Zum Mehrwert von Social Software in der internen Unternehmenskommunikation

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Mit der Einführung von Web 2.0-Werkzeugen in Unternehmen stellt sich die Frage, welchen messbaren Nutzen die neuen Technologien haben. Viele Entscheider suchen hierzu nach quantifizierbaren Kennzahlen und stoßen damit an ihre Grenzen. Welche Herausforderungen und welche Methoden zur Bewertung von Enterprise 2.0-Anwendungen in der Literatur diskutiert werden, soll das vorliegende Paper skizzieren und weitere Forschungslücken identifizieren.Stand: 15. September 2010

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Zum Mehrwert von Social Software in der internen

Unternehmenskommunikation

Christian Herzog

Products & Services

EquityStory AG

Seitzstraße 23

80538 München

[email protected]

Abstract: Mit der Einführung von Web 2.0-Werkzeugen in Unternehmen stellt

sich die Frage, welchen messbaren Nutzen die neuen Technologien haben. Viele

Entscheider suchen hierzu nach quantifizierbaren Kennzahlen und stoßen damit an

ihre Grenzen. Welche Herausforderungen und welche Methoden zur Bewertung

von Enterprise 2.0-Anwendungen in der Literatur diskutiert werden, soll das

vorliegende Paper skizzieren und weitere Forschungslücken identifizieren.

1 Einleitung

Seit vielen Jahren verändert sich die Art der Erwerbstätigkeit weg von der Industrie- hin

zur Wissensgesellschaft. Durch die Entwicklungen der Informations- und

Kommunikationstechnologie können Unternehmen und ihre Mitarbeiter die Effizienz der

Wissensgenerierung, Wissensspeicherung und Wissensverarbeitung optimieren und

somit Zeit- und Kostenaufwände verringern. Zu diesem Zweck stehen unterschiedliche

Software-Werkzeuge zur Verfügung. Hierzu gehören u.a. Content- und

Dokumentenmanagementsysteme oder auch Kommunikationssysteme, wie E-Mail-

Systeme.

Mit der Weiterentwicklung der Web-Technologien und der damit verbundenen

Infrastruktur entstanden vor wenigen Jahren einige Neuerungen, die unter dem Begriff

„Web 2.0“ zusammengefasst wurden. Das Web 2.0 unterscheidet sich im Gegensatz zum

klassischen Internet vor allem in der kollaborativen Zusammenarbeit von Web-Nutzern,

die freiwillig und aktiv Inhalte bereitstellen, vernetzen, bewerten und optimieren (Koch

und Richter 2009). Anstelle einer einseitigen und statischen Kommunikation kann im

Web 2.0 der Rezipient auch der Sender sein und andersrum (Otte 2009). Die Erhöhung

dieser Partizipation äußert sich z.B. dadurch, dass der „Internetuser 2.0“ Webblogs

kommentiert, Wiki-Einträge diskutiert oder Beiträge zu unterschiedlichen Themen

„retwittert“. Er wird damit zum eigenständigen Produzenten von Web-Content.

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Einige Unternehmen entdecken mittlerweile die Vorteile des Web 2.0 für sich und setzen

die Software-Werkzeuge erfolgreich in der interne und externe Kommunikation ein.

Dabei wird oft versucht die damit verbundenen kollaborativen Grundprinzipien mit zu

etablieren. Laut einer Studie der Centrestage GmbH besteht beim Einsatz von Enterprise

2.0 „[...] großes Potenzial in der Chance, betriebliche Anwendungen zu gestalten, die

entweder die vorhandenen Lösungen einer "1.0-Welt" systematisch ergänzen und

erweitern oder, die es einem erlauben, "Dinge zu machen", die man bislang nur

unzureichend abdecken oder gar nicht realisieren konnte“ (Göhring, Niemeier und

Vujnovic 2010). Des Weiteren wurde eindeutig, dass der Fokus der Anwendung vor

allem in der Kollaboration und Produktivität besteht. Die Ziele und Potentiale

diesbezüglich können u.a. sein (Göhring, Niemeier und Vujnovic 2010):

- Steigerung der Produktivität

- Ermöglichen einer grenzenlosen unternehmensweiten Zusammenarbeit

- Erfassung und Sicherung des betrieblichen Know-hows

- Steigerung der Effektivität und Effizienz der internen Kommunikation

- Vermeidung von Doppelarbeit

- Reduktion des Aufwands für die Suche und das Finden von Information

Die Vorteile von Enterprise 2.0 sind nicht umstritten und die Software- und Hardware-

Kosten überschaubar, jedoch steht dem ein nicht unbedeutender Personalaufwand

gegenüber, der beim Wandel der Organisation zu Enterprise 2.0 größere Kosten

verursachen kann (Görg 2009). Unter diesem Wandel versteht man die Anpassung der

Arbeitsprozesse sowie die Entwicklung einer offenen Unternehmenskultur, die u.a. die

Mitarbeiter zur aktiven Partizipation motiviert und dabei hierarchischen Barrieren

minimiert. Durch diesen nicht unerheblichen Aufwand stehen viele IT-Entscheider vor

der Herausforderung die oben genannten Ziele und Potentiale quantitativ sowie

qualitativ zu messen, um somit fundierte wirtschaftliche Entscheidungen treffen zu

können.

Welche unterschiedlichen Bewertungsansätze diesbezüglich bisher diskutiert wurden,

welche Herausforderungen und Problemstellungen dabei existieren und welche

Methoden für eine Bewertung in Frage kommen, muss in weiteren Forschungsarbeiten

vertieft und analysiert werden.

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2 Bisherige Arbeiten zur Messbarkeit des Nutzens von Enterprise 2.0

Bisher gibt es mehrere Ansätze die Qualität und Quantität der Web 2.0 Werkzeuge im

Unternehmenskontext u.a. mit verschiedenen Kenzahlen, wie z.B. den ROI, zu bewerten.

Allgemein wird die Bewertung des Nutzens von IT-Systemen oder

Wissensmanagement-Lösungen schon länger in der Literatur behandelt. Hierbei gibt es

einige Methoden, wie die Balance Scorecard, deren ausführliche Anwendung auf

Enterprise 2.0-Werkzeuge noch zu überprüfen ist.

Im Folgenden werden einzelne Bewertungsmethoden von Social Software aus der

Literatur kurz vorgestellt und in diesem Zusammenhang die Problemstellung sowie

aktuelle Diskussionen skizziert.

2.1 miniROI

Ein Problem bei der Messung von Social Software ist, dass die meisten Kennzahlen sich

nur indirekt messen lassen. Diese Problematik hat Felix Schröder von der Just Software

AG dazu bewegt einen miniROI für Social Software in Unternehmen zu empfehlen, in

der ausschließlich die direkten Effekte, wie z.B. Zeit der Arbeitsprozesse oder

Kostenreduktion für Software, betrachtet werden.

In seiner Argumentation soll der miniROI, der nur mit einem geringen Aufwand erstellt

wird, eine Orientierung geben und die Ungenauigkeit indirekter Kennzahlen vermeiden.

Zusätzlich meint er, dass die Kosten und der Aufwand einer Einführung von Social

Software verschwindend gering sind und daher vor allem die Akzeptanz der Nutzer

sowie die Veränderung der Arbeitsabläufe und Gewohnheiten wichtiger sind, die nicht

mit einer Kennzahl wie dem ROI zu bestimmen sind. Kritisiert wird hierbei, dass

wichtige Kennzahlen, auch wenn sie nicht direkt messbar sind, ausgeklammert werden

und somit nicht zu einer ganzheitlichen Messung des Nutzens beitragen (Schröder 2010).

2.2 RONI (Risk Of Not Investing)

Durch die Komplexität beim Berechnen des Nutzens von Social Software schlagen

Simone Happ und Frank Wolf, Autoren des Blogs besser20.de, eine andere

Betrachtungsweise vor. Ihrer Meinung nach ist die Analyse wichtig, welche

Konsequenzen ein Nicht-Investieren in Social Software mit sich bringt. Die Risiken

werden im Risk Of Not Investing beschrieben und in diesem Beispiel auf vier Punkte

reduziert (Happ und Wolf 2009).

1. Durch Irrtümer und gescheiterte Projekte wird das Thema Social Software

beiseitegeschoben und mittelfristig nicht mehr betrachtet. Somit entsteht ein

großer technischer Rückstand im Vergleich zur Konkurrenz.

2. Social-Tools werden in den meisten Unternehmen schon in Insel-Projekten

eingeführt. Um die Kontrolle über diese Aktivitäten zu behalten, muss man sich

mit der Thematik auseinander setzen.

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3. Wer für die neue Generation von Mitarbeitern und jungen Talenten attraktiv

bleiben will, muss Innovative Technologien anbieten.

4. Die Konkurrenz schläft nicht, daher ist es wichtig so früh wie möglich sich mit

Social Software zu beschäftigen. Eine integrative Einführung dauert eine

gewisse Zeit somit muss man längere Entwicklungszyklen und Lernprozesse

mit einplanen.

Der RONI stellt zusammenfassend eine allgemeine Argumentationsliste gegen das

Nicht-Einführen von Social Software dar. Jedoch fehlt leider eine quantifizierbare

Kennzahl zur Messung eines Nutzen, bzw. eines Nicht-Einführens.

2.3 IBM: Measuring the value of social software - Defining a measurement

approach that maps activity to business value

Einen ganzheitlichen Ansatz verfolgt die IBM Corporation mit ihrem kürzlich

veröffentlichten White Paper „Measuring the value of social software“. Hierbei werden

drei Messungs-Typen unterschieden und zusätzlich Organisationslevel sowie Use Cases

involviert. Unter „Vitality“ werden alle kurzfristigen Tätigkeiten oder Maßnahmen, wie

z.B. Anzahl der Blog-Beiträge, Anzahl der Wikis, angelegte Profile usw. bewertet.

„Capability“ hingegen beschreibt den mittelfristigen Nutzen, wie z.B. Effizienz des

Mitarbeiter-Know-How oder die Geschwindigkeit bei der Lösung von Problemen. Als

Kennzahlen dienen des Weiteren die Interaktionshäufigkeit, der Aufbau von interaktiven

Beziehungen oder die Schaffung von Informationsflüssen. Der dritte Messtyp „Business

Value“ widmet sich dem eigentlichen Return on Investment, indem er den langfristigen

Erfolg betrachtet, der über die wichtigsten Prozess- (KPIs) und Schlüsselwert-

Indikatoren (KVIs) definiert wird. Messbar wäre hier z.B. die Anzahl der bearbeiteten

Anrufer in einem Call Center oder die Zeit, wie lange ein Produkt von der Entwicklung

bis zur Markteinführung braucht (Cooper, Martin, und Kiernan 2010).

Zu diesem Modell gibt es bis jetzt noch keine Anwendungsfälle, die den Einsatz des

Bewertungssystems in der Praxis analysieren und untersuchen ob die Methode auch

weitestgehend in der Praxis angewendet werden kann. Ein Vorteil ist, dass das Modell

einen ganzheitlichen Ansatz verfolgt und damit keine wichtigen Einflussgrößen

ausblendet.

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2.4 Return On Contribution (ROC): A Metric for Enterprise Social Software

Ein Team der IBM Research präsentierte auf der ECSCW1 2009 in Wien, ein Konzept

namens Return on Contribution oder auch ROC, mit dem sie den Nutzen von Social

Media messen wollen. „The core definition of ROC is the ratio of the number of people

who benefit in this way from a resource (i.e., through rational consumption of that

resource), divided by the number of people who create or contribute to that resource.”

(Muller, Freyne, Duncan, et al. 2009). Dabei werden verschiedene Messzahlen für

unterschiedliche Szenarien verwendet, deren Einheit in Mitarbeiter (Personalaufwand)

dargestellt wird. Gemessen wird, wie viele Erzeuger von Inhalten den Konsumenten

gegenüberstehen, um so eine Übersicht zur Effektivität eines Mediums, wie z.B. Wikis,

Blogs oder Filesharing-Systemen, zu erstellen.

IBM erläutert hier eine einfach anzuwendende und quantifizierbare Methode zur

Messung von Social Software. Als Bestandteil einer ganzheitlichen Betrachtung wird

dieses System relativ einfach zu integrieren sein, jedoch fehlen weitere Kennzahlen, die

z.B. die Zeitersparnis oder die Qualität der Inhalte interpretieren. Um dieses System in

der Praxis anzuwenden, muss sichergestellt sein, dass mit der Einführung der Software

die technische Datenerhebung im Unternehmen implementiert wird.

2.5 Wiki Success Model und Weblog Success Model

Auf der America Conference on Information Systems (AMCIS) 2009 stellten Phillip

Raeth, Stefan Smolnik, Nils Urbach und Christian Zimmer mit ihrer Arbeit “Towards

Assessing the Success of Social Software in Corporate Environments” zwei

Erfolgsmodelle zur Messung von Webblogs und Wikis vor. Die Modelle basieren auf

dem IS Success Modell von DeLone und McLean (siehe auch DeLone und McLean

2002). Hierbei werden die gegenseitigen Einflüsse der sieben Erfolgsdimensionen

Systemqualität, Informationsqualität, Servicequalität, Nutzerzufriedenheit, Absicht zur

Nutzung/Nutzung und Nettonutzen in einem Informationssystem dargestellt und

analysiert. Nach einer ausführlichen Recherche unterschiedlicher Messmethoden für die

jeweiligen Erfolgsdimensionen, wurde ein ganzheitliches Modell mit Fokus auf

Webblogs und Wikis erstellt. Die unterschiedlichen Messmethoden beziehen sich auf

den Einfluss einer Dimension auf eine andere.

Das Modell bietet umfassenden Methoden zur Messung von Wikis und Webblogs.

Bisher fehlen aber noch empirische Analysen und eine praktische Validierung. In

Zukunft soll das Konzept noch um weitere Enterprise 2.0-Anwendungen, wie Social

Networking Services, ergänzt werden. Bei einer praktischen Validierung muss auch der

Kosten- und Zeitaufwand dieses Modells, der im ersten Ansatz relativ hoch erscheint,

untersucht werden.

1 European Conference on Computer Supported Cooperative Work

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2.6 Wirkungsstufen der Kommunikation nach Negelmann

Das Modell der Wirkungsstufen der Kommunikation beschreibt drei unterschiedliche

Stufen der Kommunikation in Unternehmen. Die Idee stammte von Walter K.

Lindenmann aus dem Jahre 1977 und wurde vom Internationalen Controller Verein um

zwei weitere Stufen (Input und Outflow) erweitert. Björn Negelmann hat dieses Modell

2009 auf den Einsatz von Social Networking Services erweitert. Hierfür hat er auf Basis

dieses Modells die fünf Schritte Input, Output, Outgrowth, Outcome und Outflow

betrachtet und den Hauptanwendungen von Enterprise 2.0 (Tagging, Blogging, „Wiki-

ing“, Social Networking) gegenübergestellt. Als Ergebnis erreicht man eine Strategie-

Map, die die Effekte von Enterprise 2.0 auf die Generierung von Business Value

aufzeigt (Negelmann 2009).

Das System wurde in der Praxis in abgewandelter Form in verschiedenen Szenarien zwar

schon angewendet, für die quantifizierbare Messbarkeit mit Kennzahlen gibt es hierfür

jedoch noch keine praktischen Analysen. Auch dieses Modell verfolgt einen

ganzheitlichen Ansatz und dient als Orientierung für weiterführende

Bewertungsmethoden.

2.7 Überblick

Die folgende Tabelle zeigt die Zusammenfassung der vorgestellten Ansätze:

Autor Titel Untersuchungsgegenstand Methodik

Happ, S. und

Wolf, F.

(2009)

Enterprise 2.0:

Vom ROI zum

RONI (Risk of Not

Investing)

Social Software Risk of Not

Investing

Schröder, F.

(2010)

Was ist der ROI

von Enterprise 2.0

Software? – Unser

Ansatz

Social Software minROI

Cooper, C.

Martin, M.,

Kiernan, T.

(2010)

Measuring the

value of social

software

Social Software Separierung von

Measurement

Types (Vitality,

Capability,

Business Values)

Muller,

Freyne,

Duncan, et

al. 2009

Return On

Contribution

(ROC): A Metric

for Enterprise

Social Software

Social Software Return on

Contribution

Page 7: Zum Mehrwert von Social Software in der internen Unternehmenskommunikation

Negelmann,

B. (2009)

Ideas for the

measurement of

Enterprise 2.0

effects

Social Software Wirkungsstufen

der

Kommunikation

Raeth, P.;

Smolnik, S.

et al (2009)

Towards Assessing

the Success of

Social Software in

Corporate

Environments

Webblogs, Wikis Success Model

3 Problemstellung und Diskussion

Es gibt mehrere unterschiedliche Bewertungs-Ansätze von Social Software im

Unternehmenskontext, jedoch konnten sich noch keine standardisierten Konzepte, die

einen Nutzen messbar machen, durchsetzen. Hierfür werden mehrere Gründe diskutiert,

die u.a. im Folgenden zusammengefasst werden.

Besonders eine umfassende Quantifizierung mit aussagekräftigen Kennzahlen konnte

sich bisher noch nicht etablieren. Hierbei ist auch noch unklar, ob die Umsetzung einer

Quantifizierung überhaupt erfolgreich realisierbar ist, bzw. die gewünschten Ergebnisse

liefern kann oder ob eventuell der Ansatz einer Qualifizierung einen größeren Mehrwert

liefert. Tim Dukett erläutert in einem Blog-Beitrag beide Methoden und kommt zu dem

Entschluss, dass um eine ganzheitliche Bewertung zu ermöglichen, sowohl eine

quantitative als auch eine qualitative Messung stattfinden muss (Dukett 2008).

Des Weiteren steht zur Diskussion, ob sich ein Standard als Bewertungs-Methode

überhaupt durchsetzen kann oder ob unterschiedliche Lösungen für verschiedene

Szenarien eine effektivere Bewertung liefern können. Oliver Marks schrieb in einem

Blog-Eintrag „Enterprise 2.0 ROI Metrics: One Size Doesn’t Fit All“, dass ein

standardisiertes Bewertungskonzept für Enterprise 2.0-Anwendungen nicht umgesetzt

werden kann, da die Lösungen nahezu immer individuell im Unternehmen eingesetzt

und verwendet werden (Marks 2009). Die Betrachtungsweise und Granularität, d.h. wie

sehr geht man mit welcher Methodik ins Detail, spielt somit eine weitere wichtige Rolle

bei den Überlegungen.

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Auch wenn schon länger verschiedene Bewertungsmethoden bezüglich der Messbarkeit

von CSCW (Computer Supported Cooperative Work)- oder Wissensmanagement-

Systemen (siehe Schwabe, Streitz und Unland [Hrsg.] 2001) existieren, fehlen spezifisch

für die Thematik Enterprise 2.0 praktische Anwendungsfälle und empirische Studien,

welche die theoretischen Ansätze analysieren und ggf. validieren. Die Gründe hierfür

sind vielfältig. Zum Einen ist das Thema Enterprise 2.0 noch relativ jung, wodurch sich

viele Unternehmen noch im Experimentier-Stadium befinden. Des Weiteren bestehen die

Systemlandschaften in den Unternehmen meist aus individuell und historisch

gewachsenen Lösungen. Durch diesen Umstand herrscht oft eine hohe Komplexität, an

die sich nur wenige Verantwortliche heran trauen, bzw. der Aufwand in keiner

Korrelation zum Nutzen einer Bewertung steht.

Eine weitere Überlegung ist, ob Social Software als alleinstehendes System bewertet

werden kann, oder ob Social Software eher als Ergänzung zu den bestehenden Systemen

gewertet wird. Wie schon erwähnt sieht die Studie der centrestage GmbH das Potential

in Enterprise 2.0-Anwendungen in der Ergänzung und Erweiterung vorhandener

Lösungen (Göhring, Niemeier und Vujnovic 2010). In diesem Zusammenhang wäre eine

Messung des Mehrwerts im direkten Vergleich zu vorhandenen Lösungen

unterschiedlich zu gestalten, als eine Bewertung die nur Social Software an sich

betrachtet.

Wie schon erwähnt gibt es neben den bisher eingesetzten Methoden noch weitere

Bewertungssysteme, die den wirtschaftlichen Nutzen von IT-Systemen messen. Hierbei

wäre es interessant zu analysieren, welche etablierten Methoden, wie z.B. die Balance

Scorecard, bezüglich einer Bewertung von Social Software eingesetzt werden können.

4 Offenen Forschungsfragen

In Kapitel 2 wurden verschiedene Bewertungs-Ansätze zur Messung von Social

Software im Unternehmenskontext aufgeführt und in Kapitel 3 einige Problemstellungen

erläutert. Zusammenfassend ergeben sich auf Grundlage der Diskussionen folgende

Forschungsfragen:

1. Welche Bewertungssysteme eignen sich, um den Nutzen von Social Software in

der internen Unternehmenskommunikation zu messen?

2. Welchen messbaren Mehrwert bietet Social Software im Vergleich zu

vorhandenen Enterprise-Werkzeugen (Zeit- oder Kostenersparnisse,

Qualitätssteigerung)?

Ausgehend von diesen Forschungsfragen und den in Kapitel 3 diskutierten

Problemstellungen können fünf Herausforderungen bei einer Bewertung von Enterprise

2.0-Anwendungen abgeleitet werden:

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Art der Messmethodik: Inwiefern kann eine Quantifizierung erfolgreich

umgesetzt werden und welchen Mehrwert bringt hingegen eine Qualifizierung.

Welche Komplexität oder welcher Aufwand kann eine Kombination beider

Methoden mit sich bringen?

Individuelle Lösung vs. Standard-Modell: Können standardisierte Bewertungs-

Modelle für die meist individuellen Systemlandschaften umgesetzt werden und

wie müssen diese dann konzipiert werden?

Adaption von vorhandenen Bewertungs-Methoden oder Konzeption von neuen

Modellen: Kann man bei der Auswahl von geeigneten Messmethoden auf

vorhandene Modelle zurückgreifen und diese adaptieren oder bringt eine

Konzeption des Bewertungssystem auf der grünen Wiese den größeren

Mehrwert?

Analyse von praktischen Anwendungsfällen und empirischen Studien: Welche

Erfahrungen und Rückschlüsse können aus der praktischen Anwendung von

Unternehmen mit Enterprise 2.0-Bewertungssystemen geschlossen werden?

Vergleich zu vorhandenen „1.0-Lösungen“ oder Betrachtung von Social

Software als isoliertes System: Welche Aspekte müssen für einen Vergleich von

Social Software zu „Web 1.0“-Lösungen betrachtet werden und welche

messbaren Erkenntnisse können aus diesem Vergleich erschlossen werden?

Um diese Fragen zu beantworten, soll eine Analyse der bisher diskutierten

Bewertungs-Methoden umgesetzt werden, welche die unterschiedlichen Aspekte

zusammenfasst und bezüglich ihrer Machbarkeit und den damit verbundenen Stärken

und Schwächen bewertet.

Detaillierte Betrachtungen werden u.a. durch die Untersuchung von bestehenden und

die Erhebung von neuen Fallstudien durchgeführt. Hierbei lässt sich identifizieren, wie

Unternehmen in der Praxis bisher mit dieser Thematik konfrontiert wurden und welche

Lösungen erarbeitet werden konnten. Eine ausführliche Sammlung bietet hier das

Enterprise 2.0-Fallstudiennetzwerk http://www.e20cases.org/. Die Untersuchung der

bestehenden Fallstudien soll einerseits den Nutzen von Enterprise 2.0-Projekten in

messbare Zahlen aufdecken und andererseits die Wahl der Mess-Methodik analysieren.

Bei der Umsetzung neuer Fallstudien können mit der Implementierung der Software

mehrere unterschiedliche Bewertungsmethoden eingesetzt und miteinander verglichen

werden.

Um den Mehrwert von Social Software zu messen, soll neben den Fallstudien eine

empirische Umfragestudie durchgeführt werden. Zu den Eckpunkten der Untersuchung

gehören die Bewertung der Zeit- oder Kostenersparnis, die Qualität der Arbeit und

weitere noch undefinierte Punkte. Zusätzlich kann hierbei noch analysiert werden, ob

Bewertungssysteme bisher eingesetzt wurden und wenn ja, welche dieser Systeme wie

erfolgreich waren.

Page 10: Zum Mehrwert von Social Software in der internen Unternehmenskommunikation

Die Ergebnisse können dazu beitragen, dass am Ende Johann Wolfgang von Goethe mit

seiner Aussage „Mit dem Wissen wächst der Zweifel.“ nicht Recht behält.

Literaturverzeichnis

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