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WORZBURGER DIOZESAN- GESCHICHTSBLATTER 55. BAND 1993 BISTUM WüRZBURG

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WORZBURGERDIOZESAN-

GESCHICHTSBLATTER

55. BAND

1993

BISTUM WüRZBURG

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Eine illuminierte Handschrift von Hildebertsvon Lavardin "Oe mysterio missae"

Hans Thurn und Claudia Wiener

Die Würzburger Universitätsbibliothek besitzt unter der Signatur M. p. th, q. 50einen Überlieferungsträger des im Titel genannten Textes. Hildebert von Lavardinwurde ca. 1056 geboren. Von seinen frühen Jahren weiß man, daß er zum Archidia-kon geweiht wurde und die Kathedralschule von Le Mans leitete. Er muß früh zudichten begonnen haben, bei seiner Bischofswahl 1085 war er als egregius versificatorbekannt. In seinem Amte kämpfte er gegen die Präbendenjagd. Simonie und unrecht-mäßigen Ehen. Dies brachte ihm Freunde (Ivo von Chartres, Bernhard, die römischeKurie) ein, aber auch Feinde unter dem Hochadel; so mußte er einmal in Verban-nung nach England gehen, man konfiszierte seinen Besitz. Wichtig für ihn wurde dieRom- und Apulienreise 1100/1101. Sie inspirierte sicherlich seine berühmten Rom-verse, die ihn in ihrer Sehnsucht nach der großen Vergangenheit zu einem "precur-seur isole de Petrarque" (H. v. Moos) werden ließen.

1125 wählte man ihn zum Erzbischof von Tours, wo er 1133 verschied. Er war einbedeutender Bauherr an den Kathedralen von Le Mans und Tours gewesen und hattewirkungsvoll die Armut gepredigt.

Hildebert ist als Theologe und Prähumanist einer der wichtigen Autoren des latei-nischen Mittelalters.

In den Editionen laufen unter seinem Namen zahlreiche Werke; so schreibt ihmdie Standardliteraturgeschichte des lateinischen Mittelalters' zu: In Prosa: 107Briefe, 144 Predigten, eine Vita der heiligen Radegundis, De querimonia et conflictucarnis et animae (in der Art der Consolatio philosophiae des Boethius), einen sehrdogmatischen Tractatus theologicus. P. von Moos- erklärt die Briefe 1,17.25. Il, 11,21 f., 31, 44f. Ill, 19.32-34.37 und 136 Predigten für unecht, dazu den Tractatus.Echt sei Vita Hugonis. An Bibeldichtung erklärte Manitius für authentisch: De or-dine mundi, De ornatu mundi, In libros regum, Loci ex veteri testamento, In primumcaput Ecclesiastis, Inscriptiones christianae, De Machabaeis. An Moralischen Dich-tungen: De quatuor virtutibus vitae honestae, Lamentatio peccatricis animae, Versusde nummo. An Hagiographica: Vita des Vincentius und der Maria Aegyptiaca, Deinventione crucis. Über antike Stoffe: Mathematicus, Zeitgedichte. darunter die be-kannten Par tibi, Roma, nihil ... und De exilio suo. An Liturgica: De mysterio missae,über das hier gehandelt werden soll. Es behandelt in 321 Distichen den Vollzug derMesse mit Darlegung der mystischen und allegorischen Bedeutung der Riten hin-sichtlich der Heiligen Schrift. Es fand im Mittelalter ein sehr interessiertes Leserpu-blikum, so daß es das häufigst überlieferte Werk unseres Autors schlechthin ist. Walt-her kannte 1959373 Handschriften davon, und diese Anzahl hat ihn leider bewogen,keine Verwahrungsorte zu notieren; vorerst müssen wir uns noch mit der Edition inJ. P. Migne, Patrologia Latina, t. 171, Paris 1854, Sp. 1177-1196 begnügen. Wich-tige Handschriften sind in der Edition der Carmina minora Hildeberts von A. B.Scott, Leipzig 1969, praefatio verzeichnet.

1 M. Manitius, Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters, Bd. 3, München 1931, S.853-865.

2 P. v. Moos, in: Dictionnaire de spiritualite ascetique et mystique doctrine et histoire, t. 7, 1,Paris 1969, Sp. 502-504. Ders., H. v. L., Stuttgart 1965.

1H. Walther, Carmina medii aevi posterioris Latina. 1. Initia carminum ac versuum medii aeviposterioris Latinorurn, Göttingen 1959, Nr. 17496.

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Der genannte Editor hat das Werk des Dichters Hildebert einer kritischen Sich-tung unterzogerr'. Er spricht ihm ab: LibeIIus de quatuor virtutibus, Liber de sacra eu-charistia. De operibus sex dierum. Physiologus. De ordine mundi. De ornatu mundi.In libros regum. In primum caput Ecclesiastis. De Susanna. De Machabeis. De sanctoVincentio. Passio Agnetis. De inventione crucis. Larnentatio peccatricis animae. Hi-storia de Mahumete. Mathernaticus, De nummo. Für Hildebert bleiben praktisch nurmehr De mysterio missae, Vita Mariae Aegyptiacae, Teile der Carmina misceIIaneaund indifferentia, das Supplementum, die Epigrammata biblica übrig (die Fundortebei von Moos, Sp. 503 f. Dazu: A. B. Scott, D. F. Baker, A. G. Rigg, The biblicalEpigrams of Hildebert of Le Mans, in: Medieval Studies 47 (1985) 272-316).

1. Die Handschrift

Sie ist auf ursprünglich auserlesenem, im Laufe der Zeit jedoch teilweise fleckig ge-wordenem Kalbspergament geschrieben. Sie zählt 22 Blätter, zu denen noch vorneund hinten je ein vom Buchbinder vorgesetztes Papierblatt kommen. Der Buchblockmißt 181 x 130 mm, der Einband 191 x 140 mm. Problematisch ist der Entstehungs-ort bzw. die Entstehungsprovinz. Sicher wurde der Codex in Deutschland (sichernicht im Norden) geschrieben, und nicht in Frankreich, woran die Herkunft desDichters denken ließe. Der große Mediaevist P. Lehrnann! verlegte die Entstehungdes Codex vermutungsweise nach Österreich. Diese Annahme ist sicher nicht auf-rechtzuerhalten, dagegen sprechen Herkunft aus Weißenburg, Schrift, Miniaturen.Ob es sich um eine Weißenburger Schreibleistung handelt, ist nicht auszumachen. Esfehlt für diese Zeit an Vergleichsmaterial. In den deutschen Südwesten muß die Ent-stehung allemal verlegt werden j Prof. Dr. H. Hoffmann hält in einem freundlichenSchreiben den Stil der Miniaturen für schwäbisch. Die Entstehungszeit liegt relativfrüh, wir müssen bis in die Mitte des 12. Jahrhunderts zurückgehen. Die Lagenfor-mel ist VIO+ 1114+ III20 + P2. Der Schriftspiegel beläuft sich auf 142 x 97 mm, proSeite sind 27 Zeilen niedergelegt, die Schrift ist eine karolingische Minuskel eineseinzigen Schreibers. Die Verse sind durch Zeilenfüllsel auf eine Länge gebracht.Über die Miniaturen z-, Y, 4v, s-, 6'",r, Sv, 9r, 1P, 12r, l3v, 14r, ISv, 16\ 17r, 20r, 21 r

wird im vierten Abschnitt zu handeln sein, ebenso werden dort die beigeschriebenenVerse ediert.

Über die Herkunft geben folgende Einträge Auskunft: Vorderdeckel innen: I Z L.Ereptus lacer et incontinuus e monasterio Scotorum in Weissenburgh oppido Renisub rebellione colonorum, quos Lotharingus dux acie vicit. mihi dono datus (16.Jahrhundert). 1rund 22V

: Collegii Societatis Jesu Herbipoli (18. Jahrhundert). Über-blickt man die Biographien der ersten Würzburger Professoren", so fäIIt das starkeElement der rheinischen Ordensprovinz auf. Man pflegte aber im Würzburger jesui-tenkoIIeg gerade im 18. Jahrhundert noch Beziehungen zum Ob er- und Mittelrhein.Insofern ist keine Aussage möglich, wann und auf welchem Wege die WürzburgerJesuiten zu der Handschrift kamen. M. p. th, q. 50 ist in Schweinsleder im späten 15.Jahrhundert gebunden worden. Auf den Deckeln finden sich fünf spätgotische Stem-pel, die die einschlägigen Bestimmungswerke nicht bringen. Es handelt sich sicher umkeinen fränkischen Einband. Schlitze belegen die einstmalige Existenz von vier Bän-derschließen.

4 A. B. Scott, The Poems of Hildebert of Le Mans: A new examination of the Canon in; Me-diaeval and Renaissance Studies 6 (1968) 42-83. '

S P. Lehmann, Erforschung des Mittelalters, Bd. 4, Stuttgart 1961, S. 238.• Cf. A. Ruland, Series et vitae professorum ss. theologiae, qui Wirceburgi ... docuerunt, Wir-ceburgi 1845.

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2. Der überlieferte Text

Die gegebene Reihenfolge der Verse ist (1'-1 V) PL 171, Sp. 1184, 12-52. (2'. 3v-4'.5v-6'. 7v-8'. 9V

): Sp. 1177, 1-1183,9. (10'-10V) 1185, 1-33. (11'. 12v. 13'. 14v. 15')

1185,34-1187,13. (16'. 17'-19V):) 1188, 1-1190,41. (20v:) 1191,43-1192,7. (2P:)

1187, 14-41. (22'-22') 1190,42-1191,42. Schluß des Gedichtes und überlieferte Zu-satzverse fehlen. Das Erstaunliche ist, daß man durch Umordnung der Blätter keinerichtige Reihenfolge der Verse herstellen kann.

Bei einer Kollation stellte sich heraus, daß unsere Überlieferung vom gedrucktenText erheblich abweicht, keinesfalls aber immer schlechtere Varianten bietet. Ange-sichts der bisherigen Editionslage ist es angezeigt, im nächsten Abschnitt der Hand-schrift auch die Aufmerksamkeit des philologischen Auges zuzuwenden. Wir habenauch die vorläufige Edition in der maschinenschriftlichen (also praktisch unzugängli-chen) Arbeit: A. B. Scott, A critical Edition of the Poems of Hildebert of Le Mans,Phi!. Thesis, Trinity Term 1960 herangezogen. Sie dem Vergleich zu Grunde zu le-gen, empfiehlt sich aus den angegebenen Gründen nicht.

3. Wichtige Varianten gegenüber den Editionen

(S = von Scott in Text übernommen, s = von Scott verzeichnete Variante)

1177: 1 disposui. 3 missis st. una. 5 Per volucrem. 16 et petiit. 19 Quando st. Ante.20 notantur (s).

1178: 4 quoniam Iudeus inanes. 5 Execrando. 6 Anglice pleb is sacrifex. 13 Discipu-los (S). 8-11 stehen hinter 15. 10 hec St. hunc. 11 que st. quam. 19Turn docet. 21 ho-minis st. oris.

1179: 5 Transit et is. 7 quoniam dum perstitit errans. 8 In leva veluti. 11 intente. St.13 f.: Ne lesus dedas virga remota docet. 16 Et st. Quod. 16 sufficiensque st. sub vigilihoste. 13 f. nach 16 (S), 14 Dum st. Cum. 15 f. fehlen. 17 inde st. ecce. 19 Hinc (S). 20quid st. quae. 23 Nomine nam se pastor ovem prescire fatetur. 24 Quo st. Hac. 26 fa-vent (S). 29 Affectum (s) cantat, 32 cuique st. lege. 34 lege. 34 dandi. 36 domus do-mini st. sumusque dei. 38 libet,

1180: 2 propians, darüber vel dat se st. letzterem. 11 auras st. imis. 13 id (s) st. at.16 Christi Christo (s). 17 vel vina ministrans vel aquam. 20 simul mundat utrumquesacrans. 25 sacranda. 28 Dextro. 29 altare hoc sic commemorando. 30 crimina st, see-lera. 33 Istius.

1181: 1-3 Mi pater, iste calix si possit, transeat a me. sed quod vis fiat, non quodego cupio. His veluti precibus (s) '" 7 nam reproba principis acta. 9 principis hie vitu-Ius, populi sed pertulit hircus. 10 igne (s) st. ipse. 12 Nam dum. Auf 12 folgt: oravitpro se rogitans se clarificari Proque suis si quos ipse pater dederat Hostibus et veniamquerens pro principe poscit. lam (S, 13; cf. N. 4 der Ed.). 13 Hec st. lam. 15-16 Hectunc anxietas signabat membra futura Effusura rosas sanguine sanguineas. 22 ante st.inde. 27 orare (s) st. orari. 29 Dum vocat ad requiem, domino iubet addere grates.Nach 31 : Si bona, que facimus, gratificantur ei. Qui cum dixisset, dormite, quiescite,subdit: 35 quos ante deum seit adesse. 36 ipse (s) st. ille. 38-1182, 2 Qui dominosanctus coniubilando canunt.

1182: 3 sacris st. supplex. 6 auctus (s) St. actus. 7 minister. 9 quique. 10 dei st. canit.13 Ter posito sanctus, trinus signatur et unus. 14 Adelamant (cf. S). 17 quedam. 20bini st. duo de. 21 Qui st. Has. repensat. 22 petat. 23 que presententur in almo. 25 inede iubetur ad aram. 26 libet (s). 27 sign at st, prosit. 28 Aut mores hominum vel fideitipicum. 29 agnos st. linguae. 30 cutes st. virum. 33 etenim st. etiam. Nach 34: Tuncaries mactatur ab his, qui semper obortis Occurrunt vitiis viribus obpositis (S). 36 pre-mia (S) st. gaudia.

1183: 2 cui st. ius. 3 Dumque reos curat gratia salvat eos Infermentatos ... 4 assit

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(S). 7 atque unum iungis. 8 Hos (S). (9') schließt der Text mit 1183, 9. Es folgt (1'-P:)

1184: 14 sacro. 15 Intrabat. 21 Cuius (s). 28 mortis Christi pius ipse recordans. 32donavit st, has donavit. 34 post st. sunt. 36 Quodque st, Nam quod. 37 pius st. prius.40 bene st, quae. 41 deus. 48 esca (S) st. esse. 50 Sanctorum sancta ingrediens. Nunfolgt wieder (l0':)

1185: 1 proque st. gente. 4' Pro st. In. 5 Ac pro rege deus. 8 et st. etiarn. pontificisorat regisque salutern. 16 Hoc thus igne dei quo cam is fluxa cremantur. 17 Quo car-nis lapse lubrica conflat homo. 18 intra (S). 20 Hos in eis etiarn carbonibus. 22 sic st.qui. 23 Cum st. Dum. 28 tuis St. deo. 30 intus fervens. (11') beginnt mit dem oben aus-gelassenen 1183, tcff.: 1183: 10 Sic eadem mores nostros Christurnque figurant. 11versus st. usus. 16 Hoc st. haec. 16 quia mensuris numerisque. 17 Ignarus (s). 18 tan-tarn rem. versu st. et usum. 19 Nee spernas. satis. 21 aggrediar quo tibi cuncta canam.24 patebunt. 26 hie st. is. 27 Conventu, 31 simul st. super, obnubit. 32 presul eo. 37Tollendos st. sumendos. sancta. 38 turibulo conclusos ipse sacerdos. 41 exteriusque(S) sacrat. 42 vestes (S). ac tarnen. 44 digna st. signa. 45 recessere (S). 48 pone st.Christe.

1184: nach 2 Cum super incumbit oblatis presbiter aris / Expansis manibus signatutrumque cherub / Hec perstricta tibi rerum velamina pandunt. 4 tecta retecta st. se-rniretecta. 5 tamquam. 10 apposui (S). 13 Quando recordetur legis et acta crucis. MitSeitenanfang nun 1185, 34 ff.:

1185: 35 Nullus ut introeat. 36 Sic et st. Hac prece. 37 intuitu m ... angelicum. 39quam st, quid. St. 41 Tempore praetento significando gradum / His precibus patrerndediscere iudicis iram. 44 nebula suplex. et offert fehlt.

1186: 1 Quidquid. 6-9 fehlen (S). 11 In sacramento rem rogat ille sacri. 14 piusquest. suaque. 16 eripiat st. accipiat (S). 21 Orat, ut acceptet, quod parat ipse deus. /Orat, ut ipse deus que condidit hec benedicat. / Ammonet in melius promoveat domi-nus. 25 ut dicat. 28 hac (s). 30 Huius magna dapis. 34 recessurus. 35 Dum. 35 a Pre-mittit dicens qui pridie quam pateretur (S). 37 Suprimitur. sumptum ... 38 Presbiter utvenit hoc quod dixerat ac benedixit. 42 signat non ante. 43 retractat.

1187: 1 hic (S). 8 fiat st. sit. omnibus escis. 9 quoddam. 10 parens (S). 11 Sunt iamst. omnia. 12 quoniam (S) st. quondam. Es schließt sich an 13 mit neuem Seitenan-fang 1188, 1 an.

1188, 2 Qua dempta nullus postea vivet homo. 3 umbra fehlt. 8 aspersum. 9 sem-per. 10 Asperso (S). 14 Supremam st. Spiriturn. 16 fehlt. St. 19f. Prespiter hoc sata-gens sumpta sibi suplice forma / Aspergit superos, quando precatur eos. Nach 22werden 21 f. dittographisch gebracht. 23 at st. haec. 25 Addit et hoc recte, quo. 26 su-munt. 29 Ut st. Et. possit. 32 Angelicis manibus idem sacer. 34 Angelus est nobis,quos sanctificata vetustas, 36 ferre. 37 Est factis, lingua, mente placere deo. 39 Ef-fectu. 41 pacificando. 42 patres.

1189: 1-5 Cum sic aspersi mentio suplet eos. 9 Que (S). 10 sacrum profert. tunc st.rogat. 14 uterque est. 15 Namque obit. 17 revexit (S). 18 Christus sed et st. meminitcrucis. 19 rogans st. petens. 21 Quo. 24 Sic st. hic. 26 logion gerimus. 28 gerimus hu-meralis onus (S). 30 etenirn st. etiam. 31 memor est st. mores. 32 quia st. quod. 35Gratificans. 36 verbum glomeratur ut (s) una. 42 quo st. quoque. 44 benedictio st.quoque ratio. 47 intus moriens. 48 Sic st. Hinc.

1190: 6 quia glorificatur in ipso. 9 iubent st. volunt. 10 ceu st. sic. canebant (S). 12nos st. non. 13 gratis st. ad earn. 14 Hanc propter. 15 menstrua nostra lavat (S). 16cruor st. tarnen. sol igneus st. famulabitur. 17 Volvitur st. Sol, velut. St. 18: Nam ma-ledicta crucis sub mundi vespere portans / Sol is in occubitu menstrua nostra lavat. /Huius dum menbris sacrifex operando laborat. 21 rursus (S). multiplicare. 22 Nam-que est ultra fores, cum vocem rnittit adorans. 25 Christus atque suos docuit. 29 vota(5) st. fonte. 32 remeans sacrifex. percipiendi. 37 amara, 38 nomen sanctum. atque

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beatum. St. 40: Advenit et patris regnum tarnen inde profecto. (19V) hört mit V. 41

auf; nach einem Bild folgt (20V) 1191,43.

1191: 43 salvandis (S) st. solvendis. tunc. 44 Tunc (s). 45 epulas epulis. 48 Sic.1192: 1 homo (S). 3 duratur st. assatur. 5 debetur st. hoc debet. Mit Zeile 7 schließt

(20'), wobei das halbe Blatt leer ist.(21') beginnt mit 1187, 14. 17 riotat. 20 memor est. volantis fehlt. 21 Sic et nos. 21 a

Orantes audi, quod te iubes ipse rogari. / Dona quod nobis sacrificando damus. 24 f.fehlen (s). 26 admixta (s). 27 Non ad salvandum nos. 28 sacratas. dividit. 29 in his st,eis. 30 qui fuit immaculatus. 31 Scilicet ipse deus hostia nostra fuit. 32 Prespiter insi-stens aris implorat ut ilia. 33 approbet ipse. 34 que st. quod. 35 Quam quod Abrarn (s)sacrifex obtulit atque Sale. 40 Sed st. Et. spe transacta fideque. 41 reliqua (s) vera.Hier endet (21').

(22') setzt mit 1190,42 ein. 42 ist unvollständig: Semper et in celo velut. 43 fit sedin utroque. 4S Dum quod vult, quod arnat, hoc homo vult et amat. 1191: 1 priores. 4deprimitur st. subicitur. 7 Quatuor hec aberunt, nam panem nullus habebit. lODe st.A. 12 omnis st. intus. 13 nec - nee (S). 14 videt st. seiet, 1Sf. Preteritum presensquemalum pariterque futurum / Absolvi sacrifex pro se proque suis. 17 illos. 19 Proficit.22 quoddam. ipse. 24 Nee nisi. sacrificare. 27 Christum legemque (s). 33 Divisis st.Diversas. diversa. 3S mero vivos designat et ... (ein abgeschabtes Wort). 40 Aut st,Nee, utrisque (S). Schluß des Textes mit Vers 42.

Unsere Handschrift hat unverhältnismäßig viele Varianten. Nur weniges hat Scottdavon in seinem vorläufigen Text, nur weniges ist in seinem Apparat verzeichnet.Scott hat folgende Codices berücksichtigt: Oxford, Bodleian Library, ms. Bodley 605(XII/XIII); Corpus Christi ColI. 157 (XIF); Bodleian Library, ms. Bodley 866(XIP). Paris, BibI. Nat. 7596A (XIP). London, British Library, Additional MS24199 (XIF). Paris, BibI. Nat. 14867 (XIF). Troyes, BibI. Mun. 887 (XIF). Berlin,Staatsbibliothek 180 (XII). BSB München, elm 16073 (XII/XIII). Wien, National-bibI. 2521 (XII). Man sieht, die unberücksichtigte Würzburger Handschrift zählt zuden frühesten Textzeugen.

G. Scalia hat in den Studi medievali Ill, 2 (1961) 387-396 die Lesarten des Codexdes Archivio storico Capitolino (fondo Boccapaduli) mitgeteilt; eine Reihe davondeckt sich mit den unsrigen (was für deren Richtigkeit spricht), aber es gibt unüber-sehbare Unterschiede. Wie Scalia müssen wir darauf hinweisen, daß eine Überprü-fung der reichen Handschriftenüberlieferung des Textes notwendig ist. Vorerst istM. P: th, q. 50 keiner der bearbeiteten Handschriften an die Seite zu stellen. SeineVarianten sind häufig keine Fehler, Nachlässigkeiten, sondern sie entspringen einemdichterischen Wollen. Wir denken nicht an eine Redaktion des Dichters selber (eineProblemstellung, die hinsichtlich der Gedichte des Hildebert durchaus besteht), son-dern eher an einen Tatbestand, der dem Zersingen eines Volksliedes vergleichbar ist.Nun finden sich an den Rändern Prosanoten, in denen alttestamentliche und neute-stamentliche Bezüge zum Meßvollzug hergestellt sind; in den bisherigen Ausgabenscheinen sie - soweit wir sehen - nicht auf. Insoferne ist es sicher hilfreich, sie mitzu-teilen:

4. Prosa-Zusätze.

(1':) Moyses. Intrabit pontifex in sancta sanctorum et inferet sanguinem vituli ethirci intra velum, ut aspergat et expiet sanctuarium. Christus assistents pontifex futu-rorum bonorum per amplius et perfectius tabernaculum non manu factum, non persanguinem hircorum aut vitulorurn, sed per proprium sanguinem introivit semel insancta.

(10':) Cum autem exierit ad altare, quod coram deo est, oret pro se et pro domosua, pro principe et populo suo. - Talern habemus pontificem, qui consedit in dextera

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sedis magnitudinis dei, sanctorum minister et tabernaculi veri, quod finxit deus et nonhomo. - Assumto turibulo, quod de prunis altaris impleverit, et hauriens thimiama inincenesum (l) ultra velum.

(10v:) Intrabit in sancta. - Portabit Aaron nomina filiorum Israel. in rationale indi-

turn super pectus suum et doctrinam et veritatern. - Christus non secundum legerncarnal is mandata sacerdos factus est, sed secundum vite insolubilis.

(13r:) Moyses. Nullus hominum sit in tabernaculo, quando pontifex ingreditursanctuarium. Et positis super ignem aromatibus nebula eorum et vapor operiet taber-naculum, ne rnoriatur. Paulus. Christus in diebus carnis sue preces supplicationesquead deum, qui possit ilium amorte salvum facere cum clamore valido et lacrimis offe-rens exauditus est pro sua reverentia.

(ISr:) Moyses. Sumpturn sanguinem vituli atque hirci fundat super cornua altarisper girum aspergatque digito septies contra oraculum. Paulus. Sanguis Christi, quiper spiritum sanctum sernet ipsum obtulit immaculatum deo ernundavit conscientiamnostram ab operibus mortuis et in deo novi testarnenti mediator est.(16':) Christus cum esset filius didicit ex his, que passus est, obedientiam. et con-

summatus factus est omnibus obtemperantibus sibi causa salutis eterne. appelatus adeo pontifex iuxta ordinem Melchisedech.

(1l':) Moyses. Toilet quoque de sanguine vituli et asperget digito septies contrapropitiatorium ad orientern. Paulus. Christus non in manufactis introivit, sed in ip-sum celum, ut appareat nunc vultui dei pro nobis, neque ut sepe offerat se ipsum, sedsemel in consummatione seculorum. per hostiarn suam apparuit, quemadmodum sta-tutum est hominibus semel mori.

(18':) Moyses. Duos hircos stare fatiet (!) coram domino mittens super utrumquesortern unum in sacrifitium, alium in caprum emissarium.(18v:) Moyses. Portabit Aaron nomina filiorum Israel super utrumque humerum co-ram domino ob recordationem.

Moyses. Postquam emundaverit sanctuarium et tabernaculum et altare, tunc offe-rat hircum viventern et posita utraque manu super caput eius confiteatur omnesin(19r) < i> quitates filiorum Israel, et emittet eum in dessertum. Paulus. Christusunam pro peccatis offerens hostiarn in sernpiternum sedit ad dexterarn dei.

(19r:) Moyses. Et cum portaverit hircus peccata eorum in solitudinern, reverteturAaron in tabernaculum et depositis vestibus, quibus (19') indutus erat prius lavabitcarnem suam in loco sancto indueturque vestimentis suis. regrediensque offeret ho-locaustum et rogabit pro se et pro populo. Paulus. Christus proposito sibi gaudio su-stinuit crucem et confusione contempta in dextera sedis dei sed et.

(22v:) Moyses. Accipiet Aaron similam conspersam oleo absque fermento. et divi-dat earn minutatirn et offerat coram domno. H Th.

5. Die Miniaturen

Die ganzseitigen Bilder der Handschrift M.p.th.q.SO sind in den meisten Fällenpaarweise angeordnet (Fol. 2'-3'; fol. 4'"-sr; fol. 6v_7'; fol. 8v_9'; fol. I 1'-12r; fol.13v-14r; fol. 16v_17r). Ausnahmen bilden drei Illustrationen: fol. ISV (Der Vorhangdes Tempels zerreißt), fol. 20' (Der Auferstandene erscheint den Jüngern); fol. 21'(Die Väter werden aus dem Limbus befreit).

Die Anordnung zu Bildpaaren wird von den Ornamentrahmen i. d. R. unterstützt.Die Ornamentbänder von fol. 4V und fol. sr (eingerolltes Blatt in Halbansicht), vonfol. 6V und fol. 7' (muschelartige großlappige Blätter), von fol. 11' und fol. 12' (einge-rolltes Blatt in Halbansicht), von fol. DV und fol. 14r (Muschelform mit eingeschrie-benen Palmetten), von fol. 16V und fol. 17' (Zickzackband mit Dreipunktmotiv) ent-sprechen sich jeweils so, daß eine Art komplementäre Farbgebung gewählt ist (helleFarbgebung im linken Ornamentband entspricht dunklen Farbfeldern im gegenüber-

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liegenden Ornamentband). Immer unter der Voraussetzung, daß diese Gemeinsam-keiten nicht zufällig bestehen, könnte man anhand der gleichartigen Ornamentbän-der auch die in der Handschrift getrennt angeordneten Bilder von fol. 15V und fol. 21'als ursprünglich zusammengehörig sehen.

Umgekehrt fällt nun auf, daß die gegenübergestellten Bilder von Abendmahl undFußwaschung (fol, 2V und fol. 3') sich in der Pflanzenornamentik des abschließendenOrnamentrahmens stark unterscheiden. Ein Vergleich der Gestaltung von Gesich-tern, Haartracht und Faltenwurf der Gewänder läßt deutlich werden, daß der Illumi-nator der "Fußwaschung" in Details stärker variiert und durch den Einsatz roterFarbgebung die Gesichter und Glieder seiner Gestalten, aber auch den Faltenwurfder Tischdecke plastischer modelliert, als es der Betrachter in der Abendmahl-Szenegegenüber finden kann. Vor allem die unterschiedliche Gestaltung der Gesichtszügein beiden Darstellungen legt den Verdacht nahe, daß an diesem Zyklus zwei Illumi-natoren gearbeitet haben. Nach eben diesen Kriterien möchte ich dem Maler der"Fußwaschung" auch den eindrucksvollen Pilatus (Iol. 8V

) und die Erscheinung desAuferstandenen unter den Jüngern (fol, 20'), möglicherweise auch die Verspottung(Iol. 1F), die Kreuzigung (Iol. 13') und die Grablegung (Fol, 16V

) zuschreiben. Ein.stützendes Kriterium für diese Zuweisung scheint mir auch die Beobachtung zu lie-fern, daß der Maler des Abendmahls seine Figuren nicht im Profiloder Halbprofilzeigt, sondern mit dem vollen Antlitz auf den Betrachter gerichtet auch dort agierenläßt, wo die Körperhaltung eine Kopfwendung erwarten ließe. Im Profil erscheinenFigurennurauffol.ll\ 13', 16vund20'.

Die Zuschreibung der beiden Maler zu einer bestimmten Schule oder Region ge-staltet sich schwieriger. Es muß wohl der gleiche Befund wie für die Schrift stehenbleiben: Vergleichsmaterial für die Zeit um 1150 fehlt zumindest für Weißenburg.Bestimmte byzantinisierende Züge, besonders in der Personencharakterisierung, wiesie der Illuminator der Fußwaschung vornimmt, in den langgliedrigen Körpern undin der ModelIierung der Gewänder fallen ins Auge. Herrn Prof. JeHrey Hamburgerverdanken wir Hinweise auf Parallelen in mosanischer Buchmalerei des 12. Jahrhun-derts, die kurz vor Drucklegung leider hier nicht in dem Maß weiterverfolgt werdenkönnen, wie sie es verdienen.' Auch vergleichbare schwäbische illuminierte Hand-schriften, die - zumindest was den Bestand der Württembergischen LandesbibliothekStuttgart angeht - vorzüglich beschrieben sind", können zu keinem befriedigendenErgebnis verhelfen. Für den stilistischen Gesamteindruck konnte ich keine überzeu-gende Parallele nachweisen, während sich in Details durchaus bestimmte Gemein-samkeiten zu anderen Illustrationen der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts findenlassen. In einem südwestdeutschen Evangeliar der Landesbibliothek Stuttgart (Cod.bibI. fol. 28) aus dem Benediktinerkloster Gengenbach (Diözese Straßburg)? sindeine Vielzahl von gleichen Gestaltungselementen festzustellen, wenn man in Rech-nung stellt, daß dieses Evangeliar wesentlich aufwendiger ausgestattet ist.

An die Stelle eines Goldgrundes, wie ihn auch das Gengenbacher Evangeliar hat,tritt in unserer Handschrift ein gelber Hintergrund, der von Dreipunktblättern auf-gelockert sein kann (fol, 3'; 6v

; S"; 15V). In M.p.th.q.50 umgibt zwar kein geschlosse-

ner Ornamentrahmen das Bild, aber das Ornamentband, das regelmäßig den unterenTeil des Bildes abschließt, greift auf das Formenrepertoire zurück, das sich auch indem Gengenbacher Evangeliar findet.

7 Vg!. dazu: Elisabeth Klemm:Ein romanischer Miniaturenzyklus aus dem Maasgebiet, Wien1973.

8 Die illuminierten Handschriften der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart. Band2: Die romanischen Handschriften. Teil 1: Provenienz Zwiefalten, bearbeitet von Sigrid vonBornes-Schulten, Stuttgart 1987. - Teil 2: Verschiedene Provenienzen, bearbeitet von Anne-gret Butz, Stuttgart 1987.

• Vg!. Katalog A. Butz (wie Anm. 8) Nr. 5 (5. 15-17) und Taf. lI-IV und Abb. 47-63).

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Auch die architektonischen Kulissen sind in beiden Handschriften in vergleich-barer Form zu finden: Die Szene kann von zwei Rundbögen überdacht (siehe auchGengenbacher Evangeliar fol. 83V im Vergleich mit fol. 6V

: Jesus vor Kaiphas oderfol. 7': Petri Verrat) oder von einem einzigen Bogen eingefaßt sein (GengenbacherEvangeliar fol. 144"; M.p.th.q.50: fol. 2': Abendmahl; fol. 12': Verurteilung Christi;fol. 16V

: Grablegung; fol. 21': Auferstehung der Vorväter). Die floralen Ornamenteder Kapitelle im Gengenbacher Evangeliar finden sich in ähnlicher Weise auch inM.p.th.q.50 (fol, ISV

: Der Vorhang des Tempels zerreißt; und fol. 16': Grablegung).Hier wie dort sind über den Arkaden Häuserfassaden. Dächer und Türme sichtbar.

Vor allem die übermäßig langgezogenen Körper der Figuren und die schmalenlangen Kopfformen geben den Gestalten in unserem Codex ein markantes Aussehen.Auch im Gengenbacher Evangeliar sind die Körper auffallend langgezogen, dochtreten in der Darstellung der Bewegungen und vor allem in der Gestaltung der Ge-sichter die trennenden Eigenarten am deutlichsten zutage.

Der Illuminator, dem das Abendmahl und die überwiegende Zahl der Bilder in die-sem Zyklus zugewiesen werden können, gestaltet die Gesichter nach einheitlichemSchema: Die Kopfform ist durch ein U im Umriß festgelegt. Die Augen werden vonzwei mandelförrnig gesetzten Bögen gebildet, die sich allerdings nicht berühren; diePupille ist verhältnismäßig klein und berührt den oberen Bogen, der das Lid bildet.Die Nase wird mit einer senkrechten Linie gezeichnet, die ihren Ausgangspunkt voneinem der Augenbrauenbögen nimmt. Die Oberlippe ist durch eine Wellenlinie ange-deutet; die Unterlippe und das Kinngrübchen werden von zwei kleinen Halbkreisengebildet, die sich berühren.

In der Gestaltung der Gewänder lassen sich in Einzelheiten wieder vergleichbareParallelen zum Gengenbacher Evangeliar ausmachen. Der Faltenwurf ist hier wiedort oft hartbrüchig (vor allem bei den togaartigen Umhängen oder den Unterge-wändern) und ornamental gestaltet. Während bei einigen Figuren auf ModelIierungder Gewänder fast verzichtet ist und die Oberfläche durch ein Dreipunktmotiv belebtist, sind bei anderen Figuren die Körperformen, die durch das Gewand durchschei-nen, scharf konturiert: die Gelenke an den Gliedmaßen zeichnen sich in Tropfen-form oder Kreisen ab.

Ein weiteres Rätsel gibt uns der Zyklus auf, sobald man sich überlegt, welche Be-ziehung zum Text der Handschrift besteht. Von "IIIustrationen" kann ja nur dieRede sein, wenn man von einem engeren Bezug vom Bild zum Text ausgehen darf.Der kodikologische Befund spricht insofern nicht dagegen, als er bestätigt, daß Bil-der und Text nicht nachträglich zusammengebunden worden sind. Trotzdem bleibtes erklärungsbedürftig, daß gerade ein Passionszyklus innerhalb eines Lehrgedichtsüber die Messe überliefert ist. Vergleichbare Fälle sind mir, zumindest was Hilde-berts versus de mysterio sanctae missae angeht, nicht bekannt. Zudem sind zwar Zy-klen aus dem Leben Jesu keine Besonderheit, doch ist ein Passionszyklus im 12. Jahr-hundert doch zu den Ausnahmen zu zählen.

Hildeberts Lehrgedicht leistet eine allegorische Meßauslegung; der Autor will sei-nem Leser das komplizierte Verweissystem zwischen Meßgeschehen und symboli-scher Deutung nahebringen, indem er nicht nur erläutert, quid in missa vel agatur velmemoretur, sondern vor allem: Que quibus assimiles (11 f. Scott). Innerhalb der Tradi-tion der allegorischen Meßauslegung (zu deren wichtigen Vertretern, Vorgängernund Vorbildern Amalarius und Ivo von Chartres zählenj'? hatte sich die Tendenz

to Vg!. dazu die Untersuchung zu den Quellen für Hildeberts Gedicht bei A. B. Scott: A Criti-cal Edition of the Poems of Hildebert of Le Mans, Oxford (Phi!. Diss. masch.) 1960, S.362-377). Wir danken Frau Bettina Wagner M.A., mit deren Hilfe es uns leichter möglichwar, die Abhandlung einzusehen.

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durchgesetzt, die Teile der Messe mit dem Leben und der Passion Christi in Verbin-dung zu bringen bzw. be ides sogar gleichzusetzen.

Auch bei Hildebert wird in den Deutungen der Meßteile eine chronologische Ab-folge des heilsgeschichtlichen Geschehens gewahrt. Der Introitus und der aeeessussa-eerdotis zum Altar wird mit dem Eintreten des erwarteten Messias in die Welt parallelgesetzt (23-26 Scott). Die biblische Provenienz des Gloria in excelsis Deo aus derVerkündigung an die Hirten wird betont (33-38 Scott), das Oremus ist parallel zuChristi Lehren an seine jünger gesehen (39-42 Scott). In Gabenbereitung und Offer-torium werden die Bezüge zwischen Melchisedechs Opferfeier und dem letztenAbendmahl hergestellt (93-100 Scott); das stille Gebet evoziert die Erinnerung anden betenden Jesus am Ölberg (113-117 Scott), in der Praefation sind Bezüge zurBitte Jesu an seine jünger, mit ihm zu wachen, hergestellt (135 ff. Scott). Wenigerdicht treten solche explizit hergestellten Bezüge im anschließenden Teil auf. Hilde-bert setzt zum Höhepunkt des Gedichts, der Erklärung der eigentlichen Eucharistie-feier, mit einer Art Binnenproöm an, in dem er eine Änderung seiner bisherigen Aus-legungsmethode ankündigt: Mit einer eaptatio benevolentiae entschuldigt er sich fürdie Unmöglichkeit, angesichts der Größe des Gegenstandes seine Auslegung in ge-wohnter Weise fortzuführen:

Da lector ueniam, rem tantum pandere et mum,Non speciem, nostris versibus esse sat est.

Non tarnen expectes lit singula verba, vel actusQuoslibet, aggrediar clarificare tibi (207-210 Scott).

So gibt er die Gleichsetzung von liturgischen Handlungen mit dem Passionsge-schehen weitestgehend auf; einzige Parallelisierung bleibt die Verbindung, die zwi-schen den Fürbitten und der Fürbitte des Gekreuzigten für seine Feinde hergestelltwird.

Nach diesem gedanklichen Modell ist es nachvollziehbar, warum ein Bilderzykluszur Passion gerade dieser Meßauslegung beigegeben ist. Mit Gewißheit wird sich al-lerdings nicht klären lassen, ob Hildeberts Text die bildliehe Gestaltung evoziert hatoder ob Text und Bilder zunächst ohne direkten Bezug zueinander entstanden sind.Die Hoffnung, von einzelnen Textpassagen bei Hildebert könnte die Anregung fürdie Auswahl bestimmter Ereignisse aus dem Passionsgeschehen ausgegangen sein,bleibt leider unerfüllt. Der jeweilige Maler macht uns die Lösung dieser Frage selbstdadurch nicht leichter, daß er zusätzlich zu dem festen Bestand an »Szenen", die füreinen solchen Zyklus konstituierend sind, eine ganze Reihe von Darstellungen bietet,die man selten gestaltet findet. Könnte man für solche Szenen einen Ansatzpunkt beiHildebert ausmachen, hätte das schlagende Beweiskraft. Aber gerade Bilder wie dieHandwaschung des Pilatus, der Selbstmord des Judas, die würfelnden Soldaten oderauch die Naturwunder bei Christi Tod bleiben ohne Anknüpfungspunkt im Text.

Vielleicht läßt sich aus der Umkehrung der bisherigen Fragestellung ein affirmati-ves Argument gewinnen: Fragen wir nicht mehr, ob Hildeberts versus die Bilder not-wendig brauchen, sondern fragen wir einmal: Hätte der Passionszyklus in einer Bi-bel-Handschrift, etwa in einem Evangeliar oder einem Evangelistar Platz finden kön-nen? Damit ist nicht zu rechnen, denn nicht nur in der Motivwahl, sondern vor allemin der »Inszenierung", der Komposition der Passionsszenen, für deren Darstellungsich bis ins 12.Jahrhundert ikonographische Konstanten herausgebildet hatten, setztsich der jeweilige Maler von der Tradition ab. Und zumindest das letzte Bild, derAuszug der Väter aus dem Limbus, hätte mit seiner apokryphen Quelle keinen textli-chen Bezugspunkt in einer Bibelhandschrift. Die Motivfolge unseres Zyklus wäre da-gegen auch für den Schmuck von kirchlichen Räumen gut denkbar, sei es als Fres-ken- oder Glasfensterzyklus, oder auch als Fries um ein Taufbecken oder einenOsterleuchter und auf anderen liturgischen Geräten. Mit jedem Bild und mit jeder

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Umschrift in leoninischen Hexametern werden die heilsgeschichtlichen Zusammen-hänge verdeutlicht. Insofern übernimmt der Bildzyklus in der Verbindung mit Hilde-berts Meßauslegung eine ähnliche Funktion wie jeder Schmuck des Kirchenraumswährend der Meßfeier: zur Meditation und Vertiefung der symbolischen Aussage.

Die Illuminationen fallen durch ihre Abweichungen von traditionellen Bildsche-mata auf. In der anschließenden Bildbeschreibung soll auf solche Besonderheitenaufmerksam gemacht werden; zugleich werden die leoninischen Hexameter ediert,die bis auf zwei Ausnahmen jede illustration kommentieren. Dabei sind Abkürzun-gen aufgelöst, die Orthographie ist normalisiert, moderne Zeichensetzung ist zurVerdeutlichung der syntaktischen Struktur und dialogischen Rollenverteilung einge-fügt.

fol. 2V: Das letzte Abendmahl (Mt 26, 17-29; Mc 14,17-25; Lc 22, 14-38;

1013,1-14,31)Agnus ovem mactat, Deus haec dum /rag mina tractat,Corpus divinum dans mutat sanguine vinum.

Das Lamm schlachtet ein Lamm. Indem Gott diese Stücke verteilt, reicht er seinen ei-genen göttlichen Leib dar und verwandelt den Wein zu Blut.Der Illuminator versucht nicht, alle Jünger um die Tafel zu versammeln, sondernzeigt Jesus nur von je zwei Jüngern zur Rechten und zur Linken flankiert. WährendJohannes an seiner charakteristischen Haltung - er hat seinen Kopf an Christi Schul-ter gelehnt - erkennbar ist, hat der Maler auf Judas, der üblicherweise den anderenJüngern gegenübersitzt, verzichtet.Die Tischplatte ist perspektivisch zum Betrachter nach vorn geklappt, die Tischdeckefällt zu Falten gerafft in einem Ornament aus Dreiecken. Unter ihr werden die Füßeder am Tisch sitzenden Personen sichtbar. Vergleichbare Darstellungen gibt es nicht

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fol. 4': Christus betet am Ölberg (Le 22,39-46).

Hos tibi commendo, Pater, ad te iam quia tendo.Sanguinem desudo; me suscipe sanguine fuso.

Diese meine Begleiter empfehle ich deiner Fürsorge, Vater, denn ich bin schon aufdem Weg zu dir. Blut schwitze ich; nimm mich auf, wenn mein Blut vergossen ist.Der Illustrator folgt der Schilderung bei Lukas. Bei Mt 26,37 und Mc 14,33 sind esnur drei Jünger, die Christus im Garten Gethsemane zum Gebet mit sich nimmt; beiLukas (22,39) bleibt die Zahl unbestimmt. Hier werden vier Jünger am unteren Bild-rand im Schlaf liegend gezeigt, ähnlich betäubt wie die Wächter am Grab bei derAuferstehung (fol. 17'). Christus kniet im Gebet, Gottes Hand wird aus einer Wolkeim rechten oberen Bildrand sichtbar (zu der ornamentalen Gestaltung der Wolke vgl.das Gengenbacher Evangeliar fol. 81'; 83'; Abb. A. ButzTaf. 58 u. 59). Christus ge-genüber kniet (beinahe spiegelsymmetrisch in der Körperhaltung) ein geflügelter En-gel, der die Hostie emporhält (nur bei Le 22,43: Apparuit autem illi angelus de caeloconfortans eum}. Beachtenswert ist diese Geste für unsere Frage nach dem Zusam-menhang von Text und Bild, weil durch sie die Bedeutung des Opfertods Christi zu-gleich mit dem Bezug auf die Eucharistiefeier für den Betrachter hervorgehobenwird.Das hügelartige Ansteigen der Landschaft - also ebenfalls nach Lukas (22,39: ibat se-cundum consuetudinem in montem Olivarum), während bei Matthaus und Markus dieSzene im »Garten" (genauer: predium bzw. villa) Gethsemane stattfindet - wirddurch gestaffelte grüne und gelbbraune Sträucher angedeutet.

selten, auch im Bereich der romanischen Skulptur; sehr ähnlich ist auch die Abend-mahlstafel im Gengenbacher Evangeliar (Iol. 141";Abb. A. Butz, wie Anm. 8, Tafel60) dargestellt.

fol. 3': Fußwaschung (10 13,4-17)ohne UmschriftVon der Paschamahlsgesellschaft ist wieder nur ein kleiner Teil zu sehen: Drei Jün-ger, durch Haartracht und Bart als unterschiedlich alt erkennbar, nehmen etwasmehr als die linke Bildhälfte ein. Sie sitzen am Ende der gedeckten Tafel, die ähnlichwie auf dem gegenüberliegenden Bild dargestellt ist. In Details (die Tischdecke hathier eine Schmuckborte, die Schüssel zeigt ein Fischgericht, auch eine Fußbank istjetzt sichtbar) sind die Parallelen zum Gengenbacher Evangeliar hier noch deutlicherals bei der Abendmahl-Szene. Christus ist in halb kniender, halb stehender Haltungrechts gezeigt, wie er gerade den nackten Fuß des Petrus faßt, um ihn im am Bodenbereit stehenden Wasserbecken zu baden. Das Tuch, mit dem Christus die Füße ab-trocknet, hat er um die Hüften geschlungen (entsprechend der biblischen Beschrei-bung: 10 13,5: et coepit laoare pedes discipulorum et extergere linteo quo erat prae-cinctus). Die sonst übliche abwehrende Geste des Petrus ist hier stark zurückgenom-men, wie man es auch in byzantinischen Darstellungen der Fußwaschung findenkann.

fol. 5r: Gefangennahme Christi (Mt 26,47-56; Mc 14,43-50; Le 22,47-53;la 18,1-11)

o quid, Iuda, facis? Cur fallis basia pacis?Dum Dominum tradis, tu traditor esseprobaris.

Was tust du, Judas? Warum mißbrauchst du den Friedenskuß? Indem du den Herrnauslieferst, erweist es sich, daß kein anderer als du der Verräter ist.

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Die Szene vereinigt alle Handlungsabläufe der Gefangennahme Christi in sich.Um den fast im Zentrum plazierten Christus stehen links drei Jünger: Judas faßt Je-sus am Kinn, um ihm den verräterischen Kuß zu geben, und deutet mit der Rechtenauf ihn. Der äußerste der beiden anderen Jünger ist als Petrus zu erkennen, denn erhält sein Schwert noch erhoben. Der verletzte Malchus kniet rechts vor Christus, derihm mit einer Geste seiner Linken das Ohr heilt (die Heilung durch "Handaufle-gung" ist nur bei Lukas 22,51 überliefen: Et eum tetigisset auriculam eius sanaviteum). Währenddessen wird Christus bereits am Umhang und der Schulter von einemder Häscher ergriffen. Er gehört zu der sechsköpfigen Schar, die teils aus Soldaten(durch Helme gekennzeichnet) und teils aus Dienern besteht - in dieser Zusammen-setzung nur bei 10 18,3: ludas ergo cum accepisset cohortem et apontificibus et Pbarisae-is ministros venit illue cum lanternis et facibus et armis, im Gegensatz zu Mt 26,47: etcum eo turba multa cum gladiis etfustibus a principibus sacerdotum et senioribus populiund Mc 14, 43: et cum illo turba cum gladiis et lignis a summis sacerdotibus et a scribis eta senioribus -, welche in zwei Reihen hintereinander die rechte Bildhälfte einnehmen;sie tragen Fackeln und Speere, deren Schäfte über den Bildrahmen hinausragen.

fol. 6V: Jesus vor Kaiphas (Mt 26,57-68; Mc 14,53-65; Lc 22,66-71;

1018,12-24)

Praesulis hunc servus ferit, inspuit iste superbussic inclementer; Deus haec sed fert patienter.

Des Hohenpriesters Diener schlägt ihn, ja dieser hochmütige Kerl bespeit ihn so er-barmungslos, doch Gott läßt dies alles geduldig mit sich geschehen.

Den architektonischen Rahmen für die Gerichtsszene vor dem Hohenrat bilden zweiSäulenbögen. Mit diesem Einblick in den Gerichtssaal ist geradezu die Perspektive

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des beobachtenden Petrus, der dem Verhafteten bis ins Atrium des Hohenpriestersfolgt, auf den Betrachter des Bilds übertragen.Im rechten der Säulenbögen sitzt Kaiphas auf einem Thron, der im turmartigen Auf-bau, in Farbe und Ornament die Gebäudearchitektur wiederholt. Er trägt als Jude ei-nen konischen Hut mit rotem Rand und hält den Priesterstab in der Linken. Sein Die-ner (ebenfalls durch eine spitze Mütze als jüdisch gekennzeichnet) hält im linkenSäulenbogen den knienden Christus nieder, indem seine Hand zum Schlag gegenChristi Gesicht ausholt (10 18,22: Haec autem cum dixisset unus adsistens ministrorumdedit alapam Iesu dicens / sie respondes pontifici). Daß Christus die Augen verbundenträgt, kann sich auch auf die Darstellung bei Marcus beziehen (14,65): Et coeperuntquidam conspuere eum et velare fociem eius et colaphis eum caedere et dicere ei prohetizaet ministri alapis eum caedebant. (Bei Matthaus 26,67 ist es dagegen der gesamte Rat,der Christus mit Schlägen verhöhnt).

fol. 7': Petrus verleugnet Christus (Mt 26,69-75; Mc 14,66-72; Le 22,54-62;1018,15-18 u. 25-27).

Abnegat, ecce,fidem Petrus, quod Christus eidernante prophetavit, quod Calli voce probavit.

Siehe, Petrus verleugnet seinen Glauben, was ihm Christus schon zuvor prophezeithatte und was er mit dem Hahnenschrei bestätigte.Passend zur Gegenseite fol. 6V ist die Architektur des Säulengangs als Rahmen vorge-geben, der hier mehrere zeitlich aufeinanderfolgende Szenen zusammenfaßt. Petrus,als Protagonist beider Szenen, steht im Zentrum mit dem Rücken zur mittlerenSäule; über ihm ist der Hahn plaziert, dessen Krähen auf den mehrmaligen Verrataufmerksam machen wird. Petrus hat sich mit einer abwehrenden Geste seiner rech-ten Hand der Gruppe im linken Säulenbogen zugewandt, besonders gegen die Frau-engestalt, die als die ancilla ostiaria (nach 10 18,17) gekennzeichnet ist: Sie öffnet mit

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der Rechten eine Tür, die über den Bilderrahmen hinausragt. Mit der Linken deutetsie auf Petrus. Zwei weitere Personen stehen hinter ihr und blicken auf Petrus. Imrechten Säulenbogen steht ein jüdischer Mann (erkennbar durch die kegelförrnigeKopfbedeckung) breitbeinig über einem Feuer aus Holzscheiten; auch er blickt unddeutet auf Petrus (vgl. 10 18,25: Erat autem Simon Petrus stans et cale/aciens se). Folgtder Maler auch hier der Darstellung des Johannes-Evangeliums, so könnte es sich beidem isoliert stehenden Mann um den Diener des pontifex handeln, dem Petrus beider Gefangennahme das Ohr abgeschlagen hatte. Er befragt ihn als letzter, ob er zuden Jüngern Jesu gehöre (10 18,26).

fol. gv: Pilatus wächst seine Hände zum Zeichen seiner Unschuld(Mt 27,24-25)ohne UmschriftDie Darstellung der Handwaschung des Pilatus (Mt 27,24-25) wirkt dadurch monu-mental, daß sie auf zwei Personen beschränkt bleibt. Die tumultuarische Menge(turba), vor der Pilatus nach der biblischen Vorlage diese Geste zur Beteuerung sei-ner Unschuld vollzieht, fehlt in der bildliehen Darstellung. In ihre Rolle wird also derBetrachter gedrängt, der so zum Zeugen dieses Akts gemacht wird.Pilatus hat auf einem Thron mit grünem Polster und blauem Gestell Platz genom-men, seine Füße ruhen auf einem grün-roten Fußschemel. Von rechts reicht ihm einDiener zwei Waschbecken; über dem einen reibt er seine Hände mit der Geste desHändewaschens. Die Haartracht der beiden Männer ist auffallend »wild" im Ver-gleich zu anderen Personen. Vor allem die zu Berge stehenden Haare des Dieners er-innern an Heiden-Darstellungen (vg!. z. B. die Edmund-Vita, New York, PierpontMorgan Library Ms. 736). Die Kleidung des Pilatus wirkt prunkvoll durch den ausla-denden Faltenwurf, vor allem des Umhangs, der mit einer Spange auf der rechtenSchulter zusammengehalten wird und zu einem ausladenden Bausch wirkungsvollangeordnet ist.

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fol. 9r: Geißelung Christi (Mt 27,26; Mc 15,15; 1019,1) und Selbstmord desJudas (Mt 27,3-10)

Quid contemplaris? Pro te caedor.bomo, ./lagris!Me quia sp< r> eoisti, sic, pessime Iuda, peristi.

Warum starrst du mich an? Für dich, Mensch, werde ich gegeißelt. - Weil du michgering geachtet hast, hast du, elender Judas, ein solches Ende gefunden.Wieder sind zwei Szenen zu einem Bild zusammengefaßt. Im Zentrum steht Chri-stus, den Oberkörper entblößt, mit den Händen hinter dem Rücken an die Marter-säule gebunden. Links stehen zwei Männer, die mit Geißeln (palmwedelartig und mitHaken bewehrt) zum Schlag ausholen. Rechts, parallel zur Martersäule, wächst derBaum nach oben, an dessen gebogenem Ast (in typisch romanischer Ornamentik lau-fen die Äste zu gebogenen oder pilzhutartigen Blättern aus) der gekrümmte Körperdes Judas hängt. Der Hals ist extrem nach unten gebeugt; die Hände sind seltsamer-weise über Kreuz gelegt und gefesselt; diese Haltung findet man in den Darstellun-gen von Hingerichteten (vgl. Lehen des hl. Edmund; New York, Pierpont MorganLibrary Ms. 736, fol. 13V

), so daß hier wohl zum Ausdruck gebracht ist, daß Judassich selbst gerichtet hat.

fol. 1F: Dornenkrönung und Verspottung Christi (Mt 27,27-31;Mc 15,16-20; 1019,2-5)

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Murice uestitur, spinis, canna redimitur,Caesus adoratur, deus boc fert et reprobatur.

In Purpur wird er gekleidet, mit Dornenkrone und Stab ausgestattet. Geschlagenwird er, und dann beugt man das Knie vor ihm; Gott erträgt dies und läßt sich ernied-ngen.Christus sitzt auf einem nur im Hintergrund mit Linien angedeuteten Thron, hält inder Rechten einen Schilfrohrstab als Szepter (nur nach Mt 27,29: et plectentes coro-nam de spinis posuerunt super caput eius et arundinem in dextera eius). Christus ist miteinem Mantel bekleidet, dessen Faltenwurf von einer Spange auf der linken Schulterzusammengehalten wird. Zwei ihn flankierende Gestalten setzen ihm die Dornen-krone aufs Haupt. Zu seinen Füßen kniet eine kleinere Gestalt, die Hände in schein-barer Anbetung erhoben.

fol. 12r: Verurteilung Christi und Begnadigung des Barabbas(Mt 27, 15-26; Mc 15,6-15; Lc 23,16-25; 10 18,39 f.)

Solvitur hie latro sibi concedente Pilato,et damnat Iesum crucis, at vehit ipse trophaeum.

Hier wird der Räuber freigelassen, weil Pilatus es ihm erlaubt. Und Pi latus verurteiltJesus zum Kreuzestod, doch dieser trägt selbst sein Siegeszeichen.Pi latus thront in der linken Hälfte des Bilds; die kleinere Gestalt hinter seinem Thronscheint Barabbas zu sein, weil sie durch die hinter dem Rücken verschränkten (gefes-selten) Hände als Gefangener gekennzeichnet ist. Pilatus deutet mit der Rechten aufChristus, der die rechte Hälfte des Bildes einnimmt. Er trägt auf den Schultern bereitseinen Balken des Kreuzes, der sogar die Bildbegrenzung durchbricht. In der Mittedes Bildes (hinter Christus und Pilatus) werden zwei Personen sichtbar, deren Kopf-bedeckung darauf hinweist, daß es sich um Vertreter der jüdischen Menge handelt,was auch durch das Spruchband bestätigt wird, das vom rechten der beiden ausgehtund von Pilatus' Schulter verdeckt wird: "tolle hunc et dimitte (sc. nobis Barrabam)"(nach Le 23, 18).

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Um die Szene ist ein ähnlicher architektonischer Rahmen gelegt, wie er bei den bishe-rigen Gerichtsszenen aufgefallen ist: ein Säulenbogen, hinter dem Dächer der Stadt,spiegelsymmetrisch angeordnet, sichtbar werden.

fo1. 13": Kreuzigung (Mt 27,38-44; Mc 15,25-32; Lc 23,32-43; 1019,17-22)

Audi suspensum, pie, me, pater, in cruce tensum! -Fili, quid dicis? - Miserere meis inimicis!

Erhöre mich, lieber Vater, der ich am Kreuz hänge! - Was willst du mir sagen, meinSohn? - Erbarme dich meiner Feinde!Die auffälligsten Abweichungen von der konventionellen Darstellung leistet sich derIllustrator bei der Kreuzigungsgruppe. Das Kreuz, an dem Christus hängt, ist zu ei-nem Gerüst erweitert: Den Rahmen des Bildes auf der rechten und linken Seite bil-den zwei Pfähle, die sich am oberen Ende gabeln und einen weiteren Querbalken tra-gen, von dem herab an Ketten die Schächer aufgehängt sind. Der Schächer zur Rech-ten des Gekreuzigten hat die Hände flehend erhoben (nur nach Le 23,39-43), wäh-rend der Schächer zur Linken mit einer Hand auf Christus, mit der anderen zu Bo-den zeigt. Zwei kleinere Gestalten zwischen den drei Hingerichteten, rechts undlinks vom Kreuz, deuten auf Christus. Sie sind allerdings nicht, wie es nach Johannes(19,25-27) allgemein üblich wäre, als Maria und Johannes zu identifizieren. Viel-mehr handelt es sich um zwei männliche Gestalten ohne Nimbus, deren Gesichternach oben gedreht und damit im Profiloder Halbprofil gezeichnet sind, was bei un-seren Illuminatoren nicht häufig vorkommt. Beide haben, jeweils symmetrisch gegen-einander, eine Hand deutend gegen Christus ausgestreckt. Der Maler hat also denRekurs auf Psalm 22, 8, wie er in der Formulierung bei Matthäus (Praetereuntes autemblasphemabant eum moventes capita sua 27,39; vgl. auch Mc 15,29) hervorgehobenist, aufgegriffen und die Spötter durch ihre Kopfbewegung charakterisiert.

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fol. 14r: Die Soldaten werfen das Los um Christi Kleider (Mt 27,35;Mc 15,24; Lc 23,34; 10 19,23f.)

Sortibus emissis uestis partitur ab istis,ante prophetatum foit hoc ut carmine vatum.

Indem man das Los wirft, wird sein Gewand unter ihnen verteilt, so wie es vom Ge-sang der Propheten schon vorher geweissagt war.Die figurenreiche Szene zeigt vier Soldaten, die um ein Spielbrett herum gruppiertsind, auf dem sie Spielsteine, ähnlich wie aufTriktrak-Spiel-Darstellungen, hin- undherschieben. In der rechten unteren Bildhälfte ist ein grünes Gewand zu sehen, umdas hier gelost wird. Es wirkt so steif, daß es aufrecht zu stehen scheint; damit ver-deutlicht der Maler die - nur bei Johannes 19,23 f. - über das Prophetenwort (Ps22,19) hinausreichende Motivation für das Losewerfen :"Erat autem tunica inconsuti-lis) desuper contexta per totum. Dixerunt ergo ad inoicem i; Non scindamus eam, sed sor-tiamur de ilia) cuius sit. "Links werden zwei weitere Soldaten stehend vorgeführt, vondenen der eine mit einer Lanze, der andere mit einer Fackel ausgestattet ist. Körper-haltung und Blickrichtung machen sie zu Beobachtern der Kreuzigung auf dem Bildder Gegenseite.

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fol. 15V: Finsternis und der Vorhang des Tempels zerreißt (Mt 27,45 u.

51-53; Mc 15,33 u. 38; Le 23,44f.)

Astra patent) sol, luna pavent et tartara parent.Scinditur et velum, tegitur cum turbine caelum.

Die Sterne werden sichtbar, Sonne und Mond verhüllen sich angstvoll und die Unter-welt muß gehorchen. Und es zerreißt der Vorhang des Tempels, und der Himmel be-deckt sich mit Sturmgewölk.

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Ein Altar links und die von der Decke hängende Öllampe rechts kennzeichnen denInnenraum, der sich zwischen zwei Säulen öffnet, als Tempelraum. Über dem Altarhängt von der Decke herab (und von einer Halterung in die Bildmitte gelenkt) einblauer Vorhang, der in zwei Teile zerrissen ist. Rechts davon sinkt ein jüdischer Prie-ster in die Knie, seine Hände sind zu einer Geste des Erstaunens angehoben, seinKopf ist nach rechts zurückgewandt. Im oberen Drittel des Bildes (über den Arkadendes Tempels) sind neben prächtiger Architektur auch die Personifikationen von Solund Luna dargestellt, die sich in Trauer mit einem Teil ihres Gewandes die Tränenaus den Augen wischen. Die trauernden Personifikationen von Sol und Luna gehö-ren in dieser Zeit zum ikonographischen Bestand der Kreuzigungsdarstellung, umdort die »Reaktionen" der Natur auf Christi Tod auszudrücken.

fol. 16V: Grablegung (Mt 27,55-61; Mc 15,40-47; Lc 23,50-53).

Quid ploras, mater? - Quia te tumulus manet ater!-Noli tristari! Sic debet homo reparari.Ecclesiae iungor, sie unctus praesule /ungor.

Warum weinst du, Mutter? - Weil dich das finstere Grab erwartet. - Trauere nicht!So muß der Mensch neu geschaffen werden. So werde ich mit der Kirche vermählt,so werde ich gesalbt als Priester meines Amtes walten.Das figurenreiche Bild wird vom Sarkophag in der Horizontalen in zwei annäherndgleiche Hälften geteilt. Die Trennung in zwei Hälften wirkt dadurch umso strenger,als keine der drei Personen, die vor dem Sarkophag versuchen, den Leichnam Christianzuheben, in die obere Hälfte ragt. Nur Christus selbst verbindet beide Bildteile.Der Unterkörper des Leichnams ist in ein blaues Leintuch mit ornamentalem Falten-wurf gewunden, dessen Oberfläche zusätzlich von Dreipunktblumen belebt wird.Sein Oberkörper wird links in der oberen Bildhälfte von Maria gestützt; sie ist durcheine Krone als künftige Himmelskönigin gekennzeichnet. Die männliche Gestalt hin-

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ter ihr, die zwei Ölgefäße in beiden Händen trägt und den Leichnam salbt, gehörtzum Kreis der Jünger, weil sie einen Nimbus trägt. Möglicherweise ist hier Josephvon Arirnathäa dargestellt, der bei Matthaus als discipulus bezeichnet ist. Andernfallsmüßte man ihn als den Mann mit Judenhut identifizieren, der in der unteren Bild-hälfte den Leichnam an den Füßen anhebt. Nach dem Wortlaut der Evangelien han-delt es sich bei den drei Frauengestalten um Maria von Magdala, Maria, die Mutterdes Jakobus und Salome, die Mutter der Zebedäus-Söhne. Die beiden erstgenanntenFrauen sind es wohl, die man in den beiden Frauengestalten des Vordergrunds wie-dererkennen darf, denn sie treten bei allen drei Synoptikern als Paar auf, das sich amEnde der Grablegung noch einmal vergewissert, wo der Leichnam liegt; bei Mat-thäus (27,51) werden sie als sedentes contra sepulcrum vorgestellt, was möglicherweisein der seltsam kauernden Haltung zum Ausdruck kommen soll. Die dritte Frauen-gestalt steht zusammen mit einer weiteren männlichen hinter dem Sarkophag; siehebt ein Salbölgefäß in die Höhe. Der männlichen Person, die den linken Arm desLeichnams umfaßt hält, fehlen weitere spezifizierende Attribute (wie Judenhut oderNimbus).

fol. 17r: Die Frauen am Grab (Mt 28,1-8; Mc 16,1-8; Le 24, 1-12).

Qui foit occisus, regnat deus amodo vivus.Cemite, quae dixi: Tumulus foit hie crucifixi!

Er, der zu Tode gebracht worden ist, ist nun König, Gott und ganz und gar lebendig.Überzeugt euch mit eigenen Augen von dem, was ich gesagt habe: Hier war das Grabdes Gekreuzigten.In einem überdachten Grabbau (dreitürrnige Architektur) sitzt rechts der Engel aufdem Sarkophag, dem Betrachter frontal zugewandt. Hinter dem geöffneten leerenSarg - der über den Rand hängende Teil des Leichentuchs unterstützt diesen Ein-druck - stehen die drei Marien mit runden Salbgefäßen. Zwei der Frauen schwenkenzusätzlich Weihrauchgefäße an Ketten, die Frau in der Bildmitte deutet mit derHand auf den Sarg. Die deutende Geste des Engels lenkt den Blick auf die Wächter,die über ihre Schilde und Speere zusammengesunken sind. Daß die am Boden liegen-den Wächter in die Darstellung der Verkündigung an die Frauen aufgenommen sind,ist nicht allzu häufig. Sie rechtfertigt sich auch nur nach dem Wortlaut von Matthaus(27,2-4), bei dem die furchterregende Erscheinung des Engels mit Erdbeben undblitzähnlichem Glanz geschildert wird: Prae timore autem eius exterriti sunt custodes etfacti sunt velut mortui. Eine ähnliche Komposition der Szene findet sich auch im Gen-genbacher Evangeliar (fol. 73v; Abb. 56 A. Butz).

fol. 20r: Der Auferstandene erscheint den Jüngern (Mt 28,16-20;Mc 16,14-20; Le 24,36-53; 10 20,19-23).

Omnia iam vici pro vobis passus, amici.Vulnera clavorum signum palpate laborum.Vobis cum, eari, volo tempera cuncta morari.

Alles, was ich für euch erlitten, meine Freunde, habe ich nun überwunden. Liebkostdie Wunden der Nägel, das Mal meiner Leiden. Mit euch, ihr Lieben, will ich nunalle Zeit sein.Der Auferstandene nimmt die Bildmitte ein; er überragt an Körpergröße die sechssichtbaren Jünger, von denen je drei zu beiden Seiten zu ihm aufschauen. Christussteht erhöht auf einem angedeuteten Hügel. Der Maler scheint dem Wortlaut nachMatthäus zu folgen, bei dem die Jünger nach Galiläa auf einen Hügel hinaufsteigen,den Jesus ihnen als Erscheinungsort angekündigt hatte. Nur dort spricht er zu ihnenauch die Worte, die in der hexametrischen Umschrift zitiert sind: Et ecce ego vobis-

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cum sum omnibus diebus usque ad consummationem saeculi (28,20). In der Rechtenhält Christus zum Zeichen seiner Allgewalt über Himmel und Erde (Mt 28, 18: Dataest mihi omnis potestas in caelo et in terra) die Siegesfahne am Fahnenschaft, dessenSpitze in ein Kreuzzeichen ausläuft (die Fahne selbst ist grün, entgegen der üblichenfarbliehen Gestaltung mit roten Zeichen auf hellem Untergrund). Das Gewand desAuferstandenen ist togaartig drapiert, so daß der Oberkörper auf der rechten Seiteentblößt ist, um das Wundmal in der Brust sichtbar zu machen. Auch die predigendeGeste seiner Hand ist so gewählt, daß das Mal des Kreuzesnagels erkennbar wird.

fol. 21': Der Auszug der Väter aus dem Limbus (Mt 27,52-53?)

Nos deus e portis tu/it et discrimine mortis.Quam dum destruxit, nos inde resurgere iussit.

Gott hat uns den pforten und der Gefahr des Todes entrissen. Indem er den Tod ver-nichtet hat, ließ er uns wiederauferstehen.Daß es sich hier um eine Auferstehungsdarstellung handelt, wird an dem Sarkophagerkennbar, über dessen Rand vier Personen steigen. Im Gegensatz zu vergleichbarenDarstellungen, auf denen Christus Adam an der Hand aus dem Grab heraufführt,sind hier die Auferstandenen ohne ihren Retter gezeichnet. Möglicherweise hat sichder Maler so auf den Text bei Matthaus beziehen wollen; von den vier Evangelistenkann nur er eine vage Anregung zu dem Bild geliefert haben, denn nur bei Matthäusheißt es, daß bei Christi Tod sich die Gräber öffneten und viele Heilige als Auferstan-dene gesehen wurden. Die Anhaltspunkte für die bildliehe Tradition sind vielmehr imapokryphen Nikodemus-Evangelium und dem dort geschilderten descensus ad inferoszu suchen. Der nackte bärtige Mann, der zum Zeichen seines hohen Alters einenStock mit sich trägt, ist demnach Adam. Er wird von einem jüngeren jüdischen Manngestützt, der eine große Harfe mit sich führt, welche ihn als einen der jüdischen Kö-nige, entweder David oder Salomon, ausweist. Die beiden Gestalten, die von derrechten Seite kommen, sind nicht durch Attribute bestimmbar und sollen wohl exern-plarisch die nachfolgende Schar der Auferstandenen zum Ausdruck bringen.

Cl. W.

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