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II 2 von 32 Gesundheitspolitik Gesellschaft und sozialer Wandel • Beitrag 19 29 RAAbits Politik • Berufliche Schulen • Dezember 2013 Fachliche Hinweise Die Gesundheit ist zwar nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts. Arthur Schopenhauer (1788–1860), deutscher Philosoph Wie funktioniert das Gesundheitssystem in Deutschland? Der große Unterschied zwischen dem Gesundheitssystem in Deutschland und denen in anderen Ländern ist die Tatsache, dass das Gesundheitswesen den selbst verwaltenden Körperschaften und Verbänden überlassen wird. Vor allem bei gesetzlichen Krankenkassen, kassenärztlichen Vereini- gungen und dem Verband der Krankenhausträger gibt der Gesetzgeber lediglich die Rahmenbedin- gungen vor. Finanziell betrachtet wird das System durch staatliche und private Krankenkassen gestützt. Neben den ambulanten Gesundheitsversorgungen, Krankenhäusern, Pflegeheimen und staatlichen Einrichtungen zählen auch Wohlfahrtsverbände und private Leistungserbringer zum Gesundheitswesen. Die wichtigste Rolle im deutschen Gesundheitssystems spielt jedoch die gesetz- liche Krankenversicherung (GKV), in der rund 90 Prozent aller Deutschen versichert sind. Das prä- gende Merkmal der GKV ist das Solidarprinzip, das besagt, dass man nach seiner Leistungsfähigkeit bezahlt, aber nach seiner Bedürftigkeit Leistungen erhält. Was hat sich nach den Gesundheitsreformen verändert? Die ständig steigenden Kosten des deutschen Gesundheitssystems sind das zentrale Problem, das in der Vergangenheit mehrfache Korrekturen nach sich gezogen hat. Die Finanzierung der GKV wurde mit der Einführung des Gesundheitsfonds 2009 neu gestaltet, wonach seitdem ein einheitli- cher Beitragssatz aller Krankenkassen gilt. Die Beiträge werden von den beitragspflichtigen Einnah- men berechnet und fließen gemeinsam mit Steuermitteln in den Gesundheitsfonds. Nachdem im Zuge der Gesundheitsreform vom 1.1.2011 ein Beitragssatz von 15,5 Prozent beschlossen wurde, fiel durch die Reform 2013 nicht nur die Praxisgebühr weg. Auch die Einkommensgrenze für gering- fügig Beschäftigte wurde von 400 Euro auf 450 Euro monatlich erhöht, der durchschnittliche Zusatz- beitrag für das Jahr 2013 auf null Euro gesenkt und etwaige Zusatzbeiträge abgeschafft. Zudem wurden „Unisex-Tarife“ in der privaten Krankenversicherung (PKV) eingeführt, wonach bei den Bei- trägen keine Geschlechterdifferenzierung mehr stattfinden darf. Dies bedeutet eine Angleichung an die GKV, bei der die Beiträge geschlechtsunabhängig sind. Diskutiert wird zurzeit auch über eine Neugestaltung der Krankenversicherung. Hier stehen sich das Konzept der „Solidarischen Bürgerversicherung”, bei der alle Bürgerinnen und Bürger einen bestimmten Prozentsatz aus der Summe aller Einkunftsarten bis zur Höhe einer festgelegten Bemes- sungsgrundlage zahlen, und das der „Gesundheitsprämie“ gegenüber, bei der alle Bürgerinnen und Bürger den gleichen Betrag für das Gesundheitssystem einzahlen. Die dunklen Seiten des Gesundheitssystems Es gibt keinen Markt, der so groß ist wie der Gesundheitsmarkt mit 250 bis 300 Milliarden Euro, die pro Jahr umgesetzt werden. Deshalb gibt es auch nirgends mehr Lobbyisten – und in keinem Bereich besser bezahlte – als im Gesundheitsbereich. Genaue Zahlen existieren zwar nicht, aber Experten gehen davon aus, dass der Einfluss der Lobbyisten weiter wächst: Je härter der Verteilungskampf, desto größer die Bemühungen der Interessengruppen um einen Teil vom Kuchen. Verlierer dabei sind die Versicherten und Patienten, die im Gegensatz zu den Anbietern im Gesundheitssystem keine Lobby haben. Ein weiteres dunkles Kapitel im deutschen Gesundheitswesen ist die mittler- weile zur Realität gewordene Zweiklassenmedizin. So müssen Kassenpatienten im Schnitt dreimal länger auf einen Termin beim Facharzt warten als Privatversicherte. Bei der Bundesärztekammer spricht man dabei von „Serviceunterschieden“, die sich aus den unterschiedlichen Vergütungssys- temen, nach denen private und gesetzliche Kassen zahlen, ergeben. So verdienen Ärzte an Privatpa- tienten bei Behandlungen 25 bis 30 Prozent mehr als an denen von der GKV. Diese Schieflage gilt es zu beseitigen. Auch die Mitte 2012 bekanntgewordenen Transplantationsskandale an Kliniken in Deutschland haben einen dunklen Schatten auf das Gesundheitssystem geworfen. Infolge dieser Skandale hat nicht nur das Vertrauen der Deutschen in die Organspende gelitten, das gesamte Gesundheitswesen kam dadurch in Verruf. Um das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in das Gesundheitssystem zurückzugewinnen und zu stärken, sind daher vonseiten der Politik dringend wirksame Konsequenzen notwendig. zur Vollversion

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II2 von 32 Gesundheitspolitik Gesellschaft und sozialer Wandel • Beitrag 19

29 RAAbits Politik • Berufliche Schulen • Dezember 2013

Fachliche Hinweise

Die Gesundheit ist zwar nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts.Arthur Schopenhauer (1788–1860), deutscher Philosoph

Wie funktioniert das Gesundheitssystem in Deutschland?

Der große Unterschied zwischen dem Gesundheitssystem in Deutschland und denen in anderen Ländern ist die Tatsache, dass das Gesundheitswesen den selbst verwaltenden Körperschaften und Verbänden überlassen wird. Vor allem bei gesetzlichen Krankenkassen, kassenärztlichen Vereini-gungen und dem Verband der Krankenhausträger gibt der Gesetzgeber lediglich die Rahmenbedin-gungen vor. Finanziell betrachtet wird das System durch staatliche und private Krankenkassen gestützt. Neben den ambulanten Gesundheitsversorgungen, Krankenhäusern, Pflegeheimen und staatlichen Einrichtungen zählen auch Wohlfahrtsverbände und private Leistungserbringer zum Gesundheitswesen. Die wichtigste Rolle im deutschen Gesundheitssystems spielt jedoch die gesetz-liche Krankenversicherung (GKV), in der rund 90 Prozent aller Deutschen versichert sind. Das prä-gende Merkmal der GKV ist das Solidarprinzip, das besagt, dass man nach seiner Leistungsfähigkeit bezahlt, aber nach seiner Bedürftigkeit Leistungen erhält.

Was hat sich nach den Gesundheitsreformen verändert?

Die ständig steigenden Kosten des deutschen Gesundheitssystems sind das zentrale Problem, das in der Vergangenheit mehrfache Korrekturen nach sich gezogen hat. Die Finanzierung der GKV wurde mit der Einführung des Gesundheitsfonds 2009 neu gestaltet, wonach seitdem ein einheitli-cher Beitragssatz aller Krankenkassen gilt. Die Beiträge werden von den beitragspflichtigen Einnah-men berechnet und fließen gemeinsam mit Steuermitteln in den Gesundheitsfonds. Nachdem im Zuge der Gesundheitsreform vom 1.1.2011 ein Beitragssatz von 15,5 Prozent beschlossen wurde, fiel durch die Reform 2013 nicht nur die Praxisgebühr weg. Auch die Einkommensgrenze für gering-fügig Beschäftigte wurde von 400 Euro auf 450 Euro monatlich erhöht, der durchschnittliche Zusatz-beitrag für das Jahr 2013 auf null Euro gesenkt und etwaige Zusatzbeiträge abgeschafft. Zudem wurden „Unisex-Tarife“ in der privaten Krankenversicherung (PKV) eingeführt, wonach bei den Bei-trägen keine Geschlechterdifferenzierung mehr stattfinden darf. Dies bedeutet eine Angleichung an die GKV, bei der die Beiträge geschlechtsunabhängig sind.

Diskutiert wird zurzeit auch über eine Neugestaltung der Krankenversicherung. Hier stehen sich das Konzept der „Solidarischen Bürgerversicherung”, bei der alle Bürgerinnen und Bürger einen bestimmten Prozentsatz aus der Summe aller Einkunftsarten bis zur Höhe einer festgelegten Bemes-sungsgrundlage zahlen, und das der „Gesundheitsprämie“ gegenüber, bei der alle Bürgerinnen und Bürger den gleichen Betrag für das Gesundheitssystem einzahlen.

Die dunklen Seiten des Gesundheitssystems

Es gibt keinen Markt, der so groß ist wie der Gesundheitsmarkt mit 250 bis 300 Milliarden Euro, die pro Jahr umgesetzt werden. Deshalb gibt es auch nirgends mehr Lobbyisten – und in keinem Bereich besser bezahlte – als im Gesundheitsbereich. Genaue Zahlen existieren zwar nicht, aber Experten gehen davon aus, dass der Einfluss der Lobbyisten weiter wächst: Je härter der Verteilungskampf, desto größer die Bemühungen der Interessengruppen um einen Teil vom Kuchen. Verlierer dabei sind die Versicherten und Patienten, die im Gegensatz zu den Anbietern im Gesundheitssystem keine Lobby haben. Ein weiteres dunkles Kapitel im deutschen Gesundheitswesen ist die mittler-weile zur Realität gewordene Zweiklassenmedizin. So müssen Kassenpatienten im Schnitt dreimal länger auf einen Termin beim Facharzt warten als Privatversicherte. Bei der Bundesärztekammer spricht man dabei von „Serviceunterschieden“, die sich aus den unterschiedlichen Vergütungssys-temen, nach denen private und gesetzliche Kassen zahlen, ergeben. So verdienen Ärzte an Privatpa-tienten bei Behandlungen 25 bis 30 Prozent mehr als an denen von der GKV. Diese Schieflage gilt es zu beseitigen. Auch die Mitte 2012 bekanntgewordenen Transplantationsskandale an Kliniken in Deutschland haben einen dunklen Schatten auf das Gesundheitssystem geworfen. Infolge dieser Skandale hat nicht nur das Vertrauen der Deutschen in die Organspende gelitten, das gesamte Gesundheitswesen kam dadurch in Verruf. Um das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in das Gesundheitssystem zurückzugewinnen und zu stärken, sind daher vonseiten der Politik dringend wirksame Konsequenzen notwendig.

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Das Dilemma zwischen medizinischer Ethik und Biotechnologie

Fortpflanzungsmedizin und Stammzellforschung – dies sind zwei Gebiete, die einen Schwerpunkt aktueller medizinischer und vor allem auch ethischer Diskussion in Deutschland bilden. Angesichts immer neuer Erkenntnisse und Anwendungsmöglichkeiten ist das kaum verwunderlich, geht es doch um die Entstehung und Entwicklung menschlichen Lebens bzw. die künstliche Schaffung menschlichen Gewebes. Und damit um Themen, die weit über den medizinischen Bereich hinausge-hen und quasi jeden betreffen. Doch wo sind die Grenzen, wo müssen Forschung und das medizi-nisch Machbare zurückstehen? Hier stehen sich ethische und biotechnologische Aspekte gegenüber und müssen sorgfältig gegeneinander abgewogen werden.

Didaktisch-methodische Hinweise

Die persönliche Gesundheit, ihr Erhalt oder Wiederherstellung gehört für alle Menschen zu den wichtigsten Themen und größten Besorgnissen. Auch aus den Alltagserfahrungen der Lernenden ergeben sich zahlreiche Anknüpfungspunkte für Schülerreferate – möglich sind hier Fragestellungen wie „Wann wird Stress ungesund?“, „Gesundheit und Ernährung – wie hängt das zusammen?“, „Wir werden immer älter – welche Folgen hat das?“ oder „Privat oder Kasse? – Haben wir in Deutsch-land eine Zweiklassenmedizin?“.

Stundenverlauf

Stunde 1 Wie funktioniert das deutsche Gesundheitssystem? – Ein Überblick

Intention

In der ersten Stunde erfahren die Lernenden, wie das Gesundheitssystem in Deutschland strukturiert ist, auf welchen Grundprinzipien die gesetzliche Kran-kenversicherung basiert und welche die wichtigsten Akteure im Gesundheits-wesen sind.

MaterialienM 1–M 3

Anhand des Arbeitsblattes in M 1 lernen die Schülerinnen und Schüler die wesentlichen Aspekte des deutschen Gesundheitssystems kennen. Über den grundsätzlichen Unterschied zwischen der gesetzlichen und privaten Kranken-versicherung informieren sie sich mithilfe eines Schaubilds in M 2. Der Text in M 3 beleuchtet schließlich die wichtigsten Akteure im Gesundheitssystem und ihre Aufgaben.

Stunde 2 Reformen im System – die Gesundheitsreform

Intention

Im Fokus der zweiten Stunde stehen die Gesundheitsreform aus dem Jahr 2011. Die Schülerinnen und Schüler lernen den Unterschied zwischen den verschie-denen gesundheitspolitischen Modellen sowie Funktionsweise und Wirkung des Gesundheitsfonds kennen.

MaterialienM 4–M 5

Was hat sich durch die Gesundheitsreform 2011 verändert? Wie soll die Finan-zierung der Gesundheitsleistungen gesichert werden? Und was verbirgt sich hinter dem Begriff des „Gesundheitsfonds“? Dies erarbeiten sich die Lernen-den anhand des Textes in M 4 und des Schaubilds in M 5.

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Stunde 3 Die dunkle Seite des Gesundheitswesens

Intention

Mit den dunklen Seiten des Gesundheitssystems setzen sich die Lernenden in der dritten Stunde auseinander. Hier beschäftigen sie sich mit den Machen-schaften der Gesundheitslobby, der sogenannten Zweiklassenmedizin und den Transplantationsskandalen.

MaterialienM 6–M 8

Das Interview in M 6 zeigt den Schülerinnen und Schülern zum einen, wie die Gesundheitslobby Einfluss auf politische Entscheidungen nimmt. Zum anderen macht die Diskussion in M 7 den Unterschied zwischen dem Konzept einer Bür-gerversicherung und einer Gesundheitsprämie deutlich. Anhand des Textes in M 8 erfahren die Lernenden, was es mit den Transplantationsskandalen auf sich hat. Sie werden hier dazu aufgefordert, selbst Stellung zum Thema „Organ-spende“ zu nehmen.

Stunde 4 Ethik versus Biotechnologie – umstrittene Bereiche in der Medizin

IntentionDie umstrittenen Bereiche in der Medizin stehen im Mittelpunkt der vierten Stunde. Die Schülerinnen und Schüler erkennen, wie schwierig es ist, ethische Grundsätze und medizinische Möglichkeiten in Einklang zu bringen.

MaterialienM 9

Anhand der verschiedenen Stellungnahmen zur Fortpflanzungsmedizin und Stammzellenforschung in M 9 setzen sich die Lernenden mit der Frage ausein-ander, ob die Forschung in diesen Bereichen mit ethischen Grundsätzen verein-bar ist.

Lernkontrolle

Der Multiple Choice Test in M 10 dient der spielerischen Lernkontrolle, bevor die Lernenden in der Klausur in M 11 eine Grafik mit Umfrageergebnissen interpretieren und noch einmal die zentralen Begriffe erfragt werden. Das Glossar in M 12 sollte der gesamten Klasse als Hilfsmittel zur Verfü-gung gestellt werden.

Ergänzendes Material

Simon, Michael: Das Gesundheitssystem in Deutschland: Eine Einführung in Struktur und Funkti-onsweise. 4. Auflage. Bern: Huber 2013. 600 Seiten. ISBN-10: 3456849907.

Das deutsche Gesundheitswesen ist äußerst komplex und für Außenstehende nur schwer durch-schaubar. Dieses Buch bietet eine allgemein verständliche Einführung in die Struktur und Funktions-weise des deutschen Gesundheitssystems und seiner wichtigsten Teilsysteme. Die Beiträge sind allgemein verständlich und auch aus Sicht der Patienten und Versicherten geschrieben.

Internetadressen

http://sprechstunde.gesundheit.spiegel.de/glossar

Wer sich mit dem Thema Gesundheit auseinandersetzt, stößt häufig auf unverständliche Fachbe-griffe. Bei Spiegel-online finden Sie ein alphabetisch sortiertes Glossar, in dem die Begriffe erläutert werden – angefangen von A wie Adipositas bis zum Buchstaben Z. Außerdem gibt es Hintergrundin-formationen zu besonders häufigen Erkrankungen sowie Tipps über gesunde Lebensführung.

www.bpb.de/politik/innenpolitik/gesundheitspolitik/72546/gesundheitswesen-in-deutschland

Welche sind die wichtigsten Institutionen und Akteure im Gesundheitssystem? Was sind die Grund-prinzipien der gesetzlichen Krankenversicherung? Wie funktioniert der Gesundheitsfonds und wel-che Veränderungen haben sich durch die Gesundheitsreformen der letzten Jahre ergeben? Die Seite der Bundeszentrale für politische Bildung bietet nicht nur den Lernenden, sondern auch den Lehr-

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kräften einen umfangreichen und gut strukturierten Überblick über alle wesentlichen Aspekte zum Thema „Gesundheitswesen in Deutschland“.

www.1a.net/versicherung/krankenversicherung/buergerversicherung

Im Zusammenhang mit der Gesundheitsreform ist es wichtig zu wissen, dass es zwei verschiedene Konzepte der Finanzierung des Gesundheitssystems gibt. Das „unabhängige Verbraucherportal 1 a“ stellt auf seiner Seite die beiden Modelle „solidarische Bürgerversicherung“ und „Gesundheitsprä-mie“ gegenüber und zeigt anschaulich die Unterschiede sowie die jeweiligen Vor- und Nachteile auf.

Materialübersicht

Stunde 1 Wie funktioniert das deutsche Gesundheitssystem? – Ein Überblick

M 1 (Ab) Hauptsache gesund? – Unser Gesundheitswesen

M 2 (Sb) Große Mehrheit gesetzlich versichert

M 3 (Ab) Die wichtigsten Akteure im Gesundheitssystem

Stunde 2 Reformen im System – die Gesundheitsreform

M 4 (Tx) Die Gesundheitsreform 2011 – und was hat sich seit 2013 geändert?

M 5 (Fo) Der Gesundheitsfonds – Funktionsweise und Wirkung

Stunde 3 Die dunkle Seite des Gesundheitswesens

M 6 (Tx) Die Macht der Gesundheitslobby – ein Interview

M 7 (Ab) Eine Versicherung für alle? – Die Diskussion um die Bürgerversicherung

M 8 (Tx) Transplantationsskandale – der Kampf um Patienten und Prestige

Stunde 4 Ethik versus Biotechnologie – umstrittene Bereiche in der Medizin

M 9 (Tx) Die Medizin hilft bei Kinderwunsch – ein medizinisch-ethischer Spagat

Lernkontrolle

M 10 (Lk) Gesundheit ist Hauptsa che – testen Sie Ihr Wissen!

M 11 (Kl) Gesundheitspolitik in Deutschland – Vorschlag für eine Klausur

M 12 (Gl) Fachbegriffe auf einen Blick – ein Glossar zur Gesundheitspolitik

Minimalplan

Sollten Sie weniger Zeit zur Verfügung haben, können Sie wie folgt planen:

Stunde 1 Wie geht es dem Patienten heute? – Das Gesundheitssystem M 1, M 3, M 5

Stunde 2 Welche Leistungen wollen wir? – Und wer soll zahlen? M 7, M 9

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M 1 Hauptsache gesund? – Unser Gesundheitswesen

Die eigene Gesundheit oder die der Familienmitglieder gehört für alle Menschen zu den wichtigsten Themen und größten Besorg-nissen. Was das Thema „Gesundheit“ mit Politik zu tun hat, darum geht es hier.

Fünf Fakten zu unserem Gesundheitssystem

1. Geschichtliche WurzelnFür die Entwicklung des Gesundheitssystems in Deutschland war die Einführung der gesetz-lichen Krankenversicherung (GKV) durch die bismarcksche Sozialgesetzgebung besonders prägend. Seit wann gibt es die GKV?

Was vermuten Sie?Die GKV wurde eingeführt im Jahr

� 1883 � 1911 � 1918

� 1945 � 1968 � 1990

2. Die fünf Säulen der SozialversicherungZur Sozialversicherung zählen in Deutschland neben der Krankenversicherung auch weitere Versicherungen. Eine der rechts aufgelisteten Versicherungen wurde erst 1995 als soge-nannte 5. Säule eingeführt.

Seit 1995 als 5. Säule dabei:� Arbeitslosenversicherung� Krankenversicherung� Pflegeversicherung� Rentenversicherung� Unfallversicherung

3. Zur FinanzierungIm Krankheitsfall soll jede Bürgerin und jeder Bürger eine umfassende medizinische Versor-gung erhalten können. Das Besondere daran ist: Dies soll unabhängig von der Höhe des eigenen Einkommens gelten. Die Kosten dafür übernimmt die Krankenversicherung nach dem Solidarprinzip.

Wer finanziert die Gesundheitsleistungen?� Kranke und Patienten zahlen die Kosten

für die medizinische Versorgung selbst.� Alle Versicherten zahlen entsprechend

ihrem Einkommen unterschiedlich hohe Beiträge.

� Alle Steuerzahler zahlen eine feste Pauschale monatlich.

4. Was wird finanziert?Behandlungskosten im Krankenhaus sowie für Medikamente und medizinische Hilfsmittel gehören zu den größten Posten bei den Aus-gaben für Gesundheit. Darüber hinaus finan-zieren die Krankenversicherungen aber auch Vorsorgebehandlungen durch Zahnärzte und Hausärzte oder sonstige Leistungen wie Kran-kengeld.

Wie hoch sind schätzungsweise die Aus-gaben für Gesundheit insgesamt pro Jahr?

� 100 Milliarden Euro

� 170 Milliarden Euro

� 200 Milliarden Euro

� 240 Milliarden Euro

� 290 Milliarden Euro

5. Ärzte, Pfleger und anderes PersonalEnde 2011 waren rund 4,9 Millionen Men-schen in Deutschland im Gesundheitswesen beschäftigt. Welchen Anteil am Arbeitsmarkt haben die Beschäftigten im Gesundheitswe-sen?

Im Gesundheitswesen tätig ist

� etwa jeder neunte Beschäftigte.

� etwa jeder zwanzigste Beschäftigte.

� etwa jeder dreißigste Beschäftigte.

Nach: Pressemitteilungen des Statistischen Bundesamtes Januar 2013; www.golfmann-stahlberger.de/information/publika-tionen/unternehmensberatung-im-gesundheitswesen

Aufgaben

1. Lesen Sie den Text „Fünf Fakten zu unserem Gesundheitssystem“ und suchen Sie in der rechten Spalte die richtige Antwort heraus.

2. Überlegen Sie: Welche Berufe aus dem Gesundheitswesen kennen Sie? Nennen Sie fünf verschie-dene Berufe.

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M 3

Die wichtigsten Akteure im Gesundheitssystem

Das deutsche Gesundheitssystem zeichnet sich durch eine Vielzahl unterschiedlicher Akteure auf

verschiedenen Ebenen aus. Welches sind die wichtigsten?

Die Bundesebene

Das Bundesministerium für Gesundheit (BMFG) ist auf der Bun-desebene das zuständige Ministerium und für die Gesundheits-politik verantwortlich. Das BMFG ist für die Erarbeitung von Gesetzesentwürfen zuständig. Außerdem überwacht das Ministe-rium auch die Einhaltung der Vorschriften und führt die Aufsicht über die Verbände, die in der gesetzlichen Kranken- und Pflegever-sicherung tätig sind. Ein wichtiges Prinzip ist hier das Prinzip der Selbstverwaltung.

Die Länderebene

Auf Länderebene sind vor allem die Kassenvereinigungen und Krankenkassen von großer Bedeutung für das Gesundheitssys-tem. Kassenvereinigungen spielen in der ambulanten Versorgung eine wichtige Rolle. Das ist der Bereich der medizinischen Versor-gung durch niedergelassene Ärzte, Zahnärzte oder andere thera-peutische Berufe. Die Kassenvereinigungen haben dafür zu sorgen, dass Patienten „flächendeckend“ ambulant versorgt werden kön-nen. Außerdem beaufsichtigen und kontrollieren sie die Ärzte und Zahnärzte und übernehmen auch in den meisten Fällen die Abrech-nungen.

Daneben sind die gesetzlichen Krankenkassen wesentli-cher Teil unseres Gesundheitssystems. Auch sie operie-ren, den Vorgaben der Gesetze folgend nach dem Prinzip der Selbstverwaltung. Sie erheben Beiträge, handeln Ver-sorgungsverträge mit den Verbänden aus und leisten die entsprechende Vergütung. Hinzu kommen die Berufs-genossenschaften, die unter anderem Leistungen nach berufsbedingten Unfällen erbringen, und die gesetzlichen Rentenversicherungsträger, welche für Reha-Maßnah-men zur Erhaltung der Erwerbsfähigkeit aufkommen.

Hinzu kommt eine Vielzahl organisierter Gruppierungen, die auch eine bedeutende Stellung im Gesundheitswesen einnehmen wie z.B. Wohlfahrtsverbände, die eine Vielzahl von Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und Kranken-transportmittel unterhalten, oder auch gesundheitsbezo-gene Selbsthilfegruppen und Behindertenverbände.

In Deutschland herrscht eine relativ strenge Trennung zwischen ambulanter und stationärer Behandlung. Abge-sehen von Notfällen sind in der Regel niedergelassene Ärzte diejenigen, die über die medizinische Behandlung der Patienten entscheiden. Sie sind meist auch diejeni-gen, die entscheiden, ob ein Patient eine stationäre Ver-sorgung benötigt.

Nach: www.golfmann-stahlberger.de/information/publikationen/unternehmensberatung-im-gesundheitswesen/grundlegen-de-struktur-des-deutschen-gesundheitswesens/

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Ein Arzt bei einer Demonstration (in Würzburg im Mai 2009).

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Das Pflegepersonal bei einer Protestveran-staltung in Linz im Januar 2013.

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Erläuterung (M 4)

Zu Aufgabe 1: Seit Januar 2011 gilt folgender Beitragssatz:

Beitragssatz zur Krankenversicherung15,5 %

AN AG 8,2 % 7,3 %

Damit sind die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung auf 15,5 Prozent angestiegen (vorher 14,9 Prozent). Der Anteil der Arbeitgeber soll auf 7,3 Prozent eingefroren bleiben. Das bedeutet, dass künftige Kostensteigerungen allein von den Arbeitnehmern bezahlt werden müssen.

Zu Aufgabe 2: Die Reformen im Gesundheitswesen verfolgen folgende Ziele: – Es geht um nachhaltige Änderungen, insbesondere um die Kostendämpfung bei den Gesund-

heitsausgaben ➜ eine ständige Erhöhung von Krankenkassenbeiträgen ist auf Dauer weder den Versicherten noch dem „Wirtschaftsstandort Deutschland“ zumutbar.

– Stärkung des Wettbewerbs, um Effizienz und Qualität im gesundheitlichen Versorgungssystem zu verbessern.

➜ Die Gesundheitsreform soll langfristig der Kostenexplosion im Gesundheitswesen entgegenwir-ken.

Zu Aufgabe 3: Im Jahr 2012 bewertete die deutsche Bevölkerung ab 25 Jahren die zukünftige Ent-wicklung des Gesundheitssystems wie folgt: – 49 Prozent der Befragten meinten, dass die GKV künftig keine ausreichende Versorgung bieten

werde, – 46 Prozent der Befragten gaben an, dass in Zukunft nur durch private Vorsorge eine gute Versor-

gung gewährleistet sein werde, – die Hälfte aller Befragten war sogar der Ansicht, dass ein Großteil der gesetzlich Versicherten

nicht mehr vom medizinischen Fortschritt profitieren werde.

Fazit: Die Umfrageergebnisse zeigen, dass ein großer Teil der Bevölkerung die Zukunftsaussichten für die Versicherten in der GKV mit großem Misstrauen betrachtet und sich in Zukunft auf eine Ver-schlechterung des Leistungsangebots und der medizinischen Versorgung einstellt.

Zu Aufgabe 4: Eine private Eigenvorsorge ist deshalb so wichtig, weil viele Leistungen von den Kran-kenkassen nicht mehr übernommen werden. So kann man auf verschiedene Leistungskürzungen der GKV mit einzelnen individuellen Bausteinen von privaten Krankenversicherungsunternehmen reagie-ren wie zum Beispiel einer Zahnzusatzversicherung oder einer Krankenhauszusatzversicherung.

Übersicht über die neuen Unisex-Tarife – bei diesen Versicherungen sparen Männer/Frauen

Versicherungsart Auswirkung auf Männer Auswirkung auf Frauen

private Krankenversicherung Beitragssteigerung günstigere Tarife

Krankenzusatzversicherung Beitragssteigerung günstigere Tarife

Pflegerentenversicherung Beitragssteigerung günstigere Tarife

private Rentenversicherung Beitragssteigerung günstigere Tarife

betriebliche Altersvorsorge geringe Beitragssteigerung etwas günstigere Tarife

Lebensversicherung günstigere Tarife Beitragssteigerung

Kfz-Versicherung günstigere Tarife besonders für junge Männer

Beitragssteigerung besonders bei jungen Frauen

Berufsunfähigkeitsversicherung Beitragssteigerung günstigere Tarife

Unfallversicherung günstigere Tarife Beitragssteigerung v.a. für handwerkliche tätige Frauen

Sterbegeldversicherung günstigere Tarife Beitragssteigerung

Hinweis: Altverträge sind nicht von der Umstellung betroffen.

In: www.1a.net/versicherung/unisex-tarif (abgerufen am 27.9.2013)

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M 5

Der Gesundheitsfonds –

Funktionsweise und Wirkung

Steuerzuschuss

Auszahlung des Gesundheitsfonds an die KrankenkassenAusgaben: 178,9 Mrd.

8,3 Mrd.Krankengeld

84,6 Mrd.Grundpauschale,

gestaffelt nachGeschlecht und Alter

183,4 Mrd.Gesamteinzahlung

Arbeitgeberund Renten-

versicherungsträger

Arbeitnehmer

und Rentner

Sonstige

72,2 Mrd.als Zulage für

Versicherte mitchronischenKrankheiten

13,8 Mrd.für Sonstiges

Gesetzliche Krankenversicherung

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rd.

15,3 Mrd.7,3 Mrd.des Brutto-

einkommens

8,2 Mrd.des Brutto-

einkommens

*

* Selbstständige, Arbeitslose, Empfänger von Hartz IV,

Praktikanten, Minijobber, freiwillig versicherte Studierende u.a.

Es geht ums Geld – wie die Einnahmen an die Krankenkassen verteilt werden

Der Gesundheitsfonds ist seit dem 1. Januar 2009 in Kraft. Seitdem verlangen alle gesetzlichen Kran-

kenkassen den gleich hohen Beitragssatz von allen Versicherten (15,5 Prozent). Diese Beiträge flie-

ßen zusammen mit Steuermitteln in einen Topf, den Gesundheitsfonds.

Raus aus dem Topf

Für jeden Versicherten erhalten die Krankenkassen aus dem Fonds zunächst eine Grundpauschale.

Hinzu kommen abhängig von Alter, Geschlecht und Risiko Zuschläge oder Abschläge, um damit die

Ausgaben für die Gesundheitsleistungen zu decken. Hierdurch wird die unterschiedliche Risiko-

struktur der Versicherungsnehmer berücksichtigt. Krankenkassen mit älteren und kranken Versi-

cherten erhalten entsprechend mehr Finanzmittel als solche mit vielen jungen und gesunden

Versicherten. So wird sichergestellt, dass die finanzielle Ausgangslage der Krankenkassen vergleich-

bar ist und dass die Wettbewerbsbedingungen für die Krankenkassen gleich sind.

Nach: www.bmg.bund.de/?id=249; ww.bpb.de/politik/innenpolitik/gesundheitspolitik

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M 7

Eine Versicherung für alle? –

Die Diskussion um die Bürgerversicherung

Schon seit Längerem wird in Politik und Öffentlichkeit über Möglichkeiten der Neugestaltung der Krankenversicherung diskutiert. Im Zentrum der Diskussion steht hier das Konzept der „Solidari-schen Bürgerversicherung”. Worum geht es?

Die Bürgerversicherung – ein radikaler Umbauplan?

Die Kernidee einer Bürgerversicherung ist es, dass alle Bürgerinnen und Bürger einen bestimmten Prozentsatz ihres Einkommens für die Krankenversicherung zahlen. Genauer gesagt wird dabei in erster Linie das Erwerbseinkommen herangezogen. Über Steuermittel kommen weitere Finanz mittel hinzu. Damit werden also auch Kapitalerträge mitberücksichtigt. Ziel ist es, den Zugang zur medizi-nischen Versorgung für alle Menschen in gleich guter Qualität sicherzustellen und der Zwei-Klassen-Medizin ein Ende zu bereiten. Dafür müssten künftig auch Beamte und Selbstständige in die Bürgerversicherung einzahlen.

Zwei Meinungen stehen sich gegenüber

Karl Lauterbach (SPD), der „Mister Bürger-

versicherung“

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Jens Spahn (CDU), Gegner der Bürger-

versicherung

Das ist der ursprüng-liche Gedanke der Bürgerversicherung: Dass es nicht

sein kann, dass es in einem Land zwei Gesundheitssysteme gibt. Es darf sich ja nicht jeder privat versichern, die Möglichkeit eines privilegier-ten Zugangs zu bestimmten Ärzten steht also nicht jedem gleichermaßen

offen. Außerdem ist ein weiteres Ziel hinzugekommen, nämlich dass viele privat Versicherte sich ihre Prämien nicht mehr leisten können. Die

Bürgerversicherung löst beide Probleme: das der Zwei-Klassen-Medizin und das der unbezahlbaren Prämien.

Wir wollen jedenfalls keinen Weg in die Einheitsversicherung. Eine Einheitsversi-

cherung für alle wäre eine Versicherung auf niedrigs-tem Niveau. Aber auch wir in der CDU diskutieren heute

anders und offener als noch vor drei, vier Jahren über die Probleme, die es im privaten System gibt. Wir

sind ja keine Ideologen.

Nach: www.themenportal.de/wirtschaft-finanzen/buergerversicherung-vs-kopfpauschale-herausforderungen-der-kranken-versicherung-2012-41649; www.n-tv.de/politik/Wir-loesen-zwei-Probleme-auf-einmal-article10962856.html; www.n-tv.de/po-litik/Die-Buergerversicherung-loest-kein-Problem-article10919401.html (abgerufen am 2.10.2013)

Aufgaben

1. Lesen Sie den Text und notieren Sie in Stichworten, was hinter dem Konzept einer Bürgerversi-cherung steckt.

2. Formulieren Sie ein Statement für die Einführung einer Bürgerversicherung und ein Statement, das sich dagegen ausspricht. Sie können dabei die beiden Politikerzitate verwenden.

3. Wie das System der Krankenversicherungen umgebaut werden soll, ist politisch umstritten. Was glauben Sie: Hat eine Bürgerversicherung eher positive oder negative Folgen?

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II28 von 32 Gesundheitspolitik Gesellschaft und sozialer Wandel • Beitrag 19

29 RAAbits Politik • Berufliche Schulen • Dezember 2013

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Gesundheitspolitik in Deutschland –

Vorschlag für eine Klausur

„Glauben Sie, dass durch die Einführung des Gesundheitsfonds die gesundheitliche

Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherten besser oder schlechter wird?“

An

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wird besser weiß nicht

51 %

38 %

5 % 6 %

Umfrage in Deutschland: Personen von 18–79 Jahre, die schon einmal

vom Gesundheitsfonds gehört haben; insgesamt 1588 Befragte.

Telefonische Umfrage durch die Forschungsgruppe Wahlen, Mannheim

http://de.statista.com/statistik/daten/studie/12947/umfrage/

Aufgaben

1. Beschreiben Sie die Grafik. Wie erklärt sich diese Einschätzung bei den Befragten?

2. Welcher grundsätzliche Unterschied besteht zwischen privater und gesetzlicher Kranken-

versicherung? Vervollständigen Sie dazu die folgenden beiden Satzanfänge:

Die GKV steht grundsätzlich allen offen. Der Beitragssatz für die GKV richtet sich nach

In der PKV können sich nur Beamte, und

ver sichern, bei denen .

3. Erklären Sie folgende Begriffe:

a) Risikostrukturausgleich

b) Gesundheitsfonds

4. Was wird unter dem „Solidarprinzip“ in der gesetzlichen Krankenversicherung verstanden? Erläu-

tern Sie.

5. Welche beiden Modelle der Gesundheitsreform stehen sich gegenüber? Benennen und erläutern

Sie, worin sich diese beiden Modelle unterscheiden.

6. Welche Bereiche gelten in der Medizin als umstritten? Beschreiben Sie mit eigenen Worten,

welche ethischen Probleme damit verbunden sind. Begründen Sie Ihre eigene Ansicht dazu.

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