Youngspeech Magazin #2 (01/2012)

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Nichts als Theater Kultur in MD Schwarz auf Weiß Künstlerportraits Ab in die Natur Festivalvorschau Noch Geiler! Streetart Teil Zwei Das Szene- Magazin für Magdeburg Christian Ulmen + Markus Kavka im Interview Die Generation MTV meldet sich zu Wort Aufmucken Demonstrationskulturen von Magdeburg bis Kairo Ausgelogged Ein Überlebensversuch ohne Spass und Freunde? Ausgabe März / April 2o12 4 Seiten mehr zum GLEICHEN PREIS!! A Ausg b abe ärz rz / / / / A A A Apr pril il il 2 2o12

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Youngspeech Szenemagazin für Magdeburg - Kultur ist überall! Youngspeech entdeckt für Euch die unzähligen Kleinigkeiten, die diese Stadt bewegt.

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Nichts als Theater…Kultur in MD

Schwarz auf WeißKünstlerportraits

Ab in die NaturFestivalvorschau

Noch Geiler!Streetart Teil Zwei

Das Szene-Magazin für Magdeburg

Christian

Ulmen + Markus

Kavka imInterviewDie Generation MTV meldet sich zu Wort

AufmuckenDemonstrationskulturenvon Magdeburg bis Kairo

AusgeloggedEin Überlebensversuch ohne Spass und Freunde?

Ausgabe März / April 2o12

4 Seiten mehr zum GLEICHEN PREIS!!

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Magdeburger Zwickmühle Politisch-Satirisches Kabarett

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Telefon: (03 91) 5 41 44 26

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Chefredaktion:Andreas Lilienthal V.i.S.d.P.

stellvertretende Chefredaktion:Christian Geipel, Sophie Hubbe

Art Director:Jörn Rohrberg // http://www.mfjweb.de

Produktionsleitung:Andreas Lilienthal, Christian Geipel, Jörn Rohrberg

Covergrafik:Steffen Jany // http://idep.tumblr.com

Redaktion:Maria Urban, Angela Peltner, Juliane Ahrens, Dominik Grittner, Isabell Redelstorff, Jenn Rudloff,Daniel Jakubowski, Jörn Rohrberg

Fotoredaktion:Christian Geipel, Andreas Lilienthal, Juliane Schulze, Robert Meinel, Jasmin Weinert

Lektorat:Juliane Ahrens, Daniel Jakubowski, Christian Geipel

Herausgeber:Youngspeech Media e.V.Otto-von-Guericke-Straße 6339104 [email protected]

Anzeigenredaktion:[email protected] MediaMagdeburg

Druck:flyeralarm GmbH, Alfred-Nobel-Str. 18, 97080 Würzburg

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Wir werden wohl nie verstehen, warum so viele Menschen alles immer nur schlechtreden müssen. Wieso nicht einmal nur das Positive sehen und an den kleinen Dingen im Leben erfreuen? Das Jahr 2012 ist gerade einmal drei Monate alt und wir haben schon wieder so viele tolle Dinge erlebt. Erst kürzlich outete sich das Ordnungsamt zum Beispiel als Fan der Empty Guns. Doch weil der Großteil der Beamten an dem Tag des Konzerts der sympathischen Jungs im Café Central arbeiten musste, verboten sie kurzerhand den Auftritt. Soviel Fan-Enthusiasmus muss auch einmal gelobt werden.

Auch wir haben Grund zum Feiern. Nein, es ist zwar noch keine Jubiläumsausgabe, aber immerhin schon das zweite Heft – Wie gesagt einfach mal an den kleinen Dingen des Lebens erfreuen.

Grund genug für einen kleinen Blick zurück in die Wilde Zeit der Anfangsjahre des Youngspeech Szenemagazins. Wir schrieben das Jahr 2011 und vor dessen brutaler Realität versuchten wir uns zu verstecken. Christian Wulff war noch Bundespräsident und Thomas Gottschalk nur ein Ex-Wetten Dass-Moderator, anstatt der neue Talkshowheld des Deutschen Fernsehens.

…Und jetzt? BÄM… das zweite Exemplar des Youngspeech Szenemagazins liegt nun in euren Händen mit sage und schreibe vier Seiten mehr fürs gleich Geld.

Im aktuellen Heft haben wir für euch die Macher der MTV-Generation ausgegraben und die aktuelle Jugendgeneration unter die Lupe genommen. Des Weiteren haben wir uns auf die Suche nach der Magdeburger Theaterkultur gemacht und den Lüsten der digitalen Welt, für einen ultimativen Selbstversuch, entsagt. Außerdem finden wir Street-Art in Magdeburg nun noch GEILER und heizen euch schon einmal auf die kommende Festivalsaison ein.

Also viel Spaß beim Lesen und immer fleißig weitersagen. Einen sonnigen Tag wünscht Euch die Youngspeech Redaktion.

Andreas Lilienthal / Chefredakteur

die kalten ja regelrecht eisigen Tage dürften nun endlich fürs erste der Vergangenheit angehören. Bei einem Blick aus dem Fenster der Redaktion stellen wir mit entzücken fest: die Kleider werden luftiger und das Lächeln der Menschen breiter. Zumindest bei den meisten. Es gibt da natürlich noch die alt eingesessen, miesepetrigen Dauerunzufriedenen.

Liebe Leserinnen und Leser,

Editorial

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Demonstrations-Demonstrations-kulturkultur 06 - 09

Streetart-Szene Streetart-Szene Magdeburg IIMagdeburg II 20

Inhalt #2

1 Editorial

4 Magdeburg Impressionen

5 Künstlerportrait

6 Demonstrationskultur

8 Brennpunkt:: Ägypten

10 Rezensionen

11 Novelle

12 Theaterlandschaft

14 Verlosung

15 Michmekosmos

17 Begbie

18 Interview: Kavka

21 Streetart//Teil2

23 Interview: Ulmen

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Karikiert Karikiert vs. Kleinkariertvs. Kleinkariert 28

Festivals:Festivals:unsere Vorschauunsere Vorschau 30

24 Versuchslabor

26 Tippster

27 Kolumne

28 Künstlerportrait: Phil Hubbe

30 Festivalvorschau

32 Outro

na, erkannt?

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Magdeburg Impressionen

Magdeburg Impressionen

LUKAST

DU BIST

theatralisch...

wie du bist...

COME IN

gut aufgelegt...

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Freiwilligenagentur Magdeburg

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Beim ersten Mal tat's noch weh... Beim ersten Mal tat's noch weh...

Erste Aufl age des Erste Aufl age des

Kulturpreises Blauer Bock. Kulturpreises Blauer Bock.

RandnotizRandnotiz

Es werde Licht! Es werde Licht!

Der Eingang des Der Eingang des

Schauspielhauses Schauspielhauses

erstrahlt wieder in erstrahlt wieder in

altem Glanz.altem Glanz.

Endlich wieder etwas, gegen das Endlich wieder etwas, gegen das

man protestieren kann! man protestieren kann! ACTAACTA trieb trieb

mehrere hundert, vorwiegend junge mehrere hundert, vorwiegend junge

Magdeburger, auf die Straße.Magdeburger, auf die Straße.

4 Youngspeech

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Ein studierter Soziologe räkelt sich auf dem roten Sofa im hinteren Teil des Café Centrals. Schüchtern richtet er seine gestreifte Mütze und blickt durch den Raum. Im Mittelpunkt stehen, das ist nicht seine Leidenschaft. Dabei hat Steffen Jany, Creative Director, Mitbe-sitzer vom Café Central und freier Illus-trator, eine riesige Kiste gefüllt mit ver-gangenen und zukünftigen Projekten anzubieten. Zeichnen, so einfach zum Beruf gemacht? - Steffen ist befreundet mit verschiedenen Musikern, da er aber eher unmusikalisch ist, blieb nur die Möglichkeit der freien Gestaltung von Flyern und Plakaten. Welch ein Glück! Er konnte sich bereits früh ausprobie-ren und stets ein Stückchen wachsen. Warum dann ein Soziologiestudium? Auch wenn er sich gerne an verschiede-nen Kunsthochschulen beworben hätte, wählte er aus finanziellen Gründen zu-nächst ein Studium der Computervisu-alistik. Nur ein Problem ergab sich: Die Kreativität blieb hierbei auf der Stre-cke. Kurzum brachte ihn sein Interesse für Politik, mehr noch die Klassiker der Soziologie, zu dem Bereich der Geis-teswissenschaften. „Zeichnen kann ich schließlich jeder Zeit“, murmelt Steffen.

Er hat viel zu tun. Für den schüchternen Projektmanager ist seine Arbeit jedoch positiver Stress: „Ich habe einen ziem-lich guten Job abbekommen“, lächelt er verschmitzt. „Ich kann meinen Beruf auch für private Interessen nutzen und eigentlich ist es keine Arbeit, wenn es Spaß macht.“

Inspiriert wird Steffen in verschieden Situationen. Manchmal ist es ein altes Filmplakat oder auch eine persönliche Wahrnehmung während eines Spazier-gangs, die seinen Ehrgeiz anregen. Kre-ativ ist er nach einem wirksamen Motto: „Das habe ich noch nie gemacht, lass es uns versuchen!“

Freunde besuchen und andere Städ-te sehen, das braucht der engagier-te Illustrator, um sich von Aufträgen, möglichem Stillstand und einseitigen Blickwinkeln freizukämpfen. Seinen Ar-beitsplatz hat er jedoch immer dabei: „Ich arbeite immer mit meinem kleinen Rechner“, erzählt Steffen zaghaft, wäh-rend er seine Beine überschlägt.

Was ist ihm im Alltag wichtig? „Es sind die Menschen“, antwortet er mit einem festen Ton. Sein Freundeskreis ist eine wilde Mischung verschiedenster Cha-raktere, die offen und mit großem In-teresse seine Entwicklung begleiten. Sein Vater wollte gerne Comiczeichner werden und fragte ihn einmal womit er eigentlich sein Geld verdiene. Steffen antwortete ganz pragmatisch: „Ich male Bilder und andere bezahlen mich dafür.“ Sein Beruf macht ihm Spaß, aber zufrie-den will er sich nicht nennen. „Das klingt so nach Stillstand“, erklärt Steffen ein-dringlich. Weitere Veranstaltungen sind in Planung. Als nächstes: Schwarzes Gold. Jeder ist eingeladen seine Vinyl-platten mitzubringen und drei Songs vorzustellen. Steffen grinst: „Es geht doch einfach darum etwas zu probieren und egal wie es ausgeht - gelernt wird immer.“

» Text: Isabell Redelstorff » Illustration: Steffen Jany

Schon Bürgermeister Herr Jany?

Künstlerportrait

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Zwei Jugendliche stehen an einer Häu-serwand. In der linken Bildhälfte ein alternativ gekleideter Junge mit langen Haaren, unrasiertem Gesicht und ei-nem Protestschild in der Hand. In der rechten Bildhälfte liegt ein betrunkener Teenager. Die Bierflasche in der Hand grölt er „Prost“. Die Karikatur von Roger Schmidt trägt die Bildunterschrift „Ju-gend damals – heute“. Pauschalisierend werden Jugendliche als unpolitisch und spaßorientiert parodiert, dabei demons-triert die „Jugend von heute“ wieder und das häufig extremer, als wir es aus dem politischen Alltag gewohnt sind.

Ob es Farbbomben auf dem Bundes-ministerium für Finanzen sind - als ein Zeichen gegen die Finanzkrise - oder wochenlang besetze Hörsäle an den Universitäten im Rahmen des Bil-dungsstreikes – die Demonstranten versuchen mit ihrem Protest so medi-enwirksam wie möglich zu handeln, da-mit der Unmut auch über den Kreis der Protestierenden hinaus bemerkt wird.

Auch in unserer Stadt gibt es vergleichsbare Protestbewegungen.

So versammelten sich am 14.Januar 2012 in Magdeburg, bereits zum vier-ten Mal, über 10 000 Menschen auf der Meile der Demokratie. Gemeinsam demonstrierten sie gegen den „Trauer-marsch“, den Rechtsextreme anlässlich des 67. Jahrestages der Bombardierung Magdeburgs am 16.Januar 1945 orga-nisiert haben. Die Presse berichtete bundesweit mit Schlagzeilen wie „Der Aufschrei wird lauter“ (taz, 15.01.2012), „Mehr als 10 000 bei Protesten ge-gen Nazis“ (BILD, 14.01.2012), „Mag-deburg steht gegen Rechts auf“ (n-tv, 15.01.2012).

Ob dafür oder dagegen – jeder Mensch hat eine Meinung. Immer mehr, besonders junge Menschen, tragen diese auf die Straße. Sie wählen den Weg der Demonstrati-on und schaffen mit ihren speziellen Formen des Widerstands eine neue Protestkultur.

Auf die Auf die Straße Straße

LOS! LOS!

fertigfertig

Demonstrationskultur

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Besonders auf diese Berichterstattung sind Demonstrationen angewiesen. Es wird immer wichtiger auf sich aufmerksam zu machen, um mit seinem Protest nicht übersehen oder überhört zu werden.

In Magdeburg bildeten sich Menschenketten, die den Aufmarsch der Rechtsextre-men behindern sollten. Verkleidete Menschen demonstrierten für ein „Bunt statt Braun“. Mit lauter Musik und einer, den Umständen der Meile der Demokratie fast unangebrachten, guten Laune wirkten die Demonstranten dem Trauermarsch ent-gegen und äußerten mit zahlreichen Bannern und Plakaten ihr Unverständnis und ihre Ablehnung gegenüber den 1200 Rechtsextremen.

Bis an die Grenzen der moralischen Empfindsamkeit gingen die Demonstranten bei ihrem Protest. So liefen junge Menschen, in KZ-Sträflingsanzügen gekleidet, mit Metallketten an den Füßen und einem Transparent mit der Aufschrift "Für das Erinnern – Wir trauern um jeden Menschen, den wir an den Faschismus verlieren" durch die Stadt.

Kaum einen Monat später versammelten sich erneut zahlreiche, überwiegend junge Menschen, auf dem Bahnhofsvorplatz in Magdeburg. Mit selbst gebauten Bannern und Protestschildern demonstrierten sie gegen das geplante europäische Handelsabkommen ACTA. Weniger bunt, dafür umso düsterer mit Vendetta-Mas-ken getarnt, zogen um die tausend Demonstranten durch die Stadt. Die Demons-trationen gegen das ACTA-Abkommen zeigen wie effektiv die neue Protestkultur sein kann. Es ist ein Erfolg der zahlreichen Kundgebungen, dass in einigen Ländern die Ratifizierung des Gesetzes bereits eingestellt wurde.

Die Demonstrationskultur ist im Wan-del. Es ist deutlich erkennbar, dass mehr Jugendliche demonstrieren und zwar auf einem Weg, der häufiger zum Extremen neigt. Der Übergang zur ext-remeren Protestkultur bedeutet jedoch auch eine Gefahr der Ausartung. Ge-rade Gruppierungen wie „Anonymous“ verleiten zu Übertreibungen, die die Schlichtung eines Konfliktes schwieri-ger machen. Nichts desto trotz gehen immer mehr junge Menschen wieder auf die Straße, um ihre Meinung zu äußern. Es ist dennoch eindeutig, dass die Beteiligung der Gesellschaft im All-gemeinen noch zu gering ist. So schei-nen 10 000 Menschen, die auf der Meile der Demokratie gegen den Aufmarsch der Rechten demonstrierten, zwar sehr viele zu sein – nicht jedoch wenn man bedenkt, dass in Magdeburg rund 220 000 weitere Menschen leben, die sich dazu entschlossen haben, nicht aktiv zu werden.

Die zahlreichen ACTA-Demonstrati-onen sind vielleicht ein Umbruch, der eine heterogene Masse von Demons-tranten zusammen bringt. In diesem Sinne sollten wir auch weiterhin für das kämpfen was wir noch haben, bevor wir es verlieren.

» Text: Sophie Hubbe

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Brennpunkt:: Ägypten

…aber in einem Land, in dem ungerechte Zustände herrschen, gehört es sich, auf die Straße gehen.

Ägypten–Kairo. Die Pendlerbusse bringen die arbeiten-de Bevölkerung wie gewohnt durch die Stadt. Mitten im lärmenden Verkehr gibt es feste Treffpunkte zum Abgeholtwer-den - dort warten die Leute auf den Bus, manchmal wartet auch der Busfahrer auf Freunde, die später kommen.

Es ist November 2011 und die zweiteWelle des Arabischen Frühlings hatbegonnen. Nachdem im Februar 2011 das erste Mal der Tahrir-Platz von Menschen aus allen Schichten mit dem Wunsch nach Demo-kratie gestürmt wurde, war der Unmut über fehlende Reformen erneut Anlass für zahlreiche Auseinandersetzungen.

Ich selbst heiße Jasmin, bin 24 Jahre alt und studiere Ethnologie und Nahoststu-dien. Durch eine NGO bin ich nun in Ägyp-ten im Bereich "Desert Development" tätig. Ich entschied mich für dieses Prak-tikum, um mir die arabische Lebensweise aus nächster Nähe anzuschauen, meine Sprachkenntnisse aufzubessern und mein Studium mit Praxiserfahrung anzu-reichern. Als ich Mitte Oktober nach Kairo kam, war es ruhig, die Arabellion bereits ein halbes Jahr her. Doch es passierte viel, und dies innerhalb der zwei kurzen Mo-nate, die ich hier verbrachte.

Gespräche, Geklopfe und Geschosse - vom zusammen Demonstrieren bis zur unbeschadeten Heimkehr.

Ein Nebel wie nach Silvester lag über dem Platz und wir liefen meist geduckt, um den Gummi-Geschossen des Mi-litärs auszuweichen. Man hörte oft Geschichten von Menschen, denen

Militär und Polizei absichtlich ins Gesicht zielten und dabei nicht selten ihr Augen-licht verloren. Auch Tränengas flog in die Menge und darüber hinweg. Oft gab es heikle Momente, in denen neben der Chemie auch viel Spannung in der Luft lag, besonders aufgrund der andauern-den Rufe von Verletzten.

Für die meisten Demonstranten war der Protest am Tahrir-Platz mehr als Widerstand: er schuf auch Gelegen-heit und Raum Freunde zu treffen. Man kam, um zusammen zu sein und sich auszutauschen – der Tahrir-Platz wurde zu einem Ort der sozialen Zu-sammenkunft von Menschen, die alle eine gemeinsame Hoffnung in sich trugen. Faszinierend für mich war da-bei die Überwindung verschiedenster sozialer Hintergründe: Ärzte, Händler, Studenten und Arbeitslose, Junge und Alte hatten alle ein gemeinsames Ziel: Bessere Verhältnisse zu schaffen.

In einer Stadt, in der es kaum Bürgersteige gibt, ist es einfach auf die Straße zu gehen…

Eines Tages Eines Tages war alles ruhigwar alles ruhig

» Text: Jörn Rohrberg » Erinnerungen & Fotos: Jasmin Weinert

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Oft saß ich vor Feierabend mit den Kollegen zusammen und wir redeten über die Vorgänge und Entwicklungen in und um den Tahrir-Platz. Neue Meldungen im Minutentakt verfolg-ten wir auf Twitter und Facebook. Es gab Tage an denen ich es kaum erwarten konnte nach Feierabend nach Downtown zu fahren, um mit eigenen Augen zu sehen, was passiert, Freunde zu treffen und mich mit den Demonstrierenden aus-zutauschen. Als Außenstehender war es meist schwierig die Gefährlichkeit der Situation richtig einzuschätzen. Die meis-ten Angriffe des Militärs geschahen spontan, sodass man sich manchmal urplötzlich in einer, dem Tränengas entfliehenden, Menge wiederfand.

Mit der Sprühflasche in der Hand und dem Herzklopfen in der Brust.

Als ich erneut in der Nähe einer Demo mit meinen Freunden unterwegs war – wir wollten grade zur Wohnung eines Be-kannten – kamen uns in einer Straße ein paar Leute entgegen, deren Gesicht ganz in weißen Staub gehüllt war. Sie atmeten schwer und hatten rote Augen. Als hätten sie eine bizarre Maske auf, kamen sie uns entgegen, von Schmerz und Staub gezeichnet, mit Tränengas in der Lunge, laut hustend. Inzwi-schen fand man überall so etwas wie ein hausgemachtes Ge-genmittel gegen die Waffen der Regierung: eine Lösung aus Wasser und einem Medikament gegen das Brennen und den Schmerz, die mit Sprühflaschen auf die Augen der Verletzten aufgetragen wurde.

Meine Freunde und ich halfen den angegriffenen Vorbeilau-fenden mit dieser Lösung. Aber auch wir selbst mussten des öfteren Gebrauch von dieser schnellen Hilfe machen, wenn wir uns den Weg durch den Gasnebel in die Wohnungen unserer Freunde oder auch nur die Menge machten.

Viele benutzten die losen Wellblechverschläge, die von den Tü-ren und Fenstern entfernt wurden als Schild, wenn Sie durch die engen Straßen mussten. Obwohl einige der Demonstran-ten Feuerwerkskörper und andere Wurfgegenstände benutz-ten, um sich gegen Polizei und Militär zu wehren, waren die meisten zum friedlichen Protestieren gekommen. Sie machten ihrem Ärger und Frust eher durch Plakate und Sprachchöre Luft und formulierten damit gleichzeitig ihre immer stärker werdenden Forderungen für die Weltöffentlichkeit.

Eines Tages war einfach alles ruhig.

Alles Erzählte passierte in einem verdichteten Rahmen und nach nicht ganz zwei Wochen war all das vorbei.

Die Menschen und die Regierung hatten sich auf eine Art Frie-den geeinigt und für einen geordneten Alltag entschlossen. Niemand wollte mehr Tote oder Verletzten auf den Straßen, dessen waren sich beide Seiten sicher.

Die Jugend von Kairo wird mir auf jeden Fall in Erinnerung bleiben. Trotz aller Bedrohung haben sie patriotisch für ihr Land und ihre Freiheit gekämpft. Den Widrigkeiten wurde mit Freundschaft, Humor und auch Sarkasmus begegnet und ich lernte eine sehr gebildete und kreative Szene kennen Diese eindrückliche Zeit werde ich noch für lange Zeit in mei-nem Kopf und Herzen tragen. Auch zurück in Deutschland habe ich meine Verbindung zu den andauernden Reformversuchen der künstlerisch aktiven Jugendlichen nicht verloren, fand ich doch einen jungen Demonstranten im Getöse der Arabellion, der meine Hand seitdem nicht mehr losgelassen hat.

» Mehr Infos unter: youngspeech.de/arabellion » Jasmins Blog: youngspeech.de/jasmin

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Rezensionen

UBooks Verlag, 230 Seiten

Andreas Kurz - Ohne Ziel

„Nichts passte zusammen, überhaupt nichts, er war verkehrt, alles war zum Kotzen verkehrt“. Das ist die Ausgangssituation des Antihelden Simon „Bandido“. Er trinkt viel zu viel Bier für einen Pubertierenden, lebt bei seiner Großmutter, irgendwo im Wald. Erst als Simon eine Waffe beim Spazierengehen findet, kann er sich wieder für etwas begeistern. Er besorgt sich eine Patrone, kleidet sich in Camouflageklamotten und ist fasziniert von dem Gedanken über Leben und Tod entscheiden zu können.

Ja, das Ganze hat etwas von Nick McDonells „Zwölf“, bloß auf dem Land. Mit dem Unterschied, dass alle Charaktere etwas abgedrehter, etwas radikaler sind. Auch wenn Andreas Kurz etwas Anlauf braucht, schafft er es, die Unsicherheiten in Zeiten der Adoleszenz einzufangen und in ein bedrohliches Szenario zu versetzen. Mit einem Finale, das Jack Ketchum nicht hätte besser schreiben können. Hier passt alles zusammen, hier ist nichts zum Kotzen verkehrt.

Unsichtbar Verlag, 205 Seiten

Christoph Strasser - Semesterferien

Es ist ein Klischee: Studenten sind faul, ständig besoffen und haben keinen strukturierten Alltag.

Und ja: Nach Christoph Strasser ist an dem Klischee etwas dran. Doch er weist auf einen wichtigen Faktor hin, der oft übersehen wird, denn der Student muss sich nebenbei finanzieren. So auch Platon, Jim und Lakai, die neben ihren Jobs managen müssen, in der Bar abzuhängen, Neo-Nazis zu verprügeln und über das Leben zu philosophieren. Im Call-Center oder einem Café zu arbeiten kann da nicht nur nerven, sondern auch erniedrigend sein, doch die Freunde helfen sich immer wieder auf die Beine, indem sie sich gegenseitig dummlabern – selten wurde eine Männerfreundschaft so authentisch beschrieben wie hier. Leider wird in „Semesterferien“ der Alltag auf dem Campus nicht angesprochen, das herrlich oberflächliche Partyleben steht im Mittelpunkt. Das liest sich leicht, es gibt einiges zu lachen, die Handlung aber hat zu viel Leerlauf. Dank schnörkelloser Sprache und flachen Witzen für langweilige Vorlesungen bestens geeignet, um mal bei dem Klischee vom faulen Studenten zu bleiben.

Festa Verlag, 176 Seiten

James M. Cain – Wenn der Postmann zweimal klingelt

Für Literatur aus dem Jahr 1934 wirkt Cains Roman überraschend, denn „Wenn der Postmann zweimal klingelt“ liest sich fast wie ein Drehbuch: rasant, dialogreich, kurzweilig. Es geht um den mittellosen Vagabund Frank Chambers, der irgendwo in Kalifornien in der Raststätte von Ehepaar Nick und Cora landet. Von Nick wird er eingestellt, mit Cora fängt er ein Verhältnis an. Frank und Cora wollen durchbrennen, doch das klappt nicht, denn Cora hängt zu sehr an dem, was sie sich mit Nick aufgebaut hat. Also gibt es nur eine Möglichkeit: Nick muss sterben. Der Roman wirkt kalt und roh, besonders durch Frank, dem distanzierten Ich-Erzähler, der für Sex und Geld bereit ist zu morden. Cains Roman brach mit den Konventionen und gilt als erster Roman Noir, der ein ganzes Genre definierte. Der Grundstein für den Hard-boiled Krimi. Das war nicht nur seiner Zeit voraus, sondern ist heute immer noch packend.

ACHTUNG: Youngspeech verlost jezwei Exemplare von „Ohne Ziel“ und "Wenn der Postmann zweimal klingelt" – Mehr auf Seite 14

» alle Texte: Dominik Grittner

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short story

Bis vor ein paar Sekunden war es echt ein schöner Abend. Und hey, immerhin sprechen wir hier über einen Abend in der Baracke. Ich habe drei Wodka-E intus, bin also etwas ange-trunken aber hab so viel Zucker im Blut, dass ich mir einen Wolf tanzen kann. Meine Kommilitonen sind ein echt korrek-ter Trupp und das Wichtigste: Meike ist dabei. Meike finde ich seit zwei Semestern unheimlich süß, aber wir sind vorher nie über „Was willst du später mal machen?“ oder „Ja, das Essen in der Mensa schmeckt scheiße“ hinaus gekommen.

Eben habe ich mit ihr zu den Beatsteaks getanzt, sogar zu Let me in, also einem Song, den die ganzen Modefans nicht kennen. Das hatte schon etwas intimes, finde ich. Nun sind wir vor die Tür gegangen um eine Lucky Strike zu rauchen. Wirklich ein wahnsinnig geiler Abend, bis…

„Was du mich anrempelst, hab ich gefragt!“

Und bisher dachte ich, auf dem Unicampus gäbe es nur nette Menschen. Vor dem Studentenclub meiner Uni kann ich doch nicht dumm angelabert werden. Schlägereien? In Olvenstedt oder Buckau, aber nicht auf dem wunderschönen Campus der Otto-von-Guericke-Uni.

Der Typ vor mir, mit seinem Zwei-Millimeter-Cut, dem Bil-labong-Sweatshirt, den Ohrringen mit eingravierten Tribals, der Typ ist der Grund, warum man eine Ausweiskontrolle vor Betreten der Uni einführen sollte.

Ich denke an Fight Club, wünsche mir ein alter Ego wie Tyler Durden. Jemand, der macht, was er für richtig hält. Jemand, der zuschlägt, wenn es sein muss. Es heißt, erst durch einen Kampf fühle man sich lebendig.

Ich balle meine Hand zur Faust. Genau in diesem Moment schlägt der Typ mir mit seiner fla-chen Hand ins Gesicht. Nicht doll, ein kleiner Klaps. „Verstehst‘ mich jetz?“

Die Menschen, die vor der Baracke stehen, rauchen, flirten, saufen, frische Luft schnappen, sie alle schauen mich an. Sie alle schauen mich an und denken: Was für ein Trottel, dass er sich so was gefallen lässt. Und das auch noch vor dem Mäd-chen, das auf ihn steht.

Ich sehe mich, wie ich vom Boden abspringe, den Arm aus-gestreckt. Meine Faust prallt auf das Kinn von Mr. Billabong. Auf sein frisch rasiertes, mit Nivea eingeriebenes Kinn. Er geht zu Boden und die Menschen, die vor der Baracke stehen, rauchen, flirten, saufen, frische Luft schnappen, sie alle ap-plaudieren. Meike fällt mir um den Hals, wir gehen zu mir und haben Sex, wie man ihn nur nach drei Wodka-E haben kann.

In Wirklichkeit steht der Typ vor mir, bereit zum Schlag. „Ich zähle bis drei“, sagt er, „dann hältst du mir deine Scheißkippen unter die Nase.“

nur Ein bisschen Tyler Durden„Was rempelst du mich an?“

„Bist stumm wa? Ein stummer Student, heh?“

Liebe Meike, hier hast du drei Euro. Geh in die Baracke und hol dir noch ein Becks Lemon. Denn was hier gleich passiert willst du garantiert nicht sehen.

„Gib mir ‘ne Kippe und wir vergessen das Ganze.“ Jetzt grinst Mr. Billabong. Seine Zähne sind weiß wie der Schnee auf den Alpen.

Kann ich mich wirklich mit jemandem schlagen? Ich habe mich seit der Grundschule nicht gekloppt. Was, wenn er mich alle macht? Ich bin ein akademisches Weichei. Ich kann argumen-tieren bis allen die Luft ausgeht, aber zuschlagen kann ich wie Gandhi.

Nur ein bisschen Tyler Durden, denke ich mir. Nur ein kleines bisschen.

Ich greife in meine Tasche, hole die Schachtel Luckys heraus, halte sie ihm entgegen. Er greift zu, nimmt gleich zwei, haut mir auf die Schulter und grinst mich mit seinem alpinen Gebiss an. Und als er sagt „Na geht doch“, sich umdreht und sich eins mit seiner Billabong-Connection ablacht, da wünsche ich mir nichts sehnlicheres, als dass ich zugeschlagen hätte, ganz egal ob ich verprügelt worden wäre oder nicht.

» Text: Dominik Grittner » Foto Robert Meinel

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Prolog

Das Licht im Saal geht aus, ich blicke wie immer kurz an die Decke und betrachte, wie die Beleuchtung im hohen Gewölbe über mir langsam verglimmt. Wie meistens habe ich schon ein Begrüßungsbier intus und im Programmheft die Besetzung analysiert. Die Türen werden geschlossen und der Raum taucht in die folgende Geschichte ein. Dann hebt sich der Vorhang – meistens nur noch symbolisch – und gibt den Blick auf ganz unterschiedliche Welten frei. Manchmal sehr konkret, meistens stilisiert, eine angedeutete Szene, formbar.

1. Aufzug

Als ich zwischen zwei Proben von Reigen auf der verwaisten Bühne stand, spürte ich die erstaunliche Stille dieses sonst so belebten Ortes. Wie ein Wohnzimmer, das überstürzt von der Fami-lie verlassen wurde. Die Sofakissen noch warm, die Heizung noch aufgedreht. Wenn man in einer Probe sitzt, sieht man die Arbeit, die hinter den scheinbar perfekt gesetzten Elementen auf der Bühne steckt. Innerhalb von einigen Stunden wandelt der Saal sein komplettes Gesicht. Was wie zufällig wirkt, ist alles unter Kontrolle. Ein Regisseur sagte einmal zu mir, es gäbe keine Bewegung, keinen Schritt auf der Bühne, der nicht geplant sei. Und doch ist die Dynamik auf einer Schauspielbühne unvergleichlich. Wer meint, er würde ein Stück kennen, weil er es schon einmal in einem anderen Theater gesehen hat, der irrt gewaltig. Jede Aufführung ist anders, jedes Mal sind die Schau-spieler in einer anderen Stimmung, sie ändern Nu-ancen, die Betonung oder die Geschwindigkeit. Diese Lebendigkeit kann kein Film vermitteln.

2. Aufzug

Eine Aufführung ganz leise über die Hintertreppe be-tretend, fand ich einmal einen fast leeren Zuschau-erraum vor mir. Es herrscht eine gespenstische At-mosphäre, wie in einem Bundesligaspiel vor leeren Rängen. Der Zuschauer ist der zwölfte Mann. Aber nicht alle Geschichten finden Anklang beim Publi-kum. Magdeburg findet viele Zwischentöne auf der Tonleiter der großen Titel. Durst – bedrückender Re-alismus. Eine eigene Bearbeitung des Frankenstein-mythos.

Kulturelle IdentitätMagdeburg – Theaterland.

Schauspielhaus.

Schauspiel hält

den Spiegel vor,

probiert aus

und zeigt, was

wir uns nicht

trauen. Schau-

spiel präsentiert,

überhöht und

emotionalisiert.

Schauspiel er-

klärt sogar.

Darum ist

das Theater

ein Mittel-

und Konden-

sationspunkt

der kulturel-

len Gesell-

schaft, auch

in Magdeburg

Theaterlandschaft

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Ein Liederabend zu den Rolling Stones. Manches davon zieht, Klassiker sind trotzdem notwendig und wer hätte es gedacht: Nach wie vor lockt Goethes Faust zahlreiche Menschen vom Sofa in den Theatersaal – auch in Magdeburg. Vermarkten lässt sich bekanntlich al-les. Übrigens auch Theater. Denn wenn sich nicht gerade das irgendwie immer gleich aussehende Premierenpublikum unter seinesgleichen tummelt, gemischt zu gleichen Teilen aus leicht snobisti-schen und leicht aufgeregten Zuschau-ern, treffe ich erstaunlich viele Vertreter der 14 bis 49-jährigen, werberelevanten Zielgruppe im Foyer. Dabei sieht man: An das Theater werden Ansprüche gestellt (oder sind es Befindlichkeiten?). Nach einer Hamletaufführung sprach ich mit einem Bekannten über die Inszenierung. Er befand das Stück für „ganz gut“, aber Hamlet wolle er doch zumindest in der Originalübersetzung sehen. Das ewige Thema – modernes Theater, konserva-tives Theater, klassisches Theater? Die-ser Streit ist möglicherweise so alt, wie das Theater selbst. Im Opernbereich gibt es sogar Kritiker, die das Regietheater schlechthin infrage stellen. Magdeburgs Schauspielhaus wählt gerne die kurze oder gekürzte Variante. Selbst die un-längst zur Premiere gekommene Drei-groschenoper wurde inklusive Pause in flotten 160 Minuten durchgezogen. Besonders effizient kommt man auf eine solche kompakte Spielzeit durch die Technik „Kill your Darlings“ – auch ge-nannt „Lieblingsszenen streichen“! Die-ses Prinzip lernte ich bei den Endproben zu Hamlet in Magdeburg kennen. Das Stück wurde anhand der Geschichten von Magdeburger Bürgern entwickelt. Das Ergebnis war dicht, begreifbar und keine 70 Minuten lang.

Vielleicht wäre Frank Castorf, Intendant der Volksbühne Berlin, da anderer Mei-nung. Doch Magdeburgs Schauspiel-haus muss sich schon lange nicht mehr als Provinztheater belächeln lassen. Im Gegenteil: Das Profil steht. Bester Beweis ist der Programmpunkt Nacht-schicht. Improvisationstheater, Lesun-gen, Musikabende. Vielleicht ist genau das der richtige Versuch des Schau-spielhauses, zu werden, was ein The-ater werden und sein kann: ein Identi-tätsstifter.

Das retardierende Moment

Bild an Bild läuft über die Bretter, die die Welt bedeuten. Ich blicke in das Innere eines Tanzlokals, die Musik beginnt zu spielen und der Conférencier zu singen. Frankensteins Monster schaut ängst-lich in das Publikum und lässt einen markerschütternden Schrei ertönen. Raskolnikow schlägt mit einer Axt auf die Haustür der alten Pfandleiherin ein. Hamlet fechtet verbissen gegen seinen Widersacher Laertes. Eine Theaterbüh-ne ist wohl einer der wenigen Gegen-stände, die in der Lage sind, Geschich-ten zu erzählen..

Epilog

Als ich am Ende sehe, wie die letzte Szene abgespielt wird, die Musik ver-stummt und das Licht langsam im Black verklingt, fällt mir wieder ein, dass ich das Ende meistens nicht mag. Der Ap-plaus brandet auf, geht wie üblich mi-nutenlang, in einer Tosca-Premiere so-gar einmal unglaubliche zwölf Minuten. Das Saallicht zeigt an, dass der Raum wieder in die Gegenwart gerückt wurde, die Schleusen werden geöffnet und ich kann das erste Nachvorstellungsbier bestellen.

» Daniel Jakubowski

Fotos: Christian Geipel

Youngspeech 13

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Nach den endlosen dunklen Tagen in der Redaktion in der dieses Magazin entstanden ist haben wir unser Büro von all dem Gerümpel und Keim be-freit. Dabei haben wir einige wertvolle Schätze zu Tage gefördert, die wir nun an die fleißigen Youngspeech-Leser verteilen wollen. Schickt einfach eine Mail an [email protected]. In den Betreff schreibt einfach den ge-wünschten Gewinn und ab dafür.

Wir wünschen viel Erfolg.

Hinweis zur Verlosung:• Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.• Die Teilnahme an einer Verlosung ist kostenlos. • Mehrfachteilnahmen an einer Verlosung sind nicht gestattet.• Die Anfahrtskosten zum jeweiligen Event, sowie Verpflegung etc. muss der Gewinner selbst tragen!• Deine Daten werden nicht weitergegeben

Ausnahme: Die Daten des Gewinners werden an den Verloser weitergegeben, in den meisten Fällen sind das die Email-Adresse und Name. Bei postalischer Versendung des Gewinnes zusätzlich die Adresse.

Bücher: 2 x Ohne Ziel - Andreas Kurz (ubooks-Verlag)

2 x Wenn der Postmann zweimal klingelt – James M. Cain (Festa-Verlag)

1 x raven wegen Deutschland – Torsum und Kulla – (Ventil-Verlag) mehr Infos: » youngspeech.de/raven

CD’s: 2 x Freischwinger – Sommer

3 x Sido – Blutzbrüdaz mehr Infos: » youngspeech.de/sido

Tickets: 2 x 2 Splash! Festival Tickets

2 x 1 Rocken am Brocken Festivaltickets

2 x 2 Oliver Polak Tickets – Café Central 19.05.2012

1 x 2 Karten für die Magdeburg Mondän No. 2 am 14.04. im Volksbad

2 x 2 Karten für das Triebwerk am 12.05.

Special: 2 x 25 € Gutschein Spreadshirt http://www.spreadshirt.de

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Comic14 Youngspeech

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Youngspeech 15

Michmekosmos

Eine große Metallschüssel gefüllt mit Nüssen und ein Laptop stehen auf dem Tisch in Stephans Wohnzimmer. Im Hin-tergrund ertönt bei offenem Fenster eine Mixtur aus der „Bill Cosby Show“ und lautem Kinderlachen von der Straße.

Mit einem Lächeln nimmt er auf dem Sofa Platz. „Musik, ein gutes Thema“, gibt er zu verstehen. Sein Zugang zur Musik gleicht einer Symbiose aus Be-geisterung für ein musikalisches Fund-stück und seiner aktuellen Lebenslage. So kommt es, dass er nachts begeistert einen Track von Beat Radio hört. Oft ist seine Erwartungshaltung bei einem neuen Album allerdings so groß, dass die Enttäuschung ihn zunächst einen geliebten Künstler distanziert betrach-ten lässt. Musik erwischt Stephan ein-fach so. In alltäglichen Gesprächen rutscht unterbewusst immer eine mu-sikalische Nuance mit und nicht selten kommt es vor, dass ein Freund fragt:“ Stephan, kennst du diesen Song schon?“

„Schön sind auch kleine Konzerte, dort entdecke ich viele neue Musiker“, mur-melt Stephan, während er sich durch sein blondes Haar streicht. Wenn er sein letztes Mixtape zusammenstellen müsste – Welche Songs erklären sein Lebenskonzept, seine Gefühlswelt? Ver-dutzt schaut er mit großen Augen auf: „Ich werde so viele Songs vergessen.“

Auf das Mixtape gehört für Stephan de-finitiv DEPECHE MODE mit IN YOUR ROOM. „Früher mussten wir zwanzig Mark zahlen, damit ein Typ für uns die Platte auf eine Kassette überspielt“, lacht er.

Wilde Erinnerungen an Theken-sprünge, lautes Grölen auf endlose Autofahrten und einen intensiver Sommer verleiten Stephan dazu direkt einzelne Songs kurz an-zuspielen. „Was noch?“, fragt er sich fast flüsternd. „Die DEFTO-NES und der legendäre Song DIGI-TAL BATH und selbstverständlich OASIS, deren Attitüde einfach er-staunt und die Liveversion von DON'T LOOK BACK IN ANGER." „Ganz wichtig!", schreit er auf: „LIFE OF AGONY mit LET'S PRETEND." Mit glänzenden Augen spricht Stephan von einer Tour mit Sän-ger Keith Caputo. Nach einem kur-zen Schweigen fügt er SO SLOW von Sophia und Dean Martin mit GENTLE ON MY MIND hinzu. Ste-phan erzählt von einem Morgen in Kroatien, als er geweckt durch lau-tes Marktgeschrei, einen wunder-schönen Sonnenaufgang miterlebte. Mit dieser Erinnerung verbindet er die FOO FIGHTERS und FEBRUARYSTARS. Zum Abschluss wählt er THEES UHLMANN mit DIE TOTEN AUF DEM RÜCKSITZ und SHE CAME HOME FOR CHRISTMAS von MEW. „Irgendwann“, sinniert er: „Wenn ich meinen Platz gefunden habe, kaufe ich meine Lieblingsplatten auf Vinyl, mit der Idealvorstellung, dass ich auf dem bequemsten Sessel der Welt in meinem Musikzimmer sterben werde.“

Eine Musikneurose Eine Musikneurose im Michmekosmosim Michmekosmos

Erinnerungen, Klassiker und Neuheiten - Mit einer Grübelfalte erzählt Stephan Michme von seiner privaten Wertschät-zung der musikalischen Kunst. Mehr noch, dem Erleben von Musik, das ihn an langen Küsten oder bei nächtlichen Autofahrten vor Begeisterung nach Luft schnappen ließ.

» Text: Isabell Redelstorff » Foto: Grit Siwonia

Fehlen dürfen für ihn auch nicht die SMASHING PUMP-KINS mit MAJONAISE, NIR-VANA mit HEART SHAPED BOX ununununundddddd HEY vovovovovonnnnn ddededededennnnn PiPiPiPiPiPi ixixixixixieseseseses..

Jetzt macht's BÄM!

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BeBBBeBeBeBeBeBeBeBeBeBeeeBeBeeggbgbgbgbgbgbgbgbgbgbgbgbgbgbgbgbgbgbgbgbgbgbgbgbggggg ieieieieieeieieieieieieieieieiieeieiei

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Begbie ist mehr als die berühmte Filmfigur aus dem Klassiker Trainspotting. Begbie steht mittlerweile auch für ohrwurmverdächtige Musik aus dem Herzen Magdeburgs. Mit ihrem neuen Album „The Golden Lies (Deluxe Edition)“, auf dem sich unter anderem auch Elektrogröße K-Paul verewigt hat, starteten sie einen Run auf die Siegertreppchen der Chartlisten.

» www.begbie.info

BEGBIE

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Foto

: Beg

bie

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„Früher hat man bei dem Namen zuerst an den Film gedacht. Mittlerweile schauen viele

der jüngeren Fans fragend, wenn wir erklären wo der Name herkommt.“

„Wir müssen

sagen, wir sind mittlerweile auch an

einem Punkt, an dem man sagen kann: Wir haben unseren

eigenen Sound.“Agnes Obel: PhilharmonicsLexy & K-Paul: PsychoNiels Frevert: Zettel auf dem Boden

Taio Cruz Feat. Flo Rida: HangoverSunrise Avenue: I Don't DanceNickelback: When We Stand TogetherFLOP

3TO

P 3

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Interview: Kavka

Fotos: Claudia Stülpner

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Markus Kavka galt als der letzte lebende Mohikaner der MTV Generation. Böse Zungen fragten ihn sogar wann es peinlich werde auf jung zu machen. Doch er bleibt sich treu und verbiegt sich nicht, deshalb gehört er noch lang nicht zum alten Eisen sondern soll nun dem ZDF helfen, das Publikum zu verjüngen. Wir trafen uns mit dem ewigen Sunnyboy und redeten mit ihm über seinen MTV Stempel sein nächsten Projekte und seine Vorliebe für Olympische Rhythmische Sportgymnastik.

Es ist ein wenig ruhig geworden um die Person Markus Kavka. Deshalb als erstes die Frage: Was machst du zurzeit eigentlich so?

Stimmt, 2011 war ich etwas weniger in der Glotze zu sehen, u.a. weil ich das ganze Jahr mit meinem Roman „Rottenegg“ auf Lesetour war. Die neigt sich jetzt aber so langsam dem Ende zu. Auch, weil ich wieder angefangen habe zu drehen, und zwar für das Format „Number One“, von dem ja schon zwei Staffeln bei Kabel Eins liefen. Die Show hat allerdings den Sender gewechselt und wird ab September bei ZDFkultur, ZDF und 3sat ausgestrahlt. Erste Interviews mit Die Ärzte und Sting sind bereits im Kasten, weitere folgen in den nächsten Wochen. Ansonsten wird natürlich auch weiterhin regelmä-ßig in Clubs aufgelegt. Ein bisschen Ausgleichssport muss sein.

Markus Kavka kennen die meisten Menschen durch die zwei berühmten Aussprüche "Na gut, tach allerseits, Herrschaf-ten" und "Hamma wieder was gelernt" aus den MTV-News. Klebt diese MTV-Karriere manchmal auch hinderlich an deinen Schuhen?

Jein. Einerseits hat man nach 10 Jahren MTV natürlich schon einen bestimmten Stempel auf der Stirn, andererseits hat MTV für mich auch viele Türen geöffnet, die sonst wohl ver-schlossen geblieben wären.

"Jeder, der sich die Fähigkeit erhält, Schönes zu erkennen, wird nie alt werden." Soviel zu Franz Kafka. Könnte das auch für Markus Kavka gelten?

Könnte auch von mir stammen, das Zitat. Ich ergänze es noch insofern, als dass zumindest bei mir persönlich auch meine nicht enden wollende Neugierde der Grund dafür ist, dass ich immer noch einigermaßen vital und rüstig bin.

Wie Arsch auf Eimer… Interview mit

Markus Kavkavon Andreas Lilienthal und Christian Geipel

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Sie haben unlängst in Bezug auf das Ende des Musikfern-sehen mit den Worten „die fetten Jahre sind vorbei“ ge-antwortet. Hieß das gleichzeitig auch für die Person Mar-kus Kavka „die fetten Jahre sind vorbei“?

Würde ich noch immer ausschließlich beim Musikfernse-hen arbeiten, wären sie bestimmt auch für mich vorbei, die fetten Jahre. Da auf MTV aber ja ganz vernünftige neue Projekte folgten, dauert es hoffentlich noch ein bisschen mit dem Ende der fetten Jahre.

Bald heißt es wieder „Number One“. Doch diesmal nicht auf Kabel 1 sondern im ZDF. Eine Metamorphose von der sogenannten MTV- Generation zum seriösen Moderator der Öffentlich Rechtlichen oder nur eine logische Entwick-lung?

Hatte ich ja oben schon angerissen, das Thema. Zur Fra-ge: Ich sehe es als logische Entwicklung, nicht zuletzt, weil ZDFkultur sich Musik ganz groß auf die Fahne geschrie-ben hat. Das passt also wie Arsch auf Eimer.

Die Festivalsaison steht vor der Tür. Welches Festival soll-te man 2012 nicht verpassen?

Wie immer: das Melt! Für Freunde elektronischer Mu-sik empfehle ich weiterhin SonneMondSterne und die Nature One. Wer eher Gitarrenmusik mag, sollte das char-mante Immergut Festival nicht verpassen, wer eher fürs Grobe zu haben ist, darf auch gerne zum Hurricane oder gar zum Wacken.

2012 ist auch ein Sportjahr. Ist Markus Kavka da eher für Fußball oder Olympische Rhythmische Sportgymnastik?

Fußball! Mein EM-Motto: Alle Spiele, alle Tore, und im Finale ein 2:1 gegen Spanien.

Youngspeech ist ja in Magdeburg ansässig. Was fällt Ih-nen als erstes ein, wenn sie an Magdeburg denken?

Ich war leider erst ein einziges Mal dort, und das auch nur nachts. Insofern kann ich über die Stadt nicht so viel sa-gen. Aus der Ferne hab ich Magdeburg immer mit Hand-ball bzw. Stefan Kretzschmar in Verbindung gebracht.

Bei der Recherche sind wir auf "Die Neue Website kommt... bald!" gestoßen. Wann kommt sie denn?

Das liegt nicht so ganz in meiner Hand, aber ich den-ke, dass es in den nächsten 3-4 Wochen soweit sein könnte. So lange findet man alles Wichtige bei www.facebook.com/markuskavkaofficial

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Streetart//Teil2

Streetart

HELLOmy fucking name is

Selbsthilfegruppe Kunst - Teil 2

Youngspeech 21

„Ich bin Geiler!“. Nein, es handelt sich hierbei nicht um die Standardgesprächseröffnungsphrase eines beliebigen It-Girls, sondern um die Hauptrolle unserer Fortsetzung von „Streetart Magdeburg“: Geiler. Die junge Magdeburgerin hat es sich zur Aufgabe gemacht mit bunten Stickern ihren Teil zur städti-schen Oberflächenverschönerung beizutragen. Ihre Bildchen bezieht sie aber nicht etwa im 2-Jahres-Takt zu jeder Fußball EM oder WM von Ferrero, sondern aus eigener Produktion. Der mittlerweile recht populäre Kugelfisch ist Geilers Aushänge-schild und war, neben anderen Werken von ihr, auch bei Graffiti on Vinyl oder im Kabinett der Künste zu sehen. Diese Popula-rität fußt nicht zuletzt auf der Gabe, sein Äußeres beliebig ver-ändern zu können. Soll heißen, beim Herstellen liegt der Fokus eher auf Einzigartigkeit als auf Masse.

„Die meisten male ich selbst, sind also alles Unikate. Klar kann man die Sticker auch drucken lassen, das habe ich auch selbst schon gemacht und ist natürlich gut wenn man möglichst viel verkleben will, aber das ist nicht so mein Ding. Das einzelne Herstellen macht für mich die Sache aus und macht auch mehr Spass.“.

Prinzipiell kann beim Anfertigen von Stickern alles herhalten, was klebt. In den letzten Jahren erfreuten sich daher Paketauf-kleber der Deutschen Post und „Hello my name is“-Sticker als Streetart Medium größter Beliebtheit. Die Antwort auf die Fra-ge nach dem „Warum gerade Postaufkleber“ ist ebenso simpel wie einleuchtend.

„Die Leute sind eben kreativ geworden. Nicht jeder kann oder will für blanke Sticker Geld ausgeben. Irgendwann hat dann je-mand mitbekommen, dass man dafür auch diese Postpaketfo-mulare verwenden kann. Die kleben auch, sind aber kostenlos. Mit diesen „Hello my name is“-Stickern verhält es sich ähnlich, bloß dass diese hierzulande schwerer kostenlos zu bekommen sind, was aber auch nichts macht, da es die Dinger günstig zu kaufen gibt. Was die Post angeht, hat diese das, glaube ich, langsam auch durchschaut. Die Aufkleber sind nicht mehr so schön weiß wie früher und der Kleber hält auch nicht mehr so lange. Das tut der Sache aber keinen Abbruch, genommen wer-den die Sticker trotzdem.“.

Zu Rohmaterialengpässen wird es also so schnell nicht kom-men. Das schlägt sich auch in der Masse der verklebten Sticker nieder, denn wenn man sich mal umschaut, wird man fest-stellen, dass diese buchstäblich überall zu finden sind; egal ob Straßenschild, Mülleimer, Ampel oder Regenrinne. Aber bei all den Möglichkeiten, die Streetart so zu bieten hat, warum gera-de Sticker?

„Irgendwann sind mir einfach ein paar Sticker auf der Straße aufgefallen. Und wie das dann eben manchmal so ist: Du siehst etwas, es gefällt dir und schließlich probierst du es selbst aus. Es ist ja auch nicht nur das Anfertigen und Verkle-ben von Stickern. Viele wissen gar nicht – und ich wusste es zu Beginn selbst nicht -, dass es da noch einiges mehr gibt.

+ + +

Schönerkleben

Grafik: Sebastian Noe

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Streetart//Teil2

+ + + Ich habe nach einiger Zeit angefan-gen, meine Arbeiten bei Flickr hochzula-den und mich mit anderen Leuten aus-zutauschen. Also Austauschen im Sinne von 'ich schicke dir ein paar von meinen Arbeiten und du schickst mir ein paar von deinen'. Die Sticker werden dann in der Regel auch nicht behalten, sondern in der Stadt verklebt, was den witzigen Effekt hat, dass meine Sticker in allen möglichen Städten zu sehen sind.“.

Was Sticker so beliebt macht, ist deren einfache Handhabe, welche allerdings nicht nur von Vorteil ist. Einerseits ist das Verkleben von Stickern nur eine Ordnungswidrigkeit, da sie leicht wieder entfernt werden können. Das setzt die Hemmschwelle herab, weil man keine großartigen Strafen befürchten muss, wenn man irgendwo schnell mal einen Sticker anbringt. Andererseits gehen aber, gerade weil sie so leicht zu ent-fernen sind, viele Sticker schnell wieder flöten. Letztlich hat Geiler also mit dem gleichen Problem zu Kämpfen, mit dem auch Schnurban aus Teil 1 schon zu Kämpfen hatte; dem rätselhaften Ver-schwinden von Streetart.

„Ja, ja... Die Sticker sind oft blitzschnell wieder weg. Viele fallen der Stadt-reinigung und Sammlern zum Opfer. Ich hab auch schon Leute mit meinen Sti-ckern auf der Tasche herumlaufen sehen. An sich ist das aber nicht so schlimm. Mir war auch vorher klar, dass sie nicht für die Ewigkeit angebracht wurden. Aber so lange Sticker noch als Souve-nirs abgerissen werden, ist der ''Markt'' scheinbar noch nicht satt. Soviel Leute, die konsequent Sticker machen, gibt es hier auch gar nicht. Meine schärfsten Konkurrenten sind die Leu-te vom U-Block.“, stellt Geiler schmun-zelnd fest.

In letzter Zeit gab es – auch in Bezug-nahme auf unsere Erstausgabe – einen Diskurs zum Thema Streetart. Ob das eigentlich Kunst ist und wenn ja, was denn nun im Speziellen, weil es kann ja nicht jede dahergelaufene Drahtfigur (siehe Ausgabe 1) einfach so Streetartist

sein. Unangenehmen Fragen am besten aus dem Weg ge-hen oder weiterleiten. Was ist denn für unsere Protagonistin Geiler Streetart?

„Für mich ist Streetart Kunst für jedermann. Kunst ohne dafür bezahlen zu müssen. Einfach etwas auf der Stra-ße zu erspähen, was anderen vielleicht verborgen bleibt und sich dann darüber zu freuen.

O h n e Streetart fehlen irgendwie die kleinen Schmunzler, wenn man durch die Stadt geht. Es ist eben auch ein Stück weit Abwechslung von all den Markennamen und dem Kommerz, mit dem man durch die Werbung täglich konfrontiert wird.“.

Kunst für die Straße, für jedermann... Da muss sich dann auch kein Aussteller oder Kritiker mit den Fragen: „Ist das ei-gentlich Kunst?“ oder „Wenn ich das als Kunst ausstelle, könnten echte, richtige, tolle Künstler möglicherweise beleidigt sein.“ beschäftigen.

» Text: Christian Geipel » Fotos: »Geiler«

» Flickr: youngspeech.de/geiler

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Interview: Ulmen

Ihre Karriere begann 1996 bei MTV als englischsprachiger Ihre Karriere begann 1996 bei MTV als englischsprachiger Moderator in London, sie waren also von Anfang dabei, Moderator in London, sie waren also von Anfang dabei, würden sie sich im Rückblick selbst als Teil der soge-würden sie sich im Rückblick selbst als Teil der soge-nannten MTV Generation bezeichnen?nannten MTV Generation bezeichnen?

Als Zuschauer definitiv, als Macher kam ich aber zu spät. Unter der „Generation MTV“ verstehe ich die Ray-Cokes-Zeiten Anfang bis Mitte der 90er Jahre. Als Pip Dann und Rebecca De Ruvo noch moderierten und alle Jungs aus meiner Klasse in die verknallt waren, als es noch „Dial MTV“ gab, Nirvana in die Kameras rotzten, Partys keinen DJ brauchten, weil durchweg MTV lief und ich mir den Wecker stellte, um mitternachts die Premiere des Videos zu „November Rain“ nicht zu verpassen – das ist die MTV Generation gewesen. Als ich 1996 dazu kam, war Musikfernsehen noch eine riesige Institution, das war extrem aufregend damals in London, fiel aber schon eher in die darauf folgende Generation „schickt uns mal ne E-Mail“.

Eine interessante Entwicklung, vom MTV Popkultur-Mode-Eine interessante Entwicklung, vom MTV Popkultur-Mode-rator zum Komiker für die Intellektuellen. Für sie eine norma-rator zum Komiker für die Intellektuellen. Für sie eine norma-le Entwicklung oder gab es da irgendwann einen bewussten le Entwicklung oder gab es da irgendwann einen bewussten Imagewandel?Imagewandel?

Wenn einer mit 36 keine Haare mehr hat und runzlige Bäckchen vom vielen rauchen, mit 20 aber noch total frisch aussah, dann würde man da ja auch nicht von einem Imagewandel sprechen. Die Zeit nagt natürlicher Weise an allen Ecken und Kanten des Seins, und das sieht man halt irgendwann. Ich verwende zwar Gesichts- und Augencremes, meine letzte regelmäßige MTV-Show ist aber auch schon 10 Jahre her. Gott sei Dank bin ich jetzt nicht mehr der Moderator von damals. Und ich sehe mich heute eigentlich nicht als Komiker. Ich spiele Rollen. Die meis-ten davon sind lustig oder tragisch-komisch. Auch der Mode-rator war eine Rolle. Man nimmt sich schließlich etwas vor, wenn man vor eine Kamera tritt. Da ist der Weg zum gelern-ten Text im Kostüm nicht so weit. Ich bin jedenfalls überzeugt, dass bei allem, was ich je vor der Kamera getan habe, immer dieselben Synapsen in meinem Gehirn verschaltet waren.

Ihr damalige Sendung "Mein neuer Freund" wurde ja mangels Quote nach der ersten Folge ins Nacht-

programm verbannt. Da stellt sich mir die Frage wie geht ein erfolgreicher Schauspieler wie Christian Ulmen mit schlechten Einschaltquo-ten um?

Wenn die Fortsetzung einer Serie von der Quote abhängt, hänge ich natürlich morgens

um 7 vor dem Fernseher und gucke im Teletext, wie schlimm es denn gestern wieder war und ob ich weiter machen darf. Seit ich hauptsächlich Kinofilme drehe und mit meiner Firma erfolg-reich Web-TV oder Sendungen für solch wirk-lich großartige Qualitäts-Kanäle wie zdf_neo oder arte machen darf, ist das Quoten-Thema für mich wesentlich entspannter geworden. Es ist natürlich noch da, nervt aber nicht mehr so wahnsinnig. Allerdings nervt mich auch das Gejammer über die Quoten-Kultur. Denn das nützt ja nichts. Ich sehe im Aufkommen der vielen öffentlich-rechtlichen Digitalsender wirklich eine segensreiche Medizin für unse-re leidenden Fernsehseelen. Da laufen sehr schöne, teilweise brillante Sachen, und die werden vom Zuschauer immer mehr entdeckt.

Wir hatten vorhin schon erwähnt, dass sie schon zahlreiche Charaktere in ihren Fil-

men oder Sendungen angenommen ha-ben. Gibt es im Hinblick auf die Zukunft

überhaupt noch eine Rolle die sie rich-tig reizen würde?

Ich habe keine solche Vision. Momen-tan arbeite ich an einem Kinofilm, in dem meine Figuren aus „Mein Neuer Freund“ Knut Hansen, Uwe Wöllner und Alexander von Eich aufeinander treffen. Das hatte ich schon länger im Kopf. Darauf freue ich mich.

» Text: Andreas Lilienthal» Foto: J. Gern

Mich nervt das Mich nervt das Gejammer über die Gejammer über die

QuotenkulturQuotenkultur

MTV-Idol, Verwandlungskünstler, Unternehmer. Christian Ulmen ist der Tausendsassa unter den deut-schen Unterhaltungskünstlern. Ein Mann mit vielen Facetten. Wir ha-ben sprachen mit ihm über die MTV-Generation, das Älterwerden und schlechte Einschaltquoten.

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Page 26: Youngspeech Magazin #2 (01/2012)

Wir sitzen im Café, ein Freund fotogra-fiert gerade mit seinem monströsen Smartphone unsere Getränke, er müs-se es schließlich bei Facebook posten, sonst weiß der Rest der Welt ja nicht, was er gerade macht. Als ob das Irgend-jemanden interessieren würde. Ich bli-cke mich um und stelle fest, dass fast jeder andere Gast auch sein Handy in der Hand hat und irgendwas tippt oder einfach nur wie irre auf das Ding starrt. Unglaublich, wir sind im realen Leben, um uns mit anfassbaren Freunden zu treffen, aber nein, alle surfen lieber im Internet, um mit anderen zu chatten.

Mich nervt das, ich will keine unwichti-gen Posts mehr lesen, ständig auf un-wichtige Nachrichten antworten müs-sen, immer erreichbar sein und ja, ich will frei sein. Einen Monat, frei von Inter-net und Handy.

Der Anfang vom Ende war mal wieder wegweisend. Sonntag, der letzte Tag vor meiner Abstinenz, gefüllt mit Dingen, die ich über das World Wide Web noch klären will und plötzlich hämmerte es morgens an meiner Tür: „Jenn, geht das Internet bei dir auch nicht?“ Verdammt, jetzt kann ich niemanden mehr über mein Vorhaben informieren. Die Miete wollte ich auch noch überweisen, On-linebanking ist doch so bequem. Und dann wollte ich mich für die Seminare des nächsten Semesters einschreiben! Ja, ich wollte ein bisschen schummeln und schnell noch die wichtigen Dinge erledigen, die einfacher per Internet zu machen sind, damit ich mich in der in-ternetfreien Zeit nicht belasten muss. Das Schicksal scheint es wohl nicht gut gemeint zu haben.

Das Internet war den ganzen Tag tot, also beschloss ich am Montag einfach die Dozenten anzurufen, was allgemein zu einer nicht sehr erfreuliche Reaktion führte. Alle verlangten, dass ich doch eine Mail schreiben sollte, damit sie das besser zuordnen können und dann kam ich mit meiner bescheuerten Erklärung, dass ich das Internet jetzt auf Teufel komm raus nicht benutzen werde und sie mich zum Himmel nochmal irgend-wie anders auf ihre Liste setzten sol-len. Als ich acht dieser anstrengenden Anrufe hinter mir hatte, veranstaltete ich einen kleinen Freudentanz durch die Wohnung.

AusgeloggedUnd wenn man das Und wenn man das Wort Gabel ganz oft Wort Gabel ganz oft sagt, dann klingt es bald sagt, dann klingt es bald merkwürdig.merkwürdig.

Versuchslabor

Von den Schwierigkeiten, ohne Internet und Handy zu leben.

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Einige Tage, Bücher, Aufräumaktionen und Musikhörstunden später wollte ich ein Video verschicken. Normalerwei-se mache ich sowas per Mail oder via Skype. Da ich kein CD-Laufwerk habe, kam ich auf die glorreiche Idee, mein audiovisuelles Meisterwerk auf einen Stick zu schieben und diesen in einen gut gepolsterten Umschlag zur Post zu tragen. Gedacht getan, allerdings kam der Brief bis heute nicht an. Was mag da wohl passiert sein? Ist er nicht durch den Scan gekommen, weil er für eine gefährliche, hochexplosive, von Terro-risten zusammengebastelte Minibombe gehalten wurde? Oder konnte sich ein schmieriger, langfingriger Postmitarbei-ter einfach nicht zusammenreißen und vermutete geheime Staatsunterlagen auf dem Stick, mit dem er die Bundesre-publik erpressen und somit zu unglaub-lichem Reichtum gelangen würde? Ich hätte gerne sein enttäuschtes Gesicht gesehen, beim Inspizieren seiner heim-lich entwendeten Beute. Ich werde es wohl nie erfahren und somit bleibt nur eins: Briefe mit winzigen Peilsendern ausstatten und somit den kriminellen Briefdieben auf die Schliche kommen.

Nachdem ich eine Reihe von verwanz-ten Briefen auf den Weg geschickt hat-te, machte ich mich auf den Weg in die Bibliothek, schließlich muss man als verantwortungsvoller Student Hausar-beiten schreiben. Schnell bemerkte ich, dass das Opac-Such-System ja über das Internet lief. So blieb mir die einzige Möglichkeit, an einem der zahllosen Tre-

sen Hilfe zu suchen. „Guten Tag, könnten Sie mir vielleicht sagen, wo ich Bücher zum Thema Partikeln finde?“ Mit Schre-cken musste ich feststellen, dass ich die Dame wohl gerade beim Schmökern in der BUNTE gestört hatte. Gerade wollte ich mich noch schnell ganz unbemerkt unter den Tresen ducken und wegschlei-chen, da schaute sie auch schon auf, mit einem Blick, der sogar Chuck Norris in die Flucht getrieben hätte. „Was möch-ten Sie?“, zischt es aus ihrem Mund. Mit einem Gefühl der Übelkeit und den Fluchtreflex unterdrückend, brachte ich leise und stotternd nur noch das Wort „Partikeln“ heraus. „Dann schauen Sie doch im Rechner nach.“ Überzeugt von meinem Versuch und voller Vorfreude auf die Reaktion der Dame auf mein wa-gemutiges Experiment, baute sich plötz-lich der Mut in mir auf. Ich erklärte also mein Problem. Dummerweise achtete ich dabei nicht auf die Frau vom Tresen, sonst wäre mir sicher früher aufgefallen, dass sich langsam an ihrem Hals eine pulsierende Ader abzuzeichnen begann, ihr Kopf rot wurde und sie kurz vor der Detonation stand. „Das ist doch nicht mein Problem! Entweder Sie suchen im Rechner, oder Sie lassen es eben.“, schrie sie mir entgegen und ich verließ mit gesenktem Haupt die Universitäts-bibliothek. Nachdem ich durch die Schie-betüren schritt, hatte ich allerdings ein ganz entspanntest Gefühl, eine bessere Ausrede konnte man doch nicht haben, um seine Hausarbeit hinauszuschieben.

Vier Wochen sind endlich vorbei, es

gab mehrere Hürden zu umschiffen, die mir das internetabhängige Leben jeden Tag aufs Neue gestellt hat, aber es gab auch Dinge, die schöner waren. Ich hatte unglaublich viele Gelegenhei-ten, um stundenlang Musik zu hören und Bücher zu lesen und Zeit, mich mit Freunden zu treffen, mit denen man sonst vielleicht nur gechattet hätte. Es war ein Monat, der mich bereichert hat, aber ich bin froh, das Internet und mein Handy wieder benutzen zu können, weil es eben doch, viel einfach ist. In diesem Sinne ein Hoch auf die Fortschritte der Technik.

» Text: Jenn Rudloff » Bilder: Robert Meinel

buchYoungspeech 25

Page 28: Youngspeech Magazin #2 (01/2012)

Hallo liebe Youngspeech Leser.

Der Frühling hat Einzug gehalten und auch unsere WG am ''Hassel'' ist dem Frühlings-Rambazamba erlegen. Da in Kürze die Ostertage beginnen, habe ich dies zum Anlass genommen, meine Jungs zum längst überfälligen Frühjahrsputz zu ver-donnern. Wie meine Oma schon immer sagte: „Kind, der Früh-jahrsputz ist auch Reinigung für die Seele!“ Da wir wie immer nicht die nötigen Mittelchen zuhause hatten, habe ich mich über alternative Reiniger schlau gemacht. Im Internet finden sich allerlei nützliche, aber auch sehr skurrile Vorschläge. Für euch sind hier einmal die auserlesensten und ökologischsten Ideen zusammengetragen.

Für die verkalkten Wasserhähne in Bad und Küche habe ich alte Zitronen verwendet. Die Schaleninnenseite funktioniert dabei wie ein Schwamm. Alles schön mit der Zitrone einrei-ben, einwirken lassen und den Saft für den nächsten Abwasch aufheben. Später mit einem feuchten Lappen über die einge-riebenen Flächen wischen und fertig. Ein schöner Nebeneffekt ist der frische Zitronenduft, der einen teuren Lufterfrischer überflüssig macht.

Das Fensterputzen nervt mich immer am meisten, da man oft putzt und schrubbt, die Schlieren aber bleiben. Auch da habe ich etwas gefunden. Kartoffeln und Zeitungspapier ver-sprechen Abhilfe. Einfach mit der aufgeschnittenen Seite der Kartoffel die Scheibe einreiben und mit dem Zeitungspapier wieder trockenreiben. Schon hat man wieder den Durchblick. Wenn ihr es ganz genau machen wollt, könnt ihr Backpulver vom letzten Plätzchen backen benutzen, um die Fugen wieder weiß zu bekommen.

Das Pulver auf eine alte Zahnbürste streuen und mit ein biss-chen Wasser und ordentlich Kraft im Arm schrubben, schrub-ben, schrubben. Die Mühe lohnt sich. Unsere Wannenfugen strahlen jedenfalls wieder. Zum Schluss noch schnell das dre-ckige Geschirr mit dem Zitronensaft gespült und alles blitzt wieder. Bleibt nur zu hoffen, dass es wenigstens bis über Os-tern so sauber bleibt.

Ostern wird bei uns traditionell nicht so groß gefeiert, trotzdem freut man sich immer über eine Kleinigkeit. Dieses Jahr sind Punkte, Schleifen und Rüschen überall zu finden. Wer kreativ sein möchte, kann selbstbemalte Eierbecher verschenken. Am besten kauft man sich unifarbende Becher in einem Möbeldis-counter, dort sind sie am preiswertesten. Farbige Keramikstif-te gibt es meist im Bastelladen oder bei Karstadt. Dann heißt es: Ran an die Farben und last eurer Kreativität freien Lauf. Wenn ihr Malen zu langweilig findet, könnt ihr auch mit Kle-ber und Stoffresten arbeiten. Die gibt es bei vielen Stoffläden für einen kleinen Preis. Wer gerne Schmuck verschenkt und bastelt, sollte ab und zu mal bei Bijou Brigitte vorbeischauen. Da gibt es bunte Bastelsets für ca. zehn Euro. Einfach vorbei gehen und fragen. Ich wünsche euch viel Spaß und schöne Os-tertage

» Eure Mia

MIAS TIPPS

Tippster

Page 29: Youngspeech Magazin #2 (01/2012)

Kolumne

"Man hetzt von Ort zu Ort und schminkt die Falten fort."

Dieser sinnige Spruch ist ein Filmzitat aus der Liebeskomödie Mrs. Doubtfi-re, und ich muss neidlos zugeben, dass auch Hollywood ab und an einen Aha- Effekt für mich hat, und der Spruch mehr Wahrheit ist, als ich manchmal vertra-gen kann.

Denn als ich mich vor vielen Jahren, nach einer Ausbildung zur Arzthelferin, dazu entschieden hatte, nun doch Künstlerin zu werden, hatte ich naives Küken keine Ahnung was das bedeuten würde.

Ein Leben am Limit. Ein Leben, meist beschränkt auf den guten Willen anderer Leute. Auf den Zeitgeist. Auf den Augenblick. Auf das Glück. Ein Leben im Schnelldurchlauf. Denn hatte ich mich endlich dazu durch-gerungen, im Sommer auch nur eine Woche Urlaub zu machen, konnte ich mir sicher sein, dass genau in dieser Woche ganz viele Angebote rein flattern wür-den. Das ist eben Murphy's Gesetz.

Das ging mir auf der Bühne beim Singen, wie auch vor der Kamera bei Castings für Werbespots, oder im Fernsehen für Se-rien und Filme so. Man macht sich zum Diener seiner eigenen Träume. Ganz freiwillig, weil man sich für diesen Weg, für dieses Spiel mit der Illusion entschie-den hat.

Doch dieses Spiel ist manches Mal auch ein bisschen schäbig, weil es immer auch ums Aussehen geht.

So konnte ich bei jedem neuen Casting nachlesen, dass es bei meiner Rolle um eine normale Frau geht, deren Figur eher normal sein sollte und deren Gesicht un-bedingt normal sein muss. Soviel nor-mal, dass es das eben schon nicht mehr war. Und ich musste mich beim 3. Cas-ting schon nicht mehr darüber wundern, dass alle Frauen, die in diesen blassen Casting- Hallen neben mir auf den Stüh-len saßen, wie Topmodels aussahen. Weit weg von normal und dem Mädchen von nebenan.Als Sängerin und auch als Schauspielerin spielt das Alter eine rie-sengroße Rolle und mit gutem Licht und teurem Make-up kann man gut und ger-ne 5 Jahre wettmachen.

Wie das schon klingt, wettmachen? Da

wird geschummelt was das Zeug hält, von falschen Altersangaben, bis hin zu retuschierten Bildern wird weiterhin versucht eine Illusion aufrecht zu er-halten. Flippig und extrovertiert bis ins hohe Alter.

Mit meinen 30 Jahren bin ich ja schon fast ein Veteran und mein Spielalter liegt mittlerweile zwischen 35 - 40 Jah-ren, auf keinen Fall jünger.

Das hat zur Folge, dass ich nie allei-ne spiele. Ich habe immer zwei Kinder, manchmal mit, manchmal ohne Mann, kommt ganz auf die Zielgruppe an. Die beiden Werbe- Kinder sind immer gleich. Einen Jungen, ein bisschen älter, zwi-schen 7 und 9 Jahren und das Mädchen zwischen 4 und 6 Jahre.

Erst wenn ich im echten Leben 40 Jahre alt bin, kann ich wieder alleine Werbung machen, dann wahrscheinlich aber für Kukident, oder irgendwas für das Herz im Alter.

Aber ich will mich nicht beschweren, wollte nur plaudern. Ich liebe dieses Spiel ja auch, es gibt eben immer etwas, was man "die Kehrseite einer Medaille" nennt, um diese Kolumne mit einem weiteren Zitat zu beenden und Frieden zu schließen, mit dem was trotzdem wirkliche Freiheit für mich bedeutet.

» Text: Angela Peltner » Foto: Pressefoto

Licht. Licht.

Page 30: Youngspeech Magazin #2 (01/2012)

Karikiert vs. Kleinkariert

28 Youngspeech

Künstlerportrait: Phil Hubbe

Phil Hubbe hat einen besonderen Beruf, leidet an einer chroni-schen Krankheit und verbindet beides in einer selten grandio-sen Art und Weise. Manchmal ist es Kunst, manchmal Hand-werk. Und es gibt sogar Zeiten, in denen es eben deutlich mehr ist als Kunst.

Nachdem ich einige Seiten voll gekritzelt habe – über Phil Hub-be, den Magdeburger, den Zeichner, den „Freund des schönen Fußballs“, den Whiskyliebhaber, aber auch den an Multiple Sklerose Erkrankten und den Botschafter der Behinderten auf Umwegen – lege ich den Stift zur Seite. Plötzlich fällt Phil Hubbe noch etwas ein. Vor kurzem habe er einen Leserbrief in der Volksstimme entdeckt, in dem eine Frau sich über einen Parkinsonwitz beschwerte. So etwas dürfe man nicht, darüber mache man keine Witze, schrieb die Frau. Und natürlich – sie

war selbst keine Betroffene. Das sei typisch, erklärt Hubbe, mit sonst ruhigem Blick, ärgerlich: „Entschuldigung, aber dann soll sie die Klappe halten. Diese Scheinheiligkeit ärgert mich immer wieder, denn das ist auch eine Form der Ausgrenzung.“ Was auch für ihn ursprünglich schwierig war, ist mittlerweile zu ei-nem Hauptpfeiler seiner Arbeit geworden.

Seit 1992 ist er frei- und hauptberuflicher Zeichner und ver-dienst sein Geld mit politischen Karikaturen in Tageszeitun-gen, seit 2003 auch mit Cartoons im Fußballmagazin kicker. Erst um das Jahr 2000 herum kamen die Behinderten Cartoons dazu. Etwas, das für ihn immer wichtiger wird. „Zunächst hat-te ich selbst Hemmungen, Menschen im Rollstuhl zu zeich-nen“, erzählt Hubbe, „aber ich hätte nie gedacht, dass es so eine Bedeutung für die Menschen haben könnte. Mittlerweile

Beim Lachen sollte Beim Lachen sollte man sich nicht man sich nicht behindern lassen…behindern lassen…

Page 31: Youngspeech Magazin #2 (01/2012)

Youngspeech 29

bekomme ich Anfragen, in denen mich Menschen auffordern, doch auch mal über ihre Behinderung einen Cartoon zu ma-chen.“ Mit Anfang 20 erhielt Phil Hubbe die Diagnose der Au-toimmunkrankheit Multiple Sklerose, ansehen tut man ihm die Behinderung allerdings nicht. Im letzten Jahr erschien sein bereits vierter Cartoon-Band "Der Stein des Sisyphos“ (Lappan Verlag) in der Reihe „Behinderte Cartoons“. Mittlerweile ist aus seiner Arbeit mehr geworden, als nur Zeichnen. Die Wirkung seiner Arbeit zeigte sich zum Beispiel in einem Cartoonwork-shop im Rahmen eines Geschwisterkinderseminars. Hubbe zeichnete Szenen, die die Kinder mit ihren behinderten Ge-schwistern selbst erlebt hatten, in karikierter Art und Weise. Und plötzlich war es den Kindern möglich, sich zu öffnen. „Was normalerweise Stress ist, war auf einmal ganz locker. Es ist erstaunlich, worüber die Kinder auf einmal redeten, wie viele Barrieren wir mit den Cartoons überwinden konnten“, erzählt Phil Hubbe und es ist ein wenig Stolz in seiner Stimme zu hö-ren.

Auch Menschen mit Behinderungen wollen lachen, wollen Normalität und nicht ständig bevormundet oder bemitleidet werden: „Wenn man einen Rollstuhlfahrer trifft, der gescho-ben wird, wen sprechen die Leute an? Fast ausschließlich den Schiebenden!“ Und das, obwohl es jeden jederzeit treffen kann – die meisten Rollstuhlfahrer erlitten ihr Schicksal durch einen Unfall. Phil Hubbe gibt diesen Menschen durch seinen Humor ihre Würde zurück.

Dann fällt auch mir noch etwas ein. Angesichts seiner Erfah-rungen erscheint meine Frage in einem anderen Licht: Ist Hub-bes Arbeit Kunst? Offensichtlich ist es oft sogar mehr als das. Trotzdem ist er der Meinung: „Pressekarikaturen sind keine Kunst.“ Ist es dann doch nur ein bisschen Kritzelei? „Naja, das mag ich dann auch nicht, wenn abfällig darüber gesprochen wird.“ Einig werden wir uns in dem Punkt, dass Comics eine Kunstform darstellen. Denn ein wichtiges Ziel hat er nie aus den Augen gelassen: einen eigenen Comic. Die Pläne dafür lie-gen schon in der Schublade.

» Daniel Jakubowsky

Foto

s: Ju

liane

Sch

ulze

» http://www.hubbe-cartoons.de/

Page 32: Youngspeech Magazin #2 (01/2012)

Zumindest an möglichst vielen Frei-, Sams- und Sonn-tagen. Konzerte sind zwar schön und gut, aber eben doch recht kurz. Mal ganz abgesehen davon, dass zu viele große Künstler Magdeburg eher dezent umschif-fen und wir daher eh schon ein wenig am musikalischen Tropf hängen.

Und auch, wenn man sich verflixt noch mal zu oft zwischen so vielen guten Bands entscheiden muss, ist so ein Festival doch vor allem Urlaub für die Seele, das melodisch untermalte Wochenendparadies. In der Hoffnung, dass es dieses Jahr ein wenig sonniger zugeht, bekommt ihr hier schon einmal einige kleine Appetitanreger.

Das Festival, das fast über den Wolken schwebt...

Im Volksmunde auch Rocken am Brocken genannt. Das klei-ne, sympathische Festival in Elend bei Sorge ist für viele ein manifestiertes Traditionsereignis. Für mich ist es an erster Stelle eine große klangvolle Schatzkiste, in der es viele neue Bands zu entdecken gibt. Vom 26.-28.07. kehrt wieder einmal ein klein wenig Unruhe in die waldige Harzer Gegend. So röh-ren in der Zeit nicht allein nur die Hirsche durch das Unter-holz, sondern auch die Jungs von 5Bugs und Anti-Flag. Eben-so mit am Start, im Übrigen meine 2 persönlichen Highlights, sind die Bondage Fairies, sowie Young Rebel Set. Angekündigt haben sich auch - und jetzt wird’s kreativ - INDIE.DISKO.GEHN., I'm not a Band, und und und.

DaDass FeFeststivivalal, , dadass auausrsreieichchenendd AbAbkükühlhlunungg g veversrsprprp icichtht...

Es gehört wohl zu den etabliertesten aller deutschen Festi-vals, das Highfield. Wenig bescheiden kommt es daher und strotzt nur so vor Headlinern. Komprimiert auf 3 Tage rei-chen sich unter anderem die Beatsteaks, Placebo und Sport-freunde Stiller die Hand. Auch die Wombats, die mich letztes Jahr erst von ihren live-Qualitäten überzeugten, haben sich angekündigt. Ganz sicher sehenswert sind weiterhin die Ki-lians, Bonaparte (echt klasse, weil so herrlich durchgeknallt) und The Black Keys. Falls ihr wider Erwarten ein wenig Frei-zeit habt, empfiehlt sich ein Spaziergang an den nahe gele-genen Störmthaler See. Ein Sprung ins kalte Nass bringt eure erhitzten Gemüter wieder auf Normaltemperatur.

Festivalvorschau

Der Sommer

muss laut sein!

Foto

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30 Youngspeech

Page 33: Youngspeech Magazin #2 (01/2012)

Kein Festival der Welt ist für den gemeinen Magdeburger komfortabler als dieses. Einfach am 03. , 04. und 05. August den für viele sowieso alltäglichen Spaziergang Richtung Rotehornpark machen, zack steht ihr mitten drin im Getümmel und Rockt im Stadtpark. Auf die Ohren gibt’s Musik von Gentleman, Materia, Jennifer Rostock (mittlerweile wohl schon fest verankertes Inventar), Royal Republic, sowie Emil Bulls, Luxuslärm, Turbostaat, den Ohrbooten und vielen weiteren Künstlern.

Das Festival mit der atemberaubenden Kulisse…

Ja, das splash! Festival. Auch wir in der Redaktion, vor allem Chefchen höchstper-sönlich, zählen fleißig die Tage, bis in „Ferropolis“, der Stadt aus Eisen, im beschau-lichen Gräfenhainichen vom 6. bis 8. Juli wieder die Erde bebt. Das Hip-Hop-Festival feiert seinen mittlerweile 15. Geburtstag – 15 Jahre HipHop-Kultur vom Feinsten. Mit den Beginnern, Kool Savas, Kraftklub, Marsimoto, Max Herre & Freunde, Prinz Pi und Wiz Khalifa wird dies auch gebührend gefeiert werden.

Also ihr Musikfanatiker. Vielleicht sieht man sich rockender Weise auf einem der Festivals. Bis dahin noch einen schönen Frühling.

» Eure Jule

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al, d

as gleich um die Ecke liegt...

Youngspeech 31

Page 34: Youngspeech Magazin #2 (01/2012)

Nachbesserung zur letzten Ausgabe:

in der letzten Ausgabe haben wir den Grafiker der StreetArt-Collage nicht benannt.Wir danken vielmals für die gute Arbeit: Andreas Prominsky

Mia

Outro

Zum Schluss…Nachdem uns die erste Ausgabe von Youngspeech vielerorts förmlich aus den Händen gerissen wurde, hatten wir Redakteure natürlich ein Hochgefühl. Es lief einfach gut an. Selbstverständlich hatten wir im Vorfeld die Werbetrommel im Rahmen unserer Möglichkeiten gerührt, jedoch hätten wir nie mit solch positiver Resonanz gerechnet. Die Menge liebte uns. Männer zollten mit anerkennendem Nicken Respekt, Frauen schwangen bedruckte Schilder mit ''Youngspeech, ich will ein Magazin von dir“ und Kinder warfen uns Blumen zu. Nichts konnte uns aufhalten, bis... Eines Tages jemand - nicht mehr ganz so stoned von all der Selbstbeweihräucherung – feststellte, dass es ja auch irgendwie weiter gehen musste.

Eine zweite Ausgabe musste her, die Leute erwarteten das von uns. Noch mehr; Diese zweite Ausgabe sollte die erste noch übertreffen. Den Kater der Selbstgefälligkeit abschüttelnd, nahmen wir also die Arbeit auf; wir schrieben, fotografierten und gestalteten. Doch waren wir schon zu tief im Sumpf des Berühmtseins versunken und die Zeit zu weit fortgeschritten. Es sei uns also verziehen, dass die Zweite Ausgabe des Youngspeech Magazins mit etwas Verspätung in eure Hände gelangte. Ihr wisst ja nobody is perfect!

Danke fürs Lesen und bis zur nächsten Ausgabe!

» youngspeech.de » facebook.com/youngspeech.de

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