Grenzverlauf, beginnend im Norden und dann im Uhrzeigersinn um Würzburg herum:

Im Namen der heiligen und ungeteilten Dreifaltig-keit. Heinrich, von göttlicher Gnade König.Allen Christus und uns in Zukunft und Gegenwart Getreuen machen wir bekannt, dass wir infolge Einsatz und Bitte unserer heiß geliebten Mutter, der erhabenen Kaiserin Agnes, und wegen des untertänigen Diensteifers von Bischof Adalbero von Würzburg dem Altar des heiligen Märtyrers

Gemünden

Karlstadt

WÜRZBURG

Marktheidenfeld

Ochsenfurt

Dettelbach

Lauda

Tauberbischofsheim

Wertheim

ArnsteinLohr Werneck

Klein-rinderfeld

Wittighausen

Heidingsfeld

WaigolshausenTheilheim

Zeuzleben

B A Y E R N

B A D E N -W Ü R T T E M B E R G

MAIN

MAIN

MAIN

TAUBER

WERN WERN

MOOSBACH

WITTIGBACH

GRÜNBACH

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gebeichtet haben - und mit frommem Sinn zu dieser Kirche kommen, an den unten aufgeführ-ten Tagen, nämlich:Während der Oktaven des Weihnachsfestes, des Festes der Auferstehung des Herrn, des Pfingst-festes, am Fest des heiligsten Erzengels Michael, des hl. Johannes des Täufers und des hl. Johannes des Evangelisten, an den Festen der einzelnen Apostel, am Jahrestag der Kirchweihe und an den Festen der Kirchenpatrone, der hll. Bischöfe Martin und Nikolaus, an den Festen der hl. Maria Magdalena und der hl. Jungfrau Katharina;- oder denen, die dieser Kirche hilfreich die Hand bieten und nach ihren Möglichkeiten der obigen Kirche Schenkungen übertragen, im Vertrauen auf die Gnade des allmächtigen Gottes und durch die Vollmacht der hll. Apostel Petrus und Paulus jedem Einzelnen eine Qudragene [Nachlaß der gesamten zeitlichen Sündenstrafen von 40 Tagen], sobald die Zustimmung des Ortsbischofs erfolgt ist.Einen zum Zeugnis und zur Bekräftigung dessen haben wir den gegenwärtigen Brief durch das Anhängen unserer Siegel bestätigt.Gegeben im Jahr des Herrn 1285. Im ersten Jahr des Pontifikates des Papstes Honorius IV.

Die fehlende Angabe des Ausstellungsortes ist ungewöhnlich. Das Datum lässt sich aber nach der Wahl des privilegierten Erzbischofs Egidius auf das Jahr 1285 eingrenzen.Die in der Urkunde genannten Bischöfe standen allesamt einer Erzdiözese oder Suffragandiözese (ohne leitende Funktion in einer Kirchenprovinz) in den heutigen Ländern Italien, Kroatien, Spanien, Griechenland, Schweiz und Deutschland vor. Bei der Untersuchung des Dokumentes stellte sich

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Einen besonderen Schatz hinsichtlich unserer Gemeinde stellt sicherlich eine Ablassurkunde bezogen auf die heutige Sigismundkapelle in Oberwittighausen dar.Günther Saltin, lic. theol., ein Bruder des Wit-tighäuser Arztes Dr. Reiner Saltin, hat das Dokument transkripiert. Anschließend werden Argumente für oder wider dessen Echtheit aufgezeigt.

Allen Kindern unserer heiligen Mutter, der Kirche, zu denen dieses Dokument gelangt: Egidius, durch Gottes Gnade [Bischof] von Urbino, Friedrich von Senegallia, Angelus von Molfetta, Bruder Tholo-meus von Sarda, Johannes von Avallanum, Leo von Calamon, Bruder Valdebrunus von Avlona, Bernhard von Vicenza, Roderich von Segovia, Heinrich von Mainz, Berthold von Würzburg. Segen im Herrn!Wenn es auch zutrifft, dass der, dessen Werk es ist, dass ihm von seinen Gläubigen würdig und in löblicher Weise gedient wird, seine Güte denen, die ihm in der rechten Weise dienen, zuwendet in einer Fülle, die die Verdienste der Bittenden weit übersteigt und deren Wünsche in einem größeren Maß einlöst, als es ihrem Verdienst entspräche,so laden wir dennoch, beseelt von dem Wunsch, dem Herrn ein ich wohlgefälliges Volk zu bereiten, die Christgläubigen ein, ihm zu gefallen durch be-sondere Werke, nämlich Nachlass und Vergebung der Sünden, damit sie der göttlichen Gnade noch mehr entsprechen.Demzufolge ist es unser Wunsch, dass die Kirche des hl. Nikolaus in Oberwittighausen, in der Diözese Mainz gelegen, in gebührender Ehrfurcht häufig aufgesucht wird. Wir gewähren allen, die wahrhaft Buße tun und

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8 heraus, dass das Pergament nicht aus der nördlich der Alpen üblichen Kalbshaut besteht, sondern aus italienischer Schafshaut. An der Urkunde sind noch sechs teilweise erheb-lich beschädigte, spitzovale Hängesiegel vorhan-den. Nach den Einstichen auf der Plica (umge-schlagener Rand) waren einstmals elf Siegel (aller privilegierender Bischöfe) angebracht. Auf der Plica sind über den Siegeln noch einzelne Buch-staben erkennbar, beispielsweise Leo oder Urbi.Die Rückseitenvermerke „Bulla indulgentiarum, que Ecclesia sancte Nicolai in Superior Wittig-hausen concessa sunt anno 1285“ und „Pfarrar-chiv Nr. 1“ geben keinen Herkunftshinweis.

Echt oder falsch?

Untersuchungen zur Echtheit der Ablassurkunde wurden nötig, weil sie einige Besonderheiten aufweist, die eine Fälschung nicht ausschließen.

GEGEN die Echtheit spricht das Fehlen des Aus-stellungsortes, was sehr ungewöhnlich ist. Nicht unüblich ist dagegen das Fehlen einer Monats- oder Tagesangabe. Der Verleihungsort lässt sich auch nicht aus den Regesten (quellenkritische Nachweise und inhaltliche Zusammenfassungen bei Urkunden) von Honorius IV. herleiten. Auch ein Anlass, zu dem die angeführten Bischöfe an einem Ort gewesen sein könnten, ist nicht erkennbar.Der Erzbischof von Urbino führt zwar die Reihe der Bischöfe an, wird jedoch nicht als solcher bezeichnet.Die Namen der beiden deutschen Bischöfe, der Erzbischof von Mainz und der Bischof von Würz-

burg, wurden von anderer, zeitgenössischer Hand eingetragen. Zudem ist der Mainzer Erzbischof, wie schon der von Urbino, nicht als solcher auf-geführt. Heinrich müsste eigentlich die Reihe der Bischöfe anführen. Im in der Urkunde genannten Ausstellungsjahr 1285, das mit dem ersten Ponti-fikatsjahr von Papst Honorius IV. übereinstimmt, war er jedoch noch Bischof von Basel.

FÜR die Echtheit spricht, dass Schrift, Inscriptio (Formel im Protokoll eines Urkundenformulars, die den oder die Empfänger benennt) und Arenga (Kontext, der eine mittelalterliche Urkunde einlei-tet) zeitgenössisch sind.Es wird das südlich der Alpen übliche Schafsper-gament verwendet.Alle angeführten Bischöfe lassen sich zu dieser Zeit nachweisen. Die Urkunde ist nach der Wahl von Papst Honorius IV. am 2. April 1285 sowie nach der Wahl von Egidius am 3. Oktober 1285 zu datieren.Beim Eintrag der beiden deutschen Oberhirten am Ende der Bischofsliste handelt es sich offen-sichtlich um einen späteren, jedoch zeitgenössi-schen Einschub von anderer Hand, unter Verwen-dung einer andersfarbigen, schwarzen Tinte.Die Namen der beiden Bischöfe wurden auf einem zum Nachtrag freigelassenen Zwischen-raum, möglicherweise auf einer Rasur, eingefügt, die für eine normale Schreibweise nicht genü-gend Platz bot und deshalb zu radikalen Kürzun-gen zwang. Dieser eingeschobene Nachtrag von anderer Hand kann erst zu der Zeit erfolgt sein, als Heinrich zum Erzbischof von Mainz ernannt oder wenigstens die bevorstehende Ernennung bekannt war, also nicht vor Mai 1286. Platzman-gel dürfte auch die Ursache für das Fehlen des

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9sonst bei Ordensbischöfen üblichen Titels „Frater“ sein.Als Fazit kann man zusammenfassend sagen, dass die Urkunde höchstens verfälscht, aber nicht gefälscht ist!

Die Grenze zwischen Mainz und Würzburg

Die Einfügung der beiden deutschen Bischöfe hängt mit dem Jurisdiktionsrecht des zuständi-gen Diözesanbischofs zusammen, der Ablässen auswärtiger Prälaten zustimmen musste. Häufig ist die Aufnahme des zuständigen Oberhirten in die Reihe der privilegierenden Bischöfe als Aus-druck der formellen Zustimmung allerdings nicht. Mit der Nennung des zuständigen Diözesanbi-schofs und des zuständigen Metropoliten wird der Konsenspflicht in unüblicher Form mehr als Genüge getan.Oberwittighausen lag im unmittelbaren Grenz-bereich zwischen Mainz und Würzburg, so dass die Aufnahme beider Oberhirten zweckmäßig erschien. Die etwas außerhalb der Ortsbebauung liegende Kapelle St. Sigismund lag bis ins 19. Jahrhundert hinein auf Gemarkung der zu Mainz gehörenden Gemeinde Poppenhausen.

Nikolaus und Sigismund

Der Anlass der Urkunde ist nicht mit Sicherheit zu bestimmen, doch wurde offensichtlich zur Einweihung einer dem Heiligen Bischof Nikolaus von Myra (heute Teil der Türkei) geweihten Kirche ein Ablass gewährt. Bei diesem Neu- oder Erwei-terungsbau wurden wohl, wie andernorts auch

belegt, die bisherigen Kirchenpatrone integriert – das heißt, die Heiligen Maria Magdalena und Katharina sowie der Heilige Martin. Sein Patro-zinium deutet auf eine fränkische Gründung des Vorgängerbaues hin. Nikolaus wurde zur Zeit der Urkundenerstellung von den Kreuzfahrern innig verehrt.Während sich das Martins- und Nikolauspatrozi-nium in der Pfarrkirche Poppenhausen erhalten hat, geschah dies bei den weiblichen Kirchenhei-ligen nicht.Möglicherweise lebt die Heilige Katharina in der Heiligen Lioba fort, da beiden Heiligen die glei-chen symbolischen Attribute zugeordnet werden.Der Patrozinienwechsel zum Heiligen Sigismund erfolgte in der Regentschaftszeit von Kaiser Karl IV. (1355 - 1378).

Heute befindet sich die Urkunde im Diözesan-archiv in Freiburg/Breisgau.

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S C H A T Z U N G S B U C H A U S V I L C H B A N D

Schatzungsbücher gehören zu einer archivali-schen Quellengattung, die zur Erforschung der Ortsgeschichte beinahe unverzichtbar ist. Sind in ihnen doch zu einem bestimmten Zeitpunkt alle steuerpflichtigen Einwohner (in der Regel nur die Männer beziehungsweise ihre Witwen) mit ihrem Grundbesitz inner- und außerhalb der Ortslage aufgeführt.

Man kann daraus Rückschlüsse auf die frühere Wohnbebauung einer Gemeinde ziehen, alte, längst vergangene Flurnamen ermitteln, Hinwei-se auf das eine oder andere Gemeindeamt, die im Ort vertretenen Berufszweige, Gewerbe und vieles mehr erhalten. Nicht zuletzt sind die An-gaben auch für Soziologen und Familienforscher interessant, geben sie doch Informationen über Vermögensverhältnisse und damit auch eine hie-rarchische Abstufung innerhalb der Bevölkerung wieder. Hier im Vilchbander Schatzungsbuch wird sogar die Zahl der im Stall stehenden Kühe und Ochsen genannt. Und der Hinweis am Ende des

Schatzungsbuchs auf die Verpfändung eines größeren gemeindeeigenen Ackerfelds und dessen Rückerwerb wirft ein Licht auf die Verwaltung des Gemeindevermögens.Da sich die aufgezeichneten Besitz-

verhältnisse im Laufe der Zeit veränderten, sind neue Besitzer

zunächst nachgetragen worden. Weil das Schatzungsbuch dadurch

aber irgendwann unübersichtlich wurde, hat man in größeren zeitli-

chen Abständen jeweils neue Schat-zungsbücher angelegt – diese „reno-

viert“, das heißt „wieder von neuem“ gemacht.

Der am unteren Rand der Titelseite sicht-bare Stempel stammt übrigens aus dem Jahr

1890, als ein ehrenamtlicher Archivpfleger der Badischen Historischen Kommission die in der Gemeinde verwahrten Archivalien erfasste.

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11VilchbanderAnlag und Schatzungs-Buch

Worinnen alles inner- und außer dem Ohrt Vilchband gelegenes unbeweglich- und schatzbares Vermögen enthaltenSo unter Preißwürdiger Amtirung und mitGnädigen Consenz S[eine]r Hochfreyherr-lichen Excellenz p. Tit[ulus] Herrn Johann Friderich von Zobel dermahligen Herrn Ober-Amtmanns, dann des Hochedel-gestrengen und Hochgelehrten Herrn Joseph Peter Thomanns Hochfürstlichen Wirtzburg[ischen] wohlverordneten Amts-kellers Hochlöb[lichen] Amts Grünsfeld, wie auch mit Verwilligung einer samt[lichen] Gemeind VilchbandIn beyseynDeren wohlersammen und vorgeachtenH[errn] Michel Barthel Schultheisen Martin Zorn und Valtin Schenken des Gerichts und Feldschiedern als hierzu Deputierten

auf der nächsten Seite (nicht abgebildet)

Durch Hier zu Ende unterschriebenen aufs neue beschrieben worden im Jahre nach der Gnaden – und glorreichen Geburt unseres lieben Haylands und Seeligmachers Jesu Christi

1761

Johann Georg MeisterHochfürst[lich] Würzburg[ischer]Verpflichteter Lehenrenovator

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K A U F V E R T R A G A U S O B E R W I T T I G H A U S E N

Dieser privates Recht betreffende Kaufvertragzwischen zwei Parteien aus Oberwittighausen ist eine wahre Rarität – immerhin stammt er aus dem Jahr vor der Französischen Revolution und beschreibt penibel genau das Prozedere der Übergabe, die Lage der Ackerflächen und die bisherige Besitzsituation.

Die Verkäufer hatten die betreffenden Grund-stücke zuvor schon einem Kirchheimer Juden versetzt. Sie waren aber wohl nicht in der Lage, die verpfändeten Grundstücke wieder auszulösen und mussten sie nun endgültig verkaufen. Da es zu dieser Zeit noch keine festen Flurstücks-nummern und keine Gemarkungskarte gab, wurde die Lage der Grundstücke anhand der Nachbar-grundstücke näher beschrieben. Als neutraler Zeuge und beglaubigende Institu-tion fungierte Amtskeller Schmitt, der Chef der Finanzbehörde in Grünsfeld.

Ich Martin Michel, Mitnachbar zu Oberwittighau-sen, und Margaretha, meine eheliche Hausfrau, urkunden und bekennen für uns, unseren Erben und Erbnehmern, dass wir eines aufrechten Kaufs und Verkaufs verkauft haben, auch zu kaufen geben in bester Form, Weis und Gestalt als ein beständig und unwiderruflicher Kauf und Verkauf vermög deren Rechten und Gewohnheiten nach am kräftigsten immer geschehen kann, soll oder mag, dem Bastian Wirsching allda nachstehende 4 Stücklein Ackerfeld benamlichen

1 Stücklein im Büttharder Flur an der Eichen d[orfseits] Bastian Michel f[lurseits] Leonard Conrath mehr1 Stücklein im Flur gegen Holtz am Boppenhäuser Weg d[orfseits] Michel Kinzinger f[lurseits] Bastian Michel sen[ior], dann 1 Stücklein am Mühlweeg, d[orfseits] der Weeg f[lurseits] [Chris]tian Ringeisen und1 Stücklein im Wittighäuser Flur am Langen Lohe d[orfseits] Bastian Fluhry f[lurseits] Martin Kemmer

gefalteter Titel,

Teil von Seite 4:

Kaufbrief über innen benamte

4 Stücklein Ackerfeld, so Martin

Michel zu Oberwittighausen

an Bastian Wirsching allda

verkauft

Kaufsumm 94 [Gulden]

fr[änkisch] bezahlt

baares Geld

oberer Teil der Seite 3:

Idem den 16. Mertz hab ich

Sebastian Wirsing von Jörg

Engerths wittib von Gützingen

40 Gulten so frenisch empfan-

gen und entlent und solches

verzinse ich mit lantleufig Zins

zu verzinen.

Der Ziens ist bezahlt auf d auf

das Jahr 1789

Seite 13

Seite 1 des Vertrags,

der nebenstehend als

Transkription nachzu-

lesen ist

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13von Boppenhausen so zehendfrei, wie sothane 4 Stücklein Acker verrheinet und versteinet mit Recht, Gerechtigkeit Herrschaften und gemeinen Beschwerden und kommt solcher Kauf und Ver-kauf für und um neunzig vier Gulden fränk[isch]er Währung also und dergestalten, dass Käufer die Kaufsumme deren 94 [Gulden] fr[änkisch] dem Schlomm Juden von Kirchheim, als welchem obige Grundstücklein in einer Obligation versetzet sind, binnen 4 Wochen Baar erlegen solle und wolle, immittels aber und bis vorstehende 94 [Gulden] fr[änkisch] Kaufschillingsgelder gänzlich bezahlt seyn werden, obige Gütter dem besagten Juden Schlomm zum Unterpfand und pro Hypotheca verbleiben;

Übrigens Schreib- und Siegel-Gebühr tragen bey-de Theil miteinander, alles getreulichen und ohne gefährdt. Zu wahrer Urkund und besserer Versi-cherung dieses haben Contrahenten geziemend gebetten den Hochedlen und gestrengen Herrn Carl Philipp Schmitt, Hochfürst[lich]en Wirtzbur-gischen Amtskellern zu Grünsfeld, dass derselbe auf gegenwärtigen Kaufbrief das ihm gnädigst anvertraute hohe Herrschaft[liche]

weiter auf Seite 2 (nicht abgebildet)

Amts Insiegel aufdrucken, anbey sich eigenhän-dig unterschreiben wolle, welches solchem nach Ich Amtskeller gethann zu haben bekenne, so geschehen Grünsfeld den 7 ten März 1788P. Schmitt

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G E S C H I C H T L I C H E R H I N T E R G R U N D

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In der geschichtlichen Forschung entspricht die Epoche 19. Jahrhundert nicht den Jahren von 1801 bis 1900. Vielmehr ist es mittler-weile wissenschaftlicher Konsens, von einem „langen 19. Jahrhundert“ zu sprechen.

Üblicherweise lässt man dieses in etwa mit der Französischen Revolution von 1789 beginnen und mit dem Beginn des Ersten Weltkrieges im Jahr 1914 (bzw. mit dem Epochenjahr 1917) enden. Das 19. Jahrhundert in diesem Sinn bildet damit die historische Phase zwischen dem Ende der Frühen Neuzeit auf der einen Seite und dem „kurzen 20. Jahrhundert“ (1914 bis 1989/90) auf der anderen Seite.

Industrialisierung, Kapitalismus ...

Aus verschiedenen Gründen kann das 19. Jahr-hundert den Charakter einer eigenen Epoche beanspruchen. Es war die Zeit, in der sich die Industrialisierung und die kapitalistische Wirt-schaftsweise vor allem in Europa und Nord-amerika durchsetzten. Mit dem Imperialismus erreichte die direkte und indirekte Dominanz Europas in der Welt ihren Höhepunkt. Innerhalb der sich industrialisieren-den Gesellschaften veränderten sich die Lebens-weisen teilweise dramatisch. Der soziale Wandel zerstörte hergebrachte Verhaltens- und Denk-weisen. Die Verkehrsrevolution und die Suche nach Arbeit erhöhten die Mobilität. Die Städte wuchsen nicht nur in quantitativer Hinsicht, sondern mit der Urbanisierung begann sich eine spezifisch neuzeitliche städtische Lebensweise durchzusetzen.

Das lange 19. Jahrhundert war in vieler Hinsicht das Jahrhundert des Bürgertums und der bürger-lichen Gesellschaft. Das Besitz- und Bildungs-bürgertum prägte im Wesentlichen Kunst, Kultur, Geistesgeschichte, aber etwa mit dem Nationalis-mus und dem Liberalismus auch die politische Kultur.

Arbeiterbewegung, Sozialismus ...

Im weiteren Verlauf entwickelte sich auch die Arbeiterbevölkerung zu einer gesellschaftlich prägenden Schicht. Arbeiterbewegung und Sozialismus wurden zu zentralen Begriffen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Dagegen verloren der Adel und die Landbevölkerung ten-denziell an Bedeutung.Gerade in Hinblick auf die dominierenden sozi-alen Gruppen spricht viel dafür, ein langes 19. Jahrhundert von einem kurzen 20. Jahrhundert abzugrenzen. Im Letzteren nahm der gesell-schaftliche Einfluss des Bürgertums als Folge des Ersten Weltkrieges erheblich ab und in der zweiten Hälfte verlor auch die Arbeiterbevölke-rung an Bedeutung.Dominiert wurde das 19. Jahrhundert durch die politische Organisationsform des Nationalstaats. Dieser forderte neue Themen, neue Bildungssys-teme, neue wirtschaftliche Strukturen, eine neue Vorstellung seitens derer, die in ihm lebten: die Bereitschaft, sich als Bürger zu sehen und sich dementsprechend zu organisieren. So unterscheidet sich das 19. Jahrhundert von der absolutistisch-feudalistischen Frühen Neuzeit auf der einen Seite und einem „postnationalen“ späten 20. Jahrhundert auf der anderen Seite.

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15Von Napoleon bis Bismarck

Den wichtigsten organisatorischen Modernisie-rungsschub bringt in Frankreich die Französische Revolution. Mit den Napoleonischen Kriegen sehen sich zwei Jahrzehnte später Europas Nationen gezwungen, adäquate Organisations-strukturen zu entwickeln. Napoleon Bonaparte verbreitet zu Beginn des 19. Jahrhunderts in seinen Eroberungsfeldzügen die Ideen der Französischen Revolution europaweit. Der Code Civil, die bürgerlichen Gesetzesgrundlagen, werden in seinem zeitweiligen Herrschaftsbereich ausgebreitet. Trotz seiner letztlichen Niederlage und dem Versuch der europäischen Fürsten, mit der Politik der Restauration nach dem Wiener Kongress von 1815, die bürgerlichen Fortschritte rückgängig zu machen, bleiben die neuen Ideen von nationaler Einheit und liberaleren Rechten in den Gesellschaften Europas, vor allem unter den intellektuellen Eliten, festgesetzt.

Der deutsche Sprachraum ist zu Beginn des 19. Jahrhunderts politisch zersplittert. Deutsche In-tellektuelle sehen im deutschen Nationalstaat die einzige Option, bürgerliche Freiheiten zu erlangen sowie eine Organisationsstruktur aufzubauen, die sich gegenüber Frankreich und Großbritan-nien verteidigen kann. Der Nationalstaat unter Führung der Gebildeten scheitert 1849. Die wirtschaftliche Entwicklung lässt in den meisten Territorien zu wünschen übrig. Preußen nutzt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die militärische Vormachtstellung, um die politische Vereinigung von oben herab durchzusetzen. Eine eigene Sozialstaatlichkeit wird unter Otto von Bismarck eingeführt.

Vom Großherzoglich Badischen Bezirksamt Gerlachsheim erhielt das

Unterwittighäuser Ortsoberhaupt 1844 als Folge neuer Verwaltungs-

strukturen (u.a. Napoleons Code Civil) die obige Urkunde:

Der seitherige Bürgermeister Max Schmitt von Unterwittighausen

wurde heute, nach vorheriger Belehrung über seine Dienstpflichten,

sowie über die strafrechtlichen Folgen des Handgelübdebruchs,

durch feierliches Handgelübde an Eides Statt für den Dienst als

solcher auf weitere sechs Jahre verpflichtet. Zu seiner Legitimation

erhält derselbe gegenwärtige Urkunde

Gerlachsheim den 1. Oktober 1844

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16 mehr den inneren Gefühls- und unrealistischen Traumwelten zu. Der Symbolismus kann aber auch als Reaktion zum Impressionismus verstanden werden, der den flüchtigen Eindruck einfangen will. Aus letzterem hingegen entwickeln sich gegen Ende des Jahrhunderts der Postimpressionismus und der Pointillismus. Der Stilpluralismus des 19. Jahrhunderts ist bezeichnend.

Die Fotografie – ein neues Medium

Wie kein anderes Medium hat die Fotografie die künstlerische Wahrnehmung beeinflusst und damit grundlegende Veränderungen in der bildenden Kunst bewirkt. So waren die ersten Fotografen oft ausgebildete Maler und die Kom-positionen der frühen Fotografien entsprachen den Regeln für den Aufbau von Gemälden. Von Anfang an wurden Fotografien als Vorlagenstudi-en und Modellersatz für Architekten, Maler, Bild-hauer oder Zeichner zu einem unentbehrlichen Hilfsmittel. Zugleich dienten sie der präzisen Naturbeobachtung und als eine Art Korrektiv der menschlichen Wahrnehmung bei der Wiedergabe von Licht und Perspektive. So war es für viele Künstler eine Selbstverständlichkeit, Fotoarchive anzulegen, die Darstellungen aus sämtlichen Anwendungsbereichen enthielten, um sie für ihre Malerei zu nutzen.Die erste Fotografie wurde 1826 durch Joseph Nicéphore Nièpce im Heliografie-Verfahren an-gefertigt. 1837 benutzte Louis Jacques Mandé Daguerre ein besseres Verfahren, das auf der Entwicklung der Fotos mit Hilfe von Quecksilber-Dämpfen und anschließender Fixierung in einer

Die verschiedenen Wege der Malerei

Für die Kunst des 19. Jahrhunderts ist das Erstar-ken des bürgerlichen Einflusses prägend. Entspre-chend ändern sich auch die Sujets; es werdennicht nur mehr ausschließlich Bilder für den kirchlichen oder weltlichen Auftraggeber pro-duziert, sondern auch Menschen aus dem Volk (siehe Porträts auf den Seiten 24/25) gezeigt.Besonders unter dem Einfluss der Französischen Revolution und den 48er Revolutionen wächst das patriotische Gefühl. Ein weiteres Merkmal ist die Emanzipation der avantgardistischen Künstler von den strengen Normen der Akademien. DieseAbspaltung macht sich bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts bemerkbar, als sich die ersten Gegenbewegungen zur offiziellen Kunst bilden – etwa parallel zum Klassizismus die Romantik.Deren Betonung des Poetischen und eine Vorliebe für die nationale Vergangenheit, sowie die Be-tonung der Farbe für die Maltechnik ist für dieseStrömung charakteristisch. Durch deren Mittel-alterbegeisterung angeregt und durch die voran-schreitende Industrialisierung bestärkt, entwickeltsich im 19. Jahrhundert, vor allem in der Architek-tur, der Historismus.

Die Künstler malen ihre Bilder nicht mehr im Atelier, sondern in der freien Natur. Diese „plein air“ genannte Malerei wurde nicht nur zum wichtigen Wegbereiter des Impressionismus, sondern beeinflusste auch den Realismus, der in Frankreich die körperlich anstrengende Arbeit der unteren Bevölkerungsschicht zeigt und daher oft „sozialkritischer Realismus“ genannt wird. Als Gegenreaktion zu dieser Konzentration auf die äußere Welt wendet sich der Symbolismus viel-

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heißen Kochsalzlösung oder einer normal tempe-rierten Natriumthiosulfatlösung beruhte. Die auf diese Weise hergestellten Bilder, allesamt Unikate auf versilberten Kupferplatten, wurden als Daguerreotypien bezeichnet. Bereits 1835 hatte der Engländer William Fox Talbot das Negativ-Positiv-Verfahren erfunden. Auch heute werden noch manche der historischen Verfahren als Edeldruckverfahren in der Bildenden Kunst und künstlerischen Fotografie verwendet.

Die beiden oben gezeigten Fotografien stammen aus der Zeit um 1900 und zeigen eine typische „Aufbereitung“. Das eigentliche Bild wurde in ein dickes Papp-Passepartout mit dem Namensauf-druck des entsprechenden Fotografen geschoben, so dass dieser prominent zur Geltung kam.Fotografieren war nur ausgebildeten Spezialisten möglich und wurde oftmals als künstlerische Tätigkeit verstanden – entsprechend aufwändig waren manche Inszenierungen.

Porträts des „Bärenwirts“

Markus Reinhard und seiner

Frau aus Unterwittighausen

um 1900

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M A R T I N M I C H E L U N D D E R F Ü R S T

Martin Michel, der Bauer aus Unterwittighau-sen, und Alexander, der Fürst aus Hohenlohe – obwohl sehr unterschiedlich ihrer Herkunft nach, waren beide in den Jahren um 1820 umstrittene Persönlichkeiten, spalteten die öffentliche Meinung und sorgten für Unruhe in Volk, Verwaltung und der Kirche.

Ein kurzer Abriss über Martin Michels Leben ist im Wittighäuser Heft 15 – Autoren mit Verbin-dung zur Gemeinde Wittighausen, im Zusam-menhang mit Johann Sigismund Lahnerbeschrieben.

Nachfolgend geht es um eine Sammlung von 25 Briefen, die Fürst Alexander von Hohenlohe-Waldenburg-Schillingsfürst (1794 - 1848) im Jahr 1821 in Buchform veröffentlichen ließ. Das Werk ist eine Art zusammengefasste Recht-fertigung bezüglich der Ereignisse im Sommer und Herbst des Jahres 1821. Dazu später mehr.

Fürst Alexander verlor früh seinen Vater, wurde von seiner aus Ungarn stammenden Mutter streng katholisch erzogen und für eine klerikale Karriere vorgesehen. Strenge Disziplin war dem jungen Mann nicht

„Briefe aus Würzburg über die

dortigen wichtigen Ereignisse“,

vier Lieferungen aus den

Monaten Juni und Juli 1821

und „Lebensbeschreibung des

Bauersmannes Martin Michel

zu Unterwittighausen im Groß-

herzogtum Baden, welcher ver-

schiedene Krankheiten durch

Gebet heilet“, 1821

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Porträt des „Wunderheilers“

Martin Michel (1759 - 1824)

aus Unterwittighausen eines

unbekannten Künstlers

sehr angenehm und so ist in Aufzeichnungen über ihn davon die Rede, dass er oft nur das Nötigste tat und unterschiedliche Schulen be-suchte. Schließlich schloss er das Priesterseminar in Wien doch erfolgreich ab. Aber nicht der „ordi-näre“ Dienst eines Geistlichen schwebte ihm vor, vielmehr war der Exorzismus das Gebiet seines Interesses.

Durch gute Beziehungen zum bayerischen Kron-prinzen Ludwig wurde er 1817 zum Geistlichen Rat beim Vikariat Bamberg ernannt. Bisher war er nicht durch besonderen Fleiß aufgefallen, aber auch nicht durch eine besondere „Berufung“.Die Begegnung mit Martin Michel im Haus des Pfarrers Georg Bergold in Haßfurt am Main be-eindruckte ihn nachhaltig. Michel heilte ihn dort durch Gebet sofort von einer Heiserkeit, was für den Fürsten zu einem Schlüsselerlebnis wurde. Er entdeckte dadurch seine eigenen entsprechenden „Fähigkeiten“, denen er dann auch konsequent gefolgt ist – es offenbarte ihm eine Art Sen-dungsbewusstsein und machte seine heimliche Veranlagung als religiöser Eiferer deutlich.

Der erste und zweifelsohne bedeutendste Heilungsversuch erfolgte in Würzburg am 20. Juni 1821. Die 17-jährige Prinzessin Mathilde von Schwarzenberg litt seit ihrer Kindheit an chronischer Rückgratverkrümmung. Dieses arme Geschöpf heilten der Fürst und Martin Michel binnen einer Viertelstunde und sorgten so für mächtig Aufsehen. Ein Sturm brach los – ähnlich einem heutigen Popstar drängten Tausende zum Fürsten, der in Würzburg und später in Bamberg auf großen öffentlichen Plätzen Blinde sehend, Taube hörend, Stumme redend machte ...

Das führte zu Spannungen mit der örtlichen Ob-rigkeit und veranlasste Fürst Alexander, nur noch im Kämmerchen und per Brief zu wirken.Im Mai 1822 nahm er Urlaub, um seine Mutter in Wien zu besuchen. Er kehrte nicht mehr nach Franken zurück.

Das auf der gegenüberliegenden Seite erwähnte Buch beinhaltet neben den Briefen über Fürst Alexanders Wirken auch welche von diesem an den Papst (unten rechts: links der Originaltext in Latein und rechts die Übersetzung ins Deutsche) hinsichtlich der „Wunder des Martin Michel“ sowie eine ausführliche Beschreibung dessen Le-bensweges. Ohne dieses Dokument wäre Martin Michel wahrscheinlich in Vergessenheit geraten.

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O R T S A N S I C H T E N D E S M A L E R S J . E B E R H A R T

– in der Beschriftung heißt es „Aufgenommen und gemalt“, was auf

eine Fotografie als Vorlage hindeutet

– zudem gibt es von einigen Orten mehrere ähnliche Versionen des

Motives

Ortsansicht Oberwittighausen (Motivgröße 31 x 20 cm)

– das Bild befindet sich im Besitz von Paul Raps und zeigt einen

Blick auf den Ortskern aus Richtung Gützingen

– im Hintergrund erkennt man die Sigismundkapelle

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Ortsansicht Poppenhausen (Motivgröße 31 x 20 cm)

– das Bild befindet sich im Besitz von Carola Grimm, geborene

Hofmann, und zeigt einen Blick auf den Ortskern von der Straße

nach Unterwittighausen

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O R T S A N S I C H T E N D E S M A L E R S J . E B E R H A R T

Ortsansicht Unterwittighausen (Motivgröße 31 x 20 cm)

– das Bild befindet sich im Besitz der Gemeinde Wittighausen und

zeigt einen Blick auf den Ortskern von der Straße nach Vilchband

– im Hintergrund erkennt man die Sigismundkapelle, umgeben von

Bäumen, sowie etwas rechts davon den Turm der Dorfkirche von

Oberwittighausen

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Ortsansicht Vilchband (Motivgröße 31 x 20 cm)

– das Bild befindet sich seit 2011 im Besitz der Gemeinde Wittig-

hausen und zeigt einen Blick auf den Ortskern von der Straße nach

Bowiesen

– im Hintergrund erkennt man über dem Wittigbachtal hinweg den

Kirchturm von Krensheim

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P O R T R Ä T S D E S M A L E R S J . E B E R H A R T

J. Eberhart, wahrscheinlich

ein „Wandermaler“, hat auch

wohlhabende Dorfbewohner

porträtiert

Ausschnitt eines Gemäldes des

Langenmüllers Johann Michael

Lurz aus Unterwittighausen

(Öl auf Leinwand, 28 x 36 cm)

– auf der Rückseite des Bildes

ist vermerkt:

Großvater des Martin Lurz am

21.8.39 M.L.

von meinem Vater und Mutter

ist kein Bild vorhanden,

bin 77 ½ Jahre alt.

Seite 25

Ausschnitte von zwei Gemälden

des Ehepaares Georg Adam

und Maria Anna Schmitt aus

Oberwittighausen, Vorfahren

auf dem Bauernhof der Familie

Haaf

(Öl auf Leinwand, 28 x 36 cm)

– auf der Rückseite des Bildes

von Maria Anna Schmitt ist

vermerkt:

Maria Anna Schmitt, geborne

Baunach von Helmstadt.

alt 37 Jahr. gemalt 1856.

– auf der Rückseite des Bildes

von Georg Adam Schmitt ist

vermerkt:

Gg. Adam Schmitt

43 3/4 Jahr alt. gemalt 1856.

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N E U B A U S C H U L H A U S U N T E R W I T T I G H A U S E N

Oben der Lageplan mit der zum Schulhaus gehörenden Alten

Scheune an einer Stelle, wo heute die Straße eine großzügige Kurve

beschreibt

– der Pausenhof war noch rechts neben dem Schulhaus vorgesehen,

wurde dann aber nach links verlegt

Links die Titelseite des Kostenvoranschlags

– insgesamt betrugen die veranschlagten Bau-

kosten 30500 Mark, davon entfielen beispiels-

weise auf die Schlosserarbeiten 2157,89 Mark

und auf die Maurerarbeiten 11647,93 Mark

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Oben die handkolorierte Zeichnung der Vorder- oder Schauseite der

Schule

– die Planung und der Bau des Gebäudes oblag E. Ne[c]kermann aus

Tauberbischofsheim

Heute sind das Rathaus der Gemeinde Wittighausen sowie ein

Multifunktionsraum im Gebäude untergebracht

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G E G R Ü N D E T 1 8 9 3

M I L I T Ä R - V E R E I N O B E R W I T T I G H A U S E N

Krieger- oder Militärvereine wurden verein-zelt bereits nach den Koalitionskriegen (1792 bis 1815) gegründet. Seit 1842 bildeten sich besonders in Preußen zahlreiche so genannte Militär-Begräbnisvereine, nachdem König Friedrich Wilhelm IV. ihrer Gründung eine gesetzliche Grundlage gegeben und ihnen besondere Rechte verliehen hatte.

Die Kämpfe des Revolutionsjahres 1848 gaben weiteren Anlass für die Bildung von Kriegerver-einen. Doch nahmen derartige Bestrebungen erst nach den Kriegen von 1864, 1866 und 1870/71 in allen Teilen des Deutschen Reiches einen be-sonderen Aufschwung. Im Frühjahr 1873 bildete sich der Deutsche Kriegerbund, dem 1884 der Reichskriegerverband folgte.

Die Vereine waren ursprünglich aus Gründen derGeselligkeit gegründet worden. Sie waren weitest-gehend neutral und parteipolitisch unabhängig.Regierung und Armee begannen mit der verstärk-ten Organisation der Arbeiterbewegung diese aber zunehmend zur Bekämpfung der Sozialde-mokratie aufzubauen. Streitigkeiten unter den Kriegervereinen führten zu zahlreichen Aufsplitterungen. Anfang des 20. Jahrhunderts wurden sämtliche Mitglieder in dem im September 1900 gegründeten Kyffhäu-serbund der deutschen Landeskriegerverbände zusammengeführt.

Der Militär-Verein Oberwittighausen wurde 1893 gegründet und bisher noch nicht offiziell aufgelöst. Es gibt aber im Jahr 2012 keine aktive Vereinstätigkeit und auch das bescheidene Ver-mögen ist sozialen Zwecken überführt worden.Die Fahne war seit Gründung des Vereins ein wichtiges Symbol und wurde sorgsam gehütet.In der Endphase des Zweiten Weltkrieges brachte der 1972 verstorbene Franz Schmitt die Fahne an einen sicheren Ort, um sie vor amerikanischen „Souvenirjägern“ zu retten und dem Verein zu erhalten. In den 1980er Jahren erfolgte durch einen Fachbetrieb aus Würzburg eine umfassende Restaurierung, was auch ausdrückliches Ziel der Männer war, die am 21. März 1965 auf Anregungdes damaligen Bürgermeisters Felix Mark den Verein wiedergründeten. Otto Halbig wurde damals zum 1. Vorsitzenden, Philipp Wiehl zum 2. Vorsitzenden und Leo Schmitt zum Kassier gewählt. 1973 feierte der Verein sein 80-jähriges Stiftungsfest – die letzte große Veranstaltung, denn der Lauf der Zeit brachte es mit sich, dass diese Vereinsart immer weniger Anhänger fand.

Die Vereinsfahne ist aufwändig

gearbeitet und in einem sehr

guten Zustand erhalten

– nach dem Ruhen der Vereins-

tätigkeit wurde sie der Gemein-

deverwaltung übergeben und

befindet sich als Ausstellungs-

stück im Rathaus

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Oktober 2012

Herausgeber:Gemeinde Wittighausen

Idee, Recherche und Gestaltung:Edgar Braun, Unterwittighausen und Hö[email protected]

Mitarbeit:Josef Gessner, Würzburg;Bernhard Henneberger, Unterwittighausen;Karin und Hans Lang, Unterwittighausen;Frank Lurz, Unterwittighausen;Adelheid Martin, Oberwittighausen;Fridolin Raps, Oberwittighausen;Günther Saltin, Mannheim;Reiner Saltin, Unterwittighausen;Gisela Schaub, Unterwittighausen;Elke Schuler, Oberwittighausen;Ingrid Seubert, Oberwittighausen;Annika Sinner, Unterwittighausen;Margot Väth, Würzburg;Maria Veth, Unterwittighausen;Peter Wamsler, Obernbreit

Texte Schatzungsbuch und Kaufvertrag:Claudia Wieland, Kreisarchivamtfrau,Landesarchiv Baden-Württemberg,Wertheim-Bronnbach

Transkription Schatzungsbuch und Kaufvertrag:Gisela Schaub, Ingrid Seubert und Maria Veth in Zusammenarbeit mit Claudia Wieland

Wir danken für die Unterstützung bei der Erstellung dieser Broschüre:

George Bran, Wittighausen

Werner Brandel, Kirchheim (St.-Michaels-Apotheke)

Irmgard Dürr, Wittighausen

Josef Gessner, Würzburg

Dr. Melanie Raddatz, Wittighausen

Eva-Maria und Dr. Reiner Saltin, Wittighausen

Rainer Schmidt, Bütthard (Marien-Apotheke)

Beate und Karl Schwägerl, Waldbüttelbrunn

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www.wittighausen.de