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    WOHIN SCHREITET DER FORTSCHRITT?

    23/09 16/10/2011

    steirischer herbst

    Graz

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    2 s e c o n d w o r l d

    03 WHW: Zweite Welt

    08 Darko Suvin: ber das Novum Wohin schreitet der Fortschritt fort ?Artists 12 Jumana Emil Abboud

    14 Yael Bartana

    18 Nemanja Cvijanovi

    20 Decolonizing Architecture Art Residency / DAAR

    24 Marcelo Expsito & Vernica Iglesia28 Ruben Grigoryan

    30 Bouchra Khalili

    32 Daniel Knorr

    34 Maha Maamoun

    36 Mona Marzouk

    38 Tom Nicholson

    40 Chan-Kyong Park

    42 Lala Rai

    46 Marko Tadi

    Zagreb Ausstellung 50 Nevin Alada

    52 Tamar Guimares

    54 Isa Rosenberger

    60 Stephen Wright: Betwixt Worlds / Zwischenwelten

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    3Z w e i t e W e l t

    Menschen interessieren sich sehr viel mehr

    r die Metaphysik, als sie es heute zugeben.

    Selten verlsst sie eine unbestimmteErwartungshaltung gegenber ihrer

    besonderen kosmischen Situation. Der

    Tod, die Kleinheit der gesamten Welt, die

    Unsicherheit der Illusionen des Ichs, die

    Sinnlosigkeit der Existenz, die mit den

    Jahren noch drngender wird

    Alexander Kluge, Lernprozesse mittdlichem Ausgang (1973)

    V

    on allen Seiten hren wir die Geschichte

    von der Unvermeidbarkeit dass es

    keinen anderen Ausweg gibt, dass es

    gesunder Menschenverstand ist, getan

    werden muss, wir keine Wahl haben.

    Wie Frederic Jameson auzeigt, verhindertder weltumspannende Glaube, dass sich die

    historischen Alternativen zum Kapitalismus als

    undurchhrbar und unmglich erwiesen haben

    und dass kein anderes sozio -konomisches

    System vorstellbar, geschweige denn praktisch

    vergbar ist,01 die Mglichkeit, uns unser

    soziales Dasein irgendwie sinnstitend neu

    vorzustellen. Die Ausstellung Second World

    verweist au den Begri vielacher, mglicher,

    paralleler, ktiver, ersehnter Welten, Welten, die

    sich von jener, in der wir leben, unterscheiden,

    in der die Vergangenheit anders stattnden htte

    knnen und die Zukunt nicht unwiderruich

    durch die Gegenwart bestimmt ist, obwohlman mit dem Titel r den Singular optiert.

    Statt jedoch die Kunst als bedrohte Enklave der

    Fantasie und reien Kreativitt zu verherrlichen,

    bleibt Second World der Realitt der

    Gegenwart verhatet, die zulligerweise vom

    demoralisierenden Dogma der Unvermeidbarkeit

    beherrscht wird. Die Ausstellung beginnt mit

    der Vielzahl von Welten, die zwischen den die

    Gegenwart heimsuchenden, unrealisierten

    01 Fc J, inng zArchaeologies o he

    Fuure. The Desire Called Uopia and Oher Science

    Ficions, V, Lndn/Nw Yk,

    Mglichkeiten und den realistischen

    Bedrohungen, die jegliche vorstellbare Zukunt

    ebenso gut nie eintreten la ssen knnten,beschworen werden. Gleichzeitig weist die

    Ausstellung au die Tatsache hin, dass die eine

    Welt, in der wir leben und deren Konnektivitt

    und Weltenbummeln durch das Marketing der

    Telekommunikationsrmen zynisch beworben

    wird, de acto in vielache Welten unterteilt und

    zersplittert ist, die entsprechend verschiedenen

    Graden der Ausbeutung und Privilegien

    geschichtet sind und diverse Identitten

    gleichsam als Enklaven herausgebildet haben.

    Der Begri zweite Welt wird hier als

    Kritik und kognitive Verremdung in der

    Art, wie Darko Suvin, einer der hrendenScience-Fiction-Theoretiker und BertoldBrecht-Experte ihn eingehrt hat, verwendet,der den Begri im Sinne einer radikalen

    Entwhnung zu interpretieren vorschlgt, wie

    sie Science-Fiction ot zu kommunizieren

    versuchte. Seine Erkundungen knnen zu einer

    neuen Sichtweise der Zulle unserer Welt

    hren: unterdrckerische soziale Konstrukte,

    die Bedingungen des alles beherrschenden

    Neoliberalismus, berbevlkerung,

    Umweltkatastrophen, deregulierte

    Arbeitsverhltnisse, Klassenunterschiede etc.

    Abgehoben und verremdet, wie sie von allem

    von diesen Zullen und Bendlichkeiten

    hervorgebrachten Weltlichen und tatschlichen

    Schmerz nun einmal ist, knnte diese Sichtweisedie systemischen kulturellen und ideologischen

    Barrieren durchbrechen und die eigene

    Unhigkeit, Potenziale jenseits derselben zu

    erschlieen, berwinden helen.

    Einerseits nimmt die Ausstellung den

    Begri Second World als geopolitischen

    Euphemismus des Kalten Krieges als schwarzen

    Abgrund zwischen der Ersten und der Dritten

    Welt au, der eine Illusion des Fortschritts bot,

    der rher oder spter alle Vlker des Erdkreises

    erassen wrde. Andererseits verweist sie au

    eine mgliche Vorstellung von der Zukunt, die

    nicht unmittelbar zeitlich, also als bermorgen

    konzipiert ist, sondern in den Kmpen der

    Gegenwart wurzelt. George Orwell drckte

    das in 1984 so aus: Wer die Macht ber dieGeschichte hat, hat auch Macht ber Gegenwartund Zukunt. Die Ausstellung verwendet den

    Begri Second World als Schnitt durch die

    Zeitachse, indem sie danach Ausschau hlt, wie

    einiges von der Vision der Emanzipation und

    Gleichheit, die dieser Begri enthielt, gerettet

    werden knnte, ohne der Fortschrittsideologie

    zu verallen. Wir mssen die Tatsache

    akzeptieren, dass wir in die Phase systemischen

    Versagens eingetreten sind, in der, w ie

    Immanuel Wallerstein es so prgnant ausdrckt,das Ergebnis mglicherweise nicht vorhersagbar,

    die Art des Kampes aber klar ist.02

    Als die Ideologie des Wirtschatswachstums

    jene des Fortschritts ablste, kam die

    zweite Welt als geopolitischer Begri aus der

    Mode, aber in den letzten Dekaden haben die

    Ungleichheiten und Spaltungen, die er enthielt,

    mit einem Schwall von Ungleichheit, wie der

    marxistische Historiker Eric Hobsbawm diedramatische Zunahme wirtschatlicher und

    sozialer Ungleichheit sowohl innerhalb der

    Staaten als auch weltweit nennt, zugenommen.

    Der Kompromiss zwischen den Anorderungen

    von an Kapital und Arbeitskrat wurde nach

    kaum ein paar Jahrzehnten Bestand nach

    der Krise 1973 rasch brchig, als zunehmend

    klar wurde, dass das Wachstum des goldenen

    Zeitalters keine Zunahme der Gewinne undLhne mehr zulie, ohne einander in die Haare

    zu geraten.03 Als nationaler und etatistischer

    Kratakt wird dieser Kompromiss, der die Basis

    zweier im brigen diametral entgegengesetzter

    Ideologien des westlichen Liberalismus und

    des pseudo-leninistischen sowjetischen Projekts

    bildete, heute mit vergeblicher Nostalgie

    heraueschworen. Entgegen dem liberalen

    02 I W, Scl i, New Le

    Review 6, Mz il , S. 4

    03 Ec Hbbw, Das Zeialer der Exreme, Mncn

    Zweite WeltWhat, How & for Whom/WHW

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    Die Kosten fr dieMobilitt des Kapitalswerden durch dieVerschlechterung der

    sozialen Netze beglichen,und der Druck auf dieArbeiter zu migrierenkorreliert direkt mitder Beweglichkeit desKapitals. Die daraus sich

    ergebende politischeInstrumentalisierung vonEinwanderungsthematikenund Grenzberwachungnhrt populre ngsteund Befrchtungen, diewiederum durch diezunehmende materielleUnsicherheit der Mehrheitder Bevlkerung angeheiztwerden. Die vomsozialdemokratischenStaat der Nachkriegszeit

    versprochene Sicherheitwird als Themazunehmend von derphysischen Sicherheitabgelst.

    Diskurs der Wende nach 1989 einschlielich

    des Unterganges der Bipolaritt des Kalten

    Krieges anden sich die Lnder der Zweiten

    Welt rasch in der Dritten Welt wieder, statt zu

    den kapitalistischen Lndern der Ersten Welt

    auzuschlieen. In den letzten Jahrzehnten

    wurde jedoch nicht zuletzt durch das sukzessive

    Platzen der Finanzblasen in den verschiedenen

    Lndern zunehmend klar, dass die Zunahme

    von Ungleichheit an einem Ort nicht vom

    gleichen Prozess in der brigen Welt abgekoppeltwerden kann, sondern dass der Zusammenhang

    vielmehr sehr eng ist. Das Phnomen der

    Verdrittweltlichung gri um sich, als die brutale

    soziokonomische Realitt der Dritten Welt

    in smtlichen Grostadtgebieten der Welt

    schlagend wurde. Nicht nur die Disparitt nahm

    berall zu, sondern Favelas und Megajachten

    wurden zu globalen Phnomenen.

    Die Kosten r die Mobilitt des Kapitals

    werden durch die Verschlechterung der

    sozialen Netze beglichen, und der Druck au

    die Arbeiter zu migrieren korreliert direkt mit

    der Beweglichkeit des Kapitals. Die daraus sich

    ergebende politische Instrumentalisierungvon Einwanderungsthematiken und

    Grenzberwachung nhrt populre ngste

    und Berchtungen, die wiederum durch die

    zunehmende materielle Unsicherheit der

    Mehrheit der Bevlkerung angeheizt werden.

    Die vom sozialdemokratischen Staat der

    Nachkriegszeit versprochene Sicherheit wird

    als Thema zunehmend von der physischen

    Sicherheit abgelst. Dieses Phnomen und

    die Art und Weise, wie es im neuen System

    von Grenzen, Formen der Absonderung und

    Einschrnkungen der Freizgigkeit reektiert

    wird, wird im Projekt Country Europa (2010-

    2011) von Marcelo Expsito und VernicaIglesia analysiert. Country Europa behandeltverschiedene Modelle der Absonderung und

    Kontrolle sei sie wie im Falle des Gengnisses

    auerlegt, oder reiwillig wie in den bewachten

    Mittelklasse-Wohnsiedlungen in Argentinien

    und hinterragt gngige sowie a lternative Arten

    der Subjektivierung und Selbstreprsentation,

    whrend die Einbringung Expsitos und IglesiasErahrungen whrend ihrer Reisen zwischen

    Lateinamerika und Europa die paradoxe

    Oenheit der internationalen Kunstwelt

    zeigt. Ineinander verwobene Narrative, die eine

    alternative Karte der Welt zeichnen, bilden die

    Grundlage zu Bouchra KahlilisThe Mapping

    Journey (2008 2011). Dieses Projekt zeichnet dieNot der Immigranten verschiedener Lnder au

    ihren Reisen zu den Wunschdestinationen in

    Europa nach. Die persnlichen Reisegeschichten

    sind voll von Umwegen und pltzlichen

    Richtungsnderungen der Reisenden, womit

    verschiedene Themen im Zusammenhang mit

    dem Status der Immigranten im gegenwrtigen

    Europa augegrien und die tatschlichen

    Landkarten als problematisch, willkrlich,

    konstruiert und konikttrchtig beschrieben

    werden.

    Unser Sinn r Realitt ist berrachtet von

    starken Gehlen extremer Zerbrechlichkeit

    und Willkr in Verbindung mit einer

    Wahrnehmung von Realitt als mgliches

    Ergebnis, das anders werden htte knnen, in

    dem andere mgliche Ergebnisse uns wie ein

    Gespenst dessen, was stattnden htte knnen,

    heimsuchen. Viele Arbeiten in Second World

    erkunden komplexe Beziehungen zwischen

    dem Potential und der Umsetzung in dieser Wel

    Das Monument to the Memory o the Idea ot he

    Internationale (2010) von Nemanja Cvijanovi

    greit die Idee der Sozialrevolution und ihrenPlatz im kollektiven Gedchtnis au. Durch

    mehrere Stationen in der Ausstellung wird

    die Internationale verstrkt, der Klang selbst

    vermischt sich jedoch mit dem Lrm und den

    Hintergrundgeruschen der Galerie, wodurch

    die ursprngliche Klarheit verloren geht. Mittel

    Dokumentationsmaterialien aus der jngsten

    gyptischen Revolution spricht Maha Mamounim Projekt Night Visitor(2011) die revolutionre

    Glut der Gegenwart an, seziert jedoch auch

    verschiedene Emotionen, einschlielich

    des Bewusstseins der Vergnglichkeit der

    Auswirkungen dieser Revolution.

    Chan-Kyong Parks Ausstellungsarbeitenspiegeln die schmerzlichen Folgen des KaltenKrieges in Korea wider. Er untersucht die Punkt

    an denen sich Politik und Macht mit Fiktion und

    Mythos schneiden. The Sets (2002) zeigt die Sets

    eines nordkoreanischen und sdkoreanischen

    Filmstudios sowie die Sets, au denen die

    Armee Straenkriegshrung in Sdkorea

    probt, whrend Power Passage (2004) au den

    amerikanisch-russischen Wettlau zur Eroberun

    des Weltraums im Kalten Krieg zurckgeht

    und ihn mit den von den Nordkoreanern

    zwecks Inltrierung von Sdkorea gegrabenen

    unterirdischen Spionagetunnels in Beziehung

    setzt. Diese Arbeiten handeln von den

    scheinbar verschwendeten Potenzialen der

    Vergangenheit und sprechen sowohl die

    ideologischen Instrumentalisierungen als

    auch latente Potenziale der Gegenwart an.

    Die Querverbindungen der Geschichte mit

    der Gegenwart stehen auch im Mittelpunkt

    von Monument or the Flooding o Royal Park

    (2008-2011) von Tom Nicholson. ModellhateBerichte von der atalen Kolonialexpedition

    von Burke und Wills in das Australien des 19.Jahrhunderts betonen deren Heldentum und

    Operbereitschat im Dienste des Auaus

    der jungen Nation. In einer entgegengesetzten

    Annherung greit Nicholsons Projekt eine

    Reihe konzeptueller Praktiken au, um ber dieMglichkeiten, die in den ersten Begegnungen

    zwischen Aborigines und Weien lagen, zu

    reektieren.Jumana Emil Abbouds ArbeitenNight Journey (2010) und Quest or Spouse (O

    Whale, Dont Swallow Our Moon!) (2011) nhern

    sich den Themen Gedchtnis, Verlust, Sehnsuch

    und Identitt unter Verweis au die politische

    Situation in Palstina unter Verwendung von

    Metaphern, wobei in Palstina mit Zhigkeit

    und mit dem Kamp um Kontinuitt au die

    gewaltttigen Umsiedelungen geantwortet

    wird. Mit Schauspiel, Folklore, Mythen und

    Anbetungspraktiken sollen bernatrliches

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    und Irdisches zusammengebracht werden, und

    mit eben solchen Strategien reektiertJumanaEmil Abboud ber verschiedene Phnomenepalstinensischer Kultur, meditiert er ber die

    Rolle des Mystischen und Magischen im sozialen

    Prozess.

    Seit Leibniz behauptete, dass unsere Weltdie beste aller mglichen Welten sei, wandert

    der Begri mgliche Welten von der Semantik

    der modalen Logik, in die er in den 0er Jahren

    zuerst von Saul Kripke und seinen Kollegeneingehrt wurde, in d ie Theorie ktiver Welten,

    die die Theorie von den mglichen Welten

    verwendet hat, um Konzepte wie literarische

    Wahrheit, die Beschaenheit der Fiktionalitt

    und das Verhltnis zwischen ktiven Welten

    und der realen Welt anzusprechen. Mehrere

    Arbeiten in der Ausstellung regen durch das

    Unerwartete und dabei Unspektakulre, das

    sich-klein-Machende, die Fantasie an und

    ringen der Entremdung und mglichen

    Missverstndnissen neue Bedeutungen ab. In

    den Terra NovaMalereien(2003-200) des

    Ruben Grigoryan wird der Mensch in einerAnzahl huslicher Szenen und Szenen im

    Freien durch seinen besten Freund ersetzt.

    Die surrealen kleinbrgerlichen Szenen

    von Zuneigung und Freizeit mit Hunden

    als Protagonisten lassen diese witzig undmelancholisch zugleich erscheinen, wobei sie

    au die Zerbrechlichkeit der verschwindenden

    Mittelklasse hinweisen. We Used To Call It: Moon!

    (2011) von Marko Tadi stellt zwei Science-Fiction-Klassiker in den Mittelpunkt: Morels

    Erndungvon Adol Bioy Casares und Vonder Erde zum Mond vonJules Verne, die beidevon der Entdeckung eines neuen Planeten

    handeln. Durch die Reexion ber die mgliche

    Reprsentation eines zweiten Mondes im

    Bewusstsein und in der Bilderwelt des Alltags

    stellt das Werk die Grenzen des Konzepts

    Paradigmensprung und tie schlummernde

    Vorstellungen von der Beschaenheit der

    Realitt inrage. Daniel KnorrsArcheotecture(2011), eine Konstruktion, die zugleich Plastik

    als auch Wohnraum ist, verschmelzt die Annge

    und das Ende der Menschheit zu einem Bild in

    Form einer Art Hhle, eines Lochs oder einer

    Ruine, die von innen heraus zerstrt wird, von

    inneren Krten, die wie in bser Vorausahnung

    der Zukunt gelenkt agieren, aber bereits in

    der Vergangenheit wirkten und sich nun im

    Ausstellungsraum als kleinster gemeinsamer

    Nenner der Kultur materialisieren.

    Wie Sven Ltticken sagt, knnen sich dieheutigen Liberalen den Zusammenbruch der

    bestehenden Ordnung nur in biologischen und

    kologischen Begrien vorstellen; sozialer

    und politischer Wandel kann nur in Form

    kleinerer Anpassungen stattnden.04 Die

    biomorphen Hybridormen in Mona MarzouksThe Bride Stripped Bare by Her Energys Evil

    (2008) verbinden Elemente organischer Formen

    und mythologische Wesen mit Architektur

    und Technologie, wobei verschiedene

    kulturelle Reerenzen mitspielen. Dadurch

    werden die Konzepte Naturgeschichte und

    Menschheitsgeschichte als separate Einheiten

    inrage gestellt. Das Werk besteht aus einer

    uturistischen Bilderwelt mit Zitaten aus

    Science-Fiction-Fantasy und reit eine ReiheUmweltthemen und -bedrohungen an. In das

    Jahr 2027 projizierend, verwendet Lala Rai inihrem Projekt The Damned Dam (2010) epische

    und mndliche berlieerungen aus Bosnien

    und Herzegowina, die sie zu einem Ausug in

    die Zukunt verwebt, von dem aus sie dann au

    die sozialen und politischen Bedingungen der

    bosnischen Nachkriegsrealitt zurckblickt.

    Durch diese dystopische Linse, die sie au das

    Motiv der N aturkatastrophe richtet, werden

    04 v Lck, Unnl Hi,

    New Le Review 4, Mi Jni

    die katastrophalen Entwicklungen der

    gegenwrtigen soziokonomischen Organisation

    sichtbar.

    DasJewish Renaissance Movement in Poland

    (JRMiP), das 2007 von der Knstlerin YaelBartana gegrndet wurde, wagt eine einemErdbeben gleiche Wende sowohl r Europa

    als auch r den Nahen Osten vorzuschlagen,

    auch wenn das derzeit vllig unerreichbar

    scheint: die Rckkehr von 3.300.000 Juden nach

    Polen. Ohne au einen apologetischen Ansatz

    zurckzugreien, rut das Projekt angesichts von

    Passivitt und Niederlage zu Solidaritt au und

    ragt, wie entscheidend der gegenwrtige Glaube

    an die Macht in den w ichtigsten politischen

    Prozessen ist. Die Decolonizing Architecture ArtResidency-Projekte starten mit einer Analyse derzerstrerischen Auswirkungen der rumlichen

    Abgrenzung und Zersplitterung von Palstina als

    Ergebnis der israelischen Besatzung und greien

    weiter, bis zu anscheinend Unmglichem, aus:

    Wiederverwendung, Wiederbewohnen und

    Recycling der Architektur der Besatzung. Durch

    Ernung einer Arena der Spekulation ber

    die mgliche Zukunt Palstinas rdert dieser

    kollektive Kratakt antasievolle und praktische

    Planungen in Gebieten, die nicht mehr besetzt

    sind oder bald nicht mehr besetzt sein werden.

    Die Planungen zeigen au, dass es wichtigist, von der Deensive zu einem planerischen

    Ansatz berzugehen; auch in Situationen, in

    denen Planung als solche Illusorisches im Sinne

    einer Utopie zu verstrken scheint, weist das

    Projekt darau hin, wie wichtig es ist, rad ikale

    Alternativen selbst oder gerade in Situationen zu

    ernden, die vllig und honungslos unmglich

    erscheinen, weil mglicherweise gerade diese

    Alternativen das einzige wichtige Merkmal der

    Kunstpraxis von heute sind.

    J E Abb, d Si Nachreise (Zeichnungen), h , d Si Nchlicher Besucher,

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    6 s e c o n d w o r l d

    zk: Curse Carriers,

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    Curse Carriers war meine direkte Antwort au

    Alain Badious Doktorarbeit, in der er behauptet,dass nicht-imperiale Kunst so streng sein muss

    wie eine mathematische Beweishrung, so

    berraschend wie ein nchtlicher Hinterhalt,

    und so erhaben wie ein Stern. Das knnte

    eine Konrontation zweier acettenreicher und

    alter Ideologien sein, wobei jede Figur r eine

    Ideologie steht.

    Mona Marzouk

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    Der Begri des Fortschritts ist in der Idee der Katastrophe zuundieren. Da es so weiter geht, ist die Katastrophe. Sie istnicht das jeweils Bevorstehende, sondern das jeweils Gegebene.

    Walter Benjamin

    Darko Suvinber das Novum : Wohin schreitet der Fortschritt fort?

    SF und das Novum

    1.Mein Argument beginnt mit dem Schluss in meiner Metamorphoses ofScience Fiction 1979, dass SF sich durch die narrative Hegemonie einesktionalen, jedoch kognitiven Novums unterscheidet einen Begrif,den ich von Bloch entlehnt habe, um ein totalisierendes Phnomen oderein Verhltnis zu bezeichnen, das von der Realittsnorm des Autors unddes impliziten Adressaten abweicht. Das durch das Novum als (noch)Unbekanntes oder Anderes Eingehrte ist die ormale und kognitive

    raison dtre des Narrativs sowie der Generator, die Legitimierung undder Mastab r die Geschichte oder die Handlung (siuzhet). Solchein Novum hat als sein Korrelat eine ktionale Ersatzrealitt, die auabweichende Verhltnisse der Handlungstrger untereinander und mitder Welt zentriert ist und einen anderen Chronotyp ergibt verschiedeneVerhltnisse, die sich in der Erzhlzeit im E rzhlraum entwickeln. Alsin der Geschichte Geborenes und in der Geschichte Beurteiltes hatdas Novum unweigerlich historischen Charakter. Das gilt auch rdie korrelative ktionale Wirklichkeit oder mgliche Welt, die in allihren Verschiebungen und Verkleidungen immer den Wunschtrumenund Alptrumen einer spezischen soziokulturellen Klasse impliziterAdressaten entspricht. Schlielich kann das Novum nach seinerGrenordnung diferenziert werden (von einer einzelnen neuen

    Erndung bis zu einem ganzen radikal vernderten Ort und ebensolchen

    Handlungstrgern), je nachdem, wie glaubwrdig und damit kognitivakzeptabel und wie relevant es r eine bestimmte Epoche und Klassevon Lesern ist.

    Smm: ; FOML N SOIOLOIL NLYSIS IN H SHIS OF H

    SIN-FIION NOVL, in Pc. ng IL.

    d. Z. v l. Innbck: MO, 8, 4-48

    Novum und Erkenntnis

    1.1. Nun ist zweiellos jede einzelne dicterische Metapher ein Novum, unzugleich hat die moderne Prosadichtung neue E

    kenntnisse ber den Menschen zu ihrem Schlach

    ru erhoben. Obwohl jedoch die bedeutendere S

    tiegreiende Gemeinsamkeiten mit der Dich

    kunst und der neuerungsbeissenen realistische

    Prosa auweist, ist ihre Neuheit von ganzheit

    cher Wirkung in dem Sinne, dass sie eine Ver

    derung im gesamten Universum der Erzhlung zu

    Folge hat, oder zumindest in Aspekten, die vo

    entscheidender Bedeutung r die erzhlerisch

    Welt sind (was auch zu bedeuten hat, dass das N

    vum ein Mittel ist, mit dem der ganzen Erzhlunanalytisch beizukommen ist). Die Spannung, au

    die es in der SF entscheidend ankommt, ist olglic

    die Spannung zwischen den Lesern, die r ein

    bestimmte Zahl von Menschentypen unserer Ze

    stehen, und dem umassen und zumindest gleic

    zwingenden, durch das Novum eingehrten U

    bekannten oder Anderen. Diese Spannung verrem

    det wiederum die empirische Norm des implizite

    Lesers (darber spter mehr). Das Novum ist dahe

    unzweielhat eine vermittelnde Kategorie, dere

    Erklrungsvermgen sich aus dem seltenen Br

    ckenschlag zwischen literarischen und auerlit

    rarischen, erdichteten und empirischen, ormale

    und inhaltlichen Bereichen ergibt, kurzum, au

    seiner unentremdbaren Geschichtlichkeit. Umg

    kehrt wird es dadurch unmglich, das Novum au

    statische Weise zu denieren, da es immer vo

    der einzigartigen, nicht vorherzusehenden Situ

    tionsbedingtheit und Vorgangsbedingtheit mitb

    stimmt wird, die es bezeichnen und erhellen so

    Es ist jedoch mglich, beim Novum verschieden

    Dimensionen zu unterscheiden. In quantitative

    Hinsicht kann die postulierende Neuerung gan

    verschiedene Grenordnungen haben, vom M

    nimum einer einzigen r sich stehenden neue

    Erndung (Apparat, Technik, Erscheinung, B

    ziehung) bis zum Maximum eines Milieus (raum

    zeitlicher Ortsangabe), Handlungstrgers (Haup

    gur oder Hauptguren) und/oder Verhltnissdie in der Umwelt des Autors grundlegend ne

    unbekannt sind (Am Rande sei hier bemerkt, da

    sich diese Umwelt immer anhand der historische

    Semantik des Textes eststellen lsst, da sie im

    mer an eine bestimmte Zeit, einen bestimmte

    Ort und eine bestimmte sozio-linguistische Norm

    gebunden ist, womit das, was in einer bestimm

    ten Epoche utopische oder technische SF gewese

    wre, es in einer anderen nicht notwendigerwei

    ist auer man liest den Text als Produkt einer r

    heren Zeit; anders ausgedrckt, das Novum kan

    uns helen zu verstehen, au welche Weise die S

    eine historische Gattung ist.)h-g k, Passage der Mach, 4

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    1.2. Das Novum wird mittels der post-kar-tesianischen und post-Baconschenwissenschatlichen Methode postuliert und als

    gltig legitimiert. Das hat aber nicht zu bedeuten,

    dass die Neuheit in erster Linie wissenschatliche

    Tatsachen oder sogar Hypothesen betrit, und in-

    soweit, als die Gegner der alten Popularisierungs-

    orthodoxie von Verne bis Gernsback gegen eine

    so enggezogenen Begri von SF protestieren, sind

    sie vllig im Recht. Sie sind aber nicht im Recht,

    wenn sie das Kind mit dem Bade ausschtten,indem sie leugnen, dass das, was die SF von den

    bernatrlichen l iterarischen Gattungen (den

    Mythengeschichten, Mrchen usw., aber auch der

    Horror und/oder heroischer Phantastik im en-

    gen Sinne) unterscheidet, eben das Vorhandensein

    wissenschatlicher Erkenntnis als Zeichen oder

    Korrelat r eine Methode (Richtung, Verahrens-

    weise, Stimmung, Sensibilitt) ist, die mit der mo-

    dernen Wissenschatstheorie identisch ist.01 Trotz

    gewisser modischer Strmungen in der SF-Kritik

    der letzten 1 Jahre ist die Wissenschat, augeasst

    in diesem weiteren Sin von methodisch-systemati-

    scher Erkenntnis, vom SF-Novum nicht zu trennen.

    Umgekehrt sollte man sich aber im Klaren sein,dass sich eine angemessene Analyse der SF nicht

    au ihren vordergrndigen wissenschatlichen Ge-

    halt oder au wissenschatliche Daten beschrnken

    dar. Robert M. Philmus hat eine sehr ntzliche

    Unterscheidung zwischen naturalistischen Er-

    zhlungen, Phantastik und SF getroen, die be-

    sagt, dass die naturalistischen Erzhlungen keiner

    wissenschatlichen Erklrung bedren, die Phan-

    tastik keine wissenschatliche Erklrung zulsst,

    whrend die SF der w issenschatlichen Erklrung

    sowohl bedar wie sie auch zulsst.

    Wenn das Novum die notwendige Bedingung

    r die SF ist, die sie von der naturalistischen

    Prosadichtung unterscheidet,02 dann ist die Le-

    gitimierung der Neuheit durch die wissenschat-

    lich methodische Erkenntnis, zu der der Leser

    01 Zzlic z ng in Meamorphoses o Science

    Ficion, i c min Uin nd

    Scinic, Minn viw NS, N. 6 (6)

    nd jz c On Hizn imlg

    nd Scinc. iicl Ql . (): 68-

    : //nlinlib.wil.cm/di/./j.46-

    8..4.x/ll

    02 Wk, di zggbnmn in nicliicm

    Md gcibn ind, clic l di

    llgi (b c k, Si, Lgnmcn

    d Mncnid) bildn in ign

    Kgi, di ic di Fg, b in inn in

    Nvm gib, g nic lln l, d di nnWln, Hndlnggn d Vlni nic

    l clig wnn c vlg Zil ingz

    wdn, ndn l unmitelbar ransiive nd

    erzhlerisch nich-auonome Mil direke und

    beharrliche Bezugnahme di miic Wl d

    nd igndin lbnm din d inn.

    i Fg, b in llgi SF i nd vic v,

    i ng gnmmn bdngl, m di

    Zwck d Klikin b ngiv bnw

    wdn. z bdn, d nmn

    nd Zwilll gnmmn di min Wk

    vn f d Bg nic di SF in nc

    gnmmn wdn knnn (ic bin b d Minng,

    d In der Sraolonie d Die Bibliohek von Babel z

    dn nmn gn).

    unweigerlich hingehrt wird, die hinreichende

    Bedingung. Obwohl eine solche Erkenntnis in ei-

    nem Werk der Prosadichtung ganz oensichtlich

    weder im Labor noch durch Beobachtungen in der

    Natur empirisch berprt werden kann, kann sie

    methodisch au dem Hintergrund einer Gesamt-

    heit bereits vorhandener Erkenntnisse oder zu-

    mindest als Gedankenexperiment, das der r

    gltig gehaltenen wissenschatlichen Logik, d.h.

    der Erkenntnislogik olgt, entwickelt werden. Von

    diesen beiden Alternativen scheint mir die zweite die innewohnende, kulturell erworbene Erkennt-

    nislogik theoretisch von entscheidender Bedeu-

    tung zu sein. Obwohl es mir schwer iele, eine

    SF-Erzhlung anzuhren, deren Neuheit nicht

    eine Fortsetzung oder zumindest eine Analogie

    zu vorhandenen wissenschatlichen Erkenntnis-

    sen wre, neige ich dazu, zumindest theoretisch

    die schwache Mglichkeit eines belletristischen

    Novums zuzulassen, das zumindest dem Anschein

    nach au ganz neuen, nur in der Phantasie exis-

    tierenden Erkenntnissen beruhen wrde, die sich

    von allen wirklichen Mglichkeiten unterschei-

    den, die man in der Wirklichkeit des Autors kennt

    oder von denen man trumt. (Meine Zweiel sindhier weniger theoretischer als vielmehr psycholo-

    gischer Natur, denn es leuchtet mir nicht ein, wie

    jemand irgend etwas sich vorstellen knnte, was

    nicht zuvor schon ein anderer zumindest getrumt

    htte; aber schlielich glaube ich auch nicht an

    individualistische Originalitt.) Jedoch gibt es

    neben den realen Mglichkeiten auch noch die

    strikteren wenn auch viel weiteren Grenzen

    der ideellen Mglichkeit, worunter jede begri-

    liche oder denkbare Mglichkeit zu verstehen ist,

    deren Prmissen und/oder deren Schlussolgerun-

    gen nicht in sich selbst widersprchlich sind. Le-

    diglich in der wissenschatlich-technischen SF

    der nahen Zukunt muss die These der Erzhlung

    einer realen Mglichkeit entsprechen dem,

    was in der Wirklichkeit des Autors und/oder au-

    grund der wissenschatlichen Paradigmen seines

    Kulturkreises mglich ist. Die These einer/jeden

    SF-Geschichte muss im Gegenteil einer wie oben

    denierten ideellen Mglichkeit entsprechen.

    Jede Geschichte, die au metaphysischen Wunsch-

    trumen auaut au der Allmacht z.B. ist als

    schlssige Erzhlung ideell unmglich (kann z.B.

    ein allmchtiges Wesen einen Stein erschaen, den

    es nicht aueben kann?), eben augrund der Er-

    kenntnislogik, die die Menschheit im Verlau ihrer

    kulturellen Entwicklung von den Anngen bis zur

    Gegenwart kumulativ entwickelt hat. Fr die SF ist

    es ihrem inneren Wesen oder der Denition nachunmglich, irgendeine metaphysische Wirkkrat

    im wortwrtlichen Sinne einer Krat, die ber

    die physis (die Natur) hinausgeht, anzuerkennen.

    Wann immer sie das tut, handelt es sich nicht um

    SF, sondern um metaphysische oder bernatrli-

    che Phantastik.

    1.3.So ist denn die Wissenschat der um-assende Horizont der SF, ihre in Gangsetzende und dynamisierende Motivation. Wie

    bereits bemerkt, hat das ausdrcklich nicht zu be-

    deuten, dass die SF wissenschatliche Belletristik

    (scientic ction) im wortwrtlichen, krassen oder

    popularisierenden Sinn von technischen Gerten

    plus Utopie/Antiutopie wre. Mehr noch, man soll-

    te gleich einige wichtige Klarstellungen vorneh-

    men. Ich hre drei an. Erstens einmal ist Horizont

    hier nicht gleichbedeutend mit Ideologie. UnsereAuassung von Wirklichkeit oder Begrishorizont

    ist wohl oder bel davon bestimmt, dass unser Da-

    sein au der Anwendung der Wissenschaten beruht,

    und ich glaube nicht, dass wir diesen Horizont in

    der Phantasie berschreiten knnen; ein Arkadien

    ohne Maschinen ist heutzutage einach ein Mikro-

    kosmos mit einer Nullindustrialisierung und einer

    Kunde, die r eine Nullwissenschat steht. Ande-

    rerseits kann innerhalb dieses wissenschatlichen

    Paradigmas oder Horizonts die Ideologie diesen

    einzig vorstellbaren Zustand entweder voll unter-

    sttzen, sie kann gegen ihn voll opponieren, und

    es sind auch alle Zwischenstadien denkbar. Dem-

    zuolge bendet sich die antiwissenschatliche SFgenauso innerhalb des Horizonts der Wissenschat

    (nmlich als Fehlreaktion au den repressiven ka-

    pitalistischen oder brokratischen Missbrauch

    der Wissenschat), als sich etwa sowohl literarische

    Utopie wie Antiutopie innerhalb des Horizonts

    der Verbesserbarkeit der Welt benden. Die so-

    genannte specualtive ction (z. B. die Ballards)begann eindeutig als ideologische Umkehrung der

    wissenschatlich-technischen SF und ist es weit-

    gehend geblieben. Obwohl die Glaubwrdigkeit

    der SF nicht vom besonderen wissenschatlichen

    Grund in einer beliebigen Geschichte abhngt, be-

    ruht die Bedeutung der ktiven Grundsituation

    einer Erzhlung letztlich darau, dass die Wirk-

    lichkeit, die sie verdrngt und damit interpretiert,

    nur innerhalb des Horizonts der Wissenschat oder

    der Erkenntnis interpretiert werden kann.

    Zweitens muss betont werden, dass die his-

    torisch-kulturellen Wissenschaten wie die An-

    thropologie-Ethnologie, die Soziologie oder die

    Linguistik (d.h. die weitgehend nicht-mathema-

    tischen Wissenschaten) gleichermaen au den

    wissenschatlichen Methoden auauen, wie: die

    Notwendigkeit und Mglichkeit des expliziten,

    schlssigen und immanenten oder nichtberna-

    trlichen Erklrung der Wirklichkeit; das Prinzip,

    nicht ohne zwingenden Grund mehr Erklrungen

    zu ersinnen als notwendig; methodischer Zweiel;

    Hypothesenbildung; alsizierbare Experimentein der Natur oder Gedankenexperimente; dialek-

    tische Kausalitt und statistische Wahrscheinlich-

    keit; Fortschreiten zu zunehmend umassende-

    ren Erkenntnisparadigmen; und hnliches. Diese

    unexakten Wissenschaten bilden daher hchst-

    wahrscheinlich eine bessere Grundlage r die SF

    als die exakten Naturwissenschaten; und in

    Wirklichkeit lieerten sie ja die Grundlage aller bes-

    seren SF, teilweise mittels der charakteristischen

    Ausucht der Kybernetik, jener Wissenschat, in

    der die harte Natur und die weichen Humani-

    ora zusammenkommen. Eine dritte Klarstellung

    schlielich, ist jene, dass die Wissenschat seit

  • 8/3/2019 Zweite Welt 1

    10/64

    10 s e c o n d w o r l d

    Marx und Einstein ein unabgeschlossenes Wis-

    sensgebiet ist, so dass alle vorstellbaren neuen

    Bereiche, die der philosophischen Grundlage der

    wissenschatlichen Methode zur Zeit des Autors

    nicht zuwiderlauen, in der SF die Rolle der Le-

    gitimierung der wissenschatlichen Gltigkeit

    bernehmen knnen.

    2.1. Weiter intensiviert und radikalisiertdas Novum jene Grenzberschreitungeines semantischen Feldes (wie dies von den kultu-rellen Normen des Autors bestimmt wird), das r

    das erdichtete Geschehen immer konstituierend ist.

    In der naturalistischen Prosadichtung ist diese

    Grenze ikonisch und isomorph: die Durchbrechung

    der kulturellen Norm steht einach r eine Durch-

    brechung der kulturellen Norm; der Ehebruch der

    Madame Bovary steht r den Ehebruch. In der SF

    oder zumindest in den Geschehnissen, die r die

    SF bestimmend sind, ist diese Grenze nicht iko-

    nisch, sondern allomorph: die Durchbrechung der

    kulturellen Norm wird durch die Durchbrechung

    einer hheren als blo kulturellen Norm, nmlich

    einer ontologischen Vorschrit, bezeichnet: durch

    einen ontischen Wandel in der Wirklichkeit derHandelnden, sei es inolge seiner Verschiebung in

    Raum und/oder Zeit oder weil sich die Wirklich-

    keit um ihn selbst verndert. Mir ist keine bessere

    Charakterisierung bekannt, als jene, dass die Neu-

    heit die spezische ontolytische Wirkung und die

    ontolytischen Charakteristiken der SF-Erzhlung

    mit sich bringt. Oder man knnte auch sagen da

    die SF zum Unterschied von der phantastischen

    oder mythologischen Geschichte keine andere

    bergeordnete und wirklichere Wirklichkeit

    postuliert, sondern lediglich eine Alternative,

    die derselben ontologischen Ebene angehrt wie

    die empirische Wirklichkeit des Autors dass das

    notwendig Korrelat des Novums eine alternative

    Wirklichkeit ist, eine Wirklichkeit mit einer ande-

    ren historischen Zeit, die anderen menschlichen

    Verhltnissen und soziokulturellen Normen ent-

    spricht, die eben durch die Erzhlung aktualisiert

    werden. Diese neue Wirklichkeit setzt die Existenz

    der empirischen Wirklichkeit des Autors oen oder

    stillschweigend voraus, da man sie blo als Die-

    renz, als au die eine oder andere Art abgewandelte

    empirische Wirklichkeit beurteilen und verstehen

    kann. Obwohl ich die Meinung vertrete, dass die SF

    keine orthodoxe Allegorie ist, deren Bestandteile

    eindeutig Bestandteilen in der Wirklichkeit des

    Autors entsprechen, ist die eigentmliche Art und

    Weise ihres Daseins eine Schwingung mit Rck-

    koppung, die einmal von der Wirklichkeitsnormdes Autors und des impliziten Lesers zum erzh-

    lerisch aktualisierten Novum hinberschwingt,

    um die Ereignisse der Handlung zu verstehen,

    und dann wieder zurck von diesen Neuheiten

    zur Wirklichkeit des Autors, um diese aus der neu-

    gewonnenen Perspektive mit rischem Blick zu

    sehen. Dieses Hin- und Herpendeln, das klovskijund Brecht Verremdung nennen, ist zweiellosdie Folge eines jeden dichterischen, dramatischen,

    wissenschatlichen, kurz gesagt, eines jeden se-

    mantischen Novums. In der SF bildet ihren zweiten

    Pol jedoch eine erzhlerische Wirklichkeit, die hin-

    reichend autonom und intransitiv ist, au dass sie

    aushrlich au ihre eigenen Charakteristiken und

    die durch sie implizierten menschlichen Verhlt-

    nisse untersucht werden kann. (Denn obwohl Mu-

    tanten oder Marsianer, Ameisen oder intelligente

    Kopler als Bezeichnungen verwendet werden,

    knnen sie nur vorstellbare menschliche Verhlt-

    nisse bezeichnen, da wir uns zumindest bislang

    ja andere berhaupt nicht vorstellen knnen.

    2.2.Die Schwingung zwischen der Null-

    welt des Autors und der neuen Wirk-lichkeit bedingt die erzhlerische No twendigkeit

    eines Mittels zur Verschiebung der Wirklichkeit.

    M.E. gibt es zwei derartige Hilsmittel, die Reise

    zu einem neuen Ort und den Katalysator, der die

    Umwelt des Autors in einen neuen Ort verwan-

    delt; als Beispiele r diese zwei Arten mgen Wells

    Die Zeitmaschine und Der Unsichtbare dienen. Das

    erste Mittel scheint sich besser r eine pltzliche

    und das zweite r eine allmhliche Einhrung

    der neuen Wirklichkeit zu eignen; natrlich kann

    man sich auch alle mglichen Vermengungen und

    Abwandlungen dieser zwei Arten vorstellen. Wenn

    eine gegebene SF-Erzhlung gleich in medias res

    geht, knnen die Mittel der Verschiebung retro-spektiv erzhlt werden oder es kann au sei dem

    Anschein nach vllig verzichtet werden (am leich-

    testen llt das bei einer Raum/Zeit-Verschiebung:

    unser Held ist dann einach ein Angehriger eines

    Anderswo/Anderswann). Dieser Anschein verbirgt

    jedoch eine Verschiebung in Nullorm, gewhn-

    lich in Form einer Konvention, die stillschweigend

    aus rheren Erzhlungen bernommen wird; die

    Geschichte der Gattung ist sozusagen das Binde-

    glied, das z. B. Erzhlungen ermglichte, die in an-

    deren Rumen/Zeiten spielen, ohne dass im Text

    irgendein Hinweis au die Welt des Autors ntiv

    wre (wie in den meisten guten SF-Romanen der

    letzten zwanzig Jahre).

    ...2.3.In unserem Fall ist die Zukuntser-zhlung der SF von Raymond Wil-liams sehr treend charakterisiert worden als dasAufnden und die Verkrperung einer Formel der

    Gesellschat. Ein bestimmtes Muster wird aus der

    Summe gesellschatlicher Erahrungen abstrahiert,

    und aus diesem Muster wird eine Gesellschat ge-

    schaen Der Kunstgri Zukunt (gewhnlich

    handelt es sich nur um einen Kunstgri, denn es ist

    ast immer klar, dass von der zeitgenssischen Ge-

    sellschat die Rede ist) beseitigt das gewhnliche

    Spannungsverhltnis zwischen dem ausgewhltenMuster und der normalen Beobachtung.03

    Die Zukunt ist eindeutig weder ein quantitativ

    messbarer Raum, noch wird das Ensemble mensch-

    licher Verhltnisse eine oder zwei Generationen

    lang stillstehen, damit ein einzelner Bestandteil

    (oder einige wenige Bestandteile) abgesetzt gegen

    ein unverndertes Milieu extrapoliert werden kann

    und das ist ja die gewhnliche brchige Prmisse

    uturologischer wie auch zugegebenerweise kti-

    ver Extrapolation. Die Zukunt ist jedoch immer

    03 R W, The Long Revoluion

    (Hmndw, ), S. .

    ein Knoten vielltiger Entwicklungen und wa

    den Bereich menschlicher Angelegenheiten angeh

    durch Absichten, Wnsche und berzeugunge

    anstatt blo durch quantitativ messbare Tatsache

    bestimmt. Sie hnelt eher Peirces Plan oder W

    liams Muster als dem Endpunkt einer Linie.

    Die Vorwegnahme der Zukunt menschliche

    Gesellschatsormen und Verhltnisse ist weite

    ein Unterangen, das die Unmglichkeit des Rc

    gris au die orthodoxe absolute oder szientist

    sche Erkenntnistheorie der Naturwissenschaals Modell r die Gesellschatswissenschate

    erweist. Wir haben es mit einem Unterangen z

    tun, das erstens zeigt, dass jedwede Wissenscha

    (einschlielich der Naturwissenschaten) imme

    schon eine historische Kategorie war und ist, un

    zweitens, dass die objektiven Naturw issensch

    ten und die subjektiven Kulturwissenschate

    letztlich als Einheit augeasst werden msse

    Die Naturwissenschat wird spter ebensowohl di

    Wissenschat von dem Menschen wie die Wisse

    schat von dem Menschen die Naturwissenscha

    unter sich subsumieren: Es wird eine Wissenscha

    sein, bemerkte ein scharsinniger Ko mmentat

    h , d Si Nchlicher Besucher,

    bereits zu Anang des 19. Jahrhunderts.04 Als G

    genstck dazu sollte man die durchaus gltig

    SF-Form oder Untergattung Antizipation Erz

    lungen, die in der historischen Zukunt der Gese

    schat spielen, der der Autor angehrt streng vo

    der technokratischen Ideologie der Extrapolatio

    einerseits und dem literarischen Kunstgri Extr

    polation andererseits unterscheiden. Die Extrap

    lation eines Merkmals oder einer Mglichkeit au

    der Umwelt des Autors ist vielleicht ein legitime

    literarischer Kunstgri zur Hyperbolisierung i

    den Antizipationserzhlungen sowie in sonstige

    SF (z.B. in SF, die im Raum spielt und nicht in de

    Zukunt) oder auch in einer Anzahl anderer Ga

    tungen, von der Satire angeangen. Jedoch liegt deErkenntniswert jeder SF, einschlielich der An

    zipationserzhlungen, wohl eher im analogische

    Bezug zur Gegenwart des Autors statt in vereinz

    ten oder globalen Voraussagen. Die SF-Erkenntn

    grndet sich au einer sthetischen Hypothese, di

    mit der Verahrensweise der Satire oder der Past

    rale mehr gemein hat als mit der Guturologie ode

    politischen Programmen.

    04 x, Pivignm nd Kmmnim, in

    x/Fch Eg, Kleine konomische

    Schrien (Blin, ), S. .

  • 8/3/2019 Zweite Welt 1

    11/64

    11Z w e i t e W e l t

    Frdismus nu Einsichn ring:

    Wir shn min im Wir ds

    Wandels, der die Wissenscha koop-

    ir ha, ar whin ri r uns?...

    Smi rck immr mhr in dn F-

    kus, dass dr Wand innrha i-

    nes Lebens ers mi dem indusriellen

    Kapiaismus und dn rgrichn

    Revoluionen normal und zwingend

    wurd und dass di angwand

    wissnschaich Massnprduki-on charakerisischerweise das erse

    Ma in dn apnischn Krign

    durchgsz wurd. Zwihundr

    Jahr spr rn wir inn im-

    mr schnr wrdndn Krisau

    dssn, was Benjamindas Immer-

    wiedergleiche nann, das Karuss

    dr Mdn, di, sat di mnschi-

    chen Verhlnisse zu verbessern, eine

    Forhrung der Unerdrckung und

    Ausbeuung ermglichen, indem sie

    das Ln au nu Ar in Bschag

    nhmn:

    Dr sndig Wau um das

    u, sam dm sndig wach-

    sndn rsprchn chngi-

    schr Transzndnz, dr r dn

    mdrnn Markpaz s charak-

    risisch is, nsprich dm B-

    harren au vorgeormen Lebens-

    musern (): eine auerordenlich

    dynamische Gesellscha, die sich

    nirgndwhin nwick

    Was, wnn di gr Mhrhi wis-

    snschaichr Erknnniss hu,

    axigisch gsprchn, asch -

    vums sind? rsimm durch das

    megaalsche Novum einer in Kapial

    gwandn Wissnscha uns-

    r mdrn rsin ds Schicksas

    in inr Zi, in dr Wissnscha

    und Tchnik das rasnd Hrz ds

    Knzrnkapiaismus (Noble XXV)

    idn, prduzirn si, as di a-

    schn vums, rndrungn und

    Innvainn, di inn schnrn

    Markkreislau und hhere Gewinne

    vrursachn, sat in angnhm-

    res, leicheres, ruhigeres Leben wie

    Brannwin, dn man mi Karam

    raun r, sat ihn im Eichnass

    rin zu assn. Das wird hinr i-

    nr vrnndn PR vrsck; undwas, wnn gr Ti dr Kunssz-

    ne ebenso diesen Weg eingeschlagen

    haben und PR schon von vornherein

    in ximmannr Snsainsgir,

    Schnrkwrk und Kisch inau-

    n sih Benjamins Essays r

    di Spannung zwischn Baudelaire

    undBrecht? Was passir dann mi

    dm umachn, dm Schach-

    ru dr grn anirgrichn M-

    derne vonBaudelaireundRimbaud

    an, wnn di Gru dr Wkrig

    zu dn hrndn, vrwnd-

    Novum: Geschichte, Wandel und Fortschritt?

    3.1. Das Novum als schperische, im besonderen sthetischeKategorie lsst sich nicht erschpend oder auch nur imwesentlichen durch ormale Aspekte wie Neuerung, berraschung,

    Umormung oder Verremdung erklren, so wichtig und unabdingbar diese

    Aspekte oder Faktoren auch sein mgen. Das Neue ist immer eine historische

    Kategorie, da es immer von historischen Krten bestimmt wird, die es in

    der gesellschatlichen Praxis (und dazu gehrt auch die Kunst) zustande

    bringen und die die neuen semantischen Bedeutungen schaen, die zur

    Auskristallisierung des Novums im menschlichen Bewusstsein hren(siehe 1.1. und 2.2.). Eine Untersuchung der SF muss sich notwendigerweise

    mit der Frage auseinandersetzen, warum und wie das Neue im Augenblick

    seines Erscheinens als Neues erkennbar war, welche Auassungen,

    Perspektiven und Interessen das Novum in sich barg und welche r es

    notwendig waren. Die Neuheit ist manchmal unmittelbar, manchmal aber

    auch au hchst komplizierte Weise (z.B. nicht blo als Reexion, sondern

    auch als Vorwegnahme oder Negation) mit solch neuen historischen

    Krten und Mustern verwandt letztlich also mit den Mglichkeiten eines

    qualitativen Sprunges in der Entwicklung menschlicher Verhltnisse. Ein

    sthetisches Novum ist entweder die Umsetzung historischer Erkenntnis

    und historischer Ethik in die Form oder (in unserer Zeit vielleicht huger)

    die Schpung historischer Erkenntnis und historischer Ethik als Form.

    SF N H NOVUM; in D. v: Meamorphoses o Science Ficion, Nw Hvn nd

    Lndn, Yl Univi P, , 684

    ..

    3.3.Dami kmm ich aumin Einhrung dsvums as Unrschidungsmrk-

    ma vn SF zurck. Das vum a-

    sier oenkundig au der Wichigkei

    und pariell auch au dem Wohluen-

    den des Neuen und der Vernderung,

    wi s mi Wissnscha und Fr-

    schrit verbunden is. Da es vielleich

    swh dn Sziaisn as auch dn

    Liran angnhm war, ha ich

    dn Eindruck, dass kin andrr Ti

    minr hrischn Tx mi

    s wnig rha augnmmn

    wurd. Ich wrd s vn nun an an-

    zweieln. Nich nur, dass der Konsens

    dr Kriikr mich, inn ingfisch-

    en Ibsenianer und Feind der groen

    Mhrhi, argwhnisch mach: Was

    habe ich alsch gemach, wenn ich in

    diesem Lager Zusimmung fnde? Es

    is auch s, dass das Ln im Ps-

    n und dsichrn Eiktn dr

    chnisch-wissnschaichn und

    hirarchischn Mdrnisirung

    dr Gsscha unr zunhmnd

    rprssivr Knr und Kndii-

    nirung wrdn?

    3.4.S is dis Unrsu-chung schiich andm Punk angkmmn, w di

    Gschich, im Gwand anagi-schr Gschichichki, as nchs-

    r und nschidndr Schrit zum

    Versndnis der SF erkann wird: eine

    Erzhung is immr auch Gschich-

    , und di SF is immr zugich in

    gwissr Typus vn phanasiv-

    r hisrischr Erzhung s wr-

    d sich hnn, si mi dm his-

    rischn Rman zu vrgichn und

    zu knrasirn. A rrrn

    pismgischn, idgischn

    und rzhrischn Impikainn

    und Krra ds vums hrn

    zu dr Schussgrung, dass di

    gue SF ihrer Ar nach ein besonderer

    Umweg zur Kommenierung des kol-

    lekiven Zusammenhangs is, in dem

    der Auor leb noch dazu hufg ein

    rraschnd knkrr und schar-

    sinnigr Kmmnar. Ss w di

    SF manchma shr duich au

    in Fuch aus dism Zusammn-

    hang schlieen lss, handel es sich

    um in pisch Tuschung und

    inn pismgischn Trick. Di

    Fluch geh, in jeder guen SF, nur hin

    zu einer voreilhaen Ware, von der

    aus sich die menschlichen Verhlnis-

    s dr W ds Aurs ssr rkn-

    nen lassen. Es is eine Fluch aus den

    beengenden alen Normen zu einem

    andrn und arnaivn Zisrm,

    in Kunsgri zur hisrischn r-

    rmdung und in zuminds an-

    ngich Empngichki r nu

    Wirklichkeisnormen, r das Novum

    dr n-nrmdnn mnschi-

    chen Geschiche. Zu ihrem richigen

    Versndnis muss der Kriiker meiner

    Meinung nach sozialgeschichliches

    in rmas Wissn ingrirn, di

    Diachrni in di Synchrni. Di

    Gschich ha nichs mi dr ps-indusrin Gsscha gnd:

    wie Bloch bemerk ha, is der Jngs-

    Tag auch di Gnsis, und di G-

    nsis is jdn Tag.

    cd c, -8; W

    W? Hw id W H? I -

    n W O?: O, Nw Fm

    Nvm (-8) , ind in D. v,

    Dened by a Hollow: Essays on Uopia,

    Science Ficion, and Poliical Episemolo-

    gy. Oxd: P. Lng, , 6-6

    3.2. Ar zuminds mussdi schwrnd r-wndung ds vums as Kag-

    ri r di Erkrung sat r di

    Frmuirung ins Prms in-

    duig aghn wrdn. Ein -

    vum is, was s is: Es ir kin

    Rchrigung sndrn rrdr

    Rchrigung. Das kann s rmu-

    ir wrdn: Wir rauchn nur vn

    Grund au rind vums. Mi

    vn Grund au rind min ich

    miMarx in Quai, di das G-

    gni dr inachn rmarkung

    dr Dirnz is: in uhi, di in

    kriischm Ggnsaz zu zran-

    dn zwischnmnschichn rh-

    nissn sh, und, wi ich vrmu,

    n rucharm rhnis zu dn

    Erinnrungn an in humanisir

    rgangnhi Blochs Antiquum.

    Wrau sur dr Frschrit zu?

    h-g k, Die Bhnen,

  • 8/3/2019 Zweite Welt 1

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    12 s e c o n d w o r l d

    Jumana Emil Abboudbn in S-m Lb in Jlm

    J E Abb ki b in bi Pl inim, bzil nibl Pnmn, bw. di nin vn Fn

    im Knx d Nn On, d liic Pnzil nlic

    ngn nd di ll d Micn nd Mgicn im ziln

    Fci. z c vcidn klll blingn

    vn Kindmcn, wiblicn ligin Fign, iillm b, biz Flkl nd z mndlicn bling. i Inllin inm

    Mdinmix inclilic Zingn, llgn nd Knkbzgn mi

    dm il Nachreise (2010) nd in Vidbi, Oh Wal, schlucke unserenMond nich! [Augabe r Eherau] (2011), vbin di Ikng dPilgn, limn nd vinlin, dnn i in zic

    iglic vill nd miv Sc nwickln. Oh Wal,

    schlucke unseren Mond nich! [Augabe r Eherau]i in Sck, d vnMivn d linnicn Flk nd dn linnicn

    Mcn inii i. Sck wid vn Kindn gil, di bli

    Fmln d oral culure minin, indm i icFign wi di B, di M, d Himlnd nd di l

    (Ung)/dn Wc iln.

    J E Abb, d Si

    Nachreise (Zeichnungen),

  • 8/3/2019 Zweite Welt 1

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    13Z w e i t e W e l t

    Ein Mdchen schreibt die Namen palstinensischer

    Brunnen, Quellen und Hhlen nieder, in denen

    Einheimischen zuolge Heilige und Dmonen wohnen;

    Geister, die sowohl gut als auch bse sind; Geister von

    Menschen, Gttern und Tieren.

    Ein Flehfeh, En al Araq, Ein al Hadjar, En Wadied-Djai,

    En Haddju, En al Qasr, En al Lozeh, En ed-Djoz.

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    14 s e c o n d w o r l d

    Yael Bartanabn in l Lb in mdm nd l viv

    2007 vnY B ggndJwh Rcv (JR) z ckk vn3.300.000 Jdn nc Pln . In in nlnngn

    d Ikng nd dn Pgndmdn d

    n Zinin nd d liicn Bwgngn d 20.

    Jnd ldJR jdn llngbc ndjd llngbcin n nn in d

    i nicn nd ligin Hingnd in, in

    inninln Slidibwgng bizn, di

    ic zm Zil gmc , nd im glicn Zg dn

    Nn On z vndn. dn n Blick cinn

    dJR-Mni nd di Unlgn d inzwin,

    d B di Mglicki, in w gcic llc z icn, l ggbn bc.zdm ll i Pjk di cwiig Fg, wm

    in lc Vllng vn vnin cwiig i.

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    i nd Kmlxi d inwndngm, wi

    di Kmliznc libl mkin d win

    nn im ign glbln Uncm

    dn Pnk.

    Y B, Die jdisc

    Renaissance-Bewegung

    Polen,

  • 8/3/2019 Zweite Welt 1

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    15Z w e i t e W e l t

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    16 s e c o n d w o r l d

    Y B,

    Die jdische

    Renaissance-

    Bewegung

    in Polen,

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    17Z w e i t e W e l t

    BEWEGUNG FR EINE JDISCHE RENAISSANCE IN POLEN

    EIN MANIFESTWir wollen zurckkehren!Nicht nach Uganda, Argentinien oder Madagaskar. Nicht einmal nach Palstina.Nein, unser Sehnen gilt Polen, dem Land unserer Vter und Vorvter.Ob wir wach sind oder trumen, stets kreisen unsere Gedanken um Polen.Wir wollen auf den Pltzen von Warschau, d und Krakau neue Siedlungen

    entstehen sehen. Neben den Friedhfen werden wir Schulen und Klinikenerrichten. Wir werden Bume panzen und neue Straen und Brcken bauen.

    Wir wollen unser gemeinsames Trauma ein- fr allemal berwinden.Wir sind berzeugt davon, dass wir vom Schicksal dazu bestimmt sind, hierzu leben, Familien zu grnden, zu sterben und unsere Toten zu begraben.

    Wir erwecken die Phantasmagorie des frhen Zionismus wieder zum Leben.Wir bedienen uns unserer Vergangenheit der von Migration, Vertreibung

    und Entwurzelung geprgten Welt unserer Vorstellungen, der Ausung der unsvertrauten Realitt um daraus eine neue Zukunft erwachsen zu lassen.

    Dies ist unsere Antwort auf die herrschenden Krisenzeiten, in denen sich derGlaube erschpft hat und die alten Utopien gescheitert sind. Der Optimismusstirbt aus. Das verheiene Paradies ist privatisiert worden. Die pfel undWassermelonen aus dem Kibbutz haben ihre Saftigkeit verloren.

    Neue Siedlerinnen und Siedler sind uns willkommen. Sie verkrpernunseren Wunsch nach einer anderen Geschichte. Wir gehen einer von vielenmglichen Zuknften entgegen und lassen unsere sichere, vertraute,eindimensionale Welt hinter uns.

    Unser Aufruf richtet sich nicht nur an Juden. Wir nehmen alle bei uns auf,

    die in ihrem Heimatland keinen Platz mehr nden die Vertriebenen undVerfolgten. In unserer Bewegung wird es keinerlei Diskriminierung geben.Wir werden Euch nicht nach Eurer Lebensgeschichte oder EurerAufenthaltsgenehmigung fragen, nicht Euren Flchtlingsstatus berprfen.Wir werden stark sein in unserer Schwche.

    Polnische Brder und Schwestern! Wir planen keine Invasion. Vielmehr wirdunsere Ankunft wie eine Prozession der Geister Eurer ehemaligen Nachbarnerscheinen, die Euch in Euren Trumen verfolgen und die Ihr nie kennen lernenkonntet. Lasst uns ber all das Bse sprechen, das zwischen uns vorgefallen ist.

    Wir sehnen uns danach, einer Geschichte, die nie so verlaufen ist, wie wirsie uns vorgestellt haben, neue Seiten hinzuzufgen. Wir verlassen uns darauf,dass wir mit Euch gemeinsam und in Frieden unsere Stdte verwalten, das Landbearbeiten und unsere Kinder aufziehen knnen. Nehmt uns mit offenen Armenauf, so wie wir Euch mit offenen Armen willkommen heien!

    Mit nur einer Religion knnen wir nicht hren.Mit nur einer Farbe knnen wir nicht sehen.Mit nur einer Kultur knnen wir nicht fhlen.Ohne Euch knnen wir uns nicht einmal erinnern.Schliet Euch uns an und Europa wird berwltigt sein!

    Bewegung fr eine jdische Renaissance in PolenRuch ydowskiego Odrodzenia w Polsce

  • 8/3/2019 Zweite Welt 1

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    1 s e c o n d w o r l d

    bn in ijk Lb in ijk

    Das Monumen zur Erinnerung an die Idee der Inernaionale (2011) vn Nj vjv i in ni-nkml, ddi kllkivn dcni, Idl nd Fni in Bzg vlin Pnzil mii. i

    bi nkini l inkiv Inllin mi mn Sinn innlb d llng. Bim ingng

    in klin mcnic Li inm Sckl. Wnn d Bc d di Bcin di Kbl d Li

    d, kling di Inernaionale, di Hmn d Sziliicn Inninl. c miinnd vkblMikn, Vk nd Lc nimm d Klngvlmn z, di winzig, gil Mldi wid k

    nd k, bi i z in mcvlln K gb i. ic di Mik mi Hingndgcn im

    llngm vmic, blgn ic di mi d Mldi. i Inernaionale vli i nglicKli, nd wnd di Nic-Mili d nkml z Widblbng liic Fni ,

    vwi i c dn nd d vlinn ik im Kilim d gnw.

    Nemanja Cvijanovi

  • 8/3/2019 Zweite Welt 1

    19/64

    19Z w e i t e W e l t

    Nj vjv,

    Das Monumen zur

    Erinnerung an die Idee der

    Inernaionale,

  • 8/3/2019 Zweite Welt 1

    20/64

    20 s e c o n d w o r l d

    Decolonizing ArchitectureArt Residency / DAARDAAR i in Kn- nd cikkllkiv nd in idnc Pgmm

    in Bi S, Blm, Plin, d in igki nm.

    A HE Wz

    Mi Nh Awch BA BchB Bq

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    i Lini g in dn

    licn Bic

    photo:A Bch

  • 8/3/2019 Zweite Welt 1

    21/64

    21Z w e i t e W e l t

    DAAR bi i in Kmbinin ik, mlic Invnin,Unic, kllkivm Lnn, nlicn Sizngn nd clicn

    Hdngn. DAAR Pxi i in d cwiignilmm d liicn Pxi zni: wi mn innlb in

    Umgbng, in d d liic Kld dmic vz i,

    wl mi gn l c mi Kiik gin knn. l Sginwdn Sbvin, Widvwndng, Pning nd ccling d

    xiindn Ink in klniln Bzng vgclgn.

    993 nn in i gim c in Ol zwicn i-

    licn nd linnicn Vn dn gnnnn

    Ol Pz. Wi bknn, di Pz di n vn bin

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    l ggic, liic, zil c. mnn zli l

    zlicn Vbn vig, ndck mn lzlic in vi

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    i wnig l in Millim bi, b im ln m m l 5 M!

    Un Pjk c in di ick di Lini in nd lg inn dnn

    nlng d Bgnzngn d nd Sd dc Fld, Olivn- nd

    Obin, b Sn, n, Wnngn nd nlic bd.

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    Plmngbd nd Nzng d nz zwicn cik,

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    Sm, n ic di Mglicki, d gnz ilngm

    inndzin. DAAR

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    22/64

    22 s e c o n d w o r l d

    i Lini bq

    d linnic

    Plmngbd

    photo: O,

    A

    i Flldi z

    Lwl Lin

    photo: c ,

    Courtesy of REDCAT

    Gaery, A

  • 8/3/2019 Zweite Welt 1

    23/64

    23Z w e i t e W e l t

    Die Linie stellt einen extraterritorialen Raum, mglicherweise all das,was von Palstina brig bleibt, dar, ein schmalen, aber mchtigen Raum frpotenzielle politische Vernderungen.

  • 8/3/2019 Zweite Welt 1

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    24 s e c o n d w o r l d

    Marcelo Expsito

    & Vernica Iglesiabn in Bn i Lb in Bn iCounry Europa (2010-2011) vnVc Ig nd c Expi in Wk, d nglic 8 in Mci 2010 llngiig Zmmnbi knzii w nd di Fm in

    Bc nnmn ll. i bi z ic mi d nd Wi

    innd, wi Bgi wi Sici, Knll nd bgnzng n

    Hnzing n Fmn mlic nnng, vn nzn nd

    bimkbimmngn mgz wdn. Vnl wdn

    Fwk mi Mnnn nd Fn, di im ngni Mci in

    S vbn. Nc g d Knl b di Pjkid

    din, vil nin zln (Vikimiingbild d Bild,

    di inm mlicn Vndni d ngnn ncn, z

    knkin, b c Bild dvn, wi di Inn i ignSiin d ingin lbn, dc d di l, ic

    ingclni di mblic bn vcbn wid) nd c

    n Vclg z bin (wi mn Bgn nd Fni n

    Bdingngn ingcnk Fii ngn knn).

    Private neighbourhoods,

    borders, prisons. Three

    elements that common

    sense tells us are

    heterogeneous gures,

    without any apparent connection

    between them. But what material

    and symbolic orms are adopted by

    the dierent spaces o connement

    and sel-connement? How do

    they unction interrelatedly likean image in which one is the

    negative o the other , and thus

    reverse the relationship between

    interior/exterior, inside/outside,

    security/dangerousness, us/them?

    In what many dierent ways will

    the security prophylaxis ail in

    terms o preventing the constant

    interpenetration o the extremes

    o each o these pairs, through the

    inevitable porosity o borders?

    What do the current orms o

    these types o spatial segregation

    tell us about the transormation

    and overlaps between the logic o

    discipline and the logic o control?

    How do these physical constructs ointernment and spatial segregation

    relate to the production o racial,

    sexual and class stereotypes, and

    to the symbolic representation o

    potentially dangerous population

    groups?

    bn 66 in Plln Lb in Bcln nd Bn i

  • 8/3/2019 Zweite Welt 1

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    25Z w e i t e W e l t

    Country Europa is a

    project that approaches

    the issue o security

    logics today, and their

    implementation in new

    orms o spatial division and border

    systems, o labour and transito people regulations. It deals

    with the contrast between the

    orms o transnationalisation or

    globalisation that contemporary

    art and culture supposedly permit

    or encourage, and the reality o

    control and discipline that is

    exercised on the international

    circulation o populations.

    Between the dream o ree-

    owing circulation o individuals

    and creativity, and the everyday

    microascism o the border regime

    and migration laws.

    We have carried out an ar tistic

    intervention in the orm o a

    photography workshopin an

    archetypal, segregated, protected

    space: a jail. The urthest place

    imaginable rom the ree and

    publicly accessible nature o the

    idealised image with which the

    globalised system o contemporary

    art chooses to identiy itsel with.

    Nevertheless, we have reused to

    allow these images rom prison

    to become a purely aestheticised

    spectacle o otherness. We have

    contextualised the images we

    produced in cooperation with

    the prison inmates experimentsin sel-representation ollowing

    the work o antasy within

    an assemblage o various

    contemporary typologies o spatial

    segregation (rom prisons to

    Argentinian countries or gated

    communities), border division,

    control o the movement o people

    (with special attention to european

    preventive logics o regulation and

    imprisonment o migration). Our

    intention has been to make visible

    the paradoxical experience o our

    own travels between Latin Americaand Europe, putting ourselves into

    the spot.

    Image and knowledge are

    produced here under the

    ollowing contradiction: while

    collaborative art practice has the

    potential to create a space or

    autonomy, our (precarious) work

    is also overdetermined by the

    institutional rameworks to which

    we are inevitably subordinated. We

    believe this contradiction has to be

    politically dealt with rom within.

    In the context o Europe, where

    everyday lie is being transormed

    under the sign o ascistization,

    micropolitical experimental

    processes o collective re-subjectivation are becoming more

    and more urgent.

    It should be possible to produce images that express

    a creative work space: images that speak o how the

    current naturalisation o subordinate labour is carried

    out in places where the subject appears to be ree to

    act according to exible rules, with broad margins or

    personal initiative. The representation o a creative work

    environment would thus show how the subject is provided

    with the technical tools that he or she requires to express

    his or her innovative, relational, communicative skills to themaximum degree. A typical representation o a creative work

    space should also show how certain new types o post-Fordist

    labour are literally embedded into the body o the old mode

    o Fordist social production: ormer actories, ormer military

    barracks, ormer hospitals, ormer jails, are transormed

    into new buildings, the new actories o culture, modied

    with additional technically ad vanced elements, sometimes

    proting rom the original aades or structures o these old

    institutions o modernity. But the continuing presence o the

    physical epidermis o these old institutions erases or avoids

    the deep history and memory o the power associated with

    these structures; and it also entails w iping the memory o

    the resistances, conict, antagonism and tensions that were

    always inscribed in disciplinary institutions o modernity.

  • 8/3/2019 Zweite Welt 1

    26/64

    26 s e c o n d w o r l d

    In February 2010, we

    coordinated a photographic

    workshop with inmates o the

    Murcia Penitentiary Centre, a

    project that was originally a

    commission rom a contemporary

    art biennial. It was one o the ew

    times we had worked in a situation

    that oered such a complex

    overlapping o our social activism

    practices and creative worksubordinated to the art institution.

    In contemporary art, in

    newspaper reportage and in

    documentary making whether

    socially committed or not , it

    is usually taken or granted

    that the production o visual

    representations is a practice

    consisting o the alienation o the

    image in regards to the subjects that

    are aected by said representations.

    But our work should ensure that

    critical trends against the existingmodes o political representation,

    the desire or change that will

    bring about new societies which is

    now expressing itsel all over the

    world, are reected in new critiques

    o representation and in image

    production practices in which the division o

    labour and the existence o mediations, although

    they may be inevitable, do not automatically

    entail a predened hierarchisation or a symbolic

    and material expropriation o subaltern subjects.

    Our photographic workshop was conceived as

    a co-production. A collaborative production,

    in which the negotiations around the material

    conditions o the workshop (distribution o

    income, image rights, participant selection

    process, ownership o the technological tools

    acquired... as well as ood, workshop timetable,

    etc.) were as crucial as the construction o a

    situation o relative autonomy generating a

    shared aect within a regime o conviviality ,

    and also as the process o thinking a coherent

    politics o image distribution based o n justice

    and respect.

    Twelve people, men and women o dierent

    origins (Latin American, Spanish and Eastern

    European), worked intensely to embody desire in

    images. Dreams and antasy became the driving

    orce or other materialisable worlds, because an

    image is a construction, not just an immaterial

    representation o a preexisting reality but also a

    possible model that can unold.

    Some o the comments we have received have

    expressed annoyance: they dont look l ike

    images rom a jail, you dont show or denounce

    the day to day situation o the prisoners. For

    a ew days, we swapped between the roles

    o teachers and learners, photographers

    and lighting technicians, bullghters, stage

    directors, actors and actresses, birds, amenco

    singers, gangsters rom the Bronx, sex-symbols,

    horsewomen, winners and losers o gambles

    or ortune and love. We looked and allowed

    ourselves to be looked at with aection, w ith

    love, with conict and with desire. Singular

    dreams were co-produced, the image o

    onesel and a dreamed world was always

    constructed through the participation o the

    others. But antasy is not a pristine world:

    it is also a territory where stereotypes can

    become a battleeld, because they are not just

    the unchanging codication o stable social

    identities. Recombining signs, symbols, spaces

    and times was our way o constructing a real

    world that was ephemeral but counteracted,

    rom within, the logic o segregation and o the

    prophylaxis that organises the planet. We did it

    in a place where it would appear that urgency

    does not allow the reedom to experimentimaginatively with subjectivity.

    We have agreed to disseminate this material in

    the orm o an artwork and a book, not merely

    in order to transmit a message o good intention

    but to explicitly express a political critique and

    present the programmatic outline o a practice.

    And also to promote the spread o a per vasive

    desire or change, or the collective construction

    o other worlds.

    c Exp &Vc Ig , Counry Europa,

  • 8/3/2019 Zweite Welt 1

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    27Z w e i t e W e l t

    Die hegemoniale Logik der Sicherheit braucht die Ein-

    grenzung des Terrains, denn sie verliert ohne die Be-

    drohung, vor der sie schtzen soll, ihre Legitimation.

    Das Terrain umasst einen Raum, au dem nie allen

    in gleicher Weise erlaubt ist, sich auzuhalten, und

    damit eine Gemeinschat, die sich ber Zugehrigkeit deni-

    ert. Dieses niemals homogene Kollektiv konstituiert sich ber

    Ungleichheiten: sowohl unter denjenigen, die dazu gehren alsauch im Verhltnis zu jenen, die otmals nur temporr dazu

    kommen. Ungleichheiten entstehen durch die Auteilung der

    Arbeit sowie durch die Heterogenitt von Rechten. Eines der

    zentralen Regime, durch das Hierarchisierungen und Katego-

    risierungen in vielachen Abstuungsverhltnissen entstehen,

    ist das der Grenze. Grenzen sind immer durchlssig und pors

    sowohl die Grenzen Europas als auch jene eines Gengnisses

    oder einer Gated Community. Unter anderem, weil die Grenze

    stets durch die Unmglichkeit ihrer Schlieung charakterisiert

    ist, gibt es keine vollkommene Sicherheit. Durch Regulierung

    und Kontrolle der durchlssigen Grenze wird zur Sicherheit der

    zu schtzenden Gemeinschat permanent Unsicherheit pro-

    duziert: Prekarisierung wird zu einem Regierungsinstrument,

    mit dem au unterschiedliche Weise Bevlkerungen reguliertwerden.

    Die Unmglichkeit der Sicherheit und die Durchlssigkeit

    der Grenzen erwachsen in der abendlndischen kapitalistischen

    Moderne aus der niemals vollstndigen Kontrollierbarkeit der

    Zirkulation von Menschen und Waren. Im politischen Fokus

    steht deshalb die Regulation und Kontrolle des Grenzbertritts

    zur Legitimation von Sicherheitsmechanismen gegenber jenen

    Zirkulierenden, die als bedrohlich anders konstruiert werden.

    Doch statt der strikten Abwehr der Gehrlichen stehen prven-

    tive Strategien im Vordergrund dieser regulativen Weise des Re-

    gierens: die Antizipation exibler, kontingenter Taktiken des

    Grenzbertritts. Die Flexibilitt und Kontingenz der Kontrolle

    der Grenze ist unter anderem eine gewaltvolle Reaktion au die

    Flexibilitt der Migration, die sich mit den Praxen des Reisens

    verschrnken kann.

    Diesen Themenkomplex entaltet und aktualisiert das Pro-

    jekt Country Europa von Vernica Iglesia und Marcelo Expsito.Und mehr noch: Die beiden WissensproduzentInnen schreiben

    ihr knstlerisches Projekt konstitutiv in die Krisen- wie Tran-

    sormationsprozesse gegenwrtiger kapitalistischer Verhltnisse,

    Sicherheits- und Prekarisierungslogiken ein und lieern in ihrer

    kritischen Kunstpraxis eine Fluchtlinie, in der das darin prsen-

    tierte, kombinierte und produzierte Grenz-Wissen aktuellen

    Entgrenzungsstrategien von Kunstinstitutionen gegenberge-

    stellt wird.

    Aus dem Projekt ist ein Buch entstanden, das a ls visueller sowie

    au Text basierender Werkzeugkasten unter (http://countryeu-

    ropa.net), zugnglich ist. Es ist eine Assemblage unterschiedli-

    cher gegenwrtiger Sicherheitslogiken und Grenzregime undder daraus entstehenden Prekarisierungen von Arbeit und Leben.

    Iglesia und Expsito schreiben ihre eigenen Erahrungen vonGrenzbertritten in diese Assemblage ein, sodass ein komplexes

    strukturelles (Un-)Sicherheitsgege deutlich wird, das sich

    ununterbrochen durch Bewegungen reguriert, Bewegungen

    von Menschen, in denen sich das Gege au subjektivierende

    Weise maniestiert und zugleich herausgeordert wird.

    Isabell Lorey

    in zg " gin dclig nzn. n

    in Pjk vn Mcl xi nd Vnic Igli",

    Oiginlgb: ransversal. ar/knowledge: overlaps and neighboring

    zones, ., ://ic.n/nvl//l/d

    Country Europa was originally produced or Manifesta (Murcia, Spain),

    as a part o the curatorial initiative oChamber of Public Secrets, in

    collaboration with the non-governmental organization Parntesis and a

    group o inmates at Murcia Penitentiary Centre.

    It also orms part o the collective research project creating worlds, an

    initiative o the european institute for progressive cultural pol icies

    (eipcp).

    It has been updated or the exhibition Second World, in the ramework

    oSteirischer Herbst Festival in Graz, curated by What, How & for

    Whom/WHW, or which a specic photo-text installation and a new

    version o the Country Europabook has been produced.

  • 8/3/2019 Zweite Welt 1

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    2 s e c o n d w o r l d

    Ruben Grigoryan

    Rb g, Ferien, 4

    Rb g

    Kindergaren,

    Sei nich raurig,

    bn 4, Jwn Lb in Jwni Terra Nova-Mlin (2003-2005) d Rb gwn di Fg nc dm S d ndn , indm i di

    vcndn Mcvlni nd ninmn

    mkn. wgn knnn i l Hdng nd

    Kiik m nznicn Knz gn wdn.

    Obwl di bnd m nic dik vn klln

    liicn nd Filmnzn inii i, dnk mn dbi

    n Scllwk d Scinc-Ficin wi Der Plane der Aen, indm Mncn mi n m di Vc in. Wlc

    Knik lig in di Umk? Win ind di Mncn

    dm Wg? Slc nd nlic Fgn ll di Bildi

    imlizi.

  • 8/3/2019 Zweite Welt 1

    29/64

    29Z w e i t e W e l t

    Ich bilde das ab, was mir gellt, was zu einer

    bestimmten Zeit zu mir passt. Die Bilder tauchen

    langsam in mir au und verwandeln sich am Ende in

    hellsichtige strukturierte Kompositionen. Ich beginne

    mit geometrischen Figuren, um eine Geometrie und

    Kontraste herzustellen. Die Auswahl der Bilder olgt

    keinem rigiden System. Das einzige, was ich als System

    bezeichnen wrde, ist meine Intuition, meine Laune.

    Ich mchte in meinen Bildern immer eine Atmosphre

    schaen, in der ich anwesend bin. Die von mir erzeugte

    Umgebung ist immer sehr subjektiv. Ich versuche

    sogar, aus dieser Umgebung die Lut abzupumpen,

    sodass alles, was abgebildet ist, gleichsam in einem

    Vakuum schwebt. Die einzige Vorbedingung ist, dassall diese Elemente zu meiner Geisteshaltung in diesem

    bestimmten Augenblick oder irgendwann zuvor

    passen. Ich kann meine Kunst mit einem schnellen

    Umdrehen des Kops vergleichen, whrenddessen

    die Augen mehr erkennen als man r gewhnlich

    glaubt. So wie wenn man mit einem Augenblinzeln

    all das aunimmt, was zwischen dem Beginn und

    dem Ende dieser schnellen Bewegung ablut.

    Ruben Grigoryan

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    30 s e c o n d w o r l d

    Bouchra Khalili

    Bch h, d

    Si Karierungsreise,

    8

    Courtesy dem Knstler &

    der Galerie Polaris, Paris

    bn in blnc Lb in Pi

    Vm Dbcn Bgi d Pcgg inii,i Karierungsreise (200-2011) vn Bch h inlngiig Pjk, d n Vwndng in Inviw-

    Fm vcidn ininndgind nd lll

    zlngn kizzi nd in lniv Kg d

    Wlk zicn. i bi bi ibicnillgl inwnd, di d Sc nc inm bn

    Lbn vn vcidnn iln d Wl in di Fng

    vdingn wlln. Wnd i ic n i

    in innn, zicnn di inwnd di Wndwg,

    di i gnmmn bn, Kn gn nc, nd

    dc nlic cicn kmm in dn n

    z Umwgn nd lzlicn icngndngn. i

    in kin in nzl wicig mn

    im Zmmnng mi dm S vn inwndn im

    ign , wi di nlic Mivin, di

    in d ncidng , n nd Ungcigki,

    wi i mi lc glicn in vbndn ind,

    ic z nmn. i bi i in Kmmn z

    illgl inwndng n wi Vikimiing dPgniInnn, di nic n di Hdngn

    i in ic gnmmn bn, ndn c in

    bi, nd liic nl i S nd d

    Umnd, di i in i Lg gbc bn, lin. i

    PgniInnn i mn nic; di Km n i

    Simmn nd i di i nczicnndn Hnd in

    nm gnmmn. i il d ln Kn

    wdn lniv Hdll di in.

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    31Z w e i t e W e l t

    Bch h, d Si

    Karierungsreise, 8,

    [llngnic]

    Courtesy dem Knstler &

    der Galerie Polaris, Paris

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    32 s e c o n d w o r l d

    Daniel Knorrbn 68 in Bk Lb in Blin

    D Archeoecure (2011) i in Pjkinin di Vgngni nd in di Zkn glicziig.

    i Knkin, di wl in Plik l c in

    bwnb m i, knn in Hl d in

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    jd Snc nc inm ldnn Zil ndLgwinn Zkndngn vmidn wid, i

    Archeoecure kin miv nin d li,ndn w, d n in n Slbglligki

    nd ignin c, indm d ng in

    gnw l Vndlng vcidn Ininn

    mi nvbm gng nd mi n in Fm

    gib.

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    33Z w e i t e W e l t

    D ,Archeoecure,

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    34 s e c o n d w o r l d

    Maha Maamounbn in Klinin Lb in Ki

    Hiic i mi dm Bgi Nig Vii (l nclic

    Bc) in vdck mil d Plizi gmin, d in

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    Vwndng vn kmnn d jngn gicnvlin, gnmmn vn KmInnn, di di B d

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    ndln h Fin m Vidbi NchlicherBesuchervn vcidnn lcicn, di mi di Zi dBc nd d Vwicng d mkinlinin ingn.

  • 8/3/2019 Zweite Welt 1

    35/64

    35Z w e i t e W e l t

    h , d Si

    Nchlicher Besucher,

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    36 s e c o n d w o r l d

    Mona Marzoukbn in lxndi Lb in lxndii bimn, bidn Fmn in zk TheBride Die Brau von ihrer bsen Energie enbl (200-2011) vbindn gnic Fmlmn, Wn d

    Mlgi, cik nd cnlgi z inm Mix, d,

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    Bgi d Ngcic nd Mncigcic l

    inin, wi n inllng zm Fmdn

    nd Unbknnn d. Im icklm, d il

    d Inllin i, vwndl ic d m in

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    vwndln.

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    37Z w e i t e W e l t

    zk, Die Brau von ihrer bsen

    Energie enbl, 8-

    llngnic BALTI

    p A, d

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    3 s e c o n d w o r l d

    Tom Nicholson

    T Nch, Filmill Monumen r die berfuung des Royal Parks, 8

    bn in Mlbn Lb in Mlbn

    Monumen r die berfuung des Royal Parks, (200-

    2011) vn T Nch i in lngiig Pjk bd mic b d licn Klnilim.Nch Pjk ll dn ggnwign S in Fg,indm in i knzll Pkikn in, mi

    dnn di Pnil ki wdn, di im gnz n

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    cic in nd icng gbn n knnn.

    Pjk g zck di iic

    cngn d Innn lin. R. Bk ndW.J. W lin 10 nd 11 in xdiin mi dbic, lin vn Mlbn in ndlic icng z

    dcqn. Monumen r die berfuung des Royal Parks,dkni d bcnd Niv di xdiin,

    wnd ic mblic dn Nardoo, in lic

    Pnz, di Bk nd W wnd i lzn g in

    l Pk n, knzni. i Ynwn zign

    inn, wi i Nardoo Kcn bckn knnn, bi n nic icig , wi di Smn zzbin

    ind, clic, wil Bk di bigin-Kl

    vc nd nic dmi z n bn wll.

    Vz g Mngn lc zbi Nardoo-Smn

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    d Nardoo-Pnz l M wl Nng lc Vngn bdnk Nicln lin

    klnil Vgngni n. i Id in nkml nd

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    vn in n Fl bll.

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    39Z w e i t e W e l t

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    40 s e c o n d w o r l d

    C-Kyg P

    Passage der Macht,2004

    Courtesy dem Knstler und P K M Galerie, Seoul

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    41Z w e i t e W e l t

    bn 6, Sl Lb in Sl

    Zwi bin vn h-g in d llng cn dcdlic b d Kln Kig nd di mic ilng K

    n. i blg vn i innlb vn Die Bhnen (2002) mF vn Film, mi dnn di Sn vn Sl im Knicn

    Filmdi in Ndk ncgbild wdn, w Sdk dllndPgndlm gll wdn, wi vn S d m

    bngn im Snkm in Sdk iningzwck wnd

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    Sdk gdn kmnlm gb wdn. Wnd Sl,

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    l clic i nd d Sd im Ndn l im Sdn nl,

    ind wl di miliicn l c di Filmlcin, di im Sdn

    ic wdn, liic. zdm ind ll di dn Find nd d

    nd dllndn O indig idlgic Mil, di di ll

    d kinliin Niv in d Pgnd inwin, d dc

    Unlng, zing nd Mili zg wid.

    Mi Vwin zwi Kl-Scinc-Ficin-Film Jh g

    Verschollen im Welraum (199) nd Rb ACoundown: Sarzum Mond (19) g Passage der Mach (200) dn Wl mdi Vc im Wlm wnd d miknic-icn

    Chan-Kyong Park

    Kln Kig nd d bm ll-Sj--Pjk (SP)

    1975 zck, dn n gminmn wjic-miknicn

    mg. i mblic Hnk in d n zwicn dn

    Vinign Sn nd d Swjnin, di d c l ngcild

    miliic Sk nd cnlgicn Fci bid Smc

    din, im Zmmnng mi dn gnnn Bzingn

    zwicn dn zwi K nd dm n d Kln Kig, d di

    knic Hlbinl imc, bwl vil Zi vgngn i.

    wid c dc d Nzwk nidic Singnnl icb,

    di Ndk gb, m dn Sdn z inlin.

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    42 s e c o n d w o r l d

    Lala Rai

    L R,

    Der verdamme Damm

    Illusraionen,

    bn in Sjv Lb in Zgb, Sjv nd Nw Oln

    in niv Sng zi ic dc di Vidi nd di klngbin bin,

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    Hil, Sgimdin nd d cicnzln d vlkkndlicn

    bling vbi. i Hndlng vn Der verdamme Damm (2010-2011)il in d Ncbgngzi 2027 in d klinn bnicn Sd Lkvc. Si

    lg dn bnn d bidn Hdll, d jngn Ingni Tk nd

    in glibn , di d Sc nc inm bn Lbn in ivn Flkn z nkmmn vcn. n n z dm Pjk gb

    di clic dindng Kaasrophe (2000), di mi dm Mil in cn

    Ncicnndng mi ndnm Inl i H b dn Bc d Sdmm

    Lkvc inmi. Hil in nlic Wikng wi inzi d

    bm Hil Der Krieg der Welen vn H.. W. In in dicn Zknngidl, kmmni d Pjk n Bnng d n ggnwign

    Umnd nd igkin clc mglicn gbni in i vn

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    Pncn, vn dnn di gm gin bc wid.

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    43Z w e i t e W e l t

    transportiert werden, ohne au die Not der

    Menschen Rcksicht zu nehmen, die in

    entlegenen Stdten und Drern wohnen. Die

    einzige Sorge der Verwaltung ist die Ausbeutung

    der Wasserkratressourcen des Landes.

    Kleine lokale Straen brechen au und werden

    durch Erosion zerstrt. Viele Wohngebiete

    wurden augegeben. Die Inrastruktur ist

    zusammengebrochen und Arbeitspltze sind

    verschwunden, einschlielich der berwachung

    des Staudamms. Einst errichtet, um inzwischen

    berssig gewordene Industrien mit Wasser

    zu versorgen, wurde er jahrelang vernachlssigt,

    wobei die Absicht bestand, ihn in einWasserkratwerk umzubauen.

    3. Merima verliert in Sarajevo ihre Arbeit. IhrSchicksal beklagend, rut sie ihre Gromutter in

    Lukavac an und weint. Ihre Gromutter rt ihr,

    nach Hause zurckzukehren und beschreibt ihr

    die Schnheit der Natur, da alle Industrie, an die

    sich Merima seit ihrer Kindheit dort erinnert,abgesiedelt wurde. Die Gromutter erzhlt

    Merima, dass der Silberreiher zurckgekommensei und vergleicht ihre Heimkehr mit jener des

    Vogels.

    4. Whrend Merima nach Lukavac hrt,

    wird die Landschat, die sie durch dasFenster sieht, beschrieben: die Bauten von

    Sarajevo, die Einkauszentren und groen

    Firmenniederlassungen, die Lichter der Stadt,

    die sie hinter sich lsst, die Antennen und

    Hochspannungsleitungen, die verlassene

    Landschat.

    Merima erinnert sich an ihren Vater, einenProessor r Literatur an der Universitt Tuzla,

    und den Tag im Jahr 2000, als er beschloss, seine

    Familie von Lukavac wegzubringen, nachdem

    in einem Hrspiel imbRadio ein ktiver

    Dammbruch beschrieben wurde. Wieder klagt

    sie ber ihr Schicksal, ber das Kleinstadtleben,

    das sie erwartet, und ber die Isolation derEinwohner.

    5. Der LKW lsst Merima am Ende der Welt, aneiner ausgeschwemmten Strae, aussteigen.

    Die Landschat ist ihr vertraut und sie geht

    los, wird aber vom Nachbarn ihrer Gromutter

    mitgenommen. Merima kommt in Lukavacan. Ihre Gromutter reut sich so, dass ihr die

    Trnen kommen. Die beiden Frauen reden

    miteinander und gehen in die Stadt. Merima istberrascht, wie sich die Dinge zum Schlechteren

    gewendet haben. Ihre Gromutter versichert ihr,

    dass sie leicht eine Arbeit nden wird. Whrend

    ihres Spaziergangs sieht Tarik Merima in den

    Tariks Bemhen um Merimas Zuwendungwurde gerade von einer Katastrophe

    unterbrochen. Folgen Sie unseren Helden

    an die Schaupltze dieser epischen

    Romanze in den verschiedenen Lndern.

    1. Im Jahr 1964, bevor d er Modrac-Staudamm ofziell in Betrieb genommen

    wurde, hrte warmes Wetter zu einer raschen Schneeschmelze. Der Fluss

    Sprea brachte groe Wassermassen in das Tal, das spter der Modrac-

    Stausee werden sollte. Das Wasser schoss durch die drei Gatter und die drei

    Entlastungsgerinne. Das unerahrene Management des neuen Staudamms

    verel in Panik und rie den Konstrukteur des Staudamms zu sich, den

    berhmten Ingenieur Maksimovi. Er kam mit seiner Familie in Modrac an,errichtete ein Zelt unter einem der Bgen, begann mit seinem Kind Ball zu

    spielen und erklrte stolz: Dieser Damm ist unzerstrbar.

    2. Das Land wird von Hochspannungsleitungen des Korridors C

    und Autobahnen durchquert, au denen Personen, Gter und Energie

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    44 s e c o n d w o r l d

    Straen von Lukavac und erinnert sich an sie: Sie

    war seine erste Liebe, als sie sich 2000 als Kinder

    traen.

    6.Tarik erinnert sich an die Ereignisse jenesTages, als die Hrspielparodie ber den

    Dammbruch im Radio gesendet wurde. Er

    verliebt sich neu, wirbt aber erolglos um sie,

    weil er unter einer Sprachbehinderung leidet

    und stottert, und nur Arbeiter am Staudamm

    ist der einzige Arbeiter. Merima ndet in der

    Zwischenzeit eine neue Arbeit, wieder bei eineramerikanischen Firma. Ein arbeitsbezogenes

    Thema bringt die beiden wieder zusammen: Au

    Grund der jahrelangen Vernachlssigung beginnt

    der Staudamm zu brckeln.

    Um die Lukavacer Brger und Brgerinnen vom

    Tod durch berutung zu retten, beschlieen sie

    zusammenzuarbeiten und das Hrspiel aus dem

    Jahr 2000 auszustrahlen.

    Alle werden gerettet auer Merimas Gromutter.Merima ist untrstlich.

    7. Ohne irgendetwas gerettet zu habe, ahren

    Tarik und Merima au einem Flo ber den See,

    in der Honung, irg