Zusammenfassung 1 philosophie_und_grundlagen_2015

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Online-Skript MOOC „Grundlagen des Marketing“ Prof. Dr. Marc Oliver Opresnik 1. Philosophie und Grundlagen Marketing im originären Sinne ist zunächst einmal nicht als (r)eine Unternehmensfunktion neben Einkauf, Produktion, Personal, Finanzen etc. zu sehen. Vielmehr ist es als übergeordnete Philosophie für die ganzheitliche Führung des Unternehmens aufzufassen. Eine rein funktionale Sicht des Marketing beschränkt dieses auf das Gestalten der Austauschbeziehungen zwischen Unternehmen und Nachfragern. Demgegenüber umfasst die Sichtweise auf das Marketing im Sinne der oben stehenden Definition die marktorientierte Koordination aller betrieblichen Funktionsbereiche eines Unternehmens. Konkretisierend ist Marketing – im Sinne einer unternehmerischen Denkhaltung – zu definieren als Planung, Organisation, Durchführung und Kontrolle sämtlicher Unternehmensaktivitäten, welche darauf abzielen, durch eine konsequente Ausrichtung des eigenen Leistungsprogramms an den Wünschen der Kunden, die absatzmarktorientierten Unternehmensziele zu erreichen. Die wesentlichen Merkmale des Marketing lassen sich vor dem Hintergrund dieser Definition wie folgt zusammenfassen: Markt- und kundenorientierte Unternehmensführung Ausrichtung am Kundennutzen Systematischer Planungs- und Entscheidungsprozess Suche nach kreativen und innovativen Problemlösungen Integration sämtlicher Marketingaktivitäten Versucht man die verschiedenen Grundhaltungen der Unternehmen gegenüber dem Absatzmarkt zu verstehen, so hilft ein Blick auf die Entwicklung des Marketing seit den 50er Jahren: Die Produktionsorientierung basiert auf der Marktform des Verkäufermarktes – die Nachfrage nach einem Produkt übersteigt das Angebot. Es ist zugleich die älteste Einstellung einer unternehmerischen Grundhaltung gegenüber dem Absatzmarkt. Die Unternehmen gehen hier davon aus, dass die Abnehmer jene Produkte bevorzugen, die verfügbar und kostengünstig sind. Im Mittelpunkt der unternehmerischen Zielsetzungen stehen eine hohe Fertigungseffizienz sowie ein flächendeckendes Distributionssystem. Ein solches Verhalten konnte man in den 50er Jahren bis in die 70er Jahre in vielen Branchen beobachten. Auch heute gebärden sich Unternehmen vor allem in Konsumgütermärkten noch so. Ein herausragendes Beispiel hierfür stellen die Märkte für Konsumelektronik dar. Insbesondere japanische Unternehmen fokussieren ihre Anstrengungen auf eine Effizienzsteigerung durch Massenproduktion und –absatz sowie die Senkung der Preise für die Abnehmer. Bei der Produktorientierung steht das Produkt als solches im Mittelpunkt der unternehmerischen Anstrengungen. Es geht darum, Wettbewerbsvorteile und Absatzerfolg durch eine überragende und fortlaufend verbesserte Qualität zu erzeugen. Die Gefahr dieser Grundhaltung besteht darin, dass die Produkte „am Markt vorbei“ 1

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1. Philosophie und Grundlagen

Marketing im originären Sinne ist zunächst einmal nicht als (r)eine Unternehmensfunktion neben Einkauf, Produktion, Personal, Finanzen etc. zu sehen. Vielmehr ist es als übergeordnete Philosophie für die ganzheitliche Führung des Unternehmens aufzufassen. Eine rein funktionale Sicht des Marketing beschränkt dieses auf das Gestalten der Austauschbeziehungen zwischen Unternehmen und Nachfragern. Demgegenüber umfasst die Sichtweise auf das Marketing im Sinne der oben stehenden Definition die marktorientierte Koordination aller betrieblichen Funktionsbereiche eines Unternehmens. Konkretisierend ist Marketing – im Sinne einer unternehmerischen Denkhaltung – zu definieren als Planung, Organisation, Durchführung und Kontrolle sämtlicher Unternehmensaktivitäten, welche darauf abzielen, durch eine konsequente Ausrichtung des eigenen Leistungsprogramms an den Wünschen der Kunden, die absatzmarktorientierten Unternehmensziele zu erreichen. Die wesentlichen Merkmale des Marketing lassen sich vor dem Hintergrund dieser Definition wie folgt zusammenfassen:

• Markt- und kundenorientierte Unternehmensführung • Ausrichtung am Kundennutzen • Systematischer Planungs- und Entscheidungsprozess • Suche nach kreativen und innovativen Problemlösungen • Integration sämtlicher Marketingaktivitäten

Versucht man die verschiedenen Grundhaltungen der Unternehmen gegenüber dem Absatzmarkt zu verstehen, so hilft ein Blick auf die Entwicklung des Marketing seit den 50er Jahren:

• Die Produktionsorientierung basiert auf der Marktform des Verkäufermarktes – die Nachfrage nach einem Produkt übersteigt das Angebot. Es ist zugleich die älteste Einstellung einer unternehmerischen Grundhaltung gegenüber dem Absatzmarkt. Die Unternehmen gehen hier davon aus, dass die Abnehmer jene Produkte bevorzugen, die verfügbar und kostengünstig sind. Im Mittelpunkt der unternehmerischen Zielsetzungen stehen eine hohe Fertigungseffizienz sowie ein flächendeckendes Distributionssystem. Ein solches Verhalten konnte man in den 50er Jahren bis in die 70er Jahre in vielen Branchen beobachten. Auch heute gebärden sich Unternehmen vor allem in Konsumgütermärkten noch so. Ein herausragendes Beispiel hierfür stellen die Märkte für Konsumelektronik dar. Insbesondere japanische Unternehmen fokussieren ihre Anstrengungen auf eine Effizienzsteigerung durch Massenproduktion und –absatz sowie die Senkung der Preise für die Abnehmer.

• Bei der Produktorientierung steht das Produkt als solches im Mittelpunkt der unternehmerischen Anstrengungen. Es geht darum, Wettbewerbsvorteile und Absatzerfolg durch eine überragende und fortlaufend verbesserte Qualität zu erzeugen. Die Gefahr dieser Grundhaltung besteht darin, dass die Produkte „am Markt vorbei“

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entwickelt und verbessert werden. Zu teure oder mit unnötigen, vom Käufer nicht akzeptierten Merkmalen versehene Produkte können zu einem Verlust von Wettbewerbsvorteilen führen.

• Die Verkaufsorientierung findet sich in der Marktform des Käufermarktes – die Nachfrage nach einem Produkt ist geringer als das Angebot. Die Käufer können aus einer Vielzahl nahezu gleichwertiger Produkte auswählen. Die Anstrengungen des Unternehmens sind daher auf eine aggressive Vermarktung der Produkte gerichtet. Intensive Werbung mit plakativen Werbeversprechen sowie persönlicher Verkauf stehen im Mittelpunkt der Marketingaktivitäten. Die Gefahr einer solchen Grundhaltung besteht in der Unzufriedenheit der zum Kauf „überredeten“ Kunden. Diese unzufriedenen Kunden werden gegebenenfalls kein weiteres Mal bei dem Unternehmen kaufen und geben häufig ihre schlechten Erfahrungen an andere potentielle Kunden weiter.

• Bei der Grundhaltung der Marketingorientierung stehen – entsprechend der bereits vorgestellten Definition – die Bedürfnisse und Wünsche der Kunden im Mittelpunkt des unternehmerischen Handelns. Im Sinne des unternehmerischen Erfolges gilt es, diese zu ermitteln und das Angebot unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten darauf auszurichten.

Der Marketing-Mix, auch als absatzpolitisches Instrumentarium bezeichnet besteht aus den nachfolgenden Elementen:

• Innerhalb der Produktstrategie werden Entscheidungen im Hinblick auf das Qualitäts- und Serviceniveau sowie den angestrebten Innovationsgrad der Produkte getroffen. So wird man im Rahmen einer Präferenz- oder Differenzierungsstrategie qualitativ hochwertige, stark differenzierte Produkte (Produktdifferenzierungs- und – variationsstrategien) in Verbindung mit einem hohen Serviceniveau und einem hohen Innovationsgrad (Pionier-Strategie) anbieten. Wird eine Preis-Mengenstrategie bzw. Kostenführerschaft verfolgt, werden die Produkte eine durchschnittliche Qualität aufweisen, das Serviceniveau niedrig und der Innovationsgrad sehr gering sein. Man wird eher eine Me-too-Strategie (Strategie des späten Folgers) verfolgen.

• In Anhängigkeit von der Positionierung der Produkte geht es im Rahmen der Preisstrategie um die Festlegung der Preislage bzw. des Preisniveaus. Zu den Preisstrategien zählen auch Entscheidungen im Hinblick auf die Höhe des Preises bei Neuprodukten bzw. bei Einstieg in einen neuen Markt sowie die Veränderung des Preises im Zeitverlauf (Skimming- oder Penetrationsstrategien) bzw. bei Eintritt neuer Wettbewerber. Es ist auch zu entscheiden, inwieweit in unterschiedlichen Märkten oder für unterschiedliche Marktsegmente/Zielgruppen unterschiedliche Preise zu setzen (Preisdifferenzierungsstrategie) oder im Zeit-/Saisonverlauf anzupassen sind (Preisvariationsstrategie).

• Im Rahmen der Distributionsstrategie ist zunächst zu entscheiden, ob direkte oder indirekte Vertriebswege bzw. Kombinationen aus beiden genutzt werden sollen. In Abhängigkeit vom angestrebten Qualitäts- und Serviceniveau sind bei indirektem

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Vertrieb Fragen nach der Auswahl und ggf. qualitativen Förderung von Absatzmittlern (Selektions- und Entwicklungsstrategien) zu klären.

• Auch die Kommunikationsstrategie wird durch die Ausrichtung auf Qualität oder Kostenvorteile geprägt. Sie wird bei einer Qualitätsstrategie eher hochwertig und auf den Aufbau von echten Präferenzen (Markenstrategie) ausgerichtet sein, während eine Kostenführerschaftsstrategie sehr kostengünstige, grundnutzen- und Kommunikation bevorzugt.

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